11“ 1““ 8
Die Forst⸗Assessoren Bellermann, Niche, Ulrich, eck und Becker sind zu Oberförstern ernannt. Dem Oberförster Bellermann ist die Oberförsterstelle zu Zeven im Regierungsbezirk Stade, dem Oberförster Niche die Oberförsterstelle zu Sillium im Regierungsbezirk Hildesheim, 1 dem Oberförster Ulrich die durch den Tod des Ober⸗ försters Schneider erledigte Oberförsterstelle zu Karthaus im Regierungsbezirk Danzig, dem Oberförster Beck die durch Pensionirung des Ober⸗ försters Thies erledigte Oberförsterstelle zu Hahnstätten im Regierungsbezirk Wiesbaden und dem Oberförster Becker die Oberförsterstelle Meisenheim mit dem Amtssitz zu Heimberg im Regierungsbezirk Koblenz übertragen worden.
Michtamtliches. Deutsches RKeich.
Preysen. Verkin, 2. Jenina
Se. Majestät der Kaiser und König nahmen gestern früh um 9 ³¾ Uhr die Gratulation des Hauptquartiers sowie der sonstigen General⸗ und Flügel⸗Adjutanten enigegen. Gegen 10 Uhr begaben Sich Se. Majestät zum Gottesdienst nach der Schloßkapelle und hielten dann eine Gratulations Cour im Weißen Saale ab. Im Anschluß hieran nahmen Se. Majestät die Monats⸗Rapporte der Leib Regimenter ꝛc. entgegen und empfingen darauf die fremden Botschafter zur Gratulation. Alsdann sprachen Se. Majestät die kommandirenden
Generale und begaben Sich demnächst zur Großen Parole nach dem Zeughause. Bei Gelegenheit der Mittagstafel hatte die Deputation der Salzwirker⸗Brüderschaft die Ehre, Sr. Majestät und den anwesenden Fürstlichkeiten ihre Gratulation unter Ueberreichung der üblichen Speisen darzubringen.
— — .““ v
Nach telegraphischer Anzeige des Reichskommissars, Majors von Wissmann aus Bagamoyo ist die Reichsflagge am 1. Januar an der deutsch⸗ostafrikanischen Küste ge⸗
In neuerer Zeit sind aus landwirthschaftlichen und
industriellen Kreisen der östlichen Provinzen wiederholt Klagen über den in stetiger Zunahme begriffenen Mangel an Arbeitskräften laut geworden.
Nach dem Ergebniß der Ermittelungen über die Ursachen dieser Beschwerden sind die letzteren einestheils auf die Auswanderung von Arbeiterfamilien, anderentheils aber darauf zurückzuführen, daß alljährlich vom Frühjahr bis zum Herbst die in den östlichen Provinzen heimischen Arbeiter in großer Zahl nach dem Westen sich wenden, um als sog. Sachsengänger einen lohnenderen Verdienst zu finden, als ihnen die Arbeitgeber der Heimath zu gewähren im Stande sind.
Da die stattgehabten Erhebungen außerdem noch ergeben hatten, daß dieser Arbeitermangel erst dann sich in größerem Umfange fühlbar gemacht hat, als der vollständige Abschluß der östlichen Landesgrenze gegen die ausländischen Ein⸗ wanderer angeordnet worden war, so ist in Erwägung ge⸗ zogen worden, ob nicht eine weniger strenge Handhabung der auf Abschließung der Grenze gerichteten Maßregeln zu⸗ lässig und demgemäß wieder zu gestatten sei, daß, wie früher, die ausländischen Arbeiter als Ersatz für die als Sachsen⸗ gänger in den westlichen Provinzen beschaftigten einheimischen Arbeiter eintreten und dem Mangel an Arbeitskräften abhelfen.
Um festzustellen, in wie weit ohne Schärigung der staat⸗ lichen Interessen in diesem Sinne vorgegangen werden könne, sind durch Verfügung des Ministers des Janern vom 26. No⸗ vember v. J. die Ober⸗Präsidenten der betheiligten Provinzen zunächst für die Dauer von drei Jahren ermächtigt worden, unter Berücksichtigung besonderer lokaler Verhältnisse und Be⸗ dürfnisse den Zuzug und den Aufenthalt russischer und galizischer Arbeiter zum Zweck der Beschäftigung in den land⸗ wirthschaftlichen und industriellen Betrieben ihres Verwaltungs⸗ bezirks zu gestatten und die dazu erforderlichen Anordnungen zu treffen. Es soll jedoch bei den hiernach zu erlassender Verfügungen davon ausgegangen werden, daß es sich nur um die Zulassung von ländlichen und industriellen „Arbeitern“, und zwar vorzugsweise von einzeln stehenden Personen beiderlei Geschlechts, handelt, Familien mit Kindern dagegen nur ausnahmsweise, wo besondere Verhältnisse dies nothwendig machen, zugelassen werden. Auch soll mit Rücksicht barauf, daß die Sachsen⸗ gänger nur vom Frühjahr bis zum Herbst von der Heimath abwesend zu sein pflegen, thunlichst dahin gestrebt werden, daß die ausländischen Arbeiter in der eine regelmäaßige Arbeit 1u. Jahreszeit ihren Aufenthalt im Inlande nicht fortsetze
Nach einer Verfügung des Ministers der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten haben die an einer höheren Schule ange⸗ stellten Lehrer, welche sich nebenbei als Privatdozenten zu habilitiren gedenken, durch Vermittelung ihres vorgesetzten Direktors vorher dazu die Genehmigung des Königlichen Pro inzial⸗Schulkollegiums einzuholen.
