1891 / 15 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 17 Jan 1891 18:00:01 GMT) scan diff

Bernsteinregal 650 000 ℳ, auf die Zinsen von Aktienkapitalien 23 148 (s—=309 ℳ), auf die Renten, welche das Deutsche Reich gemäß §. 3 des Reichsgesetzes vom 25. Mai 1873 an Preußen zu zahlen hat, 97 561 (+ 39 ℳ) und auf sonstige vermischte Ein⸗ nahmen 130 604 (— 5 ℳ).

Die dauernden Ausgaben betragen an Besoldungen 302 679 (— 7695 ℳ), an Wohnungsgeldzuschüssen 17 779 (— 2184 ℳ), an anderen persönlichen Ausgaben 306 061 (+ 3721 ℳ), an Dienstaufwands⸗Entschädigungen 127 791 (+ 657 ℳ), an sonstigen Kosten und Lasten der Verwaltung 6 023 160 (+ 13 651 ℳ). Die Summe der dauernden Ausgaben stellt sich somit auf 6 777 470 ℳ, 8150 mehr als in 1890/91.

Die einmaligen und außerordentlichen Ausgaben sind auf 300 000 zur Bewilligung von Darlehnen an Domänen⸗ pächter Behufs der Ausführung von Meliorationen, besonders Drainirungen, angesetzt

Die gesammten Einnahmen betragen 29 240 280 ℳ, die ge⸗ sammten Ausgaben 7 077 470 ℳ, sodaß ein Ueberschuß von 22 162 810 verbleibt.

Bei dem Etat der Forstverwaltung sind die Einnahmen wie folgt angesetzt: für Holz aus dem Forstwirthschaftsjahr 1. Oktober 90/91 56 500 000 (+ 3 000 000 ℳ), aus Nebennutzungen 4 250 000 (50 000 ℳ), aus der Jagd 340 000 ℳ, von Torf⸗ gräbereien 290 000 ℳ, von Flößereien 8800 (— 200 ℳ),] vom Wiesenanlagen 90 000 (— 1000 ℳ), von Ablagen 3400 ℳ, von Sägemühlenbetrieb 300 000 (— 54 000 ℳ), von größeren Baum⸗ schulen 14 000 ℳ, von dem Thiergarten bei Kleve und dem Eich⸗ holze bei Arnsberg 18 650 ℳ, aus verschiedenen anderen Einnahmen 508 500 (+ 9220 ℳ), von der Forst⸗Akademie zu Eberswalde 18 900 (— 5470 ℳ) und von der Forst Akademie zu Münden 7750 (— 550 ℳ) Die gesammte Einnahme beträgt 62 350 000 gegen 59 350 000 im Vorjahr. 1 8 8

Von den dauernden Ausgaben entfallen auf die Kosten der Verwaltung und des Betriebes an Besoldungen 8 024 903 (+ 1 142 018 ℳ). Diese Mehrausgabe ist auf die Errichtung von zwei neuen Oberförsterstellen und sechzehn neuen Försterstellen sowie auf Aufbesserung der Gehälter zurückzuführen. Für Wohnungsgeld⸗ zuschüsse sind erforderlich 105 000 ℳ, für andere persönliche Ausgaben 2013 121 (+ 146 621 ℳ), für Dienstaufwands⸗ und Mieths⸗ entschädigungen 2 151 006 (+ 38 500 ℳ), für materielle Verwal⸗ tungs⸗ und Betriebskosten 18 586 700 (+ 252 861 ℳ). Zu forst⸗ wirthschaftlichen und Lehrzwecken sind ausgeworfen: für Besoldungen 81 000 ℳ, für Wohnungsgeldzuschüsse 5220 ℳ, für andere vpersön⸗ liche Ausgaben 37 950 ℳ, für sächliche Ausgaben 74 500 Zu allgemeinen Ausgaben sind eingestellt 2 806 500 (+ 2000 ℳ). Die Summe der gesammten dauernden Ausgaben stellt sich somit auf 33 886 000 gegen 32 304 000 im Etatsjahr 1890/91. 1

An einmaligen und außerordentlichen Ausgaben sind eingestellt zur Ablösung von Forstservituten, Reallasten und Passivrenten 1 000 000 ℳ, zum Ankauf von Grundstücken zu den Forsten 950 000 (— 1 000 000 ℳ) und zu Meliorationen von Moor⸗ und Wiesen⸗ flächen 100 000 ℳ, zusammen 2 050 000 gegen 3 050 000 im Vorjahre.

Da die gesammten Einnahmen 62 350 000 betragen, denen eine Gesammtausgabe von 35 936 000 gegenübersteht, so verbleibt ein Ueberschuß von 26 414 000

In dem Etat der Centralverwaltung der Domänen und Forsten sind die Einnahmen mit 150 eingestellt; die Aus⸗ gaben belaufen sich auf 307 200 (. 3300 ℳ) für Besoldungen, 48 000 für Wohnungsgeldzuschüsse, 42 300 für andete vpersön⸗ liche Ausgaben und 55 400 (3800 ℳ) für sächliche und vermischte Ausgaben, im Ganzen also auf 452 960 gegen 445 860 in 1890/91,

Der Etat für die Gestütverwaltung weist an Einnahmen im Ganzen 2177070 auf, 44 600 mehr als im Vorjahre. Davon kommen bei den Hauptgestüten auf den Erlös für verkaufte Pferde und Wirthschaftsvieh 274 610 (+ 4040 ℳ); auf Sprung⸗ und Füllengeld 27 660 (+ 160 ℳ), auf den Ertrag von Grundstücken und Gutswirthschaften 257 085,50 (+ 21 826 ℳ), auf den Werth der Emolumente der Beamten, Unterbeamten und Wärter 45 802,88 (— 123,15 ℳ) und auf sonstige Einnahmen 38 381,62 (1588,16 ℳ), zusammen 643 540 (+ 27 488 ℳ). Bei den Landgestüten: auf Sprung⸗ und Füllengeld aus der Deckperiode des Jahres 1891 1 433 748 (+ 14 040 ℳ), auf den Ertrag von Grundstücken und Gutswirthschaften 15 673,75 (+ 2696 ℳ), auf den Werth der Emolumente der Beamten, Unterbeamten und Wärter 9425,30 (— 363,75 ℳ), und auf sonstige Einnahmen 29 682,95 (+ 747,75 ℳ). Bei der Centralverwaltung auf den Erlös für aus⸗ rangirte, früher aus Staatsmitteln angekaufte Beschäler und sonstige Einnahmen 45 000 (— 8 ℳ).

