des §. 11 der Regierungsform und des §. 5 der Reichsakte Staatsvertrag zwischen Schweden und Norwegen) vorgelegt, wodurch Norwegen ein größerer Einfluß auf die auswärtigen Angelegenheiten der beiden Reiche eingeräumt werden soll. Wie die „Post.⸗ och Inr. Tidn.“ mittheilt, kam die Angelegenheit in einer am 17. Januar d. J. abgehaltenen Sitzung des vereinigten schwedisch⸗norwegischen Staats⸗ raths zum Vortrag. Die Verhandlungen wurden von dem König Oscar mit folgender Rede eröffnet: Zar meiner Königlichen Pflicht gemahnt, nach Kräften die Ver⸗ einigung zu beschützen und zu befördern, die zum Glück meiner beiden Völker jetzt bereits während drei Vierteljahrhunderten Bestand gehabt hat, glaube ich, daß es von Wichtigkeit sein wird, Alles zu beseitigen, was Mißtrauen und Zoistigkeiten zwischen den Brudervölkern hervor⸗ rufen, die Vereinigung schwächen könnte, und somit dem hohen Ziele entgegenzuwirken, das ich in meinem Wahlspruche ausgesprochen habe. Die Wänsche der vereinigten Völker nicht weniger als die wohl⸗ verstandenen Interessen der Reiche weisen ihnen eine friedliche Ent⸗ wickelung innerbalb ihrer gleichsam von der Natur selbst gezogenen Grenzen an. Aber sie müssen nichtsdestoweniger bereit sein, so wie es freien und selbständigen Staaten ansteht, diese Intereffen und Wünsche zu beschützen. Beide müssen deshalb gewissenhaft an den “ Vertheidigung auf eine Weise und in einer Ausdehnung theilnehmen, di Bevölkerungszahl und der Lage j EE111“ ie der Bevölkerungszahl und der Lage jedes Waäas in dieser Hinsicht noch zu thun übrig ist, wird Gegenstand künftiger Prüfung in gesetzlich bestimmter Ordnung sein. für den
des Programms des neuen Kabinets, auf kurze Zeit ver⸗ tagen, um den Ministern Zeit zu gewähren, die Gesetzvor⸗ lagen in Gemäßheit des neuen Programms umzuarbeiten.
Die italienische Presse läßt es sich angelegen sein, die Welt darüber zu beruhigen, daß der neue Minister⸗Präsident in Bezug auf die auswärtige Politik und speziell den Dreibund einen neuen Kurs steuern könnte. Rudini hat sein politisches Programm bereits in einem Wahlmanifest niedergelegt, das er am 4. November in der „Opinione“ ver⸗ öffentlichen ließ, und das nunmehr von historischem Werthe Es heißt darin in Betreff der auswärtigen Politik: „Italien bedarf einer langen Periode des Friedens. Wir be⸗ dürfen des Friedens im Innern wie nach Außen. Die Tripel⸗ allianz ist die starke Wache unserer Institutionen gegen die Umsturz⸗ parteien, und sie sichert uns jenen Frieden, ohne den Italien seine wirtöschaftlichen Zustände nicht verbessern könnte. Ich scheue mich nicht, zu sagen, daß ohne die Tripelallianz, die als eine wahrhafte Bürgschaft des Friedens sich bewährt bat, wir zu dieser Stunde überhaupt nicht über Ersparnisse im Kriegs⸗ und Marinebudget Wie die „Polit. Corresp.“ meldet, vereinbarten das sprechen könnten, und daß, wenn die Tripelallianz sich auflosen würde, jungruthenische und das pornische E“ für “ 1 E“ Ost⸗Galizi sich im zweiten Wahlgange gegenseitig gegen ebbbbbbbäaam grötzten wäre. Seserseerdee Ventenbehr e dehelees en. Ohne die Tripelallianz — und es ist vergeblich sich darüber Illusionen russe che 9 a! 5 zu machen — wäre schon unendlich viel Blut vergossen worden, und unendlich viel Thränen wären geflossen! Wer weisß, wie schlimm dann erst die wirthschaftliche Lage unseres Vaterlandes wäre!“
Bezüglich des Innern befürwortet das Manifest eine weitherꝛige Politik der Versöhnlichkeit, des Fortschritts, der wirthichaftlichen Reformen und vor Allem der Sparsamkeit. Die Letztere macht auch Kriegs- und Marinebudget Halt. Es beißt in dem
Wahlaufruf liberalen mährischen Groß⸗ grundbesitzer drückt der Münchener „Allg. Ztg.“ zufolge den Wunsch aus, daß die Klärung der politischen Lage ihrer Gruppe die Möglichkeit gewähre, vereinigt mit ihren bisherigen Gesinnungsgenossen und unter Verständigung mit Partei⸗ gruppen, welche sich von ähnlichen Gesichtspunkten leiten lassen, ihren politischen Grundanschauungen Geltung zu ver⸗ schaffen und eine Regierung zu unterstützen, welcher diese Unterstützung solcher gemäßigter, patriotisch Gesinnter will⸗ kommen erscheine. Der Aufruf kündigt an, daß auch bei 1 öf diesen Wahlen ein Kompromiß mit der Mittelpartei angestrebt ist. und hoffentlich zu Stande kommen werde. 3 8 Die österreichischen Bischöfe haben auf Grund von Beschlüssen der im Spätherst abgehaltenen Konferenzen unter⸗ sagt, daß ein Mitglied des niederen Klerus ohne Zustimmun seines Bischofs en Mandat annehme; der Fuͤrstbischo Dr. Gruscha hat dem Klerus seiner Diöcese die Theilnahme an der antisemitischen Agitation verboten.
