—
über Westdeutschland
wurde die zweite Berathung des Entwurfs eines Ein⸗ kommensteuergesetzes fortgesetzt. Zur Diskussion wurden gestellt die §§. 84 und 85 und in Verbindung damit in zweiter Berathung der Gesetzentwurf über die Abänderung des Ge⸗ setzes vom 14. Mai 1885, betreffend Ueberweisung von Be⸗ trägen, welche aus landwirthschaftlichen Zöllen eingehen, an die Kommunalverbände. §. 84 nach den Beschlüssen der Kommission lautet: Uebersteigt die Einnahme an Einkommensteuer für das Jahr 1892/93 den Betrag von 80 000 000 ℳ und für die folgenden Jahre einen um je 4 % erhöhten Betrag, so werden die Ueberschüsse, nach Maßgabe eines zu erlassenden besonderen Gesetzes, zur Durch⸗ führung der Ueberweisung von Grund⸗ und Gebaͤudesteuer an kom⸗ munale Verbände verwandt.
84a.: Bis zum Erlasse des im §. 84 erwähnten Gesetzes, jedoch
längstens bis zum Etatsjahre 1893/94 einschließlich sind die Ueber⸗ schüsse zu einem besonderen von dem Finanz⸗Minister zu verwalten⸗ den Fonds abzuführen, welcher einschließlich seiner Zinsen nach Maß⸗ gabe des §. 84 zu verwenden ist. 83s: §. 84 vorgesehene Gesetz nicht bis zum 1. April st das im §. 84 vorgesehene Gesetz ni zum 1. Apri Cö so sind die daselbst bezeichneten Ueberschüsse ein⸗ schließlich des bis dahin etwa aufgesammelten Fonds nach Maß⸗ gabe der folgenden Bestimmungen zum Erlaß eines entsprechenden Betrages an Einkommensteuer zu verwenden: 1
I. Der zum Erlaß zu verwendende Betrag wird durch den Staatshaushalts⸗Etat festgestellt. 8
II. Der Erlaß findet in gleichen Monatsraten aller Steuer⸗ stufen statt. Insoweit der verfügbare Erlaßbetrag zur Deckung des Ausfalls einer vollen oder einer weiteren vollen Monatsrate der sämmtlichen Steuerstufen der für das betreffende Jahr veranlagten Einkommensteuer nicht zureicht, ist der etwa verbleibende Ueberschuß des Erlaßbetrages zum Erlaß bezw. zum ferneren Erlaß einer Monatsrate derjenigen Steuerstufen, von unten beginnend, zu verwenden, für welche derselbe ausreicht. 1¹“
Der etwaige Rest des Erlaßbetrages ist demjenigen des nächsten Jahres zuzusetzen.
III. Die Feststellung der Verwendung erfolgt durch den Finanz⸗ Minister, sobald die Veranlagung für dasselbe Jahr vollzogen ist. Das Ergebniß der Feststellung ist zu veröffentlichen. 1
IV. Der durch den Erlaß einer Monatsrate der Einkommen⸗ steuer oder einzelner Stufen derselben (Nr. II) entstehende Ausfall wird auf ein Zwölftel des aus der jährlichen Veranlagung sich er⸗ gebenden Jahressteuerbetrages unter Abzug von drei Prozent für die im Laufe des Jahres entstehenden Abzüge und Ausfälle bestimmt. 1
V. Die für die örtliche Erhebung und für die Veranlagung der Einkommensteuer den Gemeinden bewilligten Gebühren (§. 76) sind auch von den unerhoben bleibenden Monatsraten der Ein⸗ kommensteuer und zwar von dem nach der Bestimmung unter I1 zu berechnenden Betrage derselben aus der Staatskasse zu ge⸗
währen. Die XIII. Kommission für das Volksschulgesetz
beantragt: 8 Zur hnte egscaa von Gemeinden (Gutsbezirken, Schulver⸗
bänden) bei Volksschulbauten wird der Staatsregierung ein Betrag von 20 Millionen Mark zur Ver deucg gestellt.
Die für die Unterstützungen erforderlichen Beträge sind aus den bereitesten Mitteln des Staats zu zahlen und demnächst aus den im §. 84a des Gesetzes, betreffend die Einkommensteuer, be⸗
zeichneten Ueberschüssen zu ö
Dem Landtage ist jährlich über die Ausführung des Gesetzes Rechenschaft zu geben.
Wetterbericht vom 21. Februar, Morgens 8 Uhr.
Tanz von E.
Stationen. Wetter.
Bar. auf 0 Gr.
u. d. Meeressp red. in Millim 8 3
bedeckt erscheinen.
Rullaghmore 8 bedeckt Schauspielh
Aberdeen.. Christiansund Kopenhagen. Stockholm. aparanda. oskau ...
Cork, Queens⸗ qn
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Neufahrwasser
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Dunst wolkenlos
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Dunst Wildenbruch. Nebel
Nebel bedeckt Deutsches
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Nebel — Nebel 31 Nebel 2 heiter 1 wolkenl. ¹) 3 heiter OS 1 halb bed. SO 2 bedeckt 1 bedeckt still bedeckt OSO 2 wolkenlos ONO A bedeckt ONO 5 bheiter
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Goldfische.
Dienstag:
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feind.
