1891 / 23 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 26 Jan 1891 18:00:01 GMT) scan diff

Arbeitern doch nicht die Ueberzeugung nimmt, daß Recht und Ge⸗ rechtigkeit bei der Entscheidung ihrer Streitigkeiten zur Geltung kommen. Ich kann in diesem Augenblick, und das wäre auch über⸗ flüssig, über die Gestaltung des Verfahrens nichts sagen; daß aber für jede Reform auf diesem Gebiete der Grundsatz leitend sein muß, eine sachgemäße, dem Gesetz entsprechende Beurtheilung der zu entscheidenden Streitigkeiten sicher zu stellen, darüber kann kein Zweifel sein. 1 Abg. Singer ist erfreut, daß der Abg. Roesicke so dee einer Abänderung des Rekursverfahrens widersprochen habe. g. Arbeitertreisen herrsche die Meinung, das Reichs⸗Versicherunggame e eigentlich das Einzige, was in dem ganzen Unfallversicherunge⸗ es 6* die Arbeiter einigermaßen zufriedenstelle. Man solle sich hüten, 1

Arbelec rscesdung der Beschwerden der Arbeiter in Kreise zu endgültige Entscheidung der Beschr I“ 9 legen, die nicht die gleiche Gewähr der Unparteilichkei EEö auffah ende Besorgniß für die Erleichterung und Entlastung es; 5 Versicherungsamtes habe einen sehr unangenehmen Beigeschmatr Leider seien die Entscheidungen des Reichs⸗Versicherungsamtes in en letzten Jahren für die Arbeiter bezüglich des Rentenbezugs immer ungünstiger geworden. In weiten Kreisen der Bevölkerung vermuthe man hier einen Druck der Großindustrie und eine recht deutliche Wirkung esselben. Die Verwaltungskosten müßten möglichst niedrig gehalten verden, damit nicht die für die Arbeiter bestimmten Beträge allzusehr werden, Ich 10 v229, iicht ch barbarischer verkürzt und die Tarife der Entschädigungen nicht noch barbarise heruntergedrückt würden. Die Entschädigungstarife seien vielfach schon ganz unmenschlich niedrig. So zahle man jetzt nach fest ge⸗ wordenen Sätzen für den Verlust eines Fingers nur 5 0, für den Arm nur 25 % der ganzen Rente. Den Wunsch nach Vermehrung der technischen Beamten könne seine Partei nur theilen. Unter Bezugnahme auf den betreffenden Antrag der Sozialdemokraten frage er an, wie weit die Novelle zum Unfallgesetze gediehen sei. Es sei hohe Zeit, vor Allem die Lücke auszufüllen, welche durch die dreizehnwöchige Karenzzeit für alle diejenigen Verletzten herbeigeführt werde, deren Heilung vor Ablauf der dreizehnten Woche erfolge. Es gehe b an, auf eine umfassende Revision zu warten, die Frage der Ab⸗ schaffung der Karenzzeit müsse durch eine Novelle vorweg zur Er⸗ ledigung gelangen.

Staatssekretär Dr. von Boetticher:

Ueber die Stellung der verbündeten Regterung zu der Frage, welche der Herr Vorredner berührt hat, kann ich nichts sagen, denn die verbündeten Regierungen haben sich mit dieser Frage noch nicht beschäftigt, sie werden sich auch erst dann mit ihr beschäftigen, wenn Seitens der Reichsregierung eine Vorlage an den Bundesrath gelangen wird. Die Absicht, eine Vorlage äber die Korrektur der Unfall⸗ versicherungsgesetze dem Bundesrath zugehen zu lassen, besteht nach wie vor, und die Vorlage würde auch jetzt schon in einem weiteren Stadium sich befinden, wenn nicht eben das vergangene Jahr mit der Durchführung der Invaliditäts⸗ und Altersversicherung und mit ver⸗ schiedenen anderen gesetzgeberischen Arbeiten, deren Erfolg Sie ja vor sich haben, ganz besonders stark in Anspruch genommen gewesen wäre. Dazu kommt, daß wir allerdings die Meinung haben, es sei besser, wenn man eine Korrektur des Unfallgesetzes vornimmt, die Unfall⸗ versicherung auf die noch rückständigen, aber doch nach dem Maße ihrer Interessen in die Unfallversicherung einzuschließenden Kreise gleichzeitig auszudehnen. Die Vorarbeiten sind im Gange; einen bestimmten Zeitpunkt, bis zu welchem eine fertige Gesetzesvorlage dem Bundes⸗ rath und dem Reichstage zugehen kann, bezeichne ich grundsätzlich nicht mehr, weil, wie ich schon einmal gesagt habe, auch die Gesetze ihre Schicksale haben, und ich nicht Herr darüber bin, daß ein Zeitpunkt, den ich etwa in Aussicht stellen könnte, auch wirklich innegehalten wird. Mein Interesse für diese Sache ist nach wie vor ein sehr lebhaftes; sie wird gefördert werden nach Maßgabe der Möglichkeit.

Wenn übrigens der Herr Vorredner gemeint hat, daß der Herr Kommissarius des Reichsamts des Innern in der Kommission von dem Abschlus von Erhebungen gesprochen habe, so nehme ich an, daß das auf einem Mißverständniß beruht. Solche Erhebungen sind Be⸗

ufs Fertigstellung dieses Gesetzentwurfs nicht im Gange. Der Herr Kommissar wird aber wahrscheinlich von „Erwägungen“ über die Ge⸗ staltung des Gesetzes gesprochen haben, und diese sind allerdings noch nicht zum Abschluß gekommen.

Abg. Osann befürwortet folgenden Antrag: Die verbündeten Regierungen zu ersuchen, in Erwägung zu ziehen, inwieweit und wodurch eine größere Beschleunigung in der Erledigung der Rekurs⸗

angelegenheiten im Gebiete der Unfallversicherungsgesetze sowohl bei Schiedsgerichten, als dem Reichs⸗Versicherungsamt bherbeigeführt werden könne. Die große Zahl der nach dem Abg. Roesicke uner⸗ ledigten Rekurse machten diese Erwägung den Regierungen doppelt zur Pflicht. Entweder müsse das Verfahren vereinfacht oder die Sache dem überlasteten Reichs⸗Versicherungsamt abgenommen werden; die Arbeiter aber verlangten auf Grund des Gesetzes mit Recht möglichst rasch ihre Renten.

