Der volkswirthschaftliche Ausschuß des ungarischen Unterhauses hat den Gesetzentwurf, betreffend die Ein⸗ verleibung der österreichischen Gemeinde Mittelberg in das deutsche Zollgebiet, unverändert angenommen.
Großbritannien und Irland.
In der gestrigen Unterhaussitzung theilte der Unter⸗ Staatssekretär Fergusson mit, daß auf Wunsch einiger Re⸗ gierungen die Frist für die offizielle Genehmigung der Vor⸗ schläge der Madrider Konferenz zum Schutze des industriellen Eigenthums bis zum 14. April aus⸗ gedehnt worden sei. Hoffentlich werde diese Frist nicht über⸗ schritten werden. “
Wie verlautet, wäre Betreffs der Führerschaft in der irischen Partei nunmehr ein Ausgleich dahin getroffen, daß Mc. Carthy der Führer der gesammten irischen Partei werden solle, während Parnell und O’Brien sich nach Amerika begeben würden, um Gelder aufzubringen. Dem „Standard“ zufolge hätten die liberalen Führer des künftigen irischen Parlaments die Kontrole der Polizei und die Lösung der Bodenfrage zugestanden, Falls dieselbe nicht vorher von dem englischen Gesammtparlament gelöst sein sollte.
Frankreich.
Paris, 3. Februar. Jules Ferry ist, wie „W. T. B.“ neldet, an Stelle Foucher de Careils mit 17 von 31 Stimmen zum Präsidenten der Zollkommission des Senats gewählt worden. 1 1
In der Deputirtenkammer gelangte gestern der Gesetzentwurf, betreffend die Errichtung eines sub⸗ divisionären Infanterie⸗Regiments, zur Vertheilung.
Die Zollkommission hat in der heutigen Vormittags⸗
sitzung die bereits beschlossenen Zölle auf chemische Produkte angenommen. Abweichend von den früheren Beschlüssen werden Phosphate und Kalk mit einem Zoll von 50 bezw. 75 Cts. pro 100 kg belegt, Schwefelsäure ist zollfrei, Salpeter ist einer Steuer von 2, bezw. 3 Fr. pro 100 kg unterworfen, Laug n⸗Soda einer Steuer von 6 bezw. 8 Fr. Auf den Antrag Viette's, unterstützt von Thomson, wird ein Zoll von 3 bezw. 2 Fr. auf rohes Korkholz beschlossen.
Der Contre⸗Admiral Buech übernemmt am 1. März das Kommando über das aus sechs Schiffen bestehende Reserve⸗ Geschwader, welches gegenwärtig unter dem Befehl des Admirals Duperre, des Chefs des Mittelmeer⸗Geschwaders, steht.
Die Kommission des Obersten Kolonialraths hat n Fortsetzung der Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend ie Kolonialgesellschaften, beschlossen, daß der Staat die Kon⸗ role und Ueberwachung der Thätigkeit der großen Kolonial⸗ gesellschaften durch einen Kommissar ausüben und dieselben ermächtigen soll, Arbeiter aus in der Nähe befindlichen Straf⸗ olonien zu Handarbeiten zu verwenden.
Italien. 8 Die Meldung der „Opinione“, daß der König gestern Nachmittag Crispi empfangen habe, wird vom „W. T. B.“ als unbegründet bezeichnet; der König habe nur den Marquis i Rudini empfangen, der sich, wie verlautet, bereit zeigte, die Bildung eines Kabinets zu übernehmen, wozu ihm in⸗ dessen noch keine offizielle Mission übertragen ist.
In den meisten gestrigen Pariser Abendblättern
macht sich jetzt eine zurückhaltendere Beurtheilung der durch die Demission Crispi's geschaffenen Lage bemerkbar. Die Liberté“ meint, es sei schwerlich anzunehmen, daß Italien, uch wenn Crispi definitiv zurücktreten sollte, plötzlich seine äußere Politik ändern würde; Crispi sei aber ein persönliches Hinderniß der Wiederherstellung guter Beziehungen zwischen Frankreich und Italien gewesen, deshalb lasse sich jetzt eine fühlbare Besserung dieser Beziehungen erwarten. Der „Temps“ spricht dieselbe Ansicht aus.
Zu Ehren des Grafen Herbert Bismarck fand bei Hrn. Crispi gestern ein Diner zu zwölf Gedecken statt, nach dessen Beendigung sich Crispi mit seinem Gast zu dem Hof⸗ ball begab, der einen glänzenden Verlauf nam.
Spanien.
Nach den letzten in Madrid eingelaufenen Berichten über die Wahlergebnisse schätzt man die Zahl der ge⸗ wählten Ministeriellen auf 314, die der Oppositionellen auf 97; von diesen letzteren wären 60 Liberale, 30 Republikaner und 7 Carlisten. Die liberale und republikanische Minorität dürfte sonach zahlreicher sein als die Präfekten ursprünglich glaubten. Die hervorragendsten Mitglieder aller Parteien, sowie die Minister sind wiedergewählt. Castelar ist in Huesca mit einer Mehrheit von 600 Stimmen, Zorilla in Barcelona, Pi Margal in Valencia und Barcelona gewählt. Salmaron und Martes sind unterlegen.
Portugal.
Aus Oporto liegen folgende neueren Nachrichten des „W. T. B.“ vor: Das Standrecht wird einen Monat aufrecht erhalten werden. Das Kriegsgericht wird sowohl über die Militärpersonen als auch über die verhafteten Civil⸗ personen zu Gericht sitzen. Der Transportdampfer „India“ ist in Oporto eingetroffen. An der Bewegung nahmen gegen 600 Insurgenten Theil. Die für die Regierung ver⸗ fügbar gewesene Truppenmacht betrug 1000 Mann, darunter 900 Gendarmen, von denen 9 getödtet und 28 ver⸗ wundet wurden. Die meisten Verwundungen sind bei dem ersten Zusammenstoß mit den Truppen in der Straße Santo Antonio vorgekommen; hier warfen sich Leute aus dem Volke vor der Muniz'palgarde auf die Knie und flehten um Gnade. In verschiedenen, dem „Hötel de Ville“ benachbarten Häusern sind 225 Gewehre aufgefunden worden, welche die Aufständischen, als sie sich zur Flucht wandten, zurückgelassen haben. Die große Mehrzahl der Bewohner von Oporto bringt ihre Anhänglichkeit an die bestehenden Einrichtungen mehr und mehr zum Ausdruck.
