den oben erwähnten Brand veranlaßt bätten, nicht überschritten gewesen sei, weil jeder Fabrikant einen unnöthigen Ueberschuß gerade an diesen theuersten Substanzen vermeiden werde. Außer der Festsetzung der Prozentsätze müsse daher auf eine feuersichere Verpackung Bedacht ge⸗ nommen werden. Dementsprechend empfiehlt die Deputation die Ein⸗ führung folgender Bestimmungen: „1) Zu Streichhölzern, deren Zünd⸗ köpfchen chlorsaures Kalium und Phosphor eithalten, dürfen nur Zündmassen, welche höchstens 10 % Phosphor und 33 ½ % chlorsaures Kalium enthalten, Verwendung finden. 2) Die Zündhölzer sind in feste Holz⸗ oder Pappschachteln bis zu 100 Stück so zu ver⸗ packen, daß keinerlei Bewegung der Hölzer möglich ist. 3) Ein Dutzend dieser Schachteln sind zu Packeten zu vereinigen, welche einen festen Umschlag von festem Pavier haben, dessen Falzung mit Leim verklebt ist, und diese sind weiter in Kisten von 1,2 chm Raum aus festem Eisenblech so einzusetzen, daß jede Verschiebung ausgeschlossen ist. In den gut schließenden Deckel sind kleine Löcher einzuschlagen, damit bei etwaiger Entzündung die Gase abziehben können. 4) Die Eisenblechkiste muß in eine feste Holzkiste eingesetzt sein, deren Deckel ebenfalls an einigen Stellen durchbohrt ist. Außerdem muß auf demselben die deutliche Bezeichnung „Streichbölzer mit Phosphor und chlorsaurem Kalium“ sowie die Fabrikmarke angebracht werden. 5) Auf dem Frachtbriefe jeder Sendung soll eine amtlich beglaubigte Unterschrift des Fabrikanten die Versicherung enthalten, daß den Bestimmungen unter 1 bis 4 nachgekommen ist.“
Diese beiden technischen Gutachten sind dem Verein zur Wah⸗ rung der Interessen der chemischen Industrie Deutschlands mitgetheilt worden, worauf sich derselbe folgendermaßen ausgelassen hat: 8
Die von der Königlich preusischen technischen Deputatson für nothwendig erachtete Verminderung des Höchstgehalts an Phosphor und chlorsaurem Kali bis zu 5 % und 20 % der flüssigen Zünd⸗ masse sei ohne Beeinträchtigung der Güte der Streichhölzer auch nach Ansicht betheiligter Industrieller durchführbar, und es liege daher Seitens der Zündholzindustrie kein Bedenken vor, die Höhe der Prozentsätze dem Gutachten der Königlich technischen Deputation entsprechend zu be⸗ messen. Die Annahme der Vorschläge der Königlich sächsischen Depu⸗ tanon aber würde eine schwere Schädigung der deutschen Zündholz⸗ fabriken zur Folge haben, weil der fragliche Artikel zu billig sei, um diese theuere Verpackungsart tragen zu können. Ueberdies würde die vorgeschlagene Durchlöcherung der Eisenblech⸗ und Holzkisten eher zu einer Erhöhung, als zu einer Verminderung der Gefahr führen, denn durch das Anbringen von Löchern in den Kistendeckeln werde der Zutritt von Sauerstoff erleichtert, mithin die Feuersgefahr im Falle einer Entzündung wesentlich erhöht.
Auch das Reichs⸗Eisenbahnamt kann seinerseits im Hinblick auf die große Bedeutung, welche die fraglichen Streichhölzer nach den Mittheilungen des mehrerwähnten Vereins für die deutsche Industrie haben, sich nur dafür aussprechen, daß die in Bezug auf die Ver⸗ packung zu stellenden Anforderungen auf dasjenige Maß beschränkt leiben, welches die Betriebssicherheit unbedingt erfordert und daß nicht ohne zwingende Gründe Anordnungen getroffen werden, welche die Beförderung des Artikels in hohem Grade erschweren würden. In Räcksicht hierauf sowie in Anbetracht der Thatsache, daß trotz der erheblichen Zündhölzersendungen doch nur vereinzelte Brandfälle bekannt geworden sind, möchte es sich empfehlen, die von der preußischen technischen Deputation in Uebereinstimmung mit dem Verein zur Wahrung der Interessen der chemischen In⸗ dustrie Deutschlands vorgeschlagenen Sicherheitsvorschriften einzuführen und von weitergehenden Anordnungen wenigstens zur Zeit abzusehen.
Demgemäß hat das Reichs⸗Eisenbahnamt beantragt, beim Bundesrath eine entsprechende Aenderung des §. 48 des Be⸗ triebsreglements und der Anlage D zu diesem Paragraphen zu befürworten.
Das Armee⸗Verordnungs⸗Blatt veröffentlicht folgende Allerhöchste Cabinetsordre, betreffkend größere Truppen⸗ übungen im Jahre 1891. 8 1“
Auf den Mir gehaltenen Vortrag bestimme Ich hinsichtlich diesjährigen größeren Truppenübungen: 8
188 Das qv5 und XI. Armee⸗Corps — einschließlich der Groß⸗ herzoglich Hessischen (25.) Division — halten Manöver vor Mir ab.
