1891 / 38 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 12 Feb 1891 18:00:01 GMT) scan diff

Kunst und Wissenschaft. Dem Herrn Kultus⸗Minister Dr. von Goßler ist von der Wittwe Heinrich Schliemann’s dasnachstehende Schreiben

ugegangen: „Athen, 2. Februar 1891.

Ew. Excellenz empfangen, bitte, nlinen tiefempfundenen Dank für den Ausdruck der warmen Theilnahme, welche Ew. Excellenz mir beim Hinscheiden meines geliebten Mannes an den Tag gelegt. Stets werde ich mit Rührung daran denken, wie hoch mein Mann von seinem Vaterlande anerkannt worden war, und ewig werde ich dem Volke dankbar sein, welches, mit Kaiser und Regierung an der Spitze, mir eine so leb hafte Theilnahme an meinem großen Schmerze darlegte.

In ausgezeichneter Verehrung ich ganz ergebens

Sophie Schliemann.

Durch ein Versehen des Setzers bei der Korrektur ist in der gestrigen Nummer des „R. u. St. A.“ in dem Bericht über die letzte Sitzung der Physikalischen Gesellschaft, Spalte 2, in dem mit „Hr. Dr. Rubens“ beginnenden Absatz, Zeile 11 und Zeile 14, das Wort „dielektrischen“ an eine falsche Stelle gebracht worden. Der ganze Satz muß heißen: „Diese Isolatoren allein sind es nämlich, welche für manche elektrische Wirkungen, so für elektrische Wellen durchlässig sind; den elektrischen Strom vermögen sie freilich nicht fortzuführen. Dieser Umstand recht⸗ fertigt am Besten eine Bezeichnung, welche schon von Faraday eingeführt wurde, als er die Isolatoren dielektrische Körper nannte.“ Die „National⸗Zeitung“, welche unseren Bericht in ihrer heutigen Morgenausgabe ohne Quellen⸗ angabe abdruckt, hat diese irrthümliche Umstellung von „elektrische“ und „dielektrische“ gleichfalls übernommen.

Weitere Mittheilungen über das Koch’sche Heilver⸗ fahren bringt die „Deutsche Medicinische Wochenschrift“ (Verlag von Georg Thieme, Leipzig⸗Berlin) in ihrer neuesten Nummer: Aus der Königlichen Universitätsklinik in Königsberg i. Pr.: Das Koch'sche Heilverfahren von Medizinal⸗Rath Professor Dr. Lichtheim. Aus dem israelitischen Gemeindehospital in Frankfurt a. M.: Er⸗ fahrungen und Fragen in Betreff des Koch'schen Mittels von Dr. S. Kirchheim. .“

Die Koch'sche Lymphe hat jetzt, wie die „N. A. Z.“ schreibt, einen offiziellen Namen erhalten. Die von Dr. Libbertz ver⸗ sandten Holzkästchen, welche die Originallympbe enthalten, tragen nämlich alle seit Kurzem die Inschrift: „Tuberkulin“.

In Potsdam ist, wie das „B. Fr. Bl.“ mittheilt, am 9. d. M. Prof. Dr. Edmund Hartnack, der berühmte Verfertiger optischer In⸗ strumente, gestorben. Im Jahre 1826 in Templin in der Ücker⸗ marck geboren, lernte er in Berlin das Mechanikergewerbe und betrieb später hier, zuletzt in Gemeinschaft mit dem aus Polen vertriebenen Professor der Mathematik Prazanowski, ein optisches Geschäft. Da sich ihm aber in Berlin nicht das gewünschte Arbeitsfeld eröffnen wollte, siedelte er nach Paris über. Dort traf ihn im Jahre 1870 das allen in Frankreich domizilirenden Deutschen gemeinsame Geschick; er wurde ausgewiesen, nahm aber als kostbares Gut einen Centner jenes reinen, zur Herstellung von optischen Linsen dienenden Glasflusses, wie er zu jener Zeit nur in Frankreich und England hergestellt wurde, in die heimische Mark Brandenburg mit. In Potsdam begründete er ein Institut zur Herstellung optischer Instrur. ude und erfreute sich schnell eines internationalen Rufes und der Anerkennung der wissenschaftlichen Welt, die auch darin ihren Ausdruck fand, daß ihm die medizinische Fakultät zu Bonn honoris

Wetterbericht vom 12. Februar, Korgens 8 Uhr.

Max Grube. Sonnabend:

Wind.

in ° Celsius

Temperatur 89v2nSn[50° C. = 40R.

Bar. auf 0 Gr. u. d. Meeressp

red. in Millim.

Mullaghmore WNW 2 balb bed. Anfang 7 Uhr.

sberdeen . 768 SW 2 bedeckt Christiansund 755 WNW 8Schnee Kopenhagen. 751 NW 6 halb bed. Stockholm. 731 SSW 2 Schnee PEWE11I1um 2 heiter!) t. Peterbb. 750 SW 1 bedeckt Moskau 2758 W2S2 2 bedeckt

Cork, QOueens. I e 772 N 1 heiter EEE161616186 4 bedeckt elder.. 767 NNW 2 wolkig vylt.... 760 NNW 5 wolkenlos mburg.. 761 NW 5 halb bed. ²) winemünde 756 WSW F7 bedeckt Neufahrwasser 752 SW 7 bedeckt Memel 749 SW 6 bedeckt

Paradies.

Sonntag: Wellen.

Vorstellung. Sonnabend: der Frauen.

—=gceeee en bG-

I1I.“ 2 pedeckt ünster.. 764 W 3 bedeckt Karlsruhe. 760 SW 5 bedeckt Wiesbaden. 768 SW 2 bedeckt²) München. 770 S 5 bedeckt Chemnitz .. 765 S 5 bedeckt⁴) Berlin 760 W 5 Schnee Ii7771 still Nebel Breslau .. 764 4 bedeckt Idirx.. 775 3 bedeckt . 769 4 heiter Erestee. 769 still wolkenlos

90ο—

¹) Nordlicht. ²) Nachts Regen und stürmisch. A. Raida. ³) Schnee. ⁴) Nebel. 1 E. Severini. Uebersicht der Witterung. W. Hock Ein Minimum, welches gestern westlich von Schott⸗ 3 land lag, ist ostwärts nach der Gegend von Stock⸗ holm fortgeschritten und verursacht an unseren Küsten

stellenweise stürmische südwestliche bis nordwestliche, Miß Helyett.

im deutschen Binnenlande auffrischende südwestliche

Linie Riga⸗Wiesbaden⸗Biarritz herrscht Thauwetter. Ein Hochdruckzebiet liegt über dem Biscavyischen Busen und scheint sich nordwärts auszubreiten, sodaß die starke Erwärmung, welche sich jetzt in Deutsch⸗ land zeigt, demnächst wieder Abkühlung bei böiger Witterung Platz machen dürfte. In Ungarn dauert Freitag:

und heute Nordlicht beobachtet. Deutsche Seewarte.

