nicht willkürlich einige Arten ausnehmen. Mit einigen seiner Partei⸗ genossen müsse er sich deshalb gegen die Kommissionsbeschlüsse wenden. Man könne nur aller Agitation auf dem Lande die Spitze abbrechen, wenn man die allgemeine Schadensersatpflicht anerkenne. “
Nach einer kurzen Bemerkung des Abg. Dasbach schließt die Diskussion über §. 1.
Der freisinnige Antrag wird abgelehnt, desgleichen der Antrag von Dobeneck.
In namentlicher Abstimmung wird alsdann der Theil des weiter von freisinniger Seite gestellten Antrages, nach welchem auch für Rehwild eine Schadensersatzpflicht anerkannt werden soll, mit 160 gegen 138 Stimmen angenommen; des Weiteren auch der andere Theil, der eine Schadensersatzpflicht auch für Fasanen festsetzt, und schließlich der ganze derartig modifizirte §. 1. 11 Wöö“
Der §. 2 wird nach kurzer Diskussion, an der sich die Abgg. Papendieck und von der Reck betheiligen, in der von der Kommission vorgeschlagenen Form angenommen.
8.3 bestimmt, daß bei Enklaven der Inhaber des umschließen⸗ den Frundstücks, sofern er die Jagd angepachtet oder die an⸗ gebotene Anpachtung abgelehnt hat, ersatzpflichtig sein soll.
Abg. von Schalcha widerspricht dieser Fassung, die den Groß⸗ grundbesitzer zu weit verpflichten würde, wäbrend Abg. Strutz die Bestimmung im Interesse des kleinen Landwirths aufrechterhalten wissen will. 1
Der §. 3 wird in der Kommissionsfassung angenommen.
§. 4 besagt, daß Jagdpachtverträge, welche bestimmen, daß in gemeinschaftlichen Jagdbezirken die Ersatzpflicht des Jagd⸗ pächters ganz oder theilweise ausgeschlossen sein soll, zu ihrer Gültigkeit die Genehmigung des Kreisausschusses bezw. des Stadtausschusses bedürfen, wenn Seitens auch nur eines Nutzungsberechtigten Widerspruch erhoben wird.
Abg Dr. Grimm beantragt noch hinzuzufügen: unter den gleichen Voraussetzungen werden Jagdpachtverträge, welche die Ersatz⸗ pflicht des Jagdpächters auf die Gesammtheit der Grundbesitzer über⸗ tragen, dem Beschädigten gegenüber rechtswirksam. 8
Der Antragsteller, wie der Abg. Francke (Tondern) befür⸗ worten diesen Antrag, der alsdann dem §. 4 der Kommissions⸗ vorlage einverleibt wird.
Um 3 3 ¾ Uhr wird die weitere Berathung vertagt.
Der Kommissionsbericht über die Einkommensteuer⸗Vorlage.
Dem Hause der Abgeordneten ist nunmehr über die Be⸗ rathungen der X. Kommission über den Entwurf eines Ein⸗ kommensteuergesetzes ein schriftlicher Bericht erstattet worden. Die Berathungen haben, wie wir dem Bericht entnehmen, siebzehn Sitzungen und außerdem noch drei Sitzungen von Subkommissionen in Anspruch genommen. Das Ergebniß sei in seinen Hauptpunkten in Folgendem kurz dargelegt.
Bei §. 1 ist die Definition der subjektiven Steuer⸗ pflicht dahin begrenzt worden, daß diejenigen preußischen Staatsangehörigen, welche in einem deutschen Schutzgebiete wohnen oder sich aufhalten, nicht einkommensteuerpflichtig sind. Weiter ist bezüglich der Steuerbefreiung derjenigen Staats⸗ angehörigen, welche ohne in Preußen einen Wohnsitz zu haben, seit mehr als zwei Jahren sich im Aus⸗ lande aufhalten, bestimmt worden, daß diese Be⸗ freiung keine Anwendung findet auf Reichs⸗ und Staats⸗ beamte, welche im Auslande ihren dienstlichen Wohnsitz haben und dort zu entsprechenden direkten Staatssteuern nicht heran⸗ gezogen werden. Die Besteuerung der „Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien und Berggewerk⸗ schaften, welche in Preußen einen Sitz haben, sowie derjenigen eingetragenen Genossenschaften, deren Geschäfts⸗ betrieb über den Kreis der Mitglieder hinausgeht“, ist von der Kommission bestätigt und noch dahin erweitert worden, daß „Konsumvereine mit offenem Laden der Einkommen⸗ steuer unterliegen“. Als steuerpflichtiges Einkommen dieser juristischeen Personen sind in Uebereinstimmung mit der Vorlage die Ueberschüsse, welche als Aktienzinsen oder Dividenden unter die Mitglieder vertheilt werden, be⸗ zeichnet worden; doch sollen hiervon statt 3 Prozent, wie die Vorlage vorschlug, 3 ½ Prozent des Aktienkapitals vorweg in Abzug gebracht werden. „An Stelle des Letzteren tritt — so hat die Kommission näher definirt — bei ein⸗ getragenen Genossenschaften die Summe der eingetragenen Geschäftsantheile der Mitglieder, bei Berggewerkschaften das aus dem Erwerbspreise und den Kosten der Anlage und Ein⸗ richtung bezw. Erweiterung des Bergwerks sich zusammen⸗ setzende Grundkapital oder, soweit diese Kosten vor dem 1. April 1892 aufgewendet sind, nach Wahl der Pflichtigen der zwanzigfache Betrag der im Durchschnitt der letzten vier Jahre vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes vertheilten Aus⸗ deute.“ Weiter hat die Kommission die in Preußen thätigen Agenturen bezw. Agenten von außerhalb Preußens ihren Sitz habenden gewerblichen Unternehmungen für steuerpflichtig erklärt. Da nach dem Beschluß der Kommission Reichs⸗ und Staatsbeamte, welche sich im Auslande aufhalten, besteuert werden sollen, Falls sie dort zu entsprechenden Staatssteuern nicht heran⸗ gezogen werden, ist unter Zustimmung des Finanz⸗Ministers weiter beschlossen worden, daß eine Befreiung der Vertreter fremder Mächte oder der Bundesstaaten, sowie derjenigen Personen, denen sonst nach vöͤlkerrechtlichen Grundsätzen oder nach be⸗ sonderen, mit anderen Staaten getroffenen Vereinbarungen ein Anspruch auf Befreiung von der Einkommensteuer zu⸗ kommt, in denjenigen Fällen ausgeschlossen ist, in welchen in den betreffenden Staaten Gegenseitigkeit nicht gewährt wird.
