1891 / 41 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 16 Feb 1891 18:00:01 GMT) scan diff

Aufforstung von Oedländereien als Kapitalsanlage und daher steuerpflichtig. Die Nr. II. und hierauf der ganze 9. 9, wie er sich durch die einzelnen Abstimmungen gestaltet hat, wurde angenommen.

Die §§. 10 und 11 gelangten ohne Debatte zur Annahme.

Es folgte der Abschnitt B., besondere Vorschriften. §. 12 wurde nach unwesentlicher Debatte, an der Abg. Fritzen und der Finanz⸗Minister Dr. Miquel sich betheiligten, ange⸗ nommen. Bei §. 13 erklärte auf eine Anfrage des Abg. Frei⸗ herrn von Zedlitz Finanz⸗Minister Dr. Miquel, daß, wenn das Einkommen aus Grundvermögen sich aus verschiedenen Betrieben zusammensetze, die Veranlagung für den Haupt⸗ betrieb maßgebend sei.

§. 14 lautet:

Das Einkommen aus Handel und Gewerbe einschließlich des Bergbaues bestebt in dem in Gemäßheit der allgemeinen Grun sätze (§§. 6—11) ermittelten Geschäftsgewinne. Mit diese Maßgabe ist der Reingewinn aus dem Handel und Ge⸗ werbebetriebe nach den Grundsätzen zu berechnen, wie solche für die Inventur und Bilanz durch das Handelsgesetzbuch vorge⸗ schrieben sind und sonst dem Gebrauche eines ordentlichen Kauf⸗ mannes entsprechen. Insbesondere gilt dieses vom Zuwachs und andererseits von der Abnutzung des Anlagekapitals, sowie von Forderungen und Schulden, und deren Zinsen.

Im Uebrigen gilt für die Berechnung und Schätzung des Ein⸗ kommens aus Gewerbe und Handel Folgendes:

1) Die Zinsen des im Handels⸗ oder Gewerbebetrieb angelegten eigenen Kapitals der Steuerpflichtigen sind als Theile des Geschäfts⸗ gewinns zu betrachten.

2) Der von einer nicht nach §. 1 Nr. 4 steuerpflichtigen Er⸗ werbsgesellschaft erzielte Geschäftsgewinn ist den einzelnen Theil⸗ habern nach Maßgabe ihres Antheils anzurechnen. 8

3) Der Gewinn aus den zu Spekulationszwecken abgeschlossenen Geschäften, abzüglich etwaiger Verluste bei derartigen Geschäften, und aus der Betheiligung an derartigen Geschäften ist auch bei solchen Steuerpflichtigen, welche nicht zu den Handel⸗ und Gewerbe⸗ treibenden gehören, nach den für das Einkommen aus Handel und Gewerbe masgebenden Grundsätzen zu berechnen.

Hierzu beantragte Abg. Goldschmidt:

Im §. 14 Abs. 1 der Kommissionsbeschlüsse hbinter die Worte „durch das“ zu setzen: „Allgemeine Deutsche“ und ferner hinter „Handelsgesetzbuch“ zu setzen: „im §. 185 a für Aktiengesell⸗ schaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien“.

Regierungs⸗Kommissar Geheimer Finanz⸗Rath Wallach bezweifelte, cb mit dem Antrage Goldschmidt den Handel⸗ treibenden gedient sein werde.

Nachdem Abg. Broemel für, die Abg. Vygen und Dr. Hammacher und der Finanz⸗Minister Dr. Miquel gegen den Antrag Goldschmidt gesprochen, wurde §. 14 un⸗ verändert angenommen, ebenso §. 15. §. 16 ist bereits früher erledigt. 1 §. 17 enthält den von der Kommission abgeänderten Steuertarif, zu welchem die Abgg. Dr. Enneccerus, Richter, Rickert und Vygen wieder mehrere Aenderungen beantragen.

Regierungs⸗Kommissar Geheimer Finanz-⸗Rath Wallach bezifferte die Ermäßigung der gesammten Steuer durch die Regierungsvorlage auf rund drei Millionen Mark. Die Kommissionsbeschlüsse ergäben gegenüber der Vorlage ein Minderaufkfommen von 95 000 Der Antrag des Abg. Dr. Enneccerus würde gegenüber dem Kommissionsbeschluß einen Ausfall von 1 900 000 ℳ, der des Abg. Richter einen solchen von 10 ½ Millionen Mark zur Folge haben. Die Wirkungen des erst vor Kurzem eingebrachten Antrages Rickert hätten noch nicht berechnet werden können.

Abg. Vygen begründete seinen Antrag.

Wetterbericht vom 16. Februar, Morgens 8 Uhr.

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Statione Wind. Wetter.

in ° Celsius

Temperatur 50 C. = 409

Bar. auf 0 Gr.

zu. d. Meeressp. red. in Millim.

4 bedeckt

1 wolkig 8 halb bed.

3 Dunst

2 bedeckt

W 4 Schnee ONO 1 8wolkenlos

Mullaghmore Aberdeen. Christiansund Kopenhagen. Stockholm Haparanda Moskau ... TCork, Oueens 1I. Brest

Anfang 7 Uhr Mitlwoch:

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Karlsruhe Wiesbaden.

Mittwoch: Donnerstag:

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¹) Reif. ²) Nebel, Glatteis. ““ Uebersicht der Witterung.

Theater⸗Anzeigen

Königliche Schauspiele. haus. 40. Vorstellung. Zum ersten Male wieder⸗ belt: Hiarne. Große Oper in 4 Akten und einem Vorspiel von Ingeborg von Bronsart. Hans von Bronsart und Friedrich Bodenstedt. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. Diri⸗ gent: Kapellmeister Sucher. Anfang 7 Uhr.

Schauspielhaus. 46. Vorstellung. Der Biblio⸗ thekar. Schwank in 4 Aufzügen von G. von Moser.

