Entscheidung nach den im § 5 enthaltenen Vorschriften. Der Bescheid
ist sowohl dem Unternehmer wie dem Widersprechenden zu eröffnen. §. 7. Gegen den Bescheid ist die Beschwerde an die Landes⸗ Centralbehörde zulä sig. Die Beschwerde muß zur Vermeidung des Verlustes binnen zwei Wochen eingeleat und gerechtfertigt werden Der Bescheid über die Beschwerde ist den Parteien schriftlich zu eröffnen und muß mit Gründen versehen sein. Ist die Reichs⸗Telegraphenverwaltung bei dem Verfahren betheiligt, so steht ihr gegen die Entscheidang der Landes⸗Centralbehörde binnen zwei Wochen die Besckhwerde an den Bundesrath zu. Der Bundesrath entscheidet nach Anhörung der Landes⸗Centralbehörde. b 5 §. 8. Die durch unbegründete Einwendungen erwachsenden Kosten fallen dem Widersprechenden, alle übrigen Kosten, welche durch das Verfahren entstehen, dem Unternehmer zur Last. In den Bescheiden über die Zulässigkeit der neuen Anlage wird zugleich die Vertheilung der Kosten festgesetzt. §. 9. Die * der im §. 3 bezeichneten Anlagen bleibt solange in Kraft, als keine Veränderung derselben vor⸗ genommen wird, und bedarf unter dieser Voraussetzung auch dann, wenn die Anlage an einen neuen Erwerber übergeht, der Er⸗ neuerung nicht. Jede Abänderung der Anlage bedarf dagegen der vorgängigen Genehmigung nach Maßgabe der §§. 3 bis 8. Die vor⸗ Fehenden Bestimmungen finden auf die im §. 3 Absatz 2 bezeichneten Anlagen Anwendung. 38 8 10. Anfchlosse einzelner Grundstücke an eine der im § 3 be⸗ zeichneten Anlagen gelten nicht als Abänderungen im Sinne des §. 9 und bedürfen der Genehmigung nicht, wenn die anzuschließenden Grundstücke unmittelbar an den öffentlichen Grund und Boden, welcher für die Anlage benutzt wird, angrenzen. Von der Ausführung solcher Anschlüsse ist der Orts⸗Polizeibehörde mindestens eine Woche vorber Anzeige zu erstatten. Dasselbe gilt von der Anbringung von Beleuchtungskörpern an der Außenseite von Gebäuden und deren Zu⸗ leitungen. § 11. Die Bestimmungen der §§. 3 bis 10 finden keine Anwendung 1) auf elektrische Anlagen, für welche der Grund und Boden von Eisenbahn⸗Verwaltungen benutzt wird, soweit für sie nicht auch anderer öffentlicher Grund und Boden benutzt wird; 2) auf elektrische Anlagen der Reichs⸗ und Staats⸗Telegraphenverwaltung. Die im §. 4 Absatz 2 bezeichneten Verwaltungen und Unternehmer sind berechtigt, gegen die von der Reichs⸗oder Staats⸗Telegraphenverwaltung ausgeführten elektrischen Anlagen binnen vier Wochen, nachdem deren Ausführung zu ihrer Kenntniß gelangt ist, bei der höheren Verwaltungsbehörde Widerspruch zu erheben. Wird ein solcher Widerspruch erhoben, so entscheidet die höhere Verwaltungsbehörde, sofern sie nicht die erhobenen Einwendungen als unbegründet zurückweist, ob die Anlage zu beseitigen oder vorzuschrei⸗ benden Abänderungen zu unterziehen ist. Auf das Verfahren finden die §§. 6, 7, 8 entsprechende Anwendung. §. 12. Anlagen der im §. 1 bezeichneten Art für Räume, welche zur Abhaltung öffentlicher Schaustellungen, Festlichkeiten oder Ver⸗ sammlungen bestimmt sind, sowie für Räume, in welchen explodirbare Stoffe verarbeitet werden, lagern, sich bilden oder ansammeln können, dürfen erst in Betrieb gesetzt werden, nachdem ihre vorschriftsmäßige Einrichtung durch die Orts⸗Polizeibehörde festgestellt und bescheinigt worden ist. 1 §. 13. Mit Geldstrafe bis zu dreihundert Mark wird bestraft: 1) wer den auf Grund des §. 1 erlassenen Vorschriften zuwiderhandelt; 2) wer eine elektrische Anlage, deren Errichtung nach §. 3 der vorgängigen Genehmigung bedarf, ohne diese errichtet oder betreibt, oder die Bedingungen, unter denen die Genehmigung ertheilt worden ist, nicht inne⸗ hält, oder an einer solchen Anlage ohne die vorgeschriebene Genehmigung Veränderungen vornimmt; 3) wer der Vor⸗ schrift des §. 12 zuwiderhandelt. Die Polizeibehörde kann in den Fällen — 1 und 2 die Beseitigung der Anlage oder die Herstellung des den Vorschriften oder Bedingungen ent⸗ sprechenden Zustandes, in dem Falle zu 3 die Einstellung des Be⸗ triebes anordnen. § 14. Wer es unterläßt, die im §. 10 vorgeschriebene Anzeige zu erstatten, wird mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Mark bestraft. §. 15. Welche Behörden als höhere Verwaltungsbehörden im Sinne dieses Gescetzes gelten, wird von den Landes⸗Centralbehörden bestimmt.