Betreffs der Heranziehung der Reichsunmittelbaren hatte in §. 4 die Regierung vorgeschlagen:
Die Häupter und Mitglieder der Familien vormals unmittel⸗ barer deutscher Reichsstände, welchen das Recht der Betreiung von ordentlichen Personalsteuern nachweislich zusteht, unterliegen der Einkommensteuner vom 1. April 1894 ab.
Die für Aufhebung der bisherigen Befreiun ewährende ädigung wird durch beson esen geregelt
Entschä Dieser Paragraph erhielt durch die Kommission folgende
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29
milien vormals unmittel⸗ 8 Recht der Befreiung von en zu der Einkommen⸗ ne 1 igezogen, in welchem ch besonderes Gef ntschädigung für die auf⸗ ebende Befreiung von Einkommensteuer geregelt n wird. Es wurde hierfür geltend gemacht, daß diese Fassung dem bestehenden Rechtszustande am meisten Rechnung tragen würde. Der Finanz⸗Minister sprach sich für die Beibehaltung der Regierungsvorlage aus und führte aus: Der in der Vor⸗
e Häupter und Mitglieder der barer deutscher Reichsstände, welchen ordentlichen Personalsteuern zusteht, we ner von dem Zeitpun
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raum sei zur Erledigung vollständig ausreichend; auch sei es genügend, wenn das Prinzip der Entschädigung hier in dem vor⸗ liegenden Gesetze zum Ausdruck gelange; mit der (von der Kom⸗ mission angenommenen) Fassung würde in dem Gesetz nicht ausgesprochen sein, daß auf diesem Gebiete künftighin keine Steuerprivilegien mehr bestehen würden, und auf eine der⸗ artige Klarstellung würde Seitens der Staatsregierung Ge⸗ wicht gelegt, da dieselbe die Verhandlungen mit den Steuerfreien erleichtern würde; es sei daher die Annahme der Regierungsvorlage zu empfehlen. Wir kommen zu dem Steuertarif, welcher eine wesentliche Aenderung erfahren hat. Die überwiegende Mehr⸗ heit der Kommission gab bei Berathung des Tarifs der An⸗ sicht Ausdruck, daß die Vorlage nicht bloß eine gleichmäßige und gerechtere Veranlagung der Steuerpflichtigen herbeiführen, son⸗ dern auch in ihrem finanziellen Effektdie Grundlage für die Reform der gesammten direkten Staatssteuern und Kommunalsteuern bilden solle, und daß daher der aus dem Gesetz zu erwartende Mehrertrag nicht andererseits in erheblichem Umfang gemindert werden dürfe. Gleichwohl war man der Ueberzeugung, daß in einer mäßigen theilweisen Herabsetzung des Tarifs der finanzielle Effekt des Gesetzes bei den aus der richtigeren Veran⸗ lagung, sowie der Besteuerung der juristischen Personen zu er⸗ wartenden großen Mehreinnahmen noch nicht erheblich ge⸗ fährdet werden würde, um so weniger, wenn eine Er⸗ höhung in den oberen Stufen andererseits Mehr⸗ erträge verschaffe. Es herrschte Uebereinstimmung darüber, daß die mittleren Einkommen in der Vorlage zu hoch besteuert seien, da gerade in diesen Stufen die relative Steuer⸗ kraft oft gering und eine Ermäßigung gegen den bisherigen Steuersatz nöthig sei, während nach der Vorlage in vielen Stufen, z. B. den oberen Hälften der bisherigen Einkommen⸗ steuerstufen, sogar eine Erhöhung gegen jetzt ein⸗ getreten sei. Der Finanz⸗Minister erklärte, daß eine Herabsetzung der unteren und mittleren Stufen einen sehr erheblichen Ausfall verursachen würde; man dürfe, wenn das Reformprogramm durchgeführt werden solle, die Mehrerträge, auf die man rechnen könne, nicht wegstreichen. Freilich sei den auf Erleichterung gerichteten Bestrebungen eine gewisse Billigkeit nicht abzusprechen, doch sei Vorsicht ge⸗ boten. Die Kommission beschloß nun einerseits eine Herabsetzung der unteren und mittleren Einkommen, indem sie die Stufen von 9500 — 10 500 ℳ in Ueberein⸗ stimmung mit der Vorlage als Ausgangspunkt der Degression von 3 Proz. beibehielt, aber diese Degression bis zu 2400 ℳ herab gegen die Vorlage verschärfte; andererseits beschloß sie, das Einkommen von über 30 500 ℳ mit mehr als 3 Proz. allmählich ansteigend zu besteuern, bis zu einem Ein⸗ kommen von 100 000 ℳ, wo eine vierprozentige Be⸗ steuerung eintreten soll, die dann aber für die höheren Ein⸗ kommen verbleibt. Der Finanz⸗Minister erklärte, daß er nicht in der Lage sei, eine Erklärung Seitens der Königlichen Staatsregierung hierüber abzugeben. Die vierprozentige Be⸗ steuerung komme auf eine Progressivsteuer hinaus, und mit der Höhe des Steuersatzes werde die Gefahr mangel⸗ hafter Deklaration wachsen. Die Höhe des Steuer⸗ fußes stehe auch mit der Frage der Besteuerung des fundirten Einkommens in enger Verbindung, und dieser Frage könne erst im Zusammenhang mit der nothwendigen Neuordnung des Kommunalsteuerwesens nähergetreten werden. Im Uebrigen würde der Ausfall, welcher durch Herabsetzung der für die kleinen und mittleren Einkommen vorgeschlagenen ö stehen würde, kaum durch die stärkere Heran⸗
n Einkommen gedeckt werden können. Nach
erboden werden von einem Einkommen
1800 2100 2400 2700 3000 3300 3600 3900 4200
“ 276
Bei Einkommen von mehr als 9500 bis einschließlich 10 500 ℳ beträgt die Steuer 300 ℳ und steigt bei höherem Einkommen bis einschließlich 100 500 ℳ in Stufen von je 1000 ℳ um je 30 ℳ, von da ab in Stufen von je 5000 ℳ um je 150 ℳ 8
Nach den Beschlüssen der Kommission hat §. 17 folgende Fassung erhalten:
Die Einkommensteuer beträgt jährlich bei einem Einkommen
on mehr al bis einschließlich: ℳ 1 900 1050 1200 1350 1500 1650 1800 2100 2400 3000 3300 3600 3900 4200 4500 5000 5500 6000 6500 7000 7500 8000
8
Sie steigt bei höberen Einkommen von mehr als bis einschließlich i ℳ ℳ ℳ
10 500 30 500 30 30 500 32 000 60 32 000 78 000 899 80 78 000 100 000 2 000 100
Bei Einkommen von mehr als 100 000 ℳ bis einschließlich
105 000 ℳ beträgt die Steuer 4000 ℳ und steigt bei höheren Ein⸗ kommen in Stufen von 5000 ℳ um je 200 ℳ
Weiter wurde in §. 18 die Ermäßigung der Steuersätze,
wonach für jedes unter 14 Jahren alte Familienglied von einem steuerpflichtigen Einkommen von 3000 ℳ und darunter je 50 ℳ in Abzug gebracht werden können, dahin erweitert, daß bei Vorhandensein von drei oder mehr solcher Familien⸗ glieder auf jeden Fall eine Ermäßigung um eine Stufe statt⸗ finden soll. schaftliche Verhältnisse beeinträchtigten Leistungsfähigkeit bei der Veranlagung bis auf Emnkommen von 9500 ℳ (statt 6000 ℳ) in der Weise ausgedehnt werden können, daß eine Ermäßigung um höchstens drei Stufen eintritt.