*
Schweiz. Auch von Oesterreich⸗Ungarn ist der Handels⸗ vertrag mit der Schweiz, und zwar zum 3. Februar 1892, gekündigt worden. 8
Niederlande.
A Das Amsterdamer „Handelsblad“ bemerkt gegenüber einem Artikel der Kolnischen Zeitunge über die Wasser⸗ und Eis⸗ erhältnisse der Flußläufe auf niederländischem Gebiete, M von der niederländischen Regierung ausreichende zu regeln getroffen seien, um eine Eisstauung in denselben 29 in einen vollständig zufri Zustand gebrach worden. 9 ufriedenstellenden
1u“““ — Belgien. 8
Die Militärbehörde in Brüssel betreibt die über die bedauerlichen, von einigen Soldaten der dortigen Garnison hervorgerufenen Vorgänge (vergl. die gestr. Nr. d. Bl.) eingeleitete Untersuchung mit lebhaftem Eifer. Die Schuldigen dürften streng bestraft werden. Die G““ befehle für die Soldaten waren bereits unterzeichnet, sind aber in Folge der gestrigen Vorgänge von dem Kriegs⸗Minister zurückgezogen worden.
Nach dem vom Grafen Léon Visart de Bocarmé er⸗ statteten Bericht hat, wie der „Köln. Ztg.“ gemeldet wird, der Centralausschuß der Kammer daes veränderte Budget des Kriegs⸗Ministeriums für 1891 einmüthig mit einer Er⸗ höhung von 53 000 Fr. angenommen. Letztere bildet die zweite Hälfte des Zuschusses, welcher nöthig war, um das Gehalt der höhern Infanterie⸗Offiziere auf gleiche Höhe mit dem der übrigen Waffengattungen zu bringen, wodurch einem langjährigen Mißverhältniß abgeholfen wird. Ueber den gegenwärtigen Stand der Maasbefestigungen sind dem Centralausschuß auf dessen Anfrage von der Regierung folgende Mittheilun⸗ gen zugegangen: Sechs Forts können als fertig be⸗ trachtet werden, und zwar in Lüttig die Forts Embourg, Boncelles und Lires, in Namur die Forts Maizeret, Andoy und Dave. Die acht Forts Barchon, Evegnée, Fléron, Chaudfontaine, Pontisse, Lantin, Loncin bei Lüttich und Suarlée bei Namur werden voraussichtlich gegen Ende Mai, die sieben Forts Hollogne und Flemelle bei Lüttich, St. Héribert, Malonne, Emines, Cognelée und Marchovellette bei Namur gegen Ende Juni dieses Jahres beendigt sein. Weitere Befestigungen an der Maas — vor einiger Zeit sprach man in der belgischen Presse vielfach auch von der Er⸗ richtung neuer Forts bei Huy — sind nach der ausdrück⸗ lichen Erklärung der Regierung nicht in Aussicht genommen. Bezüglich der neuen Schußwaffe hat die Regierung dem Centralausschuß eröffnet, daß laut Vertrag mit der Lütticher Waffenfabrik bis zum 1. Januar 1892 1200 und von da ab jeden Monat wenigstens 5000 Magazingewehre (Modell 1889) geliefert werden müßten, sodaß voraussichtlich bis Ende Juli 1892 das ganze stehende Heer im Besitz der neuen Waffe sein werde.
Heute tritt der Kammerausschuß zusammen, um über den Antrag Janson, betreffend die Verfassungsrevision, schlüssig zu werden. Wie die klerikalen Blätter ankündigen, würde der Ausschuß die Verfassungsänderung als solche weder annehmen noch ablehnen, sondern die Aufschiebung der Lösung bis 1892, d. h. bis zum Ablauf der Mandatsdauer der gegen⸗ wärtigen Kammer, beschließen. b 8
Rumänien. 8
Bukarest, 2. Februar. Von sechs Er gänzungs⸗ wahlen für Kammer und Senat fielen dem „W. T. B.“ zufolge drei zu Gunsten der Konservativen und eine zu Gunsten der Liberalen aus. Zwei Stichwahlen sind nöthig.
Terbien.
Belgrad, 2. Februar. Der Staatsrath Milosawlje⸗ witsch ist nach einer Meldung des „W. T. B.“ definitiv zum Minister des Innern ernannt worden; sonst tritt keine Veränderung im Ministerium ein. Morgen wird der neue Minister in der Skupschtina die Zurückverweisung des Preßgesetzes an den Ausschuß verlangen, um vor demselben seinen Standpunkt darzulcgen. Die Budgetberathung in der Skupschtina beginnt in den nächsten Tagen 8