Der Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten hat bei den Verhandlungen mit den einzelnen Magistraten Behufs Neuregelung der Besoldungen der Lehrer und Lehrerinnen an Volksschulen in Orten mit mehr als 10 000 Ein⸗ wohnern empfohlen, die Gehälter nach einer be⸗ weglichen Skala in der Art zu regeln, daß für alle Stellen der⸗ selben Kategorie ein den örtlichen Verhältnissen und der Stelle angemessenes Mindestgehalt als Grundgehalt angenommen, und dessen Steigerung bis zu einem angemessenen Höchstgehalt durch bestimmte regelmäßige Alterszulagen mit dem fortschreitenden Dienstalter herbeigeführt werde. Bei dieser Regulirung ist es für die Gehaltsbemessung gleichgültig, an welcher Klasse der einzelne Lehrer unterrichtet, vohs aber kann und muß jür be⸗ sondere Stellen (z. B. Rektorstellen) ein besonderes Grund⸗ gehalt und eine besondere Skala festgesetzt werden.
88
Betreffs der Konsession des Lehrers an einklassigen Schulen, welche von Kindern verschiedener Konfession besucht werden, ist Seitens des Ministers der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten an die Königlichen Regierungen in Danzig und Marienwerder folgende Verfügung ergangen:
Aus den mir erstatteten Berichten habe ich mit Befriedigung ersehen, daß das Volksschulwesen im dortigen Bezirk sich in gedeih⸗ lichem Fortschritt befindet und daß die Schwierigkeiten, welche in den ländlichen Bezirken aus der schwachen Besiedelung und der konfessionellen Mischung der Bevölkerung der Organisation der Schulen erwachsen, mehr und me’r überwunden werden. Am schwersten liegen diejenigen Fälle, wo nach der Gesammtzahl der Schüler die Anstellung eines Lehrers genügt, diejenige Konfession aber, welcher der Lehrer seit alter Zeit angehört, dauernd oder vor⸗ übergehend, insbesondere durch Verschiebungen der Bevölkerung in der Minderzahl sich befindet. Wenn es einerseits in der Regel unbillig wäre, den Angehörigen dieser Konfession, welche häufig aus ihren alleinigen Mitteln die Schule gegründet haben, die Schule zu entziehen, so wird doch andererseits bei beträchtlicher Kinderzahl den Angehörigen der anderen Konfession jede Hulfe zu leisten sein, wenn sie den Wunsch bethätigen, eine besondere neue Schule ihrer Konfession zu erhalten. Liegt es außerhalb der Befugniß der Königlichen Regierung, in solchen Fällen einen Zwang zur Errichtung einer zweiten Schule zu üͤben, so werde ich bei dem Unvermögen der Betheiligten gern mit Unterstützungen zu Hülfe kommen, wo die Betheiligten aus freiem Entschlusse das Bedürfniß selbst anerkennen. Gegenüber etwaigen Anträgen, den Konfessionsstand einer einklassigen Schule zu Ungunsten des Besitzstandes der Konfession der Minorität zu ändern, wird, sofern nicht nach der besonderen Lage des Falles dem Antrage stattzugeben ist, auf den Weg der Errichtung einer zweiten Schule zu verweisen und dabei die Bereitwilligkeit zur Förderung des Projekts auszusprechen sein. 68 u“ .
Der Kaiserliche Gesandte am Königlich serbischen Hofe, Graf von Bray⸗Steinburg ist von dem ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub nach Belgrad zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.
Der Großherzoglich badische Gesandte am hiesigen Aller⸗ höchsten Hofe, Geheime Legations Rath von Brauer, ist nach Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandt⸗ schaft wieder übernommen.
Der Regierungs⸗Assessor Funke zu Höxter ist zum
Spezial⸗Kommissar bestellt und demselben die Verwaltung der
Spezial⸗Kommission II daselbst definitiv übertragen.
Köln, 1. Januar. Der Papst hat anläßlich der Bildung des neuen katholischen deutschen Volksvereins folgendes Schreiben erlassen:
An die geliebten Söhne Dr. Ludwig Windthorst, Franz Brandts, Carl Trimborn, die Präsidenten des Volksvereins der Katholiken
Deutschlands. Leo, Papst XIII.
Geliebte Söhne, Gruß und Apostolischen Segen!
Wie wir aus Eurem Briefe vom 8. Dezember mit Freude ersehen, habt Ihr und andere hervorragende Männer ein Werk unter⸗ nommen, das Eurer Frömmigkeit und Umsicht würdig und den Be⸗ dürfnissen der Zeit durchaus entsprechend ist. Nachdem Ihr die Gefahr erkanntet, die Eurem Vaterlande und Eurer Religion von den schlechten Lehren und den Wagnissen Einiger droht, die den Unter⸗ gang der Kirche und der gesellschaftlichen Ordnung herbeizuführen beab⸗ sichtigen, habt Ihr rechtzeitig beschlossen, ihrem Beginnen mit männ⸗ licher Thatkraft entgegenzutreten. Und zwar habt Ihr dies weislich unter der Führung und den Segenswünschen Eurer hochwürdigsten Bischöfe gethan, indem Ihr einen Verein katholischer Männer aus ganz Deutschland bildetet, die mit Wort und Schrift sowie auf jede erlaubte Weise jenen erbitterten Feinden des Gemeinwohles Wider⸗ stand leisten und ihr Bemühen vereiteln sollen. Da ferner Euer Unternehmen ein derartiges ist, daß Niemand, dem Religion und Glauben, dem Sitte und Bestand der öffentlichen Ordnung, dem Familie und Sicherheit des Lebens am Herzen liegen, seine Zu⸗ stimmung versagen kann, so sind wir der sicheren Ueberzeugung, daß Euer edeles Beginnen den Beifall und die Unterstützung aller gutgesinnten Männer finden und die reichsten Früchte des Heils bringen wird. Eueren Arbeiten und Eueren Bemühungen wird auch, so glauben wir, die Hülfe des allmächt gen Gottes nicht fehlen, der ja seine Kirche schützet und die Nationen des Erdkreises heilbar ge⸗ macht hat und darum auch sicherlich Diejenigen in Liebe um⸗ faßt, die gegen die Unterwühler von Staat und Kirche zu Feld ziehen. Möge Er Euch gnädig verleihen, dem gemeinsamen Feinde in Bezug auf Zeit und Gelegenheit zuvorzukommen, auf daß durch Eure heilbringende Thätigkeit eher die Wunden geheilt werden, welche die Hoffnung Jener nähren und deren Sache fördern, als sie etwas von dem ins Werk zu setzen vermögen, was sie zum größten Verderben von Staat und Kirche ersinnen. Indem wir dies erbitten, verleiben wir Euch, geliebte Söhne, und den übrigen, in dem frommen Bunde mit Euch Vereinten als Unterpfand väterlicher Liebe rvon Herzen im Herrn den Avpostolischen Segen.