Ferner soll die Berücksichtigung der durch wirth⸗
Die Kommission hat ferner die Steuerdeklarations⸗
pflicht verschärft. Nach dem Entwurf verliert Derjenige, welcher die ihm obliegende Steuererklärung binnen einer vor⸗ geschriebenen Frist nicht abgiebt, nur die gesetzlichen Rechts⸗ mittel gegen die Einschätzung für das betreffende Steuerjahr. Nach den Beschlüssen der Kommission soll indeß, wer die Steuer⸗ erklärung nach abermaliger Aufforderung nicht abgiebt, neben der veranlagten Steuer einen Zuschlag von 25 Proz. zu derselben zahlen und außerdem die durch seine Unterlassung dem Staat entzogene Steuer entrichten.
1 (§. 30.) Die Majorität war hierbei der Ansicht, daß die durchaus zu erstrebende Selbst⸗ erklärung aller Deklarationspflichtigen durch die Vorlage noch nicht in genügendem Maße sichergestellt und daß die Ver⸗ schärfung geboten sei. Seitens des Finanz⸗Ministers wurde hierbei folgende Erklärung abgegeben:
Die Königliche Staatsregierung sei bedenklich gewesen, in dem Entwurf mit den Strafbestimmungen über das absolut Nothwendige hinauszugehen und habe deshalb an die Unterlassung der Deklaration hier nur den Verlust der Rechtsmittel geknüpft. Sie habe sich dabei gesagt, daß auf diesem Wege bei entsprechend schärferer Einschätzung derjenigen Personen, welche sich der Erfüllung ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Abgabe der Steuererklärung entzogen bätten, wenigstens allmäblich die Deklarationspflicht voll zur Durchführung gelangen werde. Auf der anderen Seite sei aber nicht zu verkennen, daß eine Verschärfung der Nachtheile für den Censiten bei Unterlassung der Deklaration wahrscheinlich sehr viel schneller zum Ziele führen werde. Wolle die Landesvertretung in dieser Richtung einen Schritt weitergehen, so könne er dem nicht wohl entgegen⸗ treten, er sei aber auch nicht in der Lage, die Regierungsvorlage fallen zu lassen. Er müsse hiernach der Kommission die Ent⸗ scheidung darüber überlassen, ob sie dem Landtage einen ent⸗ sprechenden Vorschlag machen wolle Der Einwand, daß die Kom⸗ missionen durch entsprechend niedrigere Einschätzung die Wirkung des Zuschlags um 25 % illusorisch machen könnten, sei un⸗ zutreffend, da in einem derartigen Verfahren ein sehr viel höherer Grad von Pflichtverletzung liegen würde, als wenn die Kommissionen bei der Einschätzung nur eine gewisse Milde walten ließen. Es sei auch zweifellos gegen Jeden, welcher sich seiner Ver⸗ pflichtung zur Selbstdeklaration entzogen habe, in der Regel der Verdacht vorhanden, daß er dies in der Absicht gethan habe, eine niedrigere Einschätzung dadurch zu erreichen. Die Unterlassung der Deklaration sei also als eine Thatsache anzusehen, welche bei der Einschätzung unbedingt berücksichtigt werden müsse, und die Kommissionen seien daher jedenfalls berechtigt und verpflichtet, einen trotz der ihm obliegenden Verpflichtung nicht deklarirenden Steuerpflichtigen höher einzuschätzen. Es werde daher, auch wenn der (von der Kommission angenommene) Antrag nicht an⸗ genommen werde, im Wege der Instruktion eine entsprechende An⸗ weisung dahin getroffen werden, daß in allen geeigneten Fällen, wo von Seiten der Kommissionen auf die Thatsache der Nichsdeklaration keine entsprechende Rücksicht genommen worden sei, durch den Vor⸗ sitzenden auf dem Berufungswege Abhülfe geschaffen werde.
Die Bestimmungen über Organe, Bezirke und Verfahren der Veranlagung, über die Rechtsmittel (Berufung, Beschwerde, Steuergerichtshof), über die Geschäftsordnung der Vorein⸗ schätzungs⸗, Veraalagungs⸗ und Berufungskommissionen, über die Oberaufsicht, über die Veränderung der veranlagten Steuer während eines Steuerjahres, Steuererhebung, die Strafbestimmun⸗ gen und über die Kosten sind nur unwesentlich geändert worden. Betreffs der Heranziehung zu Kommunalabgaben sowie Re⸗ gelung des Wahlrechts ist beschlossen worden, bei der Bildung von Urwähler⸗Abtheilungen für die Wahlen zum Abgeordnetenhause u. s. w. für jede nicht veranlagte Person einen Steuerbetrag von 3 ℳ (statt 2,40 ℳ) an Stelle der bisherigen Klassensteuer zum Ansatz zu bringen, ferner folgenden Absatz in §. 79 hinzuzufügen:
Bis zu anderweiter, in Folge der Ueberweisung von Grund⸗ und Gebäudesteuer an kommunale Verbände etwa erforderlich werdender Abänderung der Vorschriften über die Wahlen zum Hause der Abzeordneten, wird in Gemeinden, welche in mehrere Urwahlbezirke getheilt sind, — unter Abänderung der betreffenden Bestimmungen des §. 10 der Verordnung vom 30. Mai 1849 (Gesetz⸗Samml. 1849, S. 205) — für jeden Urwahlbezirk eine besondere Abtheilungsliste gebildet.