Die dauernden Ausgaben belaufen sich für Besoldungen bei den Hauptgestüten auf 100 026,92 (+ 7115 ℳ), bei den Landgestüten auf 152 373 (11 470 ℳ) zusammen auf 252 400 (+ 18 585 ℳ), für Weohnungsgeldzuschüsse auf 2184 ℳ, für andere persönliche Aus⸗ gaben bei den Hauptgestüten auf 207 975 (—+ 25 979,50 ℳ) Der Mehransatz hat darin seinen Grund, daß von dem im Nachtrage zum letzten Staatshaushalts⸗Etat zu Diensteinkommenverbesserungen für digtarisch beschäftigte Bureau⸗Kassen⸗ und Unterbeamte, sowie für im Lohnverhältniß stehende Bedienstete 60 000 zur Aufbesserung der Löhnungen für Gestütswärter und Dienstboten bestimmt werden, von denen 21 486 den Hauptgestüten überwiesen sind. Außerdem muß noch auf eine entsprechende Vermehrung des Wärterpersonals Rück⸗ sicht genommen werden. Die anderen persönlichen Ausgaben bei den Landgestüten erhöhen sich aus denselben Gründen um 52 578,50 ℳ, von 561 527,70 im Vorjahre auf 614 106,20 im Etat für 1891/92. Die sächlichen Ausgaben stellen sich bei den Hauptgestüten auf 851 553,95 (+ 56 671,53 ℳ), bei den Land⸗ gestüten auf 1 397 981,56 (18 205,44 ℳ). Für die Kosten der Central⸗Verwaltung und sonstige Ausgaben sind ausgeworfen: für persönliche Ausgaben 45 695 (+ 5000 ℳ), für sächliche Ausgaben 75 800 und für sonstige Ausgaben 1 018 150 ℳ, zusammen 4469 730 (+ 170 860 ℳ). Die Summe der dauernden Aus⸗ gaben beträgt daher 4 469 730 gegen 4 298 870 im Vorjahre.

Zu einmaligen und außerordentlichen Ausgaben werden 579 770 ℳ, 51 415 weniger als in 1890/91 verlangt, darunter 263 950 als letzte und Ergänzungsrate zur Errichtung eines Landgestüts im Reg⸗Bez. Königsberg. Der Rest der geforderten Summe ist zu Neubauten bestimmt. Die Summe aller Aus⸗ r. ist daher 5 049 500 gegen 4 930 055 im Etatsjahre

Der Etat der Staatsschulden⸗Verwaltung. Zur Deckung der Ausgaben dieses Etats sind durch gesetzliche Verordnungen folgende Einnahmen bestimmt: Der gesammte Reinertrag an Domänen und Forstrevenüen der alten Landestheile der Monarchie, mit Aus⸗ schluß derer, welche dem Kronfideikommiß zufließen, ferner der ge⸗ sammte Erlös aus den Verkäufen von Domänen und Forstgrund⸗ stücken, soweit dessen Summe den nach dem gegenwärtigen Etat zur Kapitalisirung erforderlichen Bedarf nicht über⸗ steigt, dann diejenigen Rentenablösungs⸗Kapitalien, welche von anderen als Domänenprästentiarien durch Baarzahlung des achtzehnfachen Betrages der Rente entrichtet, aber nicht angenommen sind und endlich aus den Betriebsüberschüssen der für Rechnung des Staates verwalteten Eisenbahnen die zur Verzinsung und Tilgung der zu Eisenbahnzwecken verwendeten Anleihen und der Eisenbahnschulden ersorderlichen Mittel. Die eigenen Einnahmen der Staatsschulden⸗Verwaltung betragen 201 500 (— 17 000 ℳ), nämlich 18 500 Vergütung vom Reich für Wahrnehmung der Geschäfte der Reichsschuld, 34 000 (+ 3000 ℳ) Gebühren für Eintragungen in das Staatsschuldbuch und 149 000 (— 20 000 ℳ) an ieen v en

ie Ausgaben betragen für Verzinsung der Schulden der Alten Landestbeile und des Gesammtstaates sinenage 223 24 512,73 + 25 182 422,13 898 für Verzinsung der Schulden der neuen

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8n

Landestheile 867 025,86 (— 234 392,04 ℳ); für Tilgung der Schulden der alten Landestheile und des Gesammtstaates seit 1866 15 177 384,66 (+ 2 719 714 ℳ); zur Tilaung der Schulden der neuen Landestheile 3 286 935,93 (+ 460 655,08 ℳ); zur außer. ordentlichen Tilgung von Staatsschulden bezw. zur Verrechnung auf bewilligte Anleihen 18 112 652,58 (+. 4 310 107,22 ℳ); an Renten an die Tilgungsfonds der Kur⸗ und Neumärkischen Kriegsschulden 1 437 563,64 (+ 7750 ℳ); an Verwaltungskosten 840 248,60 (+ 73 018,71 ℳ), nämlich an Besoldungen 477 450 (+ 56 925 ℳ), an Wohnungsgeldzuschüssen 88 332 (+ 8028 ℳ), an anderen per⸗ sönlichen Ausgaben 50 200 (+ 150 ℳ) und an sonstigen Aus⸗ gaben 224 266,60 (+ 7915,71 ℳ). Die gesammten Ausgaben betragen somit 263 487 324 gegen 237 837 246 im Etatsjahre 1890/91.

Dem Staatshaushalts⸗Etat liegen außerdem noch bei zwei Nach⸗ weisungen derjenigen Beträge, welche von den durch besondere Gesetze für Staats Eisenbahnbauten, zum Erwerb von Privat⸗Eisen⸗ bahnen für den Staat und für Baubedürfnisse der verstaatlichten Eisenbahn⸗Unternehmungen zur Verfügung gestellten Krediten als defrnitiv erspart zu löschen sind. Es sind dies 186 358,50 bei dem Bau der Bahn von Dortmund nach Oberhausen bez. Sterkrede nebst Zechenzweigbahnen; 4878,11 bei dem Bau der Bahn von Hadamar nach Westerburg; 188 272,60 bei dem Bau der Bahn von Lennep über Krebsöge nach Dahlerau; 144 937 47 bei dem Bau der Bahn von Altenbundem nach Schmallenberg; 3007,16 bei dem Bau der Bahn von Grüneberg nach Daaden; 200 000 bei dem Bau der Bahn von Trier nach Hermeskeil; 2113,55 bei der Erbauung eines definitiven Empfangsgebäudes auf dem Bahn⸗ hofe Kreiensen; 49 149,50 bei Anlage des zweiten Geleises auf der Strecke Siegen— Niederscheiden; 61,15 bei der Erweiterung des Bahnhofes Aschersleben; 19 552,11 bei der Anlage einer Hafen⸗ bahn in Apenrade; 2,50 bei der Anlage des zweiten Geleises auf der Strecke Hohenstein⸗Westpreußen Danzig, und 34 231,47 bei der Anlage eines zweiten Geleises auf der Strecke Bockenheim Rödelheim. Der Gesammtbetrag der zu löschenden definitiven Er⸗ sparnisse beträgt somit 832 564,12

