1891 / 15 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 17 Jan 1891 18:00:01 GMT) scan diff

Domingo Gana die Ehre, von Sr. Majestät im Beisein des Staatssekretärs Freiherrn von Marschall in Abschiedsaudienz empfangen zu werde

Ueber den Bau und die Einrichtung von Volksschul⸗ häusern sind schon öfter in früherer und neuerer Zeit von verschiedenen Königlichen Regierungen für ihren Bezirk Ent⸗ würfe und Anschläge aufgestellt, vervielfältigt und an die nachgeordneten Behörden vertheilt worden, damit diese Vor⸗ lagen in geeigneten Fällen unmittelbar für eintretendes Bau⸗ bedürfniß als Grundlage benutzt werden, oder doch, wo sie nicht als unmittelbar anwendbar befunden werden, die Ver⸗ arbeiten für den Bau wesentlich erleichtern und abkürzen können.

In einem Erlaß vom 5. Januar bezeichnet der Kultus⸗ Minister ein solches Vorgehen in dem angedeuteten Sinne als empfehlenswerth, namentlich wenn es sich zugleich als möglich erweise, bei solchen Entwürfen auch den Besonderheiten Rech⸗ nung zu tragen, welche durch die verschiedenartigen örtlichen Verhältnisse der einzelnen Landestheile bedingt sind.

Der Kultus⸗Minister legt aber entschieden Werth darauf, von solchen allgemeinen Verfügungen der Provinzialbehörden vor ihrer Veröffentlichung Kenntniß zu erhalten, damit er prüfen lassen kann, ob die Vorlagen mit den erlassenen Normativbestimmungen, wie sie u. A. durch Runderlaß vom 7. Juli 1888 den Provinzialbehörden mitgetheilt sind, überein⸗ stimmen, und in wie weit die nach den örtlichen Verhältnissen als erforderlich erachteten Abweichungen diesen allgemeinen Bestimmungen gegenüber als zulässig erscheinen. 1“

Gemäß der Bekanntmachung des Ober⸗Präsidenten der Provinz Brandenburg, Staats⸗Ministers Dr. von Achenbach, trat am 15. d. M. der 63. Kommunal⸗Landtag der Kurmark unter seinem stellvertretenden Vorsitzenden, dem Königlichen Geheimen Regierungs⸗ und Landrath von Winterfeld⸗Menkin, zusammen. Der Landtag be⸗ klagte die schwere Erkrankung seines Ersten Vorsitzenden, des Königlichen Majors a. D. und Domherrn des Domstifts Brandenburg von Rochow auf Plessow und brachte seine Theilnahme durch ein Telegramm mit dem leb⸗ haften Wunsche baldiger Genesung zum Ausdruck. Der Vorsitzende eröffnete den Landtag mit einem Hoch auf des Kaisers und Königs Majestät, in welches der Landtag dreimal lebhaft einstimmte. Als Vertreter des Domkapitels zu Brandenburg ist dessen Dechant, der Königliche Wirkliche Geheime Rath von Klützow, welcher bisher die Ritterschaft der Uckermark vertrat, in den Landtag eingetreten, und an dessen Stelle der Kammerherr von Buch auf Stolpe gewählt worden. Die Ritter⸗ schaft Ruppinschen Kreises wird nunmehr vertreten durch den Hauptmann a. D. und Rittergutsbesitzer von Quast auf Vichel und die des Beeskow⸗Storkowschen Kreises durch den Königlichen Landrath von Gersdorf zu Beeskow. Die Ritterschaft des Teltowschen Kreises hat den Rirtergutsbesitzer von Hake auf Klein⸗Malchow zu ihrem Abgeoroneten ge⸗ wählt, welcher sie bisher schon als Stellvertreter vertrat. Ebenso ist in der Stadt Potsdam der bisherige Stellvertreter Stadtrath Krüger zum Abgeordneten und der Ab⸗ geordnete der kollektiv wählenden Städte Wendisch⸗Buchholz ꝛc. Gerichts⸗Assessor a. D. Sembritzki⸗Palmnicken als solcher wiedergewählt. Für die Stadt Neu⸗Ruppin ist eine gültige Wahl noch nicht zu Stande gekommen, und auch die Besitzer adliger Majorate und Fideicommisse sind noch unvertreten. Die Landgemeinden der Prignitz haben den Bauergutsbesitzer Otto Jäger zu Wilmersdorf als ihren Abgeordneten entsendet. Durch Krankheit sind behindert an der gegenwärtigen Session Theil zu nehmen außer dem Ersten Vorsitzenden: Se. Durchlaucht der Fürst zu Solms⸗ Baruth und der Abgeordnete der Ritterschaft Niederbarnim⸗ schen Kreises, Kreisdeputirter Baron von Knobelsdorff auf Schöneiche. An Stelle des Letzteren ist der Stellvertreter, Rittergutsbesitzer Kelch auf Bollensdorf und für den Vor⸗ sitzenden als Abgeordneten der Ritterschaft Zaucheschen Kreises der Rittmeister a. D. von Brösigke auf Kammer als Stell⸗ vertreter einberufen. Die Niederlausitz wird in Angelegenheiten der Land⸗Feuersozietät durch den Landrath Freiherrn von Manteuffel und den Landsyndikus Freiherrn von Budden⸗ brock vertreten. Nach Mittheilung dieser Personalien konstituirte der Vorsitzende den Landtag, nachdem er den Ab⸗ geordneten der Stadt Brandenburg, Bürgermeister Hammer, zum Protokollführer und zwei Ausschüsse berief, den ersten für die Angelegenheiten der Land⸗Feuersozietät und den zweiten für diejenigen der Kurmärkischen Hülfskasse, das Kriegsschuldenwesen und die inneren Angelegenheiten des Landtages. Zum Vorsitzenden des ersten Ausschusses wurde der Rittmeister a. D. von Bredow auf Buchomw⸗Carpzow, zu dessen Stellvertreter der Hauptmann a. D. von Thiemen auf Stangenhagen, und zum Vorsitzenden des zweiten Aus⸗ schusses der Rittmeister a. D. Graf von Bredovn⸗Friesack, zu dessen Stellvertreter der Kreisdeputirte Schwietzke auf Wahlsdorf ernannt. Diesen beiden Ausschüssen wur⸗ den die bisher eingegangenen 109 Sachen über⸗ wiesen, soweit sie nicht, wie eine Anzahl Dank⸗ schreiben für Zuwendungen des 62. Kommunal⸗Landtages aus dem Dispositionsfonds der Kurmärkischen Hülfskasse, durch Kenntnißnahme zu erledigen waren. Der Präklusivtermin für den Eingang der in der gegenwärtigen Session noch zu ver⸗ handelnden Sachen wurde auf den 21. d. M. einschließlich, und die nächste Sitzung des Landtages mit Rücksicht auf die Arbeiten der Ausschüsse auf Dienstag, den 20. d. M., Mittags 12 Uhr, festgesetzt.