Jedes Armee⸗Corps hat für sich große Parade. Bei dem XI. Armee⸗Corps fällt das in der Feltdienst⸗Ordnung 2. Theil Ziffer 12 vorgesehene Corps⸗Manöver gegen markirten Feind aus. Bei dem IV. Armee⸗Corps findet an Stelle des Corps⸗Manövers gegen markirten Feind ein Corps⸗Manöver in zwei Parteien gegen⸗ einander statt. Hieran schließen sich dreitägige Manöver der beiden Armee⸗Corps gegeneinander. 1 1 1
2) Beim IV. Armee⸗Corps wird eine Reserve⸗Division gebildet, über deren Zusammensetzung und Theilnahme an den Manövern das Kriegs⸗Ministerium die näheren Anordnungen zu treffen hat. Die Stellenbesetzung bei dieser Reserve⸗Division, soweit sie nicht im Mobilmachungsfalle dem General⸗Kommando bz. den obersten Waffenbehörden zufällt, behalte Ich Mir vor. ““
3) a. Beim IV., XI., II. und XVII. Armee⸗Corps wird je eine Kavallerie⸗Division aufgestellt, deren Ordre de bataille aus der An⸗ lage ersichtlich ist. Die Bestimmung der Divisionsführer sowie der Führer derjenigen Brigaden, welche für diese Uebungen besonders zu⸗ sammengesetzt werden, behalte Ich Mir vor. Soweit Ich bei dieser Gelegenbeit nicht über die Bildung der Divisions⸗ und Brigadestäbe Anordnung treffe, veranlassen die General⸗Kommandos dieselbe. b Die bei dem IV. und XI. Armee⸗Corps aufzustellenden Kavallerie⸗ Divisionen treten nach Beendigung der gemäß Felddienst⸗Ordnung 2. Theil Abschnitt D abzuhaltenden besonderen Kavallerie⸗Uebungen bei Beginn der Manöver vor Mir zu dem IV., bz XI. Armee⸗ Corps. c. Die bei dem II. und XVII. Armee⸗Corps aufzustellenden Kavallerie⸗Divisionen halten nach Beendigung der um drei Uebungstage zu kürzenden besonderen Karallerie⸗ Uebungen (Felddienst⸗Ordnung 2 D.) dreitägige Manöver der Kavallerie⸗ Divisionen gegeneinander, unter Leitung des Inspecteurs der 2. Ka⸗ rallerie⸗Inspektion General⸗Lieutenants von Rosenberg, ab. Unmittel⸗ bar vor und nach diesen dreitägigen Uebungen ist je ein Ruhetag anzuordnen. Außerdem erhält der Leiter dieser Uebungen die Berech⸗ tigung, vor Beginn derselben zur Versammlung der beiden Divisionen an den von ihm gewünschten Punkten ein bis zwei Marschtage einzu⸗ schieben. Die zu den Uebungen herangezogenen Stäbe und Truppen⸗ theile nehmen nach Beendigung der Uebungen an den Divisions⸗ und segebenen Falls auch an den Corps⸗Manövern derjenigen Armee⸗Corps Theil, denen sie angehören. -
4) Die Herbstübungen derjenigen Armee⸗Corps, welche nicht vor Mir Mansver abhalten, finden in Gemäßheit der Bestimmungen der Felddienst⸗Ordnung statt. -
5) Das Königin Augusta Garde⸗Grenadier⸗Regiment Nr. 4 nimmt an den Herbstübungen des Garde⸗Corps Theil.
6) Bei der Anlage sowohl, als der Ausführuns aller Uebungen ist auf Verringerung der Flurschäden Bedacht zu nehmen. In denjenigen Fällen, in welchen die Flurentschädigungen als besonders hoch sich berausstellen, hat Mir das Kriegs⸗Ministerium Berichte der Divisions⸗Commandeure darüber vorzulegen, welchen besonderen Um⸗ ständen dies zuzuschreiben ist und welche Anordnungen zur Verringe⸗ rung der Flurschäden getroffen waren.
8) Bei dem Garde⸗, I., III., Vv., VI., IX., XIV., XV und XVII. Armee⸗Corps finden Generalstabsreisen, bei dem XVI. Armee⸗ Corps eine Festungs⸗Generalstabsreise nach Maßzabe der Be⸗ stimmungen über die jährlichen Generalstabsreisen vom 29. Rovember 1888 statt.
8) Bei dem Garde⸗, I., II., III., V., VI. und IX. Armee⸗Corps finden Kavallerie⸗Uebungsreisen nach Maßgabe der Instruktion vom 23. Januar 1879 statt. 1] 8
9) Eine größere Armirungs⸗Uebung der Fuß⸗Artillerie hat bei Met, eine größere pionier⸗technische Uebung bei Graudenz stattzufinden. Die näheren Anordnungen über Theilnabme von Truppen an diesen Uebungen sowie die sonst erforderlichen Ausführungsbestimmungen
trifft das Kriegsministerium beziehungsweise die General⸗Inspektion des Ingenieur⸗ und Pionier⸗Corps und der Festungen. 1
Ueber die Abbaltung von Befestigungs⸗ beziehunasweise Angriffs⸗ Uebungen unter Betheiligung aller Waffen behalte Ich Mir weitere Bestimmung vor. . 1—
10) Die Rückkehr der Truppen von den Herbstübungen in ihre Standorte ist derartig anzuordnen, daß die in Meiner Ordre vom 29. Januar 1891 über die Rekcutirung des Heeres für 1891/92 in Betreff der Entlassung der Reserven gegebenen Festsetzungen zur Aus⸗ führung gelangen können.
Berlin, den 19. Februar 1891.
Wilhelm.
von Kaltenborn.