Gegeben zu Rom beim heil. Petrus, den 23. Dezember des Jahres 1890, im 13. unseres Pontifikates Leo XIII.
Bayern.
München, 1. Januar. Die Trauung Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Alfons mit der Prinzessin Luise, Tochter des Herzogs von Alencçon, geboren 9. Juli 1869, findet der „Allg. Ztg.“ zufolge im Laufe des Monat Januar in München statt. Die Civiltrauung vollzieht als Standes⸗ beamter des Königlichen Hauses der Staats Minister Freiherr von Crailsheim. Ihre Kaiserliche und Königliche Hoheit die Kronprinzessin⸗Wittwe Stephanie von Oesterreich⸗ Ungarn trifft am 2. Januar Morgens von Wien zum Besuch ihrer Verwandten, des Prinzen und der Prinzessin Leopold, hier ein.
Das „Gesetz⸗ und Verordnungs⸗Blatt für das Königreich Bayern“ veröffentlicht eine Bekanntmachung, durch welche in Abänderung der Wehrordnung von 1889 bestimmt wird, daß die bisher für einen Brigadebezirk bestandenen Prüfungs⸗ kommissionen für Einjährig⸗Freiwillige vom 1. Januar ab für den Umfang des Regierungsbezirks, in welchem sich deren Sitze befinden, in Thätigkeit zu treten
haben. 8 11 .“ Württemberg. I11.“ Stuttgart, 2. Januar. Der „Staatsanzeiger für
Württemberg“ veröffentlicht die Ernennung des Freiherrn Axel von Varnbueler⸗Hemmingen zum württem⸗ bergischen Geschäftsträger in St. Petersburg mit der Stellung eines wirklichen Legations⸗Rathes.
. Baden.
Karlsruhe, 31. Dezember. Der Statthalter in Elsaß⸗ Lothringen, Fuͤrst von Hohenlohe⸗Schillingsfürst, traf, wie die „Karlsr. Ztg.“ meldet, gestern in Begleitung seiner Gemahlin und Tochter, sowie zweier Söhne zum Besuch
Ihrer Königlichen Hoheiten des Großherzogs und der
Großherzogin hier ein und kehrte Abends nach Straßburg zurück.
Mecklenburg⸗Schwerin.
Schwerin, 1. Januar. Nach hier eingetroffenen Nach⸗ richten aus Cannes hat, wie die „Mecklbr. Nachr.“ mit⸗ theilen, Se. Königliche Hoheit der Großherzog im Kreise seiner Familie das Weihnachtsfest in ungetrübter Freude ver⸗ lebt. Das Befinden Sr. Königlichen Hoheit bessert sich täglich.
Ein vom 28. Dezember datirtes Bulletin lautet:
8 Sb. Keen ISe eeösiglicen Hoheit des Großherzogs kat n Zeit rasche Fortschrit zt; Körp icht Kräfte haben wesentlich EETETT“
1
Dr. Brunhoff. 8 Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Coburg, 2. Januar. Se. Königliche Hoheit der
Herzog von Edinburg ist dem „W. T. B.“ zufolge nach England zurückgereist.
Elsafz⸗Lothringen.
Straßburg, 1. Januar. Dem Vernehmen des „W. T. B.“ zufolge tritt der Landesausschuß von Elsaß⸗ Lothringen am 15. Januar zusammen.
Das Ministerium hat eine Verordnung erlassen, wonach vom 1. Januar 1892 ab die Führung der Standesregister, einschließlich der darauf bezüglichen Verhandlungen in sämmt: lichen Gemeinden des Landes in deutscher Sprache zu erfolgen hat, soweit nicht für einzelne Gemeinden der Gebrauch der französischen Sprache zeitweise durch das Ministerium zu⸗ gelassen wird. Im Falle eines vorübergehenden Hindernisses kann durch die ersten Staatsanwälte der Gebrauch der fran⸗ zösischen Sprache gestattet werden.
SDebsterreich⸗üUngarn.