Wolfheim.

2 Theater⸗Anzeigen. 3 Akten nach Königliche Schauspiele. hbaus. 36. Vorstellung. Lohengrin. Oper in 3 Akten von Richard Wagner. Kapellmeister Sucher. Anfang 7 Uhr.

Freitag: Opern⸗ Strauß.

Dirigent:

Schauspielhaus. 42. Vorstellung. Herr. Schaunspiel in 7 Vorgängen von Ernst von 1 - Wildenbruch. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur in 3 Akten von Held und West. Anfang 7 Uhr.

Opernhaus. 37. Vorstellung. Zum ersten Male: Hiarne. Große Oper in 4 Akten und einem Vorspiel von Ingeborg von Bronsart. Text von Hans von Bronsart und Friedrich Bodenstedt. burg. Freitag: Zum 35. Male; Der selige Ton- In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff pinel (Feu Toupinel). Schwank in 3 Akten 86 bt.

Deutsch von Gustav von Verlobt:

Schauspielhaus. 43. Vorstell ung. Don Carlos, Moser. In Scene gesetzt von Sigmund Lautenburg.

Infant von Spanien. Trauerspiel in 5 Aufzügen Vorher zum 35. Male: Friquette.

von Schiller. Anfang 7 Uhr. 1 Akt von Benno Jacobson. d

von Sigmund Lautenburg. Anfang 7 ½ her⸗

* De ige inel. Vorher: Deutsches Theater. er selige Toupine or

Sonnabend: Die Kinder der Excellenz. Des Meeres und der Liebe

Berliner Theater. Freitag: 23. Abonnements⸗ Theaters. Graf Waldemar.

Tessing-Theater. Schauspiel in 4 Akten von Henrik Ibsen.

Sonrabend: Der Traum, ein Leben. (Letztes Freitag: Zum 160. Male: Unsere Don Inaus. Gesangsposse in 4 Akten von 3 Couplets von Gustav Görß. Musik von Franz Roth und Adolpo Ferron. Anfang 7 ½ Uhr.

Sonnabend: Zum ersten Male: Adam und Eva.

Auftreten von Josef Kainz.) Sonntag: Hedda Gabler.

Victoria-Theater. Die sieben Raben. Romantisches Zaubermärchen &,opold E 5 bbb ee Gafie in 5 Akten von Emil Pohl. Musik von G. Lehn⸗ Sösrt. Flpir Gustav hardt. Balletcompositionen des 3. Aktes von C.

Ballets unter Leitung des Balletmeisters v1

In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Anfang 7 ½ Uhr.

Sonnabend und folg. Tage: Miß Helyett.

Friedrich-Wilhelmstädtisches Mit neuer die strenge Kälte fort. In Nord⸗Schweden ist wieder Male: Meißner Porzellan. i starker Frost eingetreten. In Haparanda wurde gestern 1 Akt nebst einem Vorspiel von Golinelli. Musik nesberger jun venrinnes Ballet-Arrangement von der Ballet⸗ etaas- meisterin Frl. drn. Gundlach. Concert von Sallv Liebling unter gef. Mitwirkung Hierauf: Die Fledermaus. Komische Operette in von Frl. Margarethe Arrassep (Sopran). Meilhac und Halevy, bearbeitet von C. Haffner und R. Genée. 2 Regie: Hr. Romantische Kapellmeister F Sonnabend: Fledermaus.

causa den Doktortitel und das Kultus⸗Ministerium den Professortitel verlieh. Im Verein mit Schick, Bensche und Wasserlein in Berlin, Merz in München und Zeiß in Jena gehörte Hartnack zu den Klassikern auf dem Gebiet der mikroskopischen Wissenschaft und hat sich durch seine mustergültigen Apparate ein unschätzbares Verdienst um die neue Heil⸗ und Naturkunde erworben. Man wird sich gerade beim Tode dieses Mannes der Worte Robert Koch's erinnern müssen, mit denen er kurz nach seiner epochemachenden Ent⸗ deckung auf diese seine technischen Vorarbeiter hinwies, ohne die seine Forschungen unmöglich gewesen wären. 8 1

Der Münchener Maler Fritz von Uhdeist, wie dem „W. T. B.“ aus Paris gemeldet wird, zum Ritter der Ehrenlegion ernannt worden. 1 8

Aus Kopenhagen wird der „Frkf. Ztg.“ vom 7. d. M. geschrieben: Die große dänische Grönlands⸗Expedition, welche unter der Leitung des Premier⸗Lieutenants Ryders hier aus⸗ gerüstet wird, soll Anfangs Mai abgehen. Der Zweck der Expedition ist, genaue Erkundigungen über die grönländische Ostküste einzuholen. Die letzte dänische Grönlands⸗Expedition unter der Leitung des Kapitäns Holm kehrte im Jahre 1885 zurück, und die neue Expedition, die aus sieben Mitgliedern bestehen und drei Jahre unterwegs sein soll, wird ihren Ausgangspunkt von der Stelle nehmen, bis wohin Holm vorzudringen vermochte. Die Regierung hat 180 000 Kronen für das Unternehmen bewilligt.

Theater und Musik. *

Wallner⸗Theater 8

Das Vaudeville „Miß Helvett“ ist für das Wallner⸗Theater zu einem wirklichen Zugstück geworden. Die Winke der Presse benutzend, hat Hr. Direktor Hasemann den zweiten Akt des Stücks beträcht⸗ lichen Kürzungen unterworfen und dadurch eine Zeitersparniß erreicht, die es ermöglicht, „Miß Helvett“ von heute ab zu der am Wallner⸗ Theater üblichen Stunde, um 7 ½ Uhr, beginnen zu lassen.