In dem allgemeinen Theil der Begründung heißt es:
Die Verwendung der Elektrizität zu Beleuchtungs⸗ und anderen technischen Zwecken hat neuerdings einen so erheblichen, im steten Wachsen begriffenen Umfang gewonnen, daß sich das Bedürfniß heraus⸗ gestellt hat, zur Abwendung der mit den elektrischen Anlagen ver⸗ bundenen Gefahren gesetzliche Bestimmungen über die Errichtung, die Ein⸗ richtung und den Betrieb dieser Anlagen zu erlassen. Es kommen dabei in Betracht: die Stromerzeugungsanlagen, die Leitungen, die Installationsanlagen und die elektrotechnischen Fabriken. Die mit diesen Anlagen verbundenen Gefahren bestehen in der Möglichkeit von Unfällen in Folge der Berührung menschlicher Körper mit den elektrischen Apparaten und Leitungen, in der Feuersgefahr, in der möglichen Störung des öffentlichen Telegraphen⸗ und Telephon⸗ betriebes durch die für andere Zwecke bestimmten elektrischen Leitungen und in den Folgen des durch irgend einen Zufall herbeigeführten Zerreißens dicker, stark gespannter, über Häuser und Straßen fort⸗ geführter Drähte.
Zur Sicherung gegen diese Gefahren muß Vorsorge getroffen werden, daß alle elektrischen Anlagen diejenige Einrichtung erhalten und mit denjenigen Vorkehrungen versehen werden, welche geeignet sind, die Gefahr für Menschen und die Feuersgefahr thunlichst aus⸗ zuschließen und daß die Leitungen eine Einrichtung erhalten, durch welche die gegenseitige Störung der Betriebe vermieden und das Zer⸗ reißen der Drähte thunlichst verhindert und eintretendenfalls unge⸗ fährlich gemacht wird.
Der Vorschlag, zu dem Ende alle elektrotechnischen Anlagen durch Aufnahme in das Verzeichniß des § 16 der Gewerbeordnung von vorgängiger polizeilicher Genehmigung abhängig zu machen, ist bei näherer Erwägung auf das Bedenken gestoßen, daß das Verfahren, welches in diesem Falle nach den Vorschriften der Gewerbeordnung eintreten würde, für eine große Zahl elektrotechnischer Anlagen eine Erschwerung und Belästigung mit sich bringen würde, welche zu der damit verbundenen Gefabr und dem dabei in Betracht kommenden öffentlichen Interesse nicht in richtigem Verhältniß stehen und auf die wünschenswerthe weitere Entwickelung der Elektrotechnik hemmend einwirken würde.
Durch den vorliegenden Gesetzentwurf wird daher der Weg besonderer gesetzlicher Regelung eingeschlagen, und zwar in der Weise, daß das gesetzliche und polizeiliche Eingreifen für die verschiedenen in Frage kommenden Anlagen nach dem Maße der damit verbundenen Gefahr und des dabei in Betracht kommenden öffentlichen Interesses verschieden bemessen wird. 8
Ueber die Einrichtung und den Betrieb der elektrischen Anlagen sollen unter Berücksichtigung der verschiedenen Arten derselben allgemeine polizeiliche Vorschriften erlassen werden, welche für alle Anlagen gleichmäßig verbindlich sind. Die Befolgung dieser Vorschriften soll der Regel nach nur dadurch ge⸗ sichert werden, daß Zuwiderhandlungen unter Strafe gestellt werden. Eine Ausnahme von dieser Regel soll für solche Anlagen eintreten, bei deren Einrichtung Interessen des öffentlichen Verkehrs und öffentlicher Betriebe, sowie die Verhütung gegenseitiger Störung zu berücksichtigen sind, oder deren Betrieb mit Gefahren für weitere Kreise verbunden ist. Im ersteren Falle soll die Ausführung der Anlage von einer vor⸗ gängigen polizeilichen Genehmigung abhängig sein, im letzteren soll vor der Inbetriebsetzung die Uebereinstimmung der Anlage mit den allgemeinen polizeilichen Vorschriften amtlich festgestellt werden.
Nachdem die Schutztruppe für Deutsch⸗Ost⸗Afrika in Bezug auf militärische Organisation und Disziplin dem Reichskanzler (Reichs⸗Marineamt) unterstellt worden ist, hat das Auswärtige Amt (Kolonial⸗Abtheilung) die Bearbeitung der Personalien der Schutztruppe an das Reichs Marineamt abgegeben. 8 1
Hierbei wird wiederholt darauf hingewiesen, daß auf Grund der bisher bei dem Auswärtigen Amt eingegangenen Gesuche um Einstellung in die Schutztruppe bereits eine so beträchtliche Anzahl von Offizieren und Unteroffizieren vor⸗ gemerkt worden ist, daß für absehbare Zeit ein Bedarf vor⸗ aussichtlich nicht eintreten wird.
Durch eine frühere Verfügung des Ministers des Innern war den Königlichen Regierungen und Landdrosteien empfohlen worden, auf die städtischen und die ländlichen Gemeinden in dem Sinne einzuwirken, daß sie für die Correspondenz unter Kommunalbehörden den Grundsatz, nach welchen bei portopflichtigen Sendungen von dem Absender in allen Fällen die Frankirung zu be⸗ wirken und die Erstattung des Portos durch den Empfänger nicht zu beanspruchen ist, annehmen und zu diesem Behufe der entsprechenden, unter einer großen Zahl von Ge⸗ meinden geschlossenen Vereinbarung beitreten oder durch den bezeichneten Grundsatz thatsächlich anwenden möchten.
Nach einer Mittheilung des Magistrats von Berlin um⸗ faßt der auf jener Vereinbarung beruhende Portoverband zur Zeit bereits 25 000 Städte und Landgemeinden. Es sind aber in neuerer Zeit gegen die weitere Ausdehnung des Verbandes
von einigen Seiten Bedenken auf Grund der Annahme, daß
das erstrebte Ziel sich nur im Wege der Gesetzgebung erreichen lasse, und auf Grund des Verlangens erhoben worden, daß zunächst ein Verzeichniß der dem Verbande angehörenden Ge⸗ meinden mitgetheilt werden müsse.