Suakim unter Führung des Gouverneurs verwendet werden. Die Truppen würden in Trinkitat landen und von dort gegen Tokar vorrücken. Letzteres würde befestigt und es werde daselbst eine Civilregierung eingesetzt werden. Englische Truppen würden an der Expedition nicht theilnehmen, auch sei nicht beabsichtigt, die Expedition über Tokar hinaus aus⸗ zudehnen. Von Kairo würden Truppen nach Suakim ent
Ihre Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten der Erzherzog 1 1 und dessen Gemahlin, die Erzherzogin Marie Valerie, trafen der „Allg. Ztg.“ zufolge gestern in Regensburg ein, um einige Tage bei dem Fürsten und der Fürstin von Thurn und Taxis zu verweilen.
Sachsen.
Dresden, 10. Februar. Ihre Majestät die Königin wird sich morgen Abend über Frankfurt a. M. nach Baden⸗ Baden begeben, um daselbst einige Zeit bei Ihrer Königlichen Hoheit der verwittweten Fürstin von Hohenzollern zum Besuche zu verweilen und alsdann hierher zurückkehren.
Die von verschiedenen Blättern neuerdings gebrachten Mittheilungen über einen bevorstehenden längeren Aufenthalt Ihrer Majestät im Süden beruhen dem „Dr. J.“ zufolge auf Erfindung. Der Gesundheitszustand Ihrer Majestät bietet erfreulicherweise zur Zeit zu einem solchen Aufenthalt keinen Anlaß.
Außerdem aber — und das ist vielleicht die Hauptsache — kann ein so'ches Vertragsverhältniß zwischen den beiden Kaiserreichen zum Krostalli⸗ sationspunkte einer handelspolitischen Gruppirung werden, die uns nicht nur mancherlei dauernde Vortheile bringt, sondera auch weiteren vortheilbaften Abmachungen die Bahn ebnen könnte. “
Aus diesen und ähnlich verlaufenden allgemeinen Gesichts⸗ punkten muß man die Anknüpfung handelspolitischer Verhandlungen in Wien auffassen, wenn man an die nähere Prüfung der dabet in Frage kommenden Einzelheiten herantreten und Betreffs dieser zu einem richtigen Urtheil gelangen will. 1 8 8 rich Betreffs dirser “ werden jedoch die Gemüther. haupt⸗ sächlich durch die Besorgniß bewegt, jede in unseren Zollverhältniffen vorgenommene Aenderung möchte sich als Einleitung zu Srnngagsn Umgestaltungen unserer gesammten Wirthschaftspolitik auswachsen, indem die Reste unseres Freihändlerthums aus der ersten, n Prinzipien scheinbar gemachten Konzession sich ermuthigt füb 6 möchten, unsere Wirthschaftspolitik in ganz neue, den bisberigen ent⸗
engesetzte Wege zu drängen. .“ “ 8 geg Wie balten solche Besorgniß für gänzlich ö1“ 1 eben unsere Regierung eine Parteicegierung nicht ist. Als Vertreterin aller wirthschaftlichen Interessen hat sich die 88 8⸗ regierung zu dem Prinzip des T“ en Arbeit bekannt, und diesen Grundsatz wird sie reu bleiben — auch in 9 8 1116“*“ dlungen,
ie jetzt i Bien schweben. “ 1“ Festhalten unserer Reichsregierung an der Schutz⸗ zollpolitik steht aber außer Zweifel, daß in dem cventuell mit Oester⸗ reich⸗Ungarn abzuschließenden Handelsvertrage nicht etwa nur ein Faktor der Volkswirthschaft als kontribuirender Theil erscheinen kann, sondern ein billiger Ausgleich aller Interessen, und zwar in einem Umfange erreicht werden muß, welchen die Lebensbedingungen unserer strie sowohl als auch unserer Landwirthschaft als zulässig er⸗
sandt werden zum Ersatz für die zur Expedition gegen Tokar verwendeten.
Auftralien.
‚Hawaii. Ein Telegramm des „R. B.“ aus Washington meldet, der dortige hawatische Gesandte erkläre, daß die Thron⸗ besteigung der Königin Liliuokalani, Schwester des verstorbenen Königs Kalakaua, die Beziehungen Hawaii's zu den ausländischen Mächten nicht ändern werde.
Mecklenburg⸗Schwerin. Schwerin, 9. Februar. Der heute ausgegebene Bericht über das Befinden Ihrer Königlichen Hoheit der Groß⸗ herzogin⸗Mutter lautet: In dem Befinden Ihrer Königlichen Hoheit der Großherzogin⸗ Mutter sind die Fortschritte zum Besseren in den letzten Tagen deutlicher hervorgetreten und machen sich auch für die eigene Empfin⸗ dung der hohen Kranken mehr bemerklich. Schwerin, 9. Februar, Morgens 9 Uhr. Dr. Mettenheimer.
Parlamentarische Nachrichten.
In der heutigen (62.) Sitzung des Reichstages, welcher die Staatssekretäre Freiherr von Marschall und Frei⸗ herr von Maltzahn beiwohnten, wurden zunächst die nochmalige 1— ung in ge Abstimmung über den zu dem Antrag der Wahlprüfungs⸗ Augenblick und in diesem Falle erscheint nach meiner Ansicht eine kommission über die Wahl des Abg. Dr. Porsch im Veränderung der jetzt geltenden Reichsakte zu dem Zweck wünschens⸗ elften Wahlkreise des Regierungsbezirks Breslau gestellten “ Behandlung ministerieller (diplomatischer) Anre⸗ im ersten Theile angenommenen Antrag Auer, und die stänbigkeit gerocht entspriane —e züge⸗ Sre S dem Antrag der Wahlprüfungskommission über die Wahl
des Abg. Grafen von Saldern⸗Ahlimb⸗Ringenwalde im dritten
Großbritannien und Irland.