Im Anschluß an diese neienhg⸗ Kabinets⸗Ordre hat der Kriegs⸗Minister unter Anderem bestimmt:
Die sämmtlichen zu den besonderen Kavallerie⸗Uebungen heranzuziehenden Regimenter sind gemäß F. O. 2. 6 insoweit in ihrem Mannschaftsstande zu ergänzen, als sie diesen auf Pferden beritten machen können, welche nicht schonungsbedürftig sind. Behufs Bestreitung der Kosten der Kavallerie⸗Uebungs⸗ reisen werden zur Verfügung gestellt: dem Garde⸗Corps 3000 ℳ, dem I. Armee⸗Corps 2500 ℳ, den übrigen Armee⸗Corps je 2000 ℳ Die näheren Anordnungen über die Armirungs⸗Uebung bei Metz bleiben vorbehalten. Zum Zweck kriegsgemäßer Verwendung der Pionier⸗Detachements werden den beim IV., XI., II. und XVII. Armee⸗Corps zu bildenden Kavallerie⸗Divisionen je 200 ℳ zur Verfügung gestellt. 1“ 8
neuesten Nummer des Armee⸗Verord⸗ ngs⸗Blattes besonderer Beilage die Bestimmungen für die Uebungen des Beurlaubtenstandes im Etatsjahre 1891/92 beigefügt. Abdrücke dieser Beilage sind bei der Königlichen Hofbuchhandlung von E. S. Mittler u. Sohn, Berlin SW., Kochstraße Nr. 68—70, auf unmittelbare Be⸗ stellung zum Preise von 30 ₰ für das Exemplar zu haben.
Hiernach werden in dem gedachten Etatsjahr zu den Uebungen der Reserve und Landwehr im Ganzen bei der Kavallerie 5280, bei der Feldartillerie 7536, bei der Fuß⸗ artillerie 3800, bei den Pionieren 2300, bei der Eisenbahn⸗ Brigade 600, bei der Luftschifferabtheilung 20, bei dem Train 5320 Mann eingezogen; zu den Uebungen der Ersatz⸗ reservisten und zwar zur ersten (zehnwöchigen) Uebung werden eingezogen von der Infanterie in Compagnien zu etwa 100 Mann 9610, von den Jägern 300, von der Fußariillerie 1150, von den Pionieren 630, vom Train 810 Mann. Zu einer zweiten (sechswöchigen) bezw. dritten (vierwöchigen) Uebung sind — abgesehen vom Train — alle diejenigen Ersatz⸗Reservisten heranzuziehen, welche im Vorjahr die erste bezw. zweite Uebung abgeleistet haben. Auch können aus früheren Jahren zur Deckung etwaigen Ausfalles Ersatz⸗Reservisten zu einer zweiten bezw. drilten Uebung herangezogen werden, soweit hier⸗ durch bei jeder dieser Uebungen die für die erste Uebung fest⸗ gesetzten Zahlen nicht überschritten werden.
Der sind in
Mit Allerhöchster Genehmigung wird bestimmt, daß zur Offiziersprüfung ohne vorgängigen Besuch einer Kriegs⸗ schule (§§. 8 und 11 der Verordnung über die Ergänzung der Offiziere des Friedensstandes) vom 1. August 1891 ab bis auf Weiteres nur solche Aspiranten zuzulassen sind, die eine geregelte militärwissenschaftliche Vorbereitung von nindestens fünfmonatlicher Dauer nachweisen.
““
ration der Brüsseler Kon⸗ ferenz vom 2. Juli v. J. denjenigen Mächten, welche inner⸗
Nachdem durch die Deklaration halb des konventionellen Congo⸗Beckens Besitzungen oder Protektorate haben, freigestellt worden ist, innerhalb ihrer daselbst belegenen Gebiete, insoweit hierzu eine Ermächtigung überhaupt erforderlich ist, Einfuhrzölle in einem 10 Proz. des Werthes gleichkommenden Betrage zu erheben, haben Behufs gleichmäßiger Regelung der Zollerhebung Ver⸗ handlungen zwischen den betheiligten Mächten stattgefunden. Dieselben haben zur Aufstellung eines besonderen Tarifes für die östliche Zone sowie eines solchen für die westliche Zone des vertragsmäßigen Congo⸗Beckens geführt. Diese Tarife lauten folgendermaßen: Tariff der östlichen Zone des konventionellen Congo⸗Beckens. (Uebersetzung.)
1) Deutschland, Großbrita nien und Italien haben das Recht, in denjenigen Gebieten der östlichen Zone des konventionellen Congo⸗ Beckens, welche unter ihrem Einfluß stehen und unter den Artikel IV. der Berliner General⸗Akte fallen, von den in diese Gebiete zu Lande oder zu Wasser eingeführten Waaren Zölle zu erheben und zwar in Gemäßheit des nach den Verträgen mit Sansibar gegenwärtig gel⸗ tenden Zollsystems, nach welchem ein Einfuhrzoll von 5 % des Werths erhoben werden kann.
2) Waffen und Munition, welche in Gemäßheit der besonderen Bestimmungen der Brüsseler General⸗Akte eingeführt werden, können indessen mit einem Einfuhrzoll von 10 % vom Werth im Höchst⸗ betrage belegt werden, wenn die Bestimmungen der zur Zeit entgegen⸗ stehenden Verträge abgeändert sind und wenn die Umstände es er⸗ lauben.
3) Der von alkobolartigen Getränken zu erhebende Zoll wird in Gemäßheit der Bestimmungen des Kapitels VI der Brüsseler General⸗ Akte geregelt. 1 8
4) Folgende Waaren werden zollfrei zugelassen:
die Maschinen und Instrumente, welche für den Ackerbau be⸗ stimmt sind, sowie alle Materialien für den Bau und die Unterhaltung der Wege, Pferdebahnen, Eisenbahnen und im Allgemeinen alle Transportmittel.