Uebersicht der Witterung. . Die Luftdruckvertheilung hat sich im Allgemeinen
mums liegt über dem östlichen Deutschland, sodaß schwache südöstliche Luft⸗ strömung eingetreten ist. In Central⸗Europa ist das Wetter ruhig, im Südwesten heiter, sonst trübe Die sieben
und neblig, ohne meßbare Niederschläge. In su 5 v — Sroß i 5 Akten von Emil Pohl. Musik von G. Lehn⸗ Deutschland herrscht allenthalben Frestwetter, nur hardt. Balletcompositionen des 3. Aktes von C.
in den centralen Gebietstheilen liegt die Temperatur A. Raida.
etwas über dem Gefrierpvunkt. In SüdostCuropa C. Severini. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur W. Hock. Anfang 7 ½ Uhr.
ist ebliche Erwärmung eingetreten. 8 ““ LHegtsche Seewarte. Theater⸗Anzeigen.
Königliche Schauspiele. haus. 45. Vorstellung. Die Meistersinger von Nürnberg. Große Oper in 3 Akten von Richard Feher Dirigent: Kapellmeister Sucher. Anfang
r.
Schauspielhaus. 51. Vorstellung. Roderich Heller. Schönthan. Regie: Hr. Keßler. Anfang 7 Uhr.
Triedr
Sonntag:
Montag: Opernhaus. Allerhöchsten Befehl: Der Sturm. Zauber⸗Komödie 1 Iin 2 Aufzügen von Shakespeare. Nach A. W. von Dirigent: Hr. Kapellmeister Federmann.
V Schlegel's Uebersetzung. Musik von Wilhelm Taubert.
Die Eintrittskarten für das Parquet und den I. Rang werden zu dieser Vorstellung nur unter der Bedingung verkauft, daß die Damen in heller Abend⸗ Toilette, die Herren in Frack und weißer Binde
Dunst 4 Agent. Lustspiel in 4 Aufzügen von Hackländer.
Anfang 7 Uhr. Dienstag: Opernhaus. 47. Vorstellung. Lohen⸗
halb bed. grin. Romantische Oper in 3 Akten von Richard bedeckt Wagner. Anfang 7 Uhr. Schauspielhaus. wolkig Herr. Schauspiel in 7 Vorgängen von
vedeckt der Excellenz.
Montag: Funst I. Theil.
Dienstag: Die Kinder der Excellenz.
Die erste Aufführung von Das alte Lied, Schau⸗ spiel in 3 Aufzügen von Felix Philippi findet am Mittwoch statt.
Berliner Theater. Sonntag, Nachm. 2 ½ Uhr: Der Kaufmann von Venedig. Abends 7 ½ Uhr:
Montag: Die Journalisten.
Tessing-Theater. Sonntag: Der Volks⸗ Schauspiel in 5 Akten von Henrik Ibsen. Montag: Der Fall Clémenceau. Dienstag: Zum ersten Male: Der Probepfeil.
wenig verändert, der Kern des barometrischen Maxi⸗ Lustspiel in 4 Akten von Oskar Blumenthal.
Victoria-Theater.
Wallner-Theater.
Miß Helyett.
Sonntag: Opern⸗ Maxime Boucheron. Deutsch von Richard Genée.
Musik von E. Audran. Anfang 7 ½ Ubr. Montag und folg. Tage: Miß Helyett.
Lustspiel in 5 Aufzügen von Franz von 8 n; 28 2 Der Vogelhändler. Operette in 3 Aufzügen nach
Der Unterrichts⸗Minister und
Loë, von
Nummer ausführlicher berichten w — Die Wahlprüfungs⸗Kom
erklären;
der Ausführung des Gesetzes beauftragt. Hierzu lagen Anträge der Abgeordneten von Bismarck, — 2 Fritzen, Freiherr von Huene, Hobrecht, 30r Water Taylor 8 ½⅜, 20 9 b Balan, Sperlich und Weber vor. D Sperlich und von Tie de mann begründeten bei Schluß des Blattes ihre Anträge, über welche wir in der nächsten
beantragte, die Wahlen der Abgg. von der Osten⸗Blumberg für den 3. Wahlkreis des Regierungsbezirks Stettin, von Gerlach für den 3. Wabhlkreis des Regierungsbezirks Köslin für gültig zu dagegen die Entscheidung über die Gültigkeit der Wahl des Abg. Möller (6. Arnsberg) auszusetzen.
der Finanz⸗Minister sind mit Preise unverändert.
Frhr. von Die Abgg. 40r Double West . 32“ 116 vards 16 erden.
mission des Reichstages Roheisen in den
Einfuhr betrug 46 Millionen mehr
Die heutige abermalige Ve
Aus den vor Erledigung
getragenen
er hat sich in der letzten Woche
Geldern sind 12
Tägliche Wagengestellung an der Ruhr und in AUAn der Ruhr sind am 20. Fe zeitig gestellt 1826 Wagen. In Oberschlesien sind am rechtzeitig gestellt 1189 Wagen.
Beim Königlichen Amtsge
den Namen des Kaufmanns Julin der Schwedterstraße 18/19 und Grundstück zur Versteigerung. Da 191 300 ℳ festgesetzt. der Kaufmann Appelius Cohn zu das im Grundbuch von der Kö
werth veranlagte Grundstück. Da
Kaufmann Hermann
hbandel. La Plata. Grundmuster März 4,27 ½ ℳ, pr. April 4,27 ½ ℳ
4,32 ½ ℳ, pr. Oktober 4,32 ½ ℳ, Dezember 4,32 ½ ℳ, pr. Januar 4,3
Graeb. Anfang 7 ½ Uhr.
Der neue
53. Vorstellung. Ernst von
Anfang 7 Uhr.
Sonntag: Die Kinder
Theater.
Goldfische.