Weder die eine noch die andere dieser Einwendungen ist für durchschlagend zu erachten. Allerdings würde die Aus⸗ dehnung des Verbandes auf sämmtliche Gemeinden vor⸗ aussichtlich nur durch ein Gesetz herbeigeführt und eine volle Sicherheit dafür, ob im einzelnen Falle Reciprocität zu erwarten ist, nur aus einem, die Gemeinden des Verbandes nach⸗ weisenden — wegen des hohen Betrages der Herstellungskosten nicht zu beschaffenden — Verzeichnisse entnommen werden können. Aber auch wenn dem Verbande nicht alle Gemeinden des Staats angehören und au ohne die volle Sicherheit für die Gewährung von Reciprocität, hat der Beitritt zum Verbande und, selbst ohne ausdrücklichen Beitritt, schon das Verfahren nach dem Verbandsgrundsatze für jede Gemeinde den großen Vortheil, daß sie der Annahme ihrer Post⸗ sendung Seitens des Adressaten sicher ist und der lästigen Weiterungen, welche mit der Durchführung eines Anspruches auf Portoerstattung verbunden sind, überhoben wird. Sollte in einem einzelnen Falle Reciprocität nicht geübt werden, so ist der Verlust immer nur ein geringer, und das Vorkommen derartiger Fälle wird, bei einer weiteren Ausdehnung des Verbandes, immer seltener werden.
Demgemäß sind die Königlichen Regierungs Präsidenten neuerdings von dem Minister des Innern ersucht worden, auch fernerhin angelegentlichst bestrebt zu sein, die Gemeinden zum Eintritt in den Portoverband oder doch zur Annahme des Verbandsgrundsatzes für ihre Postsendungen an andere Ge⸗ meinden zu veranlassen.
Die Distriktskommissarien haben nach einer Ver⸗ fügung des Ministers des Innern bei der Wahrnehmung von Dienstgeschäften nicht die Militär⸗Uniform, wenn sie auch zu deren Anlegung persönlich berechtigt sind, sondern die für ihre Dienststellung vorgeschriebene Civil⸗Dienst⸗Uniform an⸗
zulegen. Die Allerhöchst verliehene Erlaubniß zum Tragen der Militär⸗Uniform kann, wie der Minister im Ein⸗ verständniß mit dem Kriegs⸗Minister bemerkt, auf solche Fälle keine Anwendung finden, in denen das Interesse des Dienstes das Anlegen von besonders vorgeschriebenen Civil⸗Dienst⸗ Uniformen erfordert, zumal wenn solche, wie im vorliegenden
Falle, gleichfalls durch Allerhöchste Anordnung zur Einführung
gelangt sind..
Auf Anordnung des Ministers für Handel und Gewerbe werden demnächst Vorschläge zur Aufstellung von Orts⸗ (Kreis⸗, Provinzial⸗) Statuten für die auf Grund des Reichsgesetzes, betreffend die Gewerbegerichte, zu errichtenden Gewerbegerichte, nebst Erläuterungen, ver⸗ öffentlicht werden. Sie erscheinen im Verlage von Fr. Kort⸗ kampf, Berlin⸗Charlottenburg.
Se. Durchlaucht der Prinz Albert zu Sachsen⸗ Altenburg, Commandeur der 3. Garde⸗Kavallerie⸗Brigade, hat einen 14 tägigen Urlaub nach Oesterreich⸗Ungarn an⸗ getreten.
Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Königlich württem⸗
bergische Ober⸗Finanz⸗Rath von Fischer ist hier angekommen.
„S. M. S. „Carola“, Kommandant Korvetten⸗Kapitän Valette, ist am 10. Februar cr. in Port Said einge⸗ troffen und beabsichtigt, am 13. die Heimreise fortzusetzen.
Danzig, 11. Februar. Der XIV. Westpreußische Provinzial⸗Landtag wurde heute durch den Ober⸗ Präsidenten von Leipziger mit folgender Ansprache eröffnet: Hochgeehrte Herren! 8
Als Koͤniglicher Kommissarius habe ich die Ehre, den XIVv. West⸗ preußischen Provinzial⸗Landtag bei seinem Zusammentritt zu begrüßen.
Seitens der Königlichen Staatsregierung wird von Ihnen eine Aeußerung über die Ausdehnung des für die Hohenzollernschen Lande erlassenen Gesetzes vom 29. Juni 1890, betreffend die Entschädigung für an Milzbrand gefallene Thiere auf die Provinz Westpreußen, und eine Beschlußfassung darüber verlangt, ob der Provinzial⸗Verband bereit ist, sich der Förderung der von dem Landes⸗Oekonomie⸗Kollegium als dringendes Bedürfniß anerkannten Errichtung und Unter⸗ haltung von Schäfer⸗Lehranstalten oder ⸗Lehrkursen in Westpreußen anzunehmen; im Uebrigen wird an Sie das Ersuchen um Vornahme von Wahlen gerichtet.
Den Hauptgegenstand Ihrer Verhandlungen bilden die Vor⸗ lagen des Provinzial⸗Ausschusses über die kommu alen An⸗ gelegenheiten, das Rechnurgswesen und den Haushalts⸗Etat des Provinzial⸗Verbandes; aus diesen Vorlagen hebe ich als besonders wichtig den Antrag auf Ankauf des Gutes Gigel im Kreise Konitz hervor, welcher den Zweck verfolgt, die Errichtung einer Arbeiter⸗ Kolonie für die Provinz Westpreußen zu ermöglichen und zugleich die weitere Entwickelung der Korrigendenanstalt zu Konitz zu fördern.
Endlich werden Sie sich mit einem Gesuche des am 15. De⸗ zember 1890 gegründeten Westpreußischen Prooinzial⸗Vereins zur Bekämpfung der Wanderbettelei zu beschäftigen haben, in welchem zum Zweck der Einrichtung einer Arbeiter⸗Kolonie von dem Provinzial⸗ Verbande die Ueberweisung eines geeigneten Grundstücks, die Be⸗ willigung eines einmaligen Beitrages von 10 000 ℳ zu den Ein⸗ richtungskosten und die Gewährung einer laufenden Beihülfe von 3000 ℳ zu den Unterhaltungskosten der Anstalt vom Jahre 1892 ab vorläufig auf drei Jahre erbeten wird.