5) Die gegenwärtige Vereinbarung tritt zu gleicher Zeit mit den zu Brüssel unter dem 2. Juli 1890 gezeichneten Akten in Kraft. Sie gilt für einen Zeitraum von fünf Jahren und bleibt gültig für weitere fünf Jahre, und so fort von fünf zu fünf Jahren, sofern nicht eine oder die andere der drei Mächte sechs Monate vor dem Ablauf des fünfjährigen Zeitraums die Revision derselben verlangt.
Tarif der westlichen Zone des konventionellen Congo⸗Beckens. 6 (Uebersetzung.) 8 Die Regierung des unabhängigen Congo⸗Staats, Regierung der französischen Republik und die Regierung Sr. Maäjestät des Königs von Portugal und Algarvien hbaben Behufs Aufstellung eines Tarifs der im westlichen Congo⸗Becken zu erhebenden Einfuhrzölle die in der Deklaration vom 2. Juli vorgesehenen Verhandlungen eröffnet und haben sich über folgende Punkte geeinigt: 1) Alle in das westliche Congo⸗Becken eingeführten Waaren unter⸗ liegen einem Zoll von 6 % des Werthes, mit Ausnahme von Waffen,
jeden Jahres verlangt.
Munition, Pulver und Salz, für welche ein Zoll von 10 % zu zahlen
ist. Für alkoholhaltige Getränke gelten besondere Bestimmungen.
2) Schiffe und Boote, Dampfmaschinen, mechanische Apparate, welche der Industrie oder dem Ackerbau dienen, sowie Weckzeuge für gewerbliche und landwirthschaftliche Zwecke sind während eines vier⸗ jährigen, mit dem Tage der Anwendung des Zolltarifs beginnenden Zeitraums zollfrei und können demnächst einem Zoll von 3 % unter⸗ worfen werden.
3) Lokomoliven, sowie Eisenbahnwagen und Material sind während des Baues der Linien und bis zum Tage der Eröffnung des Betriebes zollfrei. Sie können sodann mit einem Zoll von 3 % belegt werden.
4) Wissenschaftliche und Präzisionsinstrumente, sowie die dem Gottesdienst dienenden Gegenstände, Kleidungsstücke und Gepäck für den persönlichen Gebrauch der Reisenden und Personen, welche sich im Gebiet des westlichen Congo Beckens niederlassen, sind zollfrei.;
5) Der gegenwärtige Toarif kann von Jahr zu Jahr einer Re⸗ vision unterzogen werden, hirenden Mächte dies wenigstens sechs Monate vor Ablauf eines Doch kann von dieser letzteren Befugniß erst achtzehhn Monate nach Anwendung des Tarifs Gebrauch gemacht werden.
Falls ein Einverständniß über die Bedingungen der Revision nicht erzielt werden sollte, so erlangen die betheiligten Mächte das Recht der freien Festsetzung des Tarifs innerhalb der durch die De⸗ klaration vom 2. Juli v. J. vorgesehenen Greenzen.
Nach Inhalt einer in viele Zeitungen übergegangenen Notiz soll im November v. J. zu St. Paul, Minnesota, in den Vereinigten Staaten von Amerika die 80 jährige deutsche Frau
storben sein.
Die an zuständiger Stelle eingezogenen Erkundigungen haben diese Nachricht zwar insoweit bestätigt, als aller⸗ dings eine Frau Klotz in St. Paul verstorben ist und einiges Vermögen hinterlassen hat; dagegen trifft die Behauptung, daß die Erben derselben nicht seien, nicht zu.
erforderlichen Schritte gethan, um den Nachlaß für sich in An⸗ spruch zu nehmen. Die grobße Zahl derer, welche in letzter Zeit deutsche und amerikanische Behörden mit bezüglichen An⸗ fragen überhäuft haben, mögen daher von Schritten behufs Geltendmachung ihrer vermeintlichen Ansprüche Abstand nehmen, da dieselben nach Lage der Sache völlig aussichts⸗ los sind.
Nachrichten aus Chile zufolge ist die dortige Regierung entschlossen, die Zufuhr von Waffen, Munition und sonstigen Kriegsbedürfnissen an die Aufständischen unter allen Umständen zu verhindern. 8
Die deutschen Rheder und sonstigen Interessenten können daher nur dringend davor gewarnt werden, derartige Sen⸗ dungen nach Chile zu verschiffen, so lange die Verhältnisse
daselbst so unsicher sind, wie jetzt, da sie sich sonst der Gefahr aussetzen, daß die betreffenden Waaren beschlagnahmt werden.
Der Königlich bayerische Bevollmächtigte zum rath Ministerial⸗Rath Heller ist hier angekommen.
Der Bevollmächtigte für t thum Schwarzburg⸗Sondershausen Staats⸗Minister Petersen ist von Berlin abgereist.
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—
S. M. Panzerschiff „Friedrich Carl“, Kapitän zur See Aschenborn, ist am 27. Spalato angekommen. 2
Kommandant Februar in
8
Schleswig, 1. März. Am heutigen Tage, Mittags 12 Uhr, wurde in der Stadt Schleswig, nach zuvor in der Domkirche stattgehabter kirchlicher Feier, der 25. schleswig⸗ holsteinische Provinzial⸗Landtag in Gegenwart von 55 Abgeordneten von dem Ober⸗Präsidenten, Wirklichen Ge⸗
heimen Rath von Steinmann mit nachstehender Ansprache
eröffnet: 8 Hochgeehrte Herren!