Der Kaiserliche Statthalter in Elsaß⸗Lothringen Fürst zu Hohenlohe⸗Schillingsfürst ist hier eingetroffen. Der General der Kavallerie Graf von Wartensleben, à la suite des Dragoner⸗Regiments von Arnim (2. Branden⸗ burgisches) Nr. 12, zuletzt kommandirender General des

III. Armee⸗Corps, ist zu mehrwöchentlichem Aufenthalt von

Carow hier angekommen.

S. M. Kreuzer „Möwe“, Kommandant Korvetten⸗ Kapitän von Halfern, ist am 15. Januar in Sansibar angekommen.

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In der Zweiten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staats⸗Anzeigers“ wird eine Dienstanweisung, betreffend die Ausübung der Gerichtsbarkeit i Deutsch⸗Ost⸗Afrika, amtlich veröffentlich. 8

Liegnitz, 15. Januar. Der Regierungs⸗Präsident hat betreffs der Auswanderung, wie die Schweidnitzer „Täg⸗ liche Rundschau“ mittheilt, folgende Verfügung erlassen:

Die Anzeigen, welche gemäß §. 7 des Reglements vom 6. Sep⸗ tember 1853 Seitens der inländischen Auswanderungs⸗Unternehmer und Agenten binnen 24 Stunden nach Inanspruchnahme ihrer Ver⸗ mittelung zum Abschluß von Transportverträgen den Orts⸗Polizei⸗ behörden zu erstatten sind, haben vor Allem den Zweck, die Möglich⸗ keit einer Prüfung darüber zu bieten, ob die zur Auswanderung ent⸗ schlossenen Personen an der Ausführung ihres Vorsatzes mit Rücksicht auf die ihnen auf Grund gesetzlicher Bestimmungen dem Staat gegen⸗ über obliegenden Pflichten zu hindern sind. In dieser Richtung habe ich bereits in dem Runderlaß vom 25. Januar v. J. Veranlassung genommen, die Polizei⸗ und Gemeindebehörden auf die bezüglich der Kontrole über die Militärverhältnisse der Auswanderer durch die deutsche Wehrordnung vom 22. November v. J. getroffenen besonderen Anordnungen hinweisen zu lassen. Durch die gemäß des erwähnten §. 7 den Orts⸗Polizeibehörden zu erstattende Anzeige soll aber außerdem die Möglichkeit gewährt werden, daß Personen, denen gegenüber die Auswanderungslustigen civilrechtliche Ver⸗ pflichtungen zu erfüllen haben, in die Lage kommen, auf die Erfüllung dieser Pflichten vor Ausführung des Aus⸗ wanderungsvorsatzes mit den gesetzlichen Mitteln hinzuwirken. Nach Lage der Verhältnisse eines großen Theils der Auswanderer kommen hierbei hauptsächlich die den Auswanderungslustigen aus einem Ar⸗ beits⸗ oder Dienstverhältniß obliegenden Verpflichtungen in Betracht. Die Möglichkeit, unter Verletzung dieser Verpflichtungen auszu⸗ wandern, wird erheblich eingeschränkt, wenn dafür gesorgt wird, daß die Arbeitgeber bezw. Dienstherrschaften von der Auswanderungs⸗ absicht der betreffenden Arbeiter oder des betreffenden Ge⸗ sindes so rechtzeitig Kenntniß erbalten, daß sie die aus den bezüglichen Arbeits- oder Dienstkontrakten ihnen zustehenden civilrechtlichen Ansprüche nöthigenfalls auf dem Wege des Sicher⸗ heitsarrestes nach Maßgabe der §§. 7, 98 flgde. der Civilprozeß⸗ Ordnung vom 30 Januar 1877 zur Geltung bringen können. Hiernach, und da glaubwürdigen Nachrichten zufolge die Ortspolizei⸗ behörden es häufig versäumen, diesem Gesichtspunkte Rechnung zu tragen, empfiehlt es sich, diese Behörden unter Hinweis auf die Wich⸗ tigkeit dieser Angelegenheit zu veranlassen, unverzüglich nach Empfang der in Gemäßheit des citirten § 7 ihnen erstatteten Anzeige in allen einschlagenden Fällen den Arbeitgeber oder die Dienstherrschaft von der Auswanderungsabsicht des Arbeiters bezw. Gesindes in Kenntniß zu setzen.

Hannover, 17. Januar. Der Provinzial⸗Landtag berieth in seiner gestrigen Sitzung den Antrag des Ausschusses über Hebung der Fischzucht durch Vernichtung der Fisch⸗ reiherhorste in der Provinz. Der von dem Abg. Adickes dazu gestellte Antrag, der Provinzialausschuß möge in Ver⸗ handlung mit den Verwaltungen anderer Provinzen und mit dem Centralausschuß der Königlichen Landwirthschaftsgesellschast treten, um durch gemeinsame Maßregeln Abhülfe zu schaffen, wurde gegen wenige Stimmen genehmigt.