Abg. Schrader: Der Vorredner hätte dem Reichstage einen Weg zeigen sollen, wie die Verbesserung zu erreichen sei. Das habe er nicht gethan. Die Verzögerung liege nicht allein beim Reichs⸗ Versicherungsamt, sondern auch bei den Schiedsgerichten und daran, daß in vielen Fällen die Entscheidung der Vorstände angefochten werden müsse. Man sollte die erste Entscheidung der Vorstände nicht blos auf Grund der Akten treffen, sondern dem Arbeiter Gelegen⸗ heit geben, seine Sache selbst beim Vorstande zu vertreten oder vertreten zu lassen. Beim Reichs⸗Versicherungsamt möchte sich ja vielleicht eine Vermehrung der Senate empfehlen. Bei dieser Gelegenheit richte er (Redner) neuerdings die Bitte an die Reichs⸗ regierung, dem Reichstage den Bericht des Reichs⸗Versicherungsamts wieder mitzutheilen und ihn (den Reichstag) nicht bloß auf die

Mittheilungen aus dem Reichs⸗Versicherungsamt zu verweisen, in

welchen der Bericht abgedruckt sei. Aus diesem Bericht ergebe sich

rst die ganze Ueberlastung des Amts. Was die Frage der Tech⸗

niker betreffe, so sehe er (Redner) nicht unbedingt ein, daß zu Vor⸗

venden der Spruchkollegien immer Juristen gewählt werden müßten;

zfe man eine besondere technische Abtheilung, so würde die

lichkeit, ja Nothwendigkeit, diese mit einem Techniker zu be-

zen, gegeben sein. Der Wunsch einer Novelle zum Unfallgesetz

sei gewiß berechtigt. Eine umfassende Revision werde noch sehr lange *

üuf sich warten lassen müssen. Das sollte aber nicht abhalten, solche Aenderungen und Erweiterungen vorzunehmen, welche ohne Schädigung des Spstems möglich und nothwendig seien, und dabin gehöre die Beseitigung der Karenzzeit, die selbst durch die Industrie nicht sehr stark bestritten werden dürfe. Es handele sich dabei gleichzeitig um die Beseitigung der Ungerechtigkeit, daß den Krankenkassen die Last für die grose Mehrzahl der Unfälle aufgebürdet werde. Im Purkte der Verwaltungskosten müsse hervorgehoben werden, ie Belastung damit keineswegs bei allen Berufsgenossenschaften strieen hätten bekanntlich viel geringere, als z. B. die Müller und die Schornsteinfeger. Wolle die Groß⸗ industrie die hohen Kosten tragen, so möge sie es thun; aber der Presse könne deswegen das Recht, die Sache zu erörtern, nicht abgesprochen werden.

Staatssekretär Dr. von Boetticher:

ich ihm, was das Gebiet der Gesetzgebung anbetrifft, die volle Frei heit seiner Entschließungen auch weiter belasse.

gaben und die Geschäftsbehandlung des Reichs⸗Versicherungsamts so viel Richtiges und Zutreffendes gesagt, daß ich ihm wirklich dafür ganz außerordentlich dankbar bin. Abtheilungen gesprochen hat, die Frage der Vermehrung der Techniker überhaupt. das Bedürfniß herausstellt, werden wir nicht anstehen, Techniker her⸗ anzuziehen und technische Abtheilungen zu bilden, sofern wir eben zu. der Ueberzeugung gelangt sind, daß sie ein Bedürfniß sind.

stehe ich persönlich auch auf dem Standpunkt, daß ich dringende Kor⸗ rekturen möglichst rasch und schnell in der Gesetzgebung vorgenommen zu sehen wünsche. b Ausdehnung der Unfallversicherungsgesetzgebung mit denjenigen Kor⸗ rekturen der bestehenden Gesetze, die hier im desselben angeregt worden sind, auch seinen guten Grund. der Unfallversicherungsgesetzgebung gehen, natürlich, die Kreise, die wir einbeziehen in die Unfallversicherung, nun auch gleich mit einem Verfahren und mit einer Organisation zu bedenken, wie sie eben nach den gemachten Erfahrungen sich als zweck⸗ mäßig und als besser erweist wie die gegenwärtige. natürlich nicht ausgeschlossen, daß gewisse besonders dringende Fragen vorweg erledigt werden können.

so ist er früher dem Hause mitgetheilt. neuerdings nicht mehr zugehen lassen, da er durch die Mittheilungen des Reichs⸗Versicherungsamts“ publizirt wird. Da ist dieser Geschäftsbericht für Jedermann, ssi zugänglich, und ich habe gemeint, daß es entbehrlich sein würde, diesen Bericht auch noch für die Mitglieder des Reichstages besonders drucken zu lassen.

eine solche Mittheilung meinerseits keinem Bedenken unterliegen.

Hause in zu können. einzusetzen sein. große der Senate nicht ohne Weiteres empfehlen.

Unfall⸗Schiedsgerichte und derjenigen der für die Alters⸗ und Inva⸗

Unterschied in den Groß⸗ und Kleinbetrieben für die

Meine Herren, der Herr Vorredner hat über die Stellung, die Auf⸗

Wenn er von der Bildung technischer so gehört das in dasselbe Gebiet, wie So weit sich

Was die Revision des Unfallversicherungsgesetzes anlangt, so

Allein es ist augenblicklich eine Kombination der

Hause und außerhalb in Aussicht genommen. Das bhat Wenn wir überhaupt an die Ausdehnung so wünschen wir doch

Damit ist ja

Was den Geschäftsbericht des Reichs⸗Versicherungsamts anlangt, Wir haben Ihnen denselben „Amtlichen

der sich dafür interessirt,

Wenn aber großer Werth darauf gelegt wird, so wird

Abg. Dr. von Frege ist erfreut, mit dem Vorredner aus dem dem Wunsche größerer Dezentralisation übereinstimmen

Vielleicht würden als erste Instanz die Einigungsämter Auch die hohen Verwaltungskosten erklärten sich zum Theil aus der Konstruktion vieler Berufsgenossenschaften für zu Gebiete. Auch seine Partei erkenne an, daß das Reichs⸗ Versicherungsamt überlastet sei, und möchte ihrerseits die Vermehrung Abg. Roesicke bleibt dabei stehen, daß zwischen der Stellung der

eingesetzten Schiedsgerichte ein erheblicher Unter⸗ schied bezüglich der Aufsicht durch die von ihm erwähnten Ver⸗ ordnungen statuirt werde. Von den vom Abg. Singer erwähnten Tarifen wisse er nichts; es habe sich höchstens eine gewisse Gewohnheit herausgebildet, wie man gleichartige Fälle zu beurtheilen habe. Der ihd in den Ghroh. und Klfinhetriebengscr Sthe der ungehme st i i ht so groß, wie der 1 . T1ö“ de naed erklärt hat, daß die freisinnige Partei für den Antrag Osann stimmen werde, bemerkt Abg. Singer, daß seiner Ansicht nach die Großindustrie in Rheinland und Westfalen die Entlastung des Reichs⸗Versicherungsamts hauptsächlich deswegen betreibe, weil es dasselbe in Verdacht habe, daß es die Interessen der Großindustrie nicht genügend vertrete. Für die Scitens des Abg. Dr. von Frege gemachte Andeutung, daß die Arbeiter so vielfach simulirten, hätte irgend ein Beweis gebracht werden müssen. Die Dringlichkeit der Beseitigung der Karenzzeit sei auch von anderen Parteien erfreulicherweise betont worden. 3 8

Abg. Dr. von Frege verwahrt sich dagegen, daß er die Arbeiter im Allgemeinen als Simulanten bezeichnet habe.