Bei Ihrem Zusammentreten zum 25. Schleswig⸗Holsteinischen
Provinzial⸗Landtage bringe ich Ihnen den Willkommensgruß der Königlichen Staatsregierung entgegen.
Das seit Ihrem letzten Tagen verflossene Jahr war für unsere Provinz von besonderer Bedeutung durch den derselben im letzten Herbst zu Theil gewordenen längeren Besuch unseres er⸗ habenen Kaiserpaares. Die schönen Tage, während Ihre Majestäten unter uns verweilten und in Verlauf auch der Provinzialvertretung die Ehre war, Allerhöchstdieselben begrüßen zu dürfen, haben das der Liebe und Verehrung zu dem erlauchten Herrscherhause nur noch fester und inniger geknüpft und werden in den Herzen der Be⸗ völkerung unvergeßlich fortleben.
Als ein nicht minder erfreuliches Ereigniß sehen wir die Wieder⸗
deren
gewinnung der mit Schleswig⸗Holstein durch alte Stammesgemein⸗
schaft und frühere politische Zusammengehörigkeit verbundenen Insel
Helgoland an, deren adminifstrative Vereinigung mit der Provinz in
Kurzem bevorsteht.
Das Wirthschaftsleben 1 vor Erschütterungen bewahrt geblieben. Zwar ließ die Ernte vielfach zu wünschen übrig, indeß 9* die Gesammtlage unserer Landwirth⸗ schaft nach wie vor als eine gesunde und verhältnißmäßig günstige angesehen werden. Auch die Industrie der Provinz gewährt, mancher unerfreulicher Erscheinungen ungeachtet, fortgesetzt ein befriedigendes Bild. Insbesondere ist der den industriellen Betrieben beschäftigten Arbeiter wieder ansehnlich gestigen. Von den einzelnen Industriezweigen weisen vor Allem die Textilindustrie, sowie die Ziegeleien und Cementfabriken, endlich die chemische und die Eisenindustrie anhaltend eine steigende Ausdehnung auf, während andere Zweige, insbesondere der Schiffbau, sich wenigstens auf der früber erreichten Höhe gehalten haben. Als eine sehr erfreuliche Thatsache mag hier auch der Aufschwung erwähnt
werden, welchen in neuerer Zeit das Kunstgewerbe bei uns genommen
eines bekannten Flensburger Meisters auf diesem Gebiet haben der Staatsverwaltung Anlaß gegeben, dos Unternehmen desselben der Errichtung einer Kunst⸗ schnitzschule durch Gewährung reichlicher Zuschüsse zu fördern und zugleich für den Seitens der Stadt beabsichtigten Bau eines Museums zur Aufnahme der am Orte vorhandenen reichen Sammlung kunst⸗ gewerblicher Gegenstände alter und neuerer Zeit einen namhaften Beitrag in Aussicht zu stellen. Das gleichzeitige Gesuch der Stadt um Bewilligung eines einmaligen Beitrags aus provinziellen Mitteln
hat. Die schönen Leistungen
sofern die eine oder die andere der kontra-
u Anna Klotz mit Hinterlassung eines bedeutenden Vermögens und ohne bekannte Erben ver⸗
bekannt Der Gatte und ein Sohn der Verstorbenen sind vielmehr in St. Paul wohnhaft und haben bereits die
Bundes⸗
zum Bundesrath für das Fürsten⸗
welcher
vergönnt
der Provinz ist auch im letzten Jahre
auch im letzten Jahre die Zahl der in
S⸗ 8 .
wird hierbei, im Hinblick auf die bohe Bedeutung einer derartigen Anstalt für das Kunstgewerbe der Provinz, Ihrer wohlwollenden Be⸗
rücksichtigung warm empfohlen
Der Bau des Nordostseekanals schreitet rüstig vorwärts. Das⸗ selbe gilt von dem Eisenbahn⸗ und Wegebau, sowie von den Fluß⸗ regulirungen und sonstigen Meliorationsanlagen.
Von Vorlagen der Staatsregierung wird Sie während Ihres bevorstehenden Tagens voraussichtlich nur die Frage wegen einer etwaigen Ausdehnung des für die hohenzollernschen Lande ergangenen Gesetzes über die Entschädigung für das an Milzbrand gefallene Vieh auf die hiesige Provinz beschäftigen Zu einer gutachtlichen Aeußerung über die von der Bezirksbehörde in Aussicht genommene neue Bau⸗ ordnung für das platte Land wird Ihnen in Gemäßheit des von den verschiedensten Seiten an mich gebrachten Wunsches im Laufe einer der folgenden Sitzungsperioden Gelegenheit gegeben werden, sobald erst die Vorarbeiten für den Gegenstand, mit welchen augenblicklich die ö“ befaßt ist, eiren gewissen Abschluß gefunden haben werden.
Bei Ihren diesmaligen Berathungen dürfte sonach die Fest⸗ stellung des Provinzial⸗Haushalts⸗Etats, der Ihnen in einer thbeil⸗ weise veränderten Form vorgelegt wird, den Hauptgegenstand bilden. Außerdem werden Ihrer Beschlußfassung die auf Anregung des vor⸗ jährigen Provinzial⸗Landtages aufgestellten neuen Grund sätze für den Ausbau von Nebenlandstraßen und die Förderung des Gemeindewege⸗ baues unterliegen, an deren Zustandekommen auch die Staats⸗ regierung lebhaftes Interesse nimmt. Endlich wird Ihnen die Beschlußfassung über die neu aufgestellten Reglements für die Provinzialanstalten, über die Frage der finanziellen Unter⸗ stützung der landwirthschaftlichen Winterschulen, über die in Vorschlag gebrachte anderweite Klassifizirung einiger Wegestrecken, sowie die Vornahme von Wahlen obliegen.
