1891 / 26 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 29 Jan 1891 18:00:01 GMT) scan diff

Ddie Wetterlage hat sich seit gestern wenig ver⸗

ein weiterer Antrag des Abg. Dr. Hirsch, Abs. §. 74 zu streichen, angenommen.

Die Volksschulkommission des Hauses der Ab⸗ geordneten lehnte gestern Abend die Forderung von 10 Millionen Mark für Schulzwecke aus den Ergebnissen der lex Huene ab.

Kunst und Wissenschaft.

Mit Allerhöchster Genehmigung ist in Aussicht genommen, neben dem Modell des von Professor Raschdorff ent⸗ worfenen Berliner Domes, welches zur Zeit in dem Lichthof des Kunstgewerbe⸗Museums zur öffentlichen Besichtigung ausgestellt ist (vgl. Nr. 19 des „R.⸗ u. St.⸗A.“ vom 21. Januar), die in demselben Maßstabe ausgeführten, schon früher auf Befehl Sr. Majestät des Hochseligen Kaisers Friedrich angefertigten, Modelle des Königlichen Schlosses und des Museums in den richtigen Abständen aufzustellen. Die beiden letzteren Modelle bedürfen zunächst noch einer gründlichen Reparatur; es kann daher die Auf⸗ stellung derselben erst am 2. Februar d. J. erfolgen.

Bekanntlich kommen die Kiß'schen Garde⸗du⸗Corps⸗ Gruppen von ihrem Standpunkte vor dem Charlottenburger Schlosse nach Potsdam. Die für den Ersatz derselben ausgeschrie⸗ bene Konkurrenz, an welcher die Bildhauer Schott, Wenck, Risch, Otto Geyer, Manzel und Nik. Geiger betheiligt waren, ist jetzt beendet; die Entscheidung ruht, nachdem das Votum der Kunstkommission abgegeben sein wird, demnächst ei Sr. Majestät dem Kaiser.

Submissionen im Auslande. ““ Niederlande.

3. Februar 1891. De Landbouwvereeniging „Zevenbergschen Hoek“ zu Zevenbergen (Provinz Nord⸗Brabant): Lieferung von 10598 Ballen Superphosphat und 43 Ballen Chilisalpeter (1 Ballen = 100 kg).

Auskunft an Ort und Stelle.

Theater und Musik 1

sKsönigliches Schauspielhaus. ““

In Ernst von Wildenbruch's Drama „Der neue Herr“ wird Hr. Matkowsky nicht, wie früher geplant, den Kurprinzen Friedrich Wilhelm, sondern den Rochow spielen, die Rolle, auf welcher vorzugs⸗ weise das Fortschreiten der reichen Handlung der Dichtung beruht. Den Kurprinzen giebt Hr. Arndt, den Grafen Schwarzenberg Hr. Grube, Prinzessin Hollandine, Claudine von Rochow und Liese Blechschmidt sind durch die Damen Poppe, Lindner und Kramm vertreten Die volksthümlichen, zum Theil im Dialekt gehaltenen Partien befinden sich in den Händen der Hrrn. Vollmer (Wollkopp), Oberländer (Schön⸗ brunn), Link (Birkentisch), Krause (Blechschmidt), der Fr. Seebach (Male) und des Frl. Conrad (die polnische Kathrine). Selbst die kleineren Aufgaben sind durch erste Kräfte besetzt; es wirken ferner in dem Stück mit die Hrrn. Nesper, Kahle, Keßler, Purschian, Müller, Sauer, Plaschke, Eichholz u. s. w.

Deutsches Theater.

Se. Majestät der Kaiser, Se. Kaiserliche Hoheit der Erz⸗

og Eugen von Oesterreich, sowie Ihre Königlichen Hoheiten der z erzog und der Erbgroßherzog von Oldenburg nebst vielen Herren vom Hofe und namentlich hohen österreichischen Gästen, welche sich in der Begleitung des Erzherzogs Eugen befanden, beehrten am Mittwoch die Vorstellung des Lustspiels „Die Kinder der Excellenz“ mit ihrem Besuch. In der Zwischenpause wurde in den Vorgemächern

der Kaiserloge der Thee eingenommen. Zum Schluß der Vorstellung

—— en —⸗--——— enin

Schauspielhaus. 28. Vorstellung. Was ihr wollt. 5 Bildern von Carl Treumann. Musik von Jacques Lustspiel in 4 Aufzügen von Sbakespeare, nach Off In Scene gesetzt vom Kapellmeister Federmann. Anfang 78n f Sonnabend: Zum zweiten Male:

Wetterbericht vom 29. Januar, Morgens 8 Uhr.

8

Temperatur

Stationen. Wetter.

in ° Celsius

0C. = 40

setzt von Castelli. 7 Uhr.

Bar. auf 0 Gr u. d. Meeressp. red. in Millim.

5

Regen bedeckt bedeckt Nebel Dunst 1 halb bed. 8 bedeckt 8

Mullaghmore Aberdeen. Chriftiansund Kopenhagen. Stockholm aranda. t. Petersb. Cork, Queens- vommmn Breit Ider LEE“ * winemünde Neufahrwasser

SGAG

G 8 2m

8

Excellenz.

A6- 9 860G

V

Wellen.

6 wolkig 6 Regen 4 Regen 4 Nebel 2 halb bed. 3 Dunstt) 1 Nebel²) 3 Nebel 2 halb bed. 2 wolkenlos 1 bedeckt still bedeckts) 2 wolkenlos 2 wolkig 2 Regen still bedeckt 2 bedeckt 4 wolkig 4 heiter 1 wolkenlos

88GGo” Scetsts

) 7

8C 8A06G Æ —9 boO hOen O 0o

cetsʒ

&G

statt.

&G

g. 9

S050 8s Poococeh†SSOamrte

w

Oe

Ile d'Aix. Niza.. Triest II1I

—292222ö2ͤ2—

=2 O.

g

9 G

¹) Nachts Regen. ²) Feiner Regen. ⁵) Reif. Uebersicht der Witterung.