Wien, 2. Januar. Die „Budapester Correspondenz“ meldet: „Die beiderseitigen Regierungen haben sich im Ein⸗ vernehmen mit dem Minister des Aeußern, ohne hiermit ein Präjudiz zu schaffen, dahin geeinigt, daß Minister Szögyeny im Hinblick darauf, daß er mit allen bisherigen Stadien und Details der im Zuge be⸗ findlichen Vertragsverhandlungen mit Deutsch land vertraut ist, noch im ganten Verlauf dieser Verhandlungen, die voraussichtlich noch zwei bis drei Monate in Anspruch nehmen werden, denselben präsidiren solle. Auch in der am 6. Januar in Wien stattfindenden Sitzung der österreichisch⸗ungarischen Zollkonferenz, in welcher einzelne auf diese Vertragsverhandlungen bezůügliche Fragen zur Erörterung gelangen, wird Minister Szögyeny den Vorsitz führen.“
Der Graf Ludwig Tisza begrüßte, wie „W. T. B.“ meldet, gestern in Pest anläßlich des Jahreswechsels den Minister⸗Präsidenten Grafen Szaäpäry im Namen der liberalen Partei, zollte dessen Thätigkeit wärmste An⸗ erkennung, betonte die engen Bande, welche ihn mit der liberalen Partei verknüpften, und sagte die Unter⸗ stützung der Partei bei den durchzuführenden Re⸗ formen zu. Ferner sprach er sich mit Entschieden⸗ heit egen die Symptome religiöser Unduldsamkeit aus und gab unter wärmster Anerkennung der Verdienste des Grafen Andrassy die Versicherung ab, die liberale Partei werde niemals dessen staatserhaltende Schöpfungen zerstören lassen. Diese Partei zu erschüttern, werde ein eitler Versuch bleiben. Graf Szapäry dankte der Partei für das ihm be⸗ wiesene Vertrauen und erklärte, die Regierung halte es für höchst wünschenswerth, daß der den Interessen beider Theile Rechnung tragende Handelsvertrag mit Deutschland zu Stande komme, der die Freundschaft und das politische Bündniß, in welchem Ungarn mit Deutschland lebe und in Zukunft leben wolle, nur inniger gestalten werde. Der gute Wille
Seitens aller Faktoren sei ein so aufrichtiger, daß volle
Hoffnung für einen befriedigenden Abschluß des Ver⸗ trages vorhanden sei. Der Vertrag werde als Maßstab
für die mit anderen Ländern, besonders den östlichen, zu
schließenden Verträge dienen. Obgleich namentlich Serbien und Rumänien in der Rohproduktion gewissermaßen Ungarns Konkurrenten seien, so herrsche doch eine derartige Gegenseitig⸗ keit der Interessen mit denselben, daß es nicht auf Ungarn an⸗ kommen werde, auch freundschaftliche Handelsbeziehungen mit
ihnen zu unterhalten. Bezüglich der Kirchenpolitik erklärte
Graf Szapäry, Ungarn sei der religiösen Intoleranz abge⸗
neigt, und er hoffe, daß trotz der Maulwurfsarbeit subalterner
Organe der geschichtliche Patriotismus des hohen Klerus, wie früher in viel wichtigeren Fragen, einen Ausweg finden werde, und daß der der Konfessionen auch fortab unge⸗ stört bleibe. Die Regierung halte trotz entgegengesetzter Gerüchte an der Verwaltungsreform fest; die demnächst einzubringenden Vorlagen würden auch der öffentlichen Meinung vollkommen zugänglich sein. Die Regierung sei auf einen harten Kampf vorbereitet, hoffe aber mit Unterstützung der Majorität der Nation aus demselben siegreich hervorzugehen. Der Minister⸗Präsident konstatirte, daß das Verhältniß der liberalen
Partei zu der Regierung ein sehr inniges sei; beide könnten bei den Wahlen nach anderthalb Jahren mit Vertrauen dem 1
Urtheil der Nation entgegensehen.
Der deutsche Botschafter von Radowitz ist gestern aus
Konstantinopel hier eingetroffen und begiebt sich in den nächsten Tagen nach Berlin.
Großbritannien und Irland.
Anläßlich des Jahreswechsels hat die Königin wieder
zahlreiche Standeserhöhungen genehmigt. Sir Francis Sandford und Sir Edward Cecil Guinneß sind zu Reichs⸗ pairs, Sir Hercules Robinson, der General⸗Gouverneur der
Kapkolonie, General⸗Major Sir Henry Rawlinson und Dr. Richard Quain zu Baronets ernannt. Eine Extraausgabe der amtlichen „London Gazette“ veröffentlicht auch zahlreiche
Ordensverleihungen an hervorragende Beamte im Inlande und in den Kolonien sowie an Offiziere der Armee und Flotte. Der Herzog von Cambridge hat sich zu seiner Er⸗ holung nach Italien begeben. Auf der Rückreise nach Eng⸗ land wird er die englische Garnison in Malta inspiziren. Parnell ist am Mittwoch Abend mit seinen Be⸗ gleitern von Boulogne s. M. nach England zurück⸗ gekehrt. O'Brien reiste mit seinen Feümbemgenshoflan nach Paris zurück. Parnell wie O'Brien haben jede Mittheilung über den Inhalt ihrer Unterredung abgelehnt.
werden.
Die Verhandlungen sollen in wenigen Tagen wieder
aufgenommen werden, aber es ist noch nicht bestimmt wo. Daß ein Vergleich zwischen den beiden irischen Parteien in Aussicht ist, geht aus der Thatsache hervor, daß Par⸗ nell, obwohl er nach Irland zurückkehrt, seinen Feld⸗ zug vorläufig nicht wieder aufzunehmen gedenkt. Nach den Andeutungen, die ein trischer Abgeordneter, welcher der Konferenz in Boulogne beiwohnte, einem Vertreter der englischen Presse gemacht hat, ist ein Ausgleich in Aussicht genommen, demzufolge Parnell de facto Führer der Partei bleibt, aber zeitweilig zurücktritt. Inzwischen sollen Dillon oder, wenn dies möglich, O'Brien die Führerschaft übernehmen. Der ungenannte irische Abgeordnete schloß seine Mittheilungen wie folgt: „Sie werden sehen, daß diese Konferenzen zu einem höchst wichtigen Ergebniß führen werden. Das irische Volk wird aus dieser Schwierigkeit triumphirend hervorgehen. Hrn. Parnell wird in einer ganz unerwarteten Weise Gerechtigkeit erwiesen werden. Ehe eine Woche vorüber ist, wird ein Manifest erlassen werden, welches alle Wunden heilen und die Partei stärker und einiger als je machen wird.“ . b
Dem „Dablin Expreß“ zufolge soll O' Brien wirklich beabsichtigen, sich Anfangs Januar der irischen Polizei zu stellen, um die ihm zudikterten 6 Monate Gefängniß abzusitzen.