Indem ich dem Wunscke Ausdruck gebe, daß Ibre Arbeiten der Provinz zum Segen gereichen mögen, erkläre ich nunmehr im Namen Sr. Maäajestät des Kaisers und Königs den 25. schleswig⸗holsteinischen Provinzial⸗Landtag für eröffnet.
Unter dem Vorsitz des an Jahren ältesten Mitgliedes der Versammlung, des Königlichen Landraths, Geheimen Regierungs⸗Raths von Willemoes⸗Suhm aus Segeberg wurde mittels Akklamation der Klosterpropft Graf von Reventlow⸗ Preetz wiederum zum Vorsitzenden des Provinzial⸗Landtages und der Landespfennigmeister Niemand⸗Heide zum stellver⸗ tretenden Vorsitzenden gewählt. 1
Der Vorsitzende begrüßte darauf die Versammlung und brachte auf Se. Majestät den Kaiser und König ein dreimaliges Hoch aus, in welches die Versammlung begeistert einstimmte.
Bayern. v1“
München, 28. Februar. Die Königin Isabella von Spanien traf nach der „Allg. Ztg.“ heute von Paris hier ein und wurde auf dem Centralbahnhofe von den Prinzen Ludwig Ferdinand und Alfons sowie von Prinzessin Elvira begrüßt. Die Königin begab sich sofort nach Schloß Nymphenburg. 1 8
28. Februar. Ihre Majestät die Königin ist dem „Dr. J.“ zufolge von Baden⸗Baden hier wieder ein⸗ getroffen.
Württemberg.
Die internationale Ge⸗ stellung wurde wie „W. T. B.“ berichtet, heute in der Königlichen Staatsgalerie feierlich er öffnet. Ihre Majestät die Königin, Ihre Königlichen Hoheiten die Prinzen und Prinzessinnen sowie die Spitzen der Ge⸗ sellschaft wohnten der Feier bei. Der Ehren⸗Präsident der Ausstellung, Se. Königliche Hoheit der Prinz Wilhelm, hielt die Festrede, in welcher er auf den schönen Erfolg und die für das Stuttgarter Kunstleben hervorragende Betheiligung des In⸗ und Auslandes hinwies und die Verdienste des Direktors Schrandolph hervorhob. Die Königin machte nach der Er⸗ öffnungsrede einen Rundgang durch die Ausstellung, auf welcher Deutschland, Oesterreich, Frankreich, Belgien, Nieder⸗ lande, Italien und Spanien vertreten sind. ö Baden.
Karlsruhe, 28. Februar. Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin begaben sich, wie die „Karlsr. Ztg.“ meldet, gestern Nachmittag nach dem Haupt⸗ bahnhof zum Empfang Ihrer Majestät der Königin von Sachsen, welche, von Baden Baden kommend, einige Stunden zum Besuch bei Ihren Königlichen Hoheiten verweilte, und geleiteten die Königin zum Großherzoglichen Schlosse, wo dieselbe bis Abends 7 Uhr verblieb und dann die Reise nach Dresden fortsetzte. Der Großherzog und die Groß⸗ herzogin gaben Ihrer Majestät das Geleite zum Bahnhof.
Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach.
Weimar, 1. März. Die im vorigen Dezember ver⸗ sammelte V. ordentliche Landessynode hatte die vom Kirchenrath vorgelegte neue Gottesdienstordnung berathen und angenommen. Se. Königliche Hoheit der Großherzog hat, der „Th. C.“ zufolge, derselben nunmehr seine Zustim⸗ mung ertheilt, und angeordnet, daß diese neue Gottesdienst⸗ ordnung mit dem ersten Pfingstfeiertage d. J. eingeführt werde. Der ehemalige Staatssekretär des Reichs⸗Marineamts Contre⸗Admiral Heusner ist vorgestern Abend hier am Herz⸗
schlag gestorben. v.“
Oldenburg. (-) Oldenburg, 27. Februar. Der Landtag gab in heutiger Sitzung seine Zustimmung zu verschiedenen Gesetz⸗ entwürfen in zweiter Lesung, bewilligte die zur Beschaffung neuer Eisenbahn⸗Güterwagen beantragten 800 000 ℳ und überwies eine Petition wegen Verstaatlichung der Westersteder Schmalspurbahn und deren Umwandlung in eine normal⸗ spurige an die Großherzogliche Staatsregierung zur Prüfung. Der Gesetzentwurf, betreffend den weiteren Ausbau des olden⸗ burgischen Eisenbahnnetzes durch Bahnen untergeordneter Be⸗
deutung, wurde auch in zweiter Lesung angenommen.
Anhalt.
Dessau, 28. Februar. Ihre Königliche Hoheit die
Erbprinzessin von Hohenzollern ist, wie der „Anh.
St.⸗A.“ mittheilt, mit Gefolge heute Nachmittag von Potsdam
kommend, hier eingetroffen und hat im Erbprinzlichen Palais Wohnung genommen.
Der Zweite Vize⸗Präsident des Landtages, Freiherr von
Ende, ist gestern plötzlich gestorben.