8 Schweden und Norwegen.
(F) Stockholm, 29. Januar. Die Reichstags⸗ Ausschüsse haben ihre Arbeiten noch nicht beginnen können, da die Frist zur Einbringung von privaten Gesetzentwürfen und Anträgen erst heute abläuft. Von der Regierung ist u. a. der Entwurf eines Seegesetzes vorgelegt worden, der von Delegirten der drei nordischen Reiche ausgearbeitet worden ist. Ein Gesetzentwurf, betreffend die Bildung eines Darlehnsfonds für Fischer im Betrage von 100 000 Kronen, wird von der Regierung dringend zur Annahme empfohlen. Es sollen aus diesem Fonds Darlehne zur Anschaffung von Fischerbooten und Fischereigeräthschaften sowie zur Anlage von kleineren Anstalten zur Verwerthung und Veredelung von Produkten der Fischerei gewährt werden. Ein Antrag wegen Abschreibung von 20 Proz. von den Grundsteuern und eine entsprechende Erleichterung der Rüstungs⸗ und Rotirungs⸗ lasten ist von 67 Abgeordneten eingebracht worden. Eine gleiche Anzahl von Abgeordneten beantragt strengere Maß⸗ nahmen zur Hinderung der Trunksucht. Wie in mehreren früheren Sessionen sind auch jetzt wieder Anträge auf Erweiterung des Wahlrechts eingebracht worden; in der Ersten Kammer wurde beantragt, die Wahlen zur Zweiten Kammer künftig im ganzen Reich an einem Tage gleichzeitig statt⸗ finden zu lassen. Abg. Dahn hat in der Zweiten Kammer beantragt, die Regierung um die Vorlage eines Planes zur Anlage eines Freilagers und eventuell eines Freihafens am Sunde zu ersuchen. Ein solcher Vorschlag wurde bereits im Jahre 1886 von der Regierung gemacht, damals aber von der Zweiten Kammer verworfen. Wie jetzt schon zu übersehen ist, wird der Reichstag in dieser Session ein sehr umfang⸗ reiches Material zu bewältigen haben.
Die Bruttoeinnahmen der Staatsbahnen im Jahre 1890 haben 21 972 574 Kronen betragen oder 228 727 Kronen weniger als im Jahre 1889; die an das Staats⸗ comtoir von der Verwaltung der Staatseisenbahnen abge⸗ gelieferten Ueberschüsse haben mit 6 500 000 Kronen gleiche Höhe für die beiden letzten Jahre.
(F) Stockholm, 30. Januar. Wie der Minister des Aeußern in der „Post och Inr. Tidn.“ bekannt macht, hat der hiesige französische Gesandte eine vom 20. d. datirte Note über⸗ reicht, durch welche der zwischen Frankreich und den ver⸗ einigten Reichen am 30. Dezember 1881 abeeschlossene Handelsvertrag zum 1. Februar 1892 gekündigt wird. In einem Schreiben an den Chef des Finanz⸗Departements macht der Minister darauf aufmerksam, daß damit zugleich der Schiffahrtsvertrag gekündigt ist und mithin diese beiden Ver⸗ träge am 1. Februar 1892 zu gelten aufhören. — Der Minister des Aeußern zeigt ferner an, daß auch der hiesige spanische Gesandte eine vom 29. d. datirte Note überreicht hat, durch welche er auf Befehl seiner Regierung den zwischen Spanien und Schweden⸗Norwegen am 15. März 1883 abgeschlossenen und am 18. Januar 1887 ver⸗ längerten Handelsvertrag zum 1. Februar 1892 kündigt. Da im Gegensatz zu dem Verhältniß
Schiffahrtsvertrag nicht mit dem Handelsvertrag verbunden ist, so bleibt jener davon unberührt.
Die hiesige norwegische Staatsrath⸗Abtheilung ist gestern nach Christiania abgereist und wird daselbst während der Anwesenheit König Oscar's einige Wochen verweilen.
Dänemark. (F) Kopenhagen, 1. Februar. Die Einnahmen aus den Zöllen, der Branntweinsteuer, den Schiffs⸗ abgaben sowie aus der Kriegssteuer haben nach Abzug aller Rückvergütungen in den ersten drei Vierteljahren des laufenden Finanzjahres 23 243 674 Kronen gegen 22 997 872 Kronen in der gleichen Zeit des vorigen Finanzjahres be⸗ 8 Amerika.
Vereinigte Staaten. Der Oberste Gerichtshof zu Washington hat gestern in der Angelegenheit der Be⸗ schlagnahme des englischen Dampfers „Sayward“ im Behringsmeer die Entscheidung verkündet, wonach die eingelegte Berufung des Vertreters Großbritanniens zur Ver⸗ handlung zugelassen wird.
Die republikanische Partei des Senats beschloß am Sonnabend, die Bundeswahlen⸗Bill im Interesse anderer wichtiger Maßregeln, die zur Berathung im Senat vorliegen, aufzugeben. Durch diesen Schritt würde eine außerordentliche Session vermieden werden. Die Entscheidung wurde den demokratischen Senatoren mitgetheilt.
In Washington ist am Freitag eine Abordnung von Sioux⸗Indianer⸗Häuptlingen angekommen, um mit dem Sekretär des Innern Noble zu berathen.
Senator Dolph hat ein Amendement zu der Marine⸗ budgetvorlage beantragt, welches eine halbe Million Dollars für die Herstellung einer Kohlenstation am Fluß Pearl in Hawai; fordert.
Der (wie bereits in Nr. 28 d. Bl. gemeldet) so plötzlich verstorbene Schatzsekretär der Vereinigten Staaten William Windom and der „A. C.“ zufoloe seinen Tod bei einem von dem New⸗Yorker Handelsgericht veranstalteten Banket. Er hatte soeben eine Rede beendet, als er todt vom Sitze sank. William Windom gehörte dem Kabinet des Präsidenten Harrison seit dessen Amtsantritt am 4. März 1889 an, be⸗ kleidete aber den Posten des Finanz Ministers früher schon unter den Präsidenten Garfield und Arthur vom 4. März bis zum 12. Oktober 1881.
Chile. Nach über Paris und Buenos⸗Aires eingegan⸗ genen Berichten des „W. T. B.“ haben die Regierungs⸗ truppen nach mehreren Scharmützeln Pisagua wieder genommen; dagegen halten die Insurgenten Taltal
Asien.