Ein definitiver Minderbedarf bei der Deckung der Kosten für den Erwerb der Bahnstrecken Berlin— Stettin, Magdeburg— Halberstadt, Hannover—Altenbeken und Köln- Minden von 500 000 ist jetzt weiter abzusetzen.

1“ Statistik und Volkswirthschaft.

„Für das Volkswohl“

ist die Inschrift eines Gebäudes in der finnischen Hauptstadt Helsing⸗ fors, das am 16. November 1890 eingeweiht ist. In demselben be⸗ finden sich ein Lesezimmer, ein Vortragssaal, in welchem Vorträge und Unterrichtsstunden abgehalten werden, weiter eine Volksbibliothek, eine Filiale des städtischen Konsumvereins, eine Filiale der Postspar⸗ kasse, ein Kindergarten, eine Krippe und auch eine Bierbrauerei, und zwar eine solche, die nur finnisches „schwaches Getränk“ von 0,2 bis 0,4 % Alkohol herstellt. Berauschende Getränke sind in der Anstalt verboten. Diese gewiß sehr segensreiche Anstalt ist das Werk einer einzigen Dame, des Frl. Alli Trygg.

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Die Zahl der Genossenschaften

in Deutschland betrug am 1. Oktober 1890 6975. Von diesen waren 3570 Kreditgenossenschaften, 902 Konsumvereine, 114 gewerbliche und 907 landwirthschaftliche Rohstoffgenossenschaften, 8 gewerbliche und 275 landwirthschaftliche Werkgenossenschaften, 60 gewerbliche und 7 landwirthschaftliche Magazingenossenschaften, 140 gewerbliche, 870 landwirthschaftliche Produktivgenossenschaften, und endlich 82 Ver⸗ sicherungs⸗ und 40 Bargenossenschaften. Von diesen 6975 Genossen⸗ schaften am 31. Mai 1890 waren es 6777 gehören 1353 dem Allgemeinen Verbande der deutschen Erwerbs⸗ und Wirthschafts⸗ genossen schaften an, der von Schulze⸗Delitzsch begründet ist und jetzt unter der Leitung des Reichstags⸗Abgeordneten g88 ck steht

Zur Arbeiterbewegung.

Wie der „Mgdb. Z.“ aus Hamburg telegraphirt wird, beruft die sozialistische Parteileitung zum und 2. Februar für Schleswig⸗Holstein, Lauenburg und Hamburg einen Parteitag nach Neumünster ein.

Der „Rbein.⸗Westf. Ztg.“ wird aus Berlin unter dem 15. d. M. geschrieben: Ein arger Zwiespalt ist in der sozialdemokratischen Gewerkschaftsbewegung zum Ausbruch gekommen. Gegen⸗ sätze zwischen den um die Herrschaft auf diesem Gebiete rivali⸗ sirenden Hamburger und Berliner Genossen bestanden zwar schon lange, aber so stark wie jetzt sind sie noch niemals in die Oeffent⸗ lichkeit getreten. Der sozialdemokratische Parteikongreß wählte bekanntlich in der Sitzung vom 17. Oktober Paul Singer und den Schlosser Alvin Gerisch⸗Berlin zu Vorsitzenden des Vorstandes der Parteileitung. Auf Gerisch sind nun die Hamburger schlecht zu sprechen; Gerisch hat nämlich für Lokal⸗Organisation der gewerkschaftlichen Bewegung agitirt, während die Hamburger für Central⸗Organisation sind; für letztere hat sich auch der Parteikongreß in Halle ausgesprochen. In einer Massen⸗ versammlung in Hamburg hätte Gerisch bald ein eklatantes Mißtrauens⸗ votum erhalten, denn der Antrag: „die Versammlung fordert den Genossen Gerisch auf, entweder den Beschlüssen (in Halle, Gewerkschafts⸗ konferenz) nachzukommen oder sein Amt als Vorsitzender der sozial⸗ demokratischen Partei niederzulegen“, war schon gestellt; Gerisch selbst war nach Hamburg gekommen und vertheidigte sich in längerer Rede, verhindern konnte er es jedoch nicht, daß sich die Versammlung für Centralorganisation aussprach, der zweite Theil des Antrages gegen Gerisch wurde zurückgezogen. Noch schlimmer tobt der Kampf zwischen den Hamburger und Berliner Maurern. Die Hamburger haben ein Gewerkschaftsblatt „Der Grundstein“, welches sie für das offizielle Publikationsorgan der Maurer Deutschlands erklären. Von anderer Seite wird nun ein anderes Blatt fur die Maurer angeblich im Auftrage des Kongresses der Maurer Deutschlands, herausgegeben c«on Wilke, verbreitet. Die Hamburger haben nun ein Flugblatt: „An die Maurer Deutschlands“ versandt, in dem sie dem Berliner sehr derb die Wahrheit sagen: „Kollegen!“ so heißt es, „Ihr seht an diesem Fall wieder aufs Neue, daß das Häuflein der Berliner Krakehler und Interessenmenschen an Lug und Trug das Menschenmöglichste zu leisten vermag, wobei sie auf die liebe Unwissenheit spekuliren!“ Der Kampf der beiden rivalisirenden Parteien ist, wie man sieht, ausenblicklich auf das Höchste entbrannt, weitere Enthüllungen hüben und drüben sollen noch zu erwarten sein.

Die „Breslauer Ztg“ meldet, daß gestern die überwiegende Mehrzahl der bei der „Laurahütte“ beschäftigten Puddler die Arbeit eingestellt hat. Es handelt sich um 400 strikende Arbeiter.