Bayern.

München, 16. Janvar. Den diesjährigen Herbst⸗ manövern der beiden Königlich bayerischen Armee⸗ Corps gehen der „Allg. Ztg.“ zufolge die vorgeschriebenen Regiments⸗Exerzitien voraus. Auf diese folgen drei Tage Brigade⸗Manöver, drei Tage Divisions⸗Manöver. An diese schließen sich die großen Manöver der beiden Armee⸗ Corps gegen einander. Als Terrain für diese Manöver ist der Landesabschnitt zwischen Donau und Isar ausersehen, der von den Linien Ingolstadt⸗Donauwörth⸗Ulm⸗Memmingen⸗ Landsberg⸗München⸗Freising⸗Landshut⸗Ingolstadt begrenzt wird. Das II. Armee⸗Corps soll den südwestlichen, das I. Armee⸗Corps den nordwestlichen Theil zugewiesen erhalten. Die Corps Manöver sollen sich zwischen Ingolstadt⸗Dachau⸗München, also im Gebiet der Ilm, Amper und Isar abwickeln. In der unmittelbaren Nähe von München findet eine große Parade der beiden Corps statt. Als die Tage, an denen die großen Manöver staltfinden, werden der 9., 10. und 11. September genannt.

Württemberg.

Stuttgart, 16. Januar. Gestern Abend fand, wie der „St.⸗A. f. W.“ meldet, auf Höchsten Befehl ein großer Hofball in den Räumen des Königsbaus statt. An dem⸗ selben nahmen von der Königlichen Familie Ihre Kaiserliche Hoheit Herzogin Wera, Se. Hoheit der Prinz und Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Hermann zu Sachsen⸗ Weimar mit Prinz Ernst und Prinzessin Olga sowie Se. Königliche Hoheit der Herzog Albrecht von Württem⸗ berg und Se. Durchlaucht der Fürst Karl von Urach Theil. 3 Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. ““ Weimar, 16. Januar. Se. Hoheit der Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg⸗Schwerin, welcher sich seit einigen Tagen in der Augenklinik des Hof⸗ raths, Professor Kuhnt in Jena aufhält, hat sich einer erfolg⸗

reichen Operation unterzogen.

Schwarzburg⸗Sondershausen.

Sondershausen, 15. Januar. Die Volkszählung vom 1. Dezember v. J. hat nach dem „Reg.⸗ u. Nachr.⸗Bl.“ für das Fürstenthum Schwarzburg⸗Sondershausen 1953 Personen mehr ergeben gegen die Zählung von 1885. Es entfallen auf den Amtsgerichtsbezirk Sondershausen 15 590, auf Greußen 10 820, auf Ebeleben 11. 502, mithin auf die gesammte Unterherrschaft 37 912 ortsanwesende Per⸗ sonen; auf den Amtgerichtsbezirk Arnstadt 22 053 und auf Gehren 15 565, auf die Oberherrschaft also insgesammt 37 618 Personen.

Waldeck und Pyrmont.

ꝓ† Arolsen, 15. Januar. Die gestrige Feier des 60. Geburtstages Sr. Durchlaucht des Fürsten gab ein beredtes Zeugniß von der großen Liebe, Verehrung und An⸗ hänglichkeit, deren sich der hohe Herr nach einer bald 40jäh⸗ rigen Regierungszeit in seinen Landen bei Alt und Jung, Reich und Arm zu erfreuen hat. Ueberall bis in das kleinste Dörflein wurde dieser Tag festlich begangen. Aus den meisten Gemeinden und den verschiedensten Schichten der Bevölkerung langten Glückwunschschreiben an, so z. B. auch von verschiedenen Arbeiter⸗, Jünglings⸗ und allen Krieger⸗ vereinen, auch von den auswärts in weiter Ferne lebenden waldeckischen Landeskindern. Am Vorabend des Festtages fand vor dem Schlosse hier Zapfenstreich mit eingelegten Gesängen

Otto Markhardt ist krankheitshalber entlassen.

der Unteroffiziere des hiesigen Bataillons statt. Am Hofe war

für den 14. die Hoftrauer abgelegt worden und war Abends

im Schloß Gratulationscour, Theatervorstellung und Concert der hiesigen Militärkapelle. Verschiedene verwandte Fürstlich⸗ keiten waren auch an dem Festtage hier anwesend, darunter Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prinzessin Wilhelm von Württemberg, Ihre Durchlauchten der Prinz und die Prinzessin Heinrich von Waldeck, der Fürst und die Fürstin von Bentheim⸗Steinfurt u. A. Se. Durchlaucht der Fürst unterhielt sich in huldvollster Weise mit jedem einzelnen der zahrreichen Gäste und erfreute alle durch seine Frische und Rüstigkeit. Auch Se. Durch⸗ laucht der Erbprinz durfte, von langer Krankheit genesen, wiederum in voller Jugendfrische an dem Feste theilnehmen.

8 Elsaß⸗Lothringen.

Straßburg, 16. Januar. Der Landeshaushalts⸗ Etat für Elsaß⸗Lothringen (siehe auch Nr. 10 d. „R. u. St. A.“ vom 12. Januar) ist in dem Entwurf auf je 49 852 332 in Ausgabe und Einnahme festgestellt. Von den Ausgaben entfallen 47 130 705 auf den ordentlichen Etat, und zwar 44 902 739 an fortdauernden, 2 227 966 ℳ. an einmaligen Ausgaben, während im außerordentlichen Etat 2 721 627 Ausgaben vorgesehen sind. Der Ueberschuß beziffert sich also auf 3 165 451 ℳ, gegenüber dem Ueber⸗ schuß aus dem Rechnungsjahre 1888/89 von 1 377 133 ℳ, ist mithin um 1 788 318 höher. Dieser Ueberschuß ist in der