In Uebereinstimmung mit der Erklärung des Finanz⸗ Ministers erachtete die Kommission mit 16 gegen 10 Stimmen, daß hiermit eine Verfassungsänderung nicht gegeben sei.
Zum Schluß sind noch die Beschlüsse Betreffs der Verwen⸗ dungder Ueberschüsse zuerwähnen. Die Kommission beschloß bei §. 84, daß, wenn die Einnahmen aus der Einkommensteuer für das Jahr 1892/93 und die folgenden Jahre 80 Millionen Mark übersteigen, die Ueberschüsse nebst 4 Proz. Zinsen (statt 5,15 Proz.) nach Maßgabe eines zu erlassenden besonderen Gesetzes, zur Durchführung der Ueberweisung von Grund⸗ und Gebäudesteuer an kommunale Verbände verwandt werden müssen, und daß sie bis zum Erlasse eines solchen Gesetzes, jedoch längstens bis zum Etatsjahre 1893,94 einschließlich zu einem besonderen Fonds, welcher einschließlich der Zusen zu gleichem Zweck verwandt werden soll, abzuführen sind. Die Einschränkung der Vorlage, daß die eberschüsse, soweit wird, zu
den Staatshaushalts⸗Etat verfügt
sämmtliche Ressorts ein besonderer Anreiz gegeben sei, mit
zutreten. Gegen die Herabsetzung des Prozentsatzes (5,15 auf 4 Proz.) wurde Seitens des ““ Widerspruch erhoben. Wenn das ebengedachte Ver⸗ wendungsgesetz nicht bis 1. April 1894 (statt 1895, wie die Vorlage wollte) ergangen ist, werden die Ueberschüsse zu den von der Vorlage bezeichneten Steuererlassen verwendet. Für das Inkrafttreten des Einkommensteuergesetzes ist in
anlagung nach dem neuen Gesetz für das Jahr 1892 93 zum
lag zur Regelung der Entschädigungsfrage vorgesehene Zeit⸗ “
ersten Mal in Anwendung kommen soll.
darüber nicht zur Bedeckung von Staatsausgaben durch
dem bezeichneten Zweck verwandt werden sollen, wurde ge⸗ strichen, da in derselben nach Ansicht der Kommission für
weitgehenden Forderungen an die Finanzverwaltung heran⸗
Uebereinstimmung mit der Vorlage festgestellt, daß die Ver⸗
Statistik und Volkswirthschaft.
8 Deutscher Landwirthschaftsrath.
„Ighn der gestrigen Sitzung wurde die Debatte über den Entwurf eines deutschen Heimstättengesetzes fortgesetzt. Nach längeren Verhandlungen wurden folgende Beschlüsse gefaßt: b
E1 wolle erklären:
I. In der Erlassung eines fakultativen Heimstättere i Verschuldungsbeschränkung und Schutz gegen —1 ment ein Akt praktischer Sozialpolitik, der die Widerstandskraft der bäuer⸗ lichen Bevölkerung zu stärken und die Ansässigmachung von Land⸗ arbeiterfamilien in jenen Gegenden, in denen diese des eigenen Grundes und Bodens entbehren, zu fördern geeignet ist.
II. Dem vorgelegten Gesetzentwurf gegenüber Stellung zu nehmen, erachtet der Landwirthschaftsrath für unthunlich: a. weil es zweifel⸗ haft sein kann, ob der Erlaß eines Gesetzes in vollem Umfange zur Zuständigkeit der deutschen Reichs⸗Gesetzgebung gehört, b. weil eine vorgängige Klärung der bestehenden Rechtsverhältnisse geboten sein dürfte und weil eingehende Ermittelungen darüber erforderlich erscheinen, ob ein Bedürfniß vorhanden ist, ein Gesetz für das Ge⸗ sammtgebiek des Deutschen Reiches oder nur für einzelne Theile des⸗ zu erlassen. 1
II. Der deutsche Landwirthschaftsrath beschließt daher, di landwirthschaftlichen Centralvereine aufzufordern, die Sabrhätten⸗ frage und die damit zusammenhängenden ländlichen Zustände einer eingehenden Prüfung zu unterziehen und deren Ergebniß dem deutschen “ Behufs weiterer Behandlung der Sache mitzu⸗
en. 8 IVv. 1) Bei der Erlassung eines Zwangsvollstreckungsgesetzes in Liegenschaften für das Deutsche Reich en Annahme “ Deckungssystems (im Gegensatze zum Verkaufssystem) Bedacht zu “ ö ergehenden Vollstreckungsbefehle in vangshypothe m den Liegenschaft es Schuldners 1be gshyp an den Liegenschaften des Schuldners 2) Von der Zwangsvollstreckung in landwirthschaftliche Anwesen soll (allgemein oder doch wenigstens gegenüber der Zwangs⸗ und Sicherungshvpothek) — in folgerichtiger Ausbildung des dem §. 715 der C.P ⸗O. zu Grunde liegenden Gedankens — unter Wabrung der Rechte der Gläubiger, die zur Zeit der Erlassung eines solchen Spezialgesetzes bereits bestanden haben, ein Besitzminimum, über dessen Größe die Landesgesetzgebung Bestimmung zu treffen hat und dasn neben 8 Wohn⸗ her Wirthschaftsräumen eine im Ver⸗ hã zum Gesammtbesitz zu bemessende Flä z fassen käer agzerenmen tz zu bemessende Fläche Land zu umfassen
