1891 / 44 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 19 Feb 1891 18:00:01 GMT) scan diff

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gleiten der Musik mit Gesang, das gemeinsame Absingen von Liedern, Lärmmachen, Werfen mit Eiern oder Bretzeln und dergleichen Ungehörigkeiten haben unbedingt zu unterbleiben, und Zuwiderhandlungen hiergegen werden als grober Unfug auf Grund des §. 360 Nr. 11 des Reichs⸗Strafgesetzbuches Behufs straf⸗ rechtlicher Ahndung zur Anzeige gebracht werden. Die Aufsichts⸗ beamten, welche in genügender Anzahl in dem Ausschanklokal anwesend sein werden, sind angewiesen, gegen Zuwiderhandelnde unnachsichtlich einzuschreiten und sie erforderlichen Falls zwangsweise zu entfernen.

Die Lutherstiftung für Waisen des Berliner Lehrer⸗ standes hat gestern Abend unter Vorsitz des Stadt⸗Schulraths Dr Bertram im großen Saale des städtischen Schulmuseums die 45. Stiftungsfeier und damit zugleich die diesjäͤhrige Generalversamm⸗ lung abgehalten. Der Geschäftsbericht konnte eine erfreuliche Weiter⸗ entwickelung der Stiftung feststellen, wenngleich die Forderungen, die an die Stiftung herangetreten sind, gerade im letzten Jahre außer⸗ gewöhnlich hohe waren. Die Zahl der unterstützten Wittwen hat sich von 34 auf 61 erhöht, welche 8564 an laufenden und 390 an besonderen Unterstützungen erhielten, außerdem wurden 795 Winterbeihülfen gewährt Insgesammt sind somit 9749 zu Unterstützungszwecken ver⸗ wendet worden, während die Gesammtausgabe 10 118 betrug. Dieser Ausgabe standen 12 500 Einnahme gegenüber, 352,50 bewilligten in huldvoller Weise die Mitglieder des Königlichen Hauses, 6474 zahlten die über 2000 Mitglieder an Beiträgen, 757 gingen an Geschenken, 1045 an Zinsen ein, 1048 betrugen die Einnahmen aus der Helenenstiftung, 2787 wurden als Bestand aus dem Vor⸗ jahre übernommen. Zur Zeit verfügt die Stiftung über einen Be⸗ stand von 2372 und ein Effektenvermögen von 25 880 ℳ, wozu die Helenenstiftung mit 27 120 und der Fürbringerfonds mit 2000 treten. Die Zinserträge des letztgenannten Fonds sind einem Präparanden zu Gute gekommen. Dem Bericht über die Weih⸗ nachtsbescheerung war zu entnehmen, daß aus Erträgen einer beson⸗ deren Sammlung für 56 Familien 1763 verwendet werden konnten.

Das Programm der zweiten Winteraufführung des Akade misch ⸗Dramatischen Vereins an der Königlichen Friedrich⸗Wilhelms⸗Universität zu Berlin, welche am Dienstag, den 24 Februar, in Kroll's Theater stattfindet, ist nunmehr folgendermaßen festgestellt: Darstellung Hans Sachs'scher Fastnachts⸗ spiele auf dem Marktplatze zu Nürnberg um die Mitte des 16. Jahrhunderts. Und zwar werden in diesem bistorischen Rahmen aufgeführt: 1) Das beiße Eisen (1551), 2) Der Roßdieb zu Fünsing mit den tollen diebischen Bauern (1553), 3) Der todte Mann (1553). An diese Fastnachtsaufführung wird sich ein musikalisch⸗dekla⸗ matorischer Theil unter gütiger Mitwirkung erster Berliner Opern⸗ und Bühnenkünstler schließen. Ihre Abrundung findet die Fastnachtaufführung durch einen sich hieran reihenden modernen Faschingsscher;: „Galnares Hoch eitstrank, große Rittertragödie von Die Regie hat Hr. Oskar Höcker vom Lessing⸗Theater üͤbernommen. Sämmtliche Rollen sind durch Mitglieder des Vereins besetzt. Die Proben sind seit geraumer Zeit in regem Gange. Wie schon früher, ist es auch diesmal dem Präsidium geglückt, auch außer seinem Regisseur noch erste Künstler in das Interesse der Stu⸗ dentenaufführung hineinzuziehen. Für den zweiten mustkalisch⸗dekla⸗ matorischen Theil:haben Frau Herzog und Hr. Nic. Rothmühl vom Königlichen Opernhause sowie die Hrrn. Sommerstorff und Engels vom Deutschen Theater ihre künstlerische Mitwirkung in Aussicht gestellt. Nach den Aufführungen findet ein Ball statt. Die Betheiligung ver⸗ spricht eine sehr große zu werden. Um früheren Mißständen an Raummangel abzuhelfen, ist für diese Soirée das Kroll’sche Etablisse⸗ ment gewählt worden. Der Zutritt ist durch Einladung (resp Ein⸗ führung) des Vereins zu erlangen. Der ganze Ueberschuß der Ein⸗ nahme wird dem Deutschen Samariter⸗Verein, welcher unter dem Allerhöchsten Protektorat Ihrer Majestät der Kaiserin Friedrich steht, zu wohlthätigen Zwecken überwiesen werden.

Im Feen⸗Palast hat gestern eine sehr zahlreich besuchte Volks⸗ versammlung zur Berathung über den Zonentarif stattgefunden. Unter den Anwesenden befanden sich die Abgg. Baumbach, Dr. Pach⸗ nicke, Träger, Wöllmer, Stolle, Schmidt, Frohme, Grillen⸗ berger und Geyer. Nach einem längeren Vortrage des Dr. Engel

Wetterbericht vom 19. Februar, Morgens 8 Uhr.

haus. 43.

Stationen. Wind. Wetter. 3 Akten von

Temperatur in ° Celsius

red. in Millim.

Bar. auf 0 Gr. u. d. Meeressp.

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4 beiter

1 heiter

4 wolkig

2 Dunst still Nebel wolkenlos

Mullaghmore Aberdeen. Christiansund Kopenhagen. Stockholm aparanda t. Petersb. Moskau.. Cork, QOueens- owwn. Brest vbeex IEö“ amburg. winemünde Neufahrwasser Memel...

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7 Uhr.

Sonnabend:

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Excellenz. Sonnabend: Wellen.