Nordfuße der Alpen herrscht heiteres trockenes Frostwetter, München meldet minus 7, Friedrichs⸗ hafen minus 8 Grad. In Norddeutschland ist viel⸗ fach Regen gefallen. Nach der gegenwärtigen Wetter⸗ Adonis lage ist Fortdauer des Thauwetters wahrscheinlich. Anfan 74 Uhr

Deutsche Seewarte. ““

Theater⸗Anzeigen. Asnigliche Schauspiele. Freitag: Opern⸗

8. 26. Vorstellung. Tannhäuser und der Freitag:

Regisseur Te laff. Dirigent: Kapellmeister Sucher

Schlegel's Uebersetzung.

Ober⸗Regisseur Max Grube. Anfang 7 Uhr. Sonnabend: Opernhaus. 27. Vorstellung. Die Porzellan. Hierauf: Pariser Leben.

Hugenotten. Große Oper in 5 Akten von Meyxer⸗

beer. Text nach dem Französischen des Scribe, über-

Schauspielhaus. tellun th Weise. Dramatisches Gedicht in 5 Aufzügen von von Alerandre Bisson. Deutsch von Gustav von Renz. Schulpferd Negro, geritten von Frl. Vidal. Moser. In Scene gesetzt von Sigmund Lautenburg. Johanniter, geritten von Hrn. Gaberel. Auftreten zum 21. Male: Friquette.

; ie Ki 1 Akt von Benno Jacobson. In Scene gesetzt Frl. Natalie und des phänomenalen Reitkünstle 51b 8 . Jacobson. und Frl. Natalie und des phänomenalen Reitkünstlers Beutsches Theater. Freitag: Die Kinder der von Sigmund Lautenburg. Anfang 7 ½ Uhr.

Sonnabend: Dieselbe Vorstellung.

G. E. Lessing. Anfang 7 Uhr.

wolkenlos 19 Sonnabend: Des Meeres und der Liebe

Sonntag: Ehrbare Mädchen.

Berliner Theater. Freitag: 21. Vorstellung. Minna von Baruhelm.

Sonnabend: Wehe den Befsiegten.

Sonntag, Nachm. 2 ½ Uhr: Goldfische. Abends 7 ½ Uhr: Minna von Barnhelm. Die 50. Aufführung von Kean findet am Montag

Tessing-Theater. Freitag: Der Traum, ein Leben. Dramatisches Märchen in 4 Aufzügen von Ferron. Anfang 7 ½ Uhr. Sonnabend: Dieselbe Vorstellung.

Sonnabend: Neu einstudirt: Die Rosa⸗Dominos. Vorher: Neu einstudirt: Ritterdienste.

Sonntag: Die Rosa⸗Dominos. Ritterdienste. “; 8.

*

2Jꝙ 827

Franz Grillparzer.

Bictoria-Theater. Freitag: Zam 61 Male: Die sieben Raben. Romantisches Zaubermärchen in 5 Akten von Emil Pohl. Musik von G. Lehn⸗ hardt. Balletcompositionen des 3. Aktes von C. auf Reisen. aͤndert. In Cintraleuropa dauert die schwache vor⸗ A. Raida. Ballets unter Leitung des Balletmeisters wiegend südwestliche Luftströmung fort. In Deutsch⸗ C. Severini. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur land ist das Wetter trübe und mild, nur am W. Hock. Anfang 7 ½ Uhr.

Wallner-Theater. Lustspiel in 4 Akten von A. Slottko.

Sonnabend: Adonis. 3 Sonntag: Zum 64. Male: Die Sternschnuppe.

Friedrich-Wilhelmsflädtisches n Mit neuer Ausstattung: Zum ersten Cängerkrieg auf der Wartburg. Romantische Male: Meißner Porzellan. Pant. Ballet in Oper in 3 Akten von Richard Wagner. Ballet 1 Akt nebst einem Vorspiel von Golinelli. Musik Am Landes⸗Ausstellungs⸗Park (Lehrter Bahnhof) Graeb. In Scene gesetzt vom Ober⸗ von Hel mesberger jun Ballet⸗Arrangement von der Geöffnet von 12—11 Uhr. Täglich Vorstellung im Balletm eisterin Frl. Lilé und Hrn. L. Gundlach. wissenschaftlichen Theater. Nah

Hierauf: Pariser Leben. Komische Operette in! zettel.

prach Se. Majestät dem Direktor L Arronge Allerhöchstseine Befrie⸗ digung aus und beauftragte ihn, auch den Mitgliedern davon Kennt⸗

niß zu geben. Wallner⸗Theater.

Frl. Josefine Glöckner, die jugendlich anmuthige Soubrette des Residenz⸗Theaters in Dresden, welche vom Herbst d. J. ab wieder in den Verband des Wallner⸗Theaters eintritt, hat von ihrer jetzigen Direktion einen Urlaub erhalten, um in der nächsten Novität des Wallner⸗Theaters „Miß Helyett“ die Titelrolle zu spielen. Für die noch immer erkrankte Anna Schramm hat Hr. Kommissions⸗Rath Hasemann ein vormals sehr beliebtes Mitglied des Wallner⸗Theater⸗ Ensembles, Frl. Clara Wenk, wieder verpflichtet und ihr eine der wichtigsten Hauptpartien in „Miß Helyett“ zugetheilt.

Friedrich⸗Wilhelmstädtisches Theater

„Meißner Porzellan“, die am Freitag zur ersten Aufführung ge⸗ langende Ballet⸗Pantomime, ist ihrem Inhalt nach die phantastisch anmuthige Ausführung einer sehr originellen Idee, die mit der welt⸗ berühmten Erfindung des sächsischen Adepten Böttger im Zusammen⸗ hange steht. In dem neu einstudirten „Pariser Leben“, dessen Humor zum letzten Mal im Sommer 1888 entzückte, treten die Damen Offeney, Stubel, Lejo, Schmidt, Wagner und die Hrrn. Link, Steinberger, Pagin, Binder, Schulz auf. Die Operette mit ihren pikanten Melodien bildet dies Mal das Nachspiel der Ballet⸗Novität.

Thomas⸗Theater.