.3) Es soll (in Nachbildung der bezüglichen Vorschriften des fü Oesterreich ergangenen Zwangsvollstreckungsgesetzes) üͤberall “ wenn bei der Zwangsvollstreckung in landroenthschaftlich Grundstücke auf dem Versteigerungstermin (Tagfahrt) ein bestimmter, im Gesetz zu bezeichnender Theil des Schatzungswerths der Liegenschaft nicht er⸗ reicht wird, der Richter befugt sein, auf Antrag des Schuldners die Ehiftellans des 1 zu verfügen mit der Wirkung, daß inner⸗
bisser, nicht zu kurz zu ss ist die Wiederauf e b5 Ferehehs unterg eeee Frist die Wiederaufnahme
Landes⸗Oekonomie⸗Rath Freiherr Dr. von Canstein (Berli berichtete alsdann über die Thätiakeit der im 11 SE Kommission zur Belämpfung der Futtermittel⸗Ver⸗ fälschung. Die Kommission habe sich mit dem Verbande deutscher Müllerei⸗Interessenten, Futtermittel⸗Fabrikanten ꝛc. in Verbindung gesetzt. Die Kommission habe bereits günstige Erfolge erzielt, es sei gelungen verschiedene Fälschungen festzustellen, es würde sich daber empfehlen, die Kommission weiter bestehen zu lassen. — Der Landwirthschafts⸗ rath beschloß, sogleich dem Wunsche des Antragstellers stattzugeben. — Uhlemann (Görlitz in Sachsen) referirte alsdann üicen Jete un aendleelen Die Versammlung stimmte 14 en folgenden Gegenstand bildete: Der Kontr e ländlichen Arbeiter. Der Referent, Rittergutsbesi e 5 von Roed er (Ober⸗Ellguth i. Schles.) stellte den 1) Der deutsche Landwirthschaftsrath wolle erklären: eine reichsgesetzliche Rege⸗ lung der Frage, betreffend den Kontraktbruch der ländlichen Arbeiter und des Gesindes, ist erforderlich. 2) Der deutsche Landwirthschaftsrath wolle seinen Ausschuß ersuchen: nach Rückfrage bei den deutschen Central⸗ vereinen bestimmte VBorschläge zu machen darüber, in welcher Weise diese Regelung erfolgen soll. Die den Centralvereinen vorzulegen⸗ den Fragen würden etwa folgende sein: 1) Welche Bestimmungen sind im dortigen Bezirk gegenwärtig maßgebend hinsichtlich des Kontraktbruchs der ländlichen Arbeiter und des Gesindes? 2) Soll eine reichsgesetzliche Regelung der einschlagenden Bestimmungen er⸗ folgen : a durch Einführung bezw. Ausdehnung der polizeilichen Zwangs⸗ mittel? b. durch Einführung bez. Verschärfung der Strafbestim⸗ mungen? c. durch Einführung der Bestimmung, daß Arbeiter nur angenommen werden dürfen, wenn sie eine Bescheinigung beibringen daß dem Arbeitsverhältniß kein Hinderniß entgegensteht und daß der neue Arbeitgeber, wenn er dieser Bestimmung entgegen handelt, nicht nur straffällig, sondern auch dem rechtmäßigen Arbeitgeber gegenüber regreßpflichtig wird? d. welche weiteren Anträge werden von den Centralvereinen noch gestellt?“
Oekonomie⸗Rath Dr. Buerstenbinder (Braunschweig) befür⸗ wortete folgenden Antrag: I. Der deutsche Landwirthschaftsrath erklärt: 1) Der immer mehr um sich greifende Kontraktbruch der ländlichen Arbeiter gefährdet nicht nur den landwirthschaftlichen Betrieb des einzelnen Arbeitgebers, sondern hat durch Schädigung der produzirten Nahrungsmittel und Schwächung der Leistungsfähigkeit des Grund⸗ besitzes gemeingefährliche Ausdehnung angenommen; eine reichsgesetz⸗ liche Regelung dieser Frage ist deshalb erforderlich. 2) Die civil⸗ rechtliche Schadenersatzklage zur Verfolgung der verletzten Rechte des Arbeitsgebers ist in fast allen Fällen bei der Besitzlosigkeit des Arbeiterstandes erfolglos. 3) Das Versahren bei Streitigkeiten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer über Antritt, Fortsetzung und Aufhebung des Dienst⸗ und Arbeitsverhältnisses muß durch dssg “ S der Orts⸗Polizeibehörde ge⸗ regelt werden, ohne der späteren richterlichen Entscheidung vorzugreifen. 4) Der böswillige Kontrakrbruch sowie die — veit felben ist strafrechtlich zu verfolgen und mit angemessenen Strafen zu be⸗ drohen. 5) Eine Einbehaltung des Lohnes zu einem vrozentualen Satze oder für eine bestimmte Zeitdauer ist dem Arbeitgeber bis zur Erfüllung des Kontraktes durch den Arbeiter bei vorher erfolgter Ab⸗ machung gestattet. II. Der deutsche Landwirthschaftsrath beschließt seinen Vorstand zu beauftragen, an den Herrn Reichskanzler das
rsuchen zu richten, im Sinne vorstehender Erklärungen eine reichs⸗ gesetzliche Regelung der Bestimmungen über den Kontraktbruch herbei⸗ zuführen.“ — Die Debatte hierüber wurde auf heute vertagt.
In der heutigen Sitzung wurde schließlich der Antrag des Refe⸗ renten abgelehnt, der Antrag des Korreferenten Landes⸗Oekonomie⸗ Raths Dr. Buerstenbinder dagegen fast einstimmig angenommen.