Während einer Reuter'schen Drahtmeldung aus Bombay zufolge der Emir von Afghanistan gestorben sein soll, wird der „Times“ aus Kalkutta gemeldet, daß den neuesten Nachrichten aus Kabul zufolge der Emir von einem heftigen und fast gefährlichen Gichtanfalle in rascher Genesung begriffen sei. Einer weiteren Depesche des Reuter’'schen Bureaus aus Kalkutta zufolge hat die indische Regierung eine Bestätigung des Gerüchts, daß der Emir gestorben sei, von ihrem politische Agenten in Kabul oder im Khyberpaß noch nicht empfangen
Parlamentarische Nachrichten.
In der heutigen (56.) Sitzung des Reichstages, welcher der Reichskanzler von Caprivi und die Staatssekretäre Dr. von Boetticher und Freiherr von Marschall bei⸗ wohnten, stand als erster Gegenstand auf der Tagesordnung die erste Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Prüfung der Läufe und Verschlüsse der Hand⸗ feuerwaffen.
Der Abg. Wilisch begrüßte persönlich den Gesetzentwurf als ein Mittel, zahlreichen Unglücksfällen beim Gebrauch der Handfeuerwaffen vorzub ugen und beantragte die Ueberweisung des Entwurfs an eine Kommission von vierzehn Mitgliedern.
Der Abg. Dr. Clemm glaubte namentlich eine Förderung der kleinen Waffenindustrie von dem Gesetzentwurf erwarten zu können. Nunmehr könne auch der kleine Meister seinen Namen auf die Waffe setzen und brauche nicht mehr die Prü⸗ fung einer größeren Firma zu überlassen. Allerdings müsse die Prüfung nach den angegebenen Gesichtspunkten überall eine obligatorische sein.
Der Abg. Münch meinte im Gegensatz zum Abg. Dr. Clemm, daß die kleinen Büchsenmacher durch den Gesetzentwurf be⸗ nachtheiligt würden; die Prüfung verursache erhebliche Kosten und müßte deshalb nur eine fakultative sein, die dem Zweck des Entwurfs vollständig genügen würde. Die durch eine obligatorische Prüfung nothwendig werdende Stärkung der Polizeigewalt habe besonders auf industriellem Gebiet ihre großen Nachtheile.
Der Staatssekretär Dr. von Boetticher führte aus, daß der Gesetzentwurf lediglich die Absicht habe, der deutschen Waffenindustrie einen Dienst zu leisten. Vertreter der Waffen⸗ industrie hätten sich auch im Wesentlichen mit dem Entwurf ein⸗ verstanden erklärt und ihn mit Sympathie begrüßt. Eine nur fakultative Prüfung würde das Vertrauen zur deutschen Waffen⸗ industrie nicht weiter stärken, während andernfalls der deutschen Industrie ein weiter auswärtiger Markt erschlossen werden könnte. Ueber Polizeiwillkür habe man in England, wo auch eine staatliche Prüfung der Waffen stattfinde, bisher keine Klagen gehört. Auch in Deutschland würde, wenn das Gesetz kurze Zeit bestanden hätte, kein Mensch noch daran Anstoß nehmen, daß jede Feuerwaffe mit einem staatlichen Stempel versehen werden müsse. B
Der Abg. Graf von Mirbach legte besonders Werth darauf, daß der deutsche Waffenexport nach England, Frank⸗ reich, Oesterreich und Belgien durch den vorliegenden Gesetz⸗ entwurf gehoben werden könnte. Es wäre aber wünschens⸗ werth, daß die Prüfung nicht den Militärwaffenfabriken über⸗ tragen würde, die nur für die Prüfung der militärisch wich⸗ tigen Büchsenläufe und anderer rein militärischen Fragen ge⸗ eignet wären, nicht aber für Jagdgewehre und kleinere Hand⸗ feuerwaffen. 8
Der Abg. Lucius sprach sich gleichfalls für den Gesetz⸗ entwurf und für die Ueberweisung an eine Kommission von vierzehn Mitgliedern. B
Nach kurzen Bemerkungen der Abgg. Münch und Graf
mit Frankreich der
von Mirbach wird der Gesetzentwurf an eine Kommission von vierzehn Mitgliedern verwiesen. 2 88
Bei Schluß des Blattes setzte das Haus die zweite Be⸗ rathung des Reichshaushalts⸗Etats bei dem Spezial⸗ Etat des Auswärtigen Amtes fort.
— In der heutigen (24.) Sitzung des Hauses der Ab⸗ geordneten, welcher der Minister des Innern Herrfurth und der Finanz⸗Minister Dr. Miquel beiwohnten, stand zunächst zur dritten Berathung der Gesetzentwurf, betreffend die Ausdehnung einiger Bestimmungen des Ge⸗ setzes vom 31. März 1882 wegen Abänderung des Pensionsgesetzes vom 27. März 1872 auf mittelbare Staatsbeamte.
Auf eine Anfrage des Abg. Dr. Ostrop erklärte der Minister des Innern Herrfurth, daß die Regierung mit einer Rege⸗ lung der Verpflichtung der Kommunen, alle etatsmäßigen Beamtenstellen mit Militäranwärtern zu besetzen, bereits beschäftigt sei. Wann eine bezügliche Vorlage gemacht werden wüfr⸗ sei jedoch bei der Schwierigkeit der Materie noch nicht zu sagen.
Der Gesetzentwurf wurde darauf angenommen, desgleichen ohne Debatte die Gesetzentwürfe, betreffend die Er⸗ höhung des Höchstbetrags der Hundesteuer in den älteren Landestheilen der Monarchie; betreffend die Abänderung und Ergänzung einiger Bestim⸗ mungen wegen der Wahl der Stadtverordneten,
und betreffend die Vereinigung der Insel Helgo⸗ land mit der preußischen Monarchie. es
Es folgte die Fortsetzung der zweiten Berathung des Entwurfs des Staatshaushalts⸗Etats für 1891 92, und zwar bei dem Spezial⸗Etat des Finanz⸗Ministeriums.