Sonntag: Zum 84 Male: Raben. Romantisches Zaubermärchen
Ballets unter Leitung des Balletmeisters
Sonntag: Zum 16. Male: Vaudeville in 3 Akten von
ich-Wilhelmstädtisches Theater. Mit neuer Ausstattung. Zum 3. Male:
Handel und Gewerbe.
Ausschusses der Reichsbank war nur zur Vorbereitung der auf den 10. März d. J. anberaumten Generalversammlung der Antheilseigner bestimmt. Der Jahresbericht nebst der Gewinn⸗ berechnung und Bilanz wurden verlesen und werden nunmehr mit dem Gutachten des Centralausschusses dem Herrn Reichs⸗
kanzler zur Festsetzung der Dividende eingereicht werden. 1 „ Gegenstandes vor⸗ Fehen über Buenos Aires Nachrichten aus Valparaiso vom .cr. zu, denen zufolge ein Regierungsdampfer daselbst
Uebersichten über die verschiedenen Geschäftszweige 9 gestern von Arica eingetroffen ist, wo er Truppen aus⸗
ergab sich die fortdauernd günstige Lage des Instituts. Der Metallvorrath ist höher als in den Jahren 1890, 1888, 1887;
Die Anlage ist um 21 Millionen gefallen. Millionen sen. Ung Noten sind fast keine im Umlauf, da die Reserve sich bis zum
17. d. M. auf 291 Millionen erhöht hat. rung des Zinsfußes liegt keine Veranlassung vor. 8
Subhastations⸗Resultate.
im Grundbuch von den Umgebungen Band 155 Nr. 6863. auf
Für das Meistgebot von 305 000 ℳ wurde
auf den Namen der Handelsgesellschaft Hohenstein & Comp. ein⸗ getragene, in der Münzstraße 10 belegene, mit 24 000 ℳ Nutzungs⸗
pel zu Berlin Ersteher. 8 Leipzig, 20. Februar. (W. T. B.) Kammzug⸗Termin⸗
4,30 ℳ, pr. Juli 4,30 ℳ, pr. August 4,32 ½ ℳ, pr. September
46. Vorstellung. Auf einer Idee des Bisville von Held und West. Musik von E. Zeller. In Scene gesetzt von Julius Fritzsche.
7 Uhr.
burg. Sonntag: Feh 1. e “ serhe 2 inel (Feu Tonpinel). Schwank in en aus. 52. Vorstellung. Der geheime 88 ö Bücon —
London, 20. Februar. (W. T. B.) Wollauktion. Fest.
An der Küste 1 Weizenladung angeboten. 8 Manchester, 20. Februar. (W. T. B.) 12r Water Taylor 6 ⅛,
Water Leigh 7 ¾, 30r Water
Clayton 8 ½, 32r Mock Brooke 8 ⅞, 40r Mayoll 8 ⅞¼, 40er Medio Wilkinson 9 ⅛, 32r Warpcops Lees 8 ½, 36r Warpcops Rowland 8 ¾,
on 9 ⅞, 60r Double Courante Qualität 12 ⅜, 16 grey Printers aus 32r/46r 168. Ruhig.
Glasgow, 20. Februar. (W. T. B.) Die Vorrärhe von
Stores belaufen sich auf 551 569 Tons, gegen
882 067 Tons im vorigen Jahre. 4 Die Zahl der im Betriebe befindlichen Hochöfen beträgt 14 gegen 89 im vorigen Jahre. Bern, 20. Februar. (W. T. B.) Der Werth der Aus⸗ fuhr aus der Schweiz im Jahre 1890 belief sich auf 725 Millionen Francs, gegen das Vorjahr um 145 Millionen mehr; der Werth der
1001 Millionen, gegen das 88
89
Vorjahr um 8
rsammlung des Central⸗ Nach Sch
London, dieses
— geschifft hatte. um 10 Mihionen vermehrt. An fremden
Ungedeckte
zugeflossen. Insurgenten
Zu einer Aende⸗ für Kohlen und Koks
O berschlesien.
bruar gestellt 9701, nicht recht⸗ 19. d. M. gestellt 3774, nicht
raiso ist jedoch
richt I Berlin stand das
8 Brause eingetragene, Ecke Chorinerstraße 20 belegene, s geringste Gebot wurde auf
desselben würde Rom, 21.
Berlin Ersteher. — Ferner nigstadt Band 84 Nr. 4369
s geringste Gebot wurde auf und die Verbin
B. pr. Februar 4,27 ½ ℳ, pr. „ pr. Mai 4,30 ℳ, pr. Juni
pr. November 4,32 ½ ℳ, pr. 2 ½ % Umsatz 80 000 kg. Fest.
Anfang
Montag: Dieselbe Vorstellung. Residenz-Theater. Direktion: Sigmund Lauten⸗
Deutsch von Gustav von Moser. In Sceene gesetzt von Sigmund Lautenburg. Vorher zum 44. Male: Friquette. Schwank in 1 Akt von Benno Jacobson. In Scene gesetzt von Sigmund Lautenburg. Anfang 7 ½ Uhr. Montag: Der selige Toupinel. Vorher: Friquette. “““
Zelle-Alliance-Theater. Letzte Sonntags⸗ Vorstellung des Ensemble⸗Gastspiels der Mitglieder des Wallner⸗Theaters. Pension Schöller. Posse in 3 Akten nach einer W. Jacoby’schen Idee von Carl Laufs. Anfang 7 ½ Uhr.