Abg. Dr. Osann zieht seinen Antrag zurück, da der Zweck, den er mit demselben verfolgt habe, durch die Erklärung des Staatssekre⸗ 8 Ees c, gwart verlangt die Auszahlung der Renten an die Berechtigten im Bereiche der Seeunfall⸗Berufsgenossenschaft auch dann, wenn dieselben im Auslande lebten, und wünscht die Fortdauer der Krankenversicherung für Seeleute auch für den vollen Umfang ihres Aufenthalts am Lande. 1u““ 1

Staatssekretär Dr. von Boetticher: .

Als das Unfallversicherungsgesetz gemacht wurde, da war es die Absicht, die Regulirung dieser Materie für die Küstenschiffahrt mit der Einbeziehung der Fischerei in die Unfallversicherung zu verbinden. An dieser Absicht wird auch noch jetzt festgehalten, und es sind des⸗ halb die Vorbereitungen für das Gesetz, durch welches die Unfallver⸗ sicherung auf die Fischerei ausgedehnt werden soll, auch auf die An⸗ gehörigen der Küstenschiffahrt erstreckt worden.

Was die Auszahlung der Renten im Ausland anlangt, so unterliegt gerade bei den Seeleuten die Regulirung, die der Herr Vorredner wünscht, ganz außerordentlichen Schwierigkeiten. An sich bin ich nicht da⸗ gegen, daß man wenigstens die Frage erörtert, ob es thunlich sei, in dieser Beziehung einen weiteren Genuß der Rente im Ausland zu gewähren, als das nach der gegenwärtigen Gesetzgebung geschieht. Allein die Sache stößt bei den ausländischen Seeleuten um deswillen auf erhebliche Bedenken, weil die Ausländer, welche auf deutschen Schiffen gedient haben, über den ganzen Erdball zerstreut sind und weil es an aller Sicherheit für eine Kontrole darüber fehlt, ob die Vorbedingungen für den Rentenbezug auch noch in den entfernten Ländern, in denen sie sich aufhalten, vorhanden sind. Wir sind jetzt in Folge einer Anregung der österreichischen Regierung mit der Erörterung der Frage befaßt, ob nicht wenigstens einzelnen ausländischen Angehörigen, welche Unfallrenten aus deutschen Arbeitsverhältnissen zu beziehen haben’ der Fortbezug im Ausland gestattet werden kann. Und bei Gelegenheit der Prüfung dieser Frage bin ich auch sehr geneigt, der Anregung des Vorredners zu folgen. Aber vorläufig zweifle ich daran, ob es möglich sein wird, ausreichende Garantien zu schaffen, damit nicht etwa die Seegenossenschaften dadurch geschädigt werden, daß ein weiterer Bezug der im Inlande erworbenen Rente im Auslande für

ässig gehalten wird. 1 8g Was 8 die Krankenversicherung der Seeleute anlangt, so ist um deswillen von der Einbeziehung der Seeleute in die Kranken⸗ versicherung abgesehen, weil durch den § 48 der Seemannsordnung in dieser Beziehung schon Vorsorge getroffen ist. Dort heißt es: 1

Falls der Schiffsmann nach Antritt des Dienstes erkrankt, so trägt der Rheder die Kosten der Verpflegung und Heilung: 1) wenn der Schiffsmann wegen der Krankheit oder Ver⸗ wundung die Reise nicht antritt, bis zum Ablauf von drei Monaten seit der Erkrankung oder Verwundung;

liditätsversicherung

Ich freue mich ganz außerordentlich, aus den Ausführungen meines verehrten Herrn Vorredners entnehmen zu können, daß aus meinem

2) wenn er die Reise antritt und mit dem Schiff nach einem deutschen Hafen zurückkehrt, bis zum Ablauf von drei Monaten seit

die Rückreise des Schiffs jedoch nicht in einem deutschen Hafen endet, bis zum Ablauf von sechs Monaten seit der Rückkehr des Schiffs; 3 8

4) wenn er während der Reise am Lande zurückgelassen werden mußte, bis zum Ablauf von sechs Monaten seit der Weiter⸗ reise des Schiffs.

Auch gebührt dem Schiffsmann, Falls er nicht mit dem Schiff nach dem Hafen zurückkehrt, von welchem das Schiff seine Ausreise angetreten hat, freie Zurückbeförderung nach diesem Hafen (§S§. 65, 66), oder nach Wahl des Schiffers eine entsprechende Vergütung.

Die Versorgung der Schiffer ist also nach diesem Gesetz eine aus⸗ giebigere, als wie sie nach ihrer Zuweisung zur Krankenversicherung sein würde, und deshalb ist davon Abstand genommen, die Seeleute in die Krankenversicherung hineinzubeziehen.

Nachdem noch Seitens des Abg. Dr. Windthorst der Tendenz des Antrags Osann zugestimmt worden, schließt die Diskussion und das Kapitel wird bewilligt.

Zur Erwerbung eines Grundstücks behufs Er⸗ richtung eines Gebäudes für das Reichs⸗Versiche rungsamt und zum Beginn der Bauausführung erster Rate werden 1 900000 verlangt. Die Kommission beantragt, die Worte „zum Beginn der Bauausfüh⸗ rung erste Rate“ zu streichen und 400 000 ab⸗ zusetzen. Diese letztere Summe soll event. in dritter Lesung bewilligt werden, wenn der Superrevisionsanschlag vorliegt.

Staats⸗Minister Dr. von Bvetticher:

Ich kann unter den obwaltenden Umständen nur anheimstellen, dem Beschlusse Ihrer Budgetkommission Ihre Zustimmung zu er⸗ theilen. Es entspricht dem bisher beobachteten Verfahren, daß man Bausummen nicht eher bewilligt, bevor nicht superrevidirte Anschläge vorliegen; dagegen läßt sich nichts erinnern. Was nun die Möglich⸗ keit der baldigen Vorlegung der Anschläge für den Bau des Reichs⸗ versicherungsamts anlangt, so habe ich nach einer mir gestern zu⸗ gegangenen Nachricht keinen Zweifel darüber, daß es möglich sein wird, den superrevidirten Anschlag bis zur dritten Lesung dem hohen Hause zugänglich zu machen, und ich hoffe dann auf nachträgliche geneigte Bewilligung auch derjenigen 400 000 ℳ, die heute voraus⸗ sichtlich werden abgelehnt werden.