Opernhaus. 41. Vorstellung. Don Juan. Oper in 2 Akten mit Tanz von Mozart. Text von Daponte. Anfang 7 Uhr. bu Dr„ 5 8 ; ““ e. urg. Dienstag: Zum 39. Male: Der selige Tou⸗ Fa. 1s 1 8 47. LS S.n. 8 neue vesgr (Feu F Schwank Akten Verlobt: Frl. Marianne Schwabe mit Hrn. Se gängen von . v pc. 8 2 8 orgängen von Ernst von von Alexandre Bisson. Deutsch von Gustav von Moser. In Scene gesetzt von Sigmund Lautenburg. Vorher zum 39. Male: Friqnette. Schwank in von Sigmund Lautenburg. Anfang 7ꝛ ½ Uhr. Mittwoch: Der selige Toupinel.

Schauspielhaus. Herr. Schauspiel in? Wildenbruch. Anfang 7 Uhr.

von Kirchfeld. Die Kinder der Excellenz.

Ehrenschulden.

Verliner Theater. Dienstag: F& Mittwoch: Wehe den Besiegten. 3 9 Ein Freund der Frauen. 3

Bictoria-Theater. Dienstag: Zum 79 Male: ECh). 1 8 Die sieben Raben. Romantisches Zaubermärchen Dienstag: Zum 15. Male: Der in 5 Akten von Emil Pohl. Musik von G. Lehn⸗ auf Neisen. Posse mit Gesang aeS. n.

Musik von R.

Abg. Wüsten sprach sich gegen diesen Antrag wie gegen den des Abg. Richter aus. (Schluß des Blattes.)

Der Staats⸗Minister Freiherr von Berlepsch hatte am Sonnabend Abend zahlreiche Abgeordnete des Reichstages und höhere Staatsbeamte zu einem „Herrenabend“ im großen Saale des Kaiserhofs eingeladen.

Die XIII. Kommission des Reichstages hat über den ihr zur Vorberathung überwiesenen Entwurf eines Gesetzes, die Besteuerung des Zuckers betreffend, beim Reichstage den Antrag gestellt: 1) den vorgelegten Entwurf eines Gesetzes, die Besteuerung des Zuckers betreffend, in allen seinen Theilen abzulehnen; 2) die zu demselben ein⸗ gegangenen Petitionen durch die zu fassenden Beschlüsse für erledigt zu erklären.

Diesem Antrage hat die Kommission folgende Anlagen nachrichtlich beigefügt: 1

1) Berechnungen über den künftigen Ertrag der Zuckersteuer auf Grund eines Gesetzes: I. nach der Regierungsvorlage, II. mit einer Verbrauchsabgabe von 18 und Zuschüssen von 1,25 bis 2 und 1,65 ℳ, III. mit einer Verbrauchsabgabe von 18 und Zu schüssen von 1,50 ℳ, 2,25 und 1,90 ℳ, IV. mit einer Verbrauchs abgabe von 18 und Zuschüssen von 1,75 ℳ, 2,50 und 2,15 ℳ, V. mit einer Verbrauchsabgabe von 18 und Zuschüssen von 2 ℳ, 3,40 und 2,80 , VI. mit einer Verbrauchsabgabe von 16 und Zuschüssen von 1,50 ℳ, 2,25 und 1,90

2) Nachweisung über die Rübenzuckerproduktion der Fabriken mit Rübenbearbeitung in den Betriebsjahren 1887/88, 1888/89 und 1889/90, nach Verwaltungs beiirken. 1

3) Die Zuckersteuergesetzgebung Frankreichs seit dem Jabre 1880.

Nach der neuesten im Reichstage ausgegebenen Fraktions⸗

zaͤhlen sich zur deutschkonservativen Fraktion 68 Mitglieder und spitanten (von Meyer⸗Arnswalde, Graf Schlieffen⸗Schlieffenberg Freiherr Zorn von Bulach); zur deutschen Reichspartei 18 Mit⸗ er; zum Centrum 104 Mitglieder und 7 Hospitanten (Baron von nswaldt⸗Böhme, Baron von Arnswaldt⸗Hardenbostel, Dr. Brüel,

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eiherr von Hake, Goetz von Olenhusen, Freiherr von Schele,

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reiherr von Wangenheim); zu den Polen 16; zu den National⸗ 4

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iberalen 40 Mitglieder und 1 Hospitant (Dr. Petri); zur deutsch⸗ isinnigen Fraktion 64 Mitglieder; zur Volkspartei 9 Mitglieder; den Sozialdemokraten 35 Mitglieder. Zu keiner Fraktion gehören 8 Mitglieder (darunter 10 Elsaß⸗Lothringer).

Die Krankenkassen⸗Kommission des Reichstages berieth am Montag zunächst §. 49 zugleich mit dem Antrag Graf Holstein und Genossen, die §§. 49a und 49 b der Regierungsvorlage wieder herzustellen, und mit §. 50 u §. 49 beantragen die Abgg. Dr. Giese, von der Schul und Merbach, die Worte „einer eingeschriebenen oder af Grund landesberrlicher Vor⸗ schriften errichteten Hülfskasse §. wieder zu streichen und an Stelle dieser Worte den Absatz einzuschieben: „Der Arbeitgeber kann die Anmeldung unterlassen, wenn und so lange der Versicherungs⸗ pflichtige nach §. 75 von der Verpflichtung, der Gemeinde⸗Kranken⸗ versicherung oder einer Ortskrankenkasse anzugehören, befreit ist.“ Der Geheime Ober⸗Regierungs⸗Rath Lohmann, Dr. Schier, von der Schulenburg, Dr. Buhl und Merbach be⸗ fürworten diesen Antrag, während die Abog. Spahn, Dr. Gut⸗ fleisch, Dr. Hirsch und Molkenbuhr dagegen auftreten. Bei der Abstimmung lehnte die Kommission die beantragte Umgestaltung des §. 49 und Wiederherstellung der §§. 49a und 49 b ab und stimmte dem §. 49 Absatz 1 in der redactionellen Fassung des Antrags Gutfleisch zu. Die Subkommission hatte den Antrag gestellt, den Absatz 4 des §. 49 dahin zu verändern: „Durch Beschluß der Verwaltung der Gemeinde⸗Krankenversichernng bezw. durch das Kassen⸗ statut kann die Frist für die An⸗ und Abmeldungen bis zum letzten Werktage derjenigen Kalenderwoche erstreckt werden, in welcher die dreitägige Frist (Absatz 1) abläuft.“ Dieser Antrag wurde genehmigt,

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Wolfheim.