Montag und folg. Tage: Letzte Woche des Ensemble⸗Gastspiels der Mitglieder des Wallner⸗ Theaters: Pension Schöller. 1“
Adolph Ernst-Theater. Sonntag:
9. Male: Adam und Eva. Gesangsposse in 4 Akten von Eduard Jacobson und Leopold Elv. Couplets von Jacobson und Gustav Goͤrß. Musik von Adolph Ferron. Anfang 7 Uhr.
Montag: Dieselbe Vorstellung. Anfang 7 ½ Uhr.
Thomas-Theater. Alte Jakobstraße 30. Sonntag: Zum 20. Male: Der Registrator auf Reisen. Posse mit Gesang von A. L'Arronge, G. von Moser und G. Steffens. Musik von R. Bial. In Scene gesetzt von A. Kurz. Die neuen Couplets von Alfred Bender. Cäsar Wichtig: Emil Thomas. Anfang 7 ½ Uhr.
Montag und folgende Tage: Der Registrator auf Reisen.
Cponecert⸗Anzeigen.
Concert-Haus. Sonntag: Carl Concert. Anfang 6 Uhr.
Montag: Carl Meyder⸗Concert unter Witwirkung des Komponisten Hrn. Johan Selmer aus Christiania. Anfang 7 Uhr.
˖¶-Q——
Philharmonie. Montag, Abends 7 ½ Ulr: IX. (vorl) Philh. Concert. Dir.: H. von Bülow.
Mevyder⸗
Wien, 21. Fe Kriegs⸗Minister Graf Bylandt⸗Rheidt ist gestorben.
St. Petersburg, 21. Februar. 1 Herzog von Orléans wohnte am Donnerstag dem Hofball im Anitschkoff⸗Palais bei. .
Wie die „Nowoje Wremja“ meldet, wird der Fürst von Montenegro nach seinem Besuch in Konstantinopel auch St. Petersburg besuchen. 8 “
Den hiesigen Morgenblättern zufolge trifft im Mai ein französisches Geschwader vor Kronstadt ein; ein Theil
(Fortsetzung des Nichtan
luß der Redaktion eingegangene .
Depeschen.
(W. T. B.) Der vormalige
Februar.
21. Februar. (W. T. B.) Dem „R. B.“
Derselbe war von den Rebellenschiffen
„Huascar“ und „Esmeralda“ verfolgt worden und konnte sich nur mit Mühe retten. Der Dampfer „Cousino“ wurde von den genommen. Drei Regimenter sind zum Schutze von Tacna entsandt. Die Regierung entsendet ferner Truppen, um Pisagua zurückzunehmen. denselben Nachrichten in den Händen der Regierung. Das Rebellengeschwader ist längs der Küste vertheilt.
Iquique befindet sich nach
Valpa⸗
nicht blokirt. (W. T. B.) Der
bis St. Petersburg kommen. Februar. (W. T. B.) Der Senator und
frühere Finanz⸗Minister Magliani ist heute früh gestorben. New⸗York, 21. Februar. . 2 ü schwemmungen in West-⸗Virginien verursachen noch fortdauernd bedeutende Verwüstungen und großen Nothstand. Die Stadt Parkersburg ist
(W. T. B.) Die Ueber⸗
vollständig überschwemmt dung nach außen abgeschnitten. Die Ein⸗
417 266,70 ℳ festgesett. Für das Gebot von 550 000 ℳ wurde der wohner der an den Flüssen gelegenen Ortschaften haben sich ben auf die Berge geflüchtet. “ M“
8 8 11“
ntlichen in der Beilage.)
AUrania, Anstalt für volksthümliche Naturkunde.
Am Landes⸗Ausstellungs⸗Park (Lehrrer Bahnhof). Geöffnet von 12 — 11 Uhr. Täglich Vorstellung im
wissenschaftlichen Theater. Näheres die Anschlag⸗
v11“ “
„MNordland- aerenenuan—— E“ . 30 Pf. F
[62879]
‿
Familien⸗Nachrichten. Verlobt: Frl. Elsa Patow mit Hrn. Regierungs⸗ Rath Wilhelm von Jonquières (Hamburg — Berlin). — Frl. Elisabeth von Krugten mit Hrn. Eugen Hugo Fuchs (Leenwarden—Amsterdam). — Frl. Helene Bobrik mit Hrn. Dr Giovanni Miugazzini (Königsberg - Rom). — Frl. Emma Moller mit Hrn. Sec.⸗Lieut. Adolf von Tiede⸗ mann (Bromberg). — Frl. Eva von Ramin mit Hrn Lieut. Georg von Brocken (Schmagerow — Berlin). — Frl. Anna Schlaugies mit Hrn. Louis Braun (Schenken— Leipen) Verehelicht: Hr. Ernst Leusch mit Frl. Helent Brastrup (Mainz)
Geboren: Ein Sohn: Hrn. Dr. H. Feddern (Berlin). — Hrn. Karl Hahn (Sudenburg⸗ Magdeburg). — Hrn. Major von Neindorff (Frankfurt a. O.). — Hrn. Pastor Ackermann (O.⸗Thomaswaldau) — Hrn. Gustav Speer (Burtscheid). — Eine Tochter: Hrn. Kom⸗ merzien⸗Rath Moll (Brieg). — Hrn. Ger.⸗Assessor Schmidt (Görlitz) — Hrn. Herm. Poppe (Heiden⸗ heim in Württemberg).