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NO 3 wolkenlos b still bedecki) NO 3 wolkenl. ⁴) V still bedeckt *) W 2 bedeckt

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¹) Nachts Nebel. ²) Starker Nebel. ³) Reif, Nebel. ⁴) Nebel. ⁵) Nebel.

Uebersicht der Witterung.

Die Witterung Europas steht unter dem Einfluß eines umfangreichen Hochdruckgebietes, dessen Kern über Deutschland liegt. Das Wetter ist in Central⸗ Europa still, im Suden heiter, im übrigen trübe und neblig, ohne meßbare Niederschläge. Die Tem⸗ peratur ist in Südost⸗Deutschland un Ungarn erheblich herabgegangen, im d Deutschland herrscht meistens Thauwetter, während A. Raida. in Süd⸗Bayern wieder strenge Kälte eingeireten ist. C. Severini. München meldet Minus 11 Grad.

Deutsche Seewarte.

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Vorstellung.

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Königliche Schauspiele. Vorstellung. von Windsor. O. Nicolai. Mosenthal, nach Shakespeare's gleichnamigem Lust⸗ spiel. Tanz von Hoguet. Kahl. Anfang 7 Uhr.

Carmen. Oper in 4 Akten von Georges Bizet. Text von Henry Meilhac und Ludovic Halsvy, bur nach einer Novelle des Prosper Mérimse. rg. von Paul Taglioni.

Schauspielhaus. 50. Vorstellung.

Deutsches Theater. Freitag: Die Kinder der Des Meeres und der Liebe

2 Sonntag: Die Kinder der Excellenz. 2 Die nächste Auffü von Fanst I. eil Schö sse i Die nächste Aufführung vo 8 heil Zum 9. Male: Pension Schöller. Posse in

Montag statt. 2 9n b. e*— 3 Akten nach einer W. Jacoby'schen Idee von

Berliner Theater. Freitag: 24. Abonnements⸗

Goldfische. Sonnabend: Ein Freund der Frauen. Sonntag, Nachm. 2 ½ Uhr: Der Kaufmann von

5 Dunft II11““ in 4 Akten von Eduard Jacobson und Leopold Elv.

Tessing-Theater.

Victoria-Theater. Die sieben Raben. Romantisches Zaubermärchen

und Oesterreich⸗ in 5 Akten von Emil Pohl. nördlichen hardt. Balletcompositionen des 3. Aktes von C. Ballets unter Leitung des Balletmeisters In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur

W. Hock. Anfang 7 ½ Uhr.

Wallner-Theater. Miß Helyett. Vandeville in 3

und einer eingebenden Besprechung kam folgende Resolution zur An⸗ nahme: „Die Versammlung erklärt: 1) Nach Beseitigung aller Aus⸗ nahmetarife für Einzelfahrten ist ein Fahrpreis einzuführen, der einem Jeden ohne Weiteres verständlich ist. 2) Die vierte Klasse ist als menschenunwürdig abzuschaffen. 3) Es ist ein Fahrpreis einzuführen, der einem Jeden die Benutzung der Eisenbahn selbst auf die weitesten Entfernungen im Vaterlande mit geringen Opfern ermöglicht. Dieser Fahrpreis kann nur ein ganz billiger Zonentarif nach den in Eduard Engel's Werk „Der Zonentarif“ vorgeschlagenen Sätzen sein. Jede andere Art der Preisberechnung, insonderheit jeder mit der Zahl der Kilometer steigende Tarif führt unvermeidlich zu Fabrpreisen, welche dem bei Weitem größten Theile des Volkes die Eisenbahn ver⸗ sperren. 4) Nach Abschaffung des Freigepäcks ist ein ganz billiger Zonentarif für das aufgegebene Gepäck einzuführen ähnlich dem Packetporto. 5) Ein solcher Zonentarif führt nach den gemachten Erfabrungen und amtlich aufgestellten Berechnungen zu bedeutenden Mehr⸗ einnahmen für den Staat und ist geeignet, das Erwerbsleben und die ge⸗ sammte Kultur wesentlich zu heben. 6) Die Volksversammlung erklärt die jetzt verlautbarten, irrthümlich sogenannten „Reformpläne“ der deutschen Staatsbahnen nicht nur für keine nennenswerthe Ver⸗ besserung, sondern für eine neue unerträgliche Vertheuerung eines großen Theils aller Reisen. Sie legt deshalb schon jetzt und bei Zeiten Einspruch ein gegen jene geplante weitere Ver⸗ theuerung eines erheblichen und wichtigen Theils des Eisenbahn⸗ verkehrs. Sie erklärt sie für eine schwere Schädigung der Volkswohl⸗ fahrt und zugleich, bei der großen Wahrscheinlichkeit von Verlusten in Folge verminderten Verkehrs, für eine ernste Gefährdung unserer Staatseinnahmen. 7) Sie beauftragt den Vorstand des Vereins „Zonentarif“ in Berlin, diesen Beschluß dem Bundesrath, dem Reichstage, dem preußischen Staats⸗Ministerium und dem preußischen Abgeordnetenhause sowie dem Landes⸗Eisenbahnrathe und den. Bezirks⸗ Eisenbahn Räthen mitzutheilen.“

München, 17. Februar. Die Direktion der Königlich baverischen Staats⸗Eisenbahnen veröffentlicht über den in Nr. 41 des „R.“⸗ u St.⸗A.“ gemeldeten Eisenbahn⸗Zusammen⸗ stoß folgende Mittheilung:

Der Aufstoß des in der Richtung von Lindau nach München gehenden Personenzuges Nr 166 auf den ven der Gegenseite heran⸗ gekommenen Güterzug Nr. 749 wurde dadurch verursacht, daß ersterer durch die unrichtige Stellung der Einfahrts⸗Weiche in jenes Geleise geleitet wurde, in welchem letzterer sich bereits befand.

Der diese Weiche bedienende Ablöse⸗Wechselwärter Zeller, ein völlig zuverlässiger und nüchterner Mann, seit 14 Jahren als Re⸗ paratur⸗Arbeiter, seit einem halben Jahre im Ablösedienst beschäftigt, hatte zwar zum ersten Male in Ruderalshofen diesen Dienst zu versehen, war aber nach seiner eigenen Angabe mit den dortigen Geleiseanlagen und Wechsel vollkommen vertraut. 8

Derselbe übernahm den Dienst zur Sonntags⸗Ablösung gegen 1 Uhr 30 Minuten Nachts von seinem Vorgänger und war von diesem, wie er selbst unumwunden zugesteht, zu wiederholten Malen und ausdrücklich angewiesen worden, den Wechsel unverändert in der damals befindlichen richtigen Stellung zu belassen. 8

Bei der Einfahrt des von der anderen Seite kommenden Güterzuges glaubte Zeller wahrzunehmen, daß dieser auf dem gleichen Geleise einfahre, welches 2 der fällige Personenzug zu benützen habe und für welches sein Wechsel stand.