Der Betrag von 400 000 wird abgesetzt. u“ Für die Physikalisch⸗Technische Reichsanstalt werden 249 313 ℳ, 29 357 mehr als im Vorjahre, ge

fordert. 8

Abg. Dr. Witte: Er empfehle seinerseits auf das Lebhafteste die Annahme der Erhöbungen. Die Denkschrift über die bisherige Thätigkeit der Physikalisch⸗Technischen Reichsanstalt könne zwar im Einzelnen nur von Denjenigen richtig verstanden und gewürdig

werden, welche den Angelegenheiten, welche dort behandelt würden

fachlich nahe ständen. Aber auch jeder Andere müsse beim Durch

lesen sich von der Reichhaltigkeit und Vielseitigkeit der dort ge⸗ leisteten Arbeiten überzeugen. Die Arbeiten würden einen wesentlich fördernden Einfluß auf große und sehr interessante Gebiete des gewerblichen Lebens, namentlich auf das der Feinmechanik, ausüben. Wenn er der Kämpfe gedenke, die bei Einrichtung der Anstalt namentlich von süddeutscher Seite gegen dieselbe geführt worden seien, dann sei es sehr angenehm zu sehen, daß in dem verhältnißmäßig kurzen Zeitraum von drei Jahren alle ausgesprochenen Befürchtungen durch die Thatsachen selbst widerlegt seien und die Abneigung, welche seiner Zeit vorhanden gewesen, so gut wie beseitigt und lebhafte Sympathieen und Anerkennungen der Leistungen ge⸗ rade in Süddeutschland an die Stelle getreten sei. Er. hebe namentlich die interessanten Arbeiten für die Einführung einheitlicher Schrauben hervor. Sie seien nicht nur interessant und wichtig für die eigene Thätigkeit, sondern auch geeignet, zu einer internationalen Regelung dieser Frage zu führen. Er lege den verbün⸗ deten Regierungen nahe, dahin zu streben, daß auf diesem großen wichtigen gewerblichen Gebiete eine internationale Regelung durch⸗ gefuͤhrt werde. Für die erste Abtheilung der Anstalt sei seinerzeit ein eigenes Gebäude ausgeführt worden. Daß man sich für die zweite Abtheilung mit einem provisorischen Raume begnügt habe, sei kein Nachtheil. Man könne jetzt besser übersehen, welchen Umfang das⸗ selbe haben müsse. Jetzt sollte allerdings mit der Errichtung dieses zweiten Gebäudes vorgegangen werden, und er möchte wünschen, daß es genügende und große Räumlichkeiten erhalte, damit man. nicht nach kurzer Zeit wieder sich beschränkt fühle und eine Einschränkung der Arbeit nothwendig werde. Die Beamten der Anstalt seien wesentlich schlechter gestellt, als die gleicher Reichsinstitute, wie z. B. des

Normal⸗Aichungsamts, des Gesundheitsamts u. s. w. Für zwei Mit⸗ glieder sei allerdings jetzt ein höherer Gehaltssatz eingestellt. Das Durchschnittsgehalt bleibe aber immer noch um 200, das Normal⸗ gehalt um 900 hinter dem Gehalt der Beamten anderer An⸗ stalten zurück. Es habe sich die Nothwendigkeit herausgestellt, in größerem Umfange hervorragende und selbstständig arbeitende Leute einzustellen. Deshalb sollten auch entsprechende Gehälter gezahlt werden. Hoffentlich würden diese Anregungen zu fruchtbringenden Ergebnissen führen. 8 1

Der Etat der Physikalisch⸗Technischen Reichsanstalt wird

bewilligt. 8

Zur Errichtung des Reichstagsgebäudes, zehnte

A

Rate, werden 1 700000 gefordert.

Abg. Dr. Bürklin: Nach der Denkschrift bestehe die Absicht, wesentliche Reduktionen bei der inneren Einrichtung des Reichstags⸗ gebäudes eintreten zu lassen, wegen der Unzulänglichkeit der zur Verfügung stehenden Mittel. In Künstlerkreisen habe dies mit Recht einige Aufregung verursacht, und er würde empfehlen, auf die Mittel zur Abhülfe zu sehen. Die deutsche Kunst und das Kunstgewerbe habe auf die innere Einrichtung des Reichstags⸗ gebäudes große Hoffnungen gesetzt. Sollten diese Hoffnungen ge⸗ täuscht werden, so wäre das bei uns in Deutschland um so bedauer⸗ licher, als aus Privatkreisen nur selten große Aufträge ertheilt würden. In und Oesterreich sei das anders. Aber auch um des Reichstagsgebäudes selbst willen sei eine wesentliche Reduktion der inneren Einrichtung bedauerlich. Eine prunkvolle Einrichtung sei freilich abgeschmackt und widerwärtig, aber ein Gebäude wie das Reichstagsgebäude, welches ein Symbol der deut⸗ schen Einheit und Tüchtigkeit sein solle, sollte nicht im Innern mit aufgeklebtem Stuckornament ausgestattet werden. Um dieser Eventualität vorzubeugen, müßten nöthigenfalls auch noch die erforderlichen Mittel bewilligt werden.

Abg. Dr. Bachem: Eine Ersparniß sei hier doch am unrechten Orte. Zunächst werde eine Ersparniß vorgeschlagen bei der kassettirten Eingangshalle. Ursprünglich habe Sandstein dazu verwendet werden sollen. Nun rechne man aus, daß die Sache 100 000 billiger sein würde, wenn man Ziegelmauerwerk mit Stuck nähme. Er könne sich, um 100 000 zu sparen, nicht dafür erwärmen, gleich die Eingangshalle des Reichstages in einer Weise auszustatten, die sehr unangenehme Betrachtungen herausfordere. Wenn er in ein Gebäude hineintrete, so wolle er sofort von demjenigen Geiste angeweht werden, der in diesem Gebäude wehen solle. (Heiterkeit.) Die künstlerische Gestaltung eines solchen Gebäudes müsse in einem harmonischen Verhältnisse stehen zu demjenigen, was man hier wolle. Man wollen im Reichstage nicht Alltagsarbeit machen. Man wolle

der Rückkehr des Schiffs;

sonalpolitischen Gegner ein sozialpolitischer Freund zu werden be⸗ ginnt (Heiterkeit lirks), wenigstens auf dem Gebiet der Praxis, wobei

8 2 88 8

3) wenn er die Reise antritt und mit dem Schiff zurückkehrt,

die Arbeiten auch auf gese sgeberischem Standpunkte zu künstlerischer Vollendung bringen. Die Gesetze sollten nicht einem Ornament aus

1

Wenn

Ziegelmauerwerk und Stuck gleichen.

führungen solle gespart werden. Der letzte Abschnitt

sei für Etatsüberschreitungen. jetzt an Ersparungen denke? man vorläufig vielleicht Manches zurückstellen. der Vorhallen auch beim Einzuge des Reichstages noch Lücken

gefüllt werden. Ausstattung gegangen sei. erheblich theurer geworden sei, als man gedacht habe.

