1891 / 26 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 29 Jan 1891 18:00:01 GMT) scan diff

Sachsen.

Dresden, 28. Januar. Se. Majestät der König und Ihre Königlichen Hoheiten die Prinzen Georg, Johann

org und Marx sind nach dem „Dr. J.“ heute Vormittag

Württemberg.

Stuttgart, 28. Januar. In der heutigen Sitzung der Kammer der Standesherren theilte, dem „St.⸗A. f. W.“ zufolge, der Präsident Fürst Waldburg⸗Zeil⸗Trauchburg mit, daß beabsichtigt sei, die Ständeversammlung am nächsten Freitag zu vertagen und dann auf den 9. oder 10. März wieder einzuberufen. Morgen Vormittag um 11 Uhr findet gemeinschaftliche Sitzung beider Kammern zum Zweck von Wahlen statt. 11“

Baden.

Karlsruhe, 28. Januar. Das in der gestrigen Nr. d. Bl. bereits erwähnte, auf Befehl Sr. Königlichen Hoheit des Großherzogs und mit Zustimmung Sr. Majestät des Kaisers und Königs in der ,Karlsr. Ztg.“ veröffent⸗ lichte, Kaiserliche Kabinetsschreiben lautet:

Durchlauchtigster Fürst, freundlich geliebter Vetter, Bruder und Onkel! 8

Es gereicht Mir zur ganz besonderen Freude, Ew. Königliche Hoheit hierdurch zu benachrichtigen, daß Ich Ihren Herrn Sohn, Meinen lieben Vetter, den Erbgroßherzog von Baden Königliche Hoheit, Obersten und des 5. Badischen Infanterie⸗ Regiments Nr. 113, an dem heutigen Tage zum General⸗Major be⸗ fördert und ihn mit Ew. Königlichen Hoheit Zustimmung, unter Stellung à la suite des 5. Badischen Infanterie⸗Regiments Nr. 113, sowie unter Belassung à la suite Meines 1. Garde⸗Regi⸗ ments zu Fuß, des 1. Badischen Leib⸗Grenadier⸗Regiments Nr. 109 und des 1. Garde⸗Ulanen⸗Regiments zum Commandeur der 4 Garde⸗ Infanterie⸗Brigade ernannt habe. Gleichzeitig spreche Ich Ew.

184* nur Meiner warmen Anerkennung für die hervorragend guten Dienste Sr. Königlichen Hoheit des Erbgroßherzogs, welche derselbe in der than, einen ganz besonderen e

Königlichen Hobeit gern aus, daß Ich durch diese Bestimmung nicht

Zher Stellung als Regiments⸗Commandeur darget Ausdruck geben, sondern Mir auch das Vergnüge Umgangs und Gedankenaustausches bereiten will voller Uebereinstimmung mit Ew. Königlichen Hobeit, hierbei wohl bewußt, daß die Pflichten Ihres Herrn Sohnes, Meines lieben Vetters, gegen seine engere Heimath ihm ein langes Fernbleiben von derselben nicht gestatten werden. Ich verbleibe mit berzlicher Zuneigung und unveränderlicher aufrichtiger Freundschaft Ew. Königlichen

freundwilliger Vetter

I

rgnügen des persönlichen „Ich bin Mir, in

e Wi

Berlin, den 27. Januar 1891.

n des Großherzogs von Baden Königliche Hoheit.

Mecklenburg⸗Schwerin. Schwerin, 28. Januar. Das heutige Bulletin über das Befinden Ihrer Königlichen Hoheit der Großherzogin⸗ Mutter lautet: In der verflossenen Nacht haben Ihre Königliche Hoheit die Großbherzogin⸗Mutter ein paar Sturden recht ruhig geschlafen, wurden aber vor⸗ und nachher durch Husten wiederholt gestört. Es finden in den letzten Tagen in dem Zustand der hohen Frau kleine Schwankungen von nicht wesentlicher Bedeutung statt; neben manchen günstigeren Zeichen, die hervorgetreten sind, erhält sich bis jetzt bleibend ein Gefühl großer Schwäche. ScVchwerin, den 28. Januar 1891, Vormittags 9 Uhr. Dr. Mettenheimer. Dr. Müller.

8

Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach.

Weimar, 27. Januar. Se. Hoheit der Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg⸗Schwerin hat nach der „Schwrzb. Rud. Lds. Ztg.“ gestern, vollkommen hergestellt, Jena verlassen und ist mit Ihrer Hoheit der Herzogin hier ein⸗ getroffen. 1 8

b Sldenburg. 8

(H.) Oldenburg, 29. Januar. Dem heute wieder zu⸗ sammengetretenen Landtage ist Seitens der Großherzoglichen Staatsregierung eine Vorlage wegen Erweiterung der Ver⸗ kehrsanlagen in Nordenham zugegangen. In derselben wird hervorgehoben, daß, nachdem die auf Grund des Ab⸗ kommens mit dem Norddeutschen Lloyd vom 20. März v. J. hergestellten Verkehrsanlagen in Nordenham seit Mitte Oktober v. J. in Betrieb genommen worden, es sich alsbald ergeben habe, daß die übrigen Nordenhamer Pieranlagen für die Bewältigung des sonstigen dortigen Verkehrs, ins⸗ besondere in Getreide, nicht ausreichen, und es sei deshalb an die Staatsregierung die Frage herangetreten, ob es nicht ge⸗ boten sei, nach Maßgabe der in der Vorlage vom 2. April v. J. für die Entwickelung Nordenhams aufgestellten all⸗ gemeinen Gesichtspunkte, dem sich aufdrängenden Bedürfniß folgend, schon jetzt mit der Herstellung weiterer Pierbauten vorzu⸗ gehen. Auch hatten die in Nordenham für den Norddeutschen genommen worden seien, schon jetzt als so leistungsfähig be⸗ währt, daß für die volle Ausnutzung derselben eine mäßige Erweiterung ebenfalls wünschenswerth erscheine, welche passend Lloyd hergestellten Anlagen sich, nachdem sie in Gebrauch im Zusammenhang mit den übrigen erforderlichen Pier⸗ bauten herbeizuführen sein möchte. Nicht minder lisge es in der Natur der Verhältnisse, daß nach dem Zu⸗ gang des Lloydverkehrs die bisherigen Einrichtungen des Bahnhofs Nordenham sich in mancher Beziehung als unzureichend erwiesen und verschiedene Erganzungen, namentlich eine wesentliche Vervollständigung der Geleisanlagen sowie der Lokomotivschuppen mit Wasserstation ꝛc. als wünschenswerth erscheinen ließen, welche ohne Unzuträglich⸗ keiten nicht wohl noch für einen längeren Zeitraum verschoben bleiben könnten. Der hiernach von der Eisenbahn⸗Verwaltung auf⸗ gestellte Plan für gegenwärtig nothwendige Erweiterungsbauten in Nordenham nehme einen Kostenaufwand von 650 000 in