Aus Ruhrort theilt man demselben Blatt mit, daß trotz der für die dortigen Speditionsfirmen und für ihre Arbeiter sehr empfindlichen Folgen des durch den strengen Winter herbeigeführten Stillstandes des Rheinschiffahrtsverkehrs, und obgleich die meisten Firmen unter Opfern bestrebt sind, ihren Arbeitern den Erwerb zu erhalten, die letzteren theilweise ganz unverständliche Forde⸗ rungen stellen. Eine Firma M. hatte Roheisen umzuladen und berücksichtigte hierbei selbstredend ihre eigenen Arbeiter, indem sie mit denselben einen Tagelohn von 3,50 abmachte, obschon sich zu derselben bereits Schiffer gemeldet hatten, welche diese Arbeit gern für 1,50 übernommen hätten. Die Arbeiter begannen, ent⸗ fernten sich jedoch nach kurzem Werke und ließen ihrem Vorgesetzten durch einen Abgesandten wissen, daß sie für einen solchen Hungerlohn nicht arbeiten würden. Jedenfalls ein Zeichen, daß es manchem der Hafenarbeiter noch recht erträglich geht. Dieselben verdienen aller⸗ dings im Sommer durchschnittlich 5— 10 pro Tag.

Dem „Hamburgischen Correspondenten“ zufolge wurde in besreen Donnerstag eine Koalition sämmtlicher sozialiftischen

achvereine in der Lessing⸗Halle gegründet.

Die Bergarbeiter im Kohlenbecken von Charleroi haben be⸗ schlossen, einen Tag in der Woche zu feiern, um den Kohlenvorrath zu verringern und die Direktionen der Gesellschaften zu zwingen, mehr Arbeiter anzustellen.

Die englische Post im Jahre 1890.

Der soeben in London ausgegebene Bericht der Postverwaltung für 1890 zeigt wiederum eine bedeutende Zunahme des Postverkehrs, und enthält, wie gewöhnlich, vielerlei interessante Einzelheiten. Die Gesammtzahl aller im Königreich auf die Post gegebenen Briefe betrug in runder Ziffer 1 700 000 000 oder etwa Briefe per Kopf der Bevölkerung. An Postkarten sind befördert worden 217 000 000, an Bücherpacketen und Cirkulären 444 000 000 und an Zeitungen 160 000 (00. Die Zabhl eingeschriebener Briefe betrug nahezu 12 Millionen. 30 000 Briefe wurden ohne irgend eine Adresse aufgegeben, und viele enthielten Geld und Checks von beträcht⸗ lichem Werth. Die Packetpost beförderte in 1890 nicht weniger als 44 Millionen Packete, für welche Porto im Gesammtbetrage von 1 000 000 Pfd. Sterl. entrichtet wurde. Die Postämter des König⸗ reichs fertigten über 9 Millionen Postanweisungen im Gesammt⸗ betrage von 23 000 000 Pfd. Sterl. aus und verkauften gleich⸗ zeitig über 46 Millionen der jetzt so beliebten „Postal⸗Orders“ im Gesammtbetrage von etwa 19 000 000 Pfd. Sterl. Es wurden mit⸗ hin im Ganzen Zahlungen von über 42 000 000 Pfd. Sterl. im ver⸗ flossenen Jahr durch Postanweisungen und Postal⸗Orders vermittelt. Die Zahl der im Jabre aufgegebenen Telegramme betrug 66 000 000, wovon nahezu 6 000 000 nach dem Auslande gesandt wurden. Die mit der Postanstalt verbunde Sparbank weist ebenfalls einen beträcht⸗ lichen Fortschritt auf.

Handel und Gewerbe.

(Amtliche Preisfeststellung Butrer, Käse und Scmalz.) Butter: Hof⸗ und Genossen⸗ schaftsbutter la. 105 107 ℳ, IIa. 102 104 ℳ, IIIa. —, do. abfallende 98 101 ℳ, Land⸗, Preußische 85 88 ℳ, Netzbrücher 83 86 ℳ, Pommersche 88 90 ℳ, Poln. 86 88 ℳ, Bavyver. Senn⸗ butter 95 100 ℳ, do. Landbutter 80 85 ℳ, Schles. 85 90 ℳ, Halizische 73 75 Margarine 40 70 Käse: Schweizer, Emmenthaler 93 98 ℳ, Bavyerischer 75 80 ℳ, do. Ost⸗ und West⸗ preußischer, 1a. 72 78 ℳ, do. II a. 65 70. ℳ, Holländer 50 90 ℳ, Limburger 42 48 ℳ, Quadratmagerkäse 20 26 Schmalz: Prima Western 17 % Ta. 39,00 ℳ, reines, in Deutsch⸗ [and raffinirt 42,00 45,00 ℳ, Berliner Bratenschmalz 45,00 48,00 Fett, in Amerika raffinirt 37,50 ℳ, in Deutschland raffinirt 40,00 42,00 Tendenz: Butter: Bei ruhigem Geschäft blieben Preise unverändert. Schmalz: fest.

Vom oberschlesischen Eisen⸗ und Metallmarkt berichtet die „Schles. Ztg.“: Die im neuen Jahre erhoffte Besserung in der Lage des oberschlesischen Eisenmarkts ist noch nicht eingetreten. Da die Aufträge noch immer nicht in erwünschtem Maße eingeben, sind die Werke zum größten Theil nicht voll beschäftigt. Zudem ist bei der durch den starken Schneefall der letzten Tage und die Schneeverwehungen sehr beeinträchtigten Kommunikation das Heranschaffen von Roh⸗ material und Kohle ein sehr erschwertes und kostspieliges. Die Lage des Roheisenmarktes hat sich gegen die Vorwochen in keiner Weise geändert. Die Produktion wird nach Möglichkeit eingeschränkt, besonders bei den für eigenen Bedarf arbeitenden Hochöfen. Die Erzzufuhr ist in Folge der Fröste und der gestörten Abfuhr eine bedeutend geringere geworden. Von den Walzwerken ist dasselbe zu berichten; auch hier ist der Betrieb nur bei wenigen Hütten voll erhalten worden und die Abfuhr des fertigen Fabrikats eine sehr schwierige. Bei dem gestörten Bahnbetrieb der letzten Tage hat auch der Export nach dem Auslande fast ganz aufgehört. Der Betrieb der Eisen⸗ gießereien, Maschinenwerkstätten und Kesselschmieden ist ein sehr schwacher, weil Bestellungen auf größere Objekte nur vereinzelt eingehen, sodaß sich diese Anlagen in der Hauptsache mit Ausführung von Reparaturen, Er⸗ gänzungsarbeiten und der Apfertigung kleinerer Gegenstände begnügen müssen. Doch ist mit Eintritt der Bausaison eine Wendung zum Besseren mit Sicherheit zu erwarten. Vom Zinkmarkt ist zu berichten, daß in der letzten Berichtswoche ein kleiner Posten einer untergeordneten Marke von zweiter Hand à 44 per 100 kg loko Breslau verkauft worden sein soll und zu diesem Preise Abnehmer vorhanden sind; aber selbst eine Erhöbung des Gebots auf 45 ewog die Eigner von Waare nicht, aus ihrer abwartenden Haltung

auszutreten. Es scheint, als ob Letztere entschlossen sind, nicht r 46 zu verkaufen. Für W. H. Marken wurden Gebote unter