Das englische Handelsamt hat, wie die konservative „Birmingham Gazette“ schreibt, in den letzten Wochen in ganz unauffälliger Weise eine Enquete über die wirkliche Lage des Arbeitsstandes unternommen. Eine enge werth⸗ 8 vollen Materials sei auf diese Weise gesammelt wor⸗ e“ 1 1“ den, und die Regierung wolle auf dieser Grundlage „Es ist etwas Schmerzliches, am Heeres⸗ und Marine⸗Budget
8 88 8 “ u sparen. Ich bin ein alter Anhänger der Militäraus gaben, we 2 8 ch ot Arbeiterfrage von 8. 8 baͤngert der Rilitarausg. ben, enn 1 8 bEC1“ in sie nothwendig sind, um die Unabhängigkeit unseres Vaterlandes sicher⸗ 2 1 Uere l;’,
Dr. Mü
Dies kann natürlicherweise nur unter Beobachtung der unum⸗
. 8
Noch nicht 44 Jahre alt starb am 8. d. M. hierselbst nach kurzem Krankenlager der Geheime Ober⸗Justiz⸗Rath Freiherr von Wilmowski. Das Justiz⸗Ministerium, welchem der Verstorbene als ö Rath angehörte, verliert in ihm
in hervorragendes Mitglied. - 8 barn von Wilmoweki ein Sohn des Geheimen Kabinets⸗ Raths a. D., Wirklichen Geheimen Raths Freiherrn von Wil⸗ mowski, trat im Jahre 1869 in den preußischen Justizdienst und wurde 1873 zum Gerichts⸗Assessor ernannt. Während der sechs Jahre von 1875 bis 1881 war er nach Alexandrien beurlaubt, wo er an einem der internationalen Gerichtshöfe als Staatsanwaltssubstitut und später als Richter fungirte. Nachdem er aus diesem Verhält⸗ nisse ausgeschieden war, wurde er in das preußische Justiz⸗ Ministerium berufen, im Jahre 1883 zum Geheimen Justiz⸗ Rath ernannt und im Jahre 1887 zum Geheimen Ober⸗Justiz⸗ Rath befördert. 8
Degurggestatiet mit hervorragenden Geistesgaben und zleich ausgezeichnet durch unermüdliche Arbeitskraft und Arbeits⸗ lust sowie durch eine ungewöhnliche geschäftliche Ge⸗ wandtheit, hat der Verblichene stets mit voller Hingebung seines Amtes gewaltet. Seine Tnhätigkeit erstreckte sich auf die verschiedensten Zweige der Justizver⸗ waltung und gestaltete sich überall zu einer im reichsten Maße fruchtbringenden Ebenso wie durch seine amtliche Thätigkeit ragte er hervor durch seine Herzensgüte, seine Treue, seine edle Gesinnung und die Wärme der Empfindung, die er auf Jeden übertrug, der mit ihm in Berührung kam. Sein Ge⸗ dächtniß wird in Ehren gehalten werden. “
In dem Kriege gegen Frankreich hat der Dahingeschiedene sich das Eiserne Kreuz zweiter Klasse erworben. Außerdem schmückten seine Brust der Rothe Adler⸗Orden zweiter Klasse und der Osmanieé⸗Orden, welcher letztere ihm in Anerkennung seiner Leistungen bei dem internationalen Gerichtshofe in Alexandrien verliehen worden war.
Der General⸗Lieutenant von Köller, Commandeur der 9. Division, und der General⸗Lieutenant von Lindequist, General⸗Adjutant Sr. Majestät des Kaisers und Königs und Commandeur der 26. Division (1. Königlich württembergischen), haben nach beendetem Urlaub Berlin wieder verlassen.
Durch Allerhöchste Kabinets⸗Ordre ist der Oberst von Plessen, Flügel⸗Adjutant Sr. Majestät des Kaisers und Königs und Commandeur des 1. Garde⸗Regiments z. F., unter Beförderung zum General⸗Major zum Commandeur der 55. Infanterie⸗Brigade, und der Oberst von Natzmer, à la suite des 1. See⸗Bataillons und Inspecteur der Marine⸗
sich die
Infanterie, zum Commandeur des 1. Garde⸗Regiments z. F. ernannt worden⸗⸗
Der Major Freiherr von Hoiningen gen. Huene, aggregirt dem Generalstabe der Armee, ist nach Beendigung seines Kommandos zur Botschaft in Paris hierher zurück⸗ gekehrt.
Der neuernannte Regierungs⸗Assessor Dr. Helmentag ist der Königlichen Regierung zu Potsdam überwiesen worden.
Bayern. Das in der gestrigen Nummer d. Bl. unter den nach Schluß der Redaktion eingetroffenen Depeschen kurz erwähnte Handschreiben Sr. Königlichen Hoheit des Prinz⸗Regenten an den Staats⸗Minister des Innern Freiherrn von Feilitzsch lautet: 1 Mein lieber Staats⸗Minister Freiherr von Feilitzsch! Aus Anlaß Meeines bevorstehenden Geburtsfestes ist die mehrfache Gründung von Stiftungen beabsichtigt. Im Interesse der Zwecke, welche hiedurch theils zur Linderung der Noth, theils zur Förderung der Kunst, des Kunst⸗ gewerbes und Handwerkes verfolgt werden sollen, werde Ich Mich freuen, wenn solche Stiftungen in Bethätigung edlen Wohlthätigkeits⸗ und Gemeinsinns durch freiwillige Gaben Eijnzelner oder durch entsprechend bemessene Zuwendungen größerer leistungsfähiger Körperschaften zu Stande kommen. Meinen landes⸗ väterlichen Anschauungen und Intentionen würde es aber durchaus zuwiderlaufen, wenn deßfalls aus bestehenden, segensreich wirkenden Stiftungen Mittel entnommen oder wenn Sammlungen veranstaltet werden wollten, welche mehr oder weniger den Charakter des Zwanges an sich tragen und damit der Rücksicht auf die allgemein wirthschaft⸗ liche Lage großer Bevölkerungskreise entbehren. 2. Es ist mein Wille, daß dies unverzüglich bekannt gegeben und 3* hienach allerorten im Lande verfahren werde. 8 Hiebei verbleibe ich mit huldvollsten Gesinnungen Ihr wohlgeneigter 8 Luitpold, Prinz⸗Regent von Bayer
SDesterreich⸗Ungarn.