Indem ich dem Wunsche Ausdruck gebe, daß Ihre Verhandlungen
Provinz zum Segen gereichen mögen, erkläre ich hiermit den
„Westpreußischen Pro vinzial⸗Landtag für eröffnet.
Der Geheime Regierungs⸗Rath Engler (Berent) eröff⸗ nete als Alters⸗Präsident die Sitzung mit einem Hoch auf Se. Majestät den Kaiser und König.
Nach einer kurzen Geschäftsordnungsdebatte über die Zu⸗ sammensetzung des Wahlausschusses wurde der „Danz. Allg. Ztg.“ zufolge die Wahl des Vorsitzenden des Provinzial⸗Land⸗ tages vorgenommen, aus welcher der Abg. von Graß (Klanin) hervorging. 1
Zum stellvertretenden Vorsitzenden wurde von Gra⸗ matzki (Danzig) mit 29 Stimmen ernannt. Zu Schrift⸗ führern wurden sodann per Akklamation die Abgg. Müller (Dt. Krone), Kautz, Lörke und Dr. Kersten gewählt.
Posen, 11. Februar. In der heutigen Sitzung der Stadtverordneten⸗Versammlung ist dem „Pos. Tgbl.“ zufolge der Stadtrath Witting aus Danzig mit 22 von 36 Stimmen zum Ersten Bürgermeister der Stadt Posen gewählt worden. 8
1 Hessen. “
Darmstadt, 11. Februar. Die Finanz⸗Ausschüsse beider Kammern der Stände genehmigten, wie der „Köln. Ztg.“ gemeldet wird, die Staatszuschüsse zur Herstellung des Wormser Doms mit 300 000 ℳ, der Stadtkirche in Friedberg mit 100 000 ℳ .“
Anhalt.
Dessau, 11. Februar. Ihre Durchlauchten der Fürst und die Fürstin von Reuß ä. L. sind, wie der „A. St. B.8 meldet, zum Besuch am Herzoglichen Hofe hier eingetroffen und gedenken sich von hier nach Rudolstadt zu begeben.
In der gestrigen Sitzung des Landtages wurden zu Kandidaten für das Präsidentenamt die Abgg. Lezius, von Biedersee und Freiherr von Ende gewählt. Der Staats⸗ Minister von Krosigk erklärte sofort, daß er von Sr. Hoheit dem Herzog ermächtigt sei, dem Landtage Folgendes zu eröffnen: Se. Hoheit der Herzog wählt aus den drei Präsidentschafts⸗ Kandidaten den an erster Stelle gewählten Abg. Lezius zum Landtags Präsidenten der gegenwärtigen Landtagsperiode. Zum Ersten Vize⸗Präsidenten wurde sodann der Abg. von Biedersee, zum Zweiten Vize⸗Präsidenten der Abg. Freiherr von Ende gewählt.
Oesterreich⸗Ungarn. 1“
Wien, 12. Februar. Wie die Presse“ meldet, dürfte die österreichisch⸗ungarisch⸗deutschen Handelsver⸗ trags⸗Verhandlungen nunmehr rasche Fortschritte machen, sollen aber von beiden Seiten geheim gehalten werden, bis den Parlamenten eine bezügliche Vorlage zugeht und zwar schon deshalb, weil in der Zwischenzeit Verhandlungen mit anderen Staaten angeknüpft werden sollen, insbesondere Seitens Deutschlands mit der Schweiz und Italien, Seitens Oesterreichs mit der Schweiz, Serbien und Rumänien. Es sei von Werth, daß diesen Staaten die ihnen vom Standpunkt der Meist⸗ begünstigung zustehenden Positionen nicht bekannt seien. 8
Der „Neuen Freien Presse“ zufolge ist die Frage de Frachttarife zwischen den Handels⸗Ministern vo Oesterreich und von Ungarn durch den Austausch von Erklärungen geordnet, in welchen eine vollstän⸗ dige Reziprozität bezüglich der Frachttarife für den Eisen⸗ bahn⸗Waarentransport festgestellt wurde. Es sei daher eine einseitige Tarispolitik künftig ausgeschlossen. Der ungarische Lokal⸗Tarif bleibe aufrecht erhalten, erlange aber durchweg für den Transport aus Oesterreich nach Ungarn Geltung ebenso seien eventuelle Reformen des österreichischen Tarifs wirksam für die Provenienzen aus Ungarn. 1
Großbritannien und Irland.
8 Im Unterhause stellte am Dienstag der Erste Lord des Schatzamts Smith den Antrag, daß die Zehntenvorlag
den Vorrang vor allen anderen Geschäften des Hauses haben
solle. Er erklärte, der Antrag sei nothwendig geworden durch den langsamen Fortschritt der Vorlage und den Wunsch der Regierung, der Opposition Gelegenheit zur Einbringung ihres Tadelsantrages in Betreff der Verwaltung Irlands zu gewähren.
Sir W. Harcourt bekämpfte Namens der Opposition den Antrag, der indeß schließlich mit 248 gegen 178 Stimmen angenommen
wurde. Im weiteren Verlauf der Sitzung wurde der Bericht
über die Amendements zur Zehntenvorlage genehmigt und die dritte Lesung des Entwurfs auf heute, Donnerstag, angesetzt.
— In seiner gestrigen Sitzung hat das Unterhaus mit 202 gegen 155 Stimmen die zweite Lesung des Gesetzentwurfs an⸗
genommen, durch welchen die Ehe eines Wittwers mit der Schwester seiner verstorbenen Frau für gesetzlich
zulässig erklärt wird.