Gestorben: Hr. Rektor Richard Regent (Breslau). — Hr. Dr. med. Gustav Meper (Burgwedel). — Frau Major Klara Frohwein, geb. v. Voigt⸗ länder (Dresden). — Hr. Landschafts⸗Rath Josef Ryn (Krempa b. Ostrowo). — Hr. Justiz⸗Rath Franz Anz (Essen). — Hr. Major Adolf Frhr. von Diepenbroick⸗Grüter (Altona). — Frau Sidonie Richter, geb. Haberland (Bernburg). — Frl. Betti (Bremen). — Hr. Poft⸗ direktor a. D. Wilhelm Bennighauß (Berlin). — Hr. Granitbruchbesitzer Paul Bartsch (Striegau). — Hrn. Prem.⸗Lieut. E. Lübbert Sohn Curt (Glogau). — Fr. verw. Geh. Ober⸗Tribunals⸗Rath Bertba Lympius, geb. von Heyden (Berlin).
Redacteur: Dr. H. Klee, Direktor.
Berlin: Verlag der Expedition (Scholz).
Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗ Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.
Sol.: Florian Zajiec (Viol.)
(einschließlich Börsen⸗Beilage).
zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen
46.
¶—
8
eiger.
Dentsches Reich. Zuckermengen,
welche in der Zeit vom 1. bis 15. Februar 1891 innerhalb des deutschen Zollgebi 1 f ü der Zollgebiets mit dem Anspruch auf Steuervergüturn abgefertigt und aus Niederlagen gegen Erstattung der Vergütung in den inländischen Verkehr fhesbenet worden üind. 1
[710: Rohzucker von mindestens 90 Proz. Polarisation und raffinirter Zucker von unter 98, aber mindestens
90 Proz. Polarisation.
: Kandis und Zucker in weißen vollen harten Broden ꝛc., oder in Gegenwart der Steuerbehörde zerkleinert,
sogenannte Crystals ꝛc.
712: Aller übrige harte Zucker, sowie aller weiße trockene (nicht über 1 ss Krystall⸗, Krümel⸗ und Mehlform von mindestens 98 Proz. Polarisation.] 8 11““
Mit dem Anspruch auf Steuervergütung wurden abgefertigt:
Aus öffentlichen Niederlagen oder Privatniederlagen unter
Staaten
bezw. zur unmittelbaren Ausfuhr
Verwaltungs⸗Bezirke
amtlichem Mitverschluß wurden
gegen Erstattung der Vergü⸗
tung in den inländischen Verkehr zurückgebracht
zur Aufnahme in eine öffent⸗
liche Niederlage oder eine
Privatniederlage unter amt⸗ lichem Mitverschluß
710 711 kg
““ 1““ kg 11616“
Preußen. I
Provinz Ostpreußen 150 000 — Westbreusßen — —
Brandenburg. Pommern . 2 288 691 382 483 73 154
6““ “ 4“ 100 000 Sachsen, einschl. der schwarzb. b Unterherrschaften ] 98 257 5 299 258 Schleswig⸗Holstein. 27 895 69 513 529 940 801 804 — 8 997 675 000% y124 448
Westfalen Rheinland.
146 393 3 594 767
19
126 740 3 6311 400 000
3 377 021 1 763 527 100 000 2 407 ö 579 043 “
400 030 669 18 . 1 399 909 315 4928 2 34 500 8 510 100
SammsGe Sa. Preußen 3 869 783 6 759 657 218 369 11 315 — 22 228 19090 1 235 1938 — 155 703 1 559 539 250 000 557 873 965 950 — 987 434 1 790
111“““ 170
Mecklenburg. Braunschweig. “ ö““ HSeamnbr
296 786] 8 975 586
98 880 2070 379 978
4 343 109
2 963 154 94 —
100 006 549 810 50
b
“
—
Ueberhaupt im deutschen Zollgebiet. . Hierzu in der Zeit vom 1 August 1890 bis I. See98383808öeöeöö.
7 565 853 9 130 771
397 830]12 968 534 3 478 961 416 913] 4 343 109 37 174 727 128 99 885 293. 3 604 268 216574048 26 206 508 1 407 951 ,30 503 371
465 946 245 013
Zusammen
182 292 931 109016064 4 002 098 229542582 29 685 469 1 824 864,[34 846 480 465 983
245 013
In demselben Zeitraum des Vorjahres *) 1163 131 661,83 557 887] 6 546 4211213108657 14 037 943] 1 745 491114 618 148
522 280% y478 300
1 Die Abweichungen von der vorjährigen Uebersicht beruhen auf nachträglich eingegangenen Berichtigungen.
Berlin, im Februar 1891.
Kaiserliches Statistisches Amt. Becker.
Deutscher Reichstag. 71. Sitzung vom 20. Februar, 1 Uhr.
Am Tische des Bundesraths: Der Staatssekretär Dr. von Boetticher und der Staats⸗Minister Freiherr von Berlepsch.
Die zweite Berathung der Gewerbeordnungs⸗Novelle (Arbeiterschutzgesetz) wird fortgesetzt.
Ddie Debatte steht bei §. 107; §§. 107 bis 114 enthalten die Vorschriften, betreffend das Arbeitsbuch.
§. 107 schreibt nach der Kommissionsfassung vor, daß minderjährige Personen als Arbeiter nur beschäftigt werden dürfen, wenn sie mit einem Arbeitsbuch versehen sind. Der Arbeitgeber hat bei der Annahme solcher Arbeiter das Buch einzufordern, hat es zu verwahren, auf amt⸗ liches Verlangen vorzulegen und nach rechtmäßiger Lösung des Arbeitsverhältnisses wieder auszuhändigen. Die Aushändigung erfolgt an den Vater oder Vormund, wenn diese es verlangen oder der Arbeiter das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, andernfalls an den Arbeiter selbst. Mit Genehmigung der Gemeindebehörde kann die Aushändigung Ch an die Mutter oder einen sonstigen Angehörigen er⸗ folgen.