Halevy von Carl Treumann.

Mittwoch: Pariser Leben.

von C. Zeller.

Ehrbare Mädchen. Vorher: Friquette.

astspiel

Goldfische.

9

Tarl Laufs.

Anfang 7 ½ Uhr.

2

Tessing-Theater. Dienstag: Hedda Gabler. Mittwoch und folg. Tage: Pension Schöller.

Schauspiel in 4 Akten von Henrik Ibsen. —— Mittwoch: Die Ehre.

Zum 1. Male: Das Gnaden⸗ Adolph Ernst-Theater.

on Adolph Ferron.

Thomas-Theater. Alte

Ein neues tiefes Minimum ist über Nordskandi⸗ hardt. Balletcompositionen des 3. Aktes von C. G. von Moser und G. Steffens.

navien erschienen und scheint ostwärts fortzuschreiten, A. Raida. Ballets unter Leitung des Balletmeisters Bial. In Scene gesetzt von A. Kurz. Die neuen In Scene gefetzt vom Ober⸗Regisseur Couplets von Plired Bender.

während das Hochdruckgebiet über West⸗Europa C. Severini.

wenig verändert ist. Bei schwachen, im Südwesten W. Hock. Anfang 7 ½ Uhr.

veränderlichen, sonst westlichen Winden, ist das Wetter in Deutschland meist trübe und mild, nur im westdeutschen Binnenlande liegt die Temperatur

noch unter dem Normalwerthe. Am Bodensee liegt Miß Helhett. - 1 1 8 In Nord⸗ Maxime Boucheron. Deutsch von Richard Gense.

die Temperatur 13 Grad unter Null.

f d ist stellenweise etwas Niederschlag ge⸗ Musik von E. Audran. deutschland ist stellenweise etwa ie g g Mütnwoch und folg. Tage: Miß Helyett

fallen. Da das barometrische Marimum im Westen sich weiter nordwärts auszubreiten scheint, so dürfte mnächst geringe Abkühlung für Norddeutschland zu

erwarten sein. 8 1“ Deutsche Seewarte.

Wallner-Theater. Dienstag: Zum 11. Male:

Emil Thomas. Anfang 7 ½ Uhr.

auf Reisen.

meisterin Frl. Lils und Hrn. 8 Dienstag: Opern⸗ Hierauf: Pariser Leben. Komische Overette in getragen v. Hrn. Richter. 5 Bildern nach dem Französischen des Meilhac und Musik von Jacques Text von Offenbach. Regie: Hr. Binder. Kapellmeister Federmann. Anfang 7 Uhr. Meißner Porzellan.

Freitag: Zum 1. Male: Der Vogelhändler. Operette in 3 Akten von Held und West. Musik

Residenz-Theater. Direktion:

Sigmund Lauten⸗

In Scene gesetzt

Belle-Alliance-Theater. Dienstag: Ensemble⸗ 1 Wallner⸗Theaters. m 6. Male: Pension Schöller. Akten nach einer W. Jacoby'schen Idee von Verehelicht: Hr. Dr. Otto Welzel mit Frl. r

Dienstag: Zum vonner , Male: Adam und Eva brod. Drama in 2 Akten von Jwan Turgenjew, in 4 Akten p v ge.e h. aa- für die deutsche Bühne bearbeitet von Eugen Zabel. (C 4 Akten von Eduard Jacobfon und Leopold Elv. Hierauf: Zum 1. Male: Fortuna. Schauspiel in 3 Akten von Hermann Faber.

Couplets von Jacobson und Gustab Görß. Musik

Jakobstraße 30.

Cäsar Wichtig: Mittwoch und folgende Tage: Der Registrator

dagegen der Antrag von der Schulenburg, in §. 50 Absatz 1 binter „genügen“ wieder einzuschalten „sewie Hülfskasse, für welche die im §. 49 b vorgeschriebene Anzeige nicht erstattet wird“, abgelehnt. §. 51 wird unverändert genehmigt. Zu §. 52 bean⸗ tragte Graf Holstein und Genossen, die Worte von „die Arbeit⸗ geber“ bis „zu leisten“ zu streichen und durch nachstehende Worte zu ersetzen: „die Beiträge zu der Krankenversicherung sind von Arbeit⸗ gebern und Versicherten gemeinschaftlich zu tragen und zwar von Ersteren zu einem Drittel, von Letzteren zu zwei Drittel“, ferner: „Für die Dauer des Krankengeldbezuges werden Beiträge nicht entrichtet“. §§. 52 und 53 werden in der Debatte verbunden. Graf Holstein und Genossen beantragen, im §. 52 Absatz 1 die Worte von „die Arbeitgeber“ bis „zu bringen“ zu streichen und dafür zu setzen: „Die Versicherten sind verpflichtet, die von den Arbeit⸗ gebern für sie vorschußweise eingezahlten Eintrittsgelder und Beiträge, erstere in vollem Betrage, letztere, soweit sie dieselben nach §. 52 aus eigenen Mitteln zu leisten baben, sich bei den Lohn⸗ zahlungen in Abzug bringen zu lassen. §. 52 wird mit diesen (redakt onell umgearbeiteten) Antrag angenommen. Die weitere Be⸗ rathung sowie die Abstimmung über §. 53 wird dagegen zurückgestellt. §. 54 wird unverändert genehmigt; im §. 55 die Verjährungsfrist für geschuldete Eintrittsgelder und Beiträge auf Antrag Gutfleisch von sechs Monaten wiederum auf ein Jahr erhöht. Die §§. 56 und 57 werden mit unwesentlicher Abänderung angenommen.

Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen. 1 Allenstein, 16. Februar. (W. T. B.) Das Königliche Eisenbahn⸗Betriebsamt macht bekannt: Der Betrieb auf der Strecke Allenstein Mehlsack Perwilten ist wieder hergestellt. Kiel, 16. Februar. (W. T. B.) Nachdem die vor dem

Hafen liegende Eisbarre nunmehr vollständig gesprengt worden, ist der Hafen für den Dampferverkehr wieder

vollkommen frei.