Friedric⸗Wilhelmstädtisches Theater

Am 15. d. M. findet die letzte Aufführung der unterhaltenden Ballet⸗Pantomime „Meißner Porzellaan“ in Verbindung mit der stets zugkräftigen „Fledermaus“ statt, denn diese Stücke werden in der darauffolgenden Woche der Zeller'schen Novität „Der Vogelhändler“ weichen müssen. Ueberhaupt dürfte mit diesem Tage das Ballet des Friedrich⸗Wilhelmstädtischen Theaters seine erfolgreiche Thätigkeit einstellen, da es voraussichtlich auf Gastspiel⸗ reisen geht, welche sich auf mehrere Monate ausdehnen sollen.

Concerthaus.

Das Programm der morgen stattfindenden Richard Wagner Feier wird die „Faust“⸗Ouvertüre, sowie die Ouvertüren zu „Tannhäuser“ und dem „Fliegenden Holländer“, ferner den Trauermarsch aus der „Götterdämmerung“, das Siegfried⸗Idyll, „Klingsor’'s Zaubergarten und die Blumenmädchen“ aus dem „Parsifal“ u. s. w. enthalten.

In der am 18. d. M. im Hôtel de Rome stattfindendeg zwan⸗ zigsten Soirée des Lvrikers und Recitators Hrn. Petrowitsch, deren Reinertrag zur Hälfte den durch Wasserfluth geschädigten Karls⸗ badern zugedacht ist, werden Frau Agnes Freund, die Concertsängerinnen 8. Dreßler⸗Heß, Frau Jenny Plaschke, Frl. Annie Duncker, der

önigliche Kammermusiker Hr. Wilhelm Posse (Harfe), der Concert⸗ sänger Hr. Udo Meißner und der Pianist Hr. Dr. Päßler mitwirken Das Programm ist reichhaltig und verspricht einen genußreichen Abend.

Das hundertjährige Jubiläum des Großherzoglichen Hoftheaters in Weimar findet am 7. Mai d. J. statt. Zur Feier dieses Gedenktages werden nach der „Th. C.“ im Theater vom 4. bis 10. Mai einige Festaufführungen stattfinden, und zwar beginnend mit Goethe’s „Faust“ (beide Theile) und endigend mit der Wallenstein⸗

Der neue

Zeller.

von Alexandre Bisson.

EEE Sonnabend: Freitag: Das verlorene Friquette.

Dramatischer Scherz in 1 Akt.

Zum ersten Male: Ein Freund

Freitag: Hedda Gabler.

AIdolph Ernst-Theater.

Thomas-Theater. Alte Freitag: Zum 11. Male:

Freitag, den 20. Februar: Zum ersten Male mit neuer Ausstattung: Der Vogelhändler. Operette Am Landes⸗ Ausstellungs⸗Park (Lehrter Bahnbof). Geöffnet von 12 11 Uhr. Täglich Vorstellung im

In Scene gesetzt

Belle-Alliance-Theater. Freitag: Letztes Gastspiel der Lufttänzerin Preciosa Grigolatis und Ensemble⸗Gastspiel von Mitgliedern des Wallner⸗ 5 mit Hrn. Sec.⸗Lieut. Leo Tellenbach Zum letzten Male: Schelm Cupido. Cupido: Preciosa Grigolatis als letzte Gastrolle. Vorher: Zum 2. Male: Pension Schöller. Posse in 3 Akten nach einer

Sonntag, Nachm. 2 ½ Uhr: Kabale und Liebe. J11 Idee von Carl Laufs.

Abends 7 ½ Uhr: Wehe den Besiegten E 8

Letzte Aufführung.

auf Reisen. Posse mit Gesang von A. L’'Arronge, b Hieitn; 2 .(G. von Moser und G. Steffens. Wallner-Theater. Freitag: Zum 7. Male: Bial. In Scene gesetzt von A. Kurz. Die neuen Särehe. in ö“ von Couplets von Alfred Bender. 3 2 1 1 Fee* Maxime Boucheron. Deutsch von Richard Genée. Emil Thomas. Anfang 7 ½ Uhr. 0 2 p 2 8 5 8 2₰‿ 2

Winde mit erheblicher Erwärmung. Nördlich der Musit von F. Audran. Anfang 7 ½ Ubr.

Trilogie. Außerdem kommt ein neues Stück von P. Heyse „Die

schlimmen Brüder“ und eine noch nicht aufgeführte Oper aus dem Nachlaß von Cornelius zur Aufführung. Am Jubiläumstage selbst wird das Programm von vor 100 Jahren festgehalten: Prolog von

Goethe und „Die Jäger“ von Iffland.

Ein neues System des Edison’schen P welches die Hrrn. Erdhold und Schaeffer kürzlich aus Amerika nach dem Kontinent herübergebracht haben, macht gegenwärtig in unseren wissenschaftlichen Kreisen von sich reden

daß er keiner Hörschläuche mehr bedarf, um von einer großen

Gesellschaft gleichzeitig verstoanden zu werden, hat außerdem den Vor⸗

zug, Rede, Gesang, Musik, letztere bis zu den feinsten Pianos, in dem 1. Raume mit absoluter Deutlichkeit wiederzugeben. Die Ab⸗

nderungen bei dem neukonstruirten Apparate bestehen in den ganz

eigenartig gestalteten Schalltrichtern für Aufnahme und Wiedergabe,

ferner in der besonders geschliffenen Glaskomposition für die phono⸗

graphische Membrane und den aus Edelsteinen gefertigten Aufnahme⸗ und Wiedergabestiften auf der Membrane.

Die geplante neue Kirche für den Stadttheil Moabit, für

welche Se. Majestät der Kaiser einen Betrag bis zu 200 000 bewilligt und die Abtretung eines Bauplatzes im Kleinen Thiergarten von der Thiergarten⸗Verwaltung veranlaßt hat, be⸗ schäftigt gegenwärtig den Magistrat. Als Platz ist der „Voss. Ztg.“ zufolge der dem Arminiusplatz gegenüber gelegene Theil des Kleinen

Thiergartens in Aussicht genommen, der an der östlichen Seite mit dem Borsig'schen Schienengeleise abschneidet. Zu den Baukosten, welche auf über 600 000 veranschlagt sind, fehlt noch ein Betrag von etwa

25 30 000 ℳ, der durch freiwillige Sammlungen bei den bemittelten

Bewohnern des Stadttheils aufgebracht werden soll. Nach einer in der letzten Versammlurg des Bezirksvereins Moabit von dessen Vor⸗ sitzendem, dem Stadtverordneten Gericke, gemachten Mittheilung, soll die Angelegenheit so beschleunigt werden, daß die Grundsteinlegung schon im Monat April d. J. wird stattfinden können. 1

Zur Bewältigung des Verkehrs an den Sommer⸗ Sonntagen auf der Stadt⸗ und Ringbahn sowie auf den Vorortslinien soll, wie hiesige Blätter mittheilen, da eine Ver⸗ größerung der Züge unzulässig ist, eine Vermehrung der Züge zu den verkehrsreicheren Tag szeiten stattfinden, insbesondere für den Grune⸗

waldverkehr.

Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen. Belgrad, 12. Februar. (W. T. B.) Die von den

Blättern gebrachte Nachricht, der radikale Klub hätte über die Ausweisung der Königin Natalie berathen oder be⸗

schlossen, wird in Deputirtenkreisen mit allen daran geknüpften

Folgerungen als vollständig erfunden bezeichnet.

8 ee 12. Februar. (W. T. B.) Das hiesige Be triebsamt macht bekannt: Der Trajektbetrieb Bonn Ober⸗Kassel wurde heute für den gesammten Verkehr wieder aufgenommen.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)

Arania, Anstalt für volksthümliche Naturkunde.

Maͤsik von C. sspissenschaftlichen Theater. Näheres die Anschlag⸗ zettel.

Residenz-Theater. Direktion: Sigmund Lauten⸗ —y—y—V

Familien⸗Nachrichten.

Schwank in

mann (Magdeburg). Frl. Adele Fritze mit Hrn. Landwirth Albert Koch (Schleibnitz Unse⸗ burg). Frl. Marie Berger mit Hrn Hans von Poellnitz (Leipzig). Frl. Else Kontay mit Hrn.

Frl. Gertrud Christoph mit Hrn. Diakonus Hein⸗ rich Geller (Niesky Berlin). Frl. Anna von

ünzhain Berlin). Frl. Elise Vité mit Hrn. Hrn. Prediger Otto Bowien (Mobrungen). h e. Anna Beutler mit Hrn. Sec. Lieut Helmuth Anfang mil Hrn. Zahnarzt Ernst Lessing (Doberschau Frankfurt a. O)

a. d. Ostbahn).

Leon Treptow

(Berlin). Julius Methner (Gnesen). Hr

Jakobstraße Musik von R. DHr. Gutsbesitze

Cäsar Wichtig:

Theater. Ausstattung: Zum 15. Concert-Haus.

Pant. Ballet in Concert. Wagner⸗Abend. Dirigent: Kapellmeister

Sing-Akademie. Lils und Hrn. L. Musik von Johann 1“ Binder. Dirigent: Hr. edermann. Anfang 7 Uhr.

Philharmonie.

Concert⸗Anzeigen. Freitag:

Freitag,

Freitag,

I. Concert von P. de Sarasate, unter Mitwirkung

Meißner Porzellan. Hierauf: Die V der Klaviervirtuosin Mme. Bertha Marx, sowie des Berlin. Philharmonischen Orchesters. 8

Rath a. D. Rehfeld Tochter Marie (Görlitz).

8 onographen,

I’ Der neue Phono⸗ graph, welcher sich von dem früheren System dadurch unterscheidet,

Frl. Frieda von Hoffmann mit Hrn. Prem⸗⸗Lieut. Eberhard Keil (Leipzig —Lausigk). Frl. Marie Günther mit Hrn. Reg.⸗Assessor Fsaux de Lacroix (Nordhausen). Frl. Marga- 9 NR 6 ä. 8 8 rethe Böhnke mit Hrn. Ingenieur Max Salz⸗

Königl. Bergreferendar Emil Dos (Gleiwitz).

Audorff (Berlin). Frl. Bertha Rekittke von Blücher (Rostock). Frl. Agnes Dehmel

Verehelicht: Hr. Karl Stahlkopf mit Frl. Hed- wig Krüger (Magdeburg) Hr. Pastor Fritz Hosemann mit Fel. Martha Zühl (Fredersdorf

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Avpothekenbesitzer E. Böhmer (Mehlauken). Hrn. Reg.⸗Referendar Dam nitz (Liegnitz). Hrn. Paul 8 88

Frei Li s üen (Breslau). Eine Tochter: Hrn. Dr. phil.

. An 7 M . er 1 8 8 1 —2 n 1 4q

Seeg, 9 ö Gesangsposse in 4 Akten von Eduard Jacobson und C. Nohle (Berlin). Hen. Otto Schrudt

Gestorben: Hr. Kgl. Gymnasial⸗Direktor Dr. Prof. Dr. Karl John (Nordhausen) Hr. Kaiserl. russ. Staats- rath Dr. med Bernstein ö Hr. 8 5 , iñß emer. Eduard Preßler (Quedlinburg). Hr. E“ Oberst⸗Lieut. z. 2. von Glasenapp (Dessau). Franz Kadgiehn (Schrubea). Hr. Amtsrichter Georg Steffenhagen (Königsberg i. Pr.) Frau verw. Ottilie von Schnehen, geb. von der en (Srigenggde 8 Hr. S end: Dieselbe Vorstellu mann z. D. Paul Cochius (Berlin). Hrn. beeeis n brdbin berbenar⸗ 8 von vDin eehs Tochter Hertha (Königsberg). Frau verw Löwenberger von Schönholtz, geb. von Plessen (Potsdam) Hr. Prem.⸗Lieut, a. D. Rudolph Langenstrassen (Langeneck). Hr. Henry van Pzendoorn (Bromberg). Hrn Dr med. Schwarz Sohn Walther (Pegau). Hr. Rentier Karl Blödorn (Berlin) Hrn. Amtsgerichts⸗

Abends 8 Uhr: g. Redacteur: Dr. H. Klee, Direktor.

Berlin:

Verlag der Expedition (Scholz).

Abends 7 ½ Uhr: Anstalt, Berlin S ., Wilhelmstraße Nr. 32. Sieben Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage).

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagte⸗

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Erste Beilage

s⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗A

Berlin, Donnerstag, den 12. Februar

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nzeiger. 1891.

ADeutscher Reichstag. 63. Sitzung vom 11. Februar, 1 Uhr.

Am Tische des Bundesraths: Die Staatssekretäre Dr. von Boetticher und Freiherr von Maltzahn.

Ein Schreiben des Reichskanzlers, in welchem von dem Antrage der Staatsanwaltschaft in Hamburg auf Er⸗ theilung der Ermächtigung zur strafrechtlichen Verfol⸗ gung des Abg. Metzner wegen Beleidigung des Reichstages Mittheilung gemacht wird, geht an die Ge⸗ schäftsordnungs⸗Kommission.