Hauptsache dem Umstande zu verdanken, daß die Zölle und

Reichs⸗Stempelabgaben ganz erheblich mehr eingebracht haben, als im Reichs Etat für 1889/90 als Einnahme aus denselben in Ansatz gebracht worden war. Nach den Festsetzungen des Reichs⸗Etats waren die Ueberweisungen Seitens des Reichs und der Matrikularbeitrag im Landeshaushalts⸗Etat für 1889,90 so veranschlagt, daß sich ein Mehr an Ueber⸗ weisungen von 960 395 ergab; in Wirklichkeit hat das Mehr an Ueberweisungen sich aber auf 3 418 823 belaufen, den Voranschlag mithin um 2 458 428 überstiegen. Der Rest des aus dem Rechnungsjahre 1889/90 verbliebenen Ueber⸗ schusses von 707 023 rührt aus einer Mehreinnahme der Forstverwaltung von rund 300 000 und der Enregistrements⸗ verwaltung von rund 424 000 her. Mit Hülfe des aus 1889/90 verbliebenen bedeutenden Ueberschusses haben in dem jetzt vorliegenden Etatsentwurf wiederum ausreichende Be⸗ träge für alle nach früheren Etats noch Ratenbewilli⸗ gungen erfordernde Unternehmungen und Anlagen eingestellt und daneben für neu geplante Arbeiten und Unternehmungen von öffentlichem Interesse auf allen Gebieten der Verwaltung reichliche Mittel vorgesehen werden können. Namentlich haben alle im landwirthschaftlichen und Verkehrs⸗Interesse wünschenswerthen Unternehmungen, soweit dieselben im nächsten Jahre ausgeführt und gefördert werden können, Berücksichtigung gefunden. Daneben wird der durch den Etat für 1888/89 zur Bildung eines Schuldentilgungsfonds bestimmte Betrag von 936 821 und der Betriebsfonds in seiner ganzen Höhe von 3 000 000 weiter zur Verfügung gehalten. Der

Gesammtbetrag, bis zu welchem den öffentlichen Vorschußkassen

durch die Landes⸗Depositenverwaltung Betriebsmittel als Darlehen zu gewähren sind, soll nach dem Etatsentwurf für 1891/92 auf 1 500 000 festgesetzt werden.

Deutsche Kolonien.

Lieutenant Eduard Sulzer, geboren am 18. Mai 1859 zu Münster i. W., ist am 1. November v. J. in die Schutz⸗ truppe für Ost⸗Afrika wieder eingetreten, nachdem er vorüber⸗ gehend wegen Krankheit ausgeschieden war. Der Deckoffizier Heinrich Lange, zum Personal der Flotte des Reich kommissars für Ost⸗Afrika gehörig, ist ausgeschieden. Der Unteroffizier in der Deutschen Schutztruppe für Ost⸗Afrika

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Oesterreich⸗Ungarn. 8

Wien, 17. Januar. Se. Majestät der Kaiser und König ließ sich gestern nach dem Befinden des schwer erkrankten türkischen Boischafters Sadulla⸗Pascha er⸗ kundigen; auch alle zur Zeit anwesenden Erzherzöge zogen Erkundigungen ein.

Das ungarische Amtsblatt publizirt das Gesetz, be⸗ treffend die Verstaatlichung der Nordostbahn.

Großbritannien und Irland.

Der Erbgroßherzog von Luxemburg, der sich, wie schon gemeldet, an das Königliche Hoflager in Osborne be⸗ geben hatte, um der Königin die Throndbesteigung seines Vaters anzuzeigen, ist nach London zurückgekehrt, nachdem er in Gesellschaft des Herzogs von Connaught, des Prinzen Heinrich von Battenberg u. A. die Staatswerfte in Ports⸗ mouth besichtigt hatte. 9

Der Prinz von Wales hat 100 Pfd. Sterl. und Gladstone 50 Pfd. Sterl. für den irischen Nothstands⸗ fones gezeichnet, der sich jetzt auf 22 000 Pfd. Sterl. be⸗ ziffert.

Frankreich.

Paris, 17. Januar. Der Senator Leroyer nahm gestern den Sitz des Präsidenten des Senats ein und beglückwünschte den Senat zum Ausfall der Wahlen, welcher eine weise und starke Politik bekräftigte und die Beruhigung der Gemüther konstatirte. Jetzt sei es nöthig, über die finan⸗ ziellen und kommerziellen Interessen des Landes zu wachen.

Die allgemeine Steuerkommission der Kammer hat gestern den größten Theil der von der Regierung vor⸗ geschlagenen Zölle auf Früchte erhöht und beschlossen, Seidenwürmereier zollfrei zu lassen. Oele sind einem Zoll von 15 Fr. bezw. 5 Fr., weiche Käse einem Zoll von 25 Fr. bezw. 15 Fr., harte Käse einem Zeoll von 30 Fr. bezw. 20 Fr. unterworfen. Die Kommission beschloß ferner den zeitweilig freien Einlaß von Früchten zur Oelfabrikation und gestattete eine Zollrückerstattung auf Stearin und Seifen.

Die zweite Sub⸗Steuerkommission prüfte gestern die Frage, betreffend die Zuckerzölle, und nahm die von der Regierung vorgeschlagenen Zollsätze an, beschloß jedoch einen Zuschlagszoll von 7 Fr. auf Kolonial⸗ und aus ändischen Zucker und erhöhte den Zoll auf ausländischen raffinirten Kandiszucker von 77 bezw. 70 Fr. auf 100 Fr. bezw. 93 Fr. Diese Erhöhung wurde Angesichts der diesbezüglichen jüngsten belgischen und niederländischen Gesetzgebung für nothwendig

ehalten.