Wien, 10. Februar. Ihre Maäjestät die Kaiserin und Königin ist vorgestern Vormittag in Budapest eingetroffen und auf dem Bahnhofe von Sr. Majestät dem Kaiser und König, wie das „Prag. Abdbl.“ meldet, auf das Herzlichste begrüßt worden. Auf der Fahrt in die Hofburg wurden Ihre Majestäten von einer zahlreichen Menschenmenge mit be⸗ geisterten Eljenrufen begrüßt. — Ihre Kaiserliche und König⸗ liche Hoheit die Kronprinzessin⸗Wittwe Erzherzogin Stephanie hat sich am Sonntag Abend nach Abbezin begeben.
Der Fürst von Montenegro ist am Sonntag Vor⸗ mittag mittels Bahn von Venedig in Triest eingetroffen. Mirtags empfing er den Besuch des Statthalters und gab Nachmittags bei demselben seine Karte ab. .
In dem von der vorgestrigen Versammlung der deutschen Liberalen genehmigten Wahlaufruf (siehe die gestrige Nummer des „R.⸗ u. St.⸗A.“ unter Oesterreich⸗Ungarn) heißt es u. A.: 1
„Das nationale Interesse des deutschen Stammes, sein Anspruch auf die ihm gebührende Stellung im öffentlichen Leben Oesterreichs kann nachdrücklich nur dann geltend gemacht werden, wenn deutsche Abgeordnete aus allen Ländern, aus allen Schichten der Gesellschaft in einer großen achtunggebietenden Partei vereinigt sind. Die Deurtschen stehen den übrigen Nationalitäten nicht feindselig gegen⸗ über, sie wollen die nationale Entwickelung der nichtdeutschen Volks⸗ stämme nicht verkümmern, sie können aber gewisse Ansprüche, welche wesentlich staatsrechtlichen Charakter haben und das ganze einheitliche Gefüge der Staatsverwaltung in Frage stellen, nicht zugeben, gerade so, wie sie auf den Schutz ihrer eigenen Nationalität im Umfange des ganzen Reichs mit allem Nachdruck bedacht sein müssen. Sie würden aber wünschen, daß diese Streitfragen nicht immer wieder aufgeworfen würden und daß zunächst Raum geschaffen werde für gedeihliche Re⸗ formen, für welche ihnen die Mitwirkung anderer Gruppen nur will⸗ kommen sein würde.“
Nach einer Aufzählung der wichtigen Aufgaben, welche des neuen Reichsraths insbesondere auf wirthschaftlichem und
sozialpolitischem Gebiet harren, fährt der Aufruf fort:
„Wir halten fest an dem Bündniß mit dem Deutschen Reich und an dessen Tendenzen europäischer Gruppirung, mit welchen innere Politik nicht im Widerspruch befinden kann. Den schwebenden Verhandlungen über einen Handelsvertrag mit dem befreundeten Nachbarreiche wünschen wir einen guten Erfolg und würden es gerne sehen, wenn auch für die Handels⸗ beziehungen zu anderen benachbarten Ländern eine vertragsmäßige
asis gewonnen würde ... Mit Genugthuunng begrüßen wir das erste Anzeichen einer Wendung. Wir haben unsere Opposition nicht aus persönlichen Motiven und den Kampf nicht um des Kampfes willen geführt Zu einer dauernden Besserung der Lage wird es nothwendig sein, die unerläßliche geänderte Richtung du verbürgen Unter diesen Voraussetzu
urch Thatsachen klarzustellen und zu tungen würden wir auch unsere Unterstüͤtzung einer Regierung nicht versagen, welche den österreichischen Staatsgedanken voranstellen, die Verwaltung von nationalen Partei⸗ einflüssen frei halten, der berechtigten Stellung der Deutschen Rech⸗ nung tragen und mit entschiedenem mannhaften Auftreten thatsächlich eine Führerin des öffentlichen Geistes sein würde. Wir würden es lebhaft wänschen, wenn an Stelle verzehrender Kämpfe oder dumpfer Fleichgültigkeit patriotische Begeisterung und Freude am öffentlichen
In der Begründung des Wahlaufrufes hob, wie „W. T. B.“ meldet, Dr. von Plener hervor, mit dem Finanz⸗Minister Dr. von Dunajewski sei auch dessen Satz gefallen, daß man ohne die Deutschen in Oesterreich regieren könne. Die unge⸗ klärte politische Lage gestatte keine vorzeitigen Hoffnungen oder positive Erwartungen und erheische die möglichste Vor⸗ sicht auf deutscher Seite sowie die Wahrung freier Hand für künftige Parteigruppirungen. Wenn gesagt werde, die Zeit für alle gemäßigten Parteien des Reichs sei ge⸗ kommen, so widerspreche die deutsch⸗liberale Partei einer solchen Anschauung nicht. Sie sei die gemäßigte, an Oesterreich festhaltende, agitatorische Kampfmittel ver⸗ schmähende, allerdings auch ihren Jahre lang vertretenen Grund⸗ sätzen treu bleibende Partei und wolle eine ruhige Entwicklung und wirthschaftliche Reformen. Im Laufe der Debatte erklärte Ritter von Chlumecky, die Deutschen wünschten einen Waffenstillstand bezüglich der nationalen, staatsrechtlichen und kirchenpo itischen Streitigkeiten und würden gerne anderen von gleichen Grundsätzen ausgehenden Parteigruppen die Hand zu produktiver Thätigkeit bieten. Abfall oder Absplitterung eines Theils, der Partei sei nicht zu er⸗ warten. Der deutsche Großgrundbesitz würde seinen Platz wie bisher unter den übrigen deutschen Vertretern nehmen. Dr. von Baernreither hob gleichfalls hervor, auch der Großgrundbesitz habe das Ziel der Vereinigung aller deuischen Kräfte und werde sich von denselben nicht abtrennen. Die Deutschen würden der neuen Ordnung der Dinge nur vertrauen, wenn in der Verwaltung und Gesetzgebung ein planmäßiges Vorgehen gesichert sei. Graf Wurmbrand befürwortete ein Zusammengehen mit den deutschnationalen Abgeordneten aus den Alpenländern. Der Wahlaufruf fand beifällige Aufnahme und einhellige Zustimmung. In seinem Schlußworte erklärte Dr. von Plener, die Partei verurtheile
”fgaifh, gefhrünzt verß
gesetzlich beschränkt werden. 96 vꝛimme 1 sich jedoch zur Einsetzung eines Sonderausschusses Behufs Studiums
den Kampf gegen einzelne Klassen und Konfessionen auf das Allerentschiedenste.