Um sich hierüber Gewißheit zu schaffen, lief Zeller dem Eüter⸗ zug eine Strecke entgegen, wurde aber offenbar durch eine Sinnes⸗ täuschung, wohl durch die herrschende Dunkelbeit und die Krümmungen der Geleise⸗Linien hervorgerufen, in seiner irrigen Annahme bestärkt und stellte für den inzwischen in die unmittelbarste Nähe gekommenen Personenzug den richtig stehenden Wechsel um. 1“ 1

Der Lokomotivführer, dieses wahrnehmend, löste die Heberlein⸗

Bremse, gab Contredampf und das Nothsignal, vermochte aber den

Zug nicht mehr zum Stillstand zu bringen. 1 3

Nach den bisher gepflogenen Erhebungen scheint der Wechsel⸗ wärter die alleinige Schuld an dem Unfall zu tragen, doch wird das Urtheil des Strafrichters abzuwarten sein.

Die Personenzüge werden voraussichtlich im Laufe eines Jahres mit der Luftdruckbremse ausgerüstet sein. 6

Durch die bereits in voller Ausführung begriffene Weichen⸗ Centralisirung der Stationen der Strecke München —Kempten wird der Wiederholung solcher Unfälle vorgebeugt werden.

V Maxime Boucheron. Deutsch von Richard Genée. 1 Musik von E. Audran. Anfang 7 ½ Ubr. Opern⸗ Sonnabend und folg. Tage: Miß Helyett.

Friedrich-Wilhelmstädtisches

Freitag: ung. Die lustigen Weiber Komisch⸗phantastische Oper in

Text von H. S. von Freitag: Mit neuer Ausstattung.

von C.

Lustspiet in 5 Aufzügen von 7 Uhr.

Opern haus. 44. Vorstellung.

Anfang 7 Ukr. von Alerandre Bisson.

Akt von Benno Jacobson. Sonnabend Friquette.

Carl Laufs Anfang 7 ½ Uhr.

Adolph Ernst-Theater. Male: Adam

Dir verheimnce Der Vogelhändler. aen. in E vufagegmnach Dirigent: Kapellmeister einer X i6vi est. Must 1 1 8 8 1 88 vees ee von alües Fritzsche. Am Landes⸗Ausstellungs⸗Park (Lehrrer Bahnhof). Schauspielhaus. 49. Vorf Neu einstudirt: Dirigent: Hr. Kapellmeister Federm Anfang Geöffnet vor 1 e 9. Vorstellung. Neu ei ir Dirigent: Hr. Kapellmeister Federmann An ng wissenschaftlichen Theater.

Franz von Schönthan. Regie: Hr. Keßler. Anfang Sonnabend: Dieselbe Vorstellung.

Residenz-Theater. Direktion: Sigmund Lauten⸗ 3 Freitag: Zum 42. Male: Der selige Tou⸗ Ec; anz pinel (Fen Toupinel). Schwank b 3 Akten Verlobt: Frl. 8 stav von 5 6.I 4. 5 8 4 888 LSse- Moser. In Scene gesetzt e Herr. vn. in 7 ö“ von Ernst von Vorher zum 42. Male: Friquette. 8 L““ 1 In Scene gesetzt von Sigmund Lautenburg. Anfang 7 ½ Uhr Der selige Tonupinel.

Belle-Alliance-Theater. Freitag: Ensemble⸗ Gastspiel von Mitaliedern des Wallner⸗Tbeaters.

Sonnabend und folg. Tage: Pension Schöller.

und Eva.

Der bei dem Unfall verunglückte Conducteur Weidl befindet sich in der Besserung. 3

Ob ihm durch die erlittenen Verletzungen ein bleibender Nach⸗ theil erwachsen wird, kann zur Zeit noch nicht beurtheilt werden.

New⸗York, 18. Februar. Der Dampfer des Norddeutschen Lloyd „Havel“ kollidirte, wie „W. T. B.“ meldet, in See gehend, mit der italienischen Barke „Mascotte“. Letztere sank, wobei zwei Leute von der Mannschaft ertranken.

New⸗York, 17. Februar. Unweit Pittsburg ereignete sich ein beklagenswerther Eisenbahnunfall. Als der nach Washington gehende Schnellzug die Krümmung unterhalb der An⸗ höhen von Duquesne passirte, löste sich eine Felsmasse im Gewicht von etwa zweihundert Pfund vom Kliff los und fiel auf den dahin⸗ fahrendrn Zug. Die Felsmasse zertrümmerte die Decke eines Personen⸗ waagons, wodurch eine junge Frau auf der Stelle getödtet wurde, während drei Mädchen schwere Verletzungen davontrugen.

New⸗York, 18. Februar. Der niedrig gelegene Theil von Johnstown im Staate Pennsylvanien ist überschwemmt und das Wasser in schnellem Steigen begriffen. Hunderte von Häusern sind von ihren Bewohnern verlassen worden, welche sich in Booten nach dem höher gelegenen Theil der Stadt flüchten. Die Fluthen haben den Einsturz mehrerer Brücken zur Folge gehabt. Auf dem Shady Creek befinden sich Holzflöße von mehr als vier Millionen Fuß Holz, welche in Gefahr stehen, von dem Wasser aus⸗ einandergerissen und fortgetrieben zu werden. Auch in Ost⸗Ohio und West⸗Virginien haben die Fluthen viele Brücken zerstört. Das Wasser der Flüsse stürzt noch immer und an vielen Orten wurde im Steigen begriffen der Eisenbahnverkehr durch die Fluthen unter⸗ brochen. In Pittsburg und Alleghany stehen die Häuser unter Wasser; Tausende von Einwohnern wurden gezwungen zu fliehen. In der Nähe der Cambria⸗Eisenwerke sind sämmtliche Häuser ve lassen.