Berichterstatter ist der Abg. Bohtz.
Bei dem Ausgabetitel „Gehalt des Ministers“ sprach Abg. Dr. Arendt seine Zustimmung zu der Aufkündigung des Rechts zur Notenausgabe an die Breslauer Bank aus und hoffte, daß auf diesem Wege fortgefahren werde und Deutsch⸗ land so zu einem einheitlichen Banknotenwesen gelange.
Der Finanz⸗Minister Dr. Miqquel erklärte, daß bei der Frankfurter Bank eine Kündigung dieses Privilegs in Folge von Vertragsverhältnissen noch nicht möglich sei, daß aber eine Verlängerung desselben über 1894 oder 1895 hinaus
nicht stattfinden werde, sodaß von da ab in Preußen keine
Privatbank mit dem Recht der Notenausgabe mehr bestehen werde. Es sei zu hoffen, daß auch in ganz Deutschland nach und nach dieses Privileg beseitigt werde. 1“ Der Titel wunde bewilligt. W Bei dem Kapitel „Ober⸗Präsidenten ꝛc.“ wünschten die Abgg. Bödiker und Dr. Sattler eine Gleichstellung der Kanzlisten bei den Lokalbehörden mit denen bei den Pro⸗ vinzialbehörden. Geheimer Ober⸗Finanz⸗Rath Lehnert erklärte, daß an die Kanzlisten der Provinzialbehörden viel höhere Anforde⸗
rungen gestellt würden. Vielleicht könne bei der Einführung
der Alterszulagen für die Kanzlisten der Lokalbehörden etwas geschehen. 8
Das Kapitel wurde bewilligt,
Bei dem Kapitel „Rentenbanken“ erklärte auf eine An⸗ regung des Abg. Sombart der Finanz⸗Minister Dr. Miquel, daß über die Wiedereröffnung der Rentenbanken Erörterungen innerhalb der Regierung schwebten, und zwar sollten die Rentenbanken dazu dienen, sowohl die Bildung von Renten⸗ gütern Seitens der Gutsbesitzer zu erleichtern, als auch den Käufern von Rentengütern den nöthigen Kredit für Beschaffung von Baulichkeiten ꝛc. zu gewähren.
Abg. Freiherr von Zedlitz begrüßte diese Erklärung mit Freuden und wünschte, daß eine entsprechende Vorlage möglichst noch in dieser Session eingehe.
Darauf wurde der Rest des Etats des Finanz Ministeriums entsprechend den Kommissionsanträgen bewilligt.
Es folgte der Etat der Allgemeinen Finanzverwaltung.
Berichterstatter war der Abg. Dr. Friedberg.
Bei Titel 3 der Einnahme „Einnahmen des vormaligen
Staatsschatzes“ wünschte 8 Abg. Francke, daß der Erlös für verkaufte Grundstücke zur Schuldentilgung verwendet werde und nicht, wie bisher, in
n Etat zur Deckung laufender Ausgaben eingestellt werde.
Geheimer Ober⸗Finanz⸗Rath Lehnert wies darauf hin, daß andererseits aus den Staatsausgaben auch eine Ver⸗ mehrung des staatlichen Grundeigenthums erfolge, z. B. bei den Forsten, Bergwerken, Eisenbahnen ꝛc.
Abg. Rickert erklärte sich gegen den Wunsch des Abg. Feane⸗ da sonst der Schein entstände, als solle dieser Erlös
enutzt werden, um den Etat zu balanziren. Eine Verminde⸗ rung des Staatsvermögens durch das bisherige Verfahren sei nicht nachgewiesen.
Der Finanz⸗Minister Dr. Miquel sprach die Meinung aus, daß, weil bisher eine Verminderung des Vermögens⸗ bestandes nicht eingetreten sei, die Frage eine praktische Be⸗ deutung nicht habe.
Die Abgg. Dr. Mithoff, Graf zu Limburg⸗Stirum, Bödiker und Stengel nahmen an der Verwendung aus Grundstücken zu laufenden Ausgaben keinen Der Abg. Dr. Sattler stimmte dem Wunsch des Abg. Francke bei.
Der Titel wurde bewilligt. “ 8
Bei dem Titel der Ueberweisungen an die Kommunal⸗ verbände auf Grund der lex Huene bezeichnete Abg. von Meyer (Arnswalde) diese großen Summen als ein fressendes Krebsgeschwür an unseren Finanzverhältnissen.
Der Rest des Etats der allgemeinen Finanzverwaltung wurde darauf bewilligt. (Schluß des Blattes.)
8
— Die Budgetkommission des Reichstages erledigte in ihrer heutigen Sitzung das Ordinarium des Militär⸗Etats.
— Beim Reichstage ist von der Geschäftsordnungs⸗ kommission folgender Antrag eingebracht worden:
Der Reichstag wolle beschließen: in Erwägung, daß unter Nicht⸗ beachtung der Bestimmungen des Artikel 31 der Verfassung Reichs⸗ tags⸗Abgeordnete wiederholentlich mit Berufung auf eine derzeitige Vertagung der Verhandlungen des Reichstages Gegenstand strafrecht⸗ licher Maßnahmen geworden sind, beschließt der Reichstag, ausdrück⸗ lich zu erklären, daß die den Reichstags⸗Abgeordneten zustehenden Im⸗ munitäten während jeder Vertagung fortdauern, und ersucht den Herrn Reichskanzler, bei den verbündeten Regierungen dahin zu wirken, daß die zur Durchführung dieser Auffassung geeigneten Anordnungen ge⸗ troffen werden. 8 8
52 518 Fl.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.