1 Hamburg. Hamburg, 1. März. Die Bürgerschaft hat den Antrag des Senats, betreffend die weitere Verwendung des Petroleumhafens und die Räumung des Ostufers des⸗
1 selben, abgelehnt. Der Antrag, das Stadttheater durch!
ein Darlehn von 300 000 ℳ zu subventioniren, wurde angenommen, bedarf aber einer zweiten Lesung. . 8
Elsaß⸗Lothringen. 8
Straßburg, 1. März. Die Einfuhr von leben dem Rindvieh aus Oesterreich⸗Ungarn ist für die Schlacht⸗ häuser der Städte Straßburg, Metz, Mülhausen und Colmar widerruflich gestattet worden.
In einer in Metz abgehaltenen zahlreich besuchten Volks⸗ versammlung wurde dem „W. T. B.“ zufolge beschlossen, eine Resolution an den Bundesrath, den Reichstag und an das elsaß⸗lothringische Staats⸗Ministerium abzusenden, welche sich gegen die geplante Tarifreform und für den Zonentarif ausspricht.
Deutsche Kolonien.
Von P. Schynse ist soeben aus Bukumbi, Südufer des Victoria⸗Sees, 20. November 1890, ein Privatbrief ein⸗ getroffen. Die „Köln. Volks⸗Ztg.“ entnimmt demselben Folgendes:
Die ersten Wochen marschirten wir im Regen. Mit den Ge⸗ fechten in Ugogo war es nicht besonders schlimm. Es wurden wohl an einem Tage etwa 1000 Patronen verschossen, doch blieben deren noch über 30 000 und sämmtliche Geschützmunition, sowie ein guter Vorrath loses Pulver für Vorderlader. Auch waren die Kämpfe gar nicht so schwer; Emin Pascha batte nicht einmal einen einzigen Verwundeten. Der apostolische Vikar, Bischof Hirth, ist vor fünf Tagen nach Uganda abgereist; J doch müssen wir ihn schon wieder her⸗ holen lassen, da gestern die Boten ankamen. Eine zahlreiche Kara⸗ wane ist nämlich für uns auf dem Wege und wird bald hier ein⸗ treffen. Ich blieb hier, der deutschen Expedition wegen. Emin Pascha ist vor vier Wochen abgefahren und baut bei den Baziba am West⸗ ufer des Nyvanza eine Station. Doch viel Gepäck, 30 Soldaten und zwei Europäer von der Expedition sind noch hier.
Wie der „Times“ aus Sansibar gemeldet wird, traf Oberst Euan Smith mit seinem Stabe, einer Einladung des deutschen Kommissars und der französischen Mission fol⸗ gend, gestern (Sonntag) in Begleitung des deutschen Konsuls auf dem Kriegsschiffe „Redbreast“ in Bagamoyo ein und wurde von den deutschen Behörden, welche ihm zu Ehren ein Fenmahl veranstaltet hatten, auf das Herzlichste empfangen. Oberst Smith wollte heute nach Sansibar zurück⸗ kehren. 8
1 Oesterreich⸗Ungarn.
Wien, 2. März. Se. Durchlaucht der Prinz und Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Adolf von Schaum⸗ burg⸗Lippe sind, laut Meldung des „W. T. B.“, gestern aus Konstantinopel hier eingetroffen.
Wie die „Zeitschrift für Eisenbahnen und Dampfschiff⸗ fahrt der österreichisch⸗ungarischen Monarchie“ meldet, schweben zwischen der Deutschen Reichsregierung und Oester⸗ reich⸗Ungarn Verhandlungen, um im Eisenbahn⸗ betriebs⸗Reglement die in Folge des Berner Ueberein⸗ kommens sich als nothwendig erweisenden Aenderungen ge⸗ meinsam durchzuführen.
Bei den Wahlen der oberösterreichischen Land⸗ gemeinden zum Reichsrath wurden sieben Katholisch⸗ Konservative gewählt. In Triest wurde der frühere Abg. Luzzato wiedergewählt.
Nach einem Concert der Stadtkapelle von Spalato zu Ehren des deutschen Geschwaders empfing und bewirthete der Contre⸗Admiral Schroeder vorgestern auf dem Admiral⸗ schiffe zahlreiche Mitglieder der hiesigen Gesellschaft. Gestern las der Bischof für die katholischen Mannschaften des Ge⸗ schwaders eine stille Messe und nahm alsdann an dem Früh⸗ stück auf dem Admiralscheffe Theil.
Großbritannien und Irland.
8. Sb ggn 11“ 1“ ““ Der deutsche Botschafter Graf Hatzfeldt und der Vize⸗
Admiral Freiherr von der Goltz wurden am Sonnabend von der Königin und der Kaiserin Friedrich in Windsor empfangen und nahmen dem „W. T. B.“ zufolge auch später an der Hoftafel daselbst theil.
Nach aus Bombay vorliegenden Nachrichten des „R. B.“ wurde auf den politischen Agenten Englands in Süd⸗ Beludschistan, Major Muir, von Eingeborenen ein Attentat verübt. Major Muir wurde schwer verwundet und hat u. a. den Verlust zweier Finger zu beklagen; indeß werden seine Wunden als nicht lebensgefährlich angesehen. Die Angreifer sind entkommen. v“
“ “ 8
Frankreich. “
Paris, 2. März. Zu den Vorgängen der letzten Tage schreibt das „Journal des Débats“:
„Es war vorauszusehen, daß einige Personen und einige Blätter diese Gelegenheit, die öffentliche Meinung aufzustacheln und ihrer an⸗ geborenen Maßlosigkeit die Zügel schießen zu lassen, nicht vorübergehen lassen würden. Das ist denn auch geschehen. Wer wollte sich darüber wundern? Man darf sich dazu Glück wünschen, daß die Aufreizungen einer gewissen Presse ein so schwaches Echo fanden und so geringe Wirkung in dem reizbaren Paris übten, wo so verschiedene Leidenschaften gähren und stets aufzulodern bereit sind . . . . . Man mißt im Auslande dem, was unsere Blätter sagen, allzu große Bedeutung bei. Das kommt vielleicht daher, daß man dort mit besonderer Vorliebe gerade diejenigen Blätter liest, welche sich durch ihre zügellose Polemik aus⸗ zeichnen. Man glaubt allzusehr an den Einfluß, den sie auf die öffent⸗ liche Meinung in Frankreich zu üben vermögen. Man ist allzusehr geneigt, die französische Regierung und Nation für journalistische Aus⸗ schreitungen verantwortlich zu machen, an denen sie ganz unschuldig und gegen die sie ohnmächtig sind“.