Zur Arbeiterbewegung Das Centralorgander sozialdemokratischen Partei „Vor⸗ wärts“ veröffentlicht nunmehr die Unsprache der Reichstagsfraktion an die Parteigenossen. (Vgl. Nr. 26 d. Bl.) Es heißt in derselben u. A.: In Ausführung des auf dem Parteitage zu Halle a. S. gefaßten Be⸗ schlusses und in Rücksicht auf die Nothwendigkeit, die im Jahre 1889 vom internationalen Arbeiterkongreß zu Paris beschlossene Kundgebung zu Gunsten des Achtstundentags zu einer einheitlichen und wirksamen zu gestalten hat die Fraktion mit allen gegen eine Stimme beschlossen: Den deutschen Arbeitern zu empfehlen, die Maifeier am ersten Sonntag im Mai zu begehen, und weiter dahin zu wirken, daß auch für die Zukunft der gleiche Tag festgehalten wird. Als Hauptgrund für diese Ent⸗ scheidung fiel ins Gewicht, daß ein Tag zu wählen sei, welcher der gesammten Arbeiterklasse die Betheiligung an der Knund⸗ gebung ermöglicht. — Hierzu erscheint nur der Sonntag eeignet. Als besondere „Hinderungsgründe“ für das laufende ahr (der Wahl des Sonntags vor dem Wochentage den Vorzug zu
¹während der verflossenen barten Wintermonate und die zunehmende wirthschaftliche Krise angeführt, welche „die gesammte Arbeiterschaft in noch böherem Grade als sonst der Willkür der Unternehmer preis⸗ giebt“’. — Es sollen nun unverzüglich alle Vorbereitungen für die Feier getroffen werden, welche insbesondere in Massenausflügen Massenumzügen und Massenversammlungen bestehen soll — Breslau wird der „Köln. Ztg“ unter dem 3. d M. ge⸗ schrieben: Zum ersten Mal hat die sozialdemokratische Partei hierselbst einen „Parteitag für Schlesien und Posen“ abge⸗ halten. Es waren 64 Deputirte erschienen. Der Reichstags⸗Abge⸗ ordnete Tutzauer sprach über Organisation und A gitation Es solle ein Netz von allen möglichen Arbeitervereinen über ganz Schlesien und Posen ausgebreitet werden; dieselben müßten, da das Vereinsgefetz ihre Zusammenfassung verbiete, durch das geistige Band der Idee zusammengefügt werden. Za Agitatoren seien die gewerkschattlich vorgeschrittenen Genossen am Geeignetsten und für die ländliche Agitation eigneten sich die auf dem Lande aufgewachsenen Leute. In Oberschlesien und Posen würden polnische Agita⸗ toren, d. h. solche, die des Polnischen in Wort und Schrift mächtig sind, allgemeine Biloung besitzen und über gute Kenntnisse in der Sozialpslitik verfügen, vorgevildet, und ihre Ausbildung sei bald beendet, sodaß sie dann sofort ins Feuer geschickt werden könnten ““ 2* das Material an guten Rednern knapp, und das werde b usbreitung der Sozialdemokratie auf dem flachen Lande In „Neumünster tagte, wie der „Vorwärts“ berichtet, am 1. und 2. d. M. ein Parteitag für Schleswig⸗Holstein Vertreten waren 54 Orte durch 75 Delegirte. Ueber die Orga⸗ nisation der Partei sprach Bentrup aus Flensburg, den Organi⸗ sationsentwurf, wie er auf dem Parteitage in Halle angenommen erläuternd. Molkenbuhr sprach über die Agitation in der Provinz, darauf hinweisend, daß die sozialdemokratischen Ideen auch unter den ländlichen Arbeitern, die zum überwiegenden Theil der Partei noch fern stehen, verbreitet werden müßten. 1 Der „Hag. Ztg.“ wird aus Silschede geschrieben: In der Ver⸗ handlung der Belegschaft von Zeche „Vereinigte Trappe“ am Diensta is alle Wa e. ö ⸗BVereinigte ppe, am Dienstag ist aller Wahrscheinlichkeit nach die Grund⸗ lage für eine Verständigung gelegt worden Geheimer Rath Boelling aus Köln, der den Grubenvorstand vertrat, hat den Lohnforderungen (4, ℳ für den Vorhauer und 2,50 ℳ für Schlepper und dergl. pro Schicht) zugestimmt. Hinsichtlich des früher erwahnten Verhaltens einiger Zechenbeamten wünscht man eine Aenderung und überhaupt eine be⸗ stimmtere Zusicherung des Vereinbarten. Gestern sollte eine Sitzung h1V161686u“ stattünden und man hielt es nicht für e Aoffser. daß die Belegschaft schon heute Mittag wieder an⸗ Die „Rh.⸗Westf. Ztg.“ meldet aus Bochum nach einem Tele⸗ gramm der „Köln. V.⸗Ztg.“, daß am 15. d. M. eine Delegirten⸗ versammlung sämmtlicher Zechen des niederrheinisch⸗ westfälischen Industriebezirks stattfinde, deren Zweck die Auf⸗ stellung der den Bergwerks⸗Verwaltungen vorzulegenden Forderun⸗ gen auf Grund der Müllensiefen'schen Erklärung sei. Auch die Bergleute des Saar⸗, Wurm, und schlesischen Reviers seien eingeladen, und die Führer aller Bezirke würden sich beth iligen. Die beiden Bergarbeiter⸗Verbände seien „in dieser Be⸗ ziehung“ einig. 8 8— — In Duderstadt veranstalteten die Sozialdemokraten am Dienstag eine öffentliche Volksversammlung, welche, wie der Hann. C.“ mittheilt, aus Stadt und Umgegend sehr stark besucht war Von der über 600 Personen zählenden Versammlung bestand jedoch kaum der sechste Theil aus Leuten, die sich offen zur Sozialdemokratie be⸗ kennen; die Mehrzahl waren Katholiken, die zum Theil unter An⸗ führung ihrer Geistlichen erschienen waren, um den Sozialisten ent⸗ gegenzutreten. Der von letzteren beanspruchte Vorsitz wurde ihnen durch eine erdrückende Mehrheit verweigert. Der sozialdemokratische Agitator Paul aus Hannover kam erst an dritter Stelle zum Wort Er hatte die Lage vollkommen begriffen und half sich nicht ungeschickt, indem er zu allgemeiner Ueberraschung einen Vortrag über das Invaliditäts⸗ und Altersversorgungsgesetz hielt der streng sachlich und frei von jedem Angriff auf das Gesetz war. Aufgefordert, das angekündigte Thema: Die Bestrebungen der Sozialdemokratie“ zu erörtern, hielt er noch eine Rede über dieses Thema, in der er sich auch sehr gemäßigt zeigte und unter Anderem hervorhob, daß seine Partei keineswegs den gewaltsamen Umsturz wolle, sondern auf friedlichem Wege ihre Ziele zu erreichen trachte daß sie als Gegnerin jedes Ausnahmegesetzes auch für die Rück⸗ berufung der Jesuiten eintreten werde. Die letzte Erklärung wurde mit Stillschweigen hingenommen. Nach Paul sprachen noch zwei katholische Geistliche, worauf die Versammlung geschlossen wurde. In Leipzig fand vorgestern eine zweite Versammlung der Delegirten aus den Schneiderwerkstätten statt, in welcher der „Lpz. Ztg.“ zufolge die Berichterstattung über die Lohn⸗ Wund Arbeitsverhältnisse fortgesetzt und sodann beschlossen wurde, in jeder Werkstelle eine besondere Kasse zu errichten, aus der die Mittel zur Unterstützung durchreisender Kollegen an den Vertrauens⸗ mann abgegeben werden sollen. Weiter beschäftigte sich dis Versan lung mit der Frage der besseren Organisation und wirksameren Agitation unter der Leipziger Gehülfenschaft und eschloß, die Agitationskommission zur Abhaltung öffentlicher Versammlungen Win den Vororten und bei diesen Gelegenheiten die Wahl von Vertrauens⸗ personen für diese Vororte bezw. Bezirke zu veranlafsen. 1 Wie der „Köln. Ztg.“ aus Charleroi telegraphirt wird, haben die 300 Arbeiter des Walzwerks Pierard wegen Lohnkuüͤrzu die Arbeit eingestellt. “
Kunft und Wissenschaft.