San Francisco, 16 Februar. Der am Sonnabend aus Australien hier eingetroffene Dampfer „Alameda“ bringt die Nach⸗ richt von einer ernsten Heuschreckenplage, welche den Botanischen Garten in Ballarat heimgesucht hat. Die Heuschrecken sollen auch die Weizenernte in Victoria ruinirt und einen Verlust von 18 000 000 Busbhels veranlaßt haben, wovon 10 000 000 für den Export bestimmt waren.

Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.

Wien, 19. Februar. (W. T. B.) Der Kaiser richtete direkt an den Minister⸗Präsidenten Grafen Taaffe ein Telegramm, in welchem er sich nach dessen Befinden er⸗ kundigte. 1

Agram, 19. Februar. (W. T. B.) Kron⸗Kardinal Geheimer Rath D. Joseph Mihalovic ist heute gestorben.

Rom, 19. Februar. (W. T. B.) Der König hat den Abg. Buttini zum Unter⸗Staatssekretär im Arbeits⸗ Ministerium und den Contre⸗Admiral Corsi zum Unter⸗ Staatssekretär im Marine⸗Ministerium ernannt.

New⸗York, 19. Februar. (W. T. B.) Präsident Harrison, welcher sich gegenwärtig hier befindet, hat den ehemaligen Gouverneur von Ohio Foster hierher berufen. Man glaubt, Foster werde zum Nachfolger des Schatzsekretärs Window ernannt werden. 8

Die Hochfluth in Pennsylvanien beginnt zu sinken. Der Schaden, welchen das Hochwasser in Pittsburg ange⸗ richtet hat, wird auf eine Million Dollars veranschlagt.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)

Sing -Akademie. Freitag, Abends 7 ½ Uhr: Concert der Mezzosopraristin Marie Deype, unter gefälliger Mitwirkung des Violinvirtuosen Herrn Charles Gregorowitsch, sowie des Pianisten Herrn Theater. Hans Brüning.

Zum 1. Male:

Mrania, Anstalt für volksthümliche Naturkunde.

Täglich Vorstellung im

Geöffnet von 12—11 Uhr. 1 Näheres die Anschlag⸗

zettel. —z—é—m—ynrn Familien⸗Nachrichten. Ernestine Berger mit Hrn. Wilhelm Ingelbach (Heddersdorf und Weveling⸗ hoven). Frl. Therese Harder mit Hrn. Karl Intemann (Hamburg). Fril. Elisabeth Haeckel mit Hrn. Dr. Hans Meyer (Jena-— Leipzig). Geboren: Ein Sohn: Hrn. Staatsanwalt Liebe (Chemnitz). Hrn. Prem. Lieut. Grafen von Schlieben (Halberstadt). Hrn. Friedr von Natbusius (Uchorowo bei Obornik). Hrn. Kgl. Rentmeister Kubitzky (Gostyn in Posen). Hrn. Wilh. Wenckler jun. (Uhlenhorst). Hrn. M. Lehmann (Nordenburg) Hrn. Gerichts⸗Assessor Bauer (Löwenberg i. Schl.). Hrn. Fritz Pantell (Breslau). Hrn. Oskar von Asten (Eupen) Eine Tochter: Hrn. P. Meyer (Hamburg, Rothenburgsort). Hrn. Eugen Ungerer (Sydney) Hrn. Hauptmann Wolf Zum von Wurmb (Cassel) Hrn. Kgl. Haupt⸗Zoll⸗ amts⸗Assistenten Paul Daum (Mvyzslowitz). Hrn. Heinr. Junker (Harzburg). Hrn. Max Roeder (Chemnitz).

Schwank in

Vorher:

Freitag: Gesangsposse

C K-. c. 6 ½ w 8 Couplets von Jacobson und Gustav Görß. Musik Gestorben: Hr. Apotheker Wilhelm Sparkuhle

Thomas-Theater. Alte

G. von Moser und G. Steffens.

ttag: 2. Male: Couplets von Alfred Bender. b Emil Thomas. Anfang 7 ½ Uhr.

Musik von G. Lehn⸗ auf Reisen

Freitag: Hedda Gabler. von Adolph Ferron. Anfang 7 ½ Uhr.

Schauspiel in 4 Akten von Henrik Ibsen. Sonnabend: Das Gnadenbrod. Fortuna. Sonntag: Das Gnadenbrod. Fortuna. Die erste Aufführung des Lustspiels Der Probe⸗

Freitag: Zum 18. Male: Der pfeil von Oskar Blumenthal findet Dienstag statt. auf Reisen. Posse mit Gesang von A. L Arronge,

Bial. In Scene gesetzt von A. Kurz. Die neuen

Sonnabend und folgende Tage: Der Registrator

Jakobstraße

(St. Andreasberg). Frl. Helene Brenne (Königswinter). Frau Rittergutsbesitzer Klara 30 Großmann,. geb. Gothein (Berlin). Hr. Kgl. 4 Kreis⸗Schulinspektor Julius Anderseck (Schönau a. Katzbach). Hr. Oekonomie⸗Direktor a. D. T. Möller (Ratibor). Hrn. Otto Bormann Sohn Walter (Magdeburg). Hr Gutsbesitzer Julius Klemm (Simmelwitz bei Namslau).

Registrator Musik von R.

Cäsar Wichtig:

Redacteur: Dr. H. Klee, Direktor. Berlin:

Concert-Haus. Freitag: Zum 14. Male: Concert. 5. Virtuosen⸗Abend. Akten von!

Freitag:

Concert⸗Anzeigen.

Verlag der Expedition (Scholz).

Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32. Sechs Beilagen 18 (einschließlich Börsen⸗Beilage).

Carl Meyder⸗

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗

auch den Sozialdemokraten eröffnet worden, als die Subkommission

Erste Beilage

nzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

Berlin, Donnerstag, den 19. Februar

1891.

Deutscher Reichstag. 69. Sitzung vom 18. Februar, 1 Uhr. Am Tische des Bundesraths: Der Staatssekretär

Dr. von Boetticher und der Staats⸗Minister Freiherr von

Berlepsch. 3 8 8

Die zweite Berathung des Arbeiterschutzgesetzes ist ange⸗ langt bei §. 105 f, welcher der unteren Verwaltungs⸗ behörde die Befugniß verleiht, im Falle eines zur Ver⸗ hütung eines unverhältnißmäßigen Schadens eintretenden, nicht vorherzusehenden Bedürfnisses der Beschäftigung von Arbeitern an Sonn⸗ und Festtagen Ausnahmen von den Bestimmungen über die Sonntagsruhe für bestimmte Zeit zuzulassen. saach Absatz 2 ist die Verfügung der betreffenden Behörde schriftlich zu erlassen und eine Abschrift derselben an der Be⸗ triebsstätte für die Arbeiter auszuhängen. Die Behörde soll nach Absatz 3 über die von ihr gestatteten Ausnahmen ein Ver⸗ zeichniß führen.

Der Abg. Auer und Genossen wollen die Befugniß der Behörde zur Genehmigung von Ausnahmen in jedem einzelnen Falle nur „auf höchstens vierzehn Tage“ 55

Ferner beantragen die Abgg. Dr. Böttcher und Dr. Clemm⸗Ludwigshafen, zwischen Absatz 2 und 3 einzufügen:

„Werden Arbeiten der in Absatz 1 gedachten Art erforderlich, bevor die Erlaubniß zur Vornahme derselben eingeholt werden kann, so ist der Gewerbetreibende verpflichtet, vor Beginn dieser Arbeiten schriftlich Anzeige bei der unteren Verwaltungsbehörde u machen, welche alsdann nachträglich zu entscheiden hat, ob die

¹ gestatten waren.“

Abg. Stolle: Durch schlossene Kartell, dem zur Ver⸗ wunderung seiner Partei auch d reisinn beigetreten sei, seien soviel Hinterthüren geöffnet worden, daß von der Sonntagsruhe eigentlich gar nichts übrig bleibe, daß der Sonntag zum Werktage gemacht werde Das non plus ultra von Ausnahmen biete §. 105 f. Wer definire und entscherde denn, ob ein unverhältnismäßig großer Schaden bei dem betreffenden Industriellen eintrete? Die untere Verwaltungs⸗ behörde, d. b. in Sachsen der Bürgermeister bezw. der Gemeinde⸗ vorstand. Der Herr Bürgermeister sei aber in der Regel mit dem Fabrikanten verschwägert oder verschwistert komme er doch meist als unverheiratheter Mann in den Ort und suche sich das beste Gold⸗ fischchen unter den Fabrikantentöchtern aus —, und er werde sagen, warum soll ich meinem Schwager oder Vetter diesen Geschäftsvortheil nicht gönnen? Die Führung des Verzeichnisses über die am Sonntag beschäftigten Arbeiter werde keine genügende Kontrole sein, man werde dem aufsichtführenden Beamten die Sa schon plausibel machen und sich wohl gar auf den Vortheil der Arbeiter berufen. Die Ausnahmen sollten auf bestimmte Zeit gewährt werden. Was sei „bestimmte Zeit“? 4, 8 Wochen oder ganze Jahr? Durch eine solche Latitude könne man schließlich di nze Bestimmung um⸗ gehen. Man sage, man dürfe der Industrie nicht von vornherein zu große Opfer zumuthen. Ohne diese Opfer kein wirksamer Ar⸗ beiterschutz.

Regierungs⸗Rath Dr. Wilhelmi: Die Behaup diesem Gesetz die Sonntagsruhe der Arbeiter die Sonntagsarbeit die Regel bilden werde, müsse er von dief 2 aus auf das Entschiedenste bestreiten. Was den Arbeitern in dieser Gesetz an Schutz gewährt werde, gehe weit hinaus über das, was ihnen in den meisten im Deutschen Reich geltenden Bestimmungen gewährt werde. Dies gelte auch von dem §. 105f. Bisher seien sogenannte dringliche Arbeiten ohne Weiteres erlaubt gewesen. Dem schiebe dieses Gesetz einen Riegel vor und setze an die Stelle der dringlichen Arbeiten das Kriterium der Verhütung eines unverhältniß⸗ mäßigen Schadens und eines nicht vorherzusehenden Bedürfnisses. Bei diesen Einschränkungen würden ungebührliche Sonntagsarbeiten nicht mehr vorgenommen werden können. Die vierzehn Tage, welche der Antrag Auer zulassen wolle, reichten nicht aus; sie würden zu unnöthigen Härten führen, die Ausnahme müsse von der Lage des jeweiligen Falles abhängen. Einer zu weitgehenden Gestattung der Sonntagsarbeit beugten die im §. 105f vorgesehenen Kontrol⸗ vorschriften vor. Die Landes⸗Centralbehörde werde jeder Zeit in der Lage sein, an der Hand derjenigen Erfahrungen, welche man auf Grund des Verzeichnisses machen werde, darauf hinzuwirken, daß die Ausnahmen nicht über das Bedürfniß hinausgingen Er bitte deshalb, den Antrag Auer abzulehnen. Der Antrag Böttcher habe bereits der Kommission vorgelegen, sei aber abgelehnt worden; er würde sowohl für den Arbeitgeber wie die aufsichtführende Behörde eine unangenehme Situation schaffen. Er sei aber auch auf Grund anderer Bestimmungen entbehrlich.

Abg. Dr. Böttcher: Die stark übertriebenen Darlegungen des sozialdemokratischen Redners habe der Regierungsvertreter bereits wider⸗ legt. Zugeben könne er aber nicht, daß seine (des Redners) Einschaltung

2

zum §. 105 f entbehrlich sei. Es könne sehr leicht der Fall eintreten, daß die Sonntagsarbeit nothwendig werde, ohne daß eine Erlaubniß von der unteren Verwaltungsbehörde eingeholt werden könne. In diesem Fall müsse der Gewerbetreibende in der Lage sein, auf seine Gefahr die Arbeiten vornehmen zu lassen. Daß ein Mißbrauch mit dieser Befugniß getrieben werden könne, müsse er auf das Allerentschiedenste bestreiten, denn unter allen Umständen sei ja der Gewerbetreibende gezwungen, sich selbst zu denunziren.