Die Sozialdemokraten (Abg. Auer und Gen.) wollen das Arbeitsbuch nur für die Arbeiter unter 16 Jahren, die Abgg. Dr. Gutfleisch, Hähnle, Dr. Hirsch. Dr. Krause, Schmidt (Elberfeld) und Wöllmer nur für Arbeiter unter 18 Jahren vorschreiben.
Die Abgg. Winterer und Dr. Schädler wollen dem §. 107
einen Absatz zufügen, wonach der Arbeitgeber von der er⸗ folgten Kündigung vor der Lösung des Arbeitsverhältnisses den Vater und Vormund zu benachrichtigen hat, sofern der⸗ selbe im Orte wohnt.
Abg. Dr. Hirsch: Die Arbeitsbücher seien bis zum Jahre 1878 auf Fabrikarbeiter unter 16 Jahren beschränkt gewesen und seien dann erst auf gewerbliche Arbeiter im Alter bis zu 21 Jahren überhaupt ausgedehnt worden, um die Lockerung der Zucht und Sitte unter den jugendlichen Arbeitern zu bekämpfen. Seine Partei habe schon damals gemeint, daß dieses an sich sehr erstrebenswerthe Ziel mit solchen äußerlichen Mitteln nicht erreicht werden könne, und habe ge⸗ wollt, wenn eine Aenderung denn schon vorgenommen werden sollte, die Arbeitsbücher nur für Arbeiter unter 18 Jahren zuzulassen. Die Erfahrungen der Arbeiter und der Arbeitgeber bewiesen, daß seine Partei damals Recht gehabt habe, und daß die Arbeitsbücher viel mehr Belästigung als Nutzen schafften. Die Vorlage enthalte eine bunte Musterkarte von Unterscheidungen der Arbeiter nach dem Lebensalter: da gebe es Kinder unter 13 Jahren, die in Fabrikgeschäften überhaupt nicht beschäftigt werden dürften, Kinder von 13 bis 14 Jahren, für welche die tägliche Arbeitszeit auf fünf Stunden beschränkt sei, Kinder von 13, resp. 14 bis 16 Jahren, für welche eine Einschränkung der Arbeitszeit durch Bundesrathsbeschluß vorgesehen sei, Arbeiter von 16 bis 18 Jahren, denen die Zeit zum Besuch der Fortbildungsschule ge⸗ währt werden müsse und für welche im Gesetz besondere Rücksicht⸗
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nahmen vorgeschrieben seien, und endlich die jugendlichen Arbeiter bis zu 21 Jahren, die außer den im vorliegenden Paragraphen enthaltenen Bestimmungen noch der Aufsicht der Arbeit⸗ geber bezüglich ihres Verhaltens außerhalb der Arbeitestelle unter⸗ lägen und vom Wahlrecht zu den Arbeiteraasschüssen ausgeschlossen werden sollten. Der allein maßgebende Gesichtspunkt könne aber nur der sein: Bis zu einem gewissen Alter bedürften die Arbeiter ent⸗ sprechend ihrer körperlichen und geistigen Unreife eines besonderen Schutzes, und es sei eine Beschränkung ihrer freien Verfügung am Platz. Die Grenze dafür wolle seine Partei an das vollendete achtzehnte Lebensjahr verlegen. Das würde der Gesetzgebung anderer Länder entsprechen. England, die Schweiz, Schweden, Dänemark, Spanien begrenzten das Alter der jugendlichen Arbeiter bei oder nahezu bei achtzehn Jahren. Die Vorlage ordne ferner die Aus⸗ händigung der Arbeitsbücher bei Lösung des Arbeitsverhältnisses an den Vater des Arbeiters auf dessen Verlangen an, um die väterliche Autori⸗ tät zu stärken; seine Partei werde diese Bestimmung annehmen, glaube aber nicht, damit diese sehr erstrebenswerthe Absicht wesentlich zu fördern. Die Lockerung der Familienverhältnisse, das Schwinden der Pietät vor Eltern, Sitte und Gesetz seien eine Folge der ganzen industriellen Entwicklung, die Arbeitgeber beachteten nicht das Ver⸗ hältniß des Vaters zum Kinde, das des Kindes zum Vater, sie sähen nur den Menschen neben der Maschine, und die Eltern seien durch die Nothwendigkeit, den ganzen Tag dem Broterwerb nachzugehen, an der Erziehung der Kinder gehindert, sodaß diese in ihnen Eltern im höheren ethischen Sinne nie zu erblicken gelernt hätten. Man müsse einerseits die Pietät der Kinder vor den Eltern stärken, andererseits aber auch die Kinder vor der Ausbeutung durch die Gewinnsucht der Eltern schützen. Der Antrag Winterer gehe in seiner Tendenz eben dahin. Dagegen habe seine Partei nichts einzuwenden, aber er gehe über den Rahmen dieses Paragraphen hinaus und verursache den Arbeitgebern viele Belästigungen, ohne wesentlich zu nützen, ebenso wie sich bei den Bergarbeitern zeige, daß die Knappschaftskassen den Kontraktbruch jugendlicher Arbeiter nicht hinderten.
1 Abg. Winterer: Die durch die Industrie herbeigeführte Lockerung der Familienverhältnisse habe sehr traurige Zustände im Gefolge, und die Vorlage wolle dieselben beseitigen; dazu aber sei es nöthig, daß die Eltern überhaupt wüßten, daß ihre Kinder das Arbeitsverhältniß lösen wollten, sonst sei es den Letzteren leicht möglich, die Arbeit heimlich zu verlassen und sich das Arbeitsbuch aus händigen zu lassen; da dies nun von Behörden oft als Legitimation angesehen werde, werde durch die Einführung des Arbeitsbuches die Vagabondage häufig gar noch gefördert, statt eingeschränkt zu werden. Um hier Remedur zu schaffen, habe seine Partei ihren Antrag ge⸗ stellt. Man wende dagegen ein, daß unwürdige Väter ihre mino⸗ rennen Kinder ausnutzten; das sei wohl wahr, aber es seien seltene Ausnahmen. Ferner sage man, dadurch würden zu große Erschwerungen geschaffen. Das könnte man nun zwar so ziemlich gegen jede gute Maßregel einwenden, aber dieser Einwand veranlasse seine Partei doch, ihren Antrag für die zweite Lesung zurückzuziehen, in der Hoff⸗ hng. bis zur dritten Lesung eine allgemein befriedigende Fassung zu nden. Abg. Freiherr von Stumm: Er glaube, die große Mehrheit des Hauses stehe auf dem Standpunkt, daß die Autorität der Eltern gestärkt werden müsse. Die Ansichten gingen nur über die Alters⸗ grenze auseinander, bis zu welcher die Arbeiter Arbeitsbücher haben sollten. Der besondere Schutz des jugendlichen Arbeiters könne schon
früher aufhören, denn dabei handele es sich lediglich um die Ge⸗ sundheit, und ein Arbeiter mit 18 Jahren könne ebenso kräftig sein, wie ältere; hier aber handele es sich um die Frage, inwie⸗ weit der jugendliche Arbeiter bevormundet werden müsse.“ Da sei, wie überhaupt im bürgerlichen Leben, auch hier die Grenze von 21 Jahren angebracht. Das Arbeitsbuch habe zwar bisher nicht die Wirkung gehabt, die man erwartet habe, aber für den Arbeiterschutz habe es doch ganz erhebliche Vortheile gehabt. Die Mängel, die es bisher gehabt habe, sollten beseitigt werden, es solle nicht mehr nur auf Antrag der Eltern ausgestellt und auch den Eltern selbst über⸗ geben werden. Er boffe, daß durch die Annahme des Kommissions⸗ antrags zur Stäckung der elterlichen Autorität erreicht werde, was zu erreichen sei. Der Antrag Winterer würde aber eine Menge Schrei⸗ bereien und Scherereien hervorrufen. Er enthalte auch keine Garantie, daß der Vater rechtzeitig von der Kündigung seines Sohnes Mit⸗ theilung erhalte. Die Kommissionsfassung genüge schon in dieser Beziehung. Wie solle denn der Arbeitgeber in großen Städten den Vater seines jugendlichen Arbeiters auffinden, wenn er z. B. Mäüller oder Schulze heiße? Der Arbeitgeber müßte alle Ver⸗ hältnisse gründlichst untersuchen, wenn Kontraventionen gegen eine solche Bestimmung bestraft würden. Den jugendlichen Ar⸗ beitern würde es erschwert, Beschäftigung zu erhalten, denn die Arbeitgeber würden solche nicht einstellen, wenn sie großjährige Ar⸗ beiter zur Verfügung hätten. Wolle der Abg. Winterer für die dritte Lesung vielleicht die Strafbestimmung aus seinem Antrage streichen und nur den Grundsatz aufstellen, so habe man in der Gesetzgebung doch nicht bloß fromme Wünsche auszusprechen.
Abg. Wurm: Seine Partei sehe in dem Arbeitsbuch nur den Ausdruck des Wunsches, den Arbeiter recht lange in einen Ausnahme⸗ zustand zu stellen. Als 1791 das bürgerliche mobile Kapital durch die gewaltige Revolution in Frankreich sich dieselben Rechte errungen habe, die das immobile schon früher besessen habe, da habe es sich auch dieselben Privilegien gesichert, und man habe damals in Frankreich das Arbeitsbuch erfunden, das allerdings im vorigen Jahre dort wieder abgeschafft sei, während man es hier in ver⸗ schärfterer Form wieder einsühre. Das Arbeitsbuch solle nicht nur die elterliche Autorität stützen, sondern das ausgesprochene Werkzeug sein, um den Arbeiter bis zum 21. Jahre dem Unternehmer ge⸗ fügig zu machen. Das werde auch von der Regierung nicht ge⸗ leugnet; denn in den Motiven stehe, daß durch das Arbeits⸗ buch die allzu große Bewegungsfreiheit der minderjährigen Ar⸗ beiter eingedämmt werden solle; und es werde auf die Ar⸗ beiterstrikes und die Unbequemlichkeit hingewiesen, daß die jugendlichen Arbeiter ihre Meinung zum Ausdruck bringen könnten. Der jugendliche Arbeiter bis zum 21. Jahre werde durch das Arbeitsbuch völlig abhängig, und das sei weiter nichts als der alte Paßzwang, welcher längst abgeschafft sei. Die Regierung habe 1872 anerkannt, daß das Arbeitsbuch zu einer Art von Leibeigen⸗ schaft führe. Der Klassendaß der Arbeiter werde durch das Arbeits⸗ buch geflissentlich herausgefordert. Früher habe der Arbeiter für die Zeit seines Lebens durch dasselbe unter Polizeiaufsicht gestellt werden sollen. Jetzt solle es nur bis zum 21. Jahre gelten. Das sei ebenso ein Unrecht und die Arbeiter hätten seine Partei oft beauftragt da⸗ gegen aufzutreten. Bis zu 16 Jahren gehe nur der Schutz des jugend⸗ lichen Arbeiters gegen das Unternehmerthum und die Willkür der Arbeitgeber. Aber den Unternehmer schütze man gegen den Arbeiter bis zum 21. Jahre. Sei denn die „goldene Jugend“ bis zu 21 Jahren in ihrer Vertragsfreiheit beschränkt! Die ganze sittliche Ordnung lafse überhaupt recht viel zu wünschen übrig. Den jugendlichen Arbeiter brächten aber lediglich die wirthschaftlichen Verhaͤltnisse dabin, wenn er das Böse nicht vom Guten unterscheiden könne. Daher wollten die Arbeitgeber, wie der Abg. Freiherr von Stumm, den Arbeitern nicht einmal die Möglichkeit geben, sich durch Zeitungs⸗ lektüre und andere Mittel weiter zu entwickeln. Wenn gleichzeitig die Familie dadurch zerstört werde, daß Vater und Mutter in die Fabrik gingen und die Kinder auf der Straße lägen, dann wolle man den Arbeiter, der durch die Verhältnisse so weit komme, auch noch dafür bestrafen, daß er so weit komme. Man wolle dem Arbeiter einen Zwang auferlegen, der seine Rechte schmälere, und ihm die Möglichkeit nehmen, die Freizügigkeit auszunutzen, die doch gesetzlich gewährleistet sei. Wie könne dann die elterliche Autoritär durch das Arbeitsbuch so wunderbar gestärkt werden! Die Eltern befänden sich oft in Abhängigkeit von den Kindern, welche ihnen Kostgeld bezahlten. Wenn die wirthschaftliche Noth den Vater zum Sklaven des Sohnes mache, könne der Vater dem Sohn auch nicht entgegentreten. Das Arbeitsbuch solle verhindern, daß die Arbeiter sich monatelang auf der Straße herumtrieben. Solle es etwa das so sehr ersehnte „Recht auf Arbeit“ verwirklichen? Die Arbeiter liefen nicht aus Uebermuth auf der Straße herum, sondern aus Mangel an Arbeit. Wenn der Vater oder Vormund oder die Mutter das Recht erbielten, die Aushändigung des Arbeitsbuches zu verlangen, so müßten schließlich auch Strafen eingeführt werden, um diese Be⸗ stimmungen wirksam zu machen. Dadurch werde der Ortsgendarm zum Vertreter der elterlichen Autorität und zur Stütze dieser schönen christlichen Weltordnung. Man schütze den Arbeiter so, daß er schließ⸗ lich sagen müsse: „Gott schütze mich vor meinen Freunden!“ Das Arbeitsbuch habe nur so lange einen Sinn, als der Arbeiter selbst davon Nutzen habe, so lange also der Staat verpflichtet sei, den jugendlichen Arbeiter vor Unrecht zu schützen. Werde dafür die Grenze auf 16 Jahre festgesetzt, so dürfe auch das Arbeitsbuch nicht länger gelten; dann könne es zum Segen gereichen. Wenn man wirklich eine Versöhnung und Frieden mit den Arbeitern wolle, so möge man etwas Anderes als ein Ausnahmegesetz schaffen.
Geheimer Regierungs⸗Rath Dr. Koenigs: In Bezug auf di Form der Aushändigung des Arbeitsbuches an Vater oder Vormund dürfe er darauf hinweisen, daß schon in dem bisherigen §. 107 die Aushändigung an den Arbeiter vorgesehen gewesen sei und daß sich in der Praxis keine Schwierigkeiten ergeben hatten. Ueber das Maß der Deligenz, welche der Arbeitgeber dabei zu prästiren habe, treffe 1 das Gesetz keine Bestimmung, die Beurtheilung bleibe daher dem ordentlichen Richter überlassen. Ebensowenig würden bei der Aus⸗ händigung an den Vater Schwierigkeiten entstehen. Die verbündeten Regierungen hielten mit aller Entschiedenheit an einem obligatorischen Arbeitsbuch für alle minderjährigen Arbeiter fest und freuten sich, in diesem Punkte mit der Mehrheit der Kommission und hoffentli des Reichstages in Uebereinstimmung zu sein. Das Arbeitsbuch sei 1878 eingeführt worden, um der Zuchtlosigkeit und dem Kontrakt⸗ bruch naͤmentlich unter den jugendlichen Lehrlingen des Handwerks und den jugendlichen Arbeitern entgegenzutreten. Die Motive der jetzigen Vorlage hätten ausgeführt, daß der Zweck nicht vollständig erreicht sei. Deshalb schlügen die verbündeten Regierungen die ver⸗ schärfende und ergänzende Bestimmung vor. Der Abg. Dr. Hirsch 8 habe eingewandt, daß die Bestimmungen über das Arbeitsbuch über⸗ haupt überflüssig seien, weil sie ihren Zweck verfehlt hätten. Es be⸗ ständen seit Jahrtausenden Strafen gegen den Diebstahl und trotzdem werde gestohlen. Darum sei doch die Bestrafung des Diebstahls nicht überflüssig. Ohne diese Verpflichtung des Arbeitsbuchs waͤre Zuchtlosigkeit „ und Kontraktbruch unter den minderjährigen Arbeitern noch stärker geworden. Die Quelle dieses Uebels liege ja in der industriellen Entwickelung. Es sei ein Schatten der Großindustrie, daß die jugendlichen Arbeiter zu früh zu
wirthschaftlicher Selbständigkeit gelangten. Sie verdienten meistens mit siebenzehn, achtzehn Jahren fast ebenso viel wie später. Es sei