·Berlin, 16. Januar.

er nte

48 abgelehnt. Nach einer Meldung der Wiener, Presse“ hätten die Vertreter der

Centralbahn mit der Regierung Fühlung wegen Sanirung genommen. Dasselbe soll Seitens der Mährischen Grenzbahn geschehen sein. Den vorbereitenden Schritten soll die Aufnahme diesbezüglicher Verhandlungen folgen, welche diesmal positivere Resultate versprechen sollen.

Pirmasens, 16. Januar. (W T. B.) In Folge der Mece. Kinley⸗Bill haben vier der bedeutendsten Schuhfabriken in der Pfalz die Arbeit eingestellt.

Leipzig, 16. Januar. (W. TC. B.) Kammzug⸗Termin⸗ handel. La Plata. Grundmuster B. pr. Januar 4,35 ℳ, pr. Februar 4,35 ℳ, dr. März 4,37 ½ ℳ, pr. April 4,37 ½ ℳ, pr. Mai 4 37 ½ 6, pr. Junt 4,37 ½ ℳ, pr. Juli 4,40 ℳ, pr. August 4,40 ℳ, pr. September 4 42 ½ ℳ, pr. Oktober 4,42 ½ ℳ, pr. November 4,42 ½ *ℳ Umsatz 100 000 kg Ruhig.

London, 16. Januar. (W. T. B.) An der Küste 2 Weizen⸗ ladungen angeboten.

Manchester, 16. Januar. (W. T. B.) 12r Water Taylor 6 ½⅞, 30r Water Taylor 9, 20r Water Leigh 8, 30r Water Clayton 8 ½ 32r Mock Brooke 8 ¾, 40r Mayoll 9, 40er Medio Wilkinson 10 ½, 32r Warpcops Lees 8 ½, 36r Warpcops Rowland 9, 40r Double Weston 9 ¾, 60r Double Courante Qualität 12 ⅛, 32*9 116 vards 16 % 16 grey Printers aus 321/46r 171. Stetig.

Glasgow, 16. Januar. (W. T. B.) Die Vorräthe von Robeisen in den Stores belaufen sich auf 576 876 Tons gegen 921 773 Tons im vorigen Jahre.

Die Zahl der im Betriebe gegen 88 im vorigen Jahre.

Belgrad, 16. Januar. (W. T. B.) Vom 14. Januar (a. St.) tritt der ermäßigte Personen⸗ und Waarentarif für den Internverkehr der serbischen Staatsbahnen in Kraft, jedoch ohne Gültigkeit für Konventionszüge. Auch die neuen direkten Waaren⸗ tarife zwischen den österreichisch⸗ungarischen, serbischen, bulgarischen und Orientbahnen sollen unmittelbar in Kraft treten.

New⸗York, 16. Januar. (W. T. B.) Baumwollen⸗ Wochenbericht. Zufuhren in allen Unionshäfen 170 000 Ballen, Ausfuhr nach Großbritannien 72 000 Ballen, Ausfuhr nach dem Kontinent 23 000 Ballen, Vorrath 934 000 Ballen.

Verkehrs⸗Anstalten.

Telegramm von Kaldenkirchen: Die englische Post über Vlissingen vom 15. Januar, 8 Uhr 25 Minuten Nach⸗ mittags, ist ausgeblieben. Grund: Starker Schneefall in den Niederlanden.

Telegramm von Krefeld: vom 16. Januar über Vlissingen ist ausgeblieben. Eisgang und Schneegestöber.

Die Post von dem am 17. Dezember aus Shanghai ab⸗ gegangenen Reichs⸗Postdampfer „Sachsen“ ist nach einer Nach⸗ richt des „W. T. B.“ in Brindisi eingetroffen und gelangt für Berlin voraussichtlich am 19. d. M. früh zur Ausgabe.

London, 16. Januar. (W. T. B.) Der Union⸗Dampfer „Mexican“ ist auf der Ausreise in Capetown angekommen.

Mährisch⸗Schlesischen

befindlichen Hochöfen beträgt 6

Die erste englische Post Grund:

Berlin, Sonnabend, den 17 Januar

ischen S

8 8

Deutsches Reich.

Dienstanweisung, betreffend die Ausübung der Gerichtsbarkeit in Deutsch⸗Ost⸗Afrika.

Zur Ausführung der Vorschriften der Kaiserlichen Ver⸗ ordnung vom 1. Januar 1891 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 1), be⸗ treffend die Rechtsverhältnisse in Deutsch⸗Ost⸗Afrika, wird auf Grund des §. 11 des Gesetzes, betreffend die Rechtsverhältnisse der deutschen Schutzgebiete (Reichs⸗Gesetzbl. 1888 S. 75) Fol⸗ gendes bestimmt: 8 Personen, welche der Gerichtsbarkeit unterliegen.

(Zu den §§. 2 und 3 der Verordnung.) Die Gerichtsbarkeit in dem Schutzgebiet erstreckt sich nach

zwei Richtungen auf einen weiteren Kreis von Personen als

die Konsulargerichtsbarkeit. Der ersteren sind unterworfen: 1) nicht nur Reichsangehörige und Schutzgenossen, sondern auch Ausländer; ausgenommen sind nur Eingeborene soweit sie nicht nach der bisherigen Uebung der Gerichtsbarkeit des Reichskommissars unterstellt waren oder durch die von dem Gouverneur mit Genehmigung des Reichskanzlers zu treffenden Bestimmungen der Gerichtsbarkeit unterstellt werden; M2) nicht nur Personen, welche im Schutzgebiece wohnen oder sich dort aufhalten, sondern auch solche Personen, hin⸗ sichtlich deren, ohne daß sie dort Wohnsitz oder Aufenthalt haben, ein Gerichtsstand nach den zur Geltung k Gesetzen begründet ist (z. B. in den Fällen der §. 31, 32 der Civilprozeßordnung). 8 8. 2

““ 8 Gerichtsbehörden.