Paris, 16. Februar. (W. T. B.) Ueber die Pro⸗ grammrede des italienischen Minister⸗Präsidenten Rudini sagt das „Journal des Débats: „Die Erklärungen Rudini’'s bringen uns freundliche Worte entgegen; wir nehmen die⸗ selben herzlich auf.“ Von den anderen Morgenblättern äußern sich einige reservirt und wollen erst die Thaten des Kabinets abwarten, ehe sie ein endgültiges Urtheil fällen. Andere meinen: Rudini habe Frankreich gegenüber einen entscheidenden Schritt gethan, Frankreich müsse nun den zweiten Schritt thun. Ribot werde hoffentlich rasch die Ge⸗ legenheit ergreifen. 8

Der Kosakenhetman Atschinoff ist hier eingetroffen. Der „Figaro“ glaubt, seine Ankunft habe den Zweck, die Wahrheit Betreffs des Bombardements von Sagallo fest⸗ zustellen. 8

Einer Meldung aus Bona zufolge ist der englische Dampfer „Cecilia“ an der Küste unweit Bond ge⸗ scheitert. Drei Matrosen fanden in den Wellen den Tod.

Sofia, 16. Februar. (W. T. B.) Dem Vernehmen nach wird der Kriegs⸗Minister, Oberst Mutkurow zum General⸗Inspecteur und der bisherige Commandeur der Schumla'er Brigade, Major Isawow zum Kriegs Minister ernannt werden.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Z

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Ballet⸗Arrangement von der Ballet⸗ Barcarole f. d, Harfe v. Godefroid, vorgetr. v.

L2. Gundlach. Lemböck. „s Sträußli“, für Piston v. Hoch,

Dirigent: Hr. Arania, Anstalt für volksthümliche Naturkunde. Hierauf: Am Landes⸗ Ausstellungs⸗Park (Lehrrer Bahnhof). Hierauf: Geöffnet von 12 11 Ubr. Täglich Vorstellung im wissenschaftlichen Theater. Näheres die Anschlag⸗

Familien⸗Nachrichten.

Lieut, Ernst Blochmann (Leipzig). Freiin Bianca von Amelunxen mit Hrn Hauptmann Frhrn. August von Morsey (Neustrelitz) Frau Anna Peltzer, geb. Jung, mit Hrn. Hofrath Alfred Bauer. Freiin Emily ran der Hoop mit Hrn. Rittmeister Fritz Frhrn. von Fritsch (Schmitte Kassel). Frl. Luise Geller mit Hrn. Karl Wolter (Dessau Magdeburg). Frl. Hildegard von Alt⸗ Stutterheim mit Hrn. Rittergutsbesitzer Robert Hensche (Georgenau). Frl. Auaguste Weber von Treuenfele mit Hrn. Reg⸗Assessor Moritz von Oppenfeld⸗Reinfeld (Antwerpen).

Vorher:

Posse in

Hedwig Straub (Porta⸗Westfalica).

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Conrad v. Oppen (Dinglauken). Hrn. Kurarzt Dr. med. Miesko Kittel (Zoppot). Eine Tochter: Hrn. Ger.⸗ Assessor Kornweibel (Düsseldorf). Hrn. Paul Vorhoff (Wehlau). Hrn. Reg.⸗Assessor Dietrich von Harlem (Kassel). Hrn. Max Wuestling (Leipzig). 1

Gestorben: Hr. Referendar Bruno Scholz (Görbersdorf) Frau Marie Schaefer, geb. von Nitsche (Berlin). Hr. Friedr. Alexius von Tronchin (Lehe). Hr. Bürgermeister Karl Krüger (Querfurt). Hr. Kgl. Zahlmeister a. D Herm. Sonnenbrodt (Breslau). Hr. Stadtrath Theodor Itzerott (Brandenburg) Hr. Landrath aꝗ D. Felix von Studnitz (Breslau). Hr. Gotthilf Heyvdemann (Chatlottenburg). Frau Landrath Mathilde Gräfin von Wartensleben, geb. Gräfin von Blumenthal (Genthin). Rentier Wilh. Bachmann (Berlin).

Gesangsposse

Registrator

Vandeville in 3 Akten von

Anfang 7½¼ Ubr. 1 1 Sing-Akademie.

um 19.

Concert⸗Anzeigen.

Dienstag, Abends 8 Uhr II. (populärer) Liederabend von Eduard Feßler.

Friedrich-Wilhelmstädtisches Theater. Dienstag: Mit neuer Ausstattung: Male: Meißner Porzellan. Pant. llet in Concert. 1 Akt nebst einem Vorspiel von Golinelli. Musik „Martha“ v. Flotow. von Helmesberger jun. Dirigent: Kapellmeister! Waldteufel. Rhapsodie I. v. Liszt.

Concert-Haus. Dienstag: Ouvert. „Leonore II.“ von Beethoven. „Tout Paris“, Walzer v.

Redacteur: Dr. H. Klee, Direktor. Berlin: Verlag der Expedition (Scholz). b Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagf Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32. Sieben Beilagen seinschließlich Börsen⸗Beilage).

Carl Mevyder⸗

„Sur le lac“,

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8*

Staats⸗Anzeiger. 1891.

Deutscher Reichstag. 66. Sitzung vom 14 Februar, 1 Uhr.