England auf Se belagert nehmen. Die Arbeitszeit werde jedenfalls nicht Einflußreiche Stimmen erhöben
der Arbeiterfrage, und mehrere Minister seien gleichfalls dafür. Wahrescheinlich werse sich ein Minister in Bälde über die Pläne der Regierung in der Arbeiterfrage im
Parlament äußern.
Die von den radikalen Abgeordneten Cunninghame Graham, Randell, Abraham, Dr. Clark und Conybeare im Parlament eingebrachte Achtstunden⸗Bill lautet:
1) Nach dem 1. Januar des Jahres 1892 soll Niemand arbeiten oder einen Anderen arbeiten lassen zu See oder zu Lande in irgend ciger Eigenschaft, unter irgend einem Vertrag oder Abkommen, oder einer Bestimmung über Arbeitsmiethe, oder zu persönlichem Dienste auf See oder Land (außer bei einem Unglück) länger als 8 Stunden während eines Tages von 24 Stunden, oder mehr als 48 Stunden in einer Woche.
2) Jeder Arbeitgeber, Direktor oder Jeder, welcher wissentlich Je⸗ manden, der seiner Autorität oder seinen Befehlen unterworfen ist, oder sich in seiner oder ihrer Beschäftigung defindet, zur See oder zu Lande in irgend einer Eigenschaft nach irgend welchem Vertrag oder Abkommen, oder einer Bestimmung bezüglich Arbeitsmiethe, oder zu persönlichem Dienste (außer im Falle eines Unglücks) länger als 8 Stunden während eines Tages von 24 Stunden oder länger als 48 Stunden in irgend einer Woche zu arbeiten veranlaßt oder ge⸗ stattet, soll, wenn er dessen überführt wird, eine Strafe von nicht weniger als 10 Pfd. Sterl. noch mehr als 100 Pfd. Sterl. für jede dreimalize Uebertretung zahlen. 3) Alle Uebertretungen dieser Akte und alle von dieser Akte einzutreibenden Geldbußen sollen vor einem summarischen Ge ichtshof nach der Summarischen Jurisdiktions⸗Akte verfolgt werden. 4) Summarische Gerichtsbefehle können auf Be⸗ schwerde vor einem summarischen Gerichtshof in der Weise, wie sie die Summarische Jurisdiktions⸗Akte vorschreibt, erlangt werden. 5) Diese Akte kann für alle Zwecke als Achtstunden⸗Akte 1891 zitirt werden.
Das Schreiben, mit welchem der Lordmayor von London die Ende v. J. an den Kaiser von Rußland gerichtete Bittschrift um Aufhebung der Ausnahme⸗ maßregeln gegen die Juden nach St. Pretersburg gesandt hatte und welches dort nicht angenommen worden war, ist mit der gedachten Bittschrift dem Lordmayor heute vom Aus- wärtigen Amt wieder zurückgestellt worden. 8
Frankreich. 8
Paris, 10. Februar. Der König Milan ist gestern aus London hier eingetrofenn. 1 8
Der französische Generai⸗Resident in Tunis, Massicault, hat gestern mit dem Minister des Auswärtigen Ribot eine Konferenz gehabt.
Rußland und Polen.
Der Erzherzog Franz Ferdinand wohnie, wie „W. T. B.“ aus St. Petersburg meldet, gestern Vor⸗ mittag den Uebungen des Leibgarde⸗Regiments zu Pferde bei, besichtigte hierauf die Kaserne des Regiments und nahm alsdann das Frühstück im Offiz erkasino ein. be der Commandeur des Regiments Großfürst Paul Alexan⸗ drowitsch das Wohl des hohen Gastes aus, welcher seinerseits auf den Kaiser Alexander und das Regiment toastete. Den Uebungen des Regiments sowie dem Früh⸗ stück im Kasino wohnte auch der Großfürst Wladimir Alexandrowitsch als Ober⸗Kommandirender der Truppen bei. Im Laufe des Nachmittags besuchte Erzherzog Franz Ferdinand die Kaserne des Kaiser Paul Leibgarde⸗Regiments und die Schule der Soldatenkinder. Großfürst Wladimir
Alexandrowitsch alarmirte hierauf das Regiment, welches nach
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vier Minuten in voller Feldausrüstung auf dem Exerzierplatze stand. Der Erzherzog speiste bei dem Großfürsten Alexis Alexandrowitsch und besuchte sodann das Theater. Für Donnerstag und Freitag sind große Truppenparaden angesagt.
In der heutigen Reichsraths⸗Sitzung soll die end⸗ gültige Entscheidung über den Bau der sibirischen Eisen⸗ bahn erfolgen. Bei dem Bahnbau sollen der „Köln. Ztg.“ zufolge zur Zwangsarbeit verurtheilte Verbannte Verwendung finden.
