1891 / 11 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 13 Jan 1891 18:00:01 GMT) scan diff

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Ernst Rudorff, die zum ersten Mal aufgeführt wurde, nahm das Concert seinen Anfang, und da diese Sinfonie bei der Wiedergabe viele anmuthige Schönheiten aufwies, war es ein würdiger Anfang. Besonders verfehlte der letzte Satz „presto con molto fuoco“ seine Wirkung nicht, er erwärmte die Zuhörer und gab für den guten Er⸗ folg der Sinfogie den Ausschlag. Als Solist des Abends trat Hr. Eugen d'Albert zuerst mit dem Klavier⸗Concert E-moll von Chopin auf und erzielte durch sein durchgeistigtes, großartiges Spiel lebhafteste Anerkennung. In diesem herrlichen Concert hatte er vollauf Gelegenheit, sein künstlerisch geniales Wesen ganz zu ent⸗ falten. Mit der größten Feinheit gab er die Themata der verschiedenen Sätze wieder, jedem der drei Sätze prägte er seinen bestimmten Charakter auf und brachte Chopin's Geist in vollendeter Weise zum Ausdruck. Hierauf folgte eine „Steppenskizze aus Mittel⸗Asien“ für Orchester von A. Borodin, welche durch die charak⸗ teristische Art der Komposition reichen Beifall fand. Nicht ganz so wirkungsvoll war eine Phantasie „Kamarinskaja“ über zwei russische Volkslieder für Orchester von M. J. Glinka. Alsdann ließ sich Hr. Eugen d'Albert mit einer neuen Burleske für Klavier und Orchester von Rich. Strauß hören. Wenn der Künstler darin auch reichlich Gelegenheit hatte, seine immense Fertigkeit im Spiel zu zeigen, so läßt sich doch nicht verschweigen, daß in dieser neuen Komposition die Oberflächlichkeit vorherrscht; man vermißte schmerzlich bei der Wiedergabe das tiefe seelische Spiel und Können des großen Klavier⸗ virtuosen. Die akademische Fest⸗Ouverture op. 80 von Joh. Brahms bildete einen schönen Schluß des Concerts, mit welchem das Orchester unter der Leitung seines berühmten Dirigenten den Zuhörern wieder einen großen Genuß verschafft hat.

Mannigfaltiges.

Das Brandenburgische Füsilier⸗Regiment Nr. 35, welches, wie wir der „Voss. Ztg.“ entnehmen, morgen das Jubiläum seines 75 jährigen Bestehens begeht, kann auf eine lange ruhmreiche Vergangenheit zurückblicken. Schon in den Jahren 1740 bis 1806 gab es Fünfunddreißiger in der preußischen Armee, die aus der Mark und Pommern sich rekrutirten. Friedrich II. hatte am 24. Juni 1740 in Potsdam u. a. ein 35. Infanterie⸗Regiment

(Münchow) errichtet, das 1756 die Nummer „36“ erhielt, und aus dem am 27. Juni 1740 für den Prinzen Heinrich gestifteten Regiment Nr. 38 wurde alsdann die neue Nummer 35, die zur brandenburgischen Inspektion gehörte und 1786 in Spandau und Nauen in Garnison stand. Seit 1795 lag das Regiment Nr. 35

in Königsberg in der Neumark, in Soldin und Küstrin. Der unglück⸗ liche Feldzug im Jahre 1806 löschte die Nummer 35 auf ein Jahr⸗ zehnt aus der preußischen Rang⸗ und Stammliste, bis der 13. De⸗

zember 1815 zwei neue Linien⸗Regimenter, das 33. (jetzt Nr. 33 und 34) sowie das 34 (jetzt Nr. 35 und 36) ins Leben rief. Die Königliche Kabinets⸗Ordre vom 4. Juli 1860 machte das 35. Regi⸗ ment zu einem Füsilier⸗Regiment und verlieh ihm die drei Feld⸗ zeichen, welche in den drei letzten Feldzügen Zeugen zahlreicher Siege werden sollten und in deren Besitz sich das 35. Infanterie⸗Regiment noch gegenwärtig befindet.

Die Verwaltung des Königlichen Zeughauses hat, wie das „D. Tgbl.“ erfährt, wiederum recht interessante Erwerbungen gemacht. Es sind dies zunächst drei französische Spieße (Spontons), von denen zwei als Prunkstücke zu bezeichnen sind. Diese beiden tragen am Schaft, in von oben nach unten geringelten Linien, die blau⸗ weiß⸗rothen Farben der Republik. Ueber der goldeiselirten Spitze befindet sich ein Kreuzstück mit den Inschriften: „Liberté, Egalits?“ und „Liberté ou mourir“. Erwähnenswerth sind ferner zwei französische Kriegs⸗ oder Sturmgabeln, deren Spitze in eine regelrechte Gabel ausläuft, unter

der sich ein Widerhaken befindet. Ein anderes Stück besteht aus einem Säbel mit breiter schwertartiger Klinge und zweischneidiger Spitze. Auf der mit Lorbeerzweigen verzierten Klinge liest man die Worte: „Patri“ und „Nivam Montagu“. Sänmmtliche Stücke stammen aus der Zeit von 1792 1800.