Am Tische des Bundesraths: Staats⸗Minister Freiherr von Berlepsch. 8 8

Das Haus ehrt das Andenken des gestern verstorbenen Abg. Limbourg (1. Trierer Wahlkreis, Centr.) in der üblichen Weise und setzt die Verhandlung über den §. 105 »b Absatz 2, betreffend die Sonntagsruhe der Handlungs⸗ gehülfen, die mit ihrzusammenhängende Schließung der offenen Verkaufsstellen in der Zeit, während welcher die Gehülfen feiern, und das entsprechende Verbot des Gewerbetriebes im Umher⸗ ziehen fort. ..““ 1 1 Abg. Bebel: Die gestrige Debatte über die Anträge seiner Partei werde in Interessentenkreisen einige Verwunderung erregt haben. Allerdings habe ihr Arbeiterschutz⸗Gesetzentwurf von 1885 eine Beschränkung des Sonntagsverkaufs im Handelsgewerbe vo nur fünf Stunden vorgeschlagen, aber lediglich weil eine Majorität für eine weiter gehende Beschränkung damals nicht aufzubringen gewesen sei. Seine Partei habe den Schluß der Geschäfte um 12 Uhr vorgeschlagen, der Abg. von Kleist⸗Retzow Sonntagsrube sogar schon um 10 Uhr, und dieser sei doch gewiß ein gründlicher Kenner der ländlichen Verhältnisse. Die Verhältnisse, namentlich im Materialwaaren⸗Detail⸗ geschäft, seien so außerordentlich ungünstige, wie kaum auf einem an⸗ deren Arbeitsgebiete. Nach der Petition der kaufmännischen Ge⸗ hülfen Hamburgs arbeiteten diese Geschäfte 16—18 Stunden täglich das ganze Jahr hindurch; ebenso auch an anderen Orten, und zwar ohne die geringste Pause. Sehr oft werde das Personal während des Essens herausgerufen und müsse die Kundschaft bedienen. Die Hamburger Kaufleute genirten sich gar nicht, ihrem Personal die allerschlechtesten Winkel als Schllafstellen anzuweisen; unter der Treppe, in feuchten Kellern, auf Bodenräumen. Dabei müsse das Personal in unheizbaren Läden arbeiten. Viele Läden würden das ganze Jahr von keinem Sonnenstrahl getroffen. Hätten die Re⸗ gierungen über diese Verhältnisse gründliche Untersuchungen an⸗ gestellt, so würde ihnen ihr Gewissen nicht eher Ruhe gelassen haben, als bis sie einen Gesetzentwurf ausgearbeitet hätten, in welchem auch die werktägliche Arbeitszeit dieser Leute ganz bedeutend beschränkt werde. Welche Gefühle einen beschlichen, wenn mas Sonntags bis in den Abend hinein hinter dem Ladentisch stehen müsse, das habe er selbst kennen gelernt. Er habe als Drechslerlehrling am Sonntag die Kinder bedienen müssen und habe sehr oft geweint, wenn seine Freunde Nachmittags in Schaaren an seinem Laden vorübergezogen seien, ihn begrüßt hätten und in die schöne Natur hinausgegangen seien. Die Lehrlinge seien ganz besonders schlimm daran. Es greife eine wahre Lehr⸗ lingszüchterei um sich. In Würzburg z. B. gebe es Geschäfte, in denen drei Kommis und achtzehn Lehrlinge arbeiteten; in der Regel kämen auf einen Kommis drei und vier Lehrlinge. Schließe man die Geschäfte schon um 12 Uhr, so werde wie in den Vereinigten Staaten auch in Deutsch⸗ land sich das Publikum sehr rasch der neuen Sitte anbequemen. Schon jetzt befriedige ein großer Theil der Landbewohner seine Kauf⸗ bedürfnisse an Wochentagen auf Märkten und Jahrmärkten. Das werde später erst recht der Fall sein und der kleine Handelsbetrieb dabei nicht zu kurz kommen. Dem Centrum aber gebe er zu be⸗ denken: seine Partei werde dem Bestreben, auch den Gehülfen zur Befriedigung ihrer religiösen Bedürfnisse zu verhelfen, nicht ent⸗ gegentreten. Die Juden ständen allgemein im Geruch, geldgierig gewinnsüchtig zu sein. Er lasse dahingestellt, inwieweit diese Be⸗ schuldigung begründet sei, aber das stehe fest und sei durch die Sonntagsenquete von 1885 bestätigt worden, daß überall in Deutsch⸗ land die wirklich orthodoren Juden am Samstag ihre Läden von Morgens früh bis Abends 6 Uhr schlössen. Da die Juden in der Regel auch am Sonntag schließen müßten, so feierten sie that⸗ sächlich zwei Tage. Unzweifelhaft bedeute das einen be⸗ deutenden Verlust. Die Bestimmung, daß an den ersten drei bohen Festtagen des Jahres die Geschäfte absolut geschlossen sein sollten, sei gleich bei der ersten Lesung von der Kommission ein⸗ stimmig angenommen worden. Seitdem hätten sich auch die Inter⸗ essentenkreise ausnahmslos dafür ausgesprochen. Nach der Aussage der Bremer Kaufmannschaft ruhten an den Festtagen die geschäftlichen Beziehungen mit England und Amerika gänzlich, und in Hamburg werde nur noch in sehr wenigen Geschäften ein bis zwei Stunden in den Comptoirs gearbeitet. Die wenigen Ar⸗ beiten könne der Chef selbst erledigen, und dazu bedürfe es keiner gesetzlichen Bestimmungen. Die Löhnungsverbältnisse hätten mit dieser Frage nichts zu thun. Die Arbeiter hätten jetzt schon Gelegenheit genug, am Vorabende der Feste ihre Einkäufe zu machen. Schließlich empfehle er den Antrag seiner Partei, daß in den vier Wochen vor Weihnachten und während der Messe, wo die Sonntagsarbeit bis zehn Stunden dauern solle, wenigstens um sechs Uhr Abends die Geschäfte geschlossen werden müßten. (Beifall bei den Sozialdemokraten.) v“

Staats⸗Minister Freiherr von Berlepsch:

Meine Herren! Der Herr Vorredner hat in seinen Ausführungen auf die großen Mißstände hingewiesen, die seiner Meinung nach im Handelsgewerbe herrschen. Aehnliche Ausführungen haben wir gestern aus dem Munde des Hrn. Abg. Hirsch und auch des Hrn. Abg. Hartmann gehört; sie unterscheiden sich von denen des Herrn Vorredners nur dadurch, daß sie nicht die Folgerung an die Aeuße⸗ rungen geknüpft haben, nämlich einen Vorwurf gegen die verbündeten Regierungen, daß sie die Verhältnisse des Handelsgewerbes in der Arbeiterschutzvorlage nicht berücksichtigt haben. Der Herr Vorredner führt weiter aus, daß für die verbündeten Regierungen wohl alle Veranlassung vorgelegen hätte, sich mit diesen Verhältnissen zu beschäftigen, daß aber bei der Stimmung der Parteien im Hause und bei der Stimmung der verbündeten Regierungen nicht darauf zu rechnen sei, daß sie die Absicht hätten, diesen Verhältnissen näher zu treten, und er motivirte damit seinen Antrag, wenigstens die Sonntagsruhe der im Handelsgewerbe beschäftigten Personen zu schützen.