Auf Vorschlag des Präsidenten wird die Wiederholung der Abstimmung über den Antrag Menzer, betreffend die Tabacksteuer, bei welchem sich gestern die Beschlußunfähigkeit des Hauses ergab, Angesichts der zu Beginn der Sitzung sehr schwach besetzten Bänke einstweilen ausgesetzt.

Der Rest des Etats der Zölle, Verbrauchssteuern und Aversen (Auckersteuer, Branntweinsteuer, Salzsteuer, Brausteuer) und der Etat der Reichs⸗Stempelabgaben werden ohne Debatte nach dem Antrage der Budgetkommission unverändert bewilligt.

Ueber einige am Montag angenommene handschriftliche Anträge, betreffend die Anstellung weiterer Erhebungen in Wahlprüfungsangelegenheiten, muß geschäftsordnungsmäßig in der nächsten Sitzung nochmalige Abstimmung stattfinden. Auch diese Abstimmungen werden einstweilen zurückgestellt.

Ueber die Petitionen des Vorstandes des Bezirksvereins der Hamburger Vorstadt zu Berlin und des Wahlvereins der deutsch⸗freisinnigen (Fortschritts⸗) Partei im VI. Berliner Reichstagswahlkreise, betreffkend das Wahlgesetz, wird ohne Debatte zur Tagesordnung übergegangen.

Die Petition des Vereins Berliner Agenten, welche das Rechtsverhältniß der kaufmännischen Agenten namentlich gegen⸗ über den Auftraggebern durch Zusatzparagraphen zum Handels⸗ gesetzbuch gesetzlich normirt wissen wollen, wird ohne Diskussion dem Reichskanzler als Material zu der dereinstigen Revision des Handelsgesetzbuchs überwiesen.

Abg. Scipio berichtet Namens der Petitionskommission über verschiedene Eingaben betreffend den Zolltarif.

Ueber die Petitionen, betreffend den Zoll auf Holzstoff, Pappe u. s. w., wird Uebergang zur Tagesordnung ohne Debatte beschlossen.

Der Antrag der Kommission, auch über die Petitionen, welche den Zoll auf kupferne Walzen zur Kattundruckerei be⸗ treffen, zur Tagesordnung überzugehen, wird vom Abg. Hultzsch empfohlen; es sei jetzt noch nicht an der Zeit, eine allgemeine Revision des Tarifs ins Auge zu fassen, und außerdem ständen sich die Wünsche der Interessenten, welche den Zoll beseitigen und derer, welche ihn aufrecht erhalten wollten, schroff gegenüber.

Das Haus beschließt nach dem Antrage der Kommission. Abg. Goldschmidt referirt Pamens der Petitions⸗ kommission über die derselben überwiesenen Eingaben, welche eine anderweite Normirung des Zolles auf fertige Bautischler⸗ arbeiten u. s. w. betreffen. Die Kommission empfiehlt auch hier Uebergang zur Tagesordung, weil der Zeitpunkt des Ab⸗ laufs wichtiger Handelsverträge immer näher rücke und es somit nicht angemessen erscheine, in solchem Stadinm an eine Aenderung des bestehenden Tarifs heranzutreten.

Das Gleiche wird von der Kommission bezüglich der Petitionen wegen Aenderung des Zolls auf Perlmutterknöpfe und der Petition des deutschen Fleischerverbandes wegen Aende⸗ rung des Zolls auf Häute, Felle und fertiges Leder beantragt.

Der Antrag der Kommission wird von den Abgg. Hultzsch und Funck unterstützt. Das Haus beschließt den Anträgen der Kommission gemäß.

Es wird nunmehr die Abstimmung über den Antrag Menzer auf Vorlegung eines Gesetzes, durch welches die be⸗ stehende Tabacksteuer von 45 auf 24 ermaͤßigt wird, vorgenommen. Dieselbe ergiebt die Annahme des Antrages mit beträchtlicher Mehrheit. Dagegen wird der in der Montags⸗ sitzung angenommene Antrag Auer auf Ausdehnung der be⸗ züglich der Wahl des Abg. Dr. Porsch von der Kommission vorgeschlagenen Erhebungen heute abgelehnt.

Es folgt die Berathung des Antrages Stöcker: Die verbündeten Regierungen zu ersuchen, Maßregeln zu treffen, durch welche bei Festhaltung des Grundsatzes der Parität das gleichzeitige Wirken von Missionaren verschiedener Kon⸗

fessionen in demselben Bezirk der deutschen Schutzgebiete

möglichst verhütet wird.

Antragsteller Abg. Stöcker: Er bringe den Antrag wieder ein, da seine Berücksichtigung immer dringlicher werde. Evangelische und katholische Missionen gingen mit großem Eifer und großer Behatr⸗ lichkeit mit der Gründung und Ausstattung von Missionsstationen vor. Am Nvyassa⸗See, in dem deutschen Interessengebiete, seien evan⸗ gelische Stationen in der Bildung begriffen; nach Dar⸗es-Salaam, wo schon eine evangelische Mission bestebe, komme eine katholische hin. Das Interesse des Deutschen Reichs erfordere, daß Alles gethan werde, um den Missionen einen Kampf mit gleichen Waffen und

gleichen Mitteln zu gewährleisten. Da müsse er nun immer wieder

beklagen, daß in ganz ungerechtfertigter Weise vom Major von Wiss⸗ mann die evangelischen binter die katholischen Missionen zurückgesetzt worden seien Die Sache habe nicht bloß in katholischen, sondern selbst in unwissenden protestantischen Blättern ihre Ausbeutung gefunden, und man habe für die evangelische Kirche höchst ver⸗ letzende Aeußerungen vernommen. Wenn auch der Major von Wiss⸗ mann nachher in der „Post“ seine Aeußerungen berichtigt habe, sei noch immer Vieles zurückgeblieben, was man mit gutem Grunde als

falsch, als auf mangelhafter Kenntniß beruhend, abweisen müsse Man

habe den evangelischen Missionen vorgeworfen, daß sie nach dem Spruche Ora et labora verführen, daß für sie das Arbeiten erst das Zweite sei, während die katholischen Mifsionen das labora voran⸗ stellten; er (Redner) glaube, kein echter Katholik dürfe sich eine solche Rangirung gefallen lassen. Durch gekaufte Sklavenkinder werde in diesem Gebiete eine Missionsstation zuerst bevölkert, während man eine größere Einwirkung auf die erwachsenen Neger sich versage, weil man wisse, daß mit diesen doch nicht viel zu machen sei. Das Joeal der Missionen könne hier nicht ohne Weiteres ver⸗ wirklicht werden; aber die Erfolge der evangelischen Missionen

könnten sich gleichwohl mit denen der katholischen durchaus messen.