Die am 30. v. M. in Dublin unter dem Vorsitz des irischen Deputirten Harrington abgehaltene halbmonatliche Sitzung der Nationalliga war nur spärlich besucht. Das Interesse an dem Verein nimmt, wie englische Blätter melden, sichtlich ab. Harrington hob im Verlauf der Sitzung hervor, daß das Parteigezänk das Interesse der armen Pächter nicht schädigen dürfe. Parnell sei der Einzige, welcher die Iren zum Siege führen könne. Kilkenny sei Parnell durch die Einschüchterung der Geistlichkeit verloren gegangen. Diese Sache werde daher im Parlament zur Sprache gebracht und die Wahl Sir John Pope Hennessy's für ungültig erklärt werden.
Ein Tory⸗Abgeordneter schreibt der „Western Mail“, daß das vielfach verbreitete Gerücht, die Regierung beabsichtige, das Parlament im nächsten Jahre aufzulösen und an das Land zu appelliren, nicht begründet sei, obgleich viele Konservative gewichtige Gründe für die Zweckmäßigkeit einer baldigen Auf⸗ lösung anführen.
Frankreich.
Paris, 2. Januar. Der gestrige offizielle Empfang im Elysée verlief, wie „W. T. B.“ berichtet, aufs Glänzendste. Der Nuntius Rotelli sprach als Doyen des diplomatischen Corps in dessen Namen dem Präsidenten Carnot die auf⸗ richtigten Wünsche für sein persönliches Wohlbefinden sowie für das Gedeihen und die Wohlfahrt des französischen Volkes nach Außen und im Innern aus. Präsident Carnot erwiderte, seine Gesin⸗ nungen seien nicht minder aufrichtige für die vor ihm so würdig vertretenen Länder; er nehme mit inniger Befriedigung diese Beweise der Sympathie entgegen, welche Frankreich zum guten Theil der Unzweideutigkeit und Mäßigung seiner auswärtigen Politik verdanke. Die Gedanken des Friedens, der Freiheit, der Gerechtigkeit und des Fort⸗ schritts, welche die Republik pflege, würden nicht verfehlen, diese werthvollen Sympathien noch zu vermehren. Das sei sein innigster Wunsch.
Der ehemalige Marine⸗Minister, Admiral Aube ist einer Meldung aus Toulon zufolge vorgestern gestorben.
Der Pariser Gemeinderath hatte in seiner Sitzung vom 30. v. M. abermals den für die Polizei⸗Präfektur ge⸗ forderten Kredit abgelehnt und ferner beschlossen, daß dem Gemeinderath das Verfügungsrecht über gewisse Kredite ohne vorherige Genehmigung des Präfekten des Seinedepartements zustehen solle. Der Minister des Innern Constans hat, wie der „Temps“ meldet, diese Beschlüsse als ungültig wieder aufgehoben. 8
Rußland und Polen.
Die Großfürstin Konstantin Konstantin witsch, geborene Prinzessin zu Sachsen-⸗Altenburg, ist gestern von einem Sohne entbunden worden. 1
General Marbut, bisher Commandeur des XIV. Armee⸗ Corps (Lublin), ist in seinem Kommando durch den General⸗ Lieutenant Krziwoblocki, bisherigen Chef der 14. Infanterie⸗ Division, ersetzt worden. “
Aus den östlichen Gouvernements wird die nunmehr erfolgte Ausführung der seinerzeit angeordneten Formirung der ostsibirischen Schützen⸗Bataillone Nr. 5 und 10
ostsibirischen Linien⸗Bataillons Nr. 6 ge⸗ Das bisherige ostsibirische Schützen⸗Bataillon Nr. 5 hat die Nummer 9 erhalten und die Lokaltruppenkommandos a Pacificlitorale sind aufgelöst worden. Die Maßnahmen bedeuten, wie „W. T. B.“ dieser Mittheilung hinzufügt, keine Erhöhung des Effektivstandes der Truppen in den östlichen Gouvernements, sondern es handelt sich nur um eine Um⸗ formirung der bereits bestehenden Truppenkörper. Italien. Bei Hofe fand gestern der übliche Neujahrs⸗ empfang statt. “
Der Gouverneur von Adua, Maschascha, bittet in einem Telegramm an den Minister⸗Präsidenten Crispi, dem König und der Königlichen Familie seine ul⸗
igung auszudrücken und dieselben zu versichern, daß die
Wünsche des Königs Menelik einzig und allein dahin gingen, die Freundschaft zwischen Italien und Aethiopien zu erhalten und zu befestigen.
Die Bildung einer italienischen Ost⸗Afrika⸗Ges ell— chaft mit Staatsgarantie ist dem „H. C.“ zufolge nach teujahr bevorstehend. 1G 1
Der Papst hat in Utah, welches bisher der Sitz eines
apostolischen Vikariats war, ein Bisthum errichtet und
Msgr. Scarnell auf den neugeschaffenen Bischofstuhl berufen.