Der Gesundbeitszustand in Berlin war in der Berichtswoche vom 18. bis 24. Januar cr. ein günstiger und auch die Sterblichkeit eine kleine (von je 1000 Personen starden, aufs Jahr berechnet, 16,9). Insbesondere kamen akute Entzündungen der Athmungsorgane erbeblich seltener zum Vorschein und endeten auch in wenigen Fällen tödtlich. Auch Darmkatarrbe und Brechdurchfälle der Kinder traten seltener zu Tage und führten seltener zum Tode. Die Theilnahme des Säuglings⸗ alters an der Sterblichkeit war ebenfalls keine bedeutendere; von je 10 000 Lebenden starben, aufs Jahr berechnet, 48 Säuglinge. — Von den Infektionskrankheiten wurden Erkrankungen an Unterleibstyphus und an Masern nur in wenigen Fällen zur Anzeige gebracht; auch Erkrankungen an Scharlach und an Diphtherie haben abgenommen und sich in keinem Stadttheile in nennenswerther Zahl gezeigt. Häufiger kamen nur Erkrankungen an Wochenbettfieber und eine weitere Erkrankung an Pocken zur Anzeige. Rosenartige Entzün⸗ dungen des Zellgewebes der Haut kamen nur wenige zur äarztlichen Behandlung. Erkrankungen an Keuchhusten zeigten sich gleichfalls weniger, der Verlauf blieb meist ein milder. Akute Gelenk⸗ rheumatismen kamen selten zur Beobachtung, rheumatische Beschwerden der Muskeln zeigten im Vergleich zur Vorwoche keine wesentliche Veränderung.
8
Handel und Gewerbe.
Der Centralausschuß der Reichsbank war heute Vormittag um 10 Uhr versammelt. Den Hauptgegenstand der Berathung bildete die von der Verwaltung beabsichtigte Er⸗ mäßigung des Diskontsatzes. Aus dem einleitenden Vortrage des Reichsbank⸗Präsidenten ging hervor, daß die Lage der Bank sich seit Anfang Januar stetig verbessert hat. Das Gold hat um 48 Millionen, das Metall überhaupt um 57 Millionen zugenommen; die fremden Gelder (Reichs⸗, Staats⸗ und Giro⸗Guthaben) sind um 48 Millionen, die steuerfreie Noten⸗Reserve um 67 Millionen auf 199 Mil⸗ lionen Mark gestiegen. Die Anlage ist von 724 auf 604 Millionen gefallen. Die Gesammtlage ist besser als im Jahre 1890, und die fremden Wechselcourse, welche damals hoch standen und erst gegen Ende Februar so weit fielen, um eine Diskontherabsetzung zu gestatten, stehen uns günstig. Da auch der Privatdiskont niedrig ist (in Berlin gestern 21⁄½), so ist eine Ermäßigung des Diskonts und des Lombardzinsfußes um ein halbes Prozent — also auf 3 ½ beziehungs⸗ weise 4 und 4 ½ Proz. — wie allgemein angenommen wurde, unbedenklich. Dieselbe wurde einstimmig gebilligt. Außer⸗ dem wurden einige Papiere zur Beleihung im Lombard⸗ verkehr zugelassen.
Bei den Abrechnungsstellen der Reichsbank sind im Januar 1891 1 583 170 700 ℳ abgerechnet worden gegen 1 677 785 900 ℳ im Dezember v. J. und 1 620 710 900 ℳ im Januar 1890.
Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks
an der Ruhr und in Oberschlesien. „An der Ruhr sind am 2. Februar, katholischer Feiertag, stellt 4441, nicht rechtzeitig gestellt 61 Kokswagen.
3 Subhastations⸗Resultate.
Beim Königlichen Amtsgericht I Berlin stand das im Grundbuche von den Umgebungen Band 83 Nr. 4207 auf den Namen des Malers Wilhelm Henschke eingetragene, in der Hussitenstraße belegene Grundstück zur Versteigerung. Das ge⸗ ringste Gebot wurde auf 48 934,06 ℳ festgesetzt. Für das Meistgebot von 64 000 ℳ wurde der Baumeister G. Otto zu Berlin, Ersteher. — Ferner das im Grundbuch von der Königstadt Band 84 Nr. 4386 auf den Namen des Magistrats⸗Sekretärs Max Hänsel eingetragene, in der Rochstraße 2 belegene, mit 14 000 ℳ Nutzungswerth zur Gebäudesteuer veranlagte Grundstück. Für das Meistgebot von 185 000 ℳ wurde der Premier⸗Lieutenant a. D. Hans von Western⸗ hagen, Bellevuestraße 14, Ersteher.
CEW112121 Februar. (W. T. B.) Ausweis der Südbahn in der Woche vom 22. bis 28. Januar: 630 282 Fl., Minder⸗ einnahme 74 625 Fl.
Ausweis der österreichisch⸗ungarischen Staatsbahn in der Woche vom 22. bis 28. Januar: 642 031 Fl., Mindereinnahme
Theater und Mufik.
Berliner Theater.
Se. Königliche Hoheit der Prinz Heinrich von Preußen beehrte gestern Abend das Berliner Theater, in welchem zum 50. Male „Kean“ vor ausverkauftem Hause in Scene ging, mit seinem Besuch.