Es verlautet, daß der Kriegshafen in Wladiwostok außer dem ihm bereits zur Verfügung stehenden hydraulischen Schiffsdock noch ein großes Trockendock erhält, mit dessen Anlage bereits in diesem Frühjahr begonnen werden soll. Das neue Dock wird im Stande sein, die größten Panzer⸗ schiffe der russischen Marine, Kolosse bis zu 10 000 Tons, bequem aufzunehmen. In diesem Frühling soll auch die Eisenbahn von Wlad'wostok nach Chaborowka in Angriff 8 genommen werden.
Italien. Der Minister⸗Präsident Marchese di Rudini und die übrigen Mitglieder des Kabinets legten gestern Nachmittag dem König den Eid als Minister ab. Bei der Eidesleistung Rudini's wirkten Crispi und General⸗Adjutant Marchese Pallavicini mit, welche auch beide die Eides⸗Akte unterzeichneten; bei den übrigen Ministern thaten dies Rudini und Pallavicini.
Hierbei brachte
Das Parlament wird sich am Sonnabend, nach Verlesung
zustellen; aber heute muß ich anerkennen, daß die Militärausgaben
vermindert werden müssen. Fest und ohne Klage werde ich daher für die Herabsetzung der außerordentlichen Ausgaben stimmen, die keinen Einfluß haben auf die Zahl und die Ausbildung unserer Soldaten.“
Portugal.
Zwei Lissaboner Regimenter, deren Haltung ver⸗ dächtig wurde, sind, der „Mgdb. Ztg.“ zufolge, von dort ver⸗ Am Sonntag wurden in Oporto weitere
setzt worden. 1 27 Personen verhaftet.
Nach einer in Lissabon eingetroffenen Depesche aus St. Thomas im Golf von Guinea ist dem „R. B.“ zufolge dort eine Neger⸗Empörung ausgebrochen, die anfänglich unter⸗ drückt wurde, später aber sich wieder erhob und auf mehrere 6 Der Gouverneur verlangt dringend Verstärkung. Ein Telegramm aus Loanda von gestern meldet, der dortige Gouverneur habe eine Abtheilung von hundert Soldaten unter Führung von drei Offizieren, sowie zwei Mitrailleusen auf den Kanonenbooten „Zambesi“ und ; Mann⸗ schaften sollen erforderlichen Falles sich ausschiffen und ans
andere Orte der Insel ausbreitete.
und „Cacongo“ nach St. Thomas abgesandt. Die
Land gehen. Schweiz.
Aus Bellinzona wird gemeldet, daß der Verfassungs⸗ rath gestern den Verfassungsentwurf einstimmig genehmigt Verwerfung
hat. Die Radikalen wollen geschlossen für die stimmen oder sich der Abstimmung enthalten.
Belgien.
Der König empfing gestern die Arbeiter⸗Delegirten welche die Verfassungs⸗ Wie „W. T. B.“ aus Brüssel über die Audienz berichtet, in⸗
des Industrie⸗ und Arbeitsraths,
revision und das allgemeine Stimmrecht forderten.
formirte sich der König aufs Eingehendste über der arbeitenden Klassen. Auf die Frage der König seinen Einfluß für die es allgemeinen Stimmrechts geltend antwortete der König: er sei den Arbeitern sehr zu⸗ gethan, da er aber kein Diktator wäre, so müsse er e Nation sich darüber aussprechen lassen. Dem „Peuple“ zufolge soll der König auch gesagt haben: die Arbeiter thäten Unrecht, sich als besondere Kaste zu betrachten; er und sie alle seien Belgier, Alle seien sie Arbeiter nach verschiedenen Richtungen. Als die Arbeiter geltend gemacht hätten, man habe sie durch den Ausschluß vom Stimmrecht zu einer be⸗ sonderen Kaste gemacht, habe der König den Delegirten erwidert: die Verfassung verbiete ihm, sich mit dieser Frage zu befassen, er könne ihnen nichts versprechen, da er seine konstitutionelle Haltung nicht aufgeben dürfe. Hierauf sollen dann noch die Arbeiter bemerkt haben, der König vermöchte als Vermittler zwischen den Parteien zu wirken. “ “ Niederlande. ö““
Nach Erledigung der Budgetdebatte hat die Zweite Kammer jetzt das sogenannte „Stedenwet“ (Ständegesetz) in Berathung genommen. Dieses Gesetz bezweckt die Ein⸗ theilung der größeren Städte, welche jetzt einen einzigen Wahlkreis bilden, in mehrere kleinere Kreise. Bis jetzt sind Amsterdam, Rotterdam, Groningen und Utrecht, welche zu⸗ sammen ungefähr zwanzig Abgeordnete wählen dürfen, liberal; wenn diese Städte aber in kleinere Distrikte getheilt und dem Einflusse der Landbevölkerung unterworfen sind, werden natürlich auch mehrere nichtliberale Kandidaten gewählt. Deshalb widersetzen sich die Liberalen mit aller Kraft gegen dieses Gesetz, allein die beiden klerikalen Parteien wollen es, wie die „Frkf. Ztg.“ schreibt, durchaus bald zu Stande bringen, damit die neue Eintheilung den antiliberalen Parteien schon bei den nächsten Kammerwahlen im Juni zu Gute kommen kann. ““ “
die Lage der Arbeiter, Einführung machen wolle,
Türkei.
Anläßlich der Sanktion der neuen Privilegien celebrirte der Patriarch, wie „W. T. B.“ aus Konstanti⸗ nopel meldet, gestern ein Tedeum. Die Patriarchatskirche war überfüllt; beim Betreten sowie beim Verlassen der Kirche wurde der Patriarch lebhaft begrüßt. Er empfing zahlreiche Glückwünsche; auch der russische Botschafter Nelidow ließ solche durch den Zweiten Dragoman der Botschaft aus⸗ sprechen.
Rumänien. “
Bukarest, 9. Februar. Bei der heutigen Abgeordneten⸗ Stichwahl im hiesigen zweiten Wahlbezirk wurde laut Meldung des „W. T. B.“ trotz der Gegenanstrengungen der Liberalen der Kandidat der Regierungspartei gewählt.