Mit dem bloßen Arbeiten sei auch nichts erreicht; man gelange damit wohl dazu, schöne Plantagen anzulegen, aber könne das einen vollen b

Ersatz bieten für die Unterweisung in der Lehre und im Glauben?

8

Gewiß werde die Arbeit, welche die pflegten, auch ihre wohlthätige Wirkung üben, schottischen und englischen evangelischen Missionsgesellschaften hätten in dieser Beziehung gleichfalls sehr erfreuliche Ergebnisse aufzuweisen; ja, einige dieser Gesellschaften seien wesentlich Erwerbsgesellschaftrr. Das Wissmann’'sche Urtheil sei danach durchweg unbegründet. Der evangelischen Missionare in Kamerun seien im vorigen Jahre acht gewesen, davon seien vier gestorben; sei das nicht eine sprechende Widerlegung des Wissmann’schen Satzes daß auf evangelischer Seite nicht so viel Hingebung vorhanden sei, wie auf katholischer? Für einen Reichskommissar sei es nicht angängig, Urtheile in so einseitiger und unbegründeter Weise ab⸗ zugeben. Seinen (des Redners) Antrag babe er im vorigen Jahre dahin empfohlen, daß man die Interessensphären theile. Nachdem einige evangelische Missionsgesellschaften sich dagegen ausgesprochen hätten, beschränke er sich auf den Wunsch, daß man nicht Missionen anderer Konfessionen zulasse, wo sich eine Mission schon festgesetzt habe, wo sie sich ausbreite, zur Blüthe gelangen könne. Er sei in dieser Beziehung nicht ohne Besorgniß für Dar⸗es⸗Salgam; er verweise außerdem auf die blutigen Vorgänge in Uganda, welche aus religiösen Zwistigkeiten hervorgegangen seien. 8

Geheimer Legations⸗Rath Dr. Kayser: In der Diskussion des Antrags Stöcker im vorigen Reichstage seien die Standpunkte der ver⸗ schiedenen Missionsgesellschaften, welche doch die eigentlich Betheiligten seien, sehr viel weniger zu Tage getreten, als das heute in der Rede des Abg. Stöcker geschehen sei. Damals sei nur soviel klar gewesen, daß man von katholischer Seite keine Abgrenzung der Missions⸗ gebiete gewünscht habe, heute habe der Antragsteller bereits darauf hingewiesen, daß auch von sehr erheblich betheiligten protestantischen Missionsgesellschaften die Abgrenzung nicht gewünscht werde, sondern daß diese Gesellschaften diesem Gedanken gegenüber sich ablehnend ver⸗ hielten. Er (Redner) würde eigentlich in der Lage sein, darauf nicht mehr zurückzukommen, aber er halte es doch für nützlich, weil dieser Gedanke immer wieder und wieder auch in anderen Kreisen auf⸗ tauche, auf diese Frage näher einzugehen. In der früheren Sitzung, in welcher über diesen Antrag verhandelt worden sei, habe der Abg. Dr. Windthorst den Standpunkt der katholischen Kirche genau ge⸗ kennzeichnet in seiner Rede, die in den stenographischen Berichten aus der Sitzung vom 12. Dezember 1889 ersichtlich sei, und er habe hervorgehoben, daß der Antrag des Abg. Stöcker eine gewisse staatlich⸗ „bureaukratische Basis habe, daß er sich aber ihn nicht vorstellen könne auf Grund der Heiligen Schrift; „denn so heißt es wörtlich da lesen wir, daß der göttliche Stifter des Christenthums seine Apostel binausgeschickt hat zu allen Völkern, um ihnen zu lehren, was er gesagt hat, und bierzu hat Er ihnen den Beistand des heiligen Geistes versprochen. Daß der einzelne Apostel nun durchaus eine gewisse Region haben und die anderen Apostel davon ausschließen solle, davon steht in der Heiligen Schrift nichts“ Dieser Standpunkt sei der Regierung auch bestätigt worden in den Verhandlungen, die sie über diese Frage schon seit längerer Zeit mit dem Vatikan geführt habe, er sei ihm (dem Redner) selbst neulich wieder zu Gemüthe geführt worden in der Verhandlung, die er mit dem Bischof von Neu⸗Pommern gehabt habe wegen der Missionirung des deutschen Schutzgebietes im Bismarck⸗Archipel. Aber ganz der⸗ selbe Standpunkt werde auch von sehr hervorragenden protestantischen Missionsgesellschaften vertreten, auf die der Antragsteller schon hingedeutet habe. Noch ehe die Regierung sich um die Anschauungen, die in den protestantischen Missionskreisen herrschten, gekümmert habe, sei eine Eingabe von dem sehr verdienten und anerkannten Missionsinspektor Dr. Zahn von der Norddeutschen Missionsgesellschaft in Bremen an das Amt gelangt. In dieser Eingabe, die sehr ausführlich und eingehend den Gegenstand erörtere, stelle sich Dr. Zahn ganz auf den gleichen Standpunkt mit der katholischen Kirche un) hebe hervor, daß auch die protestantische Kirche sich in keiner Weise einseitig vom Staate Vorschriften machen lassen könne, auf welche Gebiete sich ihre Thätigkeit erstrecken solle. Er sei der Meinung, daß dies nu geschehen könne auf Grund einer vorherigen Verständigung. Nun führe er aus, daß diese Verständigung im Großen und Ganzen sehr einfach sei, soweit es sich um die katholische Kirche handle, weil diese in dem Papst ihr sichtliches Oberhaupt habe, dem alle ihre Organe und Glieder unterworfen seien. Aber anders stehe es mit den protestantischen Missionsgesellschaften. Seit ihrer Entstehung und in einer Entwickelung von mehr als 100 Jahren hätten sich die protestantischen Missionsgesellschaften von jeder Beeinflussung des Kirchenregiments und von jeder staatlichen Bevormundung frei⸗ gehalten, und sie seien durchaus auch jetzt noch nicht der Meinung, daß dieser Grundsatz in irgend einer Weise geändert werden dürfe. Die einzelnen Missionsgesellschaften würden zum Theil von ver⸗ schiedenen Landeskirchen unterstützt, und selbst wenn eine Verbindung zwischen ihnen und dem Kirchenregiment möglich wäre, dann wäre wieder eine Reihe von Verhandlungen mit den verschiedenen Landes⸗ kirchenregimenten erforderlich, um zu einer Verständigung zu gelangen. Aber auch wenn man diesen Schritt überwunden hätte, dann gebe es doch noch einerseits sogenannte „Freimissionare“, d. h. einzelne fromme Männer, die ihre Thätigkeit auf eigene Hand in dem Heidengebiete unternähmen, was freilich anerkannter⸗ maßen nicht sehr erwünscht sei, was aber trotzdem geschehe, und nach der ganzen Entwickelung der evangelischen Mission weiter geschehen werde Andererseits kämen die neuen Missionsgesellschaften hinzu. Wie die Regierung zu ihrer Freude sehe, schlössen sich immer wieder an die alten neue Gesellschaften, die nament⸗ lich jetzt ihre Thätigkeit auf die deutschen Schutzgebiete aus⸗ dehnten. Die Regierung würde immer wieder aufs Neue genöthigt sein, um eine Verständigung über die Gebiete und die Arbeitsfelder der einzelnen Gesellschaften herbeizuführen, zu Verhand⸗ lungen oder zu einer Kette von Verhandlungen zu schreiten. Nun meine aber auch der Dr. Zahn in seiner Eingabe, daß, wenn die Regierung jetzt wirklich zu einer Abgrenzung schreiten wolle, dies schon zu spät sei. Denn in den deutschen Schutzgebieten hätten sich überall die verschiedenen Konfessionen ihre Stationen gegründet, sie hätten im Großen und Ganzen und das habe wie er (Redner) annehme, auch der Antragsteller ge⸗ meint sich in gewisser Entfernung von einander ge⸗ halten, und wenn die Regierung jetzt die Gebiete theilen wolle, so würde das kaum angängig sein, ohne daß sie geradezu einen gewissen Unfrieden und eine Störung der Be⸗ ziehungen der Gesellschaften untereinander verursachte. Er könne die Eingabe der Norddeutschen Missionsgesellschaft, der sich übrigens die Mission der Herrnhuter Brüder Unität und die Rheinische Missions⸗ gesellschaft in Barmen angeschlossen hätten, nicht nach ihrem ganzen Inhalt vorlesen, schon aus dem Erunde nicht, weil wohl auch hier und da darin eine Kritik geübt werde, die sich nicht zu einer öffent⸗ lichen Verlesung eigne. Aber er glaube, es werde doch nicht uninteressant sein, von einem Manne mit den Kenntnissen, Erfah⸗ rungen und Verdiensten wie sie der Inspektor Dr. Zahn habe, Aeuße⸗ rungen zu hören, wie sie in dem Schlußsatz dieser Eingabe enthalten. seien. Da heiße es: „Ew. Excellenz wollen gütigst entschuldigen, daß der gehorsamst Unterzeichnete die Sache so eingehend besprochen hat; sie ist wichtig genug. Gott hat es zugelassen, daß die christliche Kirche nach Organisation und Lehre gespalten ist. Wir werden uns darin fügen und uns begnügen müssen, den Schaden von Innen heraus zu heilen. Alle künstlichen Versuche, von Außen her zu helfen, haben