5 ff. des Gesetzes über die Konsulargerichtsbarkeit;

(Zu §. , §§. 2, 3 Nr. 9 des Gesetzes, betreffend die Rechtsverhältnisse der deutschen Schutzgebiete; §§. 4 und 5 der Verordnung.) .1) Die Gerichtsbehörden erster Instanz haben in den von

ihnen ausgehenden Schriftstücken

a. sofern es sich um Geschäfte handelt, welche unter Zu⸗ ziehung der Beisitzer erledigt werden, die Bezeichnung als

„Kaiserliches Gericht des ostafrikanischen Schutzgebietes

b. sofern es sich um Geschäfte handelt, welche von dem zur Ausübung der Gerichtsbarkeit ermächtigten Beamten ohne Zuziehung von Beisitzern erledigt werden, die Be⸗ zeichnung als 8

„Kaiserlicher Richter des ostafrikanischen Schutzgebietes anzuwenden. 2,) Die Gerichtsbehörde zweiter Instanz hat in den von ihr ausgehenden Schriftstücken 8 a. in den unter la bezeichneten Fällen (§. 8 Absatz 1, §. 14 Albsatz 1 der Verordnung) die Bezeichnung als „Kaiserliches Obergericht des ostafrekanischen Schutz⸗ ggebietes“,

b. in den unter 16 bezeichneten Fällen die Bezeichnung als „Kaiserlicher Oberrichter des ostafrikanischen Schutz⸗

gebietes“

anzuwenden.

3) Zur Ausübung der Gerichtsbarkeit zweiter Instanz ist der Gouverneur ermächtigt. Die Gerichtsbarkeit erster Instanz wird durch die vom Reichskanzler ausgeübt.

Für den Fall der Behinderung eines zur Ausübung der Gerichtsbarkeit ermächtigten Beamten gilt der zur allgemeinen Vertretung desselben durch Anordnung des Reichskanzlers berufene Beamte auch als zur Ausübung der Gerichtsbarkeit ermächtigt. Es ist jedoch zu beachten, daß in der höheren Instanz kein Richter mitwirken darf, welcher in der unteren Instanz bei Erlassung der angefochtenen Entscheidung be⸗ theiligt war (Civilprozeßordnung §. 41 Nr. 6, Strafprozeß⸗ ordnung §. 23 Absatz 1). Für den Fall, daß aus diesem Grund oder aus sonstigen Ursachen der allgemeine Vertreter des zur Ausübung der Gerichtsbarkeit ermächtigten Beamten an der Vertretung behindert ist, ist ein außerordentlicher Ver⸗ treter zu bestellen. Die Bestellung erfolgt durch den Gouverneur oder dessen ordentlichen Vertreter.

4) Die zur Ausübung der Gerichtsbarkeit ermächtigten Personen haben vor Antritt ihres Amts, sofern sie nicht be⸗ reits als Kaiserliche Beamte den Diensteid geleistet haben, einen Eid dahin zu leisten:

Ich pp., schwöre bei Gott dem Allmächtigen und All⸗ wissenden, die Pflichten eines Kaiserlichen Richters in dem ostafrikanischen Schutzgebiete getreulich zu erfüllen.

1So wahr mir Gott helfe.“

Die Eidesleistung kann auch mittels Unterschreibens der Eidesformel erfolgen. Von der Vereidigung ist dem Reichs⸗ kanzler Anzeige zu machen.

5) Die zur Ausübung der Gerichtsbarkeit erster Instanz ermächtigten Beamten führen die Dienstaufsicht über die bei der betreffenden Gerichtsbehörde angestellten Beamten und regeln die Vertretung derselben im Falle der Behinderung.

Die Dienstaufsicht über die zur Ausübung der Gerichts⸗ barkeit erster Instanz ermächtigten Beamten wird durch den Gouverneur geübt. Die von den Ersteren erlassenen all⸗ gemeinen Anordnungen, insbesondere über Zustellungen und Zwangsvollstreckungen, sind dem Gouverneur mitzutheilen. Derselbe kann die getroffenen Bestimmungen aufheben oder abändern, sowie selbst allgemeine Anordnungen des be⸗ zeichneten Inhalts auch für die Gerichtsbehörden erster Instanz erlassen.

6) Die zur Ausübung der Gerichtsbarkeit ermächtigten Beamten sind befugt, geeigneten Personen die Erledigung einzelner zu ihrer Zuständigkeit gehöriger Geschäfte dauernd oder in bestimmten Fällen zu übertragen. Diese Befugniß erstreckt sich nicht auf die Urtheilsfällung, die Entscheidung

über Durchsuchungen und Beschlagnahme und Verhaftungen, sowie auf die Ernennung und Beeidigung der Beisitzer und die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft. Im Falle einer

dauernden Uebertragung ist die beauftragte Person mittels

ermächtigten Personen

Handschlags an Eidesstatt zur getreulichen Erfüllung ihrer Obliegenheiten zu verpflichten. Die dauernde Uebertragung hindert den Beamten nicht, jederzeit Geschäfte der betreffenden Art selbst wahrzunehmen. 8

Der Beauftragte handelt im Namen der Gerichtsbehörde, derselbe ist in den betreffenden Schriftstücken als an Stelle des Beamten handelnd zu bezeichnen.

7) Die zur Ausübung der Gerichtsbarkeit ermächtigten

Beamten sind befugt, die Abhaltung von Gerichtstagen außer⸗ halb des Amtssitzes der Gerichtsbehörde anzuordnen.

u6 885 8.

8. 2. (Zu den §§. 7 bis 9 des Gesetzes über die Konsulargerichts⸗ barkeit.) 1t

1) Die Worte, welche der Vorsitzende bei der Beeidigung der Beisitzer an die zu Beeidigenden zu richten hat, lauten:

„Sie schwören bei Gott dem Allmächtigen und Allwissen⸗

den, die Pflichten eines Beisitzers des Kaiserlichen Gerichts

des ostafrikanischen Schutzzebietes zu . . . . . . . . ...

8 Kaiserlichen Obergerichts des ostafrikanischen Schutz⸗

gebietes) getreulich zu erfüllen und Ihre Stimme nach bestem Wissen und Gewissen abzugeben.“

2) Die auf Ernennung und Beeidigung der Beisitzer und deren Stellvertreter sich beziehenden Verhandlungen und Pro⸗ tokolle sind zu besonderen Akten zu nehmen.

