1891 / 44 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 19 Feb 1891 18:00:01 GMT) scan diff

Interesse des Landes gelegen, daß der Sitz des unga⸗ rischen Fürst⸗Primas von Gran nach Pest verlegt werde. Darauf bezügliche Verhandlungen seien bereits im Gange.

Großbritannien und Irland. 8

Die antiparnellitische Fraktion der trischen parlamentarischen Partei hielt am Montag Abend unter dem Vorsitz Justin Mac Carthy's im Unterhause wieder eine Sitzung, in welcher der Erlaß eines Rund⸗ schreibens an den irischen Klerus und andere hervor⸗ ragende Freunde der Partei beschlossen wurde, worin die unverzügliche Ergreifung von Schritten zur Abhaltung von Meetings und Bildung von Zweigen der trischen natio⸗ nalen Föderation betont werden soll. Ferner wurde ein Beschluß gefaßt, welcher den Vorsitzenden der Partei ermächtigt, den Rest des in Paris deponirten Parteifonds im Betrage von 36 000 Psd. Sterl. gänzlich oder theil⸗ weise zur Unterstützung ausgewiesener irischer Pächter zu verwenden. Zugleich soll ein Prozeß zur Wieder⸗ erlangung des von Parnell in Beschlag genommenen Blattes „United Ireland“ angestrengt werden, nachdem Patrick Egan, der ehemalige Schatzmeister der irischen Landliga, Mac Carthy seinen aus Aktien bestehenden Antheil an genanntem Blatte übertragen hat, sodaß Letzterer nunmehr der Hauptaktionär ist.

Wie dem „R. B.“ aus Toronto in Canada gemeldet wird, verlas der Premier⸗Minister Macdonald in einer am Dienstag Abend stattgehabten äußerst zahlreich besuchten Wähler⸗ versammlung ein Schriftstück, aus welchem hervorgeht, daß die Führer der liberalen Partei Sir Richard Cartwright und der Redacteur Farrer den amerikanischen Staats⸗ männern einen detaillirten Entwurf vorlegten, um Kanada zu zwingen, eine Handelsunion mit den Vereinigten Staaten abzuschließen und einer eventuellen Annektion Seitens der letzteren zuzustimmen. Macdonald sprach sich sehr scharf gegen Cartwright und Farrer aus und bezeichnete die⸗ selben als Verräther. 8 .“

8 Frankreich.

Paris, 19. Februar. Ihre Majestät die Kaiserin Friedrich ist, wie „W. T. B.“ meldet, mit Ihrer König⸗ lichen Hoheit der Prinzessin Margarethe heute Nacht 12 ¼ Uhr in Begleitung des Ober⸗Hofmeisters Grafen Seckendorff und der Grafin Perponcher hier eingetroffen und von dem Botschafter Grafen Münster, der Comtesse Marie Münster und dem ganzen Personal der Botschaft auf dem Bahnhof empfangen worden. Ihre Majestät, welche von dem auf dem Bahnhofe versammelten Publikum ehrfurchtsvoll begrüßt wurde, begab Sich sofort in das Botschaftspalais

Ihre Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten der Erz⸗ herzog und die Erzherzogin Rainer von Oesterreich, welche sich in den letzten Tagen hier aufhielten, statteten der Königin Isabella von Spanien sowie dem Könige und der Königin von Neapel Besuche ab. Gestern waren dieselben bei der Königin Isabella zum Frühstück, zu welchem auch die Mitglieder der österreichisch⸗ungarischen und der spanischen Botschaft geladen waren. Gestern Abend reisten Ihre Kaiser⸗ lichen und Königlichen Hoheiten nach Lyon ab.

Der Minister des Aeußeren Ribot läßt nach Mittheilung des „W. T. B.“ ein Gelbbuch über Neufundland vor⸗ bereiten, welches sämmtliche auf diese Angelegenheit bezüglichen Verträge enthalten wird. Der Minister Ribot hat sich mit dem Justiz⸗Minister Fallières Betreffs eines Gesetzentwurfs über die Einführung der französischen Gerichtsbar⸗ keit in Madagaskar verständigt. Der Gesetzentwurf wird demnächst den Kammern unterbreitet werden.

Der Höhere Arbeitsrath trat heute unter dem Vorsitz des Handels⸗Ministers Jules Roche zu seiner ersten Session zusammen. Jules Roche eröffnete dieselbe mit einer An⸗ sprache, in welcher er auf die Nützlichkeit der persönlichen Initiative der Arbeiter hinwies, aber auch die Pflicht des Staats betonte, unter den jetzigen industriellen Verhält⸗ nissen zum Schutz des Ansehens und des Lebens der Arbeiter mitzuwirken. Der Minister zählte sodann die von dem Höheren Arbeitsrath zu berathenden Gegen⸗ stände auf. Unter denselben befinden sich die Frage über Errichtung von Schiedsgerichten bei Konflikten zwischen Arbeit⸗ gebern und Arbeitern, die Lohnfrage sowie Berathung der Mittel, den Arbeitern Beschäftigung zu schaffen und die Er⸗ richtung eines Arbeitsamtes im Handels⸗Ministerium. Ferner wies der Minister auch auf die Seitens Deutschlands, Oesterreichs und Belgiens zu Gunsten der Arbeiter ge⸗ troffenen Institutionen hin. Nach dieser Ansprache erklärte der Vertreter der Arbeiterbörse Ribanier seinen Austritt aus dem Arbeitsrath, weil die Arbeiter⸗ Syndikatskammern verlangten, daß die Vertreter der Arbeiter ihr Mandat von den Arbeitern und nicht vom Minister er⸗ halten sollten, weshalb sie auch gegen die jetzige Zusammen⸗ setzung des Arbeitsraths protestirten.