Der hiesige französische Botschafter Herbette wie die „Nat.⸗Ztg.“ mittheilt, folgendes 1.“ das EE comité der Berliner internationalen Kunstausstellung gerichtet: „Ich habe das Schreiben erhalten, das Sie unter dem 22. Jannar an mich gerichtet haben, und in welchem Sie dem Wunsch Ausdruck leihen, daß sich bervorragende französische Maler und Bildhauer an der im Mai zu eröffnenden Ber⸗ liner Kunstausstellung betheiligen möchten. Die Regierung der Fran⸗ zösischen Republik hat mit Dank diese gefällige Mittheilung, die ich mich beeilt habe ihr zu unterbreiten, entgegengenommen, und wenn sie auch nicht in amtlicher Weise bei einem Privatunternehmen sich betheiligen kann, so wird sie doch mit Vergnügen sehen, wenn die französischen Künstler dem an sie ergangenen Ruf Folge leisten Die Regierung giebt sich dabei gern der Hoffnung hin, daß unge⸗ achtet des Zusammenfallens der in Paris, München und Moskau in diesem Jahre zu veranstaltenden Ausstellungen, die französischen Künstler es möglich zu machen wissen werden, eine der Berliner .ve würdige Kollektion von Kunstwerken zur Anschauung zu ringen. 8
— Der Hauptvorstand der Allgemeinen deutschen Kunst⸗ genossenschaft, als welcher z. Z. der Vorstand des Vereins Ber⸗ liner Künstler fungirt, hat der „Nat⸗Ztg.“ zufolge nach reiflicher Prüfung der Verhältnisse beschlossen, von einer Betheiligung an der durch Hrn. John K. Whitelv vertretenen deutschen Aus⸗ stellung in London Abstand zu nehmen.
— Der Verein deutscher Ingenieure hat zwei Preis⸗ ausschreiben erlassen, welche in ihren Zielen sich mit der Lösung der Frage beschäftigen, wie in den großen Städten der Belästigung durch Rauch und Ruß abgeholfen werden könne, möge diese Be⸗ lästigung nun von Fabrikanlagen oder von Feuerungseinrichtungen für Haushaltungszwecke herrübren. Unter Aussetzung von 8000 ℳ soll zunächst eine Feststellung unserer derzeitigen Erkenntnisse auf dem in Frage stehenden Gebiet anzgestrebt werden. — In dem ersten Preisausschreiben wird verlangt eine Abhand⸗ lung über die bei Dampfkesseln angewandten Feuerungs⸗ einrichtungen zur Erzielung einer möglichst rauchfreien Verbrennung. (Lösungsfrist: 31. Dezember 1892). In dem zweiten Preisausschreiben
geben) wird die außergewöhnlich lang andauernde Arbeitslosigkeit
wird verlangt eine Abhandlung über diejenigen Feuerungseinrichtungen,
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welche für Haushaltungswecke und für die gewerblichen Betriebe, namentlich der größeren Städte Behufs Erzielung einer möglichst rauchfreien Verbrennung bisher ange wandt wurden Mit den Dampf⸗ kesselfeuerungen, für welche das erwähnte besondere Preisausschr eiben erlassen worden ist, braucht sich die letztere Abhandlung nur insowei zu befassen, als sie, gegebenenfalls gestuͤtzt auf die Lösung der soeben bezeichneten Preisaufgabe, in eine Klarstellung der verhältnißmäßigen Vollkommenheit oder Unvollkommenheit der Dampfkesselfeuerun 8 gegenüber den Feuerungen dieses Preisausschreibens ingutteten bat (Lösungsfrist: 31. Dezember 1894) — Die bewährten Feuerungseinrich⸗ tungen sind durch Zeichnungen möglichst vollständig e Das Preisgericht ist ermächtigt, als Entschärigung für diese Zeichnungs⸗ arbeit (außer dem Preise von je 3000 ℳ) eine Vergütung bis; Höhe von je 1000 ℳ zuzuerkennen. Die Preisbewerbung ist 1 beschränkt insbesondere weder an die Mitgliedschaft des Vere deutscher Ingenieure, noch auch an die deutsche Staatsangehörigk gebunden. “
1 sführung des Grimm⸗Denkmals in Hanau ist wie man der „Frkf. Ztg.“ von dort berichtet, am 4 d. M. dem Professor Eberle in München durch das Grimm⸗Comité übertrage worden. Nach dem Vertrage soll das Denkmal, die Hauptgruppe a Bronze, der Sockel aus polirtem schwedischem Syenit, in 3 ½ Jahren fertig sein und 80 000 ℳ kosten, welcher⸗Betrag bis dahin flüssig sein wird. Wenn es aber dem Comité gelingen sollte, noch “ Mittel zu erhalten, dann soll ein reicherer Unterbau hergestellt und dadurch der Betrag auf 95 000 ℳ erhöht werden. Die Figuren werden eine Höhe von 3 bis 3,20 m haben, sodaß mit proportionirten 1 Unterbau die Höhe des Denkmals ca. 7 m betragen wird.
“ Einem Reuter'schen Telegramm zufolge liegt das britische Kriegsschiff „Melitta“ bei Salamis, um ein riesiges antikes, einen Stier darstellendes, 40 Tonnen (80 000 Pfd.) wiegendes Bildwerk, welches für das Britische Museum in London bestimmt ist, an Bord zu nehmen. .“ “
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs Maßregeln.
sKebenloande.
8 einer Verfügung der Königlich niederländischen Ministe des Janern und der Finanzen vom 23. Januar 1891 ist die Ver fügung vom 7. August 1890, durch welche die Ein⸗ und Durchfuh von Lumpen, gebrauchten Kleidungsstücken und ungewaschener Leib ““ aus Rio de Janeiro verboten wurde, aufgehoben worden.
Na
Dänemark.