Meines Erachtens hat er zu diesem Schluß keinerlei Berechtigung. Wenn die Verhältnisse der im Handelsgewerbe beschäftigten Personen in dieser Vorlage nicht berücksichtigt sind, so hat das seinen Grund wesentlich darin, daß es unmöglich war, sie fertig zu stellen, wenn man das ganze bisher noch wenig ergründete Gebiet der Verhält⸗ nisse der im Handelsgewerbe beschäftigten Personen mit auf⸗ nehmen wollte. Ich erkenne an, daß Mißstände, wie sie hier geschil⸗ dert werden, vorhanden sind. Für meine Person würde ich ich sage: „für meine Person“, da die verbündeten Regierungen dieser Frage gegenüber noch nicht Stellung genommen haben —, würde ich völlig bereit sein, den angeregten Fragen näher zu treten, sie zu untersuchen und dementsprechend auch eine Vorlage vorzubereiten.

Daß, meine Herren, nicht alle gewerblichen Fragen in Einer Vor⸗

lage behandelt werden können, namentlich wenn man bestrebt ist, in nicht zu langer Zeit zu einem Ziel zu kommen, liegt meines Er⸗ achtens auf der Hand, und ich kann nur nochmals darauf zurück⸗ kommen, die gegen die Regierungen und auch die Parteien des Hauses gerichteten Vorwürfe, daß sie nicht geneigt seien, den Verhältnissen der im Handelsgewerbe beschäftigten Gehülfen und Lehrlinge näher zu treten, sind unbegründet. In den Kreisen der Gehülfen nicht nur, sondern auch in denen der Prinzipale des Handelsgewerbes ist der Wunsch nach eiger gesetzlichen Regelung der Arbeitsverhältnisse im Handelsgewerbe schon vielfach laut geworden, und es liegt in dieser Beziehung eine Eingabe vor, die kürzlich an das Reichsamt des Innern gerichtet worden ist, von dem Verband der kaufmännischen Vereine, der im Ganzen 47 Vereine mit 55 000 Mitgliedern umfaßt, die dahin geht, es möge eine eingehende Untersuchung der Verhält⸗ nisse der Gehülfen und Lehrlinge im Handelsgewerbe vorgenommen werden.

Die Auffassung, daß es zur Zeit noch nicht soweit ist, einen Gesetzentwurf über die im Handelsgewerbe beschäftigten Personen vor⸗ legen zu können, konnte aber nicht davon abhalten, in einer Beziehung, nämlich in Beziehung auf die Sonntagsarbeit, schon in diesen Gesetz⸗ entwurf Bestimmungen aufzunehmen, die den in Frage stehenden Personen zum Schutz dienen sollten. Es sind das Bestimmungen, für die weitere Erhebungen nicht nothwendig waren, für die in der im Jahre 1885 veranstalteten Enquete bereits eine genügende Grund⸗ lage geschaffen war; und die verbündeten Regierungen waren der Ueber⸗ zeugung, daß auf Grund des gewonnenen Materials es unter Berück⸗ sichtigung der Sicherheit und Existenz der in Frage stehenden Industrien unbedenklich sei, die Bestimmungen, wie sie in der Vorlage bezüglich der Sonntagsarbeit der im Handels⸗ gewerbe beschäftigten Personen enthalten sind, jetzt schon zu bringen. Dieselben so ganz niedrig anzuschlagen, das halte ich doch für falsch. Meine Herren, die Enquete, die im Jahre 1885 angestellt worden ist, hat beispielsweise ergeben, daß in der Stadt Berlin etwa 37 000 Personen am ganzen Sonntag und zwar regelmäßig beschäftigt sind. Meine Herren, Sie werden mir doch zugeben, daß das ein sehr erheblicher Fortschritt ist, wenn diese 37 000 Personen am Sonntag in Zukunft nur fünf Stunden, und wenn die Stadt Berlin ein Ortsstatut erläßt, das diese Zeit noch verringert, noch weniger lange beschäftigt sein werden. Der Fortschritt ist meines Erachtens nicht zu verkennen, und deshalb halte ich es nicht für richtig, daß man die Bestimmungen des §. 105 b Abs. 2 so gering anschlägt, wie das Seitens des Herrn Vorredners geschehen ist.

Abg. Biehl: Für seinen heute eingebrachten Antrag zu §. 55a, das Verbot des Hausirhandels zu der für die Sonntagsruhe be⸗ stimmten Zeit auf die ihre eigenen Produkte im Umherziehen feilbietenden Personen auszudehnen, rechne er nicht nur auf die Zu⸗ stimmung des Abg. Bebel, sondern auch auf die der Mehrheit des Hauses und des Bundesraths. Bebel stimme er in Vielem zu, namentlich darin, daß die Beschäftigung im Handelsgewerbe am Sonn⸗ tag nicht über 12 Uhr Mittags ausgedehnt werden solle. Uebrigens seien die Verhältnisse in kleinen Städten besser als in Großstädten, und in ganz Süddeutschland viel besser, als der Abg Bebel sie ge⸗ schildert habe. In Süddeutschland sei nirgends ein Handlungsgehülfe bis zu sechzehn Stunden beschäftigt. In Bezug auf die eigenen Er⸗ fahrungen des Abg. Bebel als Handwerkslehrling bemerke er (Redner), daß die Angehörigen des Handwerks im Vergleich zu denen des Handelsgewerbes die reinen Kavaliere seien, namentlich was die Sonntagsruhe anlange. Nun habe der Abg. Bebel auf das Beispiel der Juden verwiesen aber kenne er nicht die Praxis der orthodoxen Juden? Sie zögen am Sabbath wohl Geld ein, gäben aber darüber keine Quittung; er würde es lebhaft bedauern, wenn deutsche Handwerker und Handels⸗Gewerbetreibende dies Beispiel nachahmten. Marktschreierei und unsolide Geschäfts⸗ führung sei keine den Gewerbetreibenden zu empfehlende Basis. Auch eilten die Landleute, um ihren Bedarf einzukaufen, nicht in die große Stadt, wenn Eisenbahnen vorhanden seien; sie kauften in den Städten, nach denen sie auch aus anderen Interessen gingen, etwa wo der Sitz ihres Gerichts sei und dergleichen. Wenn er gestern dafür gesprochen habe, an den drei hohen Feiertagen die Geschäfte je zwei Stunden offen zu lassen, so sei dies nur ge⸗ schehen im Interesse der kleinen Leute, die an diesen Tagen ein⸗ kauften, und außerdem für gewisse Läden, wie Bäckereien, Kon⸗ ditoreien, die auch in Süddeutschland an den hoben Feiertagen geöffnet seien. Sonst aber gönne er es den Handelsgewerbe⸗ treibenden, daß sie einige Tage im Jahre ganz frei seien.

Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Lohmann: Der Vorredner habe die Hoffnung ausgesprochen, daß seinem Antrage, Nr. 278 der Drucksachen, auch die Zustimmung der verbündeten Regierungen nicht fehlen würde. Er (Redner) könne in dieser Beziehung wenigstens so viel sagen, daß die Annahme des Antrages im Allgemeinen nur eine Konsequenz dessen sein würde, was in dem § 55 8 der Kom⸗ missionsbeschlüsse enthalten sei. Denn es handele sich hier um Aus⸗ flüsse des Gewerbebetriebes, die als Hausierbetrieb bezeichnet werden könnten, ohne doch im Sinne der Gewerbeordnung unter den Begriff des Gewerbebetriebes im Umherziehen zu fallen. Es seien die gewerb⸗ lichen Leistungen derjenigen Personen, die im §. 42 b Absatz 1 bis 3 aufgeführt seien. Wie gesagt, im Allgemeinen würde die Aufnahme des Gewerbebetriebes dieser Personen in den §. 55 à nur eine Konsequenz dessen sein, was schon jetzt darin stehe. Zweifelhaft könne man vielleicht darüber sein, ob es nicht richtiger wäre, als Citat nur §. 42 b, Absatz 1 zu wählen, und ebenso könne man zweifelhaft darüber sein, ob die Ausschließung dieser Art des Ge⸗ werbebetriebes so ausnahmslos möglich sei, wie es in dem Antrage vorgesehen sei. Er müsse gestehen, daß er im Augenblick selbst nicht im Stande sei, das zu übersehen. Es werde sich das aber bis zur dritten Lesung noch näber prüfen lassen.

Abg. Krause: Die Bestimmung des §. 41 a stehe in keinem innern Zusammenhange mit dem übrigen Theil der Vorlage. Die Regierung habe die Materie nur vom Standpunkte des Schutzes des Lohnarbeiters behandelt, und hier werde etwas ganz Neues hineingetragen. Er müsse der Ansicht entgegentreten, daß man bisher überhaupt keine Sonntagsruhe habe; sie sei eine alte Errungenschaft der deutschen Kultur und solle hier nur erweitert werden. Die Kommission aber wolle mit dem §. 41 a den kleinen Gewerbetreibenden und Geschäftsleuten eine Muße auferlegen, die ihnen im höchsten Maße unsvmpathisch sei. Viele kleine Geschäfte, die nur von einer Person, einer Frau oder Wittwe geführt würden, welche nach einer strengen Sonntagsruhe gar nicht Verlangen habe, müßten in Zukunft Sonntags geschlossen werden. Man stärke damit nur die zroßen Geschäfte, deren Offenhaltung am Sonntag sich von vorn⸗ herein nicht lohne, und versage den kleinen die Brosamen, die von der Reichen Tische fielen. Man möge also auf die ur⸗

prüngliche Absicht der Regierungsvorlage zurückgehen und den 5. 41 a streichen. Ueberdies würde die Bestimmung eine Reglementirung des Gewerbebetriebs durch die Polizei ermöglichen, die seine Partei durchaus nicht wünsche.

Abg. Dr. Hartmann: In einem Theile der Presse sei eine seiner gestrigen Aeußerungen auf den „Verein junger Kaufleute“ in Berlin bezogen worden. Der Aufforderung, öffentlich kundzugeben, daß er diesen Verein nicht der sozialdemokratischen Sache für zugethan balte, entspreche er gern. Er habe sich aus einer Zuschrift des Vereins über⸗ zeugt, daß dieser Verein nicht identisch sei mit dem andern, dessen Name wahrscheinlich „Freie Vereinigung junger Kaufleute“ laute. Hier sei es gewesen, wo er mit Hrn. Kayser debattirt habe. Der Antrag Biehl fülle eine offenkundige Lücke *„in dem Gesetz aus, und wer den Kommissionsantrag wolle, müsse sich auch für diesen aussprechen. Der Vorredner habe sich als einer der fünf Männer aus dem Triumvirat (Heiterkeit) auch heute gegen den §. 41a ge⸗ wendet. Theoretisch möge das richtig sein, was er behaupte, praktisch sei die Bestimmung nothwendig. Man könne nur dann eine weiter⸗ gehende Sonntagsrube einführen, wenn sie auch auf alle Gewerbe⸗ treibende und Geschäftsleute ausgedehnt werde. Das Publikum werde allerdings einige Belästigung haben, wenn es seine Einkäufe in gewissen Stunden machen müsse, es werde sich aber bal 5 und dann nicht für einen Pfennig weniger Würde man diese Bestimmungen nicht treffen, Kontrole des ganzen Gesetzes auf das Aeußerste möge also den §. 41 a annehmen.

Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Lohmann: Er könne den Antrag Hartmann nur empfehlen. Die Vorlage der Regierung habe eine ortsstatutarische Regelung nicht vorgesehen und die Bestimmung der Tageszeit, in welche die Geschäftsstunden fallen sollten, der Po⸗ lizei übertragen. In der Kommission sei aber beschlossen worden, daß die Zahl der Stunden durch Ortsstatut vermindert werden könne, und damit sei die Frage herangetreten, ob man nicht auch durch Ortsstatut die Tageszeit festsetzen könne. Bei einer ortsstatu⸗ tarischen Regelung liege die Gefahr nahe, daß die Interessenten nicht bloß in aufklärender, sondern auch in entscheidender Weise Einfluß hätten, und daß sie nur in ihrem Sinne entscheiden würden. Die Polizei aber könne diese Regelung insofern besser bewirken, als sie zugleich für umfassendere Bezirke Bestimmungen treffe. Welche Unzuträglichkeiten würden entstehen, wenn in Berlin und seinen Vor⸗ orten die Statuten für die Vororte anders als für Berlin lauteten Hier könnte die Polizei allein eine umfassendere Regelung bewirken.