Der „Temps“ bringt über die großen Manöver dieses Jahres, an denen, wie bereits gemeldet, das V., VI., VII. und VIII. Armee⸗Corps theilnehmen, folgende Mittheilung:

„Die vier Corps sind von der großen Biegung der Loire (also von Orleans) bis an die Ostarenze vertheilt. Das V. Corps mit dem Hauptquartier in Orleans umfaßt folgende Departements: Loir⸗ et⸗Cher, Loiret, Seine⸗et⸗Marne, Yonne, Seine⸗et⸗Oise (die Atrondisse⸗ ments von Corbeil und Etampes) und Seine (die Kantone Charenton und Vincennes) und das 2., 3, 11. und 12. Arrondissement von Paris, welche ihre Reservisten zu den Manövern stellen. Die einberufenen Truppentheile sind: das 4, 82., 113, 131., 46., 89., 31. und 76 In⸗ fanterie⸗Regiment, das 13. Dragoner⸗, das 10. Jäger⸗Regiment und das 30. und 32. Artillerie⸗Regiment. Das 6. Corps (Haupt⸗ quartier Chalons sur⸗Marne) erhält seine Reservisten aus den Depar⸗ tements Ardennes, Aube, Marne, Meurthe⸗et⸗Moselle, Maas und Vogesen. Die einberufenen Truppentheile sind: das 26, 29., 37, 79., 90, 107. und 132. Infanterie⸗Regiment, das 12. Dragoner⸗, das 6. Regiment reitender Jäger und das 8. und 25. Artillerie⸗ Regiment. Das 7. Corps (Besangon) umfaßt: Ain, Ober⸗Marne, Jura, Doubs, Belfort. Ober⸗Saône, Kanton Neuville (Departe⸗ ment Rhöne) und das 4 und 5. Arrondissement von Lvon. Seine Truppentheile sind: das 23., 133., 21., 109., 44., 60., 35. und 42. Infanterie⸗Regiment, das 1. Dragoner⸗, das 11. Husaren⸗ und das 4. und 5. Artillerie⸗Regiment. Das 8. Corps (Bourges) endlich umfaßt die Departements Sahne⸗et⸗Loire, Cote⸗d'Or, Cher, Nièvre und das Arrondissement Villefranche (Rhoöne). Zu dem⸗ selben gehören das 56., 134, 10, 27., 85., 95., 13. und 29. Infanterie⸗Regiment, das 26. Dragoner⸗, das 16. Regiment reitender Jager und das 1. und 37. Artillerie⸗Regiment. Außer diesen befinden sich in dem Manövergebiet dieser vier Corps zahlreiche unabhängige Reiter Regimenter, Territorial⸗Infanterie⸗Regimenter und Jäger⸗ Bataillone zu Fuß; mehrere derselben werden ohne Zweifel einberufen

werden, um an den Manövern theilzunehmen.“

Italien.

Nach einer der „Pol. Corr.“ aus Rom zugehenden Mel⸗ dung haben der Minister⸗Präsident und die Minister der Finanzen, des Handels und des Staatsschatzes bereits mehrere Berathungen abgehalten, welche die Feststellung der Haupt⸗ punkte der von Italien zu befolgenden Zollpolitik zum Gegenstand hatten. Wie verlautet, herrsche in den maß⸗ gebenden Kreisen die Absicht, in den neu abzuschließenden Handelsverträgen eine geringere Anzahl von Artikeln binden zu lassen als in den bisher bestehenden.

Ueber den neuernannten Marine⸗Minister, Vize⸗Admiral Simon Pacoret de San⸗Bon werden folgende biographische Daten mitgetheilt:

Der neue Minister, der im zweiundsechzigsten Lebensjahre steht, gehörte während mehrerer Legislaturperioden der Deputirtenkammer an und ist seit Januar 1889 Mitglied des Senats. Als Marine⸗Minister im letzten Kabinet Minabetti leitete de Saint⸗Bon jene von Brin fort⸗ gesetzte durchgreifende Reform im Schiffbau der italienischen Marine ein, deren Durchführung die letztere ihren heutigen glänzenden Stand verdankt. Als später Brin Marine⸗Minister wurde, trat de Saint⸗ Bon zu demselben in scharfen Gegensatz, welchem er unter Anderem in einer herben Kritik der Thätigkeit Brin’'s im Senat Ausdruck geliehen hat. Seiner politischen Parteistellung nach gehört der neue Marine⸗Minister zur Rechten.

Der Passus der Programmrede des Minister⸗Präsi⸗ denten Marchese di Rudini, welcher von der Richtung Kunde giebt, die das neue Kabinet in Bezug auf die auswärtige Politik nehmen wird, lautet nach der nunmehr wörtlich vorliegenden Rede, wie folgt:

„In der auswärtigen Politik werden wir, auch hier in Ueber⸗ einstimmung mit dem Lande, jener Stimme gehorchen, die wir bei den letzten Wahlen so hell und deutlich vernom men. Wir werden die Würde der Nation unversehrt erhalten. Wir werden unsere wahren Interessen eifrig pflegen. Unsere Politik wird einfach, offen sein, ohne Hintergedanken, wie es einem Lande zukommt, das ebrlich den Frieden will. Unser Programm ist zum großen Glück das nämliche, wie das der großen europäischen Staaten; und dieser Ge⸗ danke, dieser Wunsch, dies Bedürfniß nach Frieden sind es, um die sich jene Mächte gesammelt, die für sich absolute Sicherheit, für Europa eine dauernde Ruhe schaffen wollten. Unsern Bündnissen werden wir feste, sichere Treue bewahren. Durch unsere Hal⸗ tung werden wir Allen zeigen, daß wir keinerlei aggressive Tendenzen haben. Und da über unsere Beziehungen zu Frankreich mit Unrecht Zweifel, Verdacht und Mißtrauen entstanden, werden wir uns bemühen, jede Möglichkeit einer falschen Beurtheilung aus⸗ zuschließen. Mit unserer wohlerwogenen und ruhigen Haltung hoffen wir zuversich lich, jenes Vertrauen zu finden, das wir verdienen. Italien, es ist wahr, befindet sich augenblicklich in einer schwierigen Lage, durch die gegenwärtige Knappheit seiner Finanzen, durch seine ungünstigen ökonomischen Verhältnisse. Aber wir werden uns daraus erheben, und schneller als man glaubt. Es genügt eine ernstliche Anstrengung, ein entschlossener Wille. Eine Bedingung jedoch ist notbwendig zur Erreichung unserer Absicht: der Friede. Wir sind vielleicht stolz (orgo⸗ gliosi), aber wir glauben, mit unseren Gedanken, mit unseren Vorschlägen den Willen des Landes richtig zu interpretiren. Ueber die alsbald vorzu⸗ legenden Entwürfe werden wir rasche Diskussion beantragen, nach Ihrem Urtheil verlangend. Wir werden dasselbe beschleunigen, denn wir müssen erkennen, ob wir mit unseren Vorschlägen die Ehre haben werden, Ihr Vertrauen zu verdienen, denn weder wollen noch können noch dürfen wir an dieser Stelle verharren, wenn wir nur geduldet oder protegirt wären.“

Spanien.