Kuppelbaues. wirken müsse, werde Jedermann zugeben. Wenn man Widerspruch, den er im höchsten Maße für einem solchen Gebäude halte. Man

1 führe den Mitteln, die seit 1870 bereitlägen.

Aus

und es stehe bis jetzt auch noch nicht fest,

daß die Steuerzahler in Angriff genommen werden

müßten nicht, daß sie dieses unangenehm empfinden würden.

wolle nicht mehr ausgeben als nothwendig sei; mache, müsse echt sein.

der Reichstag dauernd wohnen könne. Staatssekretär Dr. von Boetticher:

Der Herr Vorredner hat so beweglich die Vortheile dargestellt, welche die Verwendung echten Materials beim Reichstagsgebäude mit sich bringt, daß ich glaube, er hat mit diesen seinen Worten einigen Ein⸗ Und er hat auch Eindruck bei mir hervorgerufen insofern, als ich in der Auffassung, die bei mir über jeden Zweifel erhaben ist, bestärkt worden bin, daß zut Verwendung an einem Nun aber, meine Herren, bitte ich Sie, zu erwägen, wie die Dinge sich worden, sparsam zu sein, wir sind ersucht worden, uns innerhalb der uns zur Disposition stehenden Bausumme zu halten, und ich habe es in allen Stadien der Entwickelung des Baues für meine ernste Aufgabe an⸗ gesehen, nach dieser Richtung hin den Wünschen des Reichstages zu entsprechen Jetzt stellt sich heraus, daß die Verwendung echten Materials durchweg nicht möglich ist, wenn man mit der noch zur Disposition stehenden Bausumme auskommen will; und es ist deshalb an uns die Frage herangetreten, welcher Weg vorzuziehen sei: eine Nachbewilligung beim Bundesrath und beim Reichstag nachzusuchen, oder an denjenigen Stellen, wo es ohne Gefahr möglich erschien, zur Verwendung anderen Diese Frage ist auch innerhalb der Reichs⸗ tags⸗Baukommission erwogen worden, und ich befinde mich hier im Einklang mit der in der Reichstags⸗Baukommission ausgesprochenen nicht den Baufonds zu überschreiten, keine Nachbewilligungen eintreten zu lassen, sondern an denjenigen Stellen, wo es nach näherer Prüfung für zulässig er⸗ scheint, anch die Verwendung weniger kostspieligen Materials zuzu⸗ lassen. Soll dem Wunsche der beiden Herren Vorredner nachgegeben werden, so mache ich darauf aufmerksam, daß damit nicht allein eine nicht unerhebliche Vermehrung der Bausumme verknüpft sein wird, sondern, was vielleicht in den Kreisen dieses hohen Hauses noch mehr beträchtliche Hinausschiebung der Man sagt mir soeben, daß, wenn man beispielsweise in der großen Halle und in den anderen Eingangs⸗ hallen jetzt noch die Decken aus echtem Material herstellen wolle, sei mit einer Hinausschiebung der Vollendung (Hört! hört! Bewegung.) Nehmen Sie

druck im Hause hervorgerufen.

solchen Gebäude sich nichts mehr empfiehlt als echtes Material.

entwickelt haben. Wir sind jahraus jahrein aufgefordert

Materials überzugehen.

Ueberzeugung, daß es den Vorzug verdiene,

beklagt werden wird, eine sehr Vollendung des Baues.

das gleichbedeutend des Baues um vier Jahre. auch nur zwei Jahre (Heiterkeit), so ist das neben der bereits einge⸗ tretenen Verzögerung, welche uns unter den gegenwärtigen Umständen nicht gestattet, vor dem Herbst 1894 in das Gebäude zu ziehen, immerhin ein recht bedenklicher Aufschub.

Ich mache übrigens den Herrn Vorredner darauf aufmerksam, daß, wenn er einen Ausgleich darin sucht, daß die Bildhauerarbeiten in der großen Halle fortbleiben könnten, er sich da in einem Irrthum be⸗ findet. Es handelt sich nicht um Bildwerke, die in die Nischen ge⸗ stellt werden sollen und die etwa später nachgeholt werden könnten diese sind schon so wie so zurückgestellt —, sondern es handelt sich um Bildhauerarbeiten, die mit der Architektur im Zusammenhang stehen, die nothwendigerweise, wenn man die Halle herstellen will, auch fertiggestellt werden müssen.

Meine Herren, Sie haben die Wahl: Offeriren Sie eine Er⸗ höhung der Bausumme ich glaube schwerlich, daß die verbündeten Regierungen dem widerstreben werden, obwohl ich das nicht weiß und ihnen in dieser Beziehung jede Entschließung vorbehalten muß oder lassen Sie uns in der jetzt beabsichtigten Weise den Bau mit den zur Verfügung stehenden Mitteln durchführen, aber machen Sie uns keinen Vorwurf, daß wir innerhalb der Direktive, die Sie selbst uns gegeben haben, so sparsam gewirthschaftet haben, wie das nun einmal unsere Pflicht war. 1

Abg. Dr. von Cuny: Gerade vom finanziellen Standpunkt sei die Verwendung echten Materials zu empfehlen, denn unechtes werde im Laufe der Zeit öfter und in weit höherem Grade der Ausbesserung bedürfen. Vor einer Verzögerung des Baues schrecke er für seine Person garnicht zurück, er füͤhle sich in diesem ecse seßhe wohl, und man werde in keinem Reichstagsgebäude so gut aufgehoben sein, wie in diesem. An Bequemlichkeit werde man eher verlieren als gewinnen. Uebrigens habe die Mittheilung von einer Verzögerung um vier Jahre allgemeines Erstaunen erregt. Um diese Frage nochmals zu prüfen, beantrage er die Ueberweisung an die Kommission. Einzelne Mit⸗ Peeder der Reichstagsbaukommission hätten sich übrigens auch für die Gerwendung echten Materials ausgesprochen.