98 Der „Temps“ und die „Liberté“ tadeln in scharfen Worten das Votum der Zollkommission Betreffs der Einfuhrzölle auf Oelfrüchte. Der „Temps“ bemerkt, die

Kommission beabsichtige, durch die neuen Zölle die Produktion von Oelfrüchten in gewissen Departements und Kolonien zu fördern und gefährde wegen eines sehr unsicheren Erfolges eine blühende Industrie. In Hinblick auf die französichen Seehäfen und auf die französische Handelsmarine sei die Zoll⸗

freiheit der Oelfrüchte von größter Wichtigkeit. Die „Liberté“ ist

der Meinung, die neuen Zölle würden einen Theil der Handels⸗ marine, welche keine andere Fracht an der afrikanischen Küste finde, ruiniren.

„Nach amtlicher Mittheilung der Zolldirektion wurden im abgelaufenen Jahre Waaren eingeführt im Werthe von 4423 255 000 Fr. gegen 4316 000 000 Fr. im Jahre 1889, und Waaren ausgeführt im Werthe von 3720 121 000 Fr. gegen 3703 000 000 Fr. im Jahre 1889.

Nach einer Meldung des „Journal des Débats“ wurde die Erbauung eines gemeinsamen Parlamentsgebäudes für Kammer und Senat auf dem Tutillerienplatze angeregt. Die Kosten sollen durch eine Lotterie aufgebracht

Rußland und Polen. 8

Ein im heutigen „Regierungs⸗Anzeiger“ veröffentlichtes Communiqué nimmt Bezug auf die Mißhelligkeiten zwischen der Pforte und dem Patriarchat in Konstan⸗ tinopel, welche auch in Rußland einen deprimirenden Eindruck gemacht hätten, und drückt die Hoffnung aus, daß jetzt, wo die wesentlichsten Streitpunkte beseitigt und die ortho⸗ doxen Kirchen wieder geöffnet seien, auch die übrigen schwebenden Fragen gelöst werden würden. Rußland müsse die Versuche tief bedauern, die uralte Ordnung der orientalischen Kirche, welche derselben die Möglichkeit ge⸗ währe, ihren hohen Beruf zu erfüllen, zu stören. Das russische Volk werde mit dem lebhaftesten Interesse der defini⸗ tiven Lösung des Streits und dem in Konstantinopel mit Ungeduld erwarteten Irade begegnen und werde in der Be⸗ reitwilligkeit des Sultans, die gerechten Forderungen des Patriarchats zu erfüllen, einen sichtlichen Beweis der Fürsorge des Sultans für das Wohl seiner Unterthanen erblicken.

Italien.

Am 12. d. M. ist, wie man der M. „Allg. Ztg.“ meldet, von Spezia her der Herzog von Cambridge unter dem Incognito eines Lords Culloden, begleitet von seinem Sohne, dem Obersten Fitz⸗George, und einem größeren Gefolge in Rom eingetroffen. Am 13. Abends fand im Quirinal ein Galadiner zu Ehren des Fürstlichen Gastes statt.

In der gestrigen Sitzung der Deputirtenkammer brachte der Abg. Pugliese die angekündigte Inter⸗ pellation Betreffs der neu angeordneten Eintrittsgebühr für die Museen des Vatikans ein.

Als Ausgaben für Zwecke der Küstenvertheidigung in den nächsten Jahren (1891— 1897) find in Aussicht ge⸗ nommen: für den Ausbau der Befestigungen auf Maddalena 3 Millionen, für das Arsenal in Tarent 1 ½4 Mill., für das Arsenal in Spezia 1 Mill., für sonstige Zwecke der Küsten⸗ vertheidigung 3 ¼⁴ Mill. Lire; dieser Betrag von 8 ½ Mill. Lire soll durch Ersparnisse bei anderen Posten des Marine⸗ budgets wieder eingebracht werden.

Auf Grund eines Berichts des Ingenieurs Luiggi, welcher im Auftrage der Regierung eine Studienreise nach den wich⸗ tigsten Hafenplätzen Englands gemacht hat, läßt das Mini⸗ sterium der M. „Allg. Ztg.“ zufolge gegenwärtig die Frage prüfen, welchen Umgestaltungen die wichtigeren italienischen Häfen Behufs Hebung des Handels und Schiffsverkehrs zu unterziehen wären. Demselben Blatt zufolge beabsichtigt die Regierung, dem Parlament eine Vorlage wegen schärferer 1“ der Assekuranzgesellschaften zu unter⸗ reiten.

Der Papst hat mitlels vom Kardinal Ledöchowski unter⸗ zeichneten Sendschreibens vom 1. Januar d. J. die „dreihundert⸗ jährige Gedächtnißfeier des seligen Todes des h. Alysius von Gonzaga“ für den 20. Juni 1891 angeordnet. Die katholischen Jünglingsvereine werden den Tag, für den Gnaden und Ablässe angekündigt sind, besonders festlich begehen. Wie man der „Mgdb. Ztg.“ berichtet, hätte der Papst den Kardinälen eine Encyclika über die soziale Frage mitgetheilt, in der er ein mäßiges Eingreifen des Staats befürwortet.

Spanien.

Dem „Imparcial“ zufolge würde die spanische Regie⸗ rung vorschlagen, den Muni⸗Streit mit Frankreich durch Portugal als Schiedsrichter schlichten zu lassen, weil die betreffenden Gebiete im Golf von Guinea von Portugal im

Jahre 1777 an Spanien abgetreten wurden. 8

Portugal.

Der Minister des Auswärtigen Bocage wird, wie „W. T. B.“ aus Lissabon meldet, demnächst dem englischen Gesandten Sir G. Petre den Entwurf für eine neue afri⸗ kanische Konvention mit England unterbreiten. 8

Belgien. 8

Wie aus Brüssel gemeldet wird, beabsichtigt sich das Comité der liberalen Association, von den fortschritt⸗ lichen, radikalen und sozialistischen Anhängern begleitet, am 20. d. M., dem Tage, an welchem die Kammer wieder zu⸗ sammentritt, in großem Aufzuge nach dem Nationalpalast zu zu begeben, um dem Kammer⸗Präsidenten ein Manifest zu Gunsten des allgemeinen Stimmrechts und der Verfassungsrevision zu überreichen. Der Bürger⸗ meister hat in Folge dessen ein Schreiben an das Comité gerichtet, in welchem er verlangt, daß die Kundgebung um 4 Uhr Nachmittags vollständig béendet sein müsse. Von dieser Zeit ab werde der Bürgermeister die Zugänge zum Parlament freihalten lassen, damit die Polizei leichter eventuelle Unordnungen, die beim Heraustreten der der Revision gegnerisch gesinnten Deputirten entstehen könnten, zu unterdrücken im Stande sei.