3) Die zur Ausübung der Gerichtsbarkeit ermächtigten Beamten haben Namen, Stand und Staatsangehöcigkeit der von ihnen ernannten Beisitzer und Stellvertreter dem Reichs⸗ kanzler anzuzeigen.

JZ“ 9 des etzes ü ie Konsulargerichtsbarkeit.)

ls Gerichtsschreiber ist eine hierzu geeignete Person, welche am Amtssitze des zur Ausübung der Gerichtsbarkeit ermächtigten Beamten wohnen muß, von dem Letzteren zu be⸗ stellen. Bei Verhinderung des solchergestalt bestellten Gerichts⸗ schreibers kann der Beamte die Verrichtungen desselben einer andern geeigneten Person übertragen.

2) Der Gerichtsschreiber hat vor seinem Amtsantritt, die mit den Verrichtungen eines solchen im einzeinen Falle betraute Person, vor Ausübung derselben einen Eid dahin zu leisten:

„Ich schwöre bei Gott dem All mnächtigen und Allwissenden, die Pflichten eines Gerichtsschreibers getreulich zu er⸗ füllen, so wahr mir Gott helfe.“

3) Wird die Erledigung einzelner zur Zuständigkeit de⸗ zur Ausübung der Gerichtsbarkeit ermächtigten Beamten ge⸗ hörenden Geschäfte einer anderen Person übertragen (§. 2 Nr. 6), so kann dieser auch die Bestellung des bei Erledigung des Geschäfts zuzuziehenden Gerichtsschreibers aufgetragen werden. Im Falle der dauernden Bestellung eines solchen Gerichtsschreibers ist derselbe mittels Handschlags an Eidesstatt zur getreulichen Erfüllung seiner Obliegenheiten zu verpflichten.

Rechtsanwälte.

(Zu §. 11 des Gesetzes über die Konsulargerichtsbarkeit.)

1) Die zur Ausübung der Gerichtsbarkeit ermächtigten Beamten haben ein Verzeichniß der von ihnen zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft zugelassenen Personen zu führen.

2) Die Bedingungen der Zulassung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft sind dem Ermessen des Beamten überlassen. Der Besitz der Reichsangehörigkeit ist nicht erforderlich. Wenn geeignete Personen mit juristischer Vorbildung nicht vorhanden sind, kann der Beamte unter Umständen auch aus anderen Berufsklassen zuverlässige Personen, welche die nöthige Ge⸗ schäftskenntniß besitzen, zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft zulassen. Eine Beeidigung der Rechtsanwälte findet nicht statt.

Zustellungen. (Zu den §§. 6 und 7 der Verordnung.)

1) In dem Verfahren vor den Gerichtsbehörden des Schutzgebietes erfolgen die Zustellungen sämmtlich auf Ver⸗ anlassung der Gerichtsbehörde. Dies gilt sowohl von Zu⸗ stellungen von Amtswegen (Nr. 2) als von solchen auf Be⸗ treiben der Parteien (Nr. 3). Der Unterschied zwischen beiden Arten von Zustellungen beruht lediglich darin, daß die letzteren nur dann von der Gerichtsbehörde veranlaßt werden, wenn die Partei einen auf die Bevirkung der Zustellung gerichteten Antrag gestellt hat, während es bei Zustellungen von Amts⸗ wegen eines solchen Parteiantrages nicht bedarf. Zu dem Antrage einer Partei auf Bewirkung der Zustellung genügt, abgesehen von dem Gesuche um Bewilligung einer öffentlichen Zustellung (§. 187 der Civilprozeßordnung), eine mündliche Erklärung. Ist das zuzustellende Schriftstück ein Schriftsatz oder eine sonstige von der Partei ausgehende Erklärung, so hat die Gerichtsbehörde nach Einreichung des Schriftstücks auch

ohne ausdrücklichen Parteiantrag für die Zustellung Sorge zu

tragen, wem aus dem Inhalt des Schriftstücks hervorgeht, daß und wenn es zugestellt werden soll. 2) Von Amtswegen erfolgen: A. in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten: die Zustellung der Abschrift der Berufungsschrift an die Gegenpartei, sowie die Zustellung aller gerichtlichen Entscheidungen, nicht bloß (wie nach §. 294 Abs. 3 der Civilprozeßordnung) der nicht verkündeten, sondern auch der verkündeten (§. 7 Abs. 1. der Verordnung), insbesondere auch der Urtheile. Ebenso werden Zahlungs⸗ und Vollstreckungsbefehle dem Gläubiger und dem Schuldner und Beschlüsse, durch welche eine Forde⸗ rung gepfändet oder überwiesen wird, dem Gläubiger, dem Schuldner und dem Drittschuldner von Amtswegen zuge⸗ stellt (a. a. O.). Ausgenommen sind nur: a. Beschlüsse, welche lediglich die Prozeß⸗ und Sachleitung eeinschließlich der Bestimmung und Aenderung von Ter⸗ minen betreffen, insbesondere auch Beweisbeschlüsse (§. 7 Abs. 2 der Verordnung); bei diesen genügt die Ver⸗

kündung und zwar ohne Rücksicht auf die Anwesenheit der Parteien bei derselbenn: 8

Arrestbefehle; die Zustellung derselben an den Gläubiger erfolgt zwar ebenfalls von Amtswegen (§. 294 Abs. 3, §. 809 Abs. 2 der Civilprozeßordnung), die Zustellung an den Schuldner dagegen findet nur auf Antrag des Gläubigers statt (§. 802 Abs. 2 daselbst), damit nicht durch vorzeitige Bekanntgebung des verfügten Arreste an den Schuldner die demnächstige Vollstreckung des Arrestes in ihrem Erfolge gefährdet werde. Diese Interesse des Gläubigers fällt jedoch weg, wenn der⸗ selbe mit dem Antrage auf Erlaß des Arrestbefehls zu⸗ gleich die Vollstrecküung désselben, 3. B. durch Bezeich⸗ nung des Arrestgegenstandes (der zu pfändenden beweg⸗ lichen Sachen oder Forderungen u. s. w.) beantragt. In diesem Falle ist anzunehmen, Zdaß mit dem Antrage auf Erlaß des Arrestbefehls auch die Zustellung des⸗ selben beantragt sei, und demzufolge mit dem Arrest⸗

befehl zugleich die Zustellung desselben und die betreffende

Vollstreckungsmaßregel zu verfügen; 8 B. in Strafsachen: alle Zustellungen mit Ausnahme der Zeugenladungen im Falle des §. 219 der Strafprozeßordnung;

C. im Konkursverfahren: alle Zustellungen (§. 66 Abs. 2 der Konkursordnung);

D. in Angelegenheiten der nicht streitigen Gerichtsbarkeit: alle vom Gericht ausgehenden Zustellungen; jedoch ist hier eine förmliche Zustellung nur nothwendig, insofern es (z. B. wegen Beginns einer Frist u. dergl.) einer Beurkundung der Zu⸗ stellung bedarf.