Der Verein „Gabelsberger“ und der Verein Gabelsberger'scher Stenographen eröffnen in den nächsten Tagen öffentliche Unter⸗ richtskurse in der Gabelsberger'schen Schnellschrift. Der Unterricht wird zweimal wöchentlich Montag und Donnerstag bezw. Dienstag und Freitag, Abends 8 ½ Uhr, ertheilt und beginnt in der Friedrich Werderschen Ober⸗Realschule, C. Niederwallstr. 12, und im Köllnischen Gymnasium, 8. Inselstr. 2—5, Donnerstag, den 15. Januar, im Schulgebäude SW., Markgrafenstr. 105, und im Friedrichs⸗Gymnasium, N. Friedrichstr. 126, Freitag, den 16. Ja⸗ nuar. Anmeldungen werden in der ersten Unterrichtsstunde, deren Besuch Jedem freisteht, entgegengenommen. Für den Unterricht ein⸗ schließlich der Lehrmittel sind 6 zu entrichten. 8

Der 56. Unterrichtskursus für Damen und Herren in der im Jahre 1888 vereinfachten Stolze'schen Stenographie unter Leitung des Hrn. L. Loepert beginnt Freitag, den 16. d. M., im Hörsaal der Königlichen Akademie der Künste, am Schinkel⸗ platz 6 1 (Bau⸗Akademie) Der Unterricht wird Dienstag und Freitag Abends von 8 bis 9 ½ Uhr stattfinden. Eintrittskarten zu 6 sind vorher im Abgeordnetenhause, Leipzigerstraße 75, beim Portier und bei Beginn des Kursus im Hörsaal zu haben.

Die Anmeldungen zu der internationalen Geflügel⸗ Ausstellung der „Cypria“ sind sehr zahlreich eingegangen. Allein an Tauben sind 950 Paar angemeldet worden. Unter den 300 Ausstellern befinden sich auch solche aus Oesterreich⸗Ungarn und aus England.

Der Verein deutscher Studenten und dessen befreundete Korporationen haben sich der „N. A. Z.“ zufolge zusammengethan, um am 22. Januar in der Philharmonie zu Berlin eine Erinne⸗ rungsfeier an die glorreiche Wiederaufrichtung des Deutschen Reichs, verbunden mit einer Vorfeier des Geburtstages Sr. Majestät des Kaisers, zu begehen.

Der „Kamerad“, Verein ehemaliger 24er, feierte am Sonnabend in Kellers Festsälen unter äußerst reger Betheiligung sein 19. Stiftungsfest. Das 24. Regiment hatte 60 Feldwebel, Unter⸗ offiziere und Mannschaften abgesandt, welche auf Kosten des Vereins einquartiert und verpflegt wurden. Ferner waren der Regiments⸗ Commandeur, Hr. Oberst von Schrötter, mit dem Stabe sowie eine große Anzahl von aktiven und Reserveoffizieren erschienen, so daß sich die Zahl der Festtheilnehmer auf etwa 600 Per⸗ sonen bezifferte. Die Feier nahm einen sehr angenehmen Verlauf. Nachdem der Vorsitzende Hr. Geheimer Hofrath Schulz in seiner Ansprache auf die erfreulichen Erfolge des Vereins besonders im Kameradschafts⸗ und Unterstützungswesen hingewiesen und das Hoch auf Se. Majestät den Kaiser ausgebracht hatte, trank der Regiments⸗Commandeur Hr. Oberst von Schrötter auf das fernere Gedeihen des Vereins. Für die Unterhaltung war durch Aufführung kleinerer Theaterstücke, durch humoristische Vorträge und zum Schluß durch einen Ball in angenehmster Weise gesorgt. Für den Wittwen⸗ Unterstützungsfonds ergab eine Verloosung einen ansehnlichen Beitrag. Das Fest, welches erst in vorgerückter Stunde sein Ende erreichte, zählte zu den glänzendsten Feierlichkeiten, welche der Verein der 24 er seit seinem Bestehen veranstaltete.

Morgen wird in der Urania Hr. Dr. Keller einen populären Vortrag „Ueber Bakterien und ihre Erforschung“ halten. Ein Theil

Deutsch von Gustav von

des Ertrages soll dem Deutschen Samariterverein zu Gute kommest. Verdient der Vortrag schon aus diesem äußeren Grunde das Interesse des Publikums, so wird dies nicht minder seines Inhaltes wegen der Fall sein. Denn, wenn auch seit Koch'’s großartiger Entdeckung der betreffende Gegenstand außerordentlich häufig in der Presse behandelt worden ist, so kann hier⸗ durch der Wunsch nach einer systematischen wissenschaft⸗ lichen Beleuchtung nur ein regerer geworden sein. Besonders will⸗ kommen wird es Vielen sein, wenn, wie das in der Urania üblich ist, auch bei dieser Gelegenheit Anschauungsmaterial vorgeführt werden wird. Donnerstag und Freitag wird, auf vielseitig geäußerten Wunsch, die „Geschichte der Urwelt“ anstatt der bisher aufgeführten und vom Sonntag an wieder das Repertoire beherrschenden „Werke des Wassers“ gegeben werden.

Darmstadt, 10. Januar. Nach Berichten der „Köln. Z.“ wurden am Donnerstag Nachmittag, 6 Minuten vor 2 Uhr, in der Umgebung von Darmstadt und durch das ganze Ried zwei heftige, kurz aufeinanderfolgende Erdstöße wahrgenommen.

Piacenza. Am Sonntag Abend drangen, wie man dem „H. C.“ meldet, Diebe durch die Glaskuppel der Sakristei in die Kathe⸗ drale zu Piacenza und raubten alle im sogenannten Arsenal aufbewahrten. Schätze, darunter kostbare Kunstobjekte, im Se von 200 000 Lire. Die Diebe sind bisher nicht ermittelt worden.

Brüssel, 10. Januar. In der gestrigen Sitzung des Antwerpener Gemeinderaths theilte der „Voss. Z.“ zufolge der Schöffe Hr. Gits mit, daß alle Versuche, die Schelde durch künstliche Mittel der Schiffahrt wieder zu eröffnen, aufgegeben werden müssen. Das Eis sei an vielen Stellen über 2 m dick. Im Ant⸗ werpener Hafen seien 68 Dampfer und 35 Segelschiffe mit 2188 Mann Bemannung durch Eis eingeschlossen. Ueber 15 000 Hafen⸗ arbeiter sind brotlos; 22 mit Getreide beladene, nach Antwerpen bestimmte Schiffe liegen in Vlissingen fest. Die mit einem Kosten⸗ nufwand 89 4 Millionen Fr. neu erbaute Scheldebrücke bei Tamise ist gefährdet.

Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.

Bern, 13. Januar. (W. T. B.) Die Gesammt⸗ einnahmen der Schweiz an Zöllen im abgelaufenen Jahre betrugen 31 079 186 Fr., also 3 625 271 Fr. mehr als im Jahre 1889.

Konstantinopel, 13. Januar. (W. T. B.) Major von Hülsen, welcher in spezieller Mission an den Sultan ab⸗ gesandt war, kehrt mit einem Handschreiben des Sul⸗ 14 an Se. Majestät den Kaiser Wilhelm nach Berlin zurück.

Der Sultan verlieh den Offizieren und Mann⸗ schaften des deutschen Kanonenboots „Wolf“, welches die Ueberlebenden bei dem Schiffbruch des türkischen Panzerschiffs „Erthogrul“ nach Kobe (Japan) gebracht hatte, goldene respektive silberne Rettungsmedaillen.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)

Old Sport, geritten von Frl. Oceana Renz (Enkelin).

Wetterbericht vom 13. Januar, Morgens 8 Uhr.

V

Stationen.

V

in ° Celsius

Sewe 50C. =40R.

Bar. auf 0 Gr. zu. d. Meeressp red. in Millim.

Mullaghmore 781 Aberdeen.. 776 Christiansund 761 Kopenhagen. 776 Stockholm. 770 Haparanda .. 760 Moskau 779

Cork, Queens⸗- 1 1 Nebel

775 NO 4 Nebel 777 NNO 1 Nebel 775 SW 2 Nebel amburg 777 OSO 2 bedeckt winemünde 77 O 1 bedeckt ss 777 S 1 Nebel 776 SSO 2 bedeckt 774 NO 2 bedeckt 776 O 2 bedeckt 774 NO 3 bedeckti¹) 775 still bedeckt 773 NO 4 bedeckt 1* still Nebel 777 SO 2 bedeckt 775 NW 1 bedeckt 776 SO 1 bedeckt 772 NO bedeckt 768 O 4 bedeckt 771 ONO A heiter

¹) Gestern anhaltend Schnee.

Uebersicht der Witterung.

Eine Zone hohen Luftdrucks erstreckt sich von Ir⸗ land ostwärts über Norddeutschland nach dem Innern Rußlands mit einem Maximum von 782 mm über Irland. Eiue Depression nordostwärts ab⸗ ziehend, liegt nördlich von den Lofoten, an der mitt⸗ leren norwegischen Küste Weststurm mit Regenfall verursachend. In Deutschland ist bei schwacher Luft⸗ bewegung, aus meist südlicher bis östlicher Richtung das Wetter trübe, an der Küste etwas kälter, im Binnenlande wärmer. Im nordwestlichen Deutsch⸗ land liegt die Temperatur etwas über Null, das übrige Deutschland hat Frostwetter. Im deutschen Binnenlande ist fast allenthalben Schnee gefallen Schneehöhe: Hamburg 11, Berlin 14, Königsberg 34, Altkirch 2 cm.

—2 8 8*

Theater⸗Anzeigen. RKsnigliche Schauspiele. Mittwoch: Opern⸗

1halb bed. 9 Regen 1 Nebel 2 Nebel 2 bedeckt 1 wolkenlos

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Deutsche Seewarte.

8 haus. 12. Vorstellung. Marie, oder: Die Tochter

des Regiments. Komische Oper in 2 Akten von Donizetti. Text nach dem Französischen des St. Georges. (Marie: Frl. Teleki, vom Stadt⸗Theater

Anton Erl, vom Königlichen Hoftheater in Dresden, als Gast) Zum Schluß: Solotanz von Emil Graeb, Musik arrangirt von Hertel. Anfang 7 Uhr.

Schauspielhaus. Keine Vorstellung.

Donnerstag: Opernhaus. 13. Vorstellung. Don Jüuan. Oper in 2 Akten mit Tanz von Mozart. Text von Daponte. Anfang 7 Uhr.

Schauspielhaus. 14. Vorstellung. Zur Feier des 100 sten Geburtstages Franz Grillparzer's: Gedicht von Ernst von Wildenbruch, gesprochen von Frl. Lindner. Zum ersten Male: Das goldene Vließ. Dramatisches Gedicht in 3 Abtheilungen von Franz Grillparzer. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Max Grube.

Beutsches Theater. Mittwoch: Die Kinder der Excellenz.

Donnerstag: Zur Erinnerung an Grillparzer's 100 jährigen Geburtstag, neu einstudirt: Des Meeres und der Liebe Wellen.

Freitag: Die Kinder der Excellenz.

Die nächste Aufführung von Das Winter⸗ märchen findet am Sonnabend statt.

Verliner Theater. Mittwoch: In der Mark. Donnerstag: Goldfische.

ee 19. Abonnements⸗Vorstellung. In der ark. G

Tessing-Theater. Male Ohne Ideale. Richard Jaffé.

Donnerstag: Grillparzer⸗Feier. Der Traum, ein Leben mit einem Epilog von Ludwig Fulda.

Victoria-Theater. Mittwoch: Zum 45. Male: Die sieben Raben. Romantisches Zaubermärchen in 5 Akten von Emil Pohl. Musik von G. Lehn⸗ hardt. Balletcompositionen des 3. Aktes von C. A. Raida. Ballets unter Leitung des Balletmeisters C. Severini. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur W. Hock. Anfang 7 ½ ör

Wallner-Theater. Mittwoch: Zum 6. Male: Talmi. Volksstück mit Gesang in 4 Akten von Moritz Schlesinger und L2. Herrmann. Musik von Fritz Krause. Anfang 7 Uhr.

Donnerstag und folgende Tage: Talmi.

Friedrich-Wilhelmstädtisches Theater. Direktion: Julius Fritzsche. Mittwoch: Zum 25. Male: Die Gondoliere. Burleske Operette in 2 Akten von W. S. Gilbert. Deutsch von F. Zell und R. Gense. Musik von A. Sullivan. In Scene geseßt von Julius Fritzsche. Dirigent: Hr. Kapell⸗ meister Federmann. Anfang 7 Uhr.

Donnerstag: Die Gondoliere.

Mittwoch: Zu rsten Schauspiel in 4 Akten von

Residenz-Theater. Direktion: Sigmund Lauten⸗ burg. Mittwoch: Zum 5. Male: Der selige Tou⸗

pinel (Feu Tonpinel). Schwank in 3 Akten

in Hamburg, als Gast, Tonio: Hr. Kammersänger von

Große nationale arrangirt und in Scene gesetzt vom Direktor E.

Alexandre Bisson.

Moser. In Scene gesetzt von Sigmund Lautenburg.

Veorher zum 5. Male: Friquette. Schwank in

1 Akt von Benno Jacobson. In Scene gesetzt

von Sigmund Lautenburg. Anfang 7 ½ Uhr. Donnerstag: Dieselbe Vorstellung.

Belle-Alliance-Theater. Mittwoch: Ensemble⸗ Gastspiel von Mitgliedern des Wallner⸗Theaters. (Letzte Woche.) Zum 14. Male: Mein Freund Lehmann. Schwank in 4 Aufzügen von O. Klauß⸗ mann und F. Brentano. Anfang 7 ½ Uhr.

Donnerstag und folgende Tage: Mein Freund Lehmann.

Adolph Ernst-Theater. Mittwoch: Zum 130. Male: Unsere Don Inans. Gesangsposse in 4 Akten von Leon Treptow. Couplets von Gustav Görß. Musik von Franz Roth und Adolph Ferron. Anfang 7 ½ Uhr.

Donnerstag: Dieselbe Vorstellung.

Thomas-Theater. Alte Jakobstraße 30. Mittwoch: Erstes Auftreten von Betty Damhofer. Zum ersten Male: Drei Paar Schuhe. Posse mit Gesang in 3 Abtheilungen und einem Vorspiel von Carl Görli Musik von C. Millöcker.

Donnerstag: 16. Abonnements⸗Vorstellung. Zum

2. Male: Drei Paar Schuhe. Freitag: Zum 54. Male: Der Soldatenfreund.

Concert⸗Anzeigen.

Concert-Haus. Mittwoch: Karl Mevyder⸗ Concert unter Mitwirkung der Concertsängerin Frau Brandt. Ouv. „Anacreon“, Cherubini. „Coriolan“, Beethoven. Arie aus der Oper „Mignon“ von Thomas, gesungen von Fr. Brandt. Polonaise von Wagner. Die Baals⸗Priester aus der Oper „Der Prophet“ von Mevyerbeer, gesungen von Fr. Brandt.

Singakademie. Mittwoch, Abends 7 ½ Uhr: Concert von Marie Schmidt⸗Köhne und Felix Schmidt, unter gütiger Mitwirkung der Hrrn. Prof. Jos. Joachim und Wilh. Berger.

Ein Mexikaner Manöver, geritten von 12 Herren. Auftreten des berühmten Saltomortales⸗Reiters Mr. Briatore. Pas de deux auf 2 Pferden von Mm. und Mr. Bradbury. Miß Zelia Zampa, ameri⸗ kanische Luftgymnastikerin. Miß Lillie Meers, Jockeyreiterin I. Ranges. Frl. Natalie, Parforce⸗ reiterin. Mr. B. Fillis in seinen Vor⸗ und Rück⸗ wärts⸗Saltomortales auf ungesatteltem Pferde. Komische Entrées und Intermezzos von sämmtlichen Clowns. Donnerstag: Vorstellung.

Familien⸗Nachrichten.

Verlobt: Frl. Margarethe Kraupff mit 8 Ingenieur Francis Pickering (Berlin —Memel). Frl. Klara von Treitschke mit Hrn. Lieut. Gustav Tungeln (Berlin— Oldenburg). Frl. Franziska Weber mit Hrn. Otto Grothkopf (Kiel —Gettorf). Frl. Paula Droß mit Hrn. Heinr Jütte (Düsseldorf Magdeburg). Frl. Sophie Rey⸗ mann mit Hrn. Karl Göpfert (Chemnitz).

Verehelicht: Hr. Gotthold Lessing mit Frl. Anna Zelle (Meseberg Berlin). Hr. Rittmeister a. D. Ernst von Düring mit Frl. Charlotte von Düring (Buxtehude).

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Kgl. Oberförster Dr. Otto Kohli (Pr. Stargard). Hrn. Major von Rosenberg⸗Gruszcezynski II. (Mainz). Hrn. Dr. Robert (Kiel). Hrn. Karl F. Böker (New⸗ York). Eine Tochter: Hrn. Pastor Richter (Rheinsberg) Hrn. Dr. med. P. Kellendonk (Mechernich)h. Hrn. Alfred Beuther (Berlin). Hrn. Sec.⸗Lieut. August Grafen Finck von Finckenstein (Berlin). Hrn. Apotheker Martin Brauns (Chicago). Hrn. August Halbrock (Hillegosen).

Gestorben: Hr. Bürgermeister Karl König (Rogowo). Frau Landgerichtspräsident Josephine Lützeler, geb. Müller (Köln). Hr. Heinr. Thomas von Hofe (Königsberg). Frau verw. General⸗ major Sophie Morgau, geb. Mallison (Charlotten⸗ burg) Hr. Rentier Otto Müller (Berlin). Hr. Oberlehrer Dr. phil. Fritz Techmer (Pots dam). Hr. Gutsbesitzer Joh. Wilh. Huber Schmitzt (Abtshof, Oberaußem). Hr. Bürge meister Kaspar Bauer (Wesel). Hr. Andre Lochner (Berlin). Hr. Kgl. Stations⸗Assiste Karl Retzow (Berlin).

Arania, Anstalt für volksthümliche Naturkunde. Am Landes⸗Ausstellungs⸗Park (Lehrter Bahnhof). Geöffnet von 12—11 Uhr. Täglich Vorstellune 0. Theater. Näheres die Anschlag⸗ zettel.

Circus Renz. (Carlstraße.) Mittwoch, Abends

7 Uhr: Zum letzten Male: Deutsche Turner. Original⸗Pantomime ꝛc., neu

Renz. Außerdem; Great Steeple Chase von 6 engl. Vollblut⸗Springpferden, in Freiheit dressirt und vorgeführt von Hrn. Franz Renz. Schulpferd

Redacteur: Dr. H. Klee, Direktor. Berlin: Verlag der Expedition (Scholz).

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlat Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32. Sieben Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage), und die Inhaltsangabe zu Nr. 6 des öffen lichen Anzeigers (Kommanditgesellschaften⸗

Aktien und Aktiengesellschaften) für die W vom 5. bis 10. Januar 1891.

2 hefizits, wir

zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußisch

Berlin, Dienstag, den 13. Januar

82 Haus der Abgeordneten. 16. Sitzung vom 12. Januar 1891.

Finanz⸗Minister Dr. Miquel:

Hochverehrte Herren! Auf Grund der Allerhöchsten Ermächti⸗ gungen vom 31. Dezember 1890 und vom 7. Januar 1891 habe ich die Ehre, dem hohen Hause folgende Vorlagen zur verfassungs⸗ mäßigen Beschlußfassung vorzulegen:

Die allgemeine Rechnung über den Staatshaus halts⸗Etat pro 1. April 1887/88 nebst den dazu gehörigen Anlagen,

sodann die Uebersicht der Staats⸗Einnahmen und „Ausgaben für das Etatsjahr 1889/90 nebst Anlagen,

endlich den Gesetzentwurf, betreffend die Feststellung des Staats⸗ haushalts⸗Etats vom 1. April 1891/92.

Ich gestatte mir, diese Vorlagen dem Herrn Präsidenten nebst den

Ausfertigungen der Allerhöchsten Ordres zu überreichen.

Der Staatshaushalts⸗Etat für 1891/92 schließt ab in Einnahme und Ausgabe mit einem Betrage von 1 720 834 749 ℳ; die dauernden Ausgaben betragen 1 670 452 177 ℳ; die einmaligen und außer⸗ ordentlichen etatsmäßigen Ausgaben 50 382 572 Das macht gegen den laufenden Etat eine Gesammtmehrausgabe von 132 610 434 ℳ, wenn dabei der Verwaltungsüberschuß des Jahres 1888/89, der im laufenden Etat lediglich ein durchlaufender Posten ist, in Einnahme und in Ausgabe gestellt ist Behufs Schuldentilgung, außer Betracht gelassen wird.

Im Ordinarium betragen die Mehrausgaben gegen den Etat pro 1890/91 125 672 033 ℳ, gegenüber den obenbezeichneten Mehr⸗ einnahmen würde dies einen Ueberschuß ergeben von 6 938 401 Wenn aber davon abgesetzt wird die Mehrausgabe im Extraordinarium des diesjährigen Etats im Betrage von 2 069 203 und der erst ver⸗ zeichnete Verwaltungsüberschuß in Betracht gezogen wird, so schließt der Etat in Einnahme und Ausgabe gleichmäßig ab.

Den Hauptantheil an den bedeutenden Mehreinnahmen des nächstjährigen Etats haben wiederum die Betriebs⸗ und Ueberschuß⸗ verwaltungen. Aus der ersten Abtheilung des Etats resultiren im Ordinarium an Mehreinnahmen 110 977 901 ℳ; sie erfordern eine Mehrausgabe von 55 112 484 und liefern daher einen Mehr⸗ überschuß gegen den laufenden Etat von 55 865 417 Ich mache das Haus von vornherein aufmerksam auf die Bedeutung dieser in unseren Etats seit längerer Zeit wiederkehrende Thatsache, welche man vergleichen muß mit den wachsenden Mehrausgaben in allen übrigen Verwaltungen. Das Extraordinarium bei den Ueberschuß⸗ und Betriebsverwaltungen erfordert einen Mehrbedarf von 2 494 700 ℳ; bei den Dotationen und der allgemeinen Finanzverwaltung ergiebt sich im Ordinarium eine Mehreinnahme von 19 111 148 ℳ, dagegen eine Mehrausgabe ich bitte das mit dem vorbezeich⸗ neten Mehrüberschuß bei den Betriebsverwaltungen zu ver⸗ gleichen von 73 394 514 ℳ, somit ein Mehrbedarf bei den Dota⸗ tionen und der allgemeinen: Finanzverwaltung von 54 283 366 ℳ, nahezu gleich dem Mehrüberschuß bei dem ersten Abschnitt, während es sich hier, wie sich zeigen wird, um dauernde, ständige Ausgaben handelt, nicht um schwankende Einnahmen aus Betriebsverwaltungen. Im Extraordinarium, bei den Dotationen und der allgemeinen Finanz⸗ verwaltung, ist ein Mehrbedarf nur erforderlich von 4 504 534 Bei den Staatsverwaltungen liefern die Mehreinnahmen im Ordinarium 2 712 0h12 ℳ, denen eine Mindereinnahme von 190 627 gegenübersteht. Die Mehrausgabe beträgt bei den Staats⸗ verwaltungen 9 784 200 ℳ, die Minderausgaben 12 619 165 ℳ, sodaß sich bei den Staatsverwaltungsausgaben ein Minderbetrag ergiebt, der aber nur, wie ich nachher noch erläutern werde, durch die Um⸗ stellung der im Nachtrags⸗Etat des laufenden Jahres bewilligten 15 Millionen Mark aus dem Finanz⸗Ministerium auf die gesammte übrige Verwaltung entsteht. Im Extraordinarium werden bei den

Staatsverwaltungen an Mehrausgaben erfordert 4 079 037

Meine Herren, Sie sehen: der Etat schließt ab ohne Zuhülfe⸗ nahme einer Anleihe und ohne Verwendung eines Ueberschusses aus dem Vorjahre; er balanzirt in sich. Dies Ergebniß zu erreichen, ist in den Vorverhandlungen zwischen dem Finanz⸗Ministerium und den einzelnen Ressorts nicht leicht geworden. Wir haben schon diesmal erhebliche Mehranforderungen nicht berücksichtigen können, eine Reihe von sehr nützlichen, ersprießlichen, durch die Förderung der Landeskultur und von Kunst und Wissenschaft durchaus berech⸗ tigten Mehrforderungen zurückstellen müssen, um zu diesem Resultat der Balanzirung des Etats zu gelangen.

Der Etat ist nach den bewährten Grundsätzen, die die Erfahrung langer Jahre ergeben hat, aufgestellt; nichtsdestoweniger wird es schwer sein, vorher zu sehen, ob die einschlagenden Ziffern in Ein⸗ nahme und Ausgabe nachher der Wirklichkeit voll entsprechen. Soll ich meine Ueberzeugung aussprechen, die ja nur auf einer Summe von Thatsachen und Vermuthungen beruhen kann, so bin ich der Meinvng, daß wir aus dieser Aufstellung des Etats nicht entfernt auf solche Ueberschüsse rechnen können, wie wir sie in den letzten Jahren gehabt haben. Ich werde das im Einzelnen noch näher darlegen, und ich bin überzeugt: man wird der Anschauung, die aus den günstigen Ergebnissen der letzten Jahre hier im Hause ich habe das aus den Diskussionen beim Etat des laufenden Jahres namentlich ersehen mehr oder weniger eine herrschende geworden ist, daß man gegenüber dem Etat nicht zu ängstlich zu sein brauche, daß aller Wahrscheinlichkeit nach sich stets bedeutende Mehrüberschüsse ergeben würden, diesem Etat gegenüber keine Rechnung mehr tragen dürfen. Dies ergiebt sich am Besten, wenn man den Etat und seine Ergebnisse vergleicht mit den Vorjahren, ob günstigen oder ungünstigen. Sie wissen, meine Herren, daß wir in den Rechnungsergebnissen unseres Staatshaushalts seit dem Jahre 1880 uns stets in auf⸗ und absteigender Linie bewegt haben. Wir haben mehrere Jahre virkliche Defizits, nicht bloß formelle, sondern materielle haben kleine Ueberschüsse von 301 bis zu Miliionen; in einem solchen Grade ist unser Etat in seinen

schließlichen Ergebnissen unsicher vorher zu berechnen gewesen. Das beruht eben darauf, daß die Betriebsverwaltungen bei unserem ganzen Staatshaushalt gegenwärtig die Hauptrolle spielen und die schließliche Entscheidung bringen. Ueber die Ergebnisse des Rechnungsj ahres 1889/90 babe ich mir schon bei Gelegenheit der Einführ ung der Steuergesetze gestattet, ausführlichere Mittheilungen zu machen, und ich kann darauf hier nur theilweise ergänzend, theilweise wiederholend wegen des Zusammenhanges zurückkommen. Ich habe Ihnen schon damals gesagt, daß das Rechnungsergebniß einen Gesammtüber schuß liefert im Jahre 1889/90 von 97 117 184

Lassen Sie mich hierbei gleich stehen bleiben. Das Wort „Ueberschuß“ klingt ja sehr angenehm und schön; sieht man aber genauer zu, so hat man es hier nicht lediglich mit einem wirthschaft⸗ lichen Ueberschuß zu thun, sondern wesentlich mit einem rechnerischen Ueberschuß. Denn dieser ganze Ueberschuß ergiebt sich vor der Ver⸗ wendung zur Schuldentilgung. Wir haben jetzt eine verbriefte Schuldenlast von über 5 800 000 000 ℳ; genau am 1. April 1891 wird sie 5 843 000 000 betragen. Wir haben eine etatsmäßige Schuldentilgung nach diesem Etat etwa von rund 38 Millionen, die ganze übrige Schuldentilgung hängt lediglich von der Beschl ußfassung des Hauses ab, beruht nicht auf Gesetz, und ein Betrag aus dem Ueberschuß Behufs dieser Schuldentilgung wird nicht abgezogen, ehe der Ueberschuß ermittelt ist. Seit der Zeit, wo die preuß ische Finanzverwaltung die gesetzliche Schuldentilgung bis auf die⸗ jenigen Staatsschulden, wo das unzulässig war, aufhob, die Schulden konsolidirte, und keine neue gesetzliche Verpflichtung zur Schuldentilgung übernahm, ist es niemals die Absicht gewesen und konnte es nie die Absicht sein, überhaupt aus den Ueberschüssen keine Schulden zu tilgen. Man wollte nur nicht gezwungen sein in Jahren, wo man genöthigt war, neue An⸗ leihen zu kontrahiren, sei es für neue Unternehmungen, sei es zur Deckung eines Defizits, daneben Schulden zu tilgen; man war aber von vorn herein entschlossen, Schulden zu tilgen in Kompensation dieses Zustandes in den Zeiten, wo der Staatshaushalt that⸗ sächlich Ueberschüsse lieferte. Man kann also hier nur von solchen Ueberschüssen sprechen in ihrer rein rechnungsmäßigen Be⸗ deutung, aber nicht in ihrer wirthschaftlichen Bedeutung, und ist es vielleicht ein Uebelstand, daß auf Grund des Eisenbahngarantiegesetzes vom Jahre 1882 diese Ueberschüsse immer als solche erscheinen, als solche bezeichnet werden und an solche geglaubt wird.

Meine Herren, auch im Jahre 1889/90, welches ich schon damals als ein ganz ausnahmsweise günstiges Jahr bezeichnete, welches ge⸗ wissermaßen den Höhepunkt unserer Finanzgebahrung in diesen Jahr en bildet, haben die Betriebsverwaltungen allein einen Mehrüber schuß von 73 471 666 geliefert, und zwar die Domänen 232 969, die Forsten 7 734 471 ℳ, die Ablösungen und Veräußerungen von Domänengütern 3 015 939 ℳ, die direkten Steuern 3 868 528 und die indirekten Steuern 11 249 373 ℳ, die Seehandlung 268 249 ℳ, die Münzverwaltung 127 931 ℳ, die Bergwerksverwaltung 3 913 980 und die Eisenbahnverwaltung 42 926 917

Bei den Dotationen erforderten die öffentlichen Schulden weniger 25 946 ℳ, das Herrenhaus 26 000, das Abgeordnetenha us 142 000 und die allgemeine Finanzverwaltung 21 169 556 Letzteres rührte aus dem günstigen Abschluß des Reiches und aus den günstigen Verhältnissen der Ueberweisungen zu den Matrikularumlagen her.

Der Antheil an Zöllen und der Tabacksteuer ergab mehr 47 907 000 und der Antheil an Reichs⸗Stempelabgaben 8 115 000

Die Einnahmen aus hinterlegten Geldern betrugen über den Betrag der Ausgaben 857 574 ℳ, welches freilich keine Vermehrung des Vermögens des Staats bezeichnet, sondern nichts weiter enthält, als die Kontrahirung einer Schald. Dagegen brachte die Verbrauchs⸗ abgabe von Branntwein 11 570 809 weniger, und betrugen die Mehrüberweisungen an die Kreise nicht weniger als 24 364 901 -ℳ, und zwar im Ganzen über 47 Millionen.

Bei den Staatsverwaltungen, Mehr⸗ und Minderbedarf gegen einander gerechnet, ergab sich ein Minderbedarf von 537 920 ℳ, bei den einmaligen etatsmäßigen Ausgaben ein Mehrbedarf von 141 504 und bei den außeretatsmäßigen Ausgaben und Einnahmen, beides gegeneinander verglichen, schließlich eine Mehreinnahme von 1 884 773 ℳ.

Meine Herren! Damit ich Ihnen nicht zu viel Zahlen nenne: halten Sie die Zahl: 97 Millionen Mehrüberschüsse des Jahres 1889,90 fest, und versuchen wir nun die Wahrscheinlichkeitsbere chnung zu machen, wie sich der Mehrüberschuß des laufenden Jahres stellen wird. Meine Herren, derartige Rechnungen sind ja sehr schwierig und unsicher; ich kann sie daher nur mit allen Vorbehalten geben. Sie können noch bei dem großen Schwanken der Ausgaben und Ein⸗ nahmen der Betriebsverwaltung in den einzelnen Monaten, namentlich im Verhältnisse der Wintermonate zu den Sommermonaten, sich ganz erheblich anders stellen, als ich sie jetzt Ihnen hier als wahrscheinlich bezeichne. Wir kennen die Einnahmen und Ausgaben bis Ende No⸗ vember vorigen Jahres; bis dahin ist also über die Gebahrung der Finanzen eine ziemlich sichere Rechnung zu machen. Für die nächsten vier Monate sind wir aber darauf angewiesen, aus dem Verhältniß des wirklichen Ergebnisses der Ein⸗ nahmen und Ausgaben in den vorangegangenen acht Monaten zum Etat uns schlüssig zu machen auf ein ähnliches Verhältniß des Ergebnisses der nächsten vier Monate zu dem verhältnißmäßigen An⸗ theil dieser vier Monate an dem Gesammt⸗Etat. Das ist die Grund⸗ lage dieser ganzen Rechnung.

Da ergiebt sich, um erst einmal runde Zahlen zu nennen, daß wir auf bessere, günstigere Abschlüsse, als im Etat angenommen, rechnen können: bei den Domänen von 150 000 ℳ, bei den Forsten in Höhe von 7 Millionen, bei den direkten Steuern in Höhe von 4 400 000 ℳ, bei den indirekten Steuern 6 500 000 ℳ, bei den Berg⸗ werken 10 600 000 (hört! hört!), bei den Eisenbahnen zu 5 600 000 gegen 42 Millionen des vorigen Jahres, bei den Ueber⸗ weisungen aus dem Reich zu 40 500 000 Dagegen kommen als ungünstige Faktoren in Betracht: bei der öffentlichen Schuld 7 Mil⸗ lionen, wesentlich entstanden durch Uebernahme von Schulden aus

1891.

die allgemeine Staatsschulden⸗ verwaltung; die Ueberweisungen im laufenden Jahre an die Kreise aus den Erträgen der landwirthschaftlichen Zölle sind geschätzt auf 14 Millionen, sodaß also bei einer Etatisirung dieser Ueberweisung von 25 Millionen sich eine Gesammtüberweisung an die Kreise von 39 Millionen gegen 47 Millionen im Jahre 1890/91 ergeben würde. Die Matrikularbeiträge sind in Folge des Nachtrags⸗ Etats für das Reich gestiegen gegen den Etat um 20 750 000 ℳ, indem der Etat 155 Millionen rund für Matrikularbeiträge annimmt, dieselben aber thatsächlich 176 700 000 betragen würden. Bei der Bauverwaltung wird eine Mehrausgabe angenommen von 1 500 000, bei dem landwirthschaftlichen Ministerium eine solche von 600 000 und bei den Gestüten eine Mehrausgabe von 140 000 ℳ, sodaß sich also aus den ungünstigen Faktoren der Gesammtbetrag von 44 010 000 ergiebt gegen günstigere Abschlüsse im Betrage von 78 250 000 Wenn die Mehrausgaben bei den außeretatsmäßigen Titeln und die Ersparnisse im Betrage von 880 000 ℳͤℳ, wie wir annehmen, beim Extraordinarium noch in Berücksichtigung gezogen werden, so würde ein vermuthlicher Ueberschuß des laufenden Etats zum Gesammtbetrage von 33 620 000 sich ergeben, d. h. ein Ueberschuß gegen das Vorjahr geringer um rund 66 Millionen.

Meine Herren, um Ihre Aufmerksamkeit nicht zu lange in An⸗ spruch zu nehmen, will ich Sie mit der einzelnen Begründung ich werde in der Budgetkommission in dieser Beziehung nähere Mit⸗ theilungen machen dieser Kalkulationen verschonen.

Ich wiederhole namentlich, daß nicht sicher übersehen werden kann, wie sich die Betriebsverwaltungen definitiv stellen. Ob die Eisenbahnen namentlich nicht erheblich günstiger noch abschließen oder auch mopoglicherweise etwas un⸗ günstiger, das beruht auf Faktoren, auf welche die Staatsregierung nicht einwirken kann und welche vorher mit irgend welcher Sicherheit nicht zu übersehen sind. Wie sich aber, ich möchte das doch bei diesem einzelnen Etat einmal näher angesen, die Ein⸗ nahmen und die Ausgaben in diesen acht Monaten verändert haben gegen die etatsmäßige Veranschlagung, das werden Sie aus folgenden Zahlen ersehen. Wir nehmen an eine Mehreinnahme von 35 399 800 Dazu kommt eine Minderausgabe an Zinsen und Amortisationsbeträgen in Folge Umwandelung und Kündigung der Prioritäts⸗Obligationen im Betrage von 11 987 400 ℳ, sodaß sich die Einnahme besser stellen würde um 47 387 200 Dagegen, meine Herren, stellt sich die Ausgabe nach unseren Berechnungen höher gegen den Etat um 41 791 000 Das beruht auf den Preisen der Kohlen, auf den höheren Löhnen, auf der Steigerung der Gehalts⸗ sätze für die Beamten, auf der Vermehrung des Beamtenpersonals, auf der Steigerung der sächlichen Kosten und auf den hohen Preisen aller Materialien.

Bevor ich nun auf den Etat 1891/92 übergehe, möchte ich zur Erläuterung und Aufklärung mir einige allgemeine Bemerkungen ge⸗ statten. Bei der Vergleichung der einzelnen Titel des Etats gegen das Vorjahr müssen Sie sich immer daran erinnern, daß wir in den Nachtrags⸗Etat des laufenden Jahres beim Finanz⸗Ministerium 15 Millionen eingestellt hatten für Aufbesserung der Gehalte der unteren Beamten, und zwar waren damals etatisirt an Gehalts⸗ aufbesserungen 10 511 600 ℳ, für die Aufbesserung der Bezüge der nichtetatsmäßigen Beamten im unteren und Blureaudienst 1 325 000 ℳ, an Stellenzulagen 1 57000 und für mittlere Beamte 1 393 9835 ℳ, indem 3 Millionen, welche die Alters⸗ zulagen bei den Lehrern verbessern sollten, nicht beim Finanz⸗Ministerium, sondern beim Kultus⸗Ministerium ein⸗ gestellt waren diese gesammten 15 Millionen sind nun, soweit es sich nicht um Aufbesserung der Gehälter beim Finanz⸗Ministerium selbst handelt, naturgemäß in dem jetzt vorliegenden Etat für 1891/92 den einzelnen Titeln zugeschrieben, und ergiebt sich danach also schon aus diesem Grunde eine scheinbare sehr erhebliche Steigerung dieser Titel gegen den Etat des laufenden Jahres, aber natürlich nicht gegen den Etat einschließlich des Nachtrags⸗Etats.

Meine Herren, Sie finden die Begründung der einzelnen Stellen⸗ zulagen bei den betreffenden Titeln gegeben. Die Staatsregierung ist überzeugt, daß sie in dem Sinne, in welchem ihr diese Stellenzulagen zur Disposition gestellt waren, mit denselben verfahren ist. Bei den Stellenzulagen ist wesentlich in Betracht gekommen: Beschaffenheit der dienstlichen Aufgaben; besonders schwierige Anforderungen, Gefährlichkeit, Ungesundheit der dienstlichen Thätigkeit; sodann aber auch die Lage der Dienststellen, ihre Isolirtheit; endlich besondere Theuerungsverhältnisse und dann besondere Ansprüche an die Fähigkeit und Gewissenhaftigkeit der betreffenden Beamten. Meine Herren, mit dem zur Disposition stehenden Betrage von 1 170 000 hat das Bedürfniß nach solchen Stellenzulagen, wie es zur Anmeldung gekommen ist, längst nicht befriedigt werden können, und ist dadurch bei der Verwendung dieser Stellenzulagebeträge eine große Schwierig⸗ keit entstanden ja, ich sage ganz offen, eine gewisse nothgedrungene Willkürlichkeit. Man wird erwägen müssen, ob wir das System der Stellenzulagen noch weiter entwickeln wollen oder wie dasselbe vielleicht anders gestalten (Hört! hört!); es hängt diese Frage mit der zweiten Frage, auf die ich jetzt weiter komme, mit einer ander⸗ weitigen Organisation der Gehaltsverhältnisse unserer Beamten über⸗ haupt zusammen.

Meine Herren, der gegenwärtige Etat hat zu unserem großen Bedauern erhebliche Mittel nicht geboten, um in größerem Um⸗ fange schon jetzt erhebliche Aufbesserungen der Beamtengehalte vor⸗ zunehmen. Wir haben uns daher auf das Allernothwendigste be⸗ schränken müssen, sind aber innerhalb des Systems der Aufbesserungen der Gehalte geblieben, bezüglich dessen die Staatsregierung sich im Einverständniß mit dem hohen Hause weiß, nach welchem die Auf⸗ besserungen allmählich von unten herauf fortschreiten sollen.

Wir haben in Folge dessen eine Aufbesserung diesmal lediglich vornehmen können bei den Kanzlisten, Kassen⸗Sekretären und Zeichnern, die den Kanzlisten im Wesentlichen gleichstehen, und es ist dafür eine Gesammtsumme von 437 750 mehr in den Etat eingestellt

der Eisenbahnverwaltung in