In der „Estafette“, dem Blatte Jules Ferry's, liest man:
„Bonapartisten und Boulangisten haben als Bevollmächtigte der nationalen Würde gesp ochen. Wer möchte behaupten, daß sie es nicht darauf abgesehen hatten, unter der Gunst irgend eines Umstandes irgend ein Abenteuer einzufädeln? Sie sind aus ihren Schlupfwinkeln herausgekommen. Sie haben gesprochen. Sie sind in ihren Blättern drohend aufgetreten . Soll man es dulden, daß sie als Gebieter auftreten? Heute laufen die Dinge noch ohne zu großen Schaden ab, ein anderes Mal könnten sie schlimm enden, wenn die Regierung das bonapartistische Gelichter und die Boulange noch länger schonen wollte.“
Im „Evénement“ warnt der Senator Edmond Maynier einem Bericht der „Nat.⸗Ztg.“ zufolge vor jeder unnützen Aufregung, vor jedem Eingehen auf die Ideen der Patriotenliga.
„Das französische Volk“ und das Nachlassen der Spannung, Ländern herrschte, nicht durch die
“ 11“
sagt er, „weiß, daß die Beschwichtigung welche zwischen den beiden freiwillige Weigerung
der Pariser Maler, in Berlin auszustellen, kompromittirt werden können. Ich will hinzufügen, daß die öffentliche Meinung die Pirouette des Hrn. Edouard Détaille, der seine erste Zusage zurückzieht, und den unglaublichen Brief der Wittwe Meissonier’s streng beurtheilt, welche den Beweis hoher Bewanderung, den Wilhelm II. dem verstorbenen Meister ertheilte, vergessen konnte. Nein, das heutige Frankreich ist nicht das Spielzeug geräuschvoller Komödien, die durch unbußfertige Boulangisten mit Hülfe ihrer ebe⸗ maligen royalistischen und bonapartistischen Helfershelfer in Scene gesetzt werden.“
Die gesammte Presse sieht, wie „W. T. B.“ meldet, den Erlaß, Betreffs der Paßvorschriften an der elsaß⸗ lothringischen Grenze als die Folge der jüngsten Zwischen⸗ fälle an, meint jedoch, es sei Elsaß⸗Lothringen, das unter der Repressalie hauptsächlich leide. Der „Temps“ sagt, es könne aus der Maßnahme, welche die El⸗ sässer für die Unklugheiten und Schwächen der Pariser Bevölkerung büßen läßt, eine Lehre für die Zukunft gezogen werden. Die Haltung Frankreichs, so tadellos dieselbe thatsächlich gewesen, habe nicht der Erwartung unparteiischer Beobachter entsprochen, welche glaubten, Frank⸗ reich könne die Beziehungen zu dem Nachbarlande leichter und normaler gestalten. Die allgemeine Empfindung sei gewesen, man müsse sich Angesichts der Agitation der Boulangisten und Bonapartisten um so fester und vernünftiger zeigen; leider glaubten die Verständigen Alles gethan zu haben, wenn sie keine Extravaganzen begingen, während ihr Stillschweigen den Lärm Anderer, nach welchem man sie beurtheilt, noch lauter erscheinen lasse. Wie viele Franzosen außer den Mitgliedern des Kaiserlichen Hofes und drei bis vier Journalen wollten 1870 den Krieg! und doch habe man in Europa sagen können, das Land habe ihn verlangt.
Das Journal „Paris“ fragt: Hofft man, wir würden aus unserer seit zwanzig Jahren bewahrten Ruhe heraus⸗ gehen? Nur Jene, welche innere politische Interessen dabei haben, drängen uns dazu; ihre Manöver werden aber fruchtlos bleiben wie alle Bemühungen, uns zur Verzichtleistung auf das uns Gebührende zu veranlassen.
Dasselbe Blatt theilt mit, Boulanger sei im Einver⸗ nehmen mit seinen Parteifreunden nach Brüssel gekommen, in der Hoffnung, daß Zwischenfälle es ihm ermöglichen würden, die Grenze zu passiren; das erkläre auch die hetzerische Sprache der boulangistischen Blätter. Wie es heißt, werde Boulanger nicht mehr nach Jersey zurückkehren.
In einer am Sonnabend abgehaltenen Versammlung von Boulangisten des 13. Arrondissements, an welcher gegen 600 Personen theilnahmen, feierten dem „W. T. B.“ zufolge mehrere Redner die Vorgänge der letzten Tage als einen Sieg der boulangistischen Partei über die Regierung, welche gezwungen worden sei, sich vor der Patriotenliga zu beugen. Dérouléde, stürmisch bearüßt, verlas einen Brief des Malers Détaille, in welