1891 / 42 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 17 Feb 1891 18:00:01 GMT) scan diff

Hr. Abg. Bebel ist bei seinen Ausführungen dann noch auf die traurigen Verhältnisse der Bäckerlehrlinge und „Gesellen überhaupt eingegangen. Ich kann mich darauf beziehen, daß ich in der Kom⸗ mission bereits bemerkt habe, daß mir das nicht unbekannt sei, und daß ich die Nothwendigkeit anerkenne, auch in dieser Beziehung vor⸗ zugeben. Es wäre billig gewesen, daß Hr. Abg. Bebel unter seinen Ausführungen auch das und außerdem erwähnt hätte, daß das Gesetz, wie es hier vorgelegt ist, bereits eine ganze Reihe von Mitteln an die Hand giebt, um den beregten Mißständen entgegenzutreten.

Zunächst kommt §. 120 e Abs. 3 in Betracht, wonach dem Bundes⸗ rath die Befugniß gegeben ist, in denjenigen Betrieben, wo durch übermäßige Ausdehnung der Arbeitszeit die Gesundheit der Arbeiter gefährdet wird, Einschränkungen eintreten zu lassen. Ich mache ferner darauf aufmerksam, daß für diejenigen Bäckereien, die mit Dampf be⸗ trieben werden, der §. 154 Abs. 3 in Anwendung kommt, nach dem die Bestimmungen zum Schutz der Kinder, Jugendlichen und Frauen auf diese Werkstätten ohne Weiteres Anwendung finden. Ich mache endlich darauf aufmerksam, daß nach §. 154 Abs. 4 durch Kaiserliche Verordnung die Bestimmungen zum Schutze der Jugendlichen, Kinder und Frauen auf alle Werkstätten, auch auf diejenigen, die nicht mit Dampf oder elementarer Kraft betrieben werden, ausgedehnt werden können, sodaß, wenn die jetzige Vorlage zur Annahme kommt, die Arbeit der Kinder, der jugendlichen Arbeiter und der Frauen im Bäckereigewerbe vollen Schutz findet. Ich glaube, Hr. Bebel hätte wohl Veranlassung gehabt, an⸗ zuerkennen, daß in der Vorlage den vorhandenen Mißständen bereits in sehr erheblicher Weise entgegengewirkt wird. (Bravo! rechts.)

Abg. Dr. Gutfleisch: Den Antrag, wonach statt des arbeitsfreien dritten Sonntags eine 24stündige Rube an einem Wochentage solle eintreten können, habe er aus folgenden Gründen nicht unterschrieber : Erstens wünsche er die schon sehr große Zahl von Ausnahmebestim⸗ mungen nicht noch zu vermehren, dann sehe kein Bedürfniß dafür vorhanden, die Sonntagsruhe noch durch polizeiliche Maß⸗ regeln zu kürzen; müßte statt des dritten Sonntags für die nach §. 105 c beschäftigten Arbeiter jeder zweite Sonntag frei bleiben, so hätte sich über seine Ersetzung durch die Ruhe an einem Wochentag eher reden lassen. Ferner sei diese Ersetzung nicht limitirt, und es stehe zu befürchten, daß von dieser Befugniß ein übermäßiger Ge⸗ brauch gemacht werde; in der That aber sei die Ruhe am Wochen⸗ tage der am Sonntag nicht gleichwerthig. Ferner würde die Be⸗ stimmung, von der er rede, nicht nur auf die verhältnißmäßig wenigen Betriebe Anwendung finden, in denen Ausnahmen von der Sonntagsruhe nach §. 105c einträten, soandern auch auf die sehr zahl⸗ reichen, bei denen solche Ausnahmen nach §. 105 d und 105 e auf Beschluß des Bundesraths und auf Verfügung der höheren Verwaltungsbehörde vorkämen. Auch gegen den Antrag Hähnle müsse er sich erklären; man müsse Kontrolen dafür haben, daß die Ausnahmen von der Sonntags⸗ ruhe nicht überhand nähmen. Für die Kleinbetriebe werde diese Kon⸗ trole noch nöthiger sein, als für das Großgewerbe. Das Schreib⸗ werk, das diese Kontrolen den Arbeitgebern bereiteten, sei ja bedauer⸗ lich, aber da das Gewerberecht mehr und mehr öffentliches Recht werde, sei das unvermeidlich und auch verhältnißmäßig irrelevant im Vergleich zu dem Vortheil, den das Schreibwerk bringe, das übrigens für die Arbeitgeber neben den vielen Schreibereien in Folge der vor⸗ geschriebenen Buchführung nicht von Belang sei.

Abg. Freiherr von Stumm: Verminderung der Schreibarbeit ließe sich bei vielen anderen Bestimmungen dieses Gesetzes besser rechtfertigen. Hier solle eine Art Selbstverwaltung der Arbeitgeber eingeführt werden, und dazu bedürfe es strenger Kontrolen; die Lohn⸗ rechnungen reichten hierzu nicht aus, weil aus ihnen nicht er⸗ sichtlich sei, wie viel Stunden die Sonntagsarbeit gedauert und ob sie nicht während der Stunden des Gottesdienstes stattgefunden habe. Die hier geforderten Nachweise lägen nicht nur im Interesse der Arbeiter, sondern weit mehr noch in dem der Arbeitgeber; sie seien übrigens nicht mit viel Mühbe oder Umständen verbunden. Für Großbetriebe werde

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Arbeit größer werden, aber jeder gewissenhafte Besitzer eines Betriebes werde auch ohne gesetzlichen Zwang folche Listen

ühren, ja er werde sie noch genauer aufstellen, als hier verlangt werde, mit Angabe der Namen der Arbeiter und dergl. Er habe

eit Jahren solche Nachweise eingeführt, aber trotzdem der Betriebs⸗ beamte, der diese Listen zu prüfen habe, eine unabhängige Stellung einnehme, finde er (Redner) bei Revisionen doch immer Versti

seine Verordnungen über Sonntagsruhe, ein Beweis, n.

solche Kontrolen seien. In den Strafbestimmungen die werde die Verantwortlichkeit für die Durchführunz sei mungen nicht den Besitzern, sondern den Betrichsleiter um so mehr seien scharfe Kontrolbestimmungen nöthig.

zeiliche Anmeldung sei der Listenführung nicht vorzuziehen, ja

diese in Fällen, wo sich während der Arbeit herausste ß dazu mehr Arbeiter nöthig seien, als man vorher geglaubt habe und sich polizeilich habe genehmigen lassen, nicht ersetzen. Daß in kleinen Betrieben die Kontrole nöthiger sei, als in großen, beweise schon die Statistik, welche ergebe, daß in Kleinbetrieben häufiger Uebertretungen der Vorschriften über die Sonntagsruhe vorkämen. Was das Brauereigewerbe anbelange, so müsse, glaube er, auch auf dies der ganze §. 105 c Anwendung finden. Der Antrag Bebel schieße weit über sein Ziel binaus, ohne seinen Zweck zu erreichen. Er (Redner) empfehle den Antrag Hartmann, wonach auch bei Aus⸗ nahmen von der Sonntagseuhe den Arbeitern Gelegenheit gegeben wer⸗ den müsse, einem Gottesdienst beizuwohnen freilich brauche es nicht der allgemeine, öffentliche Gottesdienst zu sein, sondern es ge⸗ nüge, wenn für diese Arbeiter ein besonderer eingerichtet werde; im Uebrigen bitte er, unter Ablehnung aller übrigen Anträge lediglich den Kommissionsbeschlüssen beizutreten.

Abg. Dr Buhl: Eine wirksame Kontrole Man könne dem Arbeitgeber nicht zumuthen, für

vorzunehmenden Arbeiten erst die polizeiliche Genehmigung einzuholen. Zu einer möglichsten Erleichterung an anderen Stellen des Gesetzes sei seine Partei gern bereit, hier könne sie sie nicht eintreten lassen. Dagegen wolle er mit dem Antreg Hartmann in gewisten 8. eventuell einen freien Tag in der Woche garantiren Man möge sic büten vor engherzigen Bestrebungen, man möge den wirklichen Bedürf⸗ 22

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e nissen des praktischen Lebens nachgehen, sonst werde man mehr schaden als nützen. Für gewisse Gewerbe sei der freie Tag in der Woche sicherlich ein Ersatz für die verlorene Sonntagkruhe, 1. B. für das Verkehrs⸗ und das Schankgewerbe, in welchen gerade am Sonntag am Meisten gearbeitet werden müsse. Im Interesse des praktischen Bedürfnisses bitte er, dem Antrage Hartmann zuzustimmen.

Abg. Payer: Dieses Verzeichniß als den Angelpunkt des ganzen Gesetzes dezeichnen, ohne welchen es das Druckpapier nicht werth sei, keiße doch des Guten zu viel thun. Er meine auch nicht, daß nach Annahme seines Antrages alle nach dem Gesetz gestatteten Arbeiten der ausdrücklichen polizeilichen Genehmigung nnterliegen würden. Sobald das Gesetz in Kraft trete, werde sich zweifellos berausstellen, in welchen Fällen Arbeiten erlaubt und nicht erlaubt seien. Die Praxis und die Verfügungen der Behörden würden es bald dahin bringen, daß kein Arbeitgeber in Zweifel darüber sein könne, ob eine Arbeit erlaubt sei oder nicht. Eine Kontrole sei ja nöthig, aber die hier vorgeschlagene stehe in keinem Verhältniß zu dem, was sie erreichen solle und könne. Eine Kontrole liege schon in der Strafe bis zu 600 für den, der verbotswidrig Arbeiten am Sonntag

vornehme. Er gebe zu, daß die Selbstkontrole des Arbeiters und noch mehr des Arbeitgebers ein werthvolles Kontrolmittel nicht sei, aber die vorgeschlagene Kontrolmaßregel werde eine praktische Wirk⸗ amkeit nicht haben. Während der Staats⸗Minister Freiherr von Berlepsch und der Abg. Bebel hier in eigenthümlicher Harmonie zu⸗ sammengingen, differirten sie bezüglich der praklischen Seiten dieser Kontrole. Während der Staats⸗Minister sie für genügend halte, sage der Abg. Bebel, diese Kontrole sei keinen Schuß Pulver werth, wenn die

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Listen nicht alle Monate eingereicht würden. Nach der Auffassung des Abg. Freiherrn von Stumm müßte die Kontrole noch ganz anders eingerichtet werden; da sage man nicht einfach, wie der Staats⸗Minister Freiherr von Berlepsch: „Zehn Arbeiter drei Stunden Achsenbruch reparirt“, sondern müßte noch genau angeben: „Arbeiter A., Arbeiter B., Arbeiter C.“ u. s. w. Der Abg. Bebel habe gemeint, diese Kontrolmaßregel sei nur ein Nothbehelf. Gewiß, aber er sei zu theuer erkauft. Wenn man die Schreiberei nicht für so groß halte, so unterschätze man die Zahl derer, welche dadurch eine neue Aufgabe erhielten. Sein (des Redners) Beispiel von den Schustern und Schneidern sei zwar nicht glücklich gewählt gewesen, aber bei anderen Handwerkern, besonders bei Färbern und Gerbern, würden regelmäßig Sonntags nothwendige Arbeiten gemacht. Es werde eine ganze Reihe neuer Beamten als Revisoren nölhig sein, um nach dem Antrag Bebel die zahlreichen Listen allmonatlich zu revidiren. Er (Redner) habe eine gewisse Antipathie gegen solche Revisorenarbeit. Wenn nun Jemand sich bei dem Fabrikinspektor einmal nicht melde, weil er im letzten Monat keine Sonntagsarbeit habe ausführen lassen, so werde ihn der Fabrikinspektor zur Ein⸗ reichung der Liste auffordern, und so werde es dahin kommen, daß Jeder am Ende des Monats gehorsamst zu melden habe, daß er Nichts zu melden habe. Der Abg. Bebel meine, seine Partei, die so schlecht von der Polizei behandelt sei, werde gewiß nicht die Polizei anrufen; ja, die politische Polizei rufe sie nicht an, wohl aber die Polizei, die den Gewerbebetrieb mehr beaufsichtigen könne, als seine (des Redners) Partei für nothwendig halte. Dringe der Polizei⸗ beamte in individuelle Verhältnisse ein, wo es den Sozialdemokraten passe, so heiße er nicht mehr Polizeidiener, sondern Herr Aufsichts⸗ beamter. (Heiterkeit.) Das sei der Unterschied zwischen den So⸗ zialdemokraten und Demokraten: Seine (des Redners) Partei wolle den Beamten möglichst beseitigt haben, während die Sozialdemo⸗ kraten ihn überall da, wo er ihnen nützen könne, wünschten. Den Vorwurf, daß die Volkspartei nicht mehr auf dem Boden ihres Programms stehe, weise er entschieden zurück. Gewiß habe sie den Arbeiterschutz auf ihrem Programm; das Ver⸗ langen nach Arbeiterschutz habe es schon zur Zeit gegeben, wo noch kein Sozialdemokrat auf der Welt gewesen sei, wo die Sozialdemokraten noch auf dem Boden des demokratischen Programms mit sder Volks⸗ partei gestanden hätten, allerdings mit sozialistischer Färbung. Heute seien sie Vertreter von Standesinteressen geworden und wollten der Volkspartei einen Vorwurf daraus machen, daß sie auf dem Stand⸗ punkt stehen geblieben sei, daß sie die Allgemeinheit zu vertreten habe und nicht die Interessen eines einzelnen Standes. Wenn man auch zum Eintreten für den Sonntagsschutz verpflichtet sei, so brauche man es doch nicht nach dem Rezept der Sozialdemokraten machen. Ebenso könnte man den Sozialdemokraten vorwerfen: Sie haben die Sonntagsruhe in Ihrem Programm und bringen doch einen Antrag ein, daß jede Arbeit von Sonnabend um 12 bis Sonntag um 12 Uhr verboten ist. Den Maximalarbeitstag habe seine Partei allerdings auch auf dem Programm, aber 1884 sei diese Forde⸗ rung dahin formulirt, daß sie nur durch internationale Vereinbarung erstrebt werden solle. G1“ 1

Abg. Dr. Hartmann: Durch das Verzeichniß würden die Unternehmer keineswegs zur Denunziation verleitet werden. Von einer übereifrigen Aufzeichnung würden die Ortspolizeibeamten von selbst den Unternehmer abbringen. Der Vorredner gebe zu, daß eine Kontrole bestehen müsse, schon der Unternehmer selbst wegen. Die Ortspoliztibehörden und Aufsichtsbehörden würden Mißzerständnisse berichtigen müssen, und schließlich liege die Kontrole ganz im Interesse der Arbeiter. Aber der Abg. Payer wolle die Kontrole in den Straf⸗ bestimmungen sehen. Solche seien doch aber keine Kontrole. Eine ungeheure Vielschreiberei werde durch die Forderung des Verzeichnisses nicht entstehen, da nur die Zahl der Arbeiter, die Art und Dauer der Arbeit notirt werden solle. Von Obrigkeits wegen her⸗ gestellte Formulare würden die Sache noch wesentlich vereinfachen. Selbst gegen Aufnahme der Namen der Arbeiter hätte er (Redner) nichts einzuwenden, allerdings aber seien diese schon aus den Lohnlisten ersichtlich. Schreiben könne doch heute wohl jeder Handwerksmeister und nöthigenfalls diktire er die kurze Notiz seinem Gesellen, seiner Frau oder seinem Sohne. Wenn die Ortsobrigkeit hier aushelfen sollte, würde der Meister noch viel mehr Mühe haben, er würde seine Arbeit verlassen, aufs Rathhaus gehen und warten müssen, bis er an die Reihe käme. Erspart würde aber an Schreiberei auch dann nichts, denn es müßten die Behörden die Sache machen und dem Handwerksmeister obenein noch eine Bescheinigung seiner Meldung geben. Die Kontrole solle auch sichern, daß die Arbeiter, welche am Sonntag beschäftigt worden seien, später einen freien Sonntag von mindestens 12 Stunden oder einen übernächsten Sonntag von 36 Stunden bekämen. Der Antrag Bebel gehe weit über die Vor⸗ lage hinaus, und der Antragsteller habe sich wohl auch die Konsequenzen nicht vergegenwärtigt. Der Aufsichtsbeamte oder Fabrikinspektor würde

namentlich mehrere Tausende von Bescheinigungen entgegenzunehmen

haben, sodaß der Beamte vollständig unter Pavpieren ersticken würde. Besser werde der Beamte das Etablissement selbst besuchen und sich an Ort und Stelle über die Einhaltung der Vorschriften informiren. Man möge also den Antrag Bebel wie den Antrag Aichbichler und Gen. ablehnen.

Abg. Bebel: Der Beifall, den die Rede des Abg. Payer ge⸗ habt habe, zeige ihm (dem Redner), daß er richtig die Unternehmer⸗ klasse vertrete, nicht aber die Interessen der Allgemeinheit. Aller⸗ dings vertrete seine (des Redners) Partei die einseitigen Interessen eines bestimmten Standes, der Arbeiterklasse. Bisher seien diese vernachlässigt worden, weil die Arbeiter eine rechtlose Klasse inner⸗ halb der bestehenden Gesellschaftsordnung gebildet hätten. Gerade des⸗ halb sei die Sozialdemokratie entstanden als ein politischer Ausdruck jener Interessen. Sie bekämpfe die bestehende Gesellschaftsordnung, während de vertheidige. Wolle man wirklich eine Sonntag dners) Partei nicht ab! Wie ein Jurist behaupten könne, daß Strafbestim⸗

1 l er Kontrole treten könnten, sei ihm schwer ver⸗ unte dieselbe Ansicht auch auf das Strafgesetz⸗ . den, und dieses würde dann vollstänrig die Ge⸗ ichte und den Staatsanwalt ersetzen können. Die Ausführungen des Abg. Payer zeigten ihm (dem Redner) nur seinen Bourgeoisstand⸗ punkt. Einen Normalarbeitstag nur unter der Bedingung inter⸗ nationaler Regelung einführen zu wollen, sei ein Rückschritt in der Partei des Abg. Payer und zeige, daß mehr und mehr die Bourgeoisinteressen zum Ausdruck kämen. Mehr und mehr hätten die Unternehmerklassen politische Interessen preis⸗ gegeben, um ihre sozialen zu retten. Wenn hier Aus⸗ nahmen von der Sonntagsruhe für gewisse Kategorien von rbeiten gemacht würden, so sei eine Kontrole unerläßlich. Das mache den Staat aber durchaus noch nicht zu einem Zuchthaus. Wenn das, was die; Sozialdemokratie wolle, wirklich ein allgemeines Zuchthaus oder Gefängniß wäre, ein Zustand der allgemeinen Unfreiheit, so würde die Gesellschaft wahrscheinlich nicht dreimal 24 Stunden einen solchen Zustand aufrecht erhalten wollen. (Sehr richtig! Große Heiterkeit) Die Mehrheit habe sich 20 Jahre lang gegen ein solches Gesetz gesträubt und trete jetzt voll dafür ein in Folge der zu⸗ nehmenden Macht der Sozialdemokratie. Daß die in der Vorlage vorgeschlagene Kontrole durchaus ungenügend sei, habe Niemand zu widerlegen vermocht. Bei der gegenwärtigen Organisation des Fabrikinspektorats würden die meisten Beamten erst nach Jahren in den betreffenden Bezirk kommen können, und das ganze Verzeichniß sei dann unnütz. Die Gemeindebehörden seien nicht sachverständig genug, um entscheiden zu können. Der von ihm vporgeschlagene Weg werde allerdings eine große Belastung der Unternehmer ent⸗ halten, aber er sei wirksam. Die Einführang eines Arbeitsamts würde das beste Mittel sein. Dieses würde ein Verzeichniß aufstellen, das die Befugnisse der Unternehmer wie der Arbeiter sachverständig regeln könnte. Die unteren Verwaltungsbehörden könnten hier nichts Wirksames ausrichten, was sich nach Einführung des Gesetzes zeigen werde. Er halte also seinen Antrag voll und ganz aufrecht. Auf das Allerentschiedenste müsse er sich gegen den Antrag Hartmann⸗Letocha und Genossen erklären. Die Bestimmungen

des §. 105 c reichten für den in Aussicht genommenen Zweck voll⸗ kommen aus, und es sei nicht nothwendig, weitere Ausnahmen zu machen. Die unteren Verwaltungsbehörden seien in den allermeisten Fällen gar nicht in der Lage, die Tragweite der an sie ge⸗ stellten Ansinnen schätzen zu können. Sie seien auch nicht immer unabhängig. Es gebe in Deutschland Bezirke, wo die industriellen „Könige“ einen sehr hoben Grad von Macht und Einfluß hätten nicht bloß auf ihre Arbeiter, sondern auch auf die Verwaltungs⸗ behörden, und diesen Einfluß fürchte er. Wenn wirklich, wie der Handels⸗Minister ausgeführt habe, die Bäckereiarbeiter unter den §. 105 d fielen, so wäre das für diese eine große Wohlthat. Er (Redner) möchte aber den Handels⸗Minister bitten, seinen Einfluß dafür einzusetzen, daß auch die Müller unter den⸗ selben Paragrapben fielen. Von 1162 Betrieben ließen nur 2 weniger als 12 Stunden arbeiten, 133 ließen volle 12 Stunden, 167 13—14, 143 15 16, 496 17 18, 123 19 20, 70 30 36 Stunden arbeiten. Diese Arbeiter verdienten einen ganz anderen Schutz, als ihnen dies Gesetz gewähre. Mit Unrecht werfe man den Sozialdemokraten vor, sie wollten den kleinen Gewerbetreibenden nur das Leben sauer machen. Es seien genug Leute auf diesen Bänken, welche selbst im Kleingewerbe thätig gewesen seien oder noch seien. Sie kennten deshalb die vorhandenen Uebelstände und fühlten sich verpflichtet, sie zur Sprache zu bringen, denn die große Mehrheit habe davon keine Ahnung. Die Meinungen über das, was am Sonntasg gearbeitet werden müsse, seien unter den Arbeitern und Arbeitgebern sehr getheilt, je nach dem Interessenstand⸗ punkt. In diesem Interessenstreit dürfe nicht die untere Verwaltungs⸗ behörde, sondern müsse der sachverständige aufsichtführende Beamte entscheiden. Es sei ihm aufgefallen, daß keiner der Redner auf die von ihm urgirte Ungleichheit eingegangen sei, nach welcher bei einer zwölfstündigen Ruhezeit am zweiten Sonntag die Arbeiter nur 312 Stunden im Jahre profitirten, während sie bei sechsunddreißig⸗ stündiger Ruhezeit an jedem dritten Sonntag 612 Stunden frei hätten. Diese Bestimmung werde dahin führen, daß man von der letzteren Befugniß so gut wie keinen Gebrauch machen werde. Durch diese Bestimmung würde eine große Unzufriedenheit unter den Ar⸗ beitern hervorgerufen werden. (Beifall bei den Sozialdemokraten.) Abg. Rösicke: Er müsse sich gegen den Antrag Hartmann aussprechen. Der Arbeiter schätze unbedingt die Sonntagsruhe höher als die Ruhe an einem Wochentage. Die einzelnen Betriebsunter⸗ nehmer müßten möglichst unabhängig von der Polizei gestellt werden. Für die Großindustrie sei der Antrag übe haupt ohne jede Bedeutung; für die kleinen Betriebe aber sei er um so mehr abzulehnen, weil man nie sicher sein könne, daß die Polizeibehörde auch stets mit gleichem Maße messen werde. Zwölf Stunden Ruhe an jedem zweiten Sonntag seien nicht genügend. Er würde dem Antrag Auer zustimmen, wenn er nicht auch auf die Betriebe Bezug hätte, welche unter §. 105 d fielen, weil die betreffenden Arbeiten ihrer Natur nach einen Aufschub oder eine Unterbrechung nicht gestatteten. Vielleicht ließe sich ein achtzehnstündiger Schichtwechsel durchführen. Die Furcht der kleineren Brauereien, namentlich in Süddeutschland, vor vermehrter Konkurrenz des Großbetriebes in Folge der bier zu treffenden Bestimmungen sei übertrieben; auch sie würden sich mit den neuen Bestimmungen vollständig einrichten können. Man fürchte, der Mälzereibetrieb könnte nicht fortgeführt werden ohne eine Ver⸗ stärkung der Arbeitskräfte. Seine Berussgenossen übersähen dabei, daß ihnen ja die Möglichkeit gegeben sei, statt dessen an jedem Sonntag jeden einzelnen Arbeiter 3 Stunden, und an jedem zweiten Sonntage den betreffenden Arbeiter mit Ausnahme nur 12 Stunden zu beschäftigen. Dabei könne man sich einrichten um so mehr, als ja das Personal im Mälzereibetrieb nur ein Viertel bis ein Drittel des gesammten Braupersonals ausmache. Nach diesem Gesetz werde eine ganze Menge von Gehülfen und Ar⸗ beitern zur Sonntagsarbeit nicht herangezogen. Diese würden eintreten können zur Ablösung der übrigen Arbeiter, denen eine zwölfstündige Ruhepause gewährt werden müsse. Es wäre ihm sehr angenehm, wenn die Vertreter der verbündeten Regierungen seine Auffassung bestätigten. Ag.218 9 el: Die Behauptung des Abg. Bebel, daß diese Voc⸗ age nur aus Furcht vor der sozialdemokratischen Gefahr eingebracht sei, sei mehr kühn als wahr. Seit Jahren seien Arbeiterschutz⸗ anträge hier verhandelt und hätten die Mehrheit des Hauses gefunden. Die Vorlage sei vor den Reichstag nur deshalb gekommen, weil die Regierungen die Ueberzeugung gewonnen, daß die große Majorität der Volksvertretung sie verlange. Den Antrag Hähnle bitte er (Redner) abzulehnen. Der Abg. Paver habe ihn neulich in geschickter und humorvoller Weise vertheidigt, aber die Farben des Gemäldes etwas stark aufgetragen. Die Arbeiterordnung müsse doch ausgehängt werden, und die Schreiberei sei nicht so groß, zumeist handle es sich um die Ausfüllung gedruckter Formulare Auch die Listenführung mache keine so große Mühe, sei aber zur Kontrole ab⸗ solut nothwendig. Einen Unterschied zwischen großen und kleinen Betrieben könne man nicht machen, man müsse gerxecht sein und die einen wie die anderen in das Gesetz hineinziehen. Dem Antrag Hart⸗ mann stimme er zu. Man müsse die Mböglichkeit gewähren, am Sonntag nothwendige Reparaturen vorzunehmen. In einer kleinen Fabrik sei oft nur ein einziger Schlosser, der Maschinenwärter. der eine Reparatur vorzunehmen im Stande sei. Es sei sehr schwer, einen anderen geeigneten Mann aufzuotreiben. Hundertmal leichter sei es, einen Maschinenschlosser aufzutreiben, der nach einer Zeichnung eine neue Maschine mache, als einen, der eine Reparatur schnell und auch gut vornehme. Werde der Antrag Hartmann nicht angenommen, so würden viele Betriebe am Montag nicht gehen können. Ebenso empfehle er den Antrag Aichbichler bezüglich des Gottesdienstes. Alle anderen Anträge bitte er abzulehnen. 1 3 Regierungs⸗Rath Dr Wilhelmi erwidert dem Abg Rösicke auf seine Anfrage, daß seine Ausführungen durchaus zutreffend seien. Nach einer kurzen Bemerkung des Abg. Freiherrn von Stumm wird die Diskussion geschlossen. 8 In der Abstimmung werden die Anträge Gutfleisch (Korrektur des Druckfehlers „werkthätige“ in „werktägige“), Aichbichler, (betreffend den Besuch des Gottesdienstes) und Hartmann bbetreffend die Gewährung von Ausnahmen durch die unteren Verwaltungsbehörden) angenommen, alle übrigen Anträge werden abgelehnt. b Um 5 Uhr wird die weitere Berathung auf Dienstag 1 Uhr vertagt.

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d „Centralblatts der Bauverwaltung“, ben im Ministerium der öffentlichen Ar⸗ folgenden Inhalt: Störungen des Eisenbahnbetriebes d Schnee und die Schutzmittel dagegen. Fensterschutz durch Schiebeläden Neuentdeckte Felsengrüfte in Kertsch. Fachwerk⸗ bauten im Werrathal. Mit Pferden gezogene Schneepflüge zum Räumen von Eisenbahnen. Erweiterung des preußischen Staats⸗ bahnnetzes und Anlage neuer Eisenbahnen untergeordneter Bedeutung. Vermischtes: Preisbewerbung bei der Königlichen Akademie der Künste in Berlin. Preisbewerbung um den Rostocker Museumsbau. Ausschreiben zur Erlangung von Entwürfen zu einem gußeisernen Brunnenstock. Internationale Kunstausstellung in Berlin. Wett⸗ bewerb zur Erlangung von Entwürfen für Pianinogehäuse. Dresdener Stadtbaurathsstelle für das Hochbauwesen. Inventarisation der geschichtlichen Kunstdenkmäler. Eine neue Schienenform.

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Entscheidungen des Reichsgerichts.

Der Ersteher eines subhastirten Grundstücks erwirbt, nach einem Urtheil des Reichsgeri⸗ ts, 4. Civilsenats, vom 22. November 1890, im Gebiete des preußischen Rechts, durch den Zuschlag das

Grundstück nur in dem Umfange, wie es in dem Vetsteige⸗ rungstermin zum Verkauf gestellt wird. Er erlangt also das Eigenthum an Substanztheilen oder Zubehörstücken, welche der Eigen⸗ thümer oder mit dessen Zustimmung ein Dritter von dem Grundstück vor dem gedachten Zeitpunkt fortgeschafft hat, regelmäßig durch den Zuschlag nicht, es sei denn, daß die durch die Abgabe des Gebotes acceptirten Versteigerungsbedingungen die Erklärung enthalten, daß der Ersteher die Rechte, welche der betreibende Gläubiger besitzt, er⸗ werben und ausüben soll.

„— Die im Artikel 146 Handelsgesetzbuchs bestimmte fünf⸗ jährige Verjährung der Klagen gegen einen Gesell⸗ schafter aus Ansprüchen gegen die Gesellschaft findet, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, III. Civilsenats, vom 28. November 1890, auf den Bürgen für eine Gesellschaftsschuld keine Anwendung, vielmehr bleibt der für eine Handelsgesellschaft eingetretene Bürge verpflichtet, selbst wenn die Gesellschaft als solche zu bestehen auf⸗ gehört hat und die Klage des Gläubigers gegen die ehemaligen Theil⸗ haber der Gesellschaft verjährt ist.

Statistik und Volkswirthschaft.

Kongreß deutscher Landwirthe.

Unter zahlreicher Betheiligung begannen heute Vormittag im großen Saale des Architektenhauses (Wilhelmstraße 92 und 93) die Verhandlungen des Kongresses deutscher Landwirthe. Der Vorsitzende Landrath Freiherr von Manteuffel (Krossen) eröffnete die Ver⸗ sammlung mit einer Ansprache über den Schutz, welchen die Land⸗ wirthschaft bei Sr. Majestät dem Kaiser und König finde, und brachte auch Allerhöchstdenselben ein Hoch aus, in welches die Versammelten begeistert einstimmten.

Der Vorsitzende theilte hierauf mit, daß er wie immer die Re⸗ gierungsbehörden zu der heutigen Versammlung eingeladen habe. Es seien bisher erschienen Regierungs⸗Rath von Moltke vom Kultus⸗ Ministerium und Geheimer Ober⸗Justiz⸗Rath Küntzel vom Justiz⸗ Ministerium. Alsdann wurden Landrath Freiherr von Manteuffel (Krossen) zum Ersten, Rittergutsbesitzer Abgeordner Dr. von Frege bei Leipzig) zum Zweiten und Rittergutsbesitzer Kopershagen in Ostpreußen) zum Dritten Vorsitzenden gewählt. Freiherr 8 Manteuffel Dbaen hierauf des Habinscheidens des früheren langjährigen Vorsitzenden des Kongresses deutscher Land⸗ wirthe, Rittergutsbesitzers, Oekonomie⸗Raths Schütze (Heindorf) und es und der Hoch⸗ 39

ersuchte die Anwesenden, sich zum Zeichen des Beilei achtung von ihren Plätzen zu erheben. (Dies geschah.)

Den ersten Gegenstand der Tagesordnung bildete: „Die Sozialdemokratie und die ländliche Bevölkerung“. Der Referent, Freigutsbesitzer Dr. Platzmann (Salda) befürwortete eine längere Resolution, in der er empfahl: „Um den Seitens der Sozialdemokratie geplanten Vorstoß in die landwirthschaftlichen Kreise möglichst abzuwehren, empfiehlt es sich:

1) alle Hebel in Bewegung zu setzen, um den landwirthschaftlichen Grundbesitz leistungsfähig zu erhalten, den Betrieb der Landwirtbs⸗ schaft selbst aber möglichst lohnend für Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu gestalten;

2) ist es allen landwirthschaftlichen Arbeitgebern dringend zu empfehlen, die Lage der in ihren Betrieben beschäftigten Arbeiter soweit als möglich materiell und sittlich zu bessern und zu heben, um adurch den Einfluß der scozialdemokratischen Lehren indirekt zu bekämpfen; es kann solches geschehen: a. durch Erstattung ausreichender gesunder Familienwohnungen, wo⸗ möglich kleines Haus mit Gartennutzung, kein Kasernensystem; b. durch Löhnung theils in Geld, theils in natura durch Ueberlassen des erforderlichen Brodgetreides, der Kartoffeln urd anderer noth⸗ wendiger Haushaltungsbedürfnisse zu Hofpreisen in guter Beschaffen⸗ heit; c. durch Einrichtung landwirtbschaftlicher Konsumvereine, um ihnen auch die nicht in der Landwirthschaft erzeugten Produkte (Materialwaaren) zu Engrospreisen in guter Waare erheblich wohlfeiler, als der Zwischenhandel dies vermag, zu liefern; d. durch Errichtung von Kleinkinderbewahranstalten, um die Frauen zu entlasten, die Verwendung ihrer Arbeitskraft im Haushalt und zum landwirthschaftlichen Erwerb zu unterstützen; e Stärkung der Autorität nicht nur der Arbeitgeber, sondern namentlich auch der Eltern und Lehrer gegenüber der jugendlichen Arbeiterbevölkerung auf dem Lande; Einrichtung von Jünglingsvereinen, Volksbibliotheken, Strickschulen für die Mädchen u. s. w.; f. durch einen möglichst humanen, direkten Verkehr zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer;

ist eine öftere Berufung zu öffentlichen Versammlungen in fern an Sonntag⸗Nachmittagen, in denen durch populäre träge die Vortheile der sozialreformatorischen Gesetzgebung einer⸗

1 destruktiven Ziele der Sozialdemokratie andererseits beleuchtet werden, dringend zu empfehlen; es ist aber dabei die Mithülfe der pro⸗ testantischen Geistlichkeit auf dem Lande in viel höherem Grade als bisher erforderlich, ebenso eine Verbreiturg goter, leicht verständlicher politischer und fachwissenschaftlicher Zeitschriften und Literatur zu gleichen Zwecken auf dem Lande;

4) eine vermehrte Pflege und Hebung der monarchischen und christlichen Gesinnungen unter der landwirthschaftlichen Bevölkerung durch fleißigere Benutzung all der Mittel, welche hierzu Kirche, Schule, Staat und Gesellschaft (konservative und ähnliche Vereinigungen) zur Verfügung stellen;

5) Pflege und eifrige Förderung des landwirthschaftlichen Ge⸗ nossenschafts⸗ und Vereinswesens durch öftere Behandlung volkswirth⸗ schaftlicher und sozialpolitischer Fragen in denselben;

6) eine möglichst energische Vertretung berechtigter landwirth⸗ schaftlicher Interessen durch die dazu berufenen Organe in den Parla⸗ menten, gegenüber der Regierung und sonstigen gesetzgebenden und ver⸗ waltenden Behörden.

Bei Absendung des Berichts hien der Minister wirthschaft von Heyden

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ahresversammlung der Vereinigung der Wirthschafts⸗Reformer.

In Fortsetzung der gestrigen Debatte über die „Zollverträge und die Landwirthschaft“ nahm das Wort der Korreferent Abg. Dr. von Frege (Abtnaundorf): Der Vorredner habe bereits ausgeführt, welchen Schaden die deutsche Landwirthschaft durch den deutsch⸗öster⸗ reichischen Handelsvertrag haben würde. Wenn die Nothlage der deutschen Landwirthschaft in den letzten Jahren nicht so stark hervorgetreten sei, so sei dies aus dem Umstande zu erklären, daß viele Landwirthe so verschuldet seien, daß sie aus Furcht, ihren Kredit einzubüßen, ihre Schuldenlast nicht aller Welt mittheilen wollten. Und wenn eine Anzahl Landwirthe in Folge der landwirthschaftlichen Zölle sich in einer verhältnißmäßig besseren Lage befinden, dann dürfe man diese Prosperität nicht wieder stören. Die landwirthschaft⸗ lichen Arbeiter, die sich der stästischen Industrie zuwenden und durch ihren Abzug die landwirthschaftliche Produktion erschweren, seien ge⸗ wöhnlich die lantesten Schreier über die angeblich hohen Getreide⸗ preise. Er sei der Meinung: ein Handelsvertrag mit der Meistbegünstigungsklausel könne nur DOesterreich zu gute kommen, Deutschland dürfe nur auf Grund autonomer Tarife Handels⸗ verträge abschließen. Im Uebrigen sei er der Meinung, daß die deutschen Landwirthe sich mit aller Exergie gegen die Herabsetzung der Getreidezölle wehren müssen. Die evangelischen Landwirthe mögen sich an der Energie und der Prinzipientreue der Centrums⸗ partei ein Beispiel nehmen. Geschehe das nicht, dann werde die konser⸗ vative Partei bei den nächsten Wahlen dieselben Verluste erleiden wie die nationalliberale Partei. Er ersuche, der von den Referenten empfohlenen Resolution beizustimmen. (Beifall.) W“

Nach längerer Diskussion gelangte die gestern mitgetheilte Resolution des Referenten mit dem Zusatz des Grafen von Schwerin zur Annahme, „daß die dautsche Landwirthschaft, wenn man ihr nur den nöthigen Schutz angedeihen läßt, sehr bald in der Lage

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v“ . sein wird, den gesammten Getreide⸗ und Viehbedarf Deutschlands zu decken, sodaß es sehr bald nicht mehr nothwendig sein wird, Getreide und Vieh aus dem Ausland zu beziehen.“

Den zweiten Gegenstand der Verhandlung bildete die Ver⸗ tretung der Landwirthschaft, bezüglich deren Referent und Korreferent, Rittergutsbesitzer Alfieri und Landes⸗Oekonomie⸗Rath Nobbe eine Resolution dahin beantragten, daß man eine Stärkang der Stellung der Landwirthschaftlichen Centralvereine als pro⸗ vinzielle Hauptvertretungsorgane der Landwirthschaft für wünschens⸗ werth balte, und zwar durch Umbildung derselben oder ihrer Vorstände zu Landwirthschaftskammern mit dem Rechte begrenzter Leistungen der Landwirthe ihres Bezirks nach Ana⸗ logie der Handelskammern. Den Landwirthschaftskammern würde die Aufgabe zufallen, die technischen und volkswirthschaftlichen Gesammt⸗ interessen der Landwirthschaft innerhalb ihrer Bezirke wahrzunehmen, das Vereins⸗ und Genossenschaftswesen zu fördern und zu dotiren, insbesondere aber die Behörden durch thatsächliche Mittheilungen, Anträge, Jahresberichte und Erstattung von Gutachten bei Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen. Auch diese von der Versammlung angenommene Resolution erhielt einen, und zwar vom Grafen Arnim⸗ Muskau beantragten Zusatz, nach welchem dabei zu erwägen sein würde, ob und inwieweit den zu schaffenden Landwirthschaftskammern eine Mitwirkung an den Usancen des Getreide⸗ und Düngerhandels, der Getreide“, Saat⸗ und Viehmärkte, sowie eine Antheilnahme an der Organisation und Ueberweisung der niederen landwirthschaftlichen Schulen ihres Bezirks zuzuweisen sein würde.

Die Generalversammlung wurde alsdann mit erneutem Hochruf auf Se. Majestät den Kaiser und König geschlossen.

Verein zur Beförderung der Moorkultur im Deutschen Reich.

In dem weiteren Verlauf der gestrigen Sitzung wies Hr. von Knebel⸗Döberitz des Näheren nach, welche erheblichen Kosten Fluß⸗ regulirungen verursachen, erörterte die Ausführung derselben und ihre Schwierigkeiten und trat der Frage näher, wie nach seiner Meinung die Interessenten am Besten für solche Unternehmungen zu gewinnen seien. Gegenüber den Beihülfen für andere Zweige müsse die vom Ministerium für Flußregulirungen ausgesetzte Summe von 500 000 als zu klein er⸗ scheinen, zumal da auch nicht immer eine gleichmäßige Vertheilung derselben stattfände. Die Flußregulirungen geschähen doch wesentlich im Inter⸗ esse unserer Bauern, die jahraus, jahrein treu ihre Steuern zahlten. Ihnen solle man in erschöpfender Weise beistehen. Redner faßte seine Ausführungen in einer Resolution zusammen, die in Folge der daran geknüpften Debatte folgenden Wortlaut er⸗ hielt: „Der Verein möge beschließen, den Bericht über die heutigen Verhandlungen dem Herrn Minister für Landwirthschaft mit der Bitte zu überreichen, aus demselben das Interesse zu ersehen, welches die Moorkultur an der Wasserwirthschaft habe, und die in diesen Verhandlungen ausgesprochenen Wünsche sowohl bei der jetzigen Verwaltung als auch bei der bevor⸗ stehenden Gesetzgebung berücksichtigen zu wollen. Insbesondere wird auf die einheitliche Verwaltung des gesammten Wasserwesens der größte Werth gelegt.“ iese Resolution, für die namentlich die Hrrn. Sombart⸗Ermsleben, Graf Arnim⸗Schlagenthin und Dr. Bau⸗ mann eintraten, fand die einstimmige Billigung der Versammlung. Es folgte das Referat des Bauraths Wille⸗Magdeburg über den Antrag des Ortsvorstehers Wilhelm Schultze in Karritz bei Bismarck „auf Verbesserung des jetzigen Vorfluthgesetzes.“ Redner wies aus der Praxis auf die Unzulänglichkeit es damaligen Vorfluthgesetzes hin, wie sich dies namentlich s. Z. bei den von dem Altmeister der Moorkultur Amtsrath Rimpau auf Cunrau ausgeführten Anlagen herausgestellt habe. Auch in anderen, vom Redner besuchten Moorkultur⸗Anlagen habe sich der gleiche Uebel⸗ stand herausgestellt, daß die zur Schaffung solcher Anlagen nöthigen Regulirungsarbeiten, die doch wesentlich im Interesse der Landwirth⸗ schaft lägen, nach dem Gesetz rechtlich sich nicht begründen ließen. Zahlreiche Projekte zur Regulirung von Wasserläufen seien schon aufgestellt, aber ihre Ausführuug sei eben an diesem Gesetze gescheitert. An zweiter Stelle sprach Graf Arnim⸗Schlagenthin, der die Nothwendigkeit eines einheitlichen Wasserrechts, wie es jetzt im Sonderausschuß der Deutschen Landwirthschafts⸗Gesellschaft für Wasserrecht berathen worden sei, befürwortete. Hiermit in engster Verbindung stehe die Schaffung einer Behörde, der die Verwaltung der Wasserwege in Deutschland unterstehe, damit dieselbe nicht mehr, wie bisher, meist nur von lokalen, sondern von allgemeinen Interessen geleitet werde. Nachdem sodann in ähnlichem Sinne Hr. Schultz⸗ Lupitz gesprochen, gelangte folgender Antrag zur Annahme: „Der Verein wolle beschließen: unter Anschluß der betreffenden Verhand⸗ lungen den vorliegenden Antrag dem Herrn Minister für Landwirth⸗ schaft zur gefälligen Berücksichtigung zu überweisen.“

Die Heilanstalten im preußischen Staat während des Jahres 1888.

Bei den Heilanstalten im preußischen Staat werden folgende Arten unterschieden: Allgemeine Heilanstalten, Augen⸗Heilanstalten, Entbindungsanstalten und Militärlazzärethe. Wie aus dem vom Königlichen Statistischen Bureau soeben veröffentlichten Heft 109 des amtlichen Quellenwerks „Preußische Statistik“ hervorgeht, hat die Zahl der allgemeinen Heilanstalten von Jahr zu Jahr zugenommen. Während 1877 nur 888 Anstalten dieser Art an der Krankenhausstatistik be⸗ theiligt waren, stieg die Zahl derselben im Jahre 1880 auf 990, 1885 auf 1205 und 1888 auf 1348. Bezüglich der Besitzverhältnisse und der Größe dieser Art von Anstalten ergiebt eine Vergleichung zwischen den Jahren 1888 und 1885 das erfreuliche Resultat, daß die politischen und religiösen Verbände immer mehr bestrebt sind, für die Unterbringung von Kranken in Heilanstalten zu sorgen. In diesem Bestreben wird das öffentliche Interesse wirksam durch milde Stiftungen unterstützt. Auch die Behandlung und Verpflegung von Kranken in Privatanstalten, über deren Einrichtung gesetzliche Vor⸗ schriften bestehen und deren Betrieb behördlich überwacht wird, ist in neuester Zeit häufiger Gegenstand von Privatunternehmungen ge⸗ worden, Letztere machten von allen Anstalten im Jahre 1888 bereits 5,2 % aus, während auf den Besitz des Staats 6,7, auf den der Provinzial⸗ und Bezirksverbände 1,7, der Kreisverbände 5,8, der städtischen Ge⸗ meinden 37,8, der ländlichen Gemeinden 1,4, der evangelischen Reli⸗ gionsgemeinden 1,9, der katholischen Religionsgemeinden 9,1, der jüdischen Religionsgemeinden 0,3, der evangelischen Genossenschaften 4,7, der katholischen Orden 7,1, der Vaterländischen und anderer Frauenvereine 1,6, der milden Stiftungen 13,7 und auf den Besitz der Knappschafts⸗ und Fabrikarbeiterkassen 3 % sämmtlicher Anstalten dieser Art entfielen. Aehnlich vertheilen sich die Betten und die Ver⸗ pflegten in den bezeichneten Anstaltskategorien. Ueberhaupt waren vorhanden in den allgemeinen Heilanstalten des Staats:

in den Jahren

1879 1885 1888

E 43 393 56 654 66 878 Verpflegee 275 875 3341 863 379 476;

es entfielen auf 10 000 Einwohner

1879 1885 1888

ö111““ 1680 bPf“* 22,86 Verpflegte 191,75 120,65 129,73.

Zwischen der Zahl der Betten und derjenigen der Verpflegten in einem Krankenhause besteht ein Verhältniß, dessen Kenntniß für die Verwaltung durchaus erforderlich ist. Für sämmtliche allgemeiuen Heilanstalten entfielen im Jahre 1888 auf ein Bett 5,7 Verpflegte, ein Ergebniß, das gegen frühere Jahre keine wesentliche Abweichuag zeigt, da seit 1878 diese Verhältnißzahl sich zwischen 5,9 und 6,6 bewegt hat. Nach den Besitzverhältnissen der Anstalten zeigt die Belegungsziffer einige Verschiedenheiten; während z. B. auf je ein Bett in den staatlichen Unterrichtsanstalten zur Ausbildung der Aerzte 9,8, in den Knappschaftslazarethen 9,5, in den Gefängniß⸗

lazarethen des Justiz⸗Ministeriums 9,1 Verpflegte kamen, wiesen die Anstalten der Provinzialverbände (Heilanstalten in Landarmenhäusern) deren nur 1,9, die der Anstalten ländlicher Gemeinden nur 2,4 auf. Mit diesem Nachweise ist die Untersuchung über die durchschnittliche Verpflegungs⸗ bezw. Aufenthaltsdauer eines Kranken in den Heil⸗ anstalten zu verbinden. Aus dem inneren Zusammenhange zwischen diesem Untersuchungsergebnisse und der Belegungsziffer geht. erst hervor, wieviel Tage ein Bett durchschnittlich im Laufe des Berichtsjahres benutzt worden ist. Da 1888 die durch⸗ schnittliche Aufenthaltsdauer eines Kranken sich auf 34,6 Tage belaufen und die Belegungsziffer für je ein Bett, wie oben angegeben, 5,7 be⸗ tragen hat, so ist in allen allgemeinen Heilanstalten des Staats i diesem Jahre ein Bett durchschnittlich rund 197 Tage mit Kranken belegt gewesen. Wie sich diese Belegung nach den Besitzverhältnisse der Krankenanstalten gestaltet hat, ist der Einleitaung unserer Quell zu entnehmen. 1

Die Augenheilanstalten haben im Jahre 1888, soweit Ma⸗ terial zur Morbiditätsstatistik eingegangen ist, die Zahl 67 mit 1768 Betten erreicht. Nach dem Besitze vertheilen sich dieselben wie folgt: 10 Anstalten gehörten als Königliche Universitätsinstitute dem Staat 4 städtischen Gemeinden, 11 Vereinen und Ordensgenossenschaften für arme Augenkrankerund 42 waren Privateigenthum von Aerzten. In sämmtlichen 67 Anstalten wurden im Berichtsjahre 16 480 Personen zusammen 397 038 Tage hindurch verpflegt, sodaß auf jede Person durchschnittlich 24 Verpflegungstage entfielen.

Die Zahl der Entbindungsanstalten, welche sich 1888 an der Morbiditätsstatistik betheiligten, betrug 141 mit 1414 ein⸗ gerichteten Betten, davon 100 private Anstalten mit 256 Betten Was die Besitzverhältnisse anbelangt, so waren 10 Anstalten als Königliche Universitäts⸗Institute Staatseigenthum, 17 Hebammen⸗ Lehr⸗ und Entbindungsanstalten gehörten den Provinzialverbärden 10 Anstalten städtischen Gemeinden, 4 Entbindungsanstalten, ge⸗ gründet durch milde Stiftungen, waren Eigenthum von Vereinen zur Unterstützung armer Wöchnerinnen, und die 100 Privatanstalten befanden sich im Besitze und unter Leitung von Hebammen. Die Zahl der in sämmtlichen Anstalten dieser Art im Jahre 1888 Ent⸗ bundenen betrug 9008, davon kamen 126 mit Zwillingen und 4 mit Drillingen nieder; 84 Wöchnerinnen starben. Mittels geburtshülf⸗ licher Operationen wurden 832 Frauen entbunden, von denen 50 starben. Es wurden im Ganzen 9142 Kinder geboren, davon 578 todt; 382 Kinder starben im Laufe des Berichtsjahres. Die Anzahl der Fehlgeburten ist 202 gewesen.

Ueber die Lage verschiedener Industriezweige wird uns aus dem Regierungsbezirk Frankfurt a. O. geschrieben:

Die Braunkohlen⸗ und Briquette⸗Fabrikation war in den letzten Monaten voll beschäftigt und erzielte zufriedenstellende Preise; durch Aufdeckung neuer, leicht abzubauender Braunkohlenfelder hat sie weitere Aussichten auf günstige Entwickelung erhalten.

Die Maschinen bau⸗Industrie, speziell der Dampfmaschinen⸗ bau und der Bau landwirthschaftlicher Maschinen, sowie die Hufnagel⸗ Industrie, waren andauernd in der letzten Zeit gut beschäftigt. Die höheren Rohmaterialienpreise führten zu nutzbringenden Preis steigerungen der fertigen Waaren.

Die Lage der Tuch⸗Industrie ist im Allgemeinen ungünstig. Die meisten Fabrikanten klagen über Mangel an Aufträgen und zu große Lagerbestände. Besonders liegt das Geschäst in den billigeren Stapel⸗ und Modewaaren darnieder, während bessere Kammgarn⸗ stoffe, Buckskins und Cheviots regelmäßigen und leidlich gewinn⸗ bringenden Absatz finden. Des schlechten Geschäftsganges wegen ist mehrfach die Arbeitszeit um ein bis zwei Stunden ermäßigt und das Arbeitspersonal etwas verringert worden. Eine gedrückte Stim⸗ mung nicht nur in den Kreisen der Arbeitgeber, sondern auch der Arbeiter war in den Fabriken in Forst N.⸗L. zu beobachten. Ein Theil der Letzteren, ca. 300, haben des geringen Verdienstes wegen die Stadt verlassen und anderwärts lohnendere Arbeit gesucht.

Die Lage der Wollhut⸗Industrie befriedigt ebenfalls nicht, sie ist recht ungünstig durch den erschwerten Export nach Süd⸗Amerika beeinflußt worden. Es wird in diesem Industriezweige seit Kurzem eine zeitgemäße Bewegung bemerkbar, welche das Ziel verfolgt, das Schleudergeschäft in den billigen Artikeln einzuschränken und die seit langen Jahren wahrnehmbaren Mißstände im Fabrik⸗Engrosgeschäft zu beseitigen.

Die Hutstumpfen⸗Industrie zeigt sich wieder ausreichend beschäftigt und behauptet ihren Export nach der Schweiz.

Die Leinen⸗Industrie ist durch größere Aufträge aus Nord⸗ Amerika flott beschäftigt. Durch die Mac⸗Kinley⸗Bill wird die In⸗ dustrie insoweit betroffen, als auf Rohleinen, selbst als Verpackung, eine Zoll⸗Erhöhung eingeführt worden ist.

Die Jute⸗Industrie ist im Allgemeinen zufriedenstellend be schäftigt und hat gute Resultate erzielt.

Die Rübenzucker⸗Fabriken sind in Folge der befriedigenden Rübenernte gut beschäftigt.

Die Kartoffelzucker⸗ und Kartoffelstärke⸗Industrie leidet sehr unter der diesjährigen wenig befriedigenden Kartoffelernte. Die Kartoffelpreise sind zu hoch, und haben die Fabriken von ihrer Produktion wenig Gewinn.

Bergbau Die Förderung von Steinkohlen hat im Regierungsbezirk

le Aachen im letzten Quartal des vergangenen Jahres ihren ungestörten Fortgang genommen. Der vermehrte Begehr nach Hausbrandkohle in Folge der herrschenden Winterkälte glich den Ausfall im Absatz der Kohlen zu industriellen Zwecken reichlich aus. Die neugebildeten Kohlensyndikate in Westfalen haben zur Folge gehabt, daß die Kohlenpreise sich auf ihrem hohen Stande erhalten, und daß der ganze Kohlenmarkt eine festere Haltung angenommen hat.

Im Erzbergbau herrscht in dem genannten Bezirk in Folge der ausreichenden Höhe der Metallpreise fortgesetzt ein flotter Be⸗ trieb. Ein bedeutendes Eisenerzlager ist auf dem von dem Eschweiler Bergwerksverein betriebenen Werke in der Gemeinde Walhorn, Kreis Eupen, entdeckt worden. In Folge dessen soll dieses Werk, welches bisher Handbetrieb hatte, mit maschinellen Ein⸗ richtungen versehen werden. 8

Genossenschaftsverband.

38 Erwerbs⸗ und Wirthschafts⸗Genossenschaften der Rhein⸗ provinz haben Behufs Förderung ihrer Zwecke einen Verband ge⸗ bildet, welchem das Recht zur Bestallung eines Revisors für die ihm angehörigen Genossenschaften verliehen worden ist. Er will vor allen Dingen auch der A rbeiterwoh nungsfrage sein besonderes Interesse zuwenden und darauf hinwirken, daß Vereine zur Herstellung von Wohnungen in der Form von Genossenschaften gegründet und daß zur Beförderung dieses Zwecks Darlehne zu niedrigem Zinsfuß gegebe werden. .“ 1

Arbeiterwohnungen.

In Höchst a. M. hat sich, wie dem „Rh. Cur.“ geschrieben wird, eine Aktiengesellschaft zur Beschaffung gesunder und billiger Arbeiterwohnungen gebildet; es sind bereits von 14 Theilnehmern 45 Aktien à 1000 gezeichnet. Die Gesellschaft hat sich als Aufgabe gesetzt, kleinere Häuser in den verschiedenen hierzu geeigneten Gemeinden des Kreises Höchst für innerhalb dieses Kreises beschäftigte Arbeiter zu errichten. Den Häusern soll möglichst ein Stück Garten oder ent⸗ sprechendes Ackerland angefügt und dies zusammen zunächst miethsweise an die Arbeiter zu einem billigen Miethspreise überlassen werden. Dabei soll jedoch besondere Rücksicht darauf genommen werden,

daß die Miether durch allmähliche Abzahlungen selbst Eigenthümer dieser