Durch Verfüzung des Königlich dänischen Justiz⸗Ministeriums vom 13. Januar 1891 sind für die Farör⸗Inseln die gesetzlichen Vor⸗ schriften, betreffend die gesundheitspolizeiliche Untersuchung, auch gegen St. Petersburg wegen der daselbst aufgetretenen Kinderpocken in Kr⸗ gesetzt worden. (Vergl. Reichs⸗Anzeiger Nr. 292 vom 4. De zember 1890.) “
Sterblichkeits⸗ und Gesundheitsverhältnisse im Monat .“ Dezember 1890. “
Gemäß den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts sind im Monat Dezember v. J. von je 1000 Personen auf den Jahresdurchschnitt berechnet, als gestorben gemeldet: in Berlin 19,7 in Breslau 27,4, in Königsberg 25,2, in Köln 29,5, in Kassel 14 1, in Magdeburg 24,5, in Stettin 28,7, in Altona 25,5 in Hannover 20 6 in Frankfurt a. M. 19,2, in Wiesbaden 223, in München 28,6, in Nuürnberg 32,2, in Augsburg 30,3, in Dresden 18,9, in Leipii 20,0, in Stuttgart 18,9, in Karlsruhe 17,1, in Braunschweig 22 6 g Hamburg 23,7, in Straßburg 26,0, in Metz 19,4, in Amsterdam 30 6 in Brüssel 26,7, in Budapest 29,0, in Christiania 18,0, in Dublin 31,6 in Edinburg 20,8, in Glasgow 25,9, in Kopenhagen 18,2, in Krakau 32,7, in Liverpool 28,3, in London 24,6, in Lyon „ in Odess 23,8, in Paris 26,5, in St. Petersburg 26,0, in Prag 27,9 in Stockholm 22,7, in Triest 28,5, in Turin (Oktober) 20,1, in Venedig 39,5, in Warschau 27,5, in Wien 24,7. — (Für die außerdeutschen Ztädte ist der Zeitraum von 5 Wochen, vom 30. November bis 3. Januar zusammengefaßt.)
„Der Gesundheitszustand im Monat Dezember v. J. war in der überwiegenden Mehrzahl der größeren Orte Europas wohl ein günstiger, doch vielfach ein weniger guter als in dem vorangegangenen Monat November. Insbesondere hat unter den deutschen Orten die Zahl der Städte mit sehr geringer Sterblichkeit (bis 15,0 pro Mille und Jahr) abgenommen, sodaß nur sechs Städte (Bockenheim, Celle Kassel, Kolberg, Merseburg und Neuenkerchen) gegen 21 des Vor⸗ monats mit solch' geringer Sterblichkeit gemeldet wurden. Da⸗ gegen stieg die Sterblichkeit in zehn deutschen Orten (gegen zwei im Vormonat) auf über 35,0 pro Mille und Jahr und zwar in Burg Düren, Grünberg, Mülheim a Rr, Stolp, Erlangen, Passau, Greiz Harburg und Bamberg, in welch' letzterem Orte die Sterblichkeits⸗ ziffer auf 43,3 pro Mille anstieg Die Zabl der deutschen Städte, deren Sterblichkeitsziffer günstige (bis 20,0 pro Mille und Jahr) blieb, war keine sehr ansehnliche (39), und erreichte bei Weitem nicht die Hoͤhe des Vormonats, in dem 91 solcher Städte gemeldet wurden. Wir erwähnen hier von denselben Berlin, Bielefeld, Dortmund, Frank⸗ furt a M., Gleiwitz, Göttingen, Kreu nach, Küstrin Langenbielau Lüneburg. Neiße, Neustadt O.⸗S., Paderborn, Ratibor, Thorn, Wesel, Wilhelmshaven, Kaiserslautern, Dresden, Leivzig, Zwickau, Heilbronn, Reutlingen, Stuttgart, Ulm, Karlsruhe, Mainz, Okenbach, Schwerin i. M, Weimar, Gotha, Metz und von außerdeutschen Orten Christiania und Kopenhagen. In 50 deutschen Orten (gegen 34 des Vormonats, von denen wir hier nur Aachen, Barmen, Essen Gnesen, Görlitz, Halle, Hannover, Hirschberg, Insterburg, Kattowitz, Liegnitz, Memel, Münster i. W., Nordhausen, Posen, Potsdam, Schleswig, Solingen, Stralsund, Wiesbaden, Hof, Spevyer, Bautzen, Rauen, Reichenbach, Zittau, Gmünd, Ludwigsburg Konstanz, Mannheim, Darmstadt, Braunschweig, Lübeck, Bremen, u. a. und von außerdeutschen Städten: Edinburg und Stockhor, nennen wollen, blieb die Sterblichkeit eine mäßig hohe, etwas über 20,0 pro Mille und Jakr. — Die Betheiligung des Säuglings⸗ alters an der Gesammtsterblichkeit war meist eine nur wenig gegen den Vormonat gesteigerte. Von je 10 000 Lebenden starben aufs Jahr berechnet in Dresden 40, in Stuttgart 47, in Berlin 60, in Hamburg 66, in München 102 Säuglinge. — Darmkatarrbhe und Brechdurchfälle der Kinder haben mehrfach, wie in Berlin, Altona, Königsberg, Wien, Paris, St. Petersburg zuge⸗ nommen, in München und Hamburg forderten sie weniger Opfer. Dagegen stieg die Sterblichkeit der höbheren Altersklassen in den meisten Orten, in Folge der in ganz Europa herrschenden strengen Kälte, welche eine bedeutende Steigerung der Sterbefälle an akuten Entzündungen der Athmungsorgane bervorrief, die namentlich in Altona, Barmen, Berlin, Breslau, Charlottenburg Köln, Königsberg, Krefeld, München, Nürnberg, Dresden, Leipzig,
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Braunschweig, Bremen, Hamburg, Straßburg, Wien, Paris, London und den größeren englischen Staͤdten, ferner in Kopenhagen, Stock⸗ holm, St. Petersburg u. a. O. ungemein häufig waren. Auch Lungenschwind sucht führte häufiger zum Tode.
Die Infektionskrankheiten führten ebenfalls mehr Sterbe⸗ fälle als im November herbei, namentlich herrschten Masern und Diphtherie, in mehreren Orten auch Scharlach und Keuch⸗ husten, in außerdeutschen Orten auch Pocken in größerer Aus⸗ dehnung, während Unterleibstyphus im Allgemeinen weniger Todesfalle veranlaßte. Recht zahlreich waren Todesfälle an Masern in Amsterdam (86) Paris, London (453), Stockholm (77) Wien und seinen Vororten; aber auch in Barmen. Eiberfeld, Köln, Stolp, Hamburg, Muͤnchen, Nürnberg, Straßburg Liver⸗ pool, Venedig und im November auch in New⸗York waren Todesfälle an Masern häufig. In ernster Ausdehnung zeigten sich Masern auch in den preußischen Regierungsbezirken Arnsberg, Posen, Lüneburg, Schleswig und Stettin. — Das Scharla chfieber hat in Breslau, Chemnitz, Hamburg, Frank⸗ furt a. O., Budapest, Liverpool, London, Odessa, Petersburg, War⸗ 1