Der Seitens des Königlichen Kommissars im Stadtrath
von Rom eingebrachte Voranschlag für 1891 schließt, der „Köln. Ztg.“ zufolge, mit dem Gleichgewicht der Einnahmen und Ausgaben, da in der Verwaltung Ersparnisse in Höhe von 1 314 000 Lire durchgeführt und in Folge des Gesetzes vom 20. Juli, welches die Gemeinde Rom von verschiedenen Lasten befreit, die Unkosten um — —
sollen. Der alsdann noch verbleibende Fehlbetrag von einer
5 702 000 Lire verringert werden
lben Million soll durch Erhöhung der Miethsteuer gedeckt
8
8 48 8
Das vorläufige Uebereinkommen zw chen Portugal nd dem Congostaat Betreffs der Lunda⸗An elegenheit ist
am 31. Dezember in Lissabon auf folgender Grundlage unter⸗ zeichnet worden: Die beiden betheiligten Parteien verhandeln miteinander; eventuell soll die Vermittelung des Papstes direkt und der Schiedsspruch einer befreundeten Macht in An⸗ spruch genommen werden.
Die Zeitung „Il Tempo“ meldet, der Marine⸗ Minister habe bei dem am Mittwoch stattgefundenen Empfange von Offizieren der Expedition nach Mozambique erklärt: Nichts lasse annehmen, daß die Beziehungen zu England aufhören würden, ebenso herzlich zu sein, wie bis⸗ her; er hoffe auch, daß es nicht nothwendig sein werde, den Kampf mit den Agenten der Südafrikanischen Co mpagnie fortzuführen. Da aber der vereinbarte modus vivendi im Monat Mai d. J. seine Endschaft erreiche, so sei es nöthig, für Alles bereit zu sein. 1 “
bönn——“ Bei dem gestrigen Neujahrsempfange im Königli Palais zu Brüssel hielt der Präsident der Kammer eine Ansprache, in welcher er hervorhob: die Kammer werde sich nicht durch eitle Hirngespinnste beirren lassen; sie werde sich ihrer Pflicht nicht entziehen, wenn die ihr gestellte Aufgabe sich als besonders schwierig herausstellen sollte. Der Bürger⸗ meister aab der Hoffnung Ausdruck, daß durch den persön⸗ lichen Militärdienst bald die Söhne der Bürger wie die der Arbeiter in die Armee geführt werden würden. 8
Griechenland.
Der Finanz⸗Minister hat der Kammer das Budget für 1891 vorgelegt. Die Einnahmen sind darin auf 96 971 000, die Ausgaben auf 99 253 000 Drachmen veran⸗ schlagt, sodaß sich ein Defizit von 2 282 000 Drachmen ergiebt. In die Ausgabenziffer sind diejenigen Beträge eingerechnet, welche sich aus dem Stand des Wechselcourses bei Zahlung der Zinsen für die öffentliche Schuld ergeben, ebenso die Kosten für die Beschaffung dreier neuen Panzerschiffe.
Rumänien.
Bukarest, 1. Januar. Die Kammern sind bis zum 14. Januar a. St. vertagt worden. Der Minister⸗Präsident begiebt sich morgen nach Paris, um die Feiertage im Familien⸗ kreise zuzubringen. 8
Belgrad, 1. Januar. Der Minister des Innern theilte gestern der Skupschtina die durch Zahlung einer Indemni⸗ tätssumme von 60 000 Fr. an die Wittwe des ermordeten Konsuls Marinkowitsch Seitens der Pforte in befriedigender Weise erfolgte Beilegung der Pristina⸗Affaire mit. Die Skupschtina hat sich bis zum 16. Januar a. St. vertagt.
Die Bezirke Krajna und Mlawa sind als verseucht für den Viehverkehr vollständig abgesperrt.
Bulgarien. Sofia, 31. Dezember. In einer der „Pol. Corr.“
zugegangenen Zuschrift wird lebhaft gegen die Behauptung des Chefs der St. Petersburger politischen Polizei, Obersten Popow, gegenüber einem Mitarbeiter des Pariser „Eclair“, protestirt, nach welcher Padlewski nach Bulgarien geflüchtet sei und russische Nihilisten bei Stambulow Hülfe und Schutz fänden. Sollte Padlewski in der That in Varna landen, was bisher nicht der Fall sei, so würden ihn die bulgarischen Behörden zu schleuniger Umkehr anhalten. Weder echte noch maskirte Nihilisten würden unter Stambulow’'s Geschäftsführung in die Lage kommen, russischen Plänen den
Boden zu ebnen.
Montenegro. Cettinje, 31. Dezember. Der diplomatische Vertreter Rußlands, Ministerresident Argyropulo, ist laut Meldung T. B.“ nach längerem Urlaub heute hier wieder ein⸗ 1“ v S Ueber die Kämpfe in den Indianergebieten liegen folgende neuere Nachrichten vor, die sich aber noch immer nicht unter einander in rechten Zusammenhang bringen lassen: Ein Telegramm aus Omaha vom 31. Dezember meldet: Ein gestern im Lager der Unionstruppen eingetroffener Läufer hatte berichtet, die Indianer hätten die Mission am Clay Creek, in welcher sich mehrere Priester und Schwestern und eine große Anzahl Kinder befanden,
umzingelt und in Brand gesteckt. Die Kavallerie der
Unionstruppen, welche seit vier Tagen fast nicht aus dem Sattel ge⸗ kommen, sei darauf sofort zu Pferde gestiegen und unter Mitnahme von zwei Hotchkiß⸗Kanonen nach dem Clay Creek geeilt; dort sei es zum Gefecht gekommen. Nach den bis jetzt vorliegenden Nachrichten seien mehrere Mann der Unionsreiterei gefallen, eine größere Anzahl derselben sei verwundet. Man glaube, daß die Häuptlinge mehrerer bisher befreundeter Stämme, die auf die Nachricht vom Ausbruch der Feindseligkeiten mit einer großen Anzahl von Kriegern am Montag ihre Reservation verlassen hätten, die Ursache des Angriffs auf die Mission am Clay Creek und der gestern Nachmittag erfolgten Plünderung eines Munitionszuges der Unionsreiterei seien.
Eine andere Depesche aus Omaha vom selben Tage autet:
Ein am Clay Creek eingetroffenes Kavallerie⸗Regiment fand, die Schule brennend, das Missionsgebäude, welches sich in einer Entfernung von einigen hundert Schritten von der Schule befindet, war unver⸗ sehrt. Die Kavallerie wurde beinahe umzingelt von den Indianern, deren Mehrzahl sich im Hinterhalte verborgen hielt, während etwa 300 bis 400 Mann die Aufmerksamkeit der Soldaten be⸗ schäftigten. In dem Augenblick, in dem die Einschließung fast voll⸗ ständig war, traf ein weiteres Kavallerie⸗Regiment ein und zerstreute die Indianer, welche nach allen Richtungen flohen. Die Truppen kehrten in Folge der Ermüdung langsam nach Pine⸗Ridge zurück.
Ueber die Kämpfe zwischen den Indianern und Unionstruppen am Porcupine⸗Creek wird noch Folgendes berichtet:
Um 8 Uhr heute Morgen (29. Dezember) waren die Truppen zum Gefecht bereit. Die Reiterei erhielt den Befehl, abzusteigen, und das Indianerdorf wurde von dem Militär umzingelt. Die Hotchkiß⸗ Kanonen standen in Position und beherrschten das nicht 50 Yards entfernte Lager der Indianer. Hierauf forderte Oberst Forsythe die Aufrührer auf, aus dem Lager zu kommen, was dieselben auch thaten. In einem setzten sie sich nieder, bis sie gezählt worden waren. Sodann mußten 20 Indianer die Gewehre aus dem Lager holen. Diese aber brachten nur zwei Gewehre zurück, worauf eine Ab⸗ theilung Soldaten sich in das Dorf begab und dort 38 Gewehre fand. Plötzlich entstand eine Bewegung unter den Indianern und sie begannen ein Schnellfeuer. Die Truppen standen zu der Zeit nicht 20 Fuß von ihnen entfernt und fürchteten, ihre eigenen Kameraden zu treffen. Die Indianer liefen in südlicher Richtung davon, verfolgt von der Reiterei, welche einen Hagel von Schüssen
in sie hineinfeuerte. Der Kampf währte 1 ½ Stunden. Viele
Indianer flüchteten sich in eine Schlucht, aus welcher man sie schwer dertreiben konnte. 50 blieben todt auf dem Platze. Die Soldaten gaben schließlich keinen Pardon. Man staunt über die Verwegen⸗ heit, mit welcher 120 Indianer 500 Mann Reiterei angriffen. Kapitän Wallace wurde durch einen Schlag mit einer Keule ge⸗ tödtet. Außer ihm fielen noch 5 Soldaten, während Lieutenant Garlington und 15 Soldaten verwundet wu den. Man fürchtet für die Sicherheit der Pine Ridge⸗Agentur, da die dort befind⸗ lichen loval gesinnten Indianer Stammverwandte der heute ge⸗ tödteten Indianer von der Bande „Big Foot's“ sind. Viele junge Krieger haben den Kriegspfad betreten. Das 7. Kavallerie⸗Regiment ist dasjenige, von dem ein Theil im Jahre 1876 von den Indianern niedergemetzelt wurde, als General Custer's Streitmacht von den Sioux fast vernichtet und der General selbst getödtet wurde.
Die in New⸗York eingegangenen Berichte schildern lebhaft die Rassenwuth, mit welcher der Kampf geführt wurde. In dem bezüglichen Telegramm des „R. B.“ heißt es:
„Selbst die Verwundeten auf beiden Seiten setzten den Kampf noch fort. Ein dämonischer Muth schien sich der Indianer bemächtigt zu haben. Schon gleich Anfangs kam es zum Handgemenge. Das Militär schlug mit dem Karabiner drein und die Indianer brauchten mit großer Gewandtheit ihre Keulen. Lange konnten die Indianer freilich keinen Widerstand leisten. Sobald ihre Flucht begann, fing die Artillerie, welche aus Furcht, die eigenen Leute zu beschießen, bisher unthätig war, ihr Spiel an, und Gatling'sche und Hotchkiß'sche Mitrailleusen eröffneten eine halbe Stunde lang ein vernichtendes Feuer auf die Wilden. Nicht eher hörte die Artillerie auf zu schießen, bis kein lebender Indianer mehr zu sehen war.“
Argentinien. In Buenos Aires fand, wie „W. T. B.“ meldet, am 1. d. M. zu Gunsten der Kandidatur des Generals Mitre für den Preäsidentschaftsposten der Republik eine große Kundgebung seatt, bei welcher diese K ndidatur sehr beifällig begrüßt wurde
1“ W. T. B.“ aus Peking meldet, ist Vater des regierenden Kaisers, gestorben.
Königliches Opernhaus.