Wie die „Réforme“ vernimmt, soll die Regierung die Kundgebung untersagt haben.

Die Regierung beschloß, zwei Klassen der Miliz⸗ truppen einzuberufen, sobald die Agitation für Re⸗ vision der Verfassung irgendwie zu Ruhestörungen führen sollte. Der Kriegs⸗Minister hat die bezügliche Einberufungs⸗ ordre bereits heute Mittag erlassen.

Türkei.

„Wie man der „Pol. Corr.“ aus Konstantinopel meldet, bildet Tripolis andauernd den Gegenstand erhöhter Aufmerksamkeit Seitens des Sultans wie der Pforte. Auf

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mittelbare Weisungen aus der habe der Kommandant der Militär⸗Division von Tri⸗ polis, General Osman Pascha, eine Besichtigung einiger strategischen Punkte dieser Provinz unternommen, von welcher er bereits zurückgekehrt sei und welche beruhigende Re⸗ sultate ergeben haben soll. Um jedoch volle Kenntniß von dem Zustande Tripolitaniens zu erhalten, habe die Pforte neuerdings eine aus dem früheren Vali von Yemen, Marschall Osman Pascha, dem Mitglied des Staatsraths Ekrem Bey und dem Brigade⸗General Kiamil Pascha gebildete Kommission nach Tripolis entsendet, welche bezüglich gewisser Vorfälle, die sich im Laufe der letzten Zeit an der Grenze dieser Provinz gegen Tunis zu abgespielt haben, eine Untersuchung anstellen soll. Dieser Kommission, welche sich bereits an Bord des Kaisarieh“ an ihren Bestimmungsort begeben, werde sich in Tripolis der gleichfalls dahin beorderte Gouverneur von Kreta Abdul Kerim anschließen.

Rumänien.

Blukarest, 16. Januar. Das amtliche Blatt veröffent⸗ licht die Ansprache des Königs bei dem Neujahrs⸗ empfange, in welcher es heißt: „Mein erster Gedanke gilt dem Vaterlande; möge Gott dasselbe vor Mißgeschick bewahren und alle diejenigen segnen, die während eines Vierteljahrhunderts mit treuer Hingebung mich umgeben haben. Mein herzlichster Wunsch ist, daß im neuen Jahre Frieden, Ruhe und Ein⸗ tracht herrschen, daß wir als große einige Familie den 25. Jahrestag meiner Herrschaft feiern, ohne dabei jedoch etwa irgendwie große Ausgaben zu machen. Das werthvollste Geschenk ist die Liebe des Volkes; der schönste Lohn besteht in der Ueberzeugung Aller, daß ich alle Bemühungen auf⸗ geboten habe und aufbieten werde, Rumänien stark und glücklich zu machen.“

Ferner publizirt das amtliche Blatt das Eisenbahn⸗ budget, dessen Einnahmen 42 051 200 Fr. und dessen Aus⸗ gaben 28 102 753 Fr. betragen.

Schweden und Norwegen.

„(F) Stockholm, 12. Januar. Der frühere Staats⸗ Minister und Staatsrath C. J. Thyselius ist hier gestern im 80. Lebensjahre gestorben. Er war in Strengnäs als der Sohn des Bischofs Per Thyselius geboren und bezog schon im 16. Jahre die Universität. Ein schnelles Avancement auf der juristischen Bahn brachte ihn noch in verhältnißmäßig jungen Jahren zu den höchsten Würden. Im Jahre 1860 wurde er zum Kultus⸗Minister berufen, welche Stellung er drei Jahre inne hatte. Thyselius wurde dann Landeshauptmann in Krono⸗ borgs Län, aber nach kurzer Zeit zum Päsidenten des Kammer⸗Kollegiums ernannt. Zum zweiten Male wurde er im Jahre 1875 als Chef des Departements des Innern in den Conseil berufen, und er verblieb fünf Jahre in dieser Stellung. Als im Jahre 1883 das Posse'sche Ministerium zurücktrat, übernahm er auf besonderen Wunsch des Königs die Leitung des Ministeriums als Staats⸗Minister, in welchem Amt er aber nur bis zum folgenden Jahre verblieb. Den Rest seiner Tage verlebte er in stiller Zürückgezogenheit.

Amerika.

Vereinigte Staaten. Ein in Washington einge⸗ troffenes Telegramm des Generals Miles meldet: die sämmt⸗ lichen im Lager vereinigt gewesenen Indianer in der Zahl von etwa 4000 Köpfen seien gestern in Pine Ridge ange⸗ kommen, um sich zu unterwerfen. Auch lieferten sie ihre Waffen aus, aber gleichwohl dürfte es noch einige Zeit dauern, bis die Unterwerfung vollständig ausgeführt sein werde. Der Indianerkrieg sei als beendet anzusehen.

Im Repräsentantenhause des Staats Nebraska hat, einem Telegramm der „Frkf. Ztg.“ aus New⸗York vom 10. d. zufolge, ein erregter Auftritt stattgefunden, da der stellvertretende Gouverneur Meiklejohn, welchen der Sprecher verhaften lassen wollte, sich dem widersetzte. Die Truppen wurden aufgeboten und besetzten das Kapitol. Später weigerte sich der Gouverneur Thayer, sein Amt dem neugewählten Gouverneur Boyd zu übergeben, weil Letzterer nicht Bürger sei, und Ersterer ließ das Gouverneurgebäude verbarrikadiren.