Anspruch. Daß dieser ein sehr erheblicher sei, zumal nachdem

erst soeben eine außerordentliche Aufwendung von 515 000 für Nordenham stattgefunden habe, werde in keiner Weise verkannt; indessen würde es nach der Auf⸗ fassung der Staatsregierung ein vielleicht verhängniß⸗ voller wirthschaftspolitischer Fehler sein, wenn man, wie gegenwärtig die Verhältnisse sich thatsächlich einmal ge⸗ staltet hätten, vor diesem weiteren Schritt zurückscheuen und damit zogern wollte, die Leistungsfähigkeit Nordenhams möglichst bald auf die mit diesen Mitteln zu erreichende

Höbe zu bringen, zumal nach der Installirung des Lloyd und nach der ganzen bisherigen Entwickelung mit Sicherheit dürfe anzunehmen sein, daß es an einer angemessenen voraussichtlich reichlichen unmittelbaren Verzinsung wie der bisherigen so auch der jetzt aufzunehmenden Summen nicht fehlen werde. Die Aufbringung der erforderlichen 650 000 anlangend, so werde dieselbe in Ern angelung anderer verfügbarer Hülfs⸗ quellen nur durch Anleihe erfolgen können, und würde es nach der Ansicht der Staatsregierung für den Fall, daß die in der Vorlage, betreffend den weiteren Ausbau des oldenburgischen Eisenbahnnetzes durch Bahnen untergeordneter Bedeutung, in An⸗ regung gebrachte Gründung eines Eisenbahnbaufonds den Beifall des Landtages finden sollte, sich am meisten empfehlen, die Anleihe für Rechnung des Eisenbahnbaufonds zu kontrahiren, da ja diesem letzteren auch die aus den Nordenhamer Anlagen zu erzielenden gesteigerten Reineinnahmen zuflössen und seine Leistungsfähigkeit entsprechend stärkten, ihn demnach zur Ver⸗ zinsung und Amortisation der Anleihe voraussichtlich in Stand setzen würden. Die Staatsregierung lasse demnach beantragen, der Landtag wolle für die vorstehend aufgeführten Pier⸗ und sonstigen Anlagen in Nordenham die Summe von 650 000 bewilligen und sich damit einverstanden erklären, daß diese Summe im Wege der Anleihe zu möglichst niedrigem Zinsfuß für Rech⸗ nung des zu errichtenden Eisenbahnbaufonds aufgebracht werde. Für den Fall, daß wider Erwarten die Errichtung eines Eisen⸗ bahnbaufonds nicht zur Ausführung kommen sollte, behalte die Staatsregierung sich anderweite Anträge wegen Beschaffung der Mittel vor. Sachsen⸗Coburg⸗Gotha.

Gotha, 28. Januar. Se. Hoheit der Herzog hat, wie die „Goth. Ztg.“ amtlich meldet, dem Staats⸗Minister Dr. von Bonin die nachgesuchte Dienstentlassung, unter Belassung seines Ranges und Titels, bewilligt und den Staatsrath von Wittken bis auf Weiteres mit der Führung der Geschäfte des Staats⸗Ministers beauftragt.

Anhalt.

Dessau, 28. Januar. Ihre Hoheit die Herzogin ist der „Magd. Ztg.“ zufolge gestern aus Neustrelitz wieder hier eingetroffen

Oesterreich⸗Ungara.

Wien, 29. Januar. Bei dem gestrigen Hofballe ließen sich Ihre Majestäten, wie „W. T. B.“ meldet, durch den Erzherzog Carl Ludwig und dessen Gemahlin vertreten. Vor dem Beginn des Balles empfing der Kaiser die zum Balle geladenen Mitglieder des diplomatischen Corps in einem Cercle.

Der Gesammtertrag aller Steuern des Jahres 1890 ergiebt 336 611 833 Fl. gegen 327 014 478 Fl. im Vor⸗ jahre. Die Gesammt⸗Mehreinnahme beträgt 9 597355 Fl. Die reinen Zolleinnahmen ergaben 45 583 353 Fl., gegen das Jahr 1889 548 117 Fl. mehr.