Die erste Aufführung des „Registrator auf Reisen“, der mit neuen Couplets ausgestattet worden ist, wird nach sorgfältigster Vorbereitung nunmehr am Dienstag stattfinden. Wie schon erwähnt, spielt Direktor Emil, Thomas den Cäsar Wichtig. Die Posse „Drei Paar Schube“, die einen so außerordentlichen Erfolg erzielt hat, wird nur bis zum Monstag gegeben, sodaß am 1. n. M. die letzte Sonntags⸗ Aufführung stattfindet. Zu dieser können die Billets bereits von heute an gelöst werden.

Sing⸗Akademie.

Der russische Pianist Hr. Dr. Ernst Jedliczka, zur Zeit Lehrer am Klindworth'schen Konservatorium, gab gestern einen Klavier⸗ abend, an welchem er durch den Violin⸗Virtuosen Hrn. E. Sauret unterstützt wurde. Seine bereits mehrfach anerkannte, sehr vielseitig ausgebildete technische Fertigkeit, sowie seine eingehende und sehr lebendige Ausdrucksweise bewährten sich wiederum vollkommen. Nach einer sehr brillanten und zugleich durchweg stilvoll komponirten So⸗ nate mit Violine (A-moll) von Rubinstein, die von beiden Künstlern vorzüglich vorgetragen wurde, folgten Variationen für Klavier von Fr. Kiel. Dies in klassischem Stil gehaltene, sehr schwierige Werk, sowie einige moderne Stücke von Moszkowski, R. Strauß, Tschai⸗ kowsky, Ljadow, Chopin und Liszt trug der Concertgeber mit solcher Beherrschung aller technischer Schwierigkeiten und mit so feiner Schattirungsweise vor, daß allgemeiner Beifall und Hervorruf des zahlreich erschienenen Publikums erfolgte. Gleicher Theilnahme er⸗ freute sich Hr. Sauret durch den Vortrag einer eigenen Komposition: „Souvenir de Moscou“, eines brillanten Tonstücks, das ihm jedoch vielleicht selten ein anderer Geiger nachspielen dürfte. Der rauschende Applaus ermunterte den Künstler noch zu einer kleinen Zugabe.

Concerthaus.

Morgen wird der Violin⸗Virtuose Hr. Schäfer die Faust⸗ Fantasie von Sarasate und Hr. Richter das Lied „Warum“ für Cornet à Piston von Drexel vortragen. Das Orchester wird als Novität eine Türkische Serenade von Kahansé sowie Werke von Wagner, Liszt, Yradier, Rossini, Waldteufel, Lehnharot u. s. w. zur Aufführung bringen.

Römischer Hof.

Der Pianist Hr. Hermann Schulze, der seit seinem ersten Auftreten hierselbst sein Spiel durch eifrige Studien bei Hrn. Prof. Ehrlich wesentlich gefördert hat, gab gestern ein Concert, das zahl⸗ reich besucht war. Der seines Augenlichtes beraubte Künstler spielte mit fast nie versagender Sicherheit und Sauberkeit. Seine bedeutende technische Fertigkeit, die bestimmte Ausprägung des Rhythmischen und die eingehende Auffassung der Werke ließen nichts zu wünschen übrig. Diese Vorzüge kamen in der Es-dur-Sonate von Beethoven, sowie in mebhreren neueren Kompositionen von Grieg, Schumann und

Regie: Hr. Binder.

Tanz von Emil Graeb. Anfang

FThec Direktion: Sig Lauten⸗ tj Residenz Theater. Direktion: Sigmund Lauten⸗ Doppelsaltomortales. burg. Freitag: Zum 21. Male: Der selige Ton⸗ Damenkapelle. Prinz Karneval mit 12 Freiheits⸗

Chopin vortrefflich zur Geltung. Reicher und wohlverdienter Beifall folgte nach dem Vortrage eines jeden Stückes. Die Concertsängerin Frl. Hedwig Pauli (Sopran), durch ihre künst⸗ lerischen Leistungen bereits vortheilhaft bekannt, unterstützte das Concert durch die sehr gelungene Ausführung einer Arie aus „Figaro’'s Hochzeit“ von Mozart und einiger Lieder von Hermann Schulze, Kleffel, von Koß und Rheinthaler, denen sie, durch den sehr lebhaften Beifall animirt, noch ein kleines Volkslied von Kleffel hinzufügte. Auch der junge Violinist Hr. Nieselt erfreute die Hörer durch den Vortrag eines Andantes von H. Schulze, der hierin, wie in dem er⸗ wähnten Liede ein schätzenswerthes Kompositionstalent erkennen ließ. Hrn. Nieselt wurde für sein munteres und ausdrucksvolles Spiel, das sich noch in einigen Piecen von Wieniawski und Vieuxtemps glänzend bewährte, reicher Beifall zu Theil. Saal der „Gesellschaft der Freunde.“

Der fast gänzlich erblindete Pianist Hr. Moritz Adler aus Frankfurt a. M. gab gestern ein Concert, das leider nicht sehr zahl⸗ reich besucht war. Die zum Vortrag gebrachten Musikstücke Utten technisch zum Theil unter dem körperlichen Leiden des Concertgebers, doch gelangen trotzdem einzelne Nummern, wie Chopin's Marche fundbre und Wagner⸗Liszt's Elsa's Traum recht gut. Unter⸗ stüßt wurde das Concert durch den Violinvirtuosen Hrn. Sallo Bau, welcher für das plötzlich erkrankte Frl. Gabrielle Roy ein⸗ getreten war. Unter lebhaftem Beifall spielte Hr. Bau Stücke von Zelénski Wieniawski, Raff und Sarasate, von denen insbesondere das des Letzteren, ein Spanischer Tanz, sehr ansprach und lebhaft applaudirt wurde. Dieselbe freundliche Aufnahme wurde der Soplanistin Frl. Helene Frank zu Theil, die mit zwar kleiner, aber recht wohl⸗ klingender Stimme und deutlicher Au⸗sprache mehrere Lieder von Spohr, F. Mendelssohn, Taubert und Max Friedländer vortrug. Das Publikum bewies sämmtlichen Vortragen en, welche noch kleinere Stücke zugaben, eine bis zum Schluß des Concerts sich stets steigernde beifällige Theilnahme.

Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.

Danzig, 29. Januar. (W. T. B.) Bei der heutigen Präsentationswahl eines Vertreters der Stadt Danzig im Herrenhause wurde vom Magistrat einstimmig der Ober⸗Bürgermeister Dr. Baumbach gewählt.

St. Petersburg, 29. Januar. (W. T. B.) Nach einer Veröffentlichung im „Russischen Invaliden“ werden die Kavallerie⸗Reserve⸗Cadres Nr. 13 und 14, deren in Tambow stehen, um je eine (vierte) Abtheilung ver⸗ mehrt.

Brüssel, 29. Januar. (W. T. B.) Der Leichen⸗ zug des Prinzen Balduin setzte sich heute Vormittag 10 ½ Uhr unter dem Donner der Kanonen und dem Geläut der Glocken von dem Palais des Grafen von Flandern aus in Bewegung. Alle Straßen, welche der Leichenzug passirte, waren bereits seit dem frühen Morgen von einer zahlreichen Menschenmenge dicht besetzt. Sämmtliche Häuser

tragen Trauerzeichen und die brennenden Gaslaternen sind mit Flor verhängt. 8.

Konstantinopel, 29. Januar. (W. T. B.) Wie die „Agence de Constantinople“ meldet, hat der Sultan weitere elf Armenier begnadigt. Die Pforte erhielt mehrere Telegramme, in denen festgestellt wird, daß die auswärts ver⸗ breiteten Nachrichten von Ruhestörungen in Yemen voll⸗ ständig unbegründet seien.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)

sit Circus Renz. (Carlstraße.) Freitag, Abends G br. 7 Uhr: Komiker⸗Vorstellung. Auftreten der Clowns Meißner . Godlewskv, Francois, 3 Gebr. Briatore, Paul I und William, Gebr. Dianta, Warne, Gebr. Walton, Herrmann und Misco ꝛc. in ihren höchst komischen Entrées und Intermezzos. Außerdem: die großartigen Tremplinsprünge über 4, 6, 8 und 10 Pferde mit Auftreten einer Wiener

29 Vorstellung. Nathan der pinel (Feu Toupinel). Schwank in 3 Akten pferden, dressirt und vorgeführt von Hrn. Franz

Zelle Alliance-Theater.

bonnements⸗ Zum 14. Male:

Anfang 7 ½ Uhr.

Adolph Ernfl-Theater.

1 16 in 4 Akten von

Vorher: —Thomas-Theater. Alte

ain 222—

gesetzt vom Director Thomas.

Freitag: Ensembl e⸗ Gastspiel von Mitgliedern des Wallner⸗Theaters. für Herrn Franz Renz. Die Nachbarinnen. Posse in 3 Akten nach dem Französischen von Hans Ritter.

Sonnabend u. folg. Tage: Die Nachbarinnen.

146. Male: Unsere Don Inans. Leon Treptow. Couplets von Gustav Görß. Musik von Franz Roth und Adolph

Jakobstraße 30. Freitag: Auftreten von Betty Damhofer. Zum . 1 14. Male: Drei Paar Schuhe. Posse mit Gesang Gestorben: Hr. Ger.⸗Assessor a. D Theodor von siin 3 Abtheilungen und einem Vorspiel von Carl Görlitz. Musik von Carl Millöcker.

Sonnabend: Dieselbe Vorstellung. 8 Dienstag: Zum ersten Male: Der Registrator

Schwank in der Mitglieder Miß Zelia Zampa, Miß Lillie Meers

Mr. J. F. Clarke. Ferner: Die lustigen Heidel⸗ berger oder: Ein Studenten⸗Ausflug mit Hinder⸗ nissen. Große Original⸗Pantomime ꝛc. arrang. und in Scene gesetzt vom Direktor E. Renz. Sonnabend: Grande soirée equestre zum Benefiz

Sonntag: 2 Vorstellungen. 11“] Mittwoch: Letzte Vorstellung in dieser Saisen.

Familien⸗Nachrichten.

Freitag: Zum Verlobt: Frl. Anna Wegener mit Hrn. Hülfs⸗

prediger Gustav Parade (Berlin). Frl. Wally Nehrkorn mit Hrn. Karl Anger (Frohse, Elbe

Magdeburg). Geboren: Ein Sohn: Hrn. Stadtbaurath Wiebe 8 (Essen, Ruhr) Hrn. Dr Götz Martius (Bonn). Hin. Karl Landré (Berlin). Hrn. Paul Beschütz (Berlin). Hrn. Major Frhrn. Heinrich von Gablenz (Berlin) Eine Tochter: Hrn. H. Stöckhardt (Berlin).

Gesangsposse

Clavé Bonhagen (auf Burg Gastendonk). Hr. In Scene Rittergutsbesitzer Gustav Gumpel (auf Tralau). Hr. Kommerzien⸗Rath Albert Fesca (Berlin). Hr. Kal. Gouvernements⸗Auditeur a. D. Justizrath Karl Baurmeister (Berlin). Hr. Louis Schomburg (Nordhausen). Frau verw. Ober⸗Stabsarzt Dr. Minna Bothe, geb. Hah

Concert-Haus. Freitag: Freitag: Zum 6. Male: Concert. Gesellschafts⸗Abend.

Sing-Akademie.

Anna Stephan.

Theater.

Concert⸗Anzeigen. Karl Meryder⸗

Freitag, Abends 7 ½ Uhr: Concert der Violinvirtuosin Rose Lynton mit dem Philharmonischen Orchester (Dir. 8 sowie unter gütiger Mitwirkung der Altistin Frl.

(Hannover). Frau von Haugwitz (Schubin) Hr. Rich. Wegener (Berlin). Hr. Gymnasial⸗ lehrer Heinr arnefeld (Geestemünde). Hr. Lehrer emer Karl Mohr (Berlin). Hr. Haupt⸗ mann d L. Ernst Hoster (Burgwaldniel). Frl. Johanna Büttner (Lehe) Frau Emilie Arnoldt, geb. Maack (Kassuben). Frau Marie Maeder, geb. Raabe (Berlin).