ö“ EEbE . üLudwig Doczy's bekanntes Lustspiel „Der Kuß“ gin gestern Abend im Lessing⸗Theater in Scene und erzielte an hn. ne Frelen einen wohlwollenden, aber niemals einen durchschlagenden rfolg. Das zierliche, von der ungarischen Akademie preisgekrönte Lust⸗ spiel wirkt mehr durch die Schönheit der gebundenen Rede, durch den Gedankenreichthum der Poesie und durch die reine menschliche Empfindung der Personen, als durch eine kraftvoll entwickelte Hand⸗ lung. Es dreht sich Alles um den Kuß zwischen Unvermählten, welchen der sittenstrenge jugendliche König Sever von Navarra für eine strafwürdige Sünde erklärt, bis er selbst, durch eine listige Wette und günstige Gelegenheit verführt, einen solchen von einer munteren Bäuerin zu erhaschen sucht. Das Glück ist dem jungen König hold, aber der einzige Kuß, welchen er empfängt, ist der seiner Gemahlin, der tugendhaften jungen Königin; doch der König hat Nachsicht üben gelernt mit den Schwächen Anderer und giebt die Liebenden zusammen, welche er trennen wollte. Das Maß der Handlung ist, wie man hieraus ersieht, nur klein; der Dichter führt drei Paare ein, welche sich fliehen und suchen; Ver⸗ mummungen und heimliche Verstecke sind der romantischen Komödie nach spanischem Stil vielfach eingefügt, geistvolle und neckische Aus⸗ einandersetzungen, welche wirklich den Stempel eines echten Dichter⸗ gemüths tragen, füllen die Komödie mit frohsinniger Anmuth. Damit dieses vornehme, feingeistige Lustspiel seine Wirkung voll entfalte, muß sich zur Darstellung desselben eine auserlesene Künstlerschaar zusammen finden, welche mit feinem Gefühl und zarter Empfindung dem Dichter in das Reich der Poesie zu folgen vermag. Außerdem gehört dazu im Gegensatz zu dem schnell hinhastenden modernen Unterhaltungston, daß der Klarheit und Sauberkeit des Vortrages besondere Sorgfalt gewidmet werde. Auf einer Bühne, welche sich nur der gegenwärtigen Dramenliteratur widmet, wird man solcher Dichtung wie Döczy's „Kuß“ nur mit dem Aufwande großer Mühe und ernsten Fleißes gerecht werden köngen. — Die gestrige Darstellung gab Zeugniß von dem redlichen Streben, mit dem die Aufführung vorbereitet war. Am Vollkommensten erfaßte den Charakter seiner Rolle Hr. Kainz als König Sever. Die weichen, leidenschaftlichen Töne beim Sang der Nachtigallen im Mondschein beleuchteten Garten gingen aber in ihrer Inbrunst über die Grenzen hinaus, welche der träumerischen Poesie des Lustspiels entsprechen würden; vor Allem ist der klare und deutliche Vortrag hervorzuheben, welcher fast jedem Verse streng gerecht wurde. Frl. Groß entwickelte wirkliches Gefühl als tugendhafte Königin, welche von der Eitelkeit, für das schönste Weih der Erde erklärt zu werden, halb in Versuchung geführt wird.
Der Adolar des Hrn. Ranzenberg wäre trotz seiner etwas nüchternen Darstellung wirksamer gewesen, wenn die Verse klarer zu Gehör ge⸗
183. Königlich preußischer Klassenlotterie siele mittagsziehung: 11““
kommen wären; leider gingen viele auf dem Wege zum Ohr des Zuhörers verloren, und ein unterbrochener Vers bedeutet eine unterbrochene Empfindung und eine mangelhafte Wirkung. Frisch, und nur zu⸗ weilen etwas zu derb spielte Fr. Petri die Maritta; Hr. Oscar Sauer gab 2. Naturburschenrolle zur Zufriedenheit.
Der Feingehalt der anmuthigen Dichtung kam bei der zumeist auf den Ton der Alltäglichkeit herabgestimmten Darstellung selten zu ihrem vollen Recht; so war auch die Wirkung auf das Publikum keine echt künstlerische, und von dem Zauber der gefühlvollen Ro⸗ mantik war bei demselben wenig zu verspüren. Der Beifall galt zu⸗ meist den Damen Groß und Petri sowie Hrn. Kainz. b
Residenz⸗Theater.
Die interessante Matinse, welche Direktor Lautenburg am Sonn⸗ tag veranstaltet, wird dem Publikum Gelegenheit geben, den Grafen Tolstoi, den Denker und Äsketen, in seinem Lustspiel „Die Früchte der Bildung“ von einer neuen Seite, als Humoristen, kennen zu lernen. Das einaktige Drama, welches dem Werke Tolstoi's voran⸗ geht, „Die Kreutzersonate“ behandelt dagegen das tiefernste Ehe⸗ problem, das Tolstoi zur Grundlage seines bekannten gleichnamigen Romans gemacht hat. 8
— Belle⸗Alliance⸗Theater
Am Freitag tritt Frl. Preciosa Grigolatis vom Chätelet⸗ Theater in Paris zum ersten Male auf, nachdem sie bereits in Wien, Pest, Amsterdam, New⸗York ꝛc., sowie an den Hof⸗ Theatern in Meiningen, Darmstadt, Oldenburg, Wiesbaden und Altenburg Triumphe gefeiert und früͤher am Victoria⸗Theater in Berlin in „Excelstor“ durch ihren geheimnißvollen Flug durch die Lüfte berechtigtes Aufsehen erregt hat. “
8 Thomas⸗Theater.
Bon dem Solopersonal des Thomas⸗Theaters wird am 25. Fe⸗ bruar in den zu dem Thomas⸗Theater gehörigen Festsälen ein Ball in Gestalt eines „Sommerfestes auf Helgoland“ veranstaltet werden. Die Dekoration des großen Saales und der eleganten Nebenräume sowie das ganze Arrangement soll in vornehmer, origineller und künstlerischer Weise durchgefuͤhrt werden und das Helgoländer Badeleben mit allen seinen Eigen⸗ thümlichkeiten widerspiegeln. Das aus den ersten Mitgliedern des Theaters bestehende Comité wird in diesen Tagen die Einladungen ergehen lassen.