In der gestrigen Schlußsitzung des böhmischen Land⸗ tages drückte der Kardinal Schönb orn dem Statthalter Grafen Thun und dem Oberst⸗Landmarschall Fürsten Lob⸗ kowitz den Dank und die Anerkennung des Hauses aus. Der Statthalter hob in anerkennenden Worten die lang⸗ wierigen, aber ersprießlichen Bestrebungen des Hauses her⸗ vor, dem Lande friedliche Zustände zu schaffen, und erklärte, mit allen Kräften diesen Bestrebungen Vorschub leisten zu wollen, welche auf friedliche Zustände und die Wah⸗ rung gleicher Rechte der Völker abzielten. Der Oberst⸗ Landmarschall drückte seine besondere Genugthuung darüber aus, daß wiederum gemeinschaftlich mit den Ver⸗ tretern der deutschen Stadt⸗ und Landbezirke zusammen gewirkt worden sei, worauf er die Hoffnung begründe, daß sich die Gegen⸗ sätze mildern und die Schwierigkeiten geringer gestalten würden. Es sei insbesondere in Oesterreich wahrnehmbar, daß die er⸗ bittertsten Gegner sich bei persönlichem Nähertreten der Parteien abdämpften. Nach dreimaligem Hoch auf den Kaiser wurde der Landtag geschlossen.

Das Leichenbegängniß des Fürstprimas von Ungarn, Kardinal Simor, hat gestern in Anwesenheit der Erz⸗ herzoge Friedrich und Joseph August, der Minister und Notabilitäten sowie zahlreicher Deputationen in Gren stattgefunden. Als Vertreter des Prinzen Ferdinand von Coburg war Major Dobner erschienen. Der Bischof von Zips, Czaska, übernahm die kirchlichen Ceremonien, worauf der Sarg in der Gruft der Basilika beigesetzt wurde. Der apostolische Nuntius Galimberti war, durch Verkehrsstörungen verhindert, nicht erschienen. 88

Großbritannien und Irland.

Der Kanzler der Schatzkammer, Goschen, hielt gestern

bei dem Jahresessen der Handelskammer in Leeds eine Rede, in welcher er dem „W. T. B.“ zufolge nach einem längeren Hinweise auf die jüngste Finanzkrisis ankündigte, er sei unter Beistand der Bank von England beschäftigt, einen Plan auesfindig zu machen, wodurch die ständigen Hülfsquellen des Landes verstärkt, eine größere Hülfe in Nothfällen gewährt und finanzielle Katastrophen abgewendet werden könnten. Die gegenwärtige Goldreserve in England, im Allgemeinen unzureichend, sollte mindestens 25 Millionen betragen und vielleicht auf 26 oder 27 Millionen erhöht werden. Zur Herstellung einer zweiten Goldreserve würde er unter gewissen Umständen eine Ausgabe von 20 Millionen Einpfund⸗Noten befürworten; durch diese zweite Reserve würde eine Suspension der Bankakte in Krisen vermieden werden; auch wäre die Ausgabe von Zehnschilling⸗Noten gegen Silber⸗ deckung in Aussicht genommen.

Der zwischen den Anhängern Parnell's und Mac⸗ Carthy's vereinbarte Waffenstillstand ist schon jetzt in Kraft getreten. Die „Times“ meldet: Parnell verständigte Mac⸗ Carthy, er werde vorläufig keinem weiteren Sonntags⸗Meeting in Irland beiwohnen. Die für nächsten Sonntag in Ennis⸗ killen anberaumte Kundgebung wurde abbestellt. Die Führer der Antiparnelliten beschlossen, dem Beispiel Parnell’s zu folgen, jedoch fürchtet man, der Kampf werde aufs Neue ent⸗ 88 sobald eine Ersatzwahl in Irland erforderlich werden sollte.

Aus Sansibar meldet „R. B.“, der britische General⸗ Konsul, Oberst Euan⸗Smith sei am 26. d. M. an Bord des Kreuzers „Marathon“ von Lamu dorthin zurückgekehrt. Er habe ein befriedigendes Abkommen mit den Häupt⸗ lingen von Witu getroffen, und das Vertrauen sei wieder hergestellt. Ueber den Inhalt des Abkommens sei jedoch noch nichts bekannt

Frankreich.

Paris, 29. Januar. Der Minister des Aeußern Ribot bereitet nach einer Meldung des „W. T. B.“ zwe Gelbbücher vor über den Antisklaverei⸗Kongreß in Brüssel. Der Minister Constans beschloß, einen Thei der verfügbaren Kredite für die Ueberschwemmter der nördlichen Departements zu verwenden.

Die gestern erwähnte Meldung des „Soleil“ über Truppensendungen nach Tongking wird jetzt dahin richtig gestellt, daß es sich um die Absendung von Marine⸗ Infanterietruppen handele, welche die nach der Heimath ent⸗ lassenen Truppentheile ersetzen sollen. 1

Der Beschluß der Kammerkommission, den jüngst mit dem König von Dahomey abgeschlossenen Friedens⸗ vertrag als für die französischen Interessen nicht aus⸗ reichend an die Regierung zurückzuverweisen, 8 in Regierungskreisen unangenehm berührt; man jedoch, die Kammer werde sich damit begnügen, erklären, daß sie die Verantwortlichkeit für den Ver⸗ trag der Regierung überlasse, womit die Angelegenhei. erledigt wäre. Sollte indessen die Kammer den Beschluß der Kommission genehmigen, so würde dies, wie das Journal „Paris“ meint, eine Niederlage der gesammten Regierung be⸗ deuten und deren Stellung sehr schwierig gestalten. Ueberdies würde ein solches Votum der Kammer gleichbedeutend mit einer Kriegserklärung an Dahomey sein, welches zu einem für Frankreich günstigeren Vertrage gezwungen werden müßte

Italien.