Abg. Dr. Hartmann: Er könne den Antrag des Vorredners heute eben so wenig empfehlen, wie in der Kommission. Der Hin⸗ weis auf den Schutz des Strafgesetzbuches sei unangebracht, und wenn man dem Arbeitgeber keinen bösen Willen oder auch nur keine grobe Fahrlässigkeit nachweisen könne, so könne er eben nach den allgemeinen Lehren von dolus und culpa nicht bestraft werden. Auch gegen den Antrag Bebel müsse er sich erklären, weil derselbe verhältnißmäßig große Härten enthalte. Seine Partei habe die früher beabsichtigte Bestimmung, daß die Befugniß der oberen Verwaltungsbehörde auf 6 Wochen und die der unteren auf 14 Tage eingeschränkt werden sollte, fallen gelassen, weil bei schleunigen Sachen das Hineinziehen der höheren Verwaltungs⸗ behörde überhaupt zweckwidrig wäre. Ohne in Erwiderung der all⸗ gemeinen Bemerkungen des Abg. Stolle eine Generaldebatte wieder einführen zu wollen, müsse er (Redner) ihm doch nur entgegnen, daß der Arbeiterschutz nicht auf Drängen der Arbeiter, worunter er wohl sozialdemokratische Arbeiter verstehe, eingeführt sei. Man habe schon seit 1869 in der Gewerbegesetzgebung einen weitgehenden Arbeiter⸗ schutz, die Einzelstaaten hätten ihn schon früher eingeführt, und man werde ihn hier ebenso entwickeln, wie die anderen Völker, indem man nach und nach das Gebäude aufführe. Je mehr man die Entwickelung Deutschlands zu einem Industriestaate vorschreiten sehe, um so mehr empfinde seine Partei auch die Verpflichtung, die Arbeiter hierbei zu schützen. Das sei das Motiv, welchem die Re⸗ und seine Freunde folgten, nicht das Drängen der Arbeiter. lIbg. Stolle habe auch das sogenannte neue Kartell be⸗ rührt. Alle, die das Zustandekommen dieses Gesetzes wollten, würden sich zusammenthun, um etwas Brauchbares zu schaffen.

2 —!

Ginge es nach dem Sinn der Sozialdemokraten, so würde gar kein

Gesetz zu Stande kommen. Der Weg zu dem neuen Kartell sei

vor der zweiten Lesung zusammengetreten sei; sie hätten den Beitritt abgelehnt, was von ihrem Standpunkt ganz konsequent gewesen sei. An dem §. 105f habe die Kommission nun ganz sicher solche Verände⸗ rungen der Regierungsvorlage vorgenommen, die den Arbeitern zum Vortheil gereichten. Er bitte, den Kommissionsantrag anzunehmen, denn die Zulassung der unteren Verwaltungsbehörden ermögliche eine schnelle Erledigung, und das Vorbandensein der höheren Behörden und der Fabrikinspektoren leiste Gewähr dafür, daß keine Pascha⸗ wirthschaft einreiße.

Vize⸗Präsident Graf Ballestrem: Es lasse sich von dieser

bei jedem Paragraphen allgemeine

nlte herangezogen würden, indem man sie mit dem betreffenden

en in mehr oder weniger enge Berührung bringe; indem dann

anderen Seite darauf geantwortet werde, entstehe bei jedem

aragraphen die schönste Generaldebatte. Was hierbei aus der Zeit

id den Geschäften des Reichstages werden solle, könne man sich

n. Er bitte die Redner aller Parteien, sich solcher Rückfälle zu

halten, wenn die Vorlage in absehbarer Zeit erledigt werden solle. eifall.

Abg. Dr. Hirsch: Seine Partei wolle die nothw tagsarbeit nicht verhindern. Ausnahmen von der könnten ja im Interesse der Industrie eintreten, aber man nicht zu weit gehende Bestimmungen in die Hände der unteren Verwaltungsbehörde legen. Der Begriff des unverhältnißmäßigen Schadens sei sehr dehnbar, und wenn seine Partei für den §. 105 f stimme, so thue sie es unter der Voraussetzung, daß eine kurze Frist für ihn bestimmt werde. Erscheine der Antrag Bebel als gar zu kurz bemessen, so könne man ja für die dritte Lesung eine andere Fassung vorschlagen. Vorläufig werde aber seine Partei für den Antrag Bebel stimmen, und er bitte, ihn anzunehmen, schon um das Mißtrauen F Arbeiter gegen die wohlmeinenden Bestinmungen des Gesetzes m unterdrücken.

Abg. Bebel: Nach der dringenden Ermahnung des Präsidenten verzichte er für jetzt auf eine Widerlegung der allgemeinen Bemerkungen des Abg. Dr. Hartmann, werde sie aber in der dritten Lesung mit Zins und Zinseszins bringen. Nur bemerke er, daß in der 2 sammlung der S nd. Wirthschaftsreformer der bg. Graf von Mi 1 er die Vorlage und ihre Motive ganz anders ausgespe habe als der Abg. Dr. Hart⸗ mann und fast wörtl it den Ausführungen des Abg. Stolle übereingestimmt habe. (des Redners) Partei

der Subkommission ili weil sie vorausgesel

darum, zu fassen, die die g mundgerech ollten. Der Regierungs⸗Rath rotestire dagegen, dieser Paragraph die S ichen beseitige. Die Regierung und die anderen Parteien ses ständen eben wesentlich auf Partei aber vertrete die In arum betrachte seine Partei die Vorlage un zesichtswinkeln; ihm seien, auch von Leuten, en, zahlreiche Zuschriften zugegangen, in denen die ieser Vorlage getadelt würden. Der Regierung in Bezug auf diesen Paragraphen den wesentli 1 Vorlage gegenüber dem bestehenden Recht gefunden, daß in diesem vom „dringenden Bedarf“ di . wo in jener der „unverhältnißmäßige Schaden“ gesetz 9

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aber gar kein Unterschied, sondern in der Praris we

als das Nämliche herausstellen. Hier sollten nun die waltungsbehörden zu entscheiden haben, aber das seien doch schließlich auch bloß Menschen, und sie würden nicht im Stande sein, richtige Entscheidungen zu treffen, zumal die Arbeitgeber schlau genug seien, wenn sie am Sonntage arbeiten lassen wollten, auch eine ge⸗ hörige Motivirung dafür zu finden. Ein Arbeitgeber thue es dem anderen voraus, und schließlich sei es dahin ge⸗ kommen, daß schon viele Arbeiter die Sonntagsarbeit für selbst⸗ verständlich hielten. Man denke den Fall, daß Jemand einen Schneider dränge, ihm ein Kleidungsstück zu einem bestimmten Termine zu liefern. Dann werde der chneider, um den Kunden befrie⸗ digen zu können, die Erlaubniß zur Sonntagsarbeit nachsuchen, und um ihm nicht den Verlust des Kunden zuzufügen, werde diese Erlaub⸗ niß auch gegeben werden. Dem gegenüber sei es eine sehr mäßige Forderung, daß solche Ausnahmen sich nur auf 14 Tage erstrecken dürften. Wenn die Arbeit so dränge, daß Sonntagsarbeit eintreten müsse, so werde selbstve r Arbeitgeber auch Nacht⸗ arbeit eintreten lassen, und es 1 enn gar keine Zeit⸗ beschränkung eintrete, den du rmäßige Wochentagsarbeit ent⸗ kräfteten Arbeitern auch noe 8 genommen. Nun komme gar der Antrag Böltch W n den annehme, so werde die Sonntagsruhe bi s

8 f den letz beseitigt. Die untere Verwaltungsbehörde ch schwer en en können, ob der Arbeitgel n gehandelt gemein werde sie mildherzig annehmen, daß es der Fall gewesen sei, aber auch im entgegengesetzten Falle, wenn sie eine Strafe verfüge, so werde es der Arbeitgeber doch auf eine Bestrafung ruhig ankommen lassen, weil der Vortheil, der ihm aus der Sonntagsarbeit erwachse, größer sei. Solle der Arbeiterschutz nicht bloß auf dem Papier stehen bleiben, dann bitte er, den Antrag seiner Partei anzunehmen.

Regierungs⸗Rath Dr. Wilhelmi: Im Interesse der Sonntags⸗ ruhe der Arbeiter möchte er nicht, daß die Auffassung des Abg. Bebel für die Handhabung des §. 105 f maßgebend würde. Gegen den jetzigen Zustand biete die Vorlage entschieden eine Verbesserung, denn jetzt sei es gestattet, dringende Arbeiten ohne Weiteres am Sonntag vor⸗ zunehmen, ohne daß eine besondere Erlaubniß der Behörden dazu nöthig sei Und dann begnüge sich der §. 105f nicht damit, daß er lediglich die betreffenden Arbeiten gestatte, sondern er fordere ferner ein genaues Verzeichniß der geleisteten Arbeiten, der Anzahl der be⸗ schäftigten Arbeiter und der Dauer der Beschäfttgung derselben. Der Abg. Dr. Hirsch erkläre den Begriff des unverhältnißmäßigen Schadens für sehr dehnbar, aber es werde kaum möglich sein, diesen Begriff durch einen anderen zu ersetzen. Die Dehnbarkeit sei bedingt durch die Viel⸗ gestaltigkeit des wirthschaftlichen Lebens, und es werde nie ein Begriff zu finden sein, der alle und jede Bedenken ausschließe. Die Vorlage habe ja auch das Korrektiv gegen eine allzu weite Ausdehnung gegeben, und dieses liege in dem geforderten Verzeichniß.

Abg. Dr. Böttcher: Seine Partei stelle sich nicht auf den Stand⸗ punkt der Unternehmer allein, sondern auf den der Allgemeinheit, und suche zwischen Unternehmern und Arbeitern zu vermitteln und dadurch den sozialen Frieden zu fördern. Sein Antrag sei in der Kommission zwar abgelehnt worden, aber nur mit 11 gegen 10 Stimmen. Durch die Gegengründe sei er von der Verwerflichkeit seines Antrages nicht überzeugt worden. Man sage, sein Antrag öffne dem Mißbrauch Thür und Thor. Die Strafbestimmungen seien keine genügende Schutz⸗ wehr, denn der betreffende Unternehmer würde von den Richtern immer als bona fide handelnd betrachtet und nicht bestraft werden. Die Zubilligung der bona fides könne die Strafe wohl mildern, aber nicht ganz aufheben. Der Abg. Bebel sage, der Gewinn des Unter⸗ nehmers könnte größer sein als die Strafe, und er werde sich deshalb durch letztere nicht abhalten lassen. Dagegen werde aber auch der Antrag Bebel nichts nützen. Der Regierung gebe er noch zur Er⸗ wägung anheim, daß, wenn der Reichstag die nachträgliche Genehmi⸗ gung solcher Arbeiten nicht festsetze, der Unternehmer gar zu leicht in die Versuchung kommen könne, sich an §. 105 c zu halten, denn er könne sich danach mit großer Leichtigkeit einen Nothstand oder die

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bwendung einer Gefahr konstruiren, und dann hbabe man gar keine ttrole über ihn, während er sich sonst an diesen Paragraphen halten sich unter allen Umständen selbst denunziren müsse. Ohne seinen rag würde also der Mißbrauch des §. 105 c größer werden.

. Freiherr von Stumm: Er stimme jetzt gegen den Antrag

ber, obwohl er in der Kommission dafür gewesen sei. Die ũ für und gegen hielten sich so ziemlich die Waage. Man Ute nicht bei jedem Paragraphen das in der Kommission gefundene ompromiß wieder in Frage stellen. Bei prinzipiellen Fragen sei as Anderes, aber bei diesem⸗- kleinen Punkt könne man es ei dem Kommissionsbeschluß lassen.

Abg. Stolle: Nach dem Wunsche des Präsidenten wolle auch er auf die allgemeinen Aeußerunge A Dr. Hartmann nicht eingehen. Seine Bedenken gegen den §. 105 f seien nicht widerlegt. Eine Verbesserung des jetzigen Zus⸗ te derselbe keineswegs, in Sachsen z. B. bestebe estimmung. Mit der Berufung an die oberen V ngst nin Sachsen schlechte Erfahrungen gemacht, dem Muster des Pattkamer⸗ schen „sofort“ dauere die Entscheidung der oberen Behörde immer ziemlich ein halbes Jahr. Ueber die Berufung gegen eine Kreis⸗ hauptmannschaft anläßlich einer Wahl sei erst nach vier Monaten entschieden worden, betreffende Abgeordnete schon längst in der Kammer ge und sein Mandat sogar von der Kammer kassirt worden sei. In Sachsen seien Bürgermeister nicht wiedergewählt worden, sie nicht genügende Rücksicht auf die Bourgeoisie genommen hätten. Die Besitzenden hätten es immer in der Hand, die Wiederwahl eines Bürgermeisters zu verhin . heiße nach dem Sprichwort: „König absolut, wenn er unse thut“, hier: „Bürgermeister absolut, wenn er für die Fabrikbesitzer eintritt.“ Der Bürgermeister werde, um sich eine fette Pfründe zu sichern, immer den Leuten zu Willen sein. Wer es ehrlich mit den Arbeitern meine, müsse sagen: Bis hierher und nicht weiter! Abg. Dr Hartmann: Der Abg. Dr. Böttche in seinen Aus⸗ fübrungen die Bedeutung des Irrthums im