katholischen Stationen

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er die

immer nur dazu gedient, den Schaden zu vergrößern, und den Erfolg würde auch dieser Vorschlag der Theilung der Arbeitsgebiete haben, ein Vorschlag, der aufrichtigem Wohl wollen seine Entstehung verdankt, aber ohne die nöthige Einsicht in die Missionsverhältnisse gemacht ist.“ Unter diesen Umständen und Angesichts dieser Strömung in der katholischen wie in den be⸗ deutenderen protestantischen Missionsgesellschaften sei es doch für die Kolonialverwaltung eigentlich unmöglich, durch reglementäre Anordnun gen irgendwie eingreifen zu sollen. Es sei ja gar nicht schwer, ma hematisch Gebiete abzugrenzen, zumal ja in neuester Zeit man sehr zufig die Grenzen in Afrika lediglich mit Lineal und Pinsel fest⸗ Aber ob die abgegrenzten Gebiete auch gleich

gestellt habe.

erthig seien, darüber würde sich sofort ein Streit erbeben, und es würde gerade eine paritätische Regierung, wie es die Kaiserliche Regierung sei, sich den größten Vorwürfen aussetzen, wenn sie da die Gebiete zuweisen wollte. Darin stimme er ja mit dem Abg. Stöcker vollständig überein, daß ohne Thätigkeit der Missionsgesellschaften eine Kolonisation überhaupt nicht denkbar sei. Er (Redner) stehe gar nicht an, hier zu erklären, daß die Re⸗ gierung die Kolonialpolitik nach den Erfabhrungen, wie er sie gemacht habe, einfach aufgeben müßte, wenn die Missionsgesellschaften beider Konfessionen ihre Mitwirkung auf diesem Gebiete versagen Aber auf der anderen Seite sei er doch ebenso überzeugt, d

bei den Missionsgesellschaften, und zwar bei den Missionsg shaften beider Konfessionen, die Ueberzeugung herrsche,

ihre segensreiche und opfervolle Thätigkeit im Wesentlichen

werde durch die Unterstützung der Regierung. Aus dieser

tigen Auffassung sei ein sehr freundschaftliches Verhältniß,

so sagen dürfe, zwischen der Kolontalabtheilung und den Missionsgesellschaften entstanden. Die Regierung werde stets d üunterrichtet, wenn die Missionsgesellschaften ihre Sendboten schickten, sie werde stets vorher gehört, in welchem Gebiete und welchen Orten se sich niederlassen wollten, sie sei stets

die Beamten anzuweisen, den Missionsgesellschaften nach Möglichk und nach ihren Kräften ihre Unterstützung angedeihen zu lassen,

im Großen und Ganzen sei der Regierung auch bisher eine Verstän digung gelungen. Der Abg. Stöcker habe nur ein Beispiel ange führt, wo das nicht der Fall sei, denn das Beispiel von Kamerun könne er (Redner) nicht gelten lassen. Denn hierüber der Antragsteller ne