Die amtliche „Gaceta de Madrid“ wird dem „W. T. B.“ zufolge in der nächsten Woche ein Dekret veröffentlichen, in welchem die Bedingungen Betreffs der Konversion der Cubanischen Schuld, welche in den ersten Tagen des Monats März stattfinden soll, festgestellt werden.

Aus Valladolid werden studentische Unruhen ge⸗ meldet. Die Studenten beabsichtigten die Veranstaltung einer Manifestation, um ihrer Befriedigung über die jüngst erfolgte Wahl des Rektors der Universität zum Senator Ausdruck zu geben. Der Gouverneur untersagte jedoch diese Kundgebung. In Folge dessen veranstalteten die Studenten vor dem Hause des Gouverneurs eine feindselige Demonstration. Die Gendarmerie zerstreute die Studenten und stellte die Ordnung wieder her. Am Abend versuchten die Studenten abermals Ruhestörungen hervorzurufen, wurden jedoch von der Polizei wieder ohne weiteren Zwischenfall zerstreut.

Schweiz.

In dem internationalen Delagoastreit, der durch ein vom Bundesrath ernanntes Schiedsgericht zu ent⸗ scheiden ist, ist, wie die „N. Zürch. Ztg.“ meldet, ein erster Schritt geschehen. Die Amerikanerin Frau Mac Murdo, deren 1888 verstorbener Ehemann Inhaber einer Konzession für die von Portugal rechtswidrig konfiszirte Lorenzo⸗ Marquez⸗Eisenbahn (Afrika) war, fordert von Portugal 700 000 englische Pfund Schadenersatz. Die amerikanischen Rechtsgelehrten, welche den Anspruch der genannten Frau vertreten, haben die Klage dem Schiedsgericht gedruckt ein⸗ gereicht.

8 Luxemburg. .

Die Königin⸗Regentin von Spanien hat, wie die „Luxb. Ztg.“ meldet, ihren Ministerresidenten im Haag W. R. de Villaurrutia mit der Vertretung der Königlichen Regierung bei dem Großherzoglichen Hofe in Luxemburg betraut.

Das amtliche „Memorial“ veröffentlicht das Gesetz vom 16. Februar 1891, das Staatsbudget der Einnahmen und Ausgaben fürs Jahr 1891 betreffend.

1 Belgien.

Prinz Albert von Flandern ist der „Köln. Ztg.“ zufolge, begleitet von seinem Ordonnanz⸗Offizier, am Sonn⸗ abend in Genua angekommen. Er hatte sich eine Zeit lang in Süd⸗Frankreich aufgehalten und in den letzten Tagen die Badeorte der Südküste besucht. Die Gesundheit des Prinzen ist vortrefflich. Auch die Prinzessin Henriette wird bald soweit in ihrer Besserung fortgeschritten sein, daß sie eine Reise nack dem Süden antreten kann.

In der Brüsseler Universität ist ein neuer Skandal zum Ausbruch gekommen. Dem „Hamb. Corr.“ wird darüber berichtet:

Der Verwaltungsrath hat die von der Fakultät der Wissen⸗ schaften und der polptechnischen Schule geforderte Wahl ihrer Pro⸗ fessoren Rousseau und Charbo zu Verwaltungs⸗Räthen abgelehnt und zwei nicht zu der Universität gehörige Gelehrte gewählt. Darob ein neuer Sturm! In den Hörsälen der Universität werden von Studenten Entrüstungsreden gegen den Verwaltungsrath gehalten; die radikale Presse hetzt und als nun gar Professor Rousseau seinen Studenten, die ihm zujubelten, tiefgerührt dankte, da war die Sache fertig. Eine große Studentenversammlung, in welcher sozialistische und radikal ge⸗ sinnte Studenten die Hauptredner waren, beschloß die schärfsten Kund⸗ gebungen und Maßnahmen gegen den Verwaltungsrath, dessen Rück⸗

tritt man erzwingen will. Zunächst soll die ganze Studentenschaft

selbst bei der nächsten Sitzung des Verwaltungzraths erscheinen und ihm einen Protest zustellen. Es wird also wahrscheialich wieder zu ärgerlichen Auftritten kommen.

Griechenland.

Der Führer der Oppositionspartei Trikupis hat mit seinen Anhängern am 9. Februar wieder seinen Platz in der Deputirtenkammer eingenommen, nachdem sich die Partei von den Berathungen bekanntlich eine Zeit lang fern gehalten hatte. Nachträglich ist jedoch die Wahl von neun in den Provinzen Attika und Boeotia gewählten zur Partei Trikupis gehörigen Deput irten für ungültig erklärt worden. Unter diesen Deputirten befindet sich dem „W. T. B.“ zufolge auch Syngros, der jüngst die durch den Brand in Salonichi zer⸗ störten Häuser wieder aufbauen ließ. In ihrer gestrigen Sitzung genehmigte die Kammer in dritter Lesung den fran⸗ zösisch⸗griechischen Handelsvertrag. Die Opposition beabsichtigt, bereits in der nächsten Zeit in der Kammer ihre Angriffe gegen die Finanzpolitik des gegenwärtigen Kabinets, insbesondere gegen die Person des Finanz⸗Ministers Kara⸗ panos, zu beginnen. Der oppositionelle Deputirte Simopulos hat zur Einleitung des Kampfes eine Broschüre erscheinen lassen, die in politischen und finanziellen Kreisen großes Auf⸗ sehen macht.

Rumänien. öA“

Buka Februar. Der Senat hat laut Meldung des „W. einstimmig der Verlängerung der Handelsverträge mit Belgien und Italien bis zum 1. Juli d. J. zugestimmt.

Amerika. 8

Chile. Nach einer Meldung des „R. B.“ aus Chile vom 19. d. M. haben die Aufständischen die Regierungs⸗ truppen nach einem erbitterten Kampf neuerdings bei Iquique geschlagen. Die Aufständischen verfügen über ge⸗ nügende Kräfte, die Ordnung aufrecht zu halten, und sollen beabsichtigen gegen Valparaiso vorzurücken.

In Lissabon eingetroffene, bis zum 27. Januar zurück⸗ reichende Depeschen aus Chile konstatiren das Fortschreiten der Revolution. Es heißt in diesen nachträglichen Meldungen:

Außer Santiago und Valparaiso ist bereits das gesammte Land in der Macht der Aufständischen. Präsident Balmaceda erließ am 20. Januar eine Proklamation, aus welcher hervorgeht, daß außer der Armee 10 000 Nationalgarden zu seiner Verfügung stehen. In Santiago sind Vertheidigungswerke errichtet worden. Rings um den Palast und die Staatsgebäude wurde Artillerie postirt. Der Präsident beabsichtigte, in Peru Waffen und Munition anzukaufen; aber da die Dampfer in den Händen bder Insurgenten sind, so konnten die Kauf⸗ aufträge nicht ausgeführt werden. 2000 Aufständische landeten in Coquimbo, wo sie von den Einwohnern enthusiastisch empfangen wurden. In der Umgegend von Coquimbo haben Gefechte stattge⸗ funden, wobei die Insurgenten siegreich waren. Zwei Regimenter von den Regierungstruppen gingen zu den Aufständischen über. Das Heer des Präsidenten ist auch sonst durch Massendesertirungen geschwächt worden; so entliefen u. A. bei Valdivia in Süd⸗Chile, welches die Insurgenten besetzten, viele Soldaten.

Australien.

Hawaii. Aus Honolulu in San Francisco ein⸗ getroffenen Nachrichten zufolge gäbe der Gesundheitszustand der Königin Lilinokalani in letzter Zeit zu ernsten Be⸗ sorgnissen Veranlassung. Etwaigen Verwickelungen vorzu⸗ beugen, welche im Fall ihres plötzlichen Ablebens entstehen könnten, sei die Thronfolgerin, Prinzessin Kalulani,

welche sich gegenwärtig in England aufhält, ersucht worden,

nach Hawaii zürückzukehren. 8

Parlamentarische Nachrichten.

In der heutigen (70.) Sitzung des Reichstages, welcher der Staatssekretär Dr. von Boetticher und der Staats⸗Minister Freiherr von Berlepsch beiwohnten, erklärte zunächst Abg. Biehl vor der Tagesordnung, anknüpfend an seine Aeußerung am 14. d. M., die orthodoren Juden nähmen wohl Geld am Sabkbath, quittirten aber nicht darüber, daß ihm von der Redaktion des „Israelit“ in Mainz eine Zuschrift zugegangen sei des Inhalts, daß es den Juden religionsgesetzlich verboten sei, gangbares Geld am Sabbath auch nur zu berühren. 1

Auf der Tagesordnung stand die Fortsetzung der zweiten Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Abänderung der Gewerbeordnung, auf Grund des Berichts der VIII. Kommission. Die Berathung wurde fortgesetzt mit §. 105 i. Dieser lautet:

Die §§. 105 a Absatz 1 bis 105 f finden auf Gast⸗ und Schankwirthschaftsgewerbe, Musikaufführungen, Schaustellungen, theatralische Vorstellungen oder sonstige Lustbarkeiten, sowie auf Verkehrsgewerbe keine Anwendung.

Zum Arbeiten an Sonn⸗ und Festtagen können die Gewerbe⸗ treibenden die Arbeiter in diesen Gewerben nicht verpflichten. Arbeiten, welche nach der Natur des Gewerbebetriebes einen Auf⸗ schab oder eine Unterbrechung nicht gestatten, fallen unter die vor⸗ stehende Bestimmung nicht

Mit zur Diskussion stand auch folgende Resolution:

Den Herrn Reichskanzler za ersuchen, Behufs Förderung der Gewährung ausreichender Sonntagsruhe beim Eisenbahndienste 8 Vermittelung bei den verbündeten Regierungen eintreten zu assen;

insbesondere dahin zu wirken, daß der Güterverkehr an Sonn⸗ und Festtagen möglichst eingeschränkt werde.

Abg. Dr. Krause beantragte: am Eingang des §. 105 i statt der Worte: „Die §§. 105 a Absatz 1 bis 105 f“ zu setzen die Worte: „Die §§. 105 a Absatz 1 bis 105 g“.

Die Abgg. Dr. Gutfleisch, Dr. Hartmann, Letocha, Möller und Freiherr von Stumm beantragten:

in §. 1051 Zeile 1 statt „105 f“ zu setzen: „105 g“.

Abg. Dr. Gutfleisch beantragte:

dem Absatz 1 des § 105 i folgenden Satz beizufügen:

Doch sind die Gewerbetreibenden in den Verkehesgewerben verpflichtet, jeden ständig beschäftigten Arbeiter an jedem dritten Sonntage volle sechsunddreißig Stunden von der Arbeit frei zu lassen.

Abg. Klemm (Sachsen) empfahl die Resolution zur An⸗ nahme, welche von der Kommission auf seinen Antrag an⸗ genommen worden ist.

Abg. Stolle befürwortete folgenden Antrag Auer und Genossen:

Dem zweiten Absatz folgende Fassung zu geben:

„Insofern in den genannten Betrieben Arbeiter regelmäßig be⸗ schäftigt werden, ist denselben in der Woche eine ununterbrochene Ruhezeit von sechsunddreißig Stunden zu gewähren. In jeder vierten Woche muß diese Ruhezeit auf einen Sonntag oder all⸗ gemeinen Festtag fallen.“

Der Antragsteller wies zur Begründung seines Antrages

auf die schlimme Lage der Kellner hin, welche lediglich auf

8

hältnissen bekannte Perso

Trinkgelder angewiesen seien und an Sonntagen zwanzig Stunden arbeiten müßten.

„Bei Schluß des Blattes ergriff Regierungs⸗Rath Dr. Wilhelmi das Wort.

In der heutigen (37.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Finanz⸗Minister Dr. Miquel bei⸗ wohnte, wurde die zweite Berathung des Entwurfs eines Einkommensteuergesetzes fortgesetzt, und zwar bei §. 31. Der Paragraph wurde, nachdem Abg. von Kröcher für seine Streichung, Abg. Freiherr von Zedlitz und Neukirch und der Regierungskommissar, Geheimer Finanz⸗Rath Wallachffür die Aufrechterhaltung gesprochen, unverändert angenommen, ebenso ohne Debatte die §§. 32 und 3. SK. 34 lautet: G Für jeden . ist unter dem Vorsitz des Land⸗

raths oder eines von der Regierung zu ernennenden Kommissars

eine Veranlagungsiommission zu bilden, deren Mitglieder theils von der Regierung ernannt theils von der Kreisvertretung, und in den

Stadtkreisen von der Gemeindevertretung aus den Einwohnern des

Veranlagungsbezirks, unter möglichster Berücksichtigung der ver⸗

schiedenen Arten des Einkommens, auf die Dauer von sechs Jahren

gewählt werden.

1 Die Zahl der ernannten und der gewählten M tglieder wird für die einzelnen Veranlagungsbezirke mit Rücksicht auf deren Größe und auf die Einkommensverhältnisse der Einwohner von der

Regierung in der Art bestimmt, daß die Zabl der ernannten Mit⸗ glieder einschließlich des Vorsitzenden die Hälfte der gewählten

Mitglieder nicht überschreitet.

Alle drei Jahre scheidet je die Hälfte der ernannten und der ge⸗ wählten Mitglieder, und zwar bei ungerader Zahl das erste Mal die größere Hälfte ans und wird durch neue Ernennungen bezw.

Wahlen ersetzt. Die das erste Mal Ausscheidenden werden durch das Loos bestimmt; die Ausscheidenden können wieder ernannt bezw. gewählt werden.

Abg. Rickert beantragt:

1) Den § 34 wie folgt zu fassen:

„Für jeden Veranlagungsbezirk ist eine Veranlagungskommission u bilden, deren Mitglieder von der Kreisvertretung und in den Stadtkreisen von der Gemeindevertretung aus den Einwohnern des Veranlagungsbezirks unter möglichster Berücksichtigung der ver⸗ chiedenen Arten des Einkommens auf die Dauer von sechs Jahren gewählt werden.

Alle drei Jahre scheidet je die Hälfte der Mitglieder, und zwar

ei ungerader Zahl das erste Mal die größere Hälfte aus und wird

durch neue Wahlen ersetzt. Die das erste Mal Ausscheidenden werden durch das Loos bestimmt; die Ausscheidenden können wieder⸗ gewäblt werden.

1“ Die Zahl der Mitglieder wird für jeden Veranlagungsbezirk

mit Rücksicht auf dessen Größe und die Einkemmensverhältnisse der

Einwohner von der Regierung bestimmt.

Die Kommission wählt aus ihrer Mitte einen Vorsitzenden und

einen Stellvertreter.

AJeder Veranlagungskommission wird ein von dem Finanz⸗

Minister zu ernennender steuertechnischer Beamter als Staats⸗

kommissar zugeordnet, welcher das Interesse des Staats vertritt.“

Abg. Dr. Enneccerus:

Im §. 34 Abs. 1 die Worte „des Landraths oder“ zu streichen.

Abg. Freiherr von Los:

Den §. 34 wie folgt zu fassen:

„Für jeden Veranlagungsbezirk ist unter dem Vorsitz des Land⸗ aths oder eines von der Regierung zu ernennenden Kommissars eine Veranlagungskommission zu bilden, deren Mitglieder von der Kreisvertretung und in den Stadtkreisen von der Gemeindevertretung aus den Einwohnern des Veranlagungsbezirks, unter möglichster

erücksichtigung der verschiedenen Arten des Einkommens, auf die

Dauer von sechs Jahren gewählt werden.

Die Zahl der gewählten Mitglieder wird für die einzelnen Veranlagungsbezirke mit Rücksicht auf deren Größe und auf die Einkommensverhältnisse der Einwohner von der Regierung bestimmt. . Alle drei Jahre scheidet die Hälfte der gewählten Mitglieder und zwar bei ungerader Zahl das erste Mal die größere Hälfte aus und wird durch neue Wahlen ersetzt. Die das erste Mal Aus⸗ scheidenden werden durch das Loos bestimmt; die Ausscheidenden können wieder gewählt werden.“ 1

Abg. Dr. Enneccerus begründete seinen Antrag mit dem Wunsche, an der Spitze der Kommission einen Beamten zu sehen, der die Geschäfte dauernd wahrnehme. Dazu sei der Landrath zu überlastet. Für den Landrath, den Ver⸗ trauensmann des Kreises, eigne sich auch nicht die Entscheidung der Steuerfrage.

Regierungs⸗Kommissar Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Senfft von Pilsach wandte hierauf ein, daß der Land⸗ rath die Verhältnisse des Kreises besser als jeder andere Beamte kenne. Aus seiner politischen Stellung sei kein Grund gegen den Vorsitz zu entnehmen. Sei der Landrath ohne Schaden doch auch bisher der Vorsitzende gewesen.

Abg. Freiherr von Zedlitz und Neukirch führte gegen den Antrag des Abg. Rickert an, daß die Erfahrungen mit dem gewählten Vorsitzenden in Bayern keine günkige gewesen seien. Auch der Antrag des Abg. Freiherrn von Loë sei nicht an⸗ nehmbar, weil er die ernannten Mitglieder aus der Kommis⸗ sion ausschließe, und der Antrag des Abg. Dr. Enneccerus sei überflüssig.

Abg. Dr. Lotichius wollte den gegenwärtigen Zustand aufrecht erhalten wissengund erklärte sich deshalb für den An⸗ trag Los.

Abg. Graf zu Limburg⸗Stirum vermochte die Noth⸗ wendigkeit der Entfernung des Landraths aus dem Vorsitz der Veranlagungskommission zur Zeit nicht einzusehen, hielt es aber nicht für ausgeschlossen, daß vielleicht später, wenn die neue Steuer sich eingebürgert haben würde, an die Stelle des Landraths ein steuertechnischer Beamter trete.

Abg. Dr. Krause sprach für den Antrag Enneccerus.

Abg. Freiherr von Huene erklärte sich für die Zuziehung ernannter Mitglieder und bezüglich des Vorsitzenden für die Zulassung von Kommissarien neben dem Landrath.

Abg. Freiherr von Loë hielt die Unabhängigkeit und Sachkunde der Kommission nur durch die freie Wahl sämmt⸗ licher Mitglieder gewährleistet und empfahl aus diesem Grunde seinen Antrag.

Der Finanz⸗Minister Dr. Miquel bezeichnete die Ernen⸗

nung von Mitgliedern als ein zur Wahrung der Gesammt⸗ interessen des Landes für die Regierung durchaus nothwendi⸗ ges Recht und bat um Annahme der Kommissionsbeschlüsse.

Abg. von Benda unterstützte den Antrag Enneccerus mit dem Hinweis, daß in den Kreisen der Selbstverwaltung nicht

der Wunsch bestehe, den Landrath durch einen besonderen

Beamten ersetzt zu sehen. Abg. Rickert hielt den Landrath für überbürdet mit

Geschäften und wollte vielmehr einen unabhängigen steuer⸗

technischen Beamten zum Mittelpunkte der Kommission machen.

Dies bezwecke sein Antrag.

Abg. von Eynern sprach sich für die Ernennung eines Theils der Mitglieder der Kommission aus mit der Beschrän⸗ kung, daß nur im Bezirk angesessene mit den örtlichen Ver⸗ n berufen würden.

Abg. Dr. Windthorst pflichtete dem Vorredner bei und wünschte außerdem einen Kommissarius statt des Landraths zum Vorsitzenden. (Schluß des Blattes.)

Entscheidungen des Reichsgerichts.

In Bezug auf §. 269 des Str.⸗G.⸗B. (Der fälschlichen Anfertigung einer Urkunde wird es gleich geachtet, wenn Jemand einem mit der Unterschrift eines Anderen versehenen Papiere ohne dessen Willen oder dessen Auordnungen zuwider durch Ausfül⸗ lung einen urkundlichen Inhalt giebt“) hat das Reichsgericht, III. Strafsenat, durch Urtheil vom 13. November 1890, ausgesprochen, daß darunter auch die Ausfüllung eines Blanketts, dessen Unterschrift in einer durch Druck oder sonst auf mechanischem Wege hergestellten Namenszeichnung besteht, fällt.

Kunst und Wissenschaft.

Die Berliner Künstlerschaft ist von einem schweren Verlust be⸗ troffen worden, der durch die begleitenden Nebenumstände besonders erschütternd wirkt. Der bekannte Bildhauer, Professor Lürssen ist gestern in seinem Atelier in der Technischen Hochschule zu Charlotten⸗ burg plötzlich verstorben; die Kunde von diesem so völlig unerwarteten Ereigniß aber hat die Gattin so erschüttert, daß auch sie von einem Schlaganfall ereilt wurde, der ihren Tod im Gefolge hatte.

Wie die „St. Petersburger Z'g.“ meldet, wird der Reserve⸗ Lieutenant Maschkow mit drei Genossen an Bord des ersten aus Odessa nach dem fernen Osten abgehenden Dampfers der Freiwilligen Flotte sich nach Abessinien begeben, um dort wissenschaftliche Forschungen auszuführen.

Handel und Gewerbe.

Nach einem Cirkular des französischen Ministers des Innern werden fortan Handlungsreisende fremder Staaten beim Betreten des französischen Gebiets zur Gewerbesteuer (Patentsteuer) herangezogen. Dies bezieht sich jedoch nur auf diejenigen fremden Handlungsreisenden, welche belgische, dänische, holländische, schwedische und russische Handlungshäuser vertreten. Deutsche Handlungsreisende sind der Steuerpflicht nur dann unterworfen, wenn sie die abzusetzenden Waaren selbst mit sich führen.

Tägliche Wagengestellung für Koblen und Koks

an der Ruhr und in Oberschlesien

An der Ruhr sind am 18. Februar gestellt 11 143, nicht recht⸗ jeitig gestellt 139 Wagen. G

In Oberschlesien sind am 17. d. M. gestellt 4777, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen.

Für den Handel in Interimsscheinen der

Reichs⸗ und Preußischen Anleihe ist von de digen⸗Kommission der Berliner Fondsbörse Folgendes bestimmt worden: 1) Soweit das Geschäft nicht ausdrücklich in einer von beiden Anleihen vereinbart worden ist, steht es in der Wahl des Verkäufers, in gemischten Stücken, d. h. entweder zum Theil in Neuer Deutscher 3 % Reichs⸗Anleihe, zum Theil in Neuen Preußischen 3 % Konsols, oder auch allein in einer von beiden An⸗ leihen das Geschäft zu erfüllen. 2) Die Licferung der per Usance geschlossenen Stücke erfolgt 8 Tage nach Erscheinen, also am 13. März cr. 3) Auf spätere Termine geschlossene Geschäfte sind stets in solchen Stücken zu erfüllen, auf welche nur die bis zum Er⸗ füllungstermin obligatorischen Einzahlungen geleistet sind. 4) Bei der Lieferung hat die Verrechnung derart zu erfolgen, daß der Nominal⸗ betrag zum Vertrags⸗ resp. Lieferungscours ausgerechnet und hiervon die noch rückständigen Einzahlungen zum Subskriptionscourse 84,40 %) abgezogen werden. Ferner werden die Zinsen auf die geleistete Einzahlung (jetzt 20 % nominal) bis 1. Oktober 1891 à 3 % dem Abnehmer vergütet. Beispiel: nominal 10 000 3 % deutsche Reichsanleihe oder 3 % Preußische Konsols (20 % Interimsscheine). Berechnung für den 13. März cr.: à 86 % 8600,00 ℳ, abzüglich fehlende Einzahlungen 80 % = 8000 à 84 40 % 6752 ℳ, verbleibt 1848 ℳ, abzüglich Zinsen auf 20 % Einzahlung 2000 vom 13./3. bis 1./10. 1891 197 Tage 3 % 32,80 ℳ, ergiebt sich 1815,20 5) Bis auf Weiteres wird eine getrennte Notiz stattfinden: 1) Für 20 % Interimsscheine der Deutschen 3 % Reichs⸗Anleihe, 2) für 20 % Interimsscheine der Preußischen 3 % Konsols und 3) für gemischte Stücke sämmtlich per acht Tage nach Erscheinen; ferner findet eine entsprechende dreifache Notiz per ultimo März cr. fix statt.