Argentinien. Das „Reuter'sche Bureau“ meldet aus Buenos⸗Aires vom 15. d. M.: Nach aus Entre⸗Rios vorliegenden Nachrichten solle sich daselbst eine größere Anzahl Aufständischer angesammelt haben; die Bevölkerung sei dadurch beunruhigt, die Telegraphendrähte seien zerschnitten. Von der Regierung sei eine Abtheilung Nationaltruppen nach Entre⸗Rios entsandt worden. Die amerikanische Regierung hat bei der argentinischen Regierung gegen die beabsichtigte Besteuerung der Versicherungsgesell⸗ schaften Protest erhoben.

Chile. Nach über Buenos Aires und Paris eingegan⸗ genen Nachrichten des „W. T. B.“ landeten die chilenischen Insurgenten in Coquimbo. Die Bemühungen der Truppen sind darauf gerichtet, die Insurgenten zu um⸗ zingeln und von allen Oertlichkeiten außerhalb der auf⸗ ständischen Bewegung abzuschneiden. Der Präsident der Republik Chile veröffentlichte ein Manifest, in welchem er⸗ klärt wird, daß die Behörden die Forderungen der Insurgenten energisch zurückweisen.

Asien.

China. Der „Standard“ läßt sich aus Shanghai vom gestrigen Tage melden, der Kaiser von Ching habe sich entschlossen, trotz des Todes seines Vaters, Ende Februar oder Anfangs März die fremden Gesandten zu empfangen.

Afrika.

Egypten. Der Khedive beabsichtigt, wie der „P. C.“ aus Cairo berichtet wird, seine Nilfahrt bis Korosko oder Wady Halfa auszudehnen. Die ganze Reise, welche mittels Dahabijehs zurückgelegt wird, dürfte etwa einen Monat in Anspruch nehmen. Sie bezweckt in erster Linie, das Ansehen der Regierung durch das persönliche Erscheinen des Vize⸗ Königs in Ober⸗Egypten zu heben. Der Khedive nimmt auch eine Inspizirung der längs dem Nilufer dislocirten egyptischen Truppen vor. Der Plan einer militärischen Expedition nach dem Sudan hin scheine vorläufig vollständig aufgegeben zu sein. Nach der Rückkehr des Khedive dürfte Mukhtar Pascha eine Reise nach Ober⸗Egypten bis an die Sudangrenze unternehmen; die Reise soll jedoch einen durchaus nichtoffiziellen Charakter tragen.

türkischen Hauptstadt)

Parlamentarische Nachrichten.

welcher der Staatssekretär Freiherr von Maltzahn beiwohnte, wurde in dritter Berathung der Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Kontrole des Reichshaushalts und des Landeshaushalts von Elsaß⸗Lothringen für das Etatsjahr 1890/91, ohne Debatte angenommen.

Die Petiticonen, welche von der Kommission für die Petitionen als zur Erörterung im Plenum für nicht geeignet erachtet und zur Einsicht im Bureau niedergelegt sind, wurden ohne Debatte für erledigt erklärt.

Es 5 der Bericht der Wahlprüfungs⸗Kom⸗ mission über die Wahl des Mitgliedes des Reichs⸗ tages von Henk, gewählt für den 2. Wahlkreis des Regierungsbezirks Stettin. Berichterstatter war der Abg. Dr. Dohrn.

Derselbe beantragte Namens der Kommission:

1) die Wahl des Abgeordneten, Vize⸗Admirals z. D. von Henk im 2. Stettiner Wahlkreise für gültig zu erklären; 2) den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, die Untersubung der in dem vorliegenden Wahlproteste behaupteten Unregelmäßigkeiten in Kaseburg (Nr. 3, 4, 5 des Protestes) und in Rankwitz (Nr. 6 des Protestes) durch eidliche Vernehmung der genannten Zeugen und amtliche Vernehmung der Wahlvorstände beider Orte veranlassen zu wollen und von dem Resultate der Untersuchungen dem Reichstage durch Mittheilung der Akten Kenntniß zu geben.

Der Abg. Träger dagegen stellte folgenden Antrag:

1) den Beschluß über die Gultigkeit der Wahl des Abg. von Henk auszusetzen; 2) den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, die Untersuchung der in dem vorliegenden Wahlproteste behaupteten Unregelmäßigkeiten in Kaseburg (Nr. 3, 4, 5 des Protestes), in Rankwitz (Nr. 6 des Protestes) durch eidliche Vernehmung der im Protest zu 3 bis 6 genannten Personen und der Wahlvorstände von Kaseburg und Rankwitz, in Koserow (Nr. 9 des Protestes) und zwar durch eidliche Vernehmung des Kaufmanns Adolph Wessel und des Fischhändlers Kärstaedt zu Koserow und des Wahlvorstandes, in Eichbof (Nr. 12 des Protestes) durch eidliche Vernehmung des Händlers Roenhild zu Eichhof und des Wahlvorstandes von Eichhof, und in Behrenshof (Nr. 13 des Protestes) durch eidliche Vernehmung der Arbeiter Franz Roesel und Hempel zu Behrenshof, nicht eidliche Vernehmung des Ziegelei⸗ Direktors Bergemeister und eidliche Vernehmung der übrigen Mit⸗ glieder des Wahlvorstandes veranlassen zu wollen und von dem Resultate der Erhebungen dem Reichstage durch Mittheilung der Akten Kenntniß zu geben.

Abg. Träger begründete seinen Antrag, indem er auf die Einzelheiten des Protestes einging und dabei nachzuweisen suchte, daß dieselben nicht so unerheblich seien, wie die Kom⸗ missionsmehrheit sie aufgefaßt habe.

Die Abgg. Mehnert, Gröber, Hahn und Freiherr von Unruhe⸗Bomst vertraten den Kommissionsbeschluß, während Abg. von der Decken sich dem Antrage des Abg. Träger anschloß.