Die irischen Deputirten O'Brien und Dillon wie „W. T. B.“ aus Boulogne s. M. meldet, erklären, daß das unumgänglich nothwendige Einvernehmen für die irische Sache — ein Einvernehmen, welches von der großen Mehrheit des Volkes und zahlreichen irischen Deputirten ersehnt worden — gescheitert sei, und zwar in Folge von Bitterkeit der Be⸗
erließen,
ein Manifest, in welchem sie
theiligten und nutzlosen Streitigkeiten über Formfragen. O'Brien und Dillon weigern sich, wie sie sagen, an dem
häuslichen Zwist theilzunehmen, der in Irland ausbrechen
werde. Sie würden morgen nach England abreisen, um sich den
Behörden zu stellen und ihre Gefängnißhaft anzutreten. Die heutigen Londoner Morgenblätter veröffentlichen ein Schreiben Parnell's an O'Brien, in welchem Parnell den Abbruch der Verhandlungen damit erklärt, es sei ihm unmöglich ge⸗ macht worden, die nationalen Interessen als so sichergestellt zu
betrachten, daß er ohne Gefahr für die irische Sache die ihm von der irischen Nation übertragene Führerschaft nieder⸗ legen könne.
Das gestern veröffentlichte britische Armeebudget veranschlagt der „Mgdb. Ztg“ zufolge die Ausgaben für das Heer im Etatsjahre 1891 — 92 auf 17 545 000 Pfd. Sterl. gegen 17 657 300 Pfd. Sterl. im vorhergehenden Finanzjahre.
Admiral Hornby hat sich jetzt ebenfalls zu Gunsten einer wesentlichen Verstärkung derbritischen Kriegs⸗Marine ausgesprochen. Namentlich empfiehlt er, daß jährlich etwa 4500 Schiffsjungen ausgebildet werden sollen, welche nach sechs⸗ jähriger Dienstzeit mit Reservesold in die Handels⸗Marine ein⸗ treten könnten und eine tüchtige Reserve bilden würden. „Solche Leute“, schreibt der Admiral, „sind in der Handels⸗Marine ebenso (wenn nicht mehr) nöthig, als auf Kriegsschiffen. Gegenwärtig bildet unsere Handels⸗Marine keine zuverlässigen Leute aus. Die besten Leute in derselben sind Ausländer — Dänen, Schweden, Deutsche und Holländer — alle wohlaus⸗ gebildete und zuverlässige Leute, während die Engländer un⸗ wissend und ungehorsam sind. Wer meine Meinung über englische Handelsseeleute bezweifelt, befrage die großen Schiffs⸗ rheder in Liverpool oder London und höre, was sie zu sagen haben.“
Auf der Staatswerft zu Chatham lief gestern der für die britische Kriegsmarine gebaute neue Kreuzer „Apollo“ vom Stapel. Das Schiff ist 300 Fuß lang, 43 Fuß breit und hat bei einem mittleren Tiefgange von 16 Fuß 6 Zoll ein Deplacement von 3431 t. Der Schiffs körper ist ganz aus Stahl! erbaut. Die Armirung besteht aus zwei 152 Millimetergeschützen, sechs 12 Centimeter⸗Schnellfeuer⸗ kanonen, drei auf jeder Bordseite; ferner 8 Sechspfündern, einem Dreipfünder und einem Neunpfünder. Außerdem sind 4 Torpedo⸗Lanzirrohre vorhanden. Nach dem Typus des „Apollo“ werden 29 Kreuzer gebaut, die zum größten Theil bei Privatfirmen in Bestellung gegeben sind.
Aus Pietermaritzburg vom 10. Februar meldet „R. B.“: Der gesetzgebende Rath von Natal nahm heute den Entwurf an, welcher der Kolonie eine verantwortliche Regie⸗ rung und eine Verfassung giebt. Danach wird die Kolonie künstighin eine einzige Kammer von 37 gewählten Mitgliedern und ein Kabinet von sechs der Kammer verantwortlichen Ministern haben.
Frankreich.
Paris, 12. Februar. Die Blätter veröffentlichen ein offiziöses Communiqué, wonach der Minister der öffentlichen Arbeiten Guyot im Einvernehmen mit der Nordbahn⸗Gesell⸗ schaft die Durchgangstarife aufgehoben hat, welche letztere seiner Zeit mit der englischen Bahngesellschaft vereinbart hatte. Ferner habe der Minister Guyot die Paris⸗Lyoner Bahngesellschaft, sowie die Eisenbahngesellschaften in Süd⸗ frankreich aufgefordert, die Tarifverträge Betreffs der spani⸗ schen Weine abzuändern, und gleichzeitig die übrigen Gesell⸗ schaften davon verständigt, daß dieselben einige von den Handelskammern bezeichnete Durchgangstarife aufheben müßten.
Dem Höheren Arbeitsrath, welcher in der nächsten Woche zu seiner ersten Session zusammentritt, wird die Prüfung der nachstehenden Fragen obliegen: Schiedsgerichte Betreffs Differenzen zwischen Arbeitgebern und Arbeitern, Dienst⸗ Vermittlungs⸗Bureaus der Arbeiter, die Lohnfrage, Aus⸗ zahlungsmodus für die Löhne und Unantastbarkeit der Arbeits⸗ löhne.
Rußland und Polen.
Der Erzherzog Franz Ferdinand von Oester⸗ reich⸗Este kehrte von dem Jagdausflug nach Jaschtscheri (an der Warschauer Bahn), den er mit dem Großfürsten Wladimir unternommen hatte, gestern nach St. Petersburg zurück und folgte darauf einer Einladung des Großfürsten Paul zum Diner. Am Abend empfing der Erzherzog eine seines im
eingetroffene Deputation 3 Bug'schen
in St. Petersburg tatie kantonnirenden
Poltawa'schen Gouvernement Dragoner⸗Regiments.
Wie dem „Rishik. Westn.“ aus St. Petersburg geschrieben wird, gehen die Arbeiten der Kommission, welche die Reform der „Verschickung“ zu berathen hat, ihrer Beendigung ent⸗ gegen. Die Kommission hat diesen ihren Arbeiten ganz neue Gesichtspunkte zu Grunde gelegt, wonach die Verschickung durch Kolonisation neuer Gebiete des Reichs ersetzt werden soll. Außerdem soll in einzelnen Fällen, die jetzt Verbannung in europäische Gouvernements oder nicht zu entfernt liegende Orte Sibiriens nach sich ziehen, die Verbannung durch Freiheitsentziehung bis zu 8 Jahr, je nach der Schwere des begangenen Verbrechens, und Anhaltung zu Zwangsarbeiten auf die Dauer von 3 bis 8 Jahren ersetzt
werden. Man glaubt, daß dieses neu ausgearbeitete Projekt
noch in der laufenden Session des Reichsraths bei der Kodi⸗ sikationsabtheilung desselben eingebracht werden wird.
Das Projekt der Städtereform, das von einer Kom⸗ mission unter dem Präsidium des Geheimen Raths von Plehwe
ausgearbeitet wurde, wird, wie der „Grashd.“ erfährt, noch im
Februar an den Reichsrath gelangen. 8
Italien.
Wie der „Mgdb. Ztg.“ aus Rom telegraphirt wird, hätte der Kriegs⸗Minister General Pelloux im Ministerrath eine
Verminderung des Heeresbudgets um 10 Millionen Lire und der Minister des Innern Nicotera gleichfalls Er⸗ sparnisse angekündigt. nach Neapel abreisen; er habe bereits wieder seine Anwalts⸗
kanzlei eröffnet.
Crispi werde Ende dieser Woche
Spanien. Nach einer der „Pol. Corr.“ aus Madrid zugehenden
e wird die spanische Regierung anläßlich der
Feier des vierten Centennariums der Entdeckung
Amerikas eine Weltausstellung in Madrid veran⸗ stalten, welche am 12. September 1892 eröffnet werden soll. Diese Ausstellung wird nur die Archäologie und Geschichte Amerikas zum Gegenstande haben und aus⸗ schließlich solche Objekte in ihren Rahmen ziehen, welche ein
Bild von dem ursprünglichen Kulturzustande der Völker Amerikas ei dessen Entdeckung, sowie von der weiteren kulturellen Ent⸗
wickelung dieses Erdtheiles zu bieten geeignet sind. Die spanische
Regierung ladet alle Korporationen und Privatpersonen, bei
denen dieses Projekt Interesse finden kann, ein, an der Ver⸗ wirklichung desselben durch Beschickung der Ausstellung mit Gegenständen, die in ihren Rahmen passen, theilzunehmen. Außer der Ausstellung werden, leichzeitig mit der Tagung des Amerikanisten⸗Kongresses in 8
anta Maria de la Rabida,
in Madrid, Palos und Quelva, verschiedene Festlich⸗ keiten von der spanischen Regierung veranstaltet werden.
Bei einem gestern unter dem Vorsitz Salmeron'’s statt⸗ gehabten Bankett der Republikaner hielt dieser eine Rede, in welcher er sich für die Herstellung der gemäßigten Re⸗ publik aussprach; die Folge des allgemeinen Stimmrechts werde der Triumph der Republik in Spanien sein, nicht durch eine Revolution, sondern durch eine friedliche Entwickelung.
Auch in den Provinzen fanden mehrere Bankette statt, die
sämmtlich ohne Ruhestörungen verliefen.
Schweiz Der Berner „Bund“ schreibt: „Im Bundesrathhause weiß man, wie wir hören, was auf dem An archistenkongreß zu Capolago verhandelt worden ist. Der Bundesanwalt hat dem Bundesrath mehrere Berichte erstattet. Auf dem Kongreß handelte es sich hauptsächlich darum, ein Programm zu firiren. Da im Kongreß verschiedene Strömungen sich geltend machten, scheint es zu einer Verständigung nicht gekommen zu sein. Die Bewilligung der Abhaltung des Kongresses erweist sich jetzt als ein Vortheil, indem sie den Bundesbehörden ermög⸗ lichte, schätzenswerthe Kenntnisse von der anarchistischen Be⸗ wegung zu erlangen.“ 3
“
Die dritte Sektion der Repräsentantenkammer ge⸗ nehmigte, wie „W. T. B.“ aus Brüssel meldet, den Antrag auf Verfassungsrevision mit 5 gegen 4 Stimmen; 7 Mitglieder enthielten sich der Abstimmung. — Der General⸗ rath der Arbeiterpartei richtete eine Denkschrift an den belgischen Episkopat, in welcher dieser ersucht wird, sich der Verfassungsrevision nicht zu widersetzen.
Die beiden Klassen der Miliztruppen, welche jüngst einberufen wurden und deren Garnison Brüssel ist, sind gestern auf einen Monat in die Heim tl lassen worden.
Türkei.
Das Projekt der Errichtung von Heimstätten für be⸗ freite Negersklaven, welches dem Sultan vor einiger Zeit von dem englischen Botschafter vorgelegt und kürzlich von dem Ministerrath gutgeheißen wurde, hat, wie „R. B.“ aus Konstantinopel berichtet, im Prinzip die Sanktion des Sultans erhalten. Die Regierung beabsichtigt, die An⸗ legung solcher Heimstätten in Benghazi, Tripolis, Jedda und Konstantinopel. Sie sollen den befreiten Sklaven Schutz gewähren, und es wird in denselben nach bereits in Kraft befindlichen Bestimmungen für sie gesorgt werden. Die Fürsorge des Staats wird sich auch auf die Kinder der Neger erstrecken, welche, wenn Knaben, Aufnahme in die Handwerkerschulen oder Militärkapellen oder, wenn Mädchen, Stellungen als Dienst⸗ boten erhalten dürften. In Würdigung der Thatsache, daß die Kinder von Negern sich selten in gemäßigten Klimaten akkli⸗ matisiren, sondern in diesen meistens sterben, hat der Sultan Befehl gegeben, verheirathete Neger nach den bei Smyrna zu errichtenden Heimstätten zu senden. Die nothwendigen In⸗ struktionen zur Ausführung dieser Maßregeln sind bereits er⸗ theilt worden.
Dänemark. Prinz Heinrich von Orléans, Sohn des Herzogs d
von Chartres, ist dem „W. T. B.“ zufolge gestern Abend in Kopenhagen eingetroffen und am Bahnhof von seinem Schwager, dem Prinzen Waldemar und dessen Gemahlin, der
Prinzessin Marie, empfangen worden.
Amerika. 11“] 1“
Vereinigte Staaten. Das Kriegsdepartement beabsichtigt einem Kabeltelegramm der „A. C.“ aus Washington zufolge 2000 junge Indianer für den Militärdienst anzuwerben. Es solle jedoch kein eigenes Indianer⸗Regiment gegründet werden, sondern die Indianer würden compagnie⸗ weise den im Westen liegenden Infanterie⸗ und Kavallerie⸗ Regimentern zugetheilt werden. Zur Führung der Com⸗ pagnien würden Offiziere, welche die Sitten der Indianer kennen, gewählt werden. General Miles befürworte den Plan lebhaft.
Afrika.
Egypten. Aus Suakim, vom 10. Februar, berichtet „R. B.“: Oberst Holled Smith, der Generalgouverneur der Küste des Rothen Meeres, wird sich morgen an der Spitze von zwei Bataillonen Infanterie, einer Escadron Kavallerie und einer Batterie Artillerie von hier nach Trinkitat begeben. Die Truppen werden am Freitag Teb besetzen und von dort auf Tokar vorrücken.
Parlamentarische Nachrichten.
In der heutigen (64.) Sitzung des Reichstages, welcher der Staatssekretär Dr. von Boetticher und der Staats⸗Minister Freiherr von Berlepsch beiwohnten, erklärte vor Eintritt in die Tagesordnung der Abg. Dr. Mehnert, daß er von dem zur Zeit erkrankten Abg. Freiherrn von Friesen die Mittheilung erhalten habe, daß die Angabe des Abg. Bebel in der Sitzung vom 9. d. M., daß sein Vater, der Freiherr von Friesen, 1867 nach Schluß des konstituirenden Reichs⸗ tages in die Werkstätte des Abg. Bebel in Leipzig gekommen sei und diesen zu seiner Rede gegen den Norddeutschen Bund beglückwünscht habe, bereits wiederholt als unwahr nachgewiesen sei. Der verstorbene Freiherr von Friesen habe den Abg. Bebel gar nicht gekannt und sei 1867 überhaupt nicht in Leipzig gewesen.
Abg. Bebel hält dieser Erklärung gegenüber seine Be⸗ hauptung vollkommen aufrecht.
Darauf trat das Haus in die Tagesordnung ein: zweite Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Ab⸗ änderung der Gewerbeordnung, auf Grund des Berichts der VIII. Kommission.
Berichterstatter ist der Abg. Hitze. 8
Der §. 105, welcher folgendermaßen lautet:
Die Festsetzung der Verhältnisse zwischen den selbständigen Gewerbetreibenden und den gewerblichen Arbeitern ist, vorbehaltlich der durch Reichsgesetz begründeten Beschränkungen, Gegenstand freier Uebereinkunft. “ 8 v“
wurde ohne Debatte angenommen.
§. 105 a lautet: 8
Zum Arbeiten an Sonn⸗ und Festtagen können die Gewerbe⸗ treibenden die Arbeiter nicht verpflichten. Arbeiten, welche nach den Bestimmungen deeses Gesetzes auch an Sonn⸗ und Festtagen vorgenommen werden dürfen, fallen unter die vorstehende Be⸗ stimmung nicht.
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88
Welche Tage sichtigung der örtli regierungen.
Hierzu lag folgender Antrag des Abg. Orterer vor
Der Reichstag wolle beschließen: Den Abs. 1 des § 105a in folgender Fassung anzunehmen: Zum Arbeiten an Sonn⸗ und Festtagen können die Gewerbetreibenden die Arbeiter nicht ver pflichten. Arbeiten, welche nach der Natur des Gewerbebetriebe einen Aufschub oder eine Unterbrechung nicht gestatten, fallen unt die vorstehende Bestimmung nicht.
Abg. Orterer begründete seinen Antrag. 8
Die Abgg. Freiherr von Stumm, Krause, Dr. Hart mann, Böttcher erklärten sich gegen den Antrag, der Abg Bebel für denselben.
Der Staats⸗Minister Freiherr von Berlepsch empfah die Ablehnung des Antrags und bat um Annahme der Kom missionsfassung. (Schluß des Blattes.)
— In der heutigen (31.) Sitzung des Hauses de Abgeordneten, welcher der Finanz⸗Minister Dr. Mique beiwohnte, wurde die zweite Berathung des Entwurf eines Einkommensteuergsetzes fortgesetzt, und zwa wurde zunächst die Diskussion über Nr. 4 des §. 1 in Ver bindung mit §. 16 der Kommissionsbeschlüsse und den dazu vorliegenden Anträgen wieder aufgenommen.
Abg. Metzner begründete seinen Antrag Betreffs der Besteuerung der Konsumvereine. Dieselben machten große Umsätze, bis zu Millionen, und seien steuerfeei, während die kleinen Handwerker und Händler besteuert seien. Es sei un⸗ richtig, daß die Konsumvereine keine eigenen Einnahmen hätten; sie seien gegründet zu dem Zwecke, ihren Mitgliedern Gewinn zu bringen. Einen Unterschied zwischen eingetragenen und nicht eingetragenen Genossenschaften wolle der Antrag nicht machen.