Der Finanz⸗Minister Grimaldi hat in der gestrigen Sitzung der Deputirtenkammer das angekün digte Finanz⸗Exposé gegeben. Der Minister erklärte, die Regierung sei fest entschlossen, das Budget⸗ Gleichgewicht zu erreichen; sie habe die Voranschläge mit äußerster Strenge gemacht. In Folge der Verringerung bei einigen Einnahmeliteln nehme er ein Defizit für die Finanzgebahrung des Jahres 1891/92 von ungefähr 27 Mil⸗ lionen Lire beim Titel „effektive Ausgaben“ in Aussicht; außerdem ein Defizit von 10 %0 Millionen beim Titel „Kapitalbewegungen“. Das effektive Defizit für 1892/93 ver anschlage er auf 30 Millionen, wozu aus dem Titel „Kapital⸗ bewegungen“ noch ein Fehlbetrag von 13 ⁄0 Millionen komme. Bei dieser Lage der Dinge wolle die Regierung vor Allem eine nicht zu überschreitende Grenze für die außerordentlichen Ausgaben festsetzen. Diese sollten künftig niemals mehr als 85 Millionen betragen. Der Minister kündigte sodann die Einführung neuer Ersparnisse in dem Budget an und schlug Maßregeln vor, welche, unter Anderem aus einer Erhöhung der Alkohol⸗Fabrikationssteuer, eine Einnahme von 33 %⁄0 Millionen sichern würden. Auf diese Weise werde nicht nur das Gleichgewicht in dem Titel der Einnahmen und der effektiven Ausgaben hergestellt, sondern auch zu einem Theile das Defizit in dem Titel „Kapitalbewegungen“ deckt. Es blieben dann nur noch etwa 4 Millionen zu decken. Zu diesem Zweck und um die Mittel zur Amortisirung der Schuld zu gewinnen, kündigte der Minister mehrere Resormen und neue Ersparnisse an. Er erklärte zum Schluß, daß auf diese Weise das Budget⸗Gleichgewicht ohne neue Steuern gesichert sei und daß man nunmehr die Verhältnisse des Schatzes verbessern und das Steuersystem reformiren könne. Ueber die Zollfrage äußerte der Minister: Während in Europa das bisherige harte Zollregime einer Milderung entgegenzugehen scheine und während Deutschland nach dem Abschluß eines Handels vertrags mit der Schweiz gegenwärtig mit Oesterreich⸗Ungarn voll guten Willens unterhandle, richte andererseits Frankreich ein Zollsystem auf, welches eine einschneidende Aenderung der Zollpolitik der letzten 30 Jahre herbeiführen würde, sofern dasselbe nach gewissen Absichten eingerichtet werden sollte. Man müsse wünschen, daß diese Absichten nicht das Ueber gewicht erhielten. Was Amerika anbetreffe, so hab Italien an der Haltung der Vereinigten Staaten keir direktes größeres Interesse Das Exposé beifällig aufgenommen; zahlreiche Deputirte beglückwünschten den Minister, welcher mehrere Vorlagen einbrachte, darunte namentlich eine solche, Betreffs provisorischer Erhebung höherer Zölle auf Paraffinöle, chemische Produkte und Oelsamen. De vom Minister verlangten Ueberweisung dieser Vorlagen an die Budgetkommission wurde mit großer Majorität zugestimmt.

Spanien.

Die Königin⸗Regentin ist von ihrem Unwohlsein

nunmehr vollständig wiederhergestellt.

Belgien. ““

Der König hat den Minister des Auswärtigen beau tragt, allen Regierungen und Staatsoberhäuptern, welche den Wunsch ausgesprochen hatten, zu den Beisetzungs feierlichkeiten besondere Missionen zu entsenden und welche auf den formellen Wunsch des Königs in Anbetracht des schweren Unglücks, das die Königliche Familie betroffen hat, hierauf ver zichtet haben, seinen lebhaften Dank auszusprechen. Wegen ihres verwandtschaftlichen Verhältnisses zu dem Verstorbenen sind die Höfe von Preußen, von England, von Sachsen⸗ Coburg, Portugal und Rumänien bei den Beisetzungsfeierlich⸗ keiten vertreten. Se. Königliche Hohet der Prinz Heinrich von Preußen sowie Prinz Friedrich August von Sachsen, Prinz Heinrich von Battenberg und der ehemalige rumänische Minister⸗Präsident Rosetti sind bereits gestern in“ Brüssel eingetroffen. Prinz Heinrich von Preußen kam Nachmittags 1 ¼ Uhr an und wurde König Leopold, dem Personal der deutschen Gesandtschaft und dem Gouverneur der Provinz Brabant, Vergoté auf der Bahnhofe empfangen. Der deutsche Gesandte Graf von Alvensleben war Sr. Königlichen Hoheit bis zur Grenze ent⸗ gegengereist. Ein Bataillon Grenadiere mit der Regimentsfahne erwies die militärischen Ehren. Der König umarmte den Prinzen Heinrich auf das Herzlichste. Nach dem Vorbeimarsch der Truppen und nach erfolgter Vorstellung der beiderseitigen Gefolge begab sich der König mit dem Prinzen Heinrich nach dem Königlichen Schlosse. Im Gefolge des Prinzen befinden sich der Hofmarschall, Kapitän zur See Freiherr von Secken⸗ dorff und die persönlichen Adjutanten, Kapitän⸗Lieutenant von Basse und Premier⸗Lieutenant von Rüxleben. Die deutsch Kolonie hat gestern einen prachtvollen Kranz auf dem Sarge des Prinzen Balduin niedergelegt.

Türkei. Der türkische Botschafter in London richtete, wie die

„Agence de Constantinople“ meldet, an das dortige Auswär⸗

Anfrage in Bet

Ses v.

tige e einer an⸗

wurde sehr

von dem

geblichen geheimen Konvention zwischen England und Oesterreich⸗Ungarn wegen einer Besetzung Salonichis durch Oesterreich. Der Marquis von Salisbury erklärte diese Nachricht für unbegründet mit dem Hinzufügen, daß eine olche Konvention mit der Politik Englands unvereinbar wäre und geradezu im Widerspruch zu derselben stehen würde. Der türkische Botschafter theilte diese Antwort dem Sultan und der

Pforte mit.