„Bezüglich der Nr. 9 des Protestes wurde der Antrag Träger angenommen; im Uebrigen schloß sich das Haus dem Kommissionsantrage an. (Schluß des Blattes.)

Von den Abgg. Auer und Genossen ist beim Reichs⸗ tage folgender schleuniger Antrag eingebracht worden: Der Reichstag wolle beschließen: den Hrn. Reichskanzler zu ersuchen, zu veranlassen, daß durch Vermittelung des Königlich bayerischen Justiz⸗Ministers zu München der Königliche Staatsanwalt am Königlichen Landgericht Nürnberg zur Aufhebung derjenigen Untersuchungsmaßnahmen ange⸗ wiesen werde, welche er, unter Nichtbeachtung der Bestimmung des Artikel 31 der deutschen Reichsverfassung, nach dem 6 Mai 1890 gegen den Abg. Grillenberger wegen Beleidigung des Amtmanns Lucke und des Generalsekretärs Buek eingeleitet hat.

Zur Feier des heutigen 80. Geburtstages des Abg. Dr. Windthorst haben die Centrumsfraktionen des Reichs⸗ tages und des Abgeordnetenhauses ein Festessen im „Kaiserhof“ veranstaltet.

Die Zuckersteuer⸗Kommission des Reichstages be⸗ gann gestern die Spezialberathung der von der Regierung vorgelegten Novelle. §. 1 lautet in Absatz 1: „Der inländische Rübenzucker unterliegt einer Verbrauchsabgabe Zuckersteuer und zu deren Sicherung der Steuerkontrole.“ Absatz 2 definirt den Begriff „in⸗ ländischer Rübenzucker“. Hier liegt nur der Antrag der Sozial⸗ demokraten vor, §. 1 folgende Fassung zu geben: „Der in⸗ ländische Rübenzucker unterliegt keinerlei Besteuerung.“ Abg. Dechelhäuser verlangte Ablehnung der Regierungsvorlage, deren Begründung unrichtig sei. Die Prämie sei lediglich eine Ver⸗ billigung der Produktionskosten und komme also indirekt den Kon⸗ sumenten zu Gute; sie bedeute keinen besonderen Vortheil für die Zuckerfabrikanten. Das Fallen der Materialsteuer würde er be⸗ dauern; die Prämie könne erst abgeschaft werden, wenn die Kon⸗ kurrenzländer vorangehen. Abg. von Benda (welcher an Stelle von Bennigsen's in die Kommission eingetreten ist) ist der Ansicht, alle Kreise, einschließlich der Arbeiter, wünschen, daß Nichts an dem be⸗ stehenden Steuersystem geändert werde. Leider müsse man sich aber mit dem Gedanken vertraut machen, daß es nicht beim Alten bleibe. Abg. Dr. Witte trat dem Abg. Oechelhäuser entgegen. Abg. Graf Srtolberg erklärte, daß er sich davon überzeugt habe, daß der gegenwärtige Zustand nicht aufrecht zu erhalten sei, denn die Folge würde sein, daß noch viel mehr neue Zuckerfabriken entstehen würden und nach ein paar Jahren die gänzliche Beseitigung der Prämien eintreten müßte. Er werde für §. 1 der Regierungsvorlage stimmen, in der Voraussetzung, daß eine feste Prämie angenommen werde. Staats⸗ sekretär Freiherr von Maltzahn präzisirte die Stellung der Regierung gegenüber der Kommission dahin, daß sie wünsche, daß die Material⸗ steuer falle, daß ein finanzielles Plus gesichert werde und erfüllbare Uebergangsbestimmungen geschaffen werden. Abg. Dr. Dohrn hielt die Annahme des §. 1 für absolut nothwendig. Materialsteuer und Prämien müßten fallen, bevor man auf gesunde Zustände rechnen könne. Seine Fabrek habe festgestellt, daß sie auch nach Annahme der Vorlage selbst den französischen Fabriken gegen⸗ über auf dem Weltmarkte konkurriren könne. Aba. Hoffmann erklärte als Direktor einer Zuckerfabrik ebenfalls für §. 1 zu stimmen. Wenn Materialsteuer und Prämie gefallen, werde man sich darauf einrichten und vorwärts kommen. Abg. Graf Mirbach stimmte für §. 1 unter dem Vorbehalt, daß eine genügende offene Export⸗ prämie garantirt werde. Bei der Abstimmung wurde zunächst der Antrag der Sozialdemokraten gegen die drei Stimmen der Antrag⸗ steller abgelehnt, alsdann §. 1 der Regierungsvorlage mit 20 gegen 7 Stimmen angenommen.

In der heutigen Sitzung berieth die Kommission §. 67: Zuschuß aus dem Ertrage der Steuer für ausgeführten Zucker, sogenannte offene Prämie, Kl. a nach der Vorlage 1,00, Kl. b 1,75, Kl. c 1,40 Eintritt mit dem 1. August 1892. Dieser Zuschuß soll auch eintreten, wenn nicht nach §. 66 für a. Rohzucker, b Kandis c. alle übrigen Sorten Zucker bei Ausfuhrmengen von mindestens 500 kg zu Kl. a 8,50, b. 10,65, c. 10,00 die Materialsteuer⸗ vergütung für bis August 1892 hergestellten Zucker gewährt wird. Ferner handelte es sich um §. 65: Eintritt des Gesetzes mit dem 1. August 1892 und schließlich um §. 2, wonach die Verbrauchssteuer 22 per 100 kg betragen soll. Zu §. 67 lagen drei Anträge vor, von denen der des Grafen

Mirbach gegen 6 Stimmen, der des Abg. Oechelhäuser gegen 11 Stimmen abgelehnt, der des Fürsten Hatzfeld: Festsetzung einer

In der heutigen (46.) Sitzung des Reichstages,

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