Schweden und Norwegen. üC(i) Stockholm, 5.
Februar. Von dem Chef des Justiz⸗ departements Oestergren wurde gestern dem Reichstage ein ntrag der Regierung, betreffend die Veränderung
gänglichen Rücksichten auf die schon seit langer Zeit bestehenden faktischen Verhältnisse geschehen, sowte auch in möglichstem Maße mit Anknüpfung an die Grundsätze in den bereits früher vorgelegenen dieselbe Sache betreffenden Vorschlägen. G “
Ein Ziel, so wichtig für die künftige Stärke, den Frieden und das Glück der Brudervölker, so wichtig auch für jeden Unions⸗König, der mit Unparteilichkeit nach beiden Seiten gerecht zu sein wünscht, ist in Wahrheit wohl ein gegenseitiges und ehrliches Entgegen⸗ kommen werth.
„Zuversichtlich rechne ich darauf bei den erleuchteten Staatsräthen beider Reiche.
Inzwischen glaube ich, daß eine so schwierige Sache am leichtesten zu einem guten Ende wird gebracht werden können, wenn sie erst vorbereitet wird von zwei von mir auf Vorschlag des Staatsraths jedes Reichs erwählten Staatsraths⸗Mitgliedern, einem schwedischen und einem nor⸗ wegischen, bevor sie vor mir im Staatsrath zur Behandlung vorge⸗ nommen wird.
Wenn die Sache von diesen beiden Vertrauensmännern sorgfältig vorbereitet ist und so die Aussichten auf eine Uebereinkunft befestigt worden sind — was, wie ich lebhaft wünsche, nicht lange dauern möge —, dann scheint mir der Augenblick gekommen, die Realität dieser Frage in einem Staatsrath gleicher Art wie der jetzt hier ver⸗ sammelte vorzunehmen Nachdem dann das Gutachten der norwegischen Regierung wie gewöhnlich eingeholt worden ist, wird die Sache zur schließlichen Entscheidung ommen.“ .
merika. ö“ “
Vereinigte Staaten. Der Senat hat ein zu dem Gesetz über das Autorenrecht eingebrachtes Amendement genehmigt, wonach die Grundzüge des Gesetzes auch auf Marinekarten und geographische Karten, auf musikalische und dramatische Kompositionen, sowie auf Stiche und Lithographien Anwendung finden sollen.
Dem General⸗Konsul von Guatemala und Honduras Baiz in New⸗York zugegangene Depeschen von Barillas und Bogram erklären die Gerüchte von revolutionären Be⸗ wegungen für unbegründet mit dem Hinzufügen, daß in Central⸗Amerika vollkommene Ruhe herrsche.
Der Weltausstellungs⸗Ausschuß des Repräsentanten⸗ hauses beschloß, den Kongreß um einen Kredit von 5000 000 Doll. anzugehen. — Der Ausschuß für auswärtige Angelegen⸗ heiten hat die Annahme folgender Resolution befürwortet:
„ Das Kaus hat mit tiefer Betrübniß die Berichte über die Leiden der Juden in Rußland gelesen, und diese Betrübniß wird erhöht durch die Thatsache, daß diese Vorgänge in einem Lande geschehen, welches lange ein Freund der Vereinigten Staaten gewesen ist, die Leibeigenschaft aufhob und die Christen im Orient gegen Glaubensverfolgung schützte. Das Haus hofft ernstlich, der humane und aufgeklärte Geist, den der Zar damals so auffällig bekundete, werde sich jetzt wieder offenbaren, um die gegen den jüdischen Glzuben gerichteten Maßnahmen zu hemmen und zu mildern.“
Bauaron Hirsch hat dem „R. B.“ zufolge der Admini⸗ stration der Hirsch'schen Stiftung zur Unterstützung der jüdischen Einwanderung in Amerika in New⸗York 12 Millionen Fr. zur Verfügung gestellt und die Admini⸗ stratoren ermächtigt, Falls die Zinsen dieser Summe nicht aus⸗ reichen sollten, um alle Zwecke der Stiftung zu erfüllen, einen Theil des Kapitals mit zu verwenden. Er werde letzteres dann wieder ergänzen. Die Fraktion der demokratischen Mitglieder des Repräsentantenhauses hat eine Resolution angenommen, in welcher die Vorlage des Senats Betreffs der Silber⸗ prägung, welche kürzlich einem Comité der Kammer über⸗ wiesen wurde, für dringlich erklärt und das Comité auf⸗ gefordert wird, ohne Berzug darüber Bericht zu erstatten. Brasilien. Die gemäßigten Blätter von Rio de Janeiro mißbilligen einem Telegramm des „W. T. B.“ zufolge durchaus den Handelsvertrag zwischen Brasilien und den Vereinigten Staaten von Nord⸗Amerika, den sie als höchst nachtheilig für Brasilien erachten⸗
Asien.
China. Die in New⸗York eingetroffene neueste Post aus Hongkong bringt den Wortlaut des Dekrets, wesches ver⸗ kündet, daß der Kaiser in Zukunft am Neujahrstage die auswärtigen Gesandten in Audienz empfangen werde. Am Tage darauf wird danach den Gesandten ein Festmahl gegeben werden. Wie groß diese Neuerung für China ist, eht daraus hervor, daß ein einziger Präzedenzfall im zwölften Jahre der Regierung des Kaisers Fung⸗chi vorkam. Die damals befolgte Etiquette soll jetzt zur Richtschnur dienen. Ein Festmahl wurde den auswärtigen Gesandten bisher nur bei der Hochzeit des Kaisers gegeben. Das Dekret ordnet an, daß ein solches Festmahl auch anderen Audienzen bei beson⸗ deren Gelegenheiten folgen soll. Es besteht jedoch die Absicht, nur einmal im Jahre eine Audienz stattfinden zu lassen. Jeder neue Gesandte hat bis zum nächsten Neujahr zu warten, wo er dem Kaiser vorgestellt wird. v
Egypten. Aus Suakim wird dem „R. B.“ gemeldet:
Wahlkreise des Regierungsbezirks Potsdam gestellten Antrag ausgesetzt.