In derselben Angelegenheit bemerkt das Wiener „Fremden⸗ blatt“: In Konstantinopel kenne man die allen Expansions⸗ gelüsten und Abenteuern abgeneigte Politik Oesterreich⸗Ungarns o gut, und die Beziehungen Oesterreich⸗Ungarns zu der Türkei seien so vorzügliche, daß es wohl ausgeschlossen sei, daß in en maßgebenden Kreisen der Türkei solche Erfindungen einen jachhaltigen Eindruck machen könnten.

Rumänien. Die „Polit. Korresp.“ vernimmt aus wohl informirter rumänischer Quelle, das rumänische Kabinet werde nach dem Inslebentreten des neuen autonomen Tarifs am 1. Juli cr. Handelsvertrags⸗Verhandlungen mit den für die volkswirthschaftlichen Interessen Rumäniens am Meisten in Betracht kommenden Staaten beginnen. 2 Serbien.

Belgrad, 28. Januar. Der Minister des Innern, Dshaja, hat nach einer Meldung des „W. T. B.“ seine Entlassung genommen; der Justiz⸗Minister Djordjewitsch übernimmt interimistisch das Ministerium des Innern.

8 Das öfter signalisirte Hausgesetz für die Dynastie soll

nach einer der Wiener „Presse“ zugegangenen Mittheilung

der Skupschtina nicht als Gesetz⸗Entwurf zugehen, sondern nur

ein von der Regentschaft ausgearbeitetes provisorisches

der Skupschtina zur Kenntnißnahme übermittelt

werden. Mit der Königin⸗Mutter soll ein Arrangement ge⸗

troffen werden, wonach dieselbe innerhalb festgesetzter Termine

den König empfangen oder besuchen könne. 1 Natalie soll geneigt sein, darauf einzugehen.

Bulgarien. 1

Die im Auslande verbreitete Nachricht, daß die bulgarische

Regierung wegen Abschaffung der Kapitulationen bei den Mächten Schritte zu thun gedenke, wird dem „W. T. B.“ zufolge in den hiesigen amtlichen Kreisen auf das Bestimmteste dementirt.

1 Schweden und Norwegen.

(P) Stockholm, 24. Januar. Der Reichstag begann heute seine eigentlichen Verhandlungen mit der Generaldebatte über den Budgetvoranschlag für das Jahr 1892. Die

rste Kammer verwies die Vorlage ohne jede Debatte an den Staatsausschuß. In der Zweiten Kammer, wo mit Ausnahme des Kultus⸗Ministers sämmtliche Minister und Staatsräthe anwesend waren, wurden die Verhandlungen von dem Abg. Freiherrn von Nordensköld eröffnet. Redner beklagte sich bitter darüber, daß der Kultus⸗Minister sich nicht veranlaßt gefunden habe, den schon so oft vorgebrachten Wünschen der Akademie der Wissenschaften wegen Beschaffung von größeren Räumlichkeiten für die Sammlungen des Reichs⸗ Museums zu entsprechen. Abg. Mankell gab alsdann der Ueberzeugung Ausdruck, daß die Freihandels⸗Majorität dieser Kammer fest entschlossen sei, so bald als möglich die schwere Zollbürde zu erleichtern; er war auch überzeugt, daß die Kammer eine Ermäßigung der Grundsteuer bewilligen werde. Das Staats⸗ budget sei während der letzten vier Jahre um 12 bis 13 Mil⸗ lionen Kronen gestiegen, was ungefähr der neuen Zollbürde entspreche; aber trotz der Ueberschüsse habe die Regierung keinen Vorschlag wegen Steuerermäßigungen gemacht. Um diese zu ermöglichen, sei der Reichstag deshalb auf die Ver⸗ minderung der Ausgaben angewiesen, vor allen anderen sei die Beschränkung der militärischen Ausgaben in Be⸗ tracht zu ziehen. Redner rügte auch, daß die Aus⸗ gaben für die Staatseisenbahnbauten n das ordent⸗ iche Budget aufgenommen worden sind. Eine solche Tendenz sei jedenfalls unge ignet und gefährlich für ein Land, das so wenige unproduktive Staatsschulden und einen so blühenden Staatskredit habe wie Schweden; auf dem Eisenbahn⸗ titel könnten deshalb auch Ersparnisse gemacht werden. Wenn die vollständige Beseitigung der Lebenemittelzölle zur Wirklichkeit geworden sei, wollte Redner höhere Zölle auf ausländische Weine und Spirituosen bewilligen; er verwies auch auf die ausschließ⸗ liche Verwendung der Branntweinsteuer zu Staatszwecken und vor Allem auf eine Erhöhung der Einkommensteuer. Nachdem noch der Abg. Gustafsson in ähnlichem Sinne wie der Vor⸗ redner gesprochen, ergriff der Chef des Finanz⸗Departe⸗ ments das Wort, um in längerer Ausführung die Ein⸗ wendungen gegen den Budgetvoranschlag zu widerlegen. Er hält es für besser, wenn die Staatsüberschüsse zu Eisenbahn⸗ bauten verwendet werden, als die Mittel dazu durch Anleihen zu beschaffen. Wenn der Kriegs⸗Etat um 2 383 000 Kronen erhöht sei, so sei das aus Gründen geschehen, die vom Kriegs⸗Minister vertreten und kaum zu be⸗ streiten sein würden. Freilich seien die Staatsausgaben in den letzten zehn Jahren um 22 Millionen Kronen gestiegen, aber hierzu habe wesentlich die Erleichterung der Rüstungs⸗ und Rottirungslasten (die Gestellung von Infanterie und Kavallerie Seitens der ländlichen Grundbesitzer) beigetragen.

Minister ging im Uebrigen auf sämmtliche Budgettitel

her ein und betonte entschieden, daß alle höheren Ausgaben 1 ur zum Wohle des Landes gereichen würden. Schließlich verwies auch die Zweite Kammer den Budgetvoranschlag ein⸗ stimmig an den Staatsausschuß. () Stockholm, 26. Januar. Die Königin ist von ihrem Unwohlsein soweit wieder hergestellt, daß sie in den nächsten Tagen ihre Zimmer wird verlassen können. Die General⸗Zollverwaltung hat ihren Bericht über die Ein⸗ und Ausfuhr gewisser hauptsächlicher Waaren im Jahre 1890 erstattet. Wir entnehmen dem Bericht nachfolgende Angaben: 8 Einfuhr. Baumwolle, gefärbt und ungefärbt 13 054 000 kg (gegen 12 249 000 kg im Jahre 1889), Düngerstoffe 81 918 000 kg (74 495 000 kg), Häute und Felle 3 760 000 kg (3 000 000 kg), Oele aller Art 35 781 000 kg (43 691 000 kg), Salz 868 000 hl (1 060 000 hl), Steinkoblen und Kokes 19 715 000 hl (19 421 000 hl), Talg 2 409 000 kg (1 896 000 kg), aback, unverarbeitet 3 142 000 kg (3 347 000 kg), Wolle 2 380 000 kg (2 588 000 kg), Wein in Fässern und Flaschen 28 000 1 (2 987 000 l), Gewebe, seidene 106 000 kg (104 000 kg), o, baumwollene 1 419 000 kg (1 364 000 kg), do., wollene 84 000 kg (2 631 000 kg), do., leinene und hanfene 556 000 kg 35 000 kg), Papier 1 974 000 kg (1 704 000 kg), Maschinen und eräthschaften Werth. 15 558 000 Kronen (12 431 000 Kronen), nt und Sprit 22 70 0 1 (19 0 1), französischer

Die Königin

Traubenbranntwein, direkt seewärts aus Frankreich eingeführt 840 000 1 (927 000 1), Heringe, gesalzen oder geräuchert 25 953 000 kg (28 569 000 kg, Speck 8 819 000 kg (5 060 000 kg), Fleisch 1 350 000 kg (1 739 000 kg), Kaffee 14 697 000 kg (16 548 000 kg), Käse 194 000 kg (252 000 kg), Butter, auch künst⸗ liche 2 416 000 kg (2 379 000 kg), Zucker, raffinirt 12 482 000 kg (10 754 000 kg), do., unraffinirt 30 794 000 kg (27 594 0(00 kg), Syrup 10 537 000 kg (11 246 000 kg), Weizen 57 542 t (54 560 t), Roggen 113 243 t (140 804 t), Weizenmehl 15 752 000 kg (20 276 000 kg)., Roggenmehl 12 113 (00 kg (16 643 000 kg), lebendes Vieh: Pferde 1270 Stück, Rinder 7300 Stück, Schafe 1120 Stück, Sckweine 3740 Stück. Ausfuhr: Eisenerz 187 532 t (118 573 t), Roh⸗ und Beallasteisen 59 931 t (79 375 t), Gußeisen 8060 t (8530 t), Schmelzstücke und Rohstangen 12 991 t (15 596 t), Stangen⸗ und Manu⸗ faktureisen 185 468 t (200 444 t), Stangeneisenabschlag 3978 t (5924 t), Drahteisen 4971 t (4166 t), Eisenblech 6983 t (5717 t), Nägel 2461 t (2167 t), Kupfer 280 000 kg (83 000 kg), Zinkblende 31,903 t (24 018 t), Papier 15 521 000 kg (11 540 000 kg), Holz⸗ stoff 64 229 t (52 035 t) Zündhölzer 13 013 000 kg (11 385 000 kg), Rundholz 164 000 chm (127 000 chm), Balken und Sparren 264 000 chm), (340 000 cbm), Planken und Battens, wenigstens 5 cm dick und 10 cm breit 2 637 000 cbm (2 669 000 chm), Bretter unter 5 cm dick 1 193 000 cbm (1 162 000 cbm), gehobelte oder gefalzte Bretter 259 000 chm (201 000 cbm), Hafer 68 562 t (114 363 t), Butter, auch künstliche 14 972 000 kg (14 734 kg), Speck 5 958 000 kg (7, 547 000 kg), Fische, frische 68 291 000 kg (55 783 000 kg), Heringe, bereitete 22 701 000 kg (20517 000 kg), Branntwein 31 845 000 1 (18 494 020 1), Pferde 3680 Stück (3330 Stück), Rinder 37 190 Stück (37 380 Stück), Schafe 33 390 Stück (43 630 Stück), Schweine 6250 Stück (2550 Stück), Theer 6 7486 000 kg (3 484 000 kg). 8 Amerika.

Vereinigte Staaten. Die Berathung der Debatte⸗ schluß⸗Vorlage wurde in der Dienstagssitzung des Senats verhindert, indem der Antrag Walcott’'s, der Bewilligungs⸗ Bill den Vorrang einzuräumen, mit 35 gegen 34 Stimmen angenommen wurde. In Washington nimmt man dem „R. B.“ zufolge jetzt allgemein an, daß die Bundeswahlen⸗ sowohl wie die Debatteschluß⸗Vorlage durch dieses Votum den Todesstoß bekommen haben.

Aus Pine Ridge vom 27. Januar wird gemeldet: General Miles ist nach Chicago abgereist. Es begleiten ihn vierzig Indianer, für welche später das Kriegs⸗Departe⸗ ment in Washington sorgen wird. Der General hat auch vier loyale und sechs rebellische Indianerhäuptlinge nach Washington gesandt. Die Entwaffnung der Indianer wird fortgesetzt.

Chil,e. Wie ein Telegramm des „R. B.“ aus Lima vom 28. d. M. meldet, haben nach den letzten aus Chile dort ein⸗ gegangenen Nachrichten die Aufständischen Pisagua, Coquimbo und Laserena besetzt. Am 22. d. M. hat bei Pisagua ein Zusammenstoß zwischen den Aufständischen und den Regierungstruppen stattgefunden, bei welchem die Aufständischen unterlagen. Nach einer weiteren Meldung aus Callao sind zwei englische Panzerschiffe nach dem Süden abgegangen.

Afrika.

Egypten. Aus Suakim wird der „Times“ unterm 27. d. M. gemeldet: In Folge fortgesetzter Raubeinfälle der Mahdisten, welche heute deren Verfolgung durch egyptische Kavallerie nöthig machten, wobei sich ein Gefecht ent⸗ spann, in welchem zwei Reiter fielen, ließ der General⸗ Gouverneur das benachbarte Handub besetzen. Die Mahdisten leisteten Widerstand, wurden aber mit empfind⸗ lichen Verlusten zersprengt. Der Verlust der Egypter ist un⸗

erheblich.

Parlamentarische Nachrichten.

In der heutigen (54.) Sitzung des Reichstages, welcher die Staatssekretäre Dr. von Boetticher und Dr. von Stephan beiwohnten, stand auf der Tagesordnung die zweite Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Feststellung des Reichshaushalts⸗Etats für das Etatsjahr 1891/92, welche bei dem ersten Ausgabe⸗ titel des Spezial⸗Etats der Reichs⸗Post⸗ und Tele⸗ grahenverwaltung fortgesetzt wurde.

Abg. Münch kam auf die gestern behandelte Petition

234 Zeitungen um Ermäßigung der Telegraphengebühren

Zeitungen zurück und bestritt die Behauptung des Staatssekretärs Dr. von Stephan, daß die Petition haupt⸗ sächlich von freisinnigen Zeitungen ausgehe. Unter den 234 seien nur 30 freisinnige, die „Freisinnige Zeitung“ befinde sich darunter nicht. Die Ermäßigung der Telegraphen⸗ gebühren für Zeitungen käme nicht nur den oberen Zehn⸗ tausend, sondern der Allgemeinheit zu Gute. Redner wünschte ferner die Zulässigkeit von Nachnahmesendungen für Druck⸗ sachen und eine bessere Organisation der Briefbestellung auf dem Lande, bei welcher das Briefgeheimniß jetzt nicht genügend gewahrt werde.

Direktor im Reichs⸗Postamt Fischer erläuterte die post⸗ technischen Gründe, aus welchen die Nachnahme bei Drucksachen nicht zugelassen werden könne. Für die Briefbestellung auf dem Lande seien in letzter Zeit 11 000 Posthülfsstellen ein⸗ gerichtet, was ein bedeutender Fortschritt gegen die früheren Verhältnisse sei.

Abg. Graf von Behr erklärte, gegen die Petition der Zeitungen um Herabsetzung der Telegraphengebühr sein zu müssen, da andere Institute weit mehr Grund für einen Vorzugspreis hätten, und regte dann an, die Bestellgebühr für Telegramme auf dem Lande nicht vom Empfänger, sondern vom Absender entrichten zu lassen, wenn möglich auch eine Herabsetzung dieser Bestellgebühr von 40 auf 20 eintreten zu lassen.

Staatssekretär Dr. von Stephan sagte eine wohl⸗ wollende, erneute Erwägung der Frage zu; übrigens ver⸗ mindere sich ihre Bedeutung mit der Ausdehnung der Tele⸗ graphen⸗Anstalten auf dem Lande.

Der Abg. Dr. Hartmann erklärte sich auch gegen die Petition der Zeitungen und dankte für das Versprechen, die Frage der Depeschenbestellungsgebühr in Erwägung ziehen zu wollen.

Bei Schluß des Blattes nahm Abg. Vollrath das Wort, um als einer der Redacteure der petitionirenden Zeitungen für die Petenten einzutreten.

In der heutigen (23.) Sitzung des Hauses der Ab⸗ geordneten, welcher der Minister des Innern Herrfurth und der Finanz⸗Minister Dr. Miquel beiwohnten, wurde ohne

Debatte; in dritter Berathung der Gesetzentwurf, betreffend die Emeritirungsordnun für die evangelisch⸗ vG“ u v 8

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lutherische Kirche der Provinz Schleswig⸗Holstein, angenommen.

Es folgte die erste Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Ausdehnung einiger Bestimmungen des Gesetzes vom 31. März 1882 wegen Abände⸗ rung des Pensionsgesetzes vom 27. März 1872 auf mittelbare Staatsbeamte.

Der Minister des Innern Herrfurth erklärte auf eine Anregung des Abg. von Schenckendorff, den Militär⸗ Anwärtern im Kommunaldienst die Militärdienstzeit bei der Pensionsberechnung anzurechnen, daß dies der bisherigen Praxis widerspreche und eine Aenderung nur im Wege der Reichsgesetz⸗ gebung, nicht der Landesgesetzgebung, möglich sei, und auf eine An⸗ regung des Abg. von Risselmann, diese Rücksicht auch den Kommunal⸗Forstbeamten zu Theil werden zu lassen, daß sobald eine Anrechnung der Militärdienstzeit bei Kommunal⸗ beamten eintrete, die Kommunal⸗Forstbeamten die Ersten sein würden, die diese Vergünstigung erfahren würden.

Nach einer kurzen Bemerkung des Abg. Schlabitz schloß die Diskussion. .

Der Gesetzentwurf wurde auch in zweiter Berathung er⸗ ledigt.

Darauf gelangte nach unerheblicher Diskussion, an welcher sich die Abgg. Brandenburg, Freiherr von Schalscha und Schlabitz und der Minister des Innern Herrfurth betheiligten, in erster und zweiter Berathung der Gesetz entwurf, betreffend die Erhöhung des Höchst betrages der Hundesteuer in den alteren Landes theilen der Monarchie, zur Annahme.

Es folgte die erste Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Abänderung und Ergänzung einiger Bestimmungen wegen der Wahl der Stadtver⸗ ordneten.

Abg. Tschocke lenkte die Aufmerksamkeit auf eine zu dem Gesetzentwurf eingegangene Petition von 35 Stadtver⸗ ordneten in Breslau.

Der Minister des Innern Herrfurth bestritt die Aus⸗ führbarkeit der Wünsche der Petenten; die Sache könne zudem nur bei einer Revision der Städteordnung und nicht bei dieser Gelegenheit erörtert werden.

Der Gesetzentwurf wurde auch in zweiter Berathung erledigt. ANKn der Debatte über den Gesetzentwurf, b die außerordentliche Armenlast, betheiligter Abgg. Krause, von Tzschoppe, von Rauchhaur der Minister des Innern Herrfurth. Der Ges wurde schließlich einer Kommission von 14 Mitgliede wiesen.

Hieran schloß sich die erste Berathung des Ges wurfs, betreffend die Vereinigung der Inse goland mit der preußischen Monarchie.

Abg. Peters (Pinneberg) gab der Freude Ausdruck, daß es gelungen sei, Helgoland, welches früher zu Deutschland gehört habe und diesem in trauriger Zeit entfremdet worden sei, für Deutschland wieder zu gewinnen, und sprach den Wunsch und die Hoffnung aus, daß die besonderen Verhältnisse und die Wohlfahrt Helgolands wohlwollende Berücksichtigung Ser der Regie⸗ rung finden würden, erklärte sich aber gegen die Einrichtung eines besonderen Amtsgerichts in Helgoland.

Abg. Dr. Arendt polemisirte gegen die gegenwärtige Kolonialpolitik.

Der Minister des Innern Herrfurth bezeichnete diese Ausführungen als nicht zur Sache gehörig und meinte, daß wohl der Abg. Peters mit dem Ausdruck der Freude über die Wiedergewinnung Helgolands die Gesinnung des ganzen Hauses ausgesprochen habe. Es sei der höchste Ruhm Sr. Majestät, im Frieden und zur neuen Stärkung des Friedens ein Mehrer des Reichs geworden zu sein.

Abg. Rickert verzichtete nach diesen Bemerkungen des Ministers auf das Wort. 1

Der Abg. Dr. Ritter befürwortete folgenden Antrag:

s Haus der Abgeordneten wolle beschliezen: 1

in Fassung des Entwurfs zu

und dafür

zirk Kiel verbunden skommissar Geheime Justiz⸗Rath von Wilmowski und die Abgg. Krah und Graf zu Limburg⸗ Stirum erklärten sich gegen diesen Vorschlag.

Der Antrag Ritter wurde abgelehnt und die Vorlage auch in zweiter Berathung unverändert angenommen.

Es folgte die erste Berathung des Gesetzentwurf betreffend die Heranziehung der Fabriken u. s. mit Vorausleistungen für den Wegebau in d Provinz Brandenburg.

Abg. Dr. Seelig wünschte ein ähnliches Gesetz für die

Provinz Schleswig⸗Holstein, worauf von Seiten des Regie⸗ rungskommissars Geheimen Ober-Regierungs⸗Raths Hübner erklart wurde, daß ein solches Gesetz bereits ausgearbeitet werde Abg. Sack beantragte Kommissionsberathung. Der Regierungskommissar Geheime Ober⸗Regierungs⸗ Rath Gamp bezeichnete die Aenderungen des Herrenhauses an dem Gesetzentwurf als für den Handels⸗Minister voraus⸗ sichtlich nich annehmbar. Nach kurzer weiterer Diskussion, an der die Abgg. Melbeck, Biesenbach, Mooren, v. d. Reck, sowie der Geheime Ober⸗Regierungs⸗Rath Gamp sich betheiligten, wurde der Entwurf an die Gemeindekommission verwiesen.

Der Bericht über die Verwendung des Erlöses für ifte Berliner Stadtbahnparzellen wurde ohne Debatte für erledigt erklärt.

Schluf Uhr. Nächste Sitzung Dienstag 11 Uhr. nung stehen die dritte Berathung kleinerer die Fortsetzung der zweiten Berathung des ts⸗Etats für das Jahr 1891/92. bg. Dr. Windthorst ist gestern Abend 11 Uhr von betroffen worden. Als er die Volksschulkommission verfehlte er auf der nach dem Souterrain führenden ine Stufe, verlor das Gleichgewicht und fiel die Treppe

In Folge dessen schlug er sich das Gesicht blutig und zte die Hälfe eines herbeigerufenen Arztes in Anspruch nehmen. wurde, nach angelegtem Verband, nach seiner Wohnung gebracht.

Die Kommission des Reichstages zur Berathung Krankenkassengesetzes setzte gestern Abend die Verhandlung bei §. 73 fort: Innungs⸗Krankenkassen. Der Paragrap wurde gegen die Stimmen der Freisinnigen angenommen. Bei §. 74 gelangte ein Antrag des Abg. Dr. Hirsch zur Annahme, den Abs. 2 wie folgt ju fassen: „Die statutenmäßigen Leistungen dieser Kassen in Krankheitsfällen müssen die für die Betriebs⸗ (Fabrik⸗) Kranken⸗ kassen vorgeschriebenen Mindestleistungen erreichen Ebenso wurde

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