In der gestrigen Sitzung des Verwaltungsratbs der Ber⸗ liner Handels⸗Gesellschaft wurde die Bilanz für das abge⸗ laufene Geschäftsjahr vorgelegt. Nachdem die für erforderlich er⸗ achteten Abschreibungen vorweg vorgenommen sind, ergiebt der Jahres⸗ abschluß einen Bruttogewinn von 7 513 744 Hiervon entfallen 2 784 419 auf das Zinsen⸗Conto, 471 274 auf das Wechsel⸗ Conto, 1 588 031 auf das Provisions⸗Conto, 400 978 auf das Effekten⸗Conto und 2 243 729 auf das Consortial⸗Conto. Nach Ab⸗ setzung der Verwaltungskosten mit 753 277 ℳ, der Einkommensteuer mit 235 350 ℳ, ferner der gesammten für denUmbau des Bankgebäudes gezahlten Baukosten von 129 677 verbleibt der Betrag von 6 395 438 als Reingewinn verfügbar. Die Bilanz per Ende 1890 stellt sich wie folgt: Aktiva. Kassenbestände 12 614 435 ℳ, Wechselbestände 22 702 640 ℳ, Reports 17 650 764 ℳ, eigene Effekten 10 460 400 ℳ, Grundstücks⸗Conto 1 974 233 ℳ, Hypotheken⸗Conto 610 169 ℳ, Bankgebäude 750 000 ℳ, Konsortial⸗Conto 12 545 177 ℳ, Debitoren 54 743 457 (wovon ca. 34 5 Millionen Guthaben bei Bankfirmen und ca. 431⁄10 Millionen gedeckte Debitoren) Passiva. Kommanditkapital 50 000 000 ℳ, Arcepten⸗Conto 17 325 164 (wovon ca. 14 Millionen gegen Guthaben und Unterlagen), Kreditoren 43 613 005 ℳ, Rück⸗ ständige Dividende 3099 ℳ, Spezialreserve 1 095 670 ℳ, Dividenden⸗ reserve 1 874 145 ℳ, Allgemeine Reserve 13 744 754 ℳ, Gewinn⸗ und Verlust Conto 6 395 438 Auf den Antrag der Geschäfts⸗ inhaber setzte der Verwaltungsrath vorbehaltlich der Genehmigung der Bilanz durch die Generalversammlung die Dividende für das Kommanditkapital von 50 Millionen Mark auf 9 ½ % fest und be⸗ schloß, den Dividenden⸗Reservefonds an Stelle der statutenmäßigen Ueberweisung mit der Summe von 625 854 zu dotiren wodurch derselbe den Betrag von 2 ½ Millionen Mark erreicht sodann soll dem Pensionsfonds der Angestellten der Betrag von 50 000 überwiesen und der nach Abzug der Tantièmen verbleibende Rest von 5583 auf neue Rechnung vorgetragen werden. Nachdem die bilanzmäßigen Reserven der Gesellschaft einschließlich der dies⸗ maligen Rücklage sich auf rund 17 ½ Millionen Mark, mithin auf über 34 ½ % des Kommanditkapitals beziffern, wird der auf den 4. April ecr. einberufenen Generalversammlung ein Antrag auf Ab⸗ änderung des § 41 des Statuts unterbreitet werden, wonach eine Dotirung des Dividenden⸗Reservefonds über den gegenwärtigen Be⸗ stand hinaus nicht mehr zu erfolgen hat.

Kairo, 18. Februar. (W. T. B.) Nach einem Telegramm des „Reuter'schen Bureaus“ weisen die Rechnungen der Staats⸗ kasse für das Jahr 1890 einen Ueberschuß von 599 000 egyptischen Pfund auf. Der Ueberschuß würde noch 500 000 Pfund mehr be⸗ tragen haben, wenn nicht ein Theil der Einnahmen aus dem Taback auf die Rechnung des laufenden Jahres übertragen worden wäre. Der Gesammtreservefonds der Regierung in der Schuldenkasse betrug Ende 1890 1 744 000 Pfund und ist größer als je zuvor.

Verkehrs⸗Anstalten.

Laut Telegramm aus Aachen bezw. Kaldenkirchen sind die beiden englischen Früh⸗Posten vom 18. Februar (über Ostende bezw. Vlissingen) ausgeblieben. Grund: Un⸗

günstige Witterung auf See.

Hamburg, 18. Februar. (W. T. B.) Der Postdampfe rancia“ der Hamburg⸗Amerikanischen Packetfahrt⸗ ktien⸗Gesellschaft ist, von Hamburg kommend, heute in t. Thomas eingetroffen.

London, 18. Februar. (W. T. B.) Der Union⸗Dampfer

„Merxrican“ ist heute auf der Heimreise von Madeira ab⸗

gegangen. (W. T. B.) Der

19. Februar. Der Union⸗Dampfer ist gestern auf der Heimreise

„Athenian“ Capetown ab⸗

gegangen.

Theater und Musik.

8 38 Königliche Theater.

In der Vorstellung der Oper „Carmen“ am Sonnabend im

Opernhause sind die Damen Rothauser, Weitz, Lammert und

Kopka, sowie die Hrrn. Ernst, Krolop, Schmidt, Oberhauser, Lieban

und Krasa beschäftigt. In der Vorstellung der „Meistersinger“

am Sonntag treten die Damen Leisinger und Staudigl, die Hrrn. Rothmühl, Betz, Krolop und Mödlinger auf. Lessing -Theater.

Die Direktion benutzt das Gastspiel von Anna Haverland, um die Künstlerin in einer ihrer liebenswürdigsten Lustspielrollen auf⸗ treten zu lassen, und zwar als Hortense von Walnack in Oskar Blumenthal’s Lustspiel „Der Probepfeil“, das bei dieser Gelegenheit zum ersten Male in das Repertoire des Lessing⸗Theaters aufgenommen wird. Die Comtesse Beate wird von Lilli Petri, der Baron von der Egge von Adolf Klein, Bogumil Krasinski von Franz Schönfeld und Rittmeister von Dedenroth von Oskar Blencke dargestellt werden. Die erste Aufführung ist bereits auf den nächsten Dienstag, den

24. d. M., angesetzt. Wallner⸗Theater

Der große Erfolg, welchen das französische Vaudeville: „Miß Helvett“ davontrug, veranlaßte den Verleger des Werkes, Hrn. Choudens fils in Paris, an Hrn. Direktor W. Hasemann ein Glück⸗ wunschschreiben zu richten, das zugleich seiner Anerkennung für die hier dem Vaudeville zu Theil gewordene treffliche Darstellung und Inscenirung Ausdruck giebt.

Adolph Ernst⸗Theater.

„Adam und Eva', die jetzige Repertoire⸗Posse, wird ihren Rund⸗ gang über die auswärtigen Büuͤhnen in Hamburg beginnen. Die bis⸗ herigen hiesigen Aufführungen des lustigen Stücks fanden vor voll⸗ ständig ausverkauftem Haufe statt.