Am letzten Abend des Jahres ging ein altes, durch zahlreiche Aufführungen nicht nur auf unserer Königlichen Bühne als zugkräftig bewährtes Singspiel neu einstudirt mit schönem Erfolge in Scene. Die komische Oper „Doktor und Avpotheker“ von C. Ditters von Dittersdorf ist ihrer Ent⸗ stehungszeit nach über hundert Jahre alt und trägt in musikalischer Beziehung wie in Rücksicht auf das Libretto den Cha⸗ rakter der Arbeiten jener Zeit. Das Libretto, etwas spießbürgerlich angehaucht, giebt uns eine mit vielem Humor ausgesponnene kleine Intriguenkomödie, in welcher zwei Liebespaare wider der Eltern und Vormünder Willen zu ihrem Recht kommen und gleichzeitig die feindlichen Eltern versöhnen. Zu dieser einfachen, aber humorvollen Handlung hat Dittersdorf eine charakteristische Musik geschaffen; charakteristisch eben⸗ sowohl, insofern sie der Handlung und den handelnden Personen ihrem Wesen nach entspricht, als auch insofern, als sie in der Erfindung, Melodienführung, Harmonie und Instrumentation für die Zeit ihrer Entstehung eigenartig und bei aller Naivetät sehr wirkungs⸗ voll ist. Zeugniß hierfür legt nicht nur die erwähnte große Zahl der Aufführungen, welche dies musikalische Lustspiel hier auf der Königlichen Bühne und später noch im Friedrich⸗Wilhelm⸗ städtischen Theater erlebte, ab, sondern auch der Ausfall der vor⸗ gestrigen Aufführung. Die Hörer und Zuschauer standen der alten Novität Anfangs mit Zweifeln gegenüber; aber der Texrt und die gefällige, von natürlicher Komik durch⸗ setzte Musik gewannen die Sympathien des Publikums von Scene zu Scene mehr und übten den beabsichtigten erheiternden Einfluß auf die Stimmung aus. Fehlt der Musik auch die dramatische Kraft, so besitzt sie doch in ihrer einschmeichelnden, lieblichen und auch wieder kräftigen Melodik soviel fesselnde Momente und eigenartige Gesangs⸗ nummern, daß jeder Musikfreund für die Wiederaufnahme dieses Werkes ins Repertoire dankbar sein wird. Gleich im ersten Akt erfreut das Eingangsterzett durch die ihm inne wohnende gute Laune, das Duett zwischen Sichel und Gotthold durch Frische und Natürlichkeit; sehr charakteristisch ist ferner Stößel's Arie „Galenus und Hippokrates“, anmuthig und stimmungsvoll das romanzenartige Duett zwischen Rosalie und Leonore. Im zweiten Akt kommt die Charakteristik des Doktors Krautmann zu musikalisch prächtiger Durchführung, und auch die Partie der Rosalie wird hier musikalisch kräftiger und wirkungs⸗ voller gestaltet.
Die Aufführung war eine im Einzelnen und im Ganzen vortreff⸗
liche. Der Doktor fand in Hrn. Mödlinger einen temperamentvollen
und feinsinnigen Vertreter, während der Apotheker von Hrn. Krolop in Gesang und Spiel gleichmäßig tüchtig zur Geltung gebracht wurde. Die jugendlichen Liebhaber wurden von den Hrrn. Ernst und Lieban ansprechend wiedergegeben. Von den Damen verdient Fr. Herzog als Rosalie in erster Linie mit An⸗ erkennung genannt zu werden, aber auch Frl. Kopka wußte die Claudia gesanglich und schauspielerisch tadellos darzustellen, und 88 Weitz bewährte sich in der kleinen Partie der Leonore. Den
ängern und Sängerinnen ward reichster Beifall zu Theil, und nach jeder Scene erschienen sie vor der Gardine.
Gestern begann Frl. Teleki vom Stadt⸗Theater in Hamburg als Margarethe von Valois in Mevxerbeer’s „Hugenotten“ ein Gastspiel und zwar mit gutem Erfolg. Sind ihre Stimmmittel auch nicht gerade als glänzende zu bezeichnen, entbehrt der Ton auch zu⸗ weilen der Weichheit und des Schmelzes, so beherrscht sie doch mit außerordentlicher Sicherheit den Koloraturgesang; die schwierigsten Passagen gelangen ihr vortrefflich. Hier und da⸗ schien die Reinheit des Tones etwas beeinträchtigt zu sein. Gleichwohl darf die Künstlerin Ansrxruch auf Anerkennung und Beachtung machen, wozu auch die Bühnenerscheinung selbst und das angemessene Spiel wesentlich beitragen. Sie wurde von dem Publikum mit wiederholtem, lebhaften Beifall ausgezeichnet. Auch die übrigen Rollen waren in guten Händen. Besonderes Lob verdienen Hr. Rothmühl als Raoul, Hr. Mödlinger als Marcel und Fr. Herzog als Page. Der Gesang der Fr. Pierson (Valentine) hat etwas zu Unruhiges, die Aussprache läßt viel an Deutlichkeit zu wünschen übrig, während ihr Spiel gestern befriedigen konnte.
Der Vorstellung wohnten Se. Majestät der Kaiser und König bei.
Königliches Schauspielhaus.
Vpon der Sitte, am Sylvesterabend eine neue dramatische Gabe zur ersten Auffuͤhrung zu bringen, hatte man vorgestern Abstand ge⸗ nommen; dafür wurde eins der übermüthigsten Shakespeare’'schen Lustspiele „Was ihr wollt“ in neuer Einstudirung mit schönstem Gelingen und unter herzlicher Antheilnahme des Publikums dargestellt. Die scenische Einrichtung trug viel zu dem Erfolg der Vorstellung bei, da sie zumeist ein flottes, schnelles Spiel be⸗ günstigt und ermöglicht. In den beiden ersten Akten wurde der Gang des lustigen Spiels noch durch Scenenveränderungen unterbrochen; im dritten und vierten Akte dagegen diente dieselbe Gartenscenerie zum Schauplatz der bunt bewegten Handlung.
Einige Rollen gewannen durch gegen früher veränderte Besetzung an Interesse. Frl. Lindner als Viola entwickelte in dem heiteren Gegenspiel mit Olivia und besonders in der kecken Fechtscene viel urwüchsige Schalkhaftigkeit und komische Verlegenheit. Die lustige Maria des Frl. Conrad rief weirkliche