Die als Concertsängerin und Gesanglebrerin hierselbst bereits vortheilhaft bekannte Mezzosopranistin Frl. Adelina Herms gab gestern einen Liederabend, in welchem sie mehrere Lieder von Schubert, Beethoven, Schumann, Viardot⸗Garcia, Gounod und Anderen vortrug. Ihre wohlklingende, wenn auch nicht sehr kräftige Stimme ist vor⸗ trefflich geschult, wie aus dem sorgfältigen Binden der Töne, der reinen Intonation und der deutlichen Aussprache zu erkennen ist. Hierzu gesellte sich eine verständnißvolle und stets warm empfindende Ausdrucksweise. Reicher Beifall erfolgte nach jedem Liede. Eröffnet wurde der Abend durch ein Trio von dem als Komponisten und Lehrer des akade⸗ mischen Instituts für Kirchenmusik hierselbst thätigen F. Volbach. Dies sehr klare und ansprechende Werk wurde von Frl. E. Rosenstock (Klavier) und den Königlichen Kammermusikern Hrn F. Meyer Violine) und Hrn. Sandow (Cello) ganz vorzüglsch vorgetragen. Letztere erfreuten noch durch einige sehr beisällig aufgenommene Solo⸗ vorträge. Das sehr korrekte und ausdrucksvolle Spiel der Pianistin verdient ganz besonders lobend hervorgehoben zu werden. Die Klavierbegleitung sämmtlicher vorgetragenen Piecen hatte der bewährte Pianist Hr. O. Bake übernommen. Das Publikum war sehr zahl⸗ reich erschienen.
Concerthaus.
Kapellmeister Meyder veranstaltet zur Feier von Mendelssok Geburtstag morgen eine besondere „Mendelssohn⸗Feier“. Das Pro⸗ gramm dieses Abends wird als Hauptwerk die Sinfonie Nr. 4, A dur, den Hochzeitsmarsch, das Notturno und die Ouvertüre zum „Sommernachtstraum“, ferner die Ouvertüre „Meeresstille und glück⸗ liche Fahrt“ u. a. enthalten. 6
b Philharmonie.
Der in Berlin lebende Komponist Hr. Waldemar von Bauß⸗ nern gab gestern zum Besten des hiesigen Musiklehrer⸗ und Lehrerinnenvereins ein Concert, in welchem außer einer „Prometheus⸗ Ouvertüre“ noch die seinem Lehrer dem Prof. Bargiel gewidmete Sinfonie (Nr. 1) für großes Orchester und seine Zigeunersuite für Streichorchester zur Ausführung gelangten. Der noch in dem jugend⸗ lichen Alter von 24 Jahren sich befindende sehr fleißige Komponist hat außerdem bereits 100 Lieder mit Klavierbegleitung, eine Fiesko⸗ Ouvertüre“ und einen „Sapphischen Gesang“ für Alt und Hrchester geschrieben. Von den Liedern ist eine sehr reiche Zahl mit großem Beifall bereits öffentlich vorgetragen worden. In den Orchesterkompositionen bleibt bei einer sehr anzuerkennenden Erfindungsgabe für Melodie und bei klarer harmontscher Gestaltung doch mitunter noch eine größere Beherrschung der angestrebten Mittel zu wünschen, wie dies z. B. in dem Finale der Sinfonie zu bemerken war, deren beiden ersten Sätze uns als die gelungensten erschienen. Sowohl dies hervorragendste Werk des Programms als auch die Ouvertüre und die sehr originellen und anmuthigen Zigeunerweisen erfreuten sich des allgemeinen Beifalls von Seiten des leider nicht sehr zahl⸗ reich erschienenen Pubitkkums. Der Violinist Hr. von Mlynarski war plötzlich verhindert worden Die Ausführung der ge⸗ nannten Werke durch das Philharmonische Orchester war eine ganz vortreffliche. ““
Preußische Klassenlotterie. (Ohne Gewähr.)
Bei der gestern fortgesetzten Ziehung der 4. Klasse 183. Königlich preußischer Klassenlotterie fielen in der Nachmittagsziehung: 1 “
1 Gewinn von 40 000 ℳ auf Nr. 159 128.
1 Gewinn von 30 000 ℳ auf Nr. 51 563.
1 Gewinn von 10 000 ℳ auf Nr. 144 914.
1 Gewinn von 5000 ℳ auf Nr. 136 611. “
28 Gewinne von 3000 ℳ auf Nr. 2362. 9055. 13 731. 21 958. 44 549. 56 601. 60 054. 66 516. 72 530. 82 044. 82 699. 87 698. 90 194. 100 271. 111 435. 119 356. 138 251. 140 356. 142 421. 146 733. 153 248. 153 420. 160 532. ₰ 8 164 976. 179 066. 181 164. 181 495. 187 104.
40 Gewinne von 1500 ℳ auf Nr. 275. 2969. 13 448.
24 821. 25 675. 27 749. 34 720. 35 710. 37 831. 40 8632. 1n 41 696. 44050. 44 270. 58 076. 62 424. 72 820. 2.e“ 73 108. 98 379. 142 925. 144 422. 172 872.
76 160. 80 128. 83 969. 91 643. 95 104. 97 680. 103 362. 105 589. 120 689. 121 121. 131 927. 148 448. 148 677. 151 057. 171 99099. 173 349. 182 334. 188 760. 30 Gewinne von 500 ℳ auf Nr. 1273. 6763. 11 289.
17010. 18 268. 18 983. 22 736. 43 707. 63 034. 63 465. 67 810. 70 428. 71 755. 76 516. 85 933. 98 945. 102 09 7 114 769. 141 575. 189 948.
130 176. 130 888. 169 757. 175 679. 182 646.
121 135. 164 757.
119 974. 153 235.
Bei der heute fortgesetzten Ziehung der 4. Klasse
n in der Vor⸗
1 Gewinn von 50 000 ℳ auf Nr. 76 533.
1 Gewinn von 15 000 ℳ auf Nr. 183 935. Gewinn von 10 000 ℳ auf Nr. 37 510.
3 Gewinne von 5000 ℳ auf Nr. 76 580. 121 770.
157 344.
29 Gewinne von 3000 ℳ auf Nr. 6134. 14 536. 1
26 253. 26 946.
42 166. 42 806. 45 091. 50 097. 69
1“