Regierungskommissar, Geheimer Finanz⸗Rath Wallach wandte ein, daß nur Konsumvereine, welche eingetragene Ge⸗ nossenschaften seien, besteuert werden könnten; bei anderen Konsumvereinen sei das nicht möglich, da sie keine juristischen Personen seien. 3
Abg. Parisius meinte, daß der Gewinn, den die ein⸗ zelnen Mitglieder aus dem Konsumverein hätten, doch leicht festgestellt und bei diesen besteuert werden könnte. Die vor⸗ seschlagene Besteuerung würde hauptsächlich die kleinen Pro⸗ duktiv⸗ und Rohstoffgenossenschaften treffen. Den Handwerkern schade die kleine Anzahl von Konsumvereinen nicht. Zumeist seien kleine Handwerker selbst Mitglieder und würden dabei durch die Baarzahlung zur Sparsamkeit erzogen. Wenn nur eingetragene Genossenschaften besteuert werden könnten, so würden die Offizier⸗ und Beamten⸗Konsumvereine steuerfrei ausgehen; die großen Konsumvereine würden demnach steuerfrei sein, während die kleinen besteuert würden. Die Dividenden der Konsum⸗ vereine seien nicht mit denen der Aktiengesellschaften zu ver⸗ gleichen, denn sie seien kein Verdienst, sondern ein Preis⸗ aufschlag, der angesammelt und nachher vertheilt werde. Der Vertheilung einer Dividende durch Herabsetzung der Preise entgegenzuwirken, sei nicht zu empfehlen, da hierdurch der Anreiz zur Baarzahlung verloren ginge. Die Konsumvereine hätten vielfach einen Theil ihres Ueberschusses zu gemein⸗ nützigen Zwecken verwendet; davon wolle der Fiskus in Zu⸗ kunft auch seine Steuer abziehen.
Abg. von Tiedemann (Bomst) wies nach, daß es möglich sein werde, auch die großen Konsumvereine heran⸗ zuziehen und empfahl den Antrag Achenbach, der einer Doppelbesteuerung entgegenwirke.
Abg. Dr. Hammacher wollte ebenfalls eine Doppel⸗ besteuerung vermieden wissen und meinte, daß dies durch den Antrag Achenbach am besten zu erreichen sei.
Abg. von Eynern legte den Nutzen der Aktiengesell⸗ schaften gerade für die kleinen Kapitalisten dar, und meinte, daß die Regierung kein Gewicht darauf legen werde, wenn die ganze Bestimmung bezüglich der Besteuerung der Aktiengesell⸗ schaften gestrichen würde.
Der Finanz⸗Minister Dr. Miquel bezeichnete die Frage als eine complexe, charakterisirte die Vorzüge der Regierungs⸗ vorlage und des Antrags Achenbach sowie die Schwierigkeiten des letzteren, und gab schließlich die Entscheidung dem Hause anheim.
Abg. Goldschmidt sprach sich für die Steuerfreiheit der Aktienge sellschaften eventuell für den Antrag Achen⸗ bach aus.
Abg. Pleß trat für die schaften und Konsumvereine ein.
Abg. Graf zu Limburg⸗Stirum war ffür den Kommissionsbeschluß event. für den Antrag Achenbach.
Ein Antrag auf Schluß der Debatte wurde abgelehnt.
Abg. Rickert erklärte, für den Antrag Achenbach stimmen zu wollen, während
Abg. Dr. Windthorst bat, an den Beschlüssen der Kommission festzuhalten. 1
Nach kurzen Bemerkungen der Abgg. Freiherr von Hammerstein und von Kardorff schloß die Diskussion.
Der Antrag Simon wurde zu Gunsten des Antrags Achenbach, über welchen namentliche Abstimmung beantragt wurde, zurückgezogen. (Schluß des Blattes.)
Besteuerung der Genossen⸗
— Die Patentkommission des Reichstages setzte gestern die zweite Lesung bei §. 25 fort, und nahm einen von Kauffmann gestellten Eventualantrag mit 12 gegen 3 Stimmen an, daß der Antrag auf mündliche Verhandlung in der Beschwerdeinstanz ab⸗ gelehnt werden kann, wenn vor der Anmeldeabtheilung eine münd⸗ liche Verhandlung stattgefunden hat. Mit diesem Zusatz wurde §. 25 nach den Beschlüssen der Subkommission angenommen. §§. 268—44 wurden theils nach der Regierungsvorlage, theils nach den Vor⸗ schlägen der Subkommission genehmigt, nur §. 39 wurde gestrichen, weil die betreffende Bestimmung bereits in der Civilprozeßordnung enthalten sei. Der Einführungstermin wird auf den 1. Oktober 1891 im Einverständniß mit den Regierungskommissaren festgesetzt und das Gesetz einstimmig angenommen. Die Kommission wird am 16. d. M. zur Berathung des Entwurfs betr. die Gebrauchs⸗ muster schreiten.
— Die Volksschul⸗Kommission des Hauses der Abgeordneten beschäftigte sich gestern mit dem §. 118. Derselbe bestimmt die Voraussetzungen, unter denen die Schulaufsichtsbehörde die Trennung des mit dem Volksschullehreramt vereinigten kirch⸗ lichen Amts anordnen kann. Abg. Dr. Brüel hatte verschiedene Anträge gestellt, von welchen der Antrag Annahme fand, daß die Trennung der niederen Küsterdienste vom Volksschullehreramt dann durchgeführt werden soll, wenn die Gemeinde materiell für die Doti⸗ rung der Küsterstelle aufkommt. §. 118 wurde mit diesem Zusatz genehmigt.