e. 2g bemerkt, daß da zwar auch eine lische Mission zu der protestantischen Baseler hinzugetreten sei, daß aber diese katholische Mission sich ein ganz abgesondertes Arbeitsfeld gewählt habe. Das Gebiet von Kamerun sei groß genug, um zwei ganz verschiedene Gesellschaften von verschiedener Konfessionalitat nicht bloß ertragen, sondern auch deren Wohlthaten gut gebrauchen zu können Der zweite Fall, den der Abgeordnete erwähnt babe, betreffe Dar⸗es⸗Salaam zwischen der deutsch⸗ostafrikanischen Missionsgesell⸗ schaft und den Benediktinern. Dieser Vorfall habe sich zugetragen unter dem Reichskommissariat. Der Reichskommissar habe in dieser Beziehung ganz eigenmächtig gehandelt, er (Redner) müsse aber erklären, ohne daß er sich im Uebrigen auf eine Kritik seiner eigenen Missionskritik einlassen könne, daß er doch auch entschuldbar gewesen Es sei ganz richtig, daß im Jahre 1888 durch die Vermittelung damaligen General⸗Konsuls Dr. Michahelles und unter Unter⸗ ingg des Freiherrn von Gravenreuth eine Vereinbarung geschlossen sei, wonach sich die Benediktiner einverstanden erklärt hätten, ß sie sich von Dar⸗es⸗Salaam fern halten und in Pugu ihre derlassung nehmen wollten. Nun sei der Aufstand ausgebrochen, Benediktiner seien von Pugu verjagt worden, und da sei doch das Verhalten des Reichskommissars ein nicht so tadelnswerthes gewesen, wenn er unter dem Drange dieser Umstände damals die Benediktiner zugelassen habe. Jetzt sei es nun viel schwieriger für die Verwaltung, eine zugelassene Gesellschaft zu verjagen, als eine neue nicht zuzulassen Ueber⸗ dies liege auch aus anderen Gründen das Zusammenbestehen der beiden Gesellschaften hier nicht so schlimm. Ein speziell auf dem Missions⸗ gebiet hervorragender evangelischer Geistlicher, dessen Namen er (Redner) deswegen nicht nennen wolle, weil er glaube, daß man von Persönlich⸗ keiten besser absehe, habe ihm, als er diesen Gegenstand einmal mit ihm besprochen habe, die Versicherung gegeben, es sei das lange nicht so chlimm, als es mitunter gemacht werde. Denn in Dar es Salaam ndele es sich wesentlich um ein sogenanntes Missionsdepot, um Station, die bestimmt sei, als Centralpunkt zu dienen, um von rt aus die Missionare in das Innere zu schicken. Denn was die Thätigkeit der Missionen in Dar⸗es⸗Salgam selbst und an der Küste überhaupt betreffe, wo sich das Araberthum befinde, so sei von vornherein ier ein irgendwie segensvoller Erfolg ausgeschlossen. Es sei eine alte fahrung, daß das Araberthum der Missionirung widerstrebe, und der vorerwähnte Geistliche habe ihm (dem Redner) bemerkt, zwei englische Missionare, die siebzehn Jahre lang Mombassa thätig gewesen seien, auf keinen weiteren Erfolg hätten zurückblicken können, als auf vier bekehrte Araber. Das freilich verstehe sich ganz von selbst, daß auch die Kaiserliche Regierung ein sehr dringendes Interesse habe, daß die verschiedenen Konfessionen in ihrer Missionsthätigkeit sich in einer gewissen Ent⸗ fernung von einander hielten und zwar liege das Interesse haupt⸗ sächlich vom Standpunkte der Staatsverwaltung aus darin, daß Alles verhütet werden müsse, was irgendwie unter den Eingeborenen eine Störung des Friedens herbeiführen könnte. Eine solche Störung würde aber immerhin zu befürchten sein, wenn eben bekehrte Eingeborene verschiedener Konfession sehr hart nebeneinander wohnten. Die Verwaltung müsse auf diesen Punkt um so mehr Gewicht legen,

8 veil sie ja leider nur über sehr beschränkte Machtmittel zu verfügen

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Die Regierung hbabe sich aber bisher bemüht, diese Ver⸗ ung nicht im Wege von Verordnungen, Reglements und Gesetzen zu eichen, sondern im Wege freundschaftlichen Vorgehens, und es sei ihr das bisher gelungen, auf Grund des gegenseitigen Ver⸗ trauens, welches zwischen der Regierung und den einzelnen Missions⸗ gesellschaften herrsche. Er glaube, der Reichstag könne sich für den Augenblick begnügen, daß dieses Vertrauen auch wirklich vor⸗ handen sei. Es habe nicht geringe Mühe gekostet, dasselbe gerade nach den Ereignissen der letzten Jahrzehnte wieder herzustellen. Es sei durch dieses gegenseitige Vertrauen zwischen der Kolonialabthei⸗ lung und den verschiedenen Missionsgesellschaften beider Konfessionen ein gutes aber auch ein sehr zartes Verhältniß hergestellt, und letzteres sei ein sogenanntes Pflänichen „Rührmichnichtan“. Er würde es sowohl im Interesse der Kolonialbestrebungen, wie auch, wenn er nicht irre, im Interesse der für die Regierung ebenso nöthigen wie segensreichen Missionsthätigkeit dringend wünschen, daß der Reichs⸗ tag hier nicht einen Beschluß fasse, der irgendwie geeignet wäre, störend in diese Verhältnisse einzugreifen. (Bravo!)

Abg. Dr. Windthorst: Es könnte scheinen, als ob der Abg. Stöcker seinen Antrag nur eingebracht habe, um auf die Wissmann⸗ schen Ausführungen zu antworten und ihm seine Vorwürfe zurück⸗ zugeben. Er (Redner) gehe darauf nich: ein. Diese Streitigkeiten gehörten nicht hierher; sie könnten außerhalb des Reichstages erledigt werden. Er verlange für beide Bekenntnisse dort gleiche Freiheit in der Aktion und gleichen Rechtsschutz. Er wünsche jeder Konfession und jeder ihrer Missionen gleiche Erfolge; die Berücksichtigung der Wünsche des An⸗ trags aber würde die Aktionsfreiheit gerade erschweren. Er freue sich, daß neulich der Reichskanzler so klar und bestimmt ausgesprochen habe, daß die Grundsätze der Congoakte auch in den deutschen Schutz⸗ gebieten zur Geltung kommen sollten, wegen der freien Religions⸗

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ausübung; er freue sich ebenso sehr der heutigen anerkennenden Er⸗ 1“ b