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übersehe Wenn Jemand einen zum gesetzlichen Thatbestand Umstand von Wichtigkeit nicht kenne, koͤnne er nich . denn, daß die Unkenntniß auf Fahrläs Beweis habe der Angeschuldigte im es müsse ihm Alles bewiese

Wirkung von dem Antrage Stolle und Bebel hätten gemeint, der Rei schutzgesetzgebung nur durch den Arbeiterf edrängt worden, und

Abg. Graf Mirbach solle das selbst auf dem Kongreß der uer⸗ und Wirthschaftsreformer“ geäußert haben. Der Abg. Graf Mirbach, der am Erscheinen heute verhindert sei, habe ihn gebeten zu erklären, daß das ein völliger Irrthum sei. Nach einem steno⸗ graphisch treuen Bericht der „Kreuzzeitung“ habe der Abg. Graf Mirbach nur gesagt: „Das Tempo ist auf dem Gebiete der Sozial⸗ gesetzgebung ein zu schnelles“, und an einer anderen zweites Moment der Beunruhigung ist die vi Zusammenhange mit dem Reichstagswahl allen Parteien (also auch bei den z okrat ohne Ausnahme bhervortretende Neigung, eiterfrage ohne genügenden Zusammenhang mit der Produktion, der wirth schaftlichen Lage, den Arbeitgebern überhaupt lösen zu wollen. Hüten wir uns vor einem überstürzten Tempo in unserer Gesetzgebung vergessen wir nicht, daß das Bestehende die Frucht historischer Ent⸗ wickelung ist, das Erbtheil unserer Väter, dessen wir uns nicht schämen brauchen.“ und Bebel s

Sächsische ndesberollmächtigter Geheimer Regierungs⸗Rath

: 1 .Stolle habe hervorgehoben, daß er in seinem Zaterlande insof schlechte Erfahrungen gemacht habe, als durch die höheren Ver ungsbehörden die gegen die erstinstanzlichen Ent⸗ scheidungen eing Rechtsmittel in der Regel erst nach sechs Mo⸗ naten erledigt en. Diesen Vorwurf der Verschleppung müsse er (Redner) als vollständig unzutreffend zurückweisen, um so mehr, als der Hr. Abg. Stolle nicht im Stande gewesen sei, spezielle Fälle zu bezeichnen. Er habe zwar auf einen Einzelfall Bezug genommen; derselbe passe aber hier um deswegen nicht, weil die gegen das betreffende Wahl⸗ verfahren eingewandten Ausstellungen zunächst Gegenstand der Be⸗ rathung und Beschlußfassung der Ständeversammlung sein müßten, nicht aber der der höheren Verwaltungsbehörde sein könnten.

Abg. Stolle: Der Vorredner gebe selbst zu, daß in einem Falle eine Verschleppung vorliege, die aber anderen Faktoren zuzu⸗ schreiben sei. Nun sei aber jede Beschwerde wegen Verletzung des Wahlrechtes in Sachsen bei der Kreishauptmannschaft anzubringen, und hier habe man die Beschwerde so lange liegen lassen, bis die Wahl überhaupt entschieden sei, und dann erst erklärt, man inkompetent sei. Ferner habe er seit Aufhebung des zialistengesetzes in seinem Wahlkreise noch nicht eine Versammlung lten dürfen. (Präsident von Levetzow: Das gehöre doch lich nicht zu dem Gegenstand der Berathung).

hsischer Bundesbevollmächtigter Geheimer Regierungs⸗Rath

Nur ein Wort. Ueber die hier durch den Rekurs an⸗

eitige Frage habe zunächst der Landtag zu entscheiden.

sich außerdem empfohlen haben für die betreffende Be⸗ zu erwarten, ob die erhobenen Einwendungen von der ändeversammlung als gerechtfertigt anerkannt würden. In der Abstimmung wird der Antrag Auer gegen die Stimmen der Sozialdemokraten und eines Theils der Frei⸗ sinnigen, der Antrag Böttcher gegen die Stimmen der Nationalliberalen abgelehnt, §. 105f unverändert ange⸗ nommen.

§. 105 g bestimmt, daß das Verbot der Sonntagsarbeit durch Kaiserliche Veroradnung mit Zustimmung des Bundes⸗ raths auf andere Gewerbe ausgedehnt werden kann. Diese Verordnungen sind dem Reichstage zur Kenntnißnahme vorzu⸗ legen. Die nach §§. 105 c bis 105 f zugelassenen Ausnahmen sollen alsdann gleichfalls Anwendung finden.

Abg. Payer: Ein Blick auf die praktischen Resultate der Berathung zeige ihm, daß es besser wäre, einen Paragraphen an Stelle des ganzen Arbeiterschutzgesetzes zu stellen, welcher besage, der Arbeiterschutz werde geregelt durch Kaiserliche Verordnung unter Zu⸗ stimmung des Bundesraths und der Subkommission Gutfleisch und Genossen. Die vorliegende Bestimmung schneide nicht allein tief in die Interessen der Arbeiter und Arbeitgeber ein, sondern auch in die des großen Publikums. Sie werde gewisse ernstliche Abänderungen in der ganzen Lebensführung und wirthschaftlichen Haltung mit sich bringen. Solle es nun auch zulässig sein, durch einfache Kaiserliche Verordnung für das Gast⸗ und Schankgewerbe wie für das Verkehrs⸗ gewerbe ein Verbot der Sonntagsarbeit auszusprechen? Man solle dem Bundesrath für alle Zeiten das Recht hierzu geben, was aber für ihn (den Redner) ausreichend sei, gegen diese Bestimmung zu stimmen. Der gegenwärtige Reichstag folle nicht bloß für seine eigene Amtsdauer auf sein Recht verzichten, was zu den bedenklichsten politischen und konstitutionellen Konsequenzen führen müsse. Er habe zu dem Bundesrath das beste Vertrauen; aber auch dieser wechsele mit seinen Anschauungen, wie man das bei den Regierungen

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im Deutschen Reiche auch schon erlebt habe. Der Bundesrath habe

wiederholt halbfertige Gesetzentwürfe abgeliefert, und es habe der 8 1 G 1