1891 / 42 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 17 Feb 1891 18:00:01 GMT) scan diff

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schule in die Hände des neu gewählten Rektors, Professor Dr. Kny legen wird. Die Studirenden der Zahnheilkunde hatten gestern Abend in Albin’s Festsaal einen solennen Kommers zu Ehren ihrer Professoren und Dozenten veranstaltet.

Im Dienstgebäude der Militär⸗Turn⸗Anstalt, Scharn⸗ borststraße 1, findet am Montag, 23. d. M., Vormittags um 9 ½ Uhr, die Schlußbesichtigung des Offizierskursus der Militär Turn⸗Anstalt statt.

Die Fortführung der Kaiser Wilbelmstraße über die Münz⸗ bis zur Hirtenstraße, ein Projekt, welches vor einiger Zeit wieder laut wurde, ist jetzt, nach einer Mittheilung der „Staatsb Z. von dem Magistrat und der Stadtverordneten⸗Versammlung endgültig genehmigt und den Unternehmern ein Beitrag zu den Kosten bewilligt worden. Nach Festsetzung der Baufluchtlinien soll mit dem Abbruch des Viktoria⸗Theaters und mit der Freilegung der Straße bis zur Hirtenstraße begonnen werden. Dabei ist zugleich die Fort⸗ führung über die Linien⸗ bis zur Lothringerstraße hinaus geplant.

Die neuen städtischen Wassergewinnungsstationen am Müggelsee und bei Lichtenberg sind, wie die „N. A. Z. mittheilt, jetzt soweit im Bau vorgeschritten, daß in dem Werk am Müggelsee die Ufermauer in Länge des ganzen Grundstücks nebst den zur Wasserentnahme bestimmten Saugeköpfen hergestellt und der See bis zu der erforderlichen Tiefe ausgebaggert ist. Die Saugekammern

sowie die Fundamente der Filterpumpmaschinen und Häuser sind fertig gestellt, ebenso die beiden Filterentwässerungskanäle. Auf Werk Lichtenberg ist die Umwährungsmauer nach drei Seiten, der Haupt⸗ entwässerungskanal sowie der Kanalisationswasserkanal sind ganz voll⸗

endet.

Die Verlängerung der Artilleriestraße bis zur El⸗ sasserstraße ist bereits häufig Gegenstand der Verhandlungen ge⸗ wesen. Sehr triftige Gründe haben, wie die „N. A Z“ erfährt, jetzt den Magistrat bestimmt, folgende Anträge der Stadtverordneten⸗ Versammlung zu unterbreiten: daß 1) für die Verlängerung der Ar⸗ illeriestraße bis zur Elsasserstraße die in einem Entwurf dargestellte Fluchtlinie zur Feststellung gebracht, 2) das Grundstück Linienstraße 113 und Elsasserstraße 62 eventualiter nach Feststellung der Fluchtlinie im Enteignungswege erworben werde, 3) die zur Erwerbung gelangenden Gebäude Behufs Freilegung der 19 m breiten verlängerten Artillerie⸗ straße, unter Zugrundelegung einer Abbruchtaxe, meistbietend verkauft und 4) die entstehenden Kosten aus den etatsmäßigen Mitteln für Straßenlanderwerbungen entnommen werden

Der Zoologische Garten hat die kürzliche Ausstellung der „Cypria“ denutzt, um eine Anzahl preisgekrönter, großentheils aus Eng⸗ and importirter Stämme von Hühnerrassen zu erwerben und dadurch den Besuchern Gelegenheit zu geben, sich durch Anschauung mustergültiger Formen Belehrung in Sachen der „Hühnerologie“ zu verschaffen. Besonders interessant sind die hervorragenden gelben Cochins, die schwarzen Langshans und die gesperberten Plymouth Rocks, jene großen Nutzrassen, welche sehr geeignet sein dürften, unser vielfach entartetes deutsches Landhuhn zu verbessern. Neben diesen Riesenrassen finden wir die vollendetsten Gegensätze, unter denen ohne Zweifel die interessantesten die bisher im Garten noch nie gewesenen gelben Zwergcochins sind. Das Gleiche gilt von den ausgezeichneten neuen Zwergkämpfern, welche jedoch wie ihre großen Vorbilder sich durch höchst gestreckten schlanken Bau bemerkbar machen. Auch von den den Kämpfern nahestehenden Malayen sind neue Exemplare angekauft,

sowie als Kuriosität ein Paar der durch ihren großentheils unbe⸗ fiederten, mit feuerrother Haut bekleideten Hals Aufsehen erregenden siebenbürgischen Nackthälse.

Ueber die Witterung im Januar 1891 bringt die „Stat. Corr.“ nach den Beobachtungen des Königlichen meteorologischen In⸗ stituts folgende Mittheilungen: Die Frostperiode, welche schon im letzten Drittel des Novembers ihren Anfang genommen und ohn nennenswerthe Unterbrechung bis zum Schluß des vergangenen Jahres angedauert hatte, setzte sich auch in den Januar hinein fort und hielt mit wechselnder Strenge in den nordöstlichen Landestheilen den

garnzen Monat an, während sie sonst allgemein um den 23. bezw. 24. ihr Ende erreichte. In Folge des milden Wetters der letzten Tage war die Mitteltemperatur des Januars nicht unwesentlich höher als die des voraufgegangenen Dezembers. Immerhin lag sie überall unter dem normalen Werthe, insbesondere im westlichen und mittleren Norddeutschland, wo die Abweicung 3 bis 4 Grad betrug, während es freilich im Osten mehrfach kaum um 1 Grad zu kalt war. Im Gegensatze zum überaus trockenen Dezember hatte der Januar reichliche und häufige Niederschläge auf⸗ zuweisen. Mit Ausnahme der Nordseekäste und des äußersten Süd⸗ westens zwischen Mosel und Main ist allgemein zu viel Niederschlag gefallen, im Osten vielfach mehr als das Doppelte des vieljährigen Durchschnittswerthes. Eine feste Schneedecke war allenthalben vor⸗ handen, stellenweise sogar von großer Mächtigkeit. Die größten Schneehöhen, welche fast überall kurz vor Eintritt des Thauwetters zur Messung kamen, erreichten in Masuren etwa ½l m, in Ober⸗ schlesien ¾ m, noch mehr in den Gebirgen: auf der Schneekoppe z. B. 1 m In der ganzen Westhälfte des Landes schmolz der Schnee, da mit Beginn des milderen Wetters erheb⸗ licher Regenfall auftrat, rasch und vollständig, sodaß Hochwasser und stellenweise Ueberschwemmungen die Folge waren; im Osten dagegen, wo sich Niederschläge in flüssiger Form spärlicher zeigten, blieb! die Schneedecke, wenn auch verminderk, erhalten. Der Monat war vor⸗ wiegend trübe; nur in den ersten Tagen herrschte, da über Central⸗ Europa der Luftdruck am Höchsten war, gleichzeitig mit strengem Frost klares Wetter. Der Frost ließ am 4. und 5. unter dem Einflusse einer über Dänemark nach Osten wandernden Depression etwas nach, um bald darauf mit zunehmendem Luftdruck wieder stärker zu werden. Erst kurz vor der Mitte des Monats machte sich von Neuem kurz dauernde Erwärmung geltend, veranlaßt durch Theil⸗ depressionen, welche nördlich vorbeiziehende Minima nach Deutsch⸗ land entsandten. Indem sich nun aber das Depressionsgebiet nach dem westlichen Rußland und weiter nach Süden hin ver⸗ lagerte, im Westen dagegen eine Anticyklone zur Ausbildung gelangte, stellten sich ziemlich lebhafte Winde aus dem nördlichen Quadranten ein, die einen schnellen Rückfall des strengen Frostes berbeiführten. Vom 17. an, wo es am Kältesten war, nahm endlich die Temperatur allmählich zu, und indem nun im Nordwesten erschienene Depressionen für die Witterung maßgebend wurden, überschritt sie am 23. bezw. 24. bei südwestlichen Winden und Niederschlägen nahezu allgemein den Gefrierpunkt. Da die Luftdruckvertheilung sich nicht wesentlich aͤnderte, hielt sodann das milde Wetter bis zum Ausgang des Monats an. In Berlin betrug die höchste Temperatur (am 30) 5,6 Grad Celsius, die niedrigste (am 17.) 18,5 Grad. An 3 Tagen war es heiter, an 20 Tagen trübe, an 15 Tagen Schneefall.

Hannover, 16. Februar. Ein Münzenfund ist dieser Tage, wie man dem „Hann Cour.“” schreibt, in Lünzmühle bei Schnever⸗ dingen gemacht worden. Man fand einen Fuß tief im freien Felde ver⸗ graben in einem Kruge eine größere Zahl von Silbermünzen, sämmt⸗ lich ausgezeichnet erhalten, fast wie neu. Das älteste Stück stammt aus dem Jahre 1609 von Matthias II, König von Ungarn und Böhmen; das jüngste trägt die Jahreszahl 1702 und den Namen Georg Ludwig von Braunschweig und Lüneburg.

Frankenhausen, 14 Februar. Gestern ging wie der „N. Pr. Z.“ mitgetheilt wird, in der Nähe unserer Stadt ein Ballon nieder von der Luftschiffer⸗Abtheilung in Berlin. Die Mannschaft, ein Sergeant und zwei Mann, hatte von Berlin nach Hamburg fahren wollen, war aber vom Sturm erfaßt und hierher getrieben worden. Bei der Landung erlitt der Sergeant eine leichte Verletzung am Ohr, sonst ist kein Unfall vorgekommen.

Köln, 17. Februar. Der gestern Abend 8 Uhr 2 Minuten von hier abgegangene Personenzug stieß dem „W. T. B.“ zufolge in Folge starken Nebels auf dem Brübler Bahnhof auf einen Güterzug. Einige Wagen wurden zertrümmert oder beschädigt, mehrere Personen leicht verletzt; ein Bremser büßte in Folge er⸗ littener schwerer Verletzungen das Leben ein. Beide Geleise waren heute früh noch gesperrt, die Passagiere mußten umsteignn.

Wetterbericht vom 17. Februar,

Max Grube. Donnerstag:

Bar. auf 0 Gr. u. d. Meeressp. Temperatur

40R.

Stationen.

in ° Celsius

red. in Millim.

Wind. V Wetter. 1

Anfang 7 Uhr.

2 bedeckt 8 W 1 halb bed. Christiansund 8 Regen Kopenhagen. 1 Nebel Stockholm. 4 halb bed. aranda. 1— wolkenlos ber Petersb. 4 bedeckt Fes

skau. Schnee

Wildenbruch.

10 O 2b0 O00 50°C.

Donnerstag:

8 1.1 1 O0.

18

8

I Nebel NW bedeckt WNW 3 Nebel 2

3 Nebel Besiegten.

NNW ö beiter Donnerstag:

G& O 2 82³⁵⁴ 0 00

N 1 Nebel fische. WSW 2 Nebel NS 2 heiter

still bedeckt SW 4 wolkig WNW lbbedeckt

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Donnerstag:

NW 3 bedeckt WNTW 3 bedeckt ONO 4 wolkenlos still wolkenlos Uebersicht der Witterung. Das Maximum im Westen hat sich weiter nord⸗

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aus dem gestern erwähnten Grunde wieder Abkühlung

zu erwarten sein. 1 Deutsche Seewarte.

Theater⸗Anzeigen. Königliche Schauspiele. Mittwoch: Opern⸗

Schauspielbaus. 48. t 1 Herr. Schanuspiel in 7 Vorgängen von Ernst von Anfang 7 Uhr.

Deutsches Theater. Mittwoch: Die Kinder der Excellenz.

Ehrenschulden. 2 bedeckt Freitag: Die Kinder der Excellenz. von Alexandre Bisson. heiter Die nächste Aufführung von Des Meeres und Moser. In Seene gesetzt von Sigmund Lautenhurg. der Liebe Wellen findet am Sonnabend statt.

Tessing-Theater.

Schauspiel in 4 Akten von Hermann Sudermann.

5 V brod. Drama in 2 Akten von Iwan Turgenjew, 8 für die deutsche Bühne bearbeitet von Eugen Zabel. Hierauf: Zum 1. Male: Fortuna. Schauspiel in 3 Akten von Hermann Faber.

Freitag: Hedda Gabler. Schauspiel in 4 Akten 5. Male: Adam und Eva. in 4 Akten von Eduard Jacobson und Leopold Elp.

Couplets von Jacobson und Gustav Goͤrß. Musik von Adolph Ferron. Anfang 7 ½ Uhr.

von Henrik Ibsen.

. 8 Victoria-Theater. Mittwoch: Zum 80 Male: waärts ausgebreitet, während die Depression, welche . 888G gestern über Nord⸗Skandinavien lag, südostwärts Die c9 r Komnans sches nach dem Innern Rußlands fortgeschritten ist. Ueber in 5 Akten von Fmif Pohl. Musik von G. Lehn⸗ 8 8 weh fri st hardt. Balletcompositionen des 3. Aktes von C. „Central⸗Europa“ wehen bei trüber Witterung meist 19l zn C. schwache nördliche bis westliche Winde. In Deutsch⸗ A. Raida. eitung des Balletmeisters land at sich die Temperatur durchschnittlich wenig C. In vom Ober⸗Regisseur verändert, allenthalben, außer im westdeutschen W. Hock. Anfang r. Beizhnnenlande, berrscht Thauwetter, indessen dürfte

Wallner-Theater. Mittwoch: Zum 12. Male:

Miß Helyett. J Maxime Boucheron. Deutsch von Richard Genée. Musik von E. Audran. Anfang 7 ½ Uhr.

Donnerstag und folg. Tage: Miß Helyett.

Friedrich-Wilhelmstädtisches Theater.

haus. 41. Vorstellung Don Inan. Oper in Mittwoch: Mit neuer Ausstattung: Zum 20. Concert unter Mitwirkung der Con

Schauspielhaus. 47. Vorstellung. Der neue von Helmesberger jun. Dirigent: Kapellmeister Morgens 8 Uhr. Herr. Schauspiel in 7 Vorgängen von Ernst von Wolfheim. Ballet⸗Arrangement von der Ballet⸗ II. Liederabend von Lillian Sanderson, unter Mit⸗ Wildenbruch. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur meisterin Frl. Lilé und Hrn. 1 Fre. - Anfang 7 Uhr. Hierauf: Pariser Leben. Komische Ovperette in Opernhaus. 42. Vorstellung. 5 1“ g . üeegfüsch des, Herleee und

iarne. Große Oper in 4 Akten und einem Vor⸗ Halevy von Carl Treumann. usik von Jacques Z 8 1 2 bie von “] von Bronsart. Text von Offenbach. Regie: Hr. Binder. Am Landes⸗Ausstellungs⸗Park (Lehrrer Bahnhof). Hans von Bronsart und Friedrich Bodenstedt. Kapellmeister Federmann. Anfang 7 U Donnerstag: Meißner Porzellan.

48. Vorstellung. Der neue Pariser Leben.

von C. Zeller.

1 Akt von Benno Jacobson

Friquette.

Ein Freund der Frauen. 8 NNW 5 wolkig Freitag: 24. Abonnements⸗Vorstellung. Gold⸗

Zum 1. Male: Das Gnaden⸗ Carl Laufs. Anfang 7 ½ Uhr.

Adolph Ernst-Theater.

Thomas-Theater. Alte

Couplets von Alfred Bender. Emil Thomas. Anfang 7 ½ Uhr.

Vaudeville in 3 Akten von auf Reisen.

Freitag: Zum 1. Male: Der Vogelhändler. Operette in 3 Akten von Held und West. Musik

8 Residenz-Theater. Direktion: Sigmund Lauten⸗ Ehrbare Mädchen. Vorher: burg. Mittwoch: Zum 40. Male: Der selige Tou⸗ pinel (Feu Toupinel). Schwank in 3 Akten Deutsch von Gustav von

Vorber zum 40. Male: Friquette. Schwank in In Scene gesetzt Berliner Theater. Mittwoch: Wehe den von Sigmund Lautenburg. Anfang 7 ½ Uhr. Altona)

Donnerstag: Der selige Toupinel. Vorher: Verehelicht: Hr. Ger⸗Assessor Karl Berger mit

Belle-Alliance-Theater. Mittwoch: Ensemble⸗ Gastspiel von Mitaliedern des Wallner⸗Theaters.

Mittwoch: Die Ehre. Zum 7. Male: Pension Schöller. Posse in 3 Akten nach einer W. Jacoby'schen Idee von

Donnerstag und folg. Tage: Pension Schöller.

Mittwoch: Zum

Jakobstraße 30. Mittwoch: Zum 16. Male: Der Registrator auf Reisen. Posse mit Gesang von A. L' Arronge, G. von Moser und G. Steffens. Bial. In Scene gesetzt von A. Kurz. Die neuen

Cäsar Wichtig: Berlin:

Donnerstag und folgende Tage: Der Registrator

Bremerhaven, 16. Februar. Laut Lootsenbericht kollidirten heute früh in der Nähe von Norderney zwei Dampfer, von denen der cine sofort sank, während der andere, anscheinend unbeschädigt geblieben, die Passagiere des ersteren rettete und sodann die Reise

seewärts fortsetzte. Die Namen beider Dampfer sind bis jetzt noch unbekannt. G

London, 16. Februar. Dem Vernehmen des „W. T. B.“ nach soll gegen den des Frauenmordes in Whitechapel ver⸗ dächtigten Thomas Saddler formelle Anklage wegen Mordes erhoben werden. In seinem Besitz wurde ein großes zur Verübung der That geeignetes Messer gefunden, auch sind noch weitere schwer belastende Umstände ermittelt worden. Heute wurde Saddler dem Richter vor⸗ geführt. Nach Erledigung der gesetzlichen Formalitäten wurde die Verhandlung gegen ihn auf acht Tage vertagt. 1““ 8

Nach hier eingegangenen Nach⸗ richten erfolgte unweit bei starkem Schneetreiben ein Zusammenstoß einer smaschine mit einem Lastzuge, wober ein Eisenbahnbeamter getödtet und fünf andere Bahnbeamte verletzt wurden.

Washington, 12. Februar. Eine schreckliche Katastrophe hat, laut jetzt vorliegenden Postnachrichten, am 20. Dezember die Stadt Cordova in Argentinien heimgesucht. Durch den plötzlichen Bruch eines Kanals ergossen sich ungeheure Wassermassen über die Stadt, deren nichtsahnende Bewohner sich, da es Nacht war, in tiefem Schlummer befanden. Die Polizei feuerte Gewehrsalven ab, um die Schläfer zu wecken. Diese sprangen in dem Glauben auf, daß es sich um eine Revolution handle, lernten jedoch sehr bald ihren Irrthum einsehen, da das Wasser in den Straßen immer höher stieg und das Gas in den Laternen auslöschte. Die schrecklichsten Scenen trugen sich zu und lautes Jammergeschrei erfüllte die Straßen. Man schätzt die Zahl der ums Leben gekommenen Personen auf 150 und den durch den Bruch des Kanals entstandenen Schaden auf 3 000 000 Doll.

New⸗York. Aus New⸗York wird der „Mgdb. Ztg.“ gemeldet: Durch Berührung elektrischer Drähte mit entzündbaren Stoffen brach am Freitag Abend nach 10 Uhr im Erdgeschoß des hiesigen Generalpostamts Feuer aus, während ein starkes Personal die mit dem Dampfer „Celtic“ aus Europa angekommenen Poststücke sortiree. Der Brand ward noch vor WMitternacht gelöscht. Die Briefe blieben unversehrt, aber fast alle Zeitungssendungen wurden verbrannt oder beschädigt; mehrere Zeitungsiungen erlitten Brand⸗ wunden.

Lemberg, 17.

Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.

Brüssel, 17, Februar. (W. T. B.) In den letzten Tagen haben in belgischen Industrie⸗ und Arbeiter⸗ centren zahlreiche Arbeiter⸗Versammlungen statt⸗ gefunden, mit der Absicht, einen allgemeinen Strike zu organisiren, im Falle die Kammern die Revision der Verfassung verweigern sollten. Aus den Verhandlungen ergiebt sich, daß die Arbeiter entschlossen sind in den Strike einzutreten und einen Strikefonds gegründet haben. Der internationale Sozialisten⸗Kongreß wird am 18. August d. J. hier zusammentreten und seine Sitzungen über acht Tage erstrecken. Der Generalrath der belgischen Arbeiterpartei macht bekannt, daß er in einigen Tagen Einladungen in französischer, englischer und deutscher Sprache erlassen werde. Alle Länder Europas sowie die Ver⸗ einigten Staaten werden Delegirte zu dem Kongreß schicken.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten 8 Beilage.)

Sing-Akademie. Mittwoch Abends 7 ½ Uhr:

L. Gundlach. wirkung der Klaviervirtuosin Frl. Emma Koch.

rania, Anstalt für volksthümliche Naturkunde.

Dirigent: Hr.

hr. Geöffnet von 12 11 Ubr. Täaglich Vorstellung im

Hierauf: ven ekt ghes Theater. Näheres die Anschlag⸗ zettel.

Familien⸗Nachrichten. Verlobt: Frl. Marie Pietschmann mit Hrn. Sec. Lieut. Wulckow (Pankow— Berlin). Frl. Marie Nimé mit Hrn Max Krause (Berlin Kiel). Frl. Käthchen Praeger mit Hrn. Dr. med. Max Opitz (Leipzig Chemnitz). Frl. Martha Klee⸗ mann mit Hrn Christian Först (Kiel Elmschen⸗ hagen). Frl. Helene le Bret mit Hrn. Dr. Leopold Rhode (Berlin). Frl Marie Plauich mit Hrn. Apotheker Alfred Haan (Chemnitz

Frl. Emilie Haack (Dortmund).

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Dr. med. M. Kittel (Franzensbad). Hrn. Dr. med Paul Lindner (Leipzig⸗Anger). Hrn. Felix van Erckelens (Xanten). Hrn. Friedrich von Nathusius (Ucho⸗ rowo b Obornik). Hrn. Avotheker R. Weiß (Bartenstein) Eine Tochter: Hrn. Land⸗ gerichts⸗Rath Mücklich (Chemnitz). Hrn. Stabsarzt Dr. Hobein (Stargard i. Pomm.). Hrn. Paul Friedrich (Leipzig).

Gestorben: Hr. Dr. med. Paul Schrmann (Reichenbach). Hr. Kgl. Landrath a D. Wil⸗ belm Frhr. von Rheinbaben (auf Fritschendorf b. Krossen a. O). Frau Magdalena Möller, geb. Kruse (Kiel). Frl. Frieda von dem Borne (Küstrin). Hr Dr. med J Traugott Kirsten Leipzig). Hrn. Baurath Schacht Tochter Mathilde (Oldenburg) Frau verw. Amalie Raap, geb. Weiland (Dornitz). Hrn. Dr. H. Muͤller Sohn Kurt (Barmen) Hr. Oberst a. D. Gustav Arendt (Breslau).

Musik von R.

Gesangsposse

Redacteur: Dr. H. Klee, Direktor.

Verlag der Expedition (Scholz).

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagt⸗ Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.

8

2 Akten mit Tanz von Mozart. Text von Daponte. Male: Meißner Porzellan. Pant. Ballet in Jenny Nickelly.

Dirigent: Kapellmeister Sucher. Anfang 7 Uhr. 1 Akt nebst einem Vorspiel v. olinelli. Musik

Concert⸗Anzeigen. 8

Concert-Haus. Mittwoch: Carl Mevder⸗ certsängerin Frl. lichen Anzeigers (Kommanditgesellschaften anf

Acht Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage), und die Inhaltsangabe zu Nr. 6 des öffent⸗

Aktien und Aktiengesellschaften) für die Woche 4. Februar 1891.

vom 9. bis

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preuß

42.

Berlin, Dienstag, den 17. Februar

Deutscher Reichstag. 67. Sitzung vom 16 Februar, 1 Uhr.

Am Tische des Bundesraths: Der Staat

Dr. von Boetticher und der Staats⸗Minister Freiy Berlepsch. Eingegangen sind der Geschäftsbericht des Reichs⸗Ver⸗ sicherungsamts für das Jahr 1890 und das internationale Abkommen zwischen dem Deutschen Reich, Belgien, Frankreich, Italien, Luxemburg, Niederlande, Oestereich⸗Ungarn, zugleich für Lichtenstein, Rußland und die Schweiz, betr. den Eisen⸗ bahn⸗Frachtverkehr.

Darauf wird die Verhandlung über die Ausnahme⸗ bestimmungen bez. der Sonntagsruhe (§. 105 b der Gewerbeordnung) fortgesetzt. Es sollen nach dem Vorschlage der Kommission die bezüglichen Vorschriften keine Anwendung finden: 1) auf Arbeiten zur Beseitigung eines Nothstandes, zur Abwendung einer Gefahr oder in öffentlichem Interesse; 1a für einen Sonntag auf Arbeiten zur Durchführung einer gesetzlich vorgeschriebenen Inventur; 2) auf die Bewachung der Betriebsanlagen, auf Arbeiten zur Reinigung und Instand⸗ haltung resp. zur vollen Wiederaufnahme des vollen werkthätigen Betriebes; 3) auf Arbeiten zur Verhütung des Verderbens von Rohstoffen oder des Mißlingens von Arbeitserzeugnissen, endlich 4) auf die Beaufsichtigung des Betriebes für die hiernach zulässigen Sonntagsarbeiten. Die hierdurch betroffenen Gewerbetreibenden haben ein Verzeichniß anzulegen, aus welchem für jeden einzelnen Sonn⸗ oder Fest⸗ tag die Zahl der beschäftigten Arbeiter über Art und Dauer der Beschäftigung ersichtlich ist. Das Verzeichniß ist der Orts⸗ Polizeibehörde, auf Erfordern auch dem Aufsichtsbeamten der Polizeibehörde jeder Zeit vorzulegen. Bei Arbeiten, welche unter Ziffer 2 und 3 fallen, sollen die Arbeiter, sofern die Arbeiten länger als drei Stunden dauern, entweder jeden dritten Sonntag 36 oder jeden zweiten Sonntag 12 Stunden (von 6 Uhr Morgens bis 6 Uhr Abends) frei haben.

Zu diesen Kommissionsbeschlüssen liegen folgende Amen⸗ dements vor:

1) Der Abg. Auer und Genossen wollen in der Schluß⸗ bestimmung die Ruhezeit an jedem zweiten Sonntag auf 24 Stunden bemessen, und zwar soll sie spätestens 6 Uhr Morgens beginnen.

2) Die Abgg. Dr. Gutfleisch, Dr. Hartmann, Letocha, Möller und Freiherr von Stumm wollen das Wort „werkthätigen“ verwandeln in „werktägigen“.

3. Dieselben Abgeordneten ohne den Abg. Dr. Gut⸗ fleisch wollen dem §. 105 c folgenden Absatz hinzufügen:

Ausnahmen von den Schlußbestimmungen des §. 105 c darf

die untere Verwaltungsbehörde gestatten, wenn die Arbeiter am

Besuche des sonntäglichen Gottesdienstes nicht gehindert werden und ihnen an Stelle des Sonntags eine vierundzwanzigstündige Ruhe⸗ zeit an einem Wochentage gewährt wird.

4) Die Volkspartei (Hähnle und Genossen) will die Be⸗ stimmungen wegen des Verzeichnisses streichen. Abg. Bebel dagegen will eine Verpflichtung für die Arbeitgeber einführen, wonach das Verzeichniß am Schlusse jedes Monats dem betreffenden Aufsichtsbeamten in Abschrift mitzutheilen ist.

Endlich soll 5) nach einem Antrage der Abgg. Aich⸗ bichler, Biel und Dr. Orterer die Bestimmung, betreffend die längeren Ruhepausen, nicht nur dann gelten, wenn die betreffenden Arbeiten länger als drei Stunden dauern, sondern wenn sie die Arbeiter am Besuch des Gottesdienstes hindern. Die Verpflichtung zur Anlegung eines Verzeichnisses soll nur den Inhabern der als Fabriken im Sinne der Gewerbeordnung geltenden größeren Betriebe obliegen.

Abg. Dr. Orterer: Leider leiste dieses Gesetz dem Besuch des sonntäglichen Gottesdienstes nicht so weit Vorschub wie das öster⸗ reichische, welches an Sonn⸗ und Feiertagen den Hülfsarbeitern die nöthige Zeit gewährleiste, um den ihrer Konfession entsprechenden Verpflichtungen zum Besuch des Vormittagsgottesdienstes nachzukommen. Nur in der Bestimmung für die jugendlichen Arbeiter sei dieser Bestrebung in präziser Form in diesem Gesetz Vorschub geleistet. Der Antrag Hartmann⸗Letocha und Genossen er wisse nicht, warum der Abg. Dr. Gutfleisch dieser seiner Gruppe untreu ge⸗ worden sei sei seiner Partei aus dem Herzen genommen, urd sie werde für ihn stimmen. Das Brauereigewerbe füble sich sehr be⸗ schwert, unter diesen Paragraphen subsumirt zu werden. Die Interessenten meinten, daß die Bestimmung, wonach entweder an jedem zweiten Sonntag die Zeit von 6 Uhr früb bis 6 Uhr Abends freizugeben sei, oder auch eine 36 stündige Ruhepause eintr

ihren Betrieb außerordentlich beschwerlich sei. Es sei denn as ursprüngliche Plan der Regierungen, die Sonntagsruh

Sonntags auf 24 Stunden zu bemessen, mit Freude b

Gewiß würde eine solche Bestimmung namentlich für di

und mittleren Betriecbe durch den nothwendigen Wechsel des Pers

sehr empfindlich sein, zumal wenn auch das zur Instandbaltung des Betriebes zugerechnet werde. Aber die Besorgniß der Interessenten beruhe wohl auf einem Mißverständniß des Gesetzes. Sicherlich würden gewisse Theile des Brauerei⸗ und Brennereibetriebes nicht unter den §. 105 c und seine beengenden Bestimmungen fallen, sondern unter den §. 105 d, in welchem die Sonntagsarbeit gestattet sei bei den Betrieben, welche ihrer Natur nach auf bestimmte Jahreszeiten be⸗ schränkt seien, oder Unterbrechung und Aufschub nicht gestatteten. Vielleicht wäre es, den zweiten Sonntag anlangend, rationeller

und dem Betriebe entsprechender, wenn sämmtliche Arbeiter früh 3 bis 8 Uhr beschäftigt werden dürften, dann könnten sie ihrer Sonn⸗ tagspflicht nachkommen. Die Hauptfrage sei die Führung der Liste. Gewiß hätten die bureaukratischen Schreibereien, die jetzt überall in die Gesetze eindrängen, die heftigste Antipathie der davon Betroffenen erregt, und die Ausführungen des Abg. Payer hätten nicht bloß sehr volksparteilich, sondern auch sehr volksthümlich geklungen. Aber man solle das Erreichbare im Auge behalten und nicht über das Ziel hinausschießen. Die ratio legis gehe mit Recht dahin, den gesetzlichen Bestimmungen auch Nachdruck zu verleihen durch die Kontrole und damit verknüpfte Strafandrohung. Andererseits aber müsse das Mittel im Ver⸗ hältniß zum Zweck stehen, nicht größer sein als der Zweck. Die Erfindung der Verzeichnisse für alle Gewerbetreibenden gehöre der allerneuesten Zeit an. Eine solche Bestimmung finde sich weder im österreichischen Gesetz noch in den früheren Anträgen, auch nicht in den sozialdemokratischen. Dem Abg. Bebel genügten aber nicht einmal die Kommissionsbeschlüsse, er scheine jetzt entgegen seinen früheren An⸗ schauungen die Hülfe der Polizei als entschiedenen Fortschritt zu be⸗ grüßen. Er (Redner) könne das ebenso wenig zugeben, wie daß durch die Streichung des Verzeichnisses das ganze Arbeiterschutzgesetz in diesem Punkt in Frage gestellt würde. Die Sozialdemokraten übertrieben hier

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und wollten nur mit dem Auf⸗die⸗Finger⸗Sehen bei dem kleinen Hand⸗ werk ihre Nebentendenzen verfolgen. Für die kleinen und mittleren Betriebe sei die Führung solcher Listen ungemein lästig, schwer durch⸗ zuführen und führe zur Selbstanklage des Handwerkers. Anders liege die Sache bei den großen Betrieben. Da fehle es nicht an dem Schreiber⸗ personal zur Listenführung. Die Grenze von 20 Arbeitern könne willkürlich gezogen erscheinen, und eine mechanische Grenze sei hier ja eigentlich nicht zu ziehen. Aber das vorliegende Gesetz habe einmal diese Distinktion, wenn auch auf anderen Gebieten. Jedenfalls müsse Klein⸗ und Großbetrieb auseinander gehalten werden. Vielleicht finde Jemand eine bessere Formulirung dieses Gedankens. Ganz un⸗ annehmbar aber sei der Antrag Bebel. Kenne er denn die that⸗ sächlichen Verhältnisse so wenig, daß er die unerhörten Be⸗ lästignungen durch abschriftliche Vorlegung der Listen in verhältniß⸗ mäßig kurzen Zeiträumen an den aufsichtführenden Beamten nicht erkenne? Er (Redner) bhätte gerade von dem Abg. Bebel am Wenigsten erwartet, daß er gegenüber den kleinen Leuten nach der Polizei rufe. Mit solchen arbeiterfreundlichen Vorschlägen die kleinen Handwerker seien auch Arbeiter bringe man das Verständniß der sozialdemokratischen Bestrebungen in weitere Kreise niemals. In dem sozialdemokratischen Idealstaate würden freilich Alle sich einer solchen Kontrole unterwerfen müssen. So lange man aber in den praktischen Verhältnissen der Gegenwart stehe, möge man die Ge⸗ werbetreibenden mit solchen Plackereien verschonen! 8 Staats⸗Minister Freiherr von Berlepscht Meine Herren! Auch ich habe den Eindruck, den der Herr Vor⸗

redner soeben angedeutet hat, daß die so glücklich gefaßten Ausfüh⸗ rungen des Herrn Abgeordneten Payxer im Hause Stimmung für seinen Antrag gemacht haben. Er ist der Meinung gewesen, daß mit An⸗ nahme seines Antrages ein großes Stück unnöthigen Schreibwerks aus der Welt geschafft würde, das keinen praktischen Erfolg, dagegen eine große Menge von Belästigungen mit sich führen wird, und es ist ganz begreiflich, daß er in diesem Falle die Zustimmung aller derjenigen findet, die gewiß mit vollem Rechte Feinde allen unnöthigen Schreib⸗ werks sind. Meine Herren, meiner Auffassung nach handelt es sich in diesem Falle nicht um unnöthiges Schreibwerk; die Frage muß so gestellt werden: Ist überhaupt für den §. 105 c eine Kontrole nöthig oder nicht? Das ist die prinzipale Frage, die meines Erachtens in den Ausführungen des Herrn Abgeordneten Payer vorgestern nicht die nöthige Würdigung gefunden hat. Ich kann diese Frage nicht anders brantworten, als daß eine solche Kontrole ganz unerläßlich nothwendig ist, wollen Sie nicht einen ganz erheblichen Einbruch in die Bestim⸗ mungen über die Aufrechterhaltung der Sonntagsruhe machen. Ich möchte Sie doch bitten, sich das System zu vergegenwärtigen, von dem das Gesetz in dieser Beziehung ausgeht. Wir haben zunächst eine Reihe von Bestimmungen im §. 105 c, nach denen Kraft des Gesetzes die Arbeit am Sonntage zulässig sein soll, dann die Bestim⸗ mung, die dem Bundesrath die allgemeine Befugniß giebt, generelle Ausnahmen für die Sonntagsruhe zuzulassen; dann haben wir Aus⸗ nahmebefugnisse der oberen Verwaltungsbehörden für bestimmte Bezirke und unter bestimmten Voraussetzungen, und endlich solche der örtlichen unteren Verwaltungsbehörden, die in enger be⸗ grenzten Fällen für das einzelne Gewerbe Ausnahmen zulassen können. Wenn Sie die Kontrole aus dem §. 105c streichen, so verweisen Sie die hier Kraft Gesetz gegebene Befugniß, das ist für mich unzweifelhaft, in das Gebiet der polizeilichen Genehmigung, sonst ist die ganze Sacke nicht aufrecht zu erhalten. Ich hoffe, wenn Sie sich die einzelnin Nummera des §. 105 c ansehen werden, so wird es Ihnen klar werden, welche weitgehenden Befugnisse darin gegeben sind, und daß bei Beseitigung der Kontrol⸗Vorschriften in der That ein völliger Einbruch in das Gebiet der Sonntagsruhe sehr leicht vor⸗ kommen kann. In Nr. 1 schon

Arbeiten, welche zur Beseitigung eines Nothstand

wendung einer Gefahr oder im öffentlichen Inte

vorgenommen werden müssen, ist eine weitere oder engere Interpretation möglich, noch viel mehr aber ist dies bei Nr. 2 der Fall. Hier bandelt sich um Arbeiten zur Reinigung und Instandhaltung, durch welche der regelmäßige Fortgang des eigenen oder eines fremden Betriebes bedingt ist, sowie um Ar⸗ beiten, von welchen die Wiederaufnahme des vollen werktäglichen Be⸗ triebes abhängig ist.

Meine Herren, das ist eine Bestimmung, die sich ungemein weit ausdehnen läßt, und wenn da nicht kontrolirt wird, ob das wirklich Gemeinte auch eingehalten wird, so ist die unausbleibliche Folge, daß eine große Anzahl von Arbeiten an Sonntagen vorgenommen wird, die wir gar nicht oder nur nach polizeilicher Genehmigung zugelassen wissen wollen.

Dazu kommt der letzte Satz der Nr. 2: sofern nicht diese Arbeiten an Werktagen vorgenommen werden können.

Da, meine Herren, wird die Behauptung unzählige Male auftauchen, daß diese Arbeiten nicht an Werktagen vorgenommen werden können, und es ist Aufgabe der Kontrolbehörden, derjenigen Behörden, die die an Ort und Stelle vorgeschriebenen Verzeichnisse einzusehen haben, fest⸗ zustellen, ob es sich wirklich um Arbeiten handelt, die nicht nur aus Gewohnheit oder aus Gewinnsucht an Sonntagen vorgenommen werden, die nicht auch an Werktagen vorgenommen werden können. Ich kann die Frage durchaus nicht für so einfach ansehen, wie sie von den Herren hier angesehen worden ist, und ich möchte doch dringend bitten, den Antrag, den der Hr. Abg. Haenle gestellt hat, nicht an⸗ zunehmen.

Nun sagte der Hr. Abg. Biehl in seinen Ausführungen vom vor⸗ gestrigen Tage: der beste Controleur wird der Arbeiter selbst sein. Ja, meine Herren, wenn Sie von diesem Grundsatze überhaupt aus⸗ gehen, dann schwindet die Nothwendigkeit von Kontrolmaßregeln über⸗ haupt mehr oder weniger. Dann entsteht sogar die Frage: Brauchen wir denn das Institut der Fabrikinspektoren noch, wenn der Arbeiter selbst der beste Controleur ist? Der Arbeiter kann nicht der nöthige Controleur in dieser Frage sein, selbst wenn er die Anzeige erstatten wollte, was durchaus nicht immer der Fall ist. Er kann es nicht sein, weil er nicht immer in der Lage ist, zu beurtheilen, ob es sich nicht um eine Arbeit handelt, die möglicher Weise an einem Wochentage hätte vorgenommen

s oder zur Ab⸗ esse unverzüglich

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werden können. Also ich komme darau erläßlich nothwendig, und da fragt es zeichniß, was hier verlangt wird, oder Genehmigung? Und da kann ich keinen Augenblick zweifelhaft sein, daß die Führung eines Verzeichnisses, was ja gar nicht so beschwerlich ist, wie es geschildert wird, meiner Ansicht nach erheblich leichter als die Einholung der polizeilichen Genehmigung ist. Was wird hier verlangt? In diesem Verzeichniß hat, ich will mal sagen, zu stehen: Sonntag den so und so vielten 10 Mann 3 Stunden bei der Repa⸗ ratur eines Achsenbruchs beschäftigt. Das ist Alles. Man kann doch nicht behaupten, daß das eine übermäßige Belastung des Arbeitgebers ist. Und sollten im Handwerksbetriebe Arbeiten der im §. 105 - be- nannten Art vorkommen, was selten der Fall sein wird, so gehen diese kleinen Belästigungen weder über die Kraft noch über das Ver ständniß des Handwerkers hinaus; und ich bin überzeugt, daß sie ihm nicht annähernd so viel Mühe machen werden, als wenn er genöthigt ist, sich an die Polizei zu we . Das ist auch nicht so einfach wie Sie sich denken. unächst wird eine mündliche Anzeige nicht genügen, sondern eine schriftliche Eingabe nöthig sein, und in dieser schriftlichen Emgabe wird dargestellt werden ssen,

um eine Arbeit handelt, die nothwendig ist zur Forts

igen Betriebes und daß diese Arbeit nicht an ei age vorgenommen werden kann. Es wird passiren,

rde sagt: die Auseinandersetzung genügt nicht, es muß näher

daß diese Arbeit wirklich nicht an einem Wochen⸗

genommen werden kann. Ich bin ganz davon überzeugt, wenn

2— die polizeiliche Genehmigung an Stelle des Verzeichnisses an⸗

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nehmen, so setzen Sie eine hundertfache Belästigung gegenübe Vorschlage der Vorlage für das Handwerk fest. Ich bitte Si dringend, den Antrag Haehnle abzulehnen.

Ich kann mich auch nicht für den Antrag Aichb nossen aussprechen, die Kontrolmaßregel lediglich auf di zu beschränken. Ich könnte mich zunächst auf das stützen und sagen: wenn der Arbeiter die Kontrole Großbetrieb noch mehr unter Kontrole gestellt, wie der Klei weil er hundertmal mehr Arbeiter hat. Ich halte aber ü diese Kontrole, wie ich ausgeführt habe, nicht für ausreichend. da muß ich mich fragen: ist es thatsächlich richtig, daß die Neigung zur Uebertretung dieser Bestimmungen im Großbetriebe mehr handen ist als im Kleinbetriebe? Ich bezweifle das. Nach meiner Kenntniß der Verhältnisse wird die Neigung, den Sonntag auszu⸗ nutzen, im Kleinbetriebe viel größer sein als im Großbettis richtig! links), da die ganzen Einrichtungen in letzterem viel so

tane Gewinne zu sehen hat, wie der Kleinindustrielle. Und es ist nicht bloß das Handwerk in Frage, sondern eine ganze Reihe von Fabriken, nämlich die, welche 20 und weniger Arbeiter be⸗

..

nämlich alle die, die sich damit beschäftigen, in fremden Fabriken Reparaturen herzustellen.

Der Hr. Abg. Orterer hat die Frage aufgeworfen, ob Brauereien unter die Bestimmungen des §. 105 d fallen. kam man meines Erachtens gar nicht zweifelhaft sein, daß die . nahmebefugniß des Bundesraths sich auch auf Brauereien erstreckt. Wie alle Betriebe, fallen auch die Branereien sowohl unter §. 105 c wie 105 d. In der Heimath des Hrn. Abg. Orterer, wo das Bier zu den täglichen Bedürfnissen der Bevölkerung gehören soll, würden sie wohl auch unter §. 105 d fallen. Also für mich ist es keinen Augenblick zweifelhaft, daß der Bundesrath befugt ist, allgemeine Vorschriften zu erlassen über die beim Brauereigewerbe zulässigen Ausnahmen. Der §. 105 c enthält für die Brauereien auch nur diejenigen Ausnahmen, die kraft des Gesetzes zulässig sind, und für diese muß der Brauer meines Erachtens, wie jeder Andere, sich die Kontrole ge fallen lassen.

Ich habe dann nur noch eine karze Bemerkung zu den Aus⸗ führungen zu machen, die der Abg. Bebel am Sonnabend züglich des Bäckereigewerbes gemacht hat. Ich bin der Meinung, ß diese Ausführungen eigentlich nicht zu diesem Paragraphen gehört tten, sondern zu dem §. 105 e, wo es sich um Ausnahmen für die⸗ nigen Gewerbe handelt, die zur Befriedigung täglicher Bedürfnisse dienen. Für das Bäckereigewerbe gilt der §. 105 b und also die Ruhe 8 von Sonnabends Nachts 12 Uhr bis Sonntags Nachts 12 Uhr. Die Ausnahmen von dieser Vorschrift sind nach §. 105 c der oberen Ver-. waltungsbehörde zugeschrieben, und die hat es völlig in der Hand, ob sie Ausnahmen von dieser Bestimmung zulassen will; sie hat es in der Hand, ob sie die einschränkenden Bestimmungen des letzten Ab satzes des §. 105 c einhalten oder ob sie in ihren Beschränkungen noch weiter gehen will. Und ich halte das durchaus nicht für unmöglich, daß die oberen Verwaltungsbehörden dazu gelangen, das Backen in der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag nicht zuzulassen. 8 Ich würde das für eine durchaus nicht unzulässige Maßregel halten mit Rücksicht darauf, daß wir heute schon eine ganze Reihe großer Städte haben, in denen des Nachts von Sonnabend zu Sonntag nicht gebacken wird. Zu den Beispielen, die uns gestern aufgezählt worden sind, füge ich noch die Städte Elberfeld und Barmen hinzu, wo langjährige Gewohnheiten dazu geführt haben, dem frischen Weißbrod am Sonntag Morgen zu entsagen. Das frische Brod am Sonntag Morgen ist ja auferordentlich angenehm; ich mache aber darauf aufmerksam, daß ein großer Theil unserer ländlichen Bevölkerung dasselbe entbehren muß, und was diese kann, werden Andere auch können. Hiernach ist es nicht ausgeschlossen, daß die oberen Ver⸗ waltungsbehörden für das Backen in der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag von der Ausnahmebefugniß keinen Gebrauch machen, und ich glaube auch nicht, daß die Bäcker Veranlassung haben werden, sich darüber zu beschweren, sobald das Verbot in dem betreffenden Ver⸗

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