Thomas⸗Theater

Direktor Thomas hat in Folge der starken Wirkung, den da vaudevilleartige Genre „Der Registrator auf Reisen“ neuerdings ber vorgerufen, das ihm bekannte Vauderille „Un Lycée de jeunes fllles“ dessen Text von dem Autor des „Fen Toupinel“, dem erfolggewöhnten Alex. Bisson, ist, als nächste Novität gewählt. Die Musik, welche außerordentlich einschmeichelnde Melodien enthält, hat Louis Gregh geschrieben. Die Bearbeitung für die Bühne des Thomas⸗Theaters liegt in den bewährten Händen des Hrn. Rich. Genée. „Un Lycée de jeunes filles“ bat vor Kurzem im Renaissance⸗Theater zu Paris die tausendste Aufführung erlebt. 8

Sing⸗Akademie.

Die Concettsängerin Frl. Lillian Sand ihren zweiten Lieder⸗Abend, zu welchem sich ein zahlreiches Publikum eingefunden hatte. Die unter Leitung Stockhausen's auf das Sorgfältigste ausgebildete Stimme hat weder Kraft noch großen Umfang, doch ist sie von einem bezaubernden Reiz des Wohlklang Hierzu kommt die seltene Begabung der Künstlerin, die mannig fachsten Stimmungen der Lieder sehr charakteristisch auszudrücken. „Kommen und Scheiden“ von Schumann, „Auf dem Kirchhof“ von Brahms, „Die Sphinx“ und „Der Sandträger“ von Bungert sang sie mit tief rührendem Ausdruck, dagegen di und heiteren Lieder Schumann’'s: „Aufträge“ und „Marien⸗ würmchen“, sowie d'’Albert’s „Zur Drossel sprach der Fink mit wahrhaft hinreißendem Humor, der stets durch ein lebhaftes Mienenspiel unterstützt wurde. Durch die sehr beifällige Aufnahme be wogen, fügte Frl. S. ihrem Programm noch einige kleinere Liede hinzu. Die geschätzte Pianistin Frl. Emma Koch, welche den Lieder abend unterstützte, erfreute durch den Vortrag der Mendelssohn'schen Variationen (D-moll), der Fis-moll-Caprice von Brahms, einer Etüde von Moszkowski und einer Rhapsodie von Liszt. Sämmtliche Piccen trug sie, von einigen Härten des Anschlags abgesehen, mit gründlich geschulter Technik und sehr lebendiger Ausdrucksweise vor. Der dritte Liederabend findet am 2. April in denselben Räumen statt.

Concerthaus.

In dem morgen stattfindenden fünften Virtuosen⸗Abend werden die Hrrn. Müller (Posaune), Schulz (Violine), Richter (Cornet à Piston), Kramer (Violine), Schmidt (Zither) und Frl. Lemböck (Harfe) als Solisten auftreten. Außerdem werden die Hrrn. Spohr, Otto, Naundorff und Hausmann das Horn⸗Quartett „Der Lindenbaum“ von Schubert und „Still ruht der See“ von Pfeil vortragen.

Frl. von Mühler wird in ihrem am Sonnabend in der Sing⸗ Akademie stattfindenden Concert Schumann’s Klavierconcert (A-moll) und die Polonaise (E-dur) von Weber⸗Liszt mit Orchesterbegleitung vortragen. Graf Pückler singt eine Arie aus dem „Paulus“ von Mendelssohn und eine Cavatine aus Gounod’'s „Faust“. Der Chor der Königlichen Hochschule unter Leitung des Prof. Ad. Schulze wird das Concert gleichfalls unterstützen. ““

Mannigfaltiges.

Der Gedenkstein für Kaiser Wilhelm I., welchen die Vereine deutscher Studenten im August d. J. zur Feier ihres zehn⸗ jährigen Stiftungsfestes auf dem Kyffhäuser zu errichten gedenken, ist der „Staatsb.⸗Ztg.“ zufolge jetzt im Entwurf fertiggestellt. Der Gedenkstein wird sich als 6 m hoher Aufbau auf einer Felsecke er⸗ heben, die dicht am Wege zum Kriegerdenkmal liegt, und von welcher man zur Rothenburg und weiter nach Nordhausen hinüber wird blicken können. In das Steingefüge soll eine bronzene Denktafel eingelassen werden mit den vier Hauptsätzen der Kaiserlichen Botschaft vom 17. November 1881. Die Kosten sollen sich auf 8000 belaufen.

Die Universität Berlin hat laut Mittheilung der „Tgl. Rdsch.“ durch die Erbschaft, die ihr das Vermächtniß des vor mehreren Jahren verstorbenen Geheimen Medizinal⸗Raths, Professors Dr. Jüngcken zuwies, für Studienzwecke über ein Vermögen von rund einer Million Mark zu verfügen. Dazu werden später noch jetzt ausstehende Vermächtnisse im Gesammtbetrage von etwa 300 000 kommen, die der Hochschule nach dem Ableben der augenblicklichen Nutznießer zufallen sollen. Außerdem haben einige wohlhabende Universitätslehrer bereits in vorläufigen Bestimmungen die Friedrich⸗Wilhelms⸗Universität zu ihrer Erbin eingesetzt. Ferner hat ein reicher amerikanischer Farmer, der hier in den fünfziger Jahren studirte und im Genuß eines Prinz⸗ lichen Freitisches, sowie der von Ludendorf'schen Stiftung stand, ver⸗ fügt, daß nach seinem Tode der Berliner Hochschule 100 000 Dollars ausgezahlt werden sollen mit der Bedingung, die Zinsen entsprechend den Bestimmungen der oben genannten Stiftung je drei Jahre hin⸗ durch Studirenden der Theologie und der Rechte zu überweisen. Eine solche Vermehrung der zu Studienzwecken verfügbaren Mittel ist um so erfreulicher, als die Zinseinnahmen aus den bestehenden Vermächt⸗ nissen durch das Sinken des Ziasfußes eine erhebliche Verringerung erfahren haben.

Der Polizei⸗Präsident erläßt auch in diesem Jahre eine öffentliche Warnung vor Ausschreitungen während der Bockbierzeit in der Bockbrauerei auf dem Tempelhofer

Berge, sowie in allen übrigen Ausschanklokalen.

naiv gehaltenden