G. F. Koael) 1 Redacteur: Dr. H. Klee, Direktor. Berlin: sctföecs g 688

eres die Anschlag⸗

Verlag der Expedition (Scholz).

Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32. Fünf Beilagen 3 Beilage).

11114““

ce

Reichs⸗Anzeiger und Königlich Pre⸗

Berlin, Donnerstag, den 29. Jannar

—2

½

1

Staats⸗Anzeiger. 1891.

Die Thätigkeit der preußischen Staatsarchive 2 im Jahre 1890.

Im Laufe des Jahres 1890 haben in den preußischen Staatsarchiven 574 amtliche und 1553 außeramtliche Be⸗ nutzungen stattgefunden. Letztere setzten sich zusammen aus

beamten auf schristlicem Wege durch Uebersendung

von Bescheiden und Berichten ihre Erledigung gefunden haben.

Im Ganzen benutzten die Archive 1335 Privatpersonen. Die

Gesammtzahl der Arbeitstage aller persönlichen Benutzer betrug 7452. Die entsprechenden Zahlen des Jahres 1889 waren 621 amtliche, 1664 außeramtliche, 632 persönliche Benutzungen und 1032 schriftliche Berichte und Bescheide, 1402 Privat⸗ personen, 8007 Arbeitstage.

Die auf Veranlassung und mit Unterstützung der Archiv⸗ verwaltung im Verlage von S. Hirzel in Leipzig erscheinenden „Publikationen aus den Preußischen Staatsarchiven“ sind im Berichtsjahre um 4 Bände weiter geführt worden. Es haben nämlich die Presse verlassen:

Band 42. Hansen: „Westfalen und Rheinland im 15. Jahrhundert.“ II. Band „Die Münstersche Stiftsfehde.“

Band 43, 44, 45 Tschackert: „Urkundenbuch zur Refor⸗ mationsgeschichte des Herzogthums Preußen“. I. Band (Ein⸗ leitung). II. Band (Urkunden 1. Theil 1523—1541). III. Band (Urkunden 2. Theil 1542—1549).

Auch ist von dem durch Heinrich von Sybel und Theodor Ritter von Sickel herausgegebenen Werke „Kaiserurkunden in Abbildungen“ die 10. Lieferung, welche 43 Urkunden enthält, ausgegeben worden.

Ferner haben öffentlicht:

Bailleu: Artikel „Stein“ in Herbst’s Encyklopädie der neueren Geschichte.

Doebner: „Urkundenbuch der Stadt Hildesheim.“ Theil 4. 1428 1450. Hildesheim, Gerstenberg'sche Buchhandlung. „Der Stadthaushalt von Hildesheim vor 500 Jahren“ im Unterhaltungsblatt der „Hildesheimer Zeitung“.

Freiherr von Egloffstein: „Fürstabt Balthasar von Derm⸗ bach und die katholische Restauration im Hochstifte Fulda 1570 1606.“ München.

Forst: „Das Kloster Malgarten vom 15. Jahrhundert bis zu seiner Aufhebung“ in den Mittheilungen des historischen Vereins zu Osnabrück. Band 15.

Friedlaender: „Rheinische Urkunden“ in den Annalen des historischen Vereins für den Niederrhein. Band 50.

Grünhagen: „Schlesien unter Friedrich dem Großen.“ Band 1. 1740 1756. Breslau bei W. Köbner.

„Die Oesterreicher in Schlesien 1757“, „Briefe Friedrich's des Großen an den Fürsten von Anhalt“, „Schlesische Kabinets⸗ ordres Friedrich's des Großen in Privatbesitz“ in der Zeit⸗ schrift des Vereins für Geschichte und Alterthum Schlesiens. Band 24.

Harleß: „Beiträge zur Kenntniß der Vergangenheit des Bergischen Landes in Skizze zur Geschichte von Amt und Freiheit Hückeswagen“. Düsseldorf.

Hoogeweg: „Die Kreuzpredigten im Jahre 1224 in

Deutschland“ in der deutschen Zeitschrift für Geschichtswissen⸗ schaft, Band 4. „Eine westfalische Pilgerfahrt nach dem heiligen Lande vom Jahre 1519“, Schluß, mitgetheilt in der Zeitschrift für vaterländische Geschichte und Alterihumskunde Band 48. „Eine neue Schrift des Kölner Donsscholasters Oliver“ im Neuen Archiv für ältere deutsche Geschichtskunde Band 16.

Mitarbeit an den Jastrow'schen Jahresberichten der Ge⸗ schichtswissenschaft. Kapitel „Westfalen“ Jahrgang 1889.

Janicke: „Dahlmann's Antheil am hannoverschen Staats⸗ grundgesetze von 1833“ I. in der Zeitschrift des historischen Vereins für Niedersachsen.

Ilgen: Lieferung 87 der Geschichtschreiber der deutschen Vorzeit und zwar „Die Geschichte Kaiser Friedrich's III. von Aeneas Silvius“. 2. Hälfte.

8 Joachim: „Des Hochmeisters Albrecht von Preußen erster Versuch einer Annäherung an Lather“ in Brieger's Zeitschrift für Kirchengeschichte. 12.

Krusch: „Das Leben des Bischofs Gangerich von Cam⸗ brai“ im Neuen Archiv für ältere deutsche Geschichtskunde. Band 16.

Meyer: „Die Familienchronik des Ritters Michel von Ehenheim.“ Würzburg bei A. Stuber.

„Adel und Ritterschaft im Deutschen Mittelalter“ in der von Virchow und Wattenbach herausgegbenen Sammlung

wissenschaftlicher Vorträge.

„Die ältesten ländlichen Ansiedelungen in Deutschland als Grundlage des heutigen Bauernstandes“ in der Vierteljahrs⸗ schrift für Volkswirthschaft und Politik.

von Mülverstedt: „Altmärker im Domkapitel zu Magde⸗ burg“ im 23. Jahresbericht des Altmärker Geschichtsvereins.

„Etwas über Carl Constantin von Schnitter, kurländischen

Obersten“ im Neuen Lausitzischen Magazin 66, und der „Oberlausitzische Adel im großen Preußischen Bundeskriege 1454 1466 und unter den Rittern des Deutschen Ordens in Preußen.“ Ebenda. „Das wahre Stammwappen der Grafen York von Wartenburg“ im Deutschen Herold 1890. Nr. 7.