In erster und zweiter Berathung wurde die Ergänzung des dem Reichstage vorliegenden Entwurfs des Reichs⸗ haushalts⸗Etats für das Etatsjahr 1891/92 ohne Debatte angenommen.
Darauf wurde die zweite Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Feststellung des Reichshaushalts⸗ Etats für das Etatsjahr 1891/92, fortgesetzt, und zwar mit dem Spezial⸗E.at „Zölle, Verbrauchssteuern und Aversen“ in Verbindung mit der Berathung der Kaiser⸗ lichen Verordnung über die Ausdehnung der Zoll⸗ ermäßigungen in den Tarifen A des deutsch⸗ italienischen und des deutsch⸗spanischen Handels⸗ und Schiffahrtsvertrages auf Marokko. Berichterstatter ist der Abg. Dr. Hartmann.)
Beim Titel 1 „Zölle“ sprach sich Abg. Broemel gegen die Einführung von Differenzialzöllen aus und richtete an die verbündeten Regierungen die Anfrage, aus welchen Gründen die Verordnung für den Verkehr mit Marokko so spät vor⸗ gelegt sei und ob zur Zeit neue Handelsvertrags⸗Verhand⸗ lungen mit Italien und Spanien eingeleitet seien.
„ Staatssekretär Freiherr von Maltzahn erklärte, daß die verbündeten Regierungen beabsichtigt hätten, die Ver⸗ ordnung zugleich mit einem Handelsvertrage mit Marokko vorzulegen. Da sich die Verhandlungen über den letzteren verzögert hätten, sei die Vorlegung der Verordnung nunmehr allein erfolgt.
Darauf wurden der Titel und die Verordnung an⸗ genommen.
Bei Titel 2 „Tabacksteuer“ fragte Dr. Buhl, ob die vom Reichstage gewünschten Erleichterungen bei der Be⸗ steuerung des inländischen Tabacks schon von den verbündeten Regierungen in Erwägung gezogen seien.
Staatssekretär Freiherr von Maltzahn erklärte, daß die betreffenden Verfügungen erlassen seien und dem Hause davon auch schon Mittheilung gemacht sei. Die betreffende Druck⸗ sache sei jedoch erst heute vertheilt, sodaß wohl noch nicht alle Mitglieder davon Kenntniß genommen hätten.
Zu Titel 2 lag folgender Antrag der Abgg. Menzer u. Gen. vor:
Der Reichstag wolle beschließen: die verbündeten Regierunge zu ersuchen, dem Reichstage möglichst noch in dieser Session eine Vorlage zu unterbreiten, wonach der Zollsatz für Tabackblätter, unbearbeitete und Stengel (Nr. 25 v 1 des Zolltarifgesetzes), vo 85 ℳ pro 100 kg auf 125 ℳ zu erhöhen und die bestehern Tabacksteuer von 45 ℳ auf 24 ℳ zu ermäßigen ist.
Bei Schluß des Blattes begann Abg. Menzer, diesen Antrag zu begründen.
— In der heutigen (29.) Sitzung des Hauses de Abgeordneten, welcher der Vize⸗Präsident des Staats Ministeriums, Staats⸗Minister Dr. von Boetticher, der Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. von Goßler, der Minister des Innern Herrfurth, der Finanz⸗Minister Dr. Miquel und der Minister für Landwirthschaft ꝛc. von Heyden beiwohnten, theilte der Präsident den Eingang eines Gesetzentwurfs, betreffend die Erweiterung, Ver⸗ vollständigung und bessere Ausrüstung des Staats⸗ eisenbahnnetzes, mit. 8 Auf der Tagesordnung stand an erster Stelle die dritte Berathung des Entwurfs eines Wildschaden⸗ gesetzes. 8.en In der Generaldiskussion erklärten sich die Abgg. von der Reck, Brandenburg, Conrad, Strutz und Namens
bereit, trotz mancher Bedenken gegen einzelne Bestimmungen im Ganzen für das Gesetz zu stimmen. In der Spezialdiskussion wurden nach kurzer Debatte,
der Reck, Strutz, Francke (Tondern), Brandenburg,
Rintelen und Herold betheiligten, unter Ablehnung mehrerer Abänderungs Anträge, die §§. 1—12 und 14 —- 16 unverändert nach den Beschlüssen der zweiten Lesung an⸗ genommen; nur in §. 13, welcher lautet:
Die Aufsichtsbehörde kann die Besitzer von Obst⸗, Wein⸗, Gemüsc⸗, Blumen⸗ und Baumsckulanlagen ermächtigen, Vögel und Wild, welche in den genannten Anlagen Schaden anrichten, mittels Schußwaffen zu erlegen. Der Jagdberechtigte kann verlangen, daß ihm die erlegten Thiere, soweit sie seinem Jagdrechte unterliegen, gegen das übliche Schußgeld überlassen werden.
Die Ermachtigung vertritt die Stelle des Jagdscheins. Sie darf Personen, welchen der Jagdschein versagt werden muß, nicht ertheilt werden und ist widerruflich. wurde nach einem Antrage des Abg. Herold beschlossen, nach den Worten „Schaden anrichten“ einzufügen: „zu jeder Zeit“.
Am Schluß der Diskussion gab der Minister für Land⸗ wirthschaft ꝛc. von Heyden die Erklärung ab, daß er zwar nicht alle einzelnen Bestimmungen des Gesetzentwurfs im Herrenhause werde mit voller Ueberzeugung vertreten können,
Zu der Expedition gegen Tokar solle die Garnison von
was nur möglich sein würde, wenn er von der Güte derselben
eines Theils der Konservativen der Abg. von Rauchhaupt 1.
an welcher sich die Abgg. Freiherr von Dobeneck, von —