Abg. Freiherr von Stumm: Er habe das Wort „dekorativ“ in keiner Weise auf seinen, sondern auf den Antrag Wöllmer angewendet. Alle Antragsteller seien mit ihm einig, daß man eine produktive Ar⸗ beit am Sonntag nicht zulassen sollte, daß nur zu unaufschieblichen Einkäufen Sonntags kurze Zeit die Geschäfte offen gehalten werden sollten. Er habe auch sehr wohl Verständniß für das Gefühl de Handlungsgehülfen, die am Sonntag Nachmittag in ihrem Geschäfte stehen müßten, während andere Leute spazieren gingen.

Abg. Bebel: Leider gebe es noch immer Existenzen, die seine Partei vor einer Ausbeutung Seitens der Herren von der rechten Seite schützen müsse. Das Wort „dekorativ“ habe er mit Bezug auf den Antrag des Abg. Freiherrn von Stumm verstanden und eine ganz Reihe seiner (des Redners) politischen Freunde mit ihm. Wenn der Abg. Freiherr von Stumm am Sonntag eine Geschäftszeit zu unpro⸗ duktiver Arbeit wolle, so sei diese dann doch völlig überflüssig.

unproduktiver Arbeit liege überhaupt nichts. Die Reden von

wirthschaftlichen Freiheit, in die seine (des Redners) Partei durch den §. 41a einen Eingriff machen solle, habe man von den Freunden des

g. Krause schon früher gehört; ebenso von dem Schablonenhaften, vas eine Gesetzgebung in diesem Punkte nur schaffen könne. Glück⸗ icherweise sei es nun dahin gekommen, daß nur eine verschwindende

inori sen Standpunkt tbeile. Man meine jetzt, daß, wo Miß⸗

erausstellten, der Staat eingreifen müsse, und es handle wie weit man die wirthschaftliche Freiheit ein⸗ Im Uebrigen sei es gerade die Volkspartei gewesen, 2 Jahrzehnten für eine Arbeiterschutzgesetzgebung eingetreten sei, als die Freisinnigen noch gar nicht datan gedacht hätten. Außerdem sei schließlich jedes Gesetz eine Schablone, und es sei um so schlechter, je weniger Schablone es sei. ne den §. 41a würde eine große Ungleichheit in die verschiedenartigen Handelsgewerbe kommen. Er betrachte diese Bestimmung als ulichen Anfang zur Ver⸗ wirklichung seiner Bestrebungen. Man komme auch nicht zu einer vernünftigen Sozialgesetzgebung, so l man kein besonderes Reichs⸗ organ und keine centralisirte Spitz die ganze Sozialgesetzgebung habe. Nach seinen Erfahrungen und der Abg von Vollmar bestätige es werde schon beute in den katholischen Gegenden Bayerns Sonntags Nachmittags 1 Uhr jedes Geschäft geschlossen, spätestens um 2 Uhr.

Vize⸗Präsident Graf Ballestrem: Der Abg. Bebel ha Anschluß an die Ausfahrungen des Abg. Freiherrn von Stumm der Ausbeutung der Arbeiter auf jener Seite gesprochen. H damit den Abg. Freihberrn von Stumm oder andere Mitgliede Hauses gemeint, so müßte er (Redner) diesen Ausdruck als du unzulässig bezeichnen. 8

Abg. Dr. Krause: Die Erwiderung des Abg. Bebel auf seine des Redners) Ausführungen üb ie Konkurrenz zwischen den großen und kleinen Geschäften beweise, daß der Abg. Bebel nur darauf ausgehe, den kleinen Mann in seinem Erwerbe zu lähmen und Zust

5 a 7 r 8

1 2

herbeizuführen, bei welchen es nur noch Lohnarbeiter und Großbetrieb

gebe. Wenn ein Gesetz um so besser sein solle, je mehr es Schablone fei, und wenn die sozialdemokratische Partei ein Verkehrsleben nach sozialistischer Schablone herstellen wolle, so möge sie §. 41e an- nehmen, setze sie aber noch etwas menschliche Freiheit über die Schablone, o möge sie §. 41a verwerfen. Seine (des Redners)

Partei wolle auch das Publikum gegen diesen Paragraphen schützen. Deutschland habe eben keine englische Sonntagsruhe und brauche sich nicht nach Amerika oder England zu richten. Ein Gesetz solle die Zustände des Volkcs verbessern, das Leben angenehmer und beguemer machen, aber gerade der §. 41a werde Unbequemlichkeiten und Scherereien herbeiführen. Schließlich bekomme man nur noch

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in Schankgeschäften etwas zu kaufen, das Gesetz treibe also das

Publikum in die Schankgeschäfte

Damit schließt die Diskussion.

Bei der Abstimmung werden alle Abänderungsanträge der Freisinnigen und Sozialdemokraten abgelehnt. An⸗ genommen wird der Antrag Hartmann, betreffend die orts⸗ statutarische Bestimmung der Stunden, während deren die

Beschäftigung stattfinden darf, und mit dieser Aenderung

§. 105 b Abs. 2 der Kommissionsbeschlüsse.

Art. A. der Kommissionsbeschlüsse, welcher einen neuen §. 41 a (Verbot des Geschäftsbetriebs während der Ruhezeit) vorschlägt, wird unverändert, Art. B, welcher einen neuen §. 55a und in demselben das Verbot der Ausübung des

Hausirergewerbes innerhalb derselben Zeit vorschlägt, mit dem 8 8

Antrage Biehl angenommen. Die Annahme des ganzen §. 105 b, wie er durch die einzelnen Beschlüsse sich gestaltet hat, erfolgt mit sehr großer Mehrheit. 2

Die Diskussion wendet sich nunmehr zu §. 105c der 888. 8

Kommissionsfassung, welcher die Ausnahmen von den Be⸗