Staatssekretär Dr. von Boetticher:

Ich habe allerdings wahrgenommen, daß die Herren bei meiner Angabe, daß bei Verwendung echten Materials der Bau um vier Jahre verzögert würde, ein großes Erstaunen geäußert haben. Ich habe mich aber jetzt noch einmal nach den näheren Umständen, welche für die Bearbeitung und Lieferung des Materials entscheidend sind, erkundigt, und muß

danach zu meinem Bedauern meine Behauptung aufrecht erhalten. Es handelt sich nämlich um die Verwendung istrischen Kalksteins, und nach den bisherigen Erfahrungen, die wir über den Bezug und die Bearbeitu

er aber in der Ein⸗ gangshalle jeden Augenblick denken müsse, daß der Stuck fallen könne, so komme er auf die Idee, daß die Gesetze, die in diesem Gebäude gemacht würden, ein ähnliches Schicksal haben würden. Dieser Gedanke habe für ihn als deutschen Reichsragsabgeordneten etwas Be⸗ schämendes. Auch in der Verwendung von Stuckmarmor und Stuckaus⸗ 2n der über di Bauausführungen vorgelegten Denkschrift konstatire nun, daß noch 8. Summe von 2 Millionen Mark als Sicherheitsfonds zurückgestellt Sei es da richtig, daß man schon Bei den bildhauerischen Arbeiten könne Wenn in den Nischen könnten dieselben doch später sehr gut mit bildnerischen Werken aus⸗ f 1 Man werde sich dann sagen, daß erst das Gerippe des Ganzen hergestellt sei, bevor man an eine angemessene innere 1 t 4 In der Denkschrift werde konstatirt, daß die Ersparnisse nothwendig seien, weil die Ausführung des Aeußern

Die ästhetische Wirkung des Ganzen werde auch abhängen von der Veränderung 8. Aber daß das Ganze solide und echt von außen her w de Jedern 2 dann in das Innere trete und hier eine ärmere Ausstattung finde, so sei das ein unangebracht bei Bau aus den t den Taschen der Steuerzahler sei für den Bau noch kein Groschen verwendet worden, het Wenn er demnächst eine Forderung an die Steuerzahler heranträte, so Siaeas. er Seine Partei 1 aber was der Reichstag r Er möchte deshalb der Reichstagskommission zu erwägen geben, wie sich vielleicht die bisherigen Dispositionen noch ändern ließen, damit ein Gebäude hergestellt werde, in dem

Man habe

nicht am Platze. Etatsüberschreitun

sparen, man decken.

schließlich

machen würde,

gemachtem, unechte

feien.

schöner

Sache nicht.

werden,

Kopf fallen. des Deutschen

würde.

würde. Kunstverständniß

Reichstag.

Abg.

gemacht habe. wesen und habe die Finanzlage zu werden,

wendig halten.

Dr. Lieber.)

dieses Materials gemacht haben, ist gar nicht abzu⸗

Der Architekt hat ursprünglich nicht in Aussicht genommen, und Sie werden wenn Sie die Berwendung echten Materials durchweg wünschen, natürlich für diesen wesentlichen Theil des Baues auch die Verwendung hhten Materi Darauf bezog sich meine Behauptung, die ich hiermit aufrecht erhalten muß, daß dann nicht die Aussicht besteht, das Reichstagsgebäude früher zu vollenden, als wie 4 Jahre nach dem jetzt festgestellten Termin.

Abg. Dr. Lieber: Vielleicht könne es ein 3 ister i 1 8.1 ieber: Vielle on z ein anderer Baumeister in kürzerer Zeit fertig stellen. Aber wenn dem wirklich so sei, was bedeuteten vier Jahre bei einem Gebäude, das für Jahrhunderte errichtet werde?

2 so lange auf die Fertigstellung gewartet, daß der That sich hier ganz heimisch zu fühlen allmählich gelernt Eine große Anzahl von Kollegen denke sch n an die Uebersiedlung in das neue Gebäude. zwar wiederholt zur Sparsamkeit

sei noch dieser Ansicht. den Taschen der Steuerzahler, zurückgelegt würden, Zeitungsberichte, die auf einige

nicht

traurige Erfahrungen

kämpfte, und daß

sehen, daß in einer kürzeren Frist so viel Material zu besch bearbeiten ist, wie für die Hallen des Gebäudes erforderlich erscheint. istrischen Sandstein

echten Materials begehren.

Ließe man den Grundsatz all

an de dsatz allgemein gelten: keine 1 gen, wohin könnte das führen? 8 19 Ausstattung des Gebäudes anschlages stattgefund

man

dabin, das Dach (Heiterkeit.) Der Reichstag babe 8 darauf verzichtet, die Zinsen des Reichstags⸗Baufonds Fonds zu schlagen, wenn aber mehr gebraucht w zu schaffen sei es unbedenklich, gelaufenen Zinsen zur Ergänzung des Fonds vende veise auch auf das Vorgehen v Gebände und auf den Eindruck hin, machen würde, wenn das Reich bei seinem Reichstagsbau solche Er⸗ sparnisse mache. Wenn man hier immer den Tisch des mit den Mappen für Jahren immer unter den Projekten der neuen Reichs⸗Postgebäude seufze, und der Staatssekretär des Reichspostamts es üͤbel nehme wenn ihm bei den künstlerischen Ausstattungen derselben Abstriche an seinen hochfliegenden Bauplänen gemacht würden, so müsse es komisch berühren, wenn für das Reichstagsgebäude gespart werde. E den Eindruck, den das bei fremden Besuchern des Reichstagsgebäudes nicht mit verantworten. Abg. Dr. Freiherr von Heereman: Er sei Mitglied der Reichs⸗ tagsbaukommission und müsse sagen, wenn er hier von lauter nach⸗ einen derartigen Beschluß zu fassen. 2 m Material, von lauter Täuschung und dergleichen höre: von alledem ist garnichts wahr. (Heiterkeit.) Alles sei nach den Vorschlägen des Baumeisters und unter Zugrundelegung der vorhan⸗ denen Mittel sorgfältig geprüft worden. si abe Aufgabe gehabt, mit den vorhandenen Mitteln auszukommen, und er Wenn man sage, das gehe ja hier nicht aus

en. Die Aenderungen, die vorgenommen seien, seien zunächst nich wesentlicher Natur, in vielen Fällen sei 8 F“ 1dis Marmorbekleidung an den Wänden nicht zu nehmen, weil sie den hiesigen klimatischen Verhältnissen nicht entspreche an den Treppenanlagen sei für die Schönheit des Gebäudes nicht von Bedeutung und dazu praktischer. und praktischer Stein.

ist Alles unechtes Material. Sinne von Täuschung nehmen wolle, etwa so wie in dem Falle, wo man einen Gegenstand darstelle, als sei er aus Marmor, und er sei Papiermaché, so würde er dem Vorredner zustimmen. So liege aber die S Die wesentlichen architektonischen und konstruktiven Theile seien, wie zuerst beabsichtigt, aus festem Stein. Die anderen dazwischen liegenden Theile könne man in richtiger Behandlung in Stuck dar⸗ stellen, ohne der Schönheit und Wahrheit entgegenzutreten. Es komme nur auf die richtige künstlerische Behandlung an. Zeit der Renaissance habe man in Italien dieses Material vielfach verwendet, und es gebe Niemand, der von Kunst etwas verstehe und der jenen Schöpfungen nicht den Vorzug gebe vor Allem, was in dieser Art geleistet sei. Unecht setze voraus ungeschickte und unkunstlerische Behandlung, und das solle sie nicht sein. . warum man nicht auch in Rücksicht auf die Kosten einzelne Theile in dieser billigeren Weise ausführen solle, vorausgesetzt, daß der Ein⸗ druck des Ganzen nicht ein öder und trauriger sei; und das Letztere werde nach den gegenwärtigen Plänen nicht der Fall sein. Ein Zwie⸗ spalt zwischen dem Inneren und Aeußeren werde sich nicht ergeben Das Innere werde von tadelt vwenn sie es sähen. auch deswegen Bedenken haben, bindlichkeiten auf Grund der bisherigen Pläne eingegangen seien. D Verzierungen, die angebracht werden sollten, würden Keinem auf den (Heiterkeit.) 8 Abg. Goldschmidt: Es würde der Einheit, Macht und Größe 2 Reichs widersprechen, wenn gerade in den räumen des Reichstages geheuchelt werden solle, wenn man statt des echten, edlen Marmors Stuckbekleiduug verwendete. b sehr freuen, wenn der Beschluß der Reichstagskommission redressirt

b Abg. von Keudell: Es würde im Lande den schlechtesten Eindruck hervorrufen, wenn die geforderte Summe nun noch erhöht

Abg. Dr. Lieber: Er wolle sich mit dem Abg. von Heereman an Kunstve 1i messen, italienischen Renaissance passe noch lange nicht für den Deutschen Man habe mit dem Stuck in diesem Reichstage sehr gemacht, und er wisse nicht, ob der von Heereman die Verantwortung übernehmen wolle, daß den Reichstags⸗

mitgliedern nichts auf den Kopf falle. 11 öböb in diesem Hause gefühlt habe, werde man sich i ächste se 1a ge ena Sen ,g . sich im nächsten Hause darunter die Würde des Hauses gelitten? (Beifall rechts.) Abg. Dr. von Cuny: Der Abg. von Heereman versichere, daß für die konstruktiven Theile des Baues nur echtes Material verwendet werden solle, dem widerspreche aber die Denkschrift, und um so mehr

sei eine nochmalige kommissarische Berathung am Platze. 8

Staatssekretär Freiherr von Maltzahn: Ich kann nicht leugnen, daß ich heute in Bezug auf die Beur⸗ theilung der Finanzlage der Reiches recht eigenthümliche Erfahrungen Ich bin heute Morgen in der Budgetkommission ge⸗

und

gesehen,

Forderungen der diese Forderungen,

im Interesse der Armee, der Wehrhaftigkeit des Reichs für noth⸗ Doct hielt man die Finanzlage für eine solche, daß man selbst bei an sich nothwendigen Ausgaben unbedingt spaten müsse; hier im Plenum höre ich jetzt von mehreren Abgeordneten die genau entgegengesetzte Deduktion, daß man ohne Rücksicht auf die Finanzlage des Reichs beim Reichstagsbau nicht nur möglichst solides Material verwenden, sondern überhaupt die Rücksicht auf die Spar⸗ samkeit hier völlig hintansetzen könne und solle. (Zuruf des Abg.

Ich bitte, nicht um einzelne Worte mit mir zu rechten.

der Herr Vorredner meint,

auch für

en, nun wolle man an der inneren Einrichtung

würden doch erspart.

doch

die große Halle

man in habe. on mit geheimem Gruseln Seine Partei habe ermahnt, aber hier sei Sparfamkeit

In der äußeren

habe eine Ueberschreitung des Vor⸗

aus, so komme mit Schindeln zu übrigens Zeit

denn da auch nicht

seiner zu diesem erde, um ein echtes einen Theil der auf⸗ bei der Einrichtung solcher welchen es bei anderen Völkern

g Hauses ansehe

Stephanopolis, wenn der Tisch seit

Er möchte

Die Kommission habe die

so sei das Fiktion. Die Zinsen, die bart. Man sei aufgeregt durch ünzufriedene Künstler zurückzuführen die Die Aenderung Istrischer Sandstein sei ein ganz

Nun sei aber das Stichwort: es Wenn man das Wort „unecht“ in dem

In der schönsten

Er sehe also nicht ein,

den Reichstagsmitgliedern nicht getadelt Eine Aenderung in dem Material werde weil schon eine Menge von Ver⸗

Die Man möge dem Bericht beipflichten.

Haupt⸗ Er würde sich

aber er denke, das Beispiel der

Abg.

So angenehm, wie man sich

sei hier Alles unecht. Habe etwa

daß man dort mit verbündeten Regierungen be⸗ Gefahr stehen, abgelehnt verbündeten Regierungen

Rücksicht auf

lIben in welche die

Wenn

affen und zu gegeben habe, so werde ie

selber,

erde ich gern eine Berichtigung annehmen. Ich habe aber meinerseits den Eindruck empfangen, als ob die Herren sich dahin aussprechen wollten, daß der Zweck, ein künstlerisch möglichst vollendetes Gebäude herzustellen, ein höheres Gewicht beanspzuchen dürfe, als die Rücksicht darauf, daß man mit den vorhandenen, nun einmal gegebenen Mitteln auskommt.

Nun glaube ich, daß die Mehrausgabe, um die es sich handeln würde, keineswegs einen geringen Betrag ausmachen würde (hört! hört!), sie würde jedenfalls hoch in die Millionen gehen. Die zwei Millionen Reservefonds, von denen einer der Herren Vorredner gesprochen hat, würden, soweit ich übersehen kann, für die Deckung dieser Mehrkosten nicht ausreichen. Wenn Sie aber diese zwei Mil⸗ lionen dafür verwenden würden, so würden Sie für einen erheblichen Theil dieser Summe jedenfalls anderweit wie⸗ der Ersatz schaffen müssen, denn diese Summe ist reservirt für die Beleuchtungseinrichtung, für die Mobiliarausstattung und unvorher⸗ gesehene Ausgaben, welche sich bei dem Bau herausstellen, und ich habe nicht den Eindruck, daß mit Rücksicht auf die Größe dieses Baues diese Summe zu hoch bemessen sei.

Nun ist außerdem darauf hingewiesen worden, daß im Gegensatz zu dem ursprünglichen Gesetze von 1873 seit mehreren Jahren die Zinsen dieses Fonds in den Etat eingestellt werden, und man leitete daraus gewissermaßen einen Anspruch des Reichstagsbaues her, auf diese Summe zurückgreifen zu können, wenn die für den Bau bestimmten Summen sich als zu gering erweisen. Diese Summe beträgt im laufenden Etat 441 000 ℳ, sie sinkt von Jahr zu Jahr und im Ganzen haben wir nur noch Aussicht, etwa eine Million Zinsen einzunehmen. Diese Million aber müßte immerhin doch auf andere Weise in den Ein⸗ nahmen des Etats ersetzt werden, es würde also die Entziehung dieser Million eine Belastung der Steuerzahler für diesen Bau in der That darstellen. Ich glaube aber, daß auch diese Zinsen des Reichstags⸗ baufonds, auf die wir überhaupt noch zu rechnen haben, nicht an⸗ nähernd ausreichen würden, die Ausgaben zu decken, welche von ver⸗ schiedenen Seiten dieses Hauses gefordert werden. Als berufener Vertreter des finanziellen Interesses kann ich die Herren nur warnen,

Abg.Dr. Freiherr von Heereman: Was sollte die Budgetkommission

machen, wenn die Position an sie zurückoerwiesen würde? Sie müßte,

bevor sie eine Bewilligung ausspräche, sämmtliche Baumeister mit

ihren Plänen zu sich kommen lassen. Dann aber wäre wieder die

Reichstagsbaukommission überflüssig. Man möge also den Antrag

auf Zurückverweisung der Position an die Budgetkommission ablehnen. Nach Ablehnung des Antrags von Cuny wird der

Titel unverändert bewilligt.

Zur Herstellung des Nord⸗Ostsee⸗Kanals werden als

fünfte Rate 29 Millionen verlangt.

Abg. Dr Lingens betont die Nothwendigkeit einer erweiterten

geistlicheen Fürsorge für die Kanalarbeiter. Beson 1

katholischen Arbeiter würde noch ein fünfter Geistliche

reich wirken können.

Der Titel wird bewilligt, desgleichen der Rest des Etats

des Reichsamts des Innern.

bebee““

Herrenhaus. 8 7. Sitzung vom 24. Januar 1891.

Sitzung wohnt der Justiz⸗Minister Dr. von ing, später auch der Minister des Innern Herr⸗ ei.

Der Rechenschaftsbericht über die weitere Aus⸗ führung des Gesetzes vom 19. Dezember 1869, be⸗ treffend die Konsolidation preußischer Staats⸗ anleihen, wird auf Antrag des Berichterstatters Grafen von der Schulenburg⸗Angern in Uebereinstimmung mit dem Hause der Abgeordneten durch Kenntnißnahme für erledigt erklärt.

B.ai der darauf folgenden Wahl des Ersten Vize⸗ Präsidenten werden 96 Stimmzettel abgegeben, von denen einer unbeschrieben ist, 7 den Namen Arthur von Manteuffel (Redel), 23 den Namen Graf von Zieten⸗Schwerin, 65 den Namen Freiherr Otto von Manteuffel (Krossen) tragen. Letzterer ist somit gewählt und nimmt die Wahl mit dem Ausdruck des Dankes für das ihm geschenkte Vertrauen an. Als Schriftführer wird an Stelle des Herrn von Schöning auf Antrag des Wirklichen Geheimen Raths von Kleist⸗Retzow durch Akklamation Herr, von Rohr (Hohenwulsch) gewählt. Derselbe wird, da er im Hause nicht anwesend, von der Wahl benachrichtigt werden. 8

Es folgt die Berathung von Petitionen. Die Petition des Magistrats zu Tribsee auf Einführung allgemeiner Be⸗ stimmungen über die den mittelbaren Staatsbeamten zu⸗ stehenden Diäten und Reisekosten bei Vernehmung vor Gericht über die im §. 14 der Gebührenordnung enthaltenen That⸗ sachen wird durch Uebergang zur Tagesordnung für erledigt erklärt. Die Petition des Dr. Knape in Ratibor und Genossen um Gleichstellung der wissenschaftlichen Lehrer an unvoll⸗ ständigen Anstalten im Gehalt wenigstens mit den Subalternbeamten der Justiz und der Eisenbahn⸗ verwaltung empfiehlt das Haus der Regierung bei der demnächst zu erwartenden Schulreform zur Er⸗ wägung. Ueber die Petition des Lehrerkollegiums der Mittelschule und der höheren Mädchenschule zu Wernigerode um Regelung der Gehalts⸗ und Pensionsverhältnisse der Lehrer und Lehrerinnen an Mittelschulen beschließt das Haus in Erwägung, daß eine gesetzliche Regelung der Frage in Aus⸗ sicht gestellt sei, zur Tagesordnung überzugehen.

Es folgt die Berathung des Gesetzentwurfs, be⸗ treffend die außerordentliche Armenlast (Abänderung des Ausführungsgesetzes über den Unterstützungswohnsitz). Dem Entwurf ist von der Kommission folgende Fassung gegeben worden:

§. 31. Die Landarmenverbände in der Provinz Ostprerißen der Landarmenverband der Provinz sind verpflichtet, für Be⸗ wahrung, Kur und Pflege der hülfsbedürftigen Geisteskranken, Idioten, Epileptischen, Taubstummen und Blinden, welche der Anstaltspflege bedürfen, in geeigneten Anstalten Für⸗ sorge zu treffen. Verpflichtet zur Aufnahme und Be⸗ wabrung, zur Gewährung der Kur und Pflege ist zu⸗ nächst derjenige Landarmenverband, welchem der vorläufig unterstützungspflichtige Ortsarmenverband angehört. Die allge⸗ meinen Verwaltungskosten der Anstalten trägt der Landarmen⸗ verband. Die sonstigen Kosten hat dem Landarmenverbande sofern es sich nicht um einen landarmen Hülfsbedürftigen handelt,

daß ich seinen Gedanken falsch wieder⸗

vorbehaltlich anderweitiger Vereinbarung, der Kreis, dem der vor⸗ läufig unterstützungspflichtige Ortsarmenverband an⸗