3) Auf Betreiben der Parteien erfolgen:

A. in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten die Zustellung von Schriftsätzen Seitens einer Partei an die andere mit Ausnahme der Berufungsschrift (Nr. 2 A) und die Zustellung von Arrest⸗ befehlen an den Schuldner (Nr. 2 A b);

B. in Strafsachen: die Zustellung von Zeugenladungen im Falle des §. 219 der Strafprozeßordnung.

.4) Auch in dem Schutzgebiet besteht die Zustellung, wenn eine Ausfertigung zugestellt werden soll, in deren Uebergabe, in den übrigen Fällen in der Uebergabe einer beglaubigten Abschrift des zuzustellenden Schriftstücks (§. 156, Abs. 1 der Civilprozeßordnung). Die Beglaubigung kann aber hier in allen Fällen (nicht, wie nach §. 156, Abs. 2 der Civilprozeß⸗ ordnung, nur bei Zustellungen von Amtswegen) durch den Gerichtsschreiber erfolgen (§. 7 Abs. 3 der Verordnung). Der Gerichtsschreiber hat bei Zustellungen auf Betreiben der Parteien die erforderlichen Abschriften (§. 155 der Civilprozeß⸗ ordnung) auf Verlangen auch anzufertigen.

5) Die Vorschriften über die Person, an welche die Zu⸗ stellung zu erfolgen hat (§§. 157 bis 164 der Civilprozeß⸗ ordnung), sind auch in dem Schutzgebiet zu beachten; jedoch tritt an Stelle der §§. 160, 161 der §. 7 Abs. 6 der Ver⸗ ordnung.

6) Die §§. 165 bis 181 der Civilproz⸗ßordnung finden in dem Schutzgebiet keine Anwendung. An ihre Stelle treten die Anordnungen, welche von dem zur Ausübung der Gerichts⸗

n,

barkeit ermächtigten Beamten gemäß §. 6 der Verordnung er⸗ lassen werden (oben §. 2 Nr. 5). Diese Anordnungen können für eine einzelne Zustellung mit Rücksicht auf die Umstände des Falls besonders oder allgemein für alle Fälle, in denen nicht etwas Abweichendes bestimmt wird, getroffen werden. Dieselben können sich beziehen auf die Personen, durch welche die Zustellungen zu bewerkstelligen sind, und die Uebermittelung der Aufträge an dieselben; auf Ort und Zeit der Zustellungen; auf diejenigen Personen, welchen an Stelle des Empfängers das zuzustellende Schriftstück bezw. die Abschrift desselben über⸗ geben werden darf, wenn der Empfänger nicht angetroffen wird; auf das Verfahren, wenn keine Person angetroffen wird, an welche die Uebergabe bewirkt werden kann; auf den Nach⸗ weis der erfolgten Zustellung. Ein solcher Nachweis ist stets schriftlich zu den Akten zu bringen (§. 7 Abs. 7 der Verord⸗ nung). Bei den Anordnungen bezüglich der Form dieses Nach⸗ weises ist zu beachten, daß durch den letzteren festgestellt werden muß, welches Schriftstück in Ausfertigung oder Abschrift über⸗ geben ist.

7) Zustellungen, welche in einer bei einer Gerichtsbehörde erster Instanz in dem Schutzgebiet anhängigen Rechtsangelegen⸗ heit erforderlich werden, aber außerhalb des Bezirks, in welchem die Gerichtsbehörde ihren Sitz hat, zu bewirken ssind, erfolgen im Wege des Ersuchens (§. 7 Abs. 3 der Verordnung).

8) Das Ersuchen ist zu richten:

a. bezüglich einer im Schutzgebiet zu bewirkenden Zustellung an diejenige Gerichtsbehörde erster Instanz, in deren Be⸗

zirk die Zustellung ausgeführt werden soll (§§. 158 und 167 des Gerichtsverfassungsgesetzes); bezüglich einer im Deutschen Reich zu bewirkenden Zu⸗ tellung: an den Gerichtsschreiber des Amtsgerichts, in dessen Bezirk die Zustellung ausgeführt werden soll (§. 162 des Gerichtsverfassungsgesetzes);

». bezüglich einer in einem anderen deutschen Schutzgebiet oder im Bezirk eines deutschen Konsulargerichts zu be⸗ wirkenden Zustellung an die Gerichtsbehörde des be⸗ treffenden Schutzgebietes bezw. an den betreffenden Konsul;

bezüglich einer in einem ausländischen Staat zu be⸗ wirkenden Zustellung an die in §§. 182 bis 184 der Civilprozeßordnung bezeichneten Behorden und Beamten.

9) Die öffentliche Zustellung erfolgt in den bei den Gerichts⸗

behörden des Schutzgebietes anhängigen Rechtsangelegenheiten nach den Vorschriften in §§. 186 bis 189 der Civilprozeß⸗

ordnung. Jedoch kann die Gerichtsbehörde bei Bewilligung

der öffentlichen Zustellung einer Ladung anordnen, daß eine

Einrückung in öffentliche Blätter nicht erforderlich sei (§. 7 Abs. 5 der Verordnung). In einem solchen Falle gilt die Ladung als zugestellt, wenn seit der Anheftung des Schrift⸗ stücks an die Gerichtstafel zwei Wochen verstrichen sind (§. 189 Abs. 2 der Civilprozeßordnung). 10) Die in §. 190 der Civilprozeßordnung bezüglich des Eintritis der Wirkungen der Zustellung für Zustellungen mittels Ersuchens anderer Behörden oder Beamten und für öffentliche Zustellungen gegebene Vorschrift ist durch §. 7 Abs. 4 der Verordnung auf alle Zustellungen ausgedehnt, welche in den bei den Gerichtsbehörden des Schutzgebietes anhängigen Rechts⸗ angelegenheiten auf Betreiben der Parteien erfolgen.