Philippi: „Die ältesten Osnabrückischen Gildeurkunden bis 1500, mit einem Anhang über das Rathssilber zu Osna⸗

brück“. Osnabrück 1890. „Zur Einführung in die Osna⸗ brückische Geschichte“ Ebenda. „Die älteste Osnabrücker Bischofsreise“ und „Zur Geschichte der Osnabrücker Gold⸗ schmiedegilde“ im 15. Bande der Mittheilungen des historischen Vereins zu Osnabrück.

Saäauer: „Nassau unter dem Minister von Marschall.“ Theil I.: „K. F. vom Stein und die Entstehung der nassaui⸗ schen Verfassung“ in den Annalen des Vereins für nassauische Geschichte und Alterthumskunde. Band 22.

Schiemann: „Louise Charlotte Radziwil, Markgräfin von

Archivbeamte folgende Arbeiten ver⸗

Brandenburg“ in den Forschungen zur brandenburgischen und

preußischen Geschichte. Band 3. 8 Schwartz: „Die Provinz Posen als Schauplatz des sieben

561 Benutzungen, welche durch die Benutzer persönlich an Ort und Stelle erfolgt sind, und 992, welche durch die Archiv⸗

jährigen Krieges“ in der Zeitschrift der historischen Gesellschaft für die Provinz Posen. Jahrgang 5 und im Sonderabdruck. Posen. Jolowicz 1890.

Veltman: „Handschriftliche Aufzeichnungen über einige alte, jetzt verschwundene Uhrwerke der Stadt Osnabrück, ins⸗ besondere über die vormalige astronomische Uhr im Dome daselbst“ in den Mittheilungen des historischen Vereins zu Osnabrück. Band 15. 8

Wachter: Lieferung 89. Der Geschichtschreiber der deutschen Vorzeit, und zwar „Die Chronik des Albert von Stade“.

Warschauer: „Die Ueberschwemmungen in der Stadt Posen in den früheren Jahrhunderten“ in der Zeitschrift der historischen Gesellschaft für die Provinz Posen. Jahrgang 5. „Die älteste großpolnische Innungsurkunde“. Ebenda. „Die Entstehung einer jüdischen Gemeinde (Schwersenz bei Posen)“ in der Zeitschrift für Geschichte der Juden in Deutschland. 4.

Winter: „Die Strategie Friedrich's des Großen im Feld⸗ zuge von 1757“ in Maurenbrecher's historischem Taschenbuche. Sechste Folge. 10. Jahrgang.

Der Artikel „Deutsche Geschichte von 1517—1618“ in den Jastrow'schen Jahresberichten der Geschichtswissenschaft.

Wutke: „Nationale Kämpfe im Kloster Trebnitz“. Theil 2 in der Zeitschrift für Geschichte und Alterthum Schlesiens Band 25. „Zur Geschichte von Würben bei Schweidnitz.“ Ebenda.

Endlich wirkten Archivbeamte Theils durch kleinere Bei⸗ träge und Rezensionen, Theils durch redaktionelle Thätigkeit an verschiedenen historischen Zeitschriften und an der Allgemeinen deutschen Biographie mit.

Deutscher Reichstag. 1 v 53. Sitzung vom 28. Januar, 1 Uhr. Am Bundesrathstische: Die Staatssekretäre Dr. von Stephan und Freiherr von Maltzahn. Die zweite Berathung des Reichshaushalts⸗Etats, und zwar diejenige des Reichs⸗Invalidenfonds wird fortgesetzt. Zu letzterem liegt der Antrag Richter vor: ‚die verbündeten Regierungen zu ersuchen, in Erwaäͤgung zu ziehen, inwieweit aus den Mitteln des Reichs⸗Invalidenfonds für die Militärpersonen der Unterklassen, welche durch den Krieg invalide geworden sind, eine Erhöhung an Pensionszulagen oder eine Er⸗ höhung der Entschädigung für Einbuße an der Erwerbsfähigkeit angezeigt erscheint. 8 Die Abgg. Graf Douglas, von Manteuffel und Menzer beantragen den Zusatz: ‚sowie die verbündeten Regierungen zu ersuchen, dem Reichstage baldmögli einen Gesitzentwurf vorzulegen, durch welchen die Härten und Unzuträglichkeiten beseitigt werden, die sich bei An⸗ ven Militär⸗Penstonsgesetzes, insbesondere in Bezug auf Staats⸗ und Gemeindedienst angestellten Beamten fühlbar

Abg. Ri Durch das Gesetz von 1886 sei nachträglich

die Pension derjenigen Offiziere erhöht worden, welche an dem Kriege 1870/71 theilgenommen hätten, insofern mit jedem Dienstjahre

ie Pension um 60 und nicht wie früher um ⅛0 des Gehalts erhöht habe. Etwas Aehnliches erstrebe sein Antrag herbeizuführen für die Kriegsinvaliden und andere Klassen. Er verstehe unter Invaliden nicht bloß Diejenigen, welche militärisch invalide seien, sondern be⸗ sonders auch Diejenigen, welche durch den Krieg eine wesentliche Ein⸗ buße an ihrer bürgerlichen Erwerbsfähigkeit erlitten hätten. Er meine, es stände dem Reiche wohl an, der Verdienste dieser großen Klassen und der Erfolge dieses Krie es zu gedenken und eine gewisse Erhöhung ihrer Bezüge unter Berucksichti der seit 1871 veräͤn⸗ derten Preisverhältnisse herbeizuführen. C. e nicht eine Erhöhung des Gnadenfonds, sondern es sollten auch Diejenigen eine Erhöhung ihrer Bezüge erfahren, welche sich dieselbe nicht auf dem üblichen In⸗ erschreiben wollten. Se'in Antrag bezwecke auch nicht,

asse zu belasten, sondern die Aufbesserungen sollten aus den

des Reichs⸗Invalidenfonds gedeckt werden, wie auch die

en für die Offiziere aus solchen Mitteln gedeckt

worden seien. Der Fonds besitze 97 Millionen Mark mehr als zur Erfüllung seiner Verbindlichkeiten erforderlich sei, könne also das Ge⸗ wünschte wohl leisten. Der Antrag Douglas habe mit seinem Antrage nur gemein, daß er auch anknüpfe an das Militär⸗Pensionsgesetz, be⸗ treffe aber inhaltlich etwas ganz Anderes, nicht bloß die vunteren Klassen, sondern auch die oberen, nicht bloß die Kriegsinva iden, son⸗ dern überhaupt alle Pensionäre. Er treffe vorzugsweise die Berufs⸗ soldaten, für die das Civilversorgungssystem in Frage komme. Die Verknüpfung einer so sckwierigen, nicht zu übersehenden Materie mit dem einfachen Jahalt und Zweck seines Antrags erscheine ihm nicht förderlich für seinen Antrag, sie könne seine Erfullung nur erschweren, jedenfalls hinausschiebes. Er möchte daher wunschen, daß der Antrag Donglas selbständig behandelt und erledigt, beide aber in der Budgetkommission geprüft würden. Ihm selbst seien die betreffenden Ziffern nicht so zugänglich, wie der Militärverwaltung. Abzg. Menzer: Seine Partei habe mit ihrem Antrage ebenfalls bei dem Reichs⸗Invalidenfonds eingesetzt, um eine Hinausschiebeng der Diskassion zu vermeiden. Seine Partei acceptire den Antrag Richter vollinhaltlich, daneben beabsichtige der ihrige die Ungleichheiten, Härten und Ungerechtigkeiten in Folge des Militär⸗Pensionsgesetzes zu beseitigen. Die Be⸗ schwerden gingen zunächst aus von im Staats⸗ und Reichedienst diätarisch angestellten Beamten. Pensionirte Offiziere im Statittischen Amt, in Katasterämtern oder im Eisenbahndienst mußten sich, so⸗ bald sie mehr als 1200 einnehmen, gefallen lassen, daß ihnen die Pension ganz oder tbeilweise entzogen werde. Welche Härte liege darin! Wenn die Leute bei Anhäufung von Geschäften und im Interesse ihrer Familien, ihrer besseren Lebensführung Ueberarbeit machten, so würden sie allerdings bezahlt, aber das Plus von Arbeits⸗ verdienst komme nicht ihnen und ihren Familien, sondern dem Fiskus zu Gute. Das sei eine Prämie für das Nichtarbeiten. Ebenso ungerecht sei es, wenn Militär⸗Anwärter im Gemeindedienst, die nicht einen fixirten Verdienst hätten, sondern deren Einkommen sich aus Diäten und Nebeneinkünften zusammensetze, in dem Momente, wo ihr Einkommen eine bestimmte Grenze erreicht habe, die Pension verlören Die Leute hälten on sich von vorn herein mit einer gewissen Antipathie bezüglich ihrer Anstellung zu kämpfen. Ihre Konkurrenz werde ge⸗ wissermaßen als eine ungerechtfertigte betrachtet, und wenn sie nun ein höheres Gehalt erreicht hätten, so werde ihnen das entzogen, wofür sie dem Vaterlande gedient und worauf sie ein unauslöschliches Recht hätten. Er glaube, das Deutsche Reich habe eine andere Aufgabe, als seine um die Einigung und Größe des Vaterlandes verdienten Leute in dieser Weise zu behindern. Die Gesetze, die dem An⸗ trage seiner Partei zu Grunde lägen, seien ganz gewiß nicht dazu an⸗

880

t

gethan, mit ihrem Gei in das de hinübergenommen zu erden, und verdie karrarischem Marmor verewigt zu werden. Sie seien von Stuck und er wundre sich, daß sie dem Reichstage nicht schon längst auf den Kopf gefallen seien. Ferner fühlten sich beschwert diejenigen Invaliden aus den Kriegen vorn die nicht der Wohlthaten der Novelle von 1874 theilhaftig geworden seien. Es liege i e

ttsche Reichstagsgebäude ten absolut nicht, in

2

n 11

Brief von einem Major a. D. vor, der sage: „Bei aus dem französischen Kriege wird nur Kriegsjahr gerechnet, welche eine gewisse Ze n lichen Gebiet geweilt haben. Dadurch verlieren Manche, die in den ersten Schlachten schmer verwundet worden sind, ein Jahr Pension; as heißt eine Prämie für die Vor⸗ sicht aussetzen. Es dürften doch nicht Diejenigen, die 1866 und 1870 ihr Leben und ihre Gesundheit eingesetzt hätten, hintangesetzt werden Denjenigen, die nach der Novelle von 1874 als Militär⸗ Anwärter angestellt worden seien. Darin liege eine grose Ungleichheit und nicht sobald zu verschmerzende Ungerechtigkeit. Die Annahme des Antrages würde eine große Zahl von Familien beruhigen, und er bitte den Staatsfekretär des Reichs Schatzamts recht dringend, nicht hartherzig zu sein, sondern mit offener Hand und milden Herzens auf die damit ausgesprochenen Wünsche und Forderungen einzugehen. Beifall rechts.)

Staatssekretär Freiherr von Maltzahn:

Ich muß es mir versagen, auf den Inhalt der von dem Hrn. Abg. Richter und von dem Abg. Grafen Douglas und Genossen ge⸗ stellten Anträge heute materiell einzugehen, und zwar aus dem Grunde, weil über die Regelung der hier behandelten Angelegenheiten in einem weiteren Rahmen zur Zeit Verhandlungen zwischen den betheiligten Ressorts schweben, welche noch nicht zum Abschlus gediehen sind. Der Inhalt der heute hier im Reichstage geführten Diskussion wird selbstverständlich bei diesen Berathungen die gebührende Beachtung finden. An der Diskussion würde ich heute nur insoweit mich zu be⸗ theiligen in der Lage sein, als etwa die Ansätze der Etatstitel be⸗ mängelt werden sollten, was, soviel ich vernommen habe, bisher noch nicht der Fall gewesen ist.

Abg Freiherr von Gültlingen: Es liege eine große Ungerechtig⸗

keit darin, daß solche Militärpersonen, die in Privatdienst träten, im Gegensatz zum Staatsdienst einer Verkürzung ihrer Pensionen bei eisem bestimmten Diensteinkommen nicht unterlägen. Er bitte, de gerechten Klagen und Beschwerden verdienter alter Soldaten ein ge⸗ neigtes Ohr zu schenken und dem Antrage des Grafen Douglas zuzu⸗ stimmen. (Beifall rechts) 8

Abg. Dr. Pieschel: Diejenigen Militärpersonen, welche in den Kommunaldienst träten, büßten von der Pension einen Theil ein, oder verlören das Ganze, während die Civilpensionäre, d. h solche, die im Civilstaatsdienst gestanden hätten, ihre Pensionen, wenn sie nachher in den Kommunaldienst träten, voll und ganz erhielten. Ein Polizei⸗ lieutenant z. B, der in den Kommunaldienst trete, beziebe seine ganze Pension, während ein Hauptmann der Infanterie, der im Kriege zu⸗ sammengeschossen sei und nachher in demselben Kommunaldienst die⸗ selben Funktionen ausübe wie der Andere, in seiner Pension verkürzt werde. Das empfinde ein alter Soldat sehr hart. Ebenso sei es eine Ungerechtigkeit, wenn Offiziere, die vielfach nicht aus freiem Willen ihre Carrière verließen, im Civildienst in eine verbältnißmäßig tiefer stehende Stellung gebracht würden als die Unteroffiziere. Logisch gedacht solle die Pension ein Aequivalent sein für bereits geleistete Arbeit, und es sei kein richtiger Standpunkt, wenn gerade das Deutsche Reich in der Weise profitire, daß es den Invaliden und Pensionären die Penston in dem Falle verkürze, wenn das Mindesteinkommen eine bestimmte Höhe erreiche. Dazu komme, daß diejenigen Leute, welche am Meisten von den Härten des Gesetzes getroffen würden, fast ausnahmslos Offiziere unterer Grade und die mittellosesten seien, welche der Unterstützung am Meisten bedürften. Dieser Zustand sei auf die Dauer nicht baltbar. Dazu komme, daß bei Berechnung der Pension nur die Kommunal⸗, nicht aber die Militär⸗ dienstzeit in Ankechnung gebracht werde. Die entgegenstehenden gesetzlichen Schwierigkeiten seien allerdings nicht zu leugnen, aber gegenüber einer solchen absoluten Ungerechtigkeit gebe es keine unüber⸗ windlichen gesetzgeberischen Schwierigkeiten. Fernere Beschwerde⸗ punkte bezögen sich auf das Relikrenwesen und die Wittwenpen sionen, Dinge, welche allerdings der Kommunalgesetzgebung unterlägen. Der Kriegs⸗Minister, General Bronsart von Schellen dorff habe gesagt, als s. Z. Hr. Struckmann die Sache hier besprochen habe: „Ich glaube, diese Anregungen werden Erfolg haben Er (Redner) bitte die Regierung, diese Zusage endlich zu erfüllen. Die Leute hätten keine andere Aussicht auf Hülte als durch Aenderung der Gesetzgebung. Der Reichstag babe hier cine Pflicht der Dankbarkeit gegen die Ver⸗ theidiger des Vaterlandes zu erküllen. Möge die Regierung die Sache auch möglichst schleunig machen, denn der Kreis der betreffenden Personen werde von Jahr za Jahr kleiner. (Beifall)

General⸗Lieutenant S Wenn die Militärverwaltung

1 e versagen inzelbeiten einzugehen, so sei das

Mangel an Interesse, sondern eine Folge der Erklärung,

der Staatssekretär des Reichs⸗Schatzamts abgegeben habe, daß

Verhandlungen schwebten, um solchen Härten und Schäden in den

Militärpensionsgesetzen abzuhelfen. Er (Redner) habe diese Erklä⸗

rung für nöthig gehalten, um keine falsche Meinung über die Stel⸗ lung der Militärverwaltung aufkommen zu lassen.

Die Anträge Richter und Douglas werden der Budget⸗ kommission überwiesen. Der Etat des Reichs⸗Invalidenfonds wird bewilligt. 8 88

Es folgt der Etat der Reichspost⸗ und Telegraphen⸗ verwaltung. 1

Bridemersten Einnahmetitel, Porto⸗und Telegraphen⸗ gebühren“ 216 690 000 . bemerkt ö18“

Referent Abg. Scipio: Der Etat fordere eine Vermehrung der Personalausgaben von 9 838 449 und der Betriebskosten von 6 274 900 in Folge der nothwendigen Betriebserweiterungen. Es sollten an Beamten und Subalternbeamten 1167, an Unter⸗ beamten 1903 mehr angestellt werden. Die 1889 ergebe gegen 1888 eine Vermehrung der d Post beförderten Sendungen um 8,4 %, eine Erhöhung Werthbetrages der Gel

ldsendungen um 20 %, eine Vermehrung der Telegramme um 8,2 %, der Postanstalten um 5 ½ %, der Post⸗ hülfsstellen um 25,9 %, der Reichs⸗Telegraphenanstalten um 6 %, der Gesammtzahl des Personals um 5,7 %, der Anzahl der Fern⸗ sprech Leitungen um 13,8 %, der Fernsprech⸗Verbindungsanlagen um 18 und der Fernsprechstellen um 18,2 %. Auch für das Etatsjahr 1890/91 habe sich eine bedeutende Zunahme aller Geschäfte gezeigt. Bis Dezember 1890 hätten die Einnahmen ungefähr um 21 Millionen Mark zugenommen. Die Benutzung der Post⸗ und Telegraphen⸗ anstalten Seitens der Bevölkerung sei eine steigende. Daher seien auch das Bedürfniß nach einer Erweiterung dieser Anstalten sowie die Ansprüche gestiegen, welche das Publikum an dieselben stelle. Durch den Nachtrags⸗Etat des vorigen Sommers habe eine umfang⸗ reiche Aufbesserung der Gehälter der Subaltern⸗ und Unterbeamten stattgefunden, wozu vom Reich etwa 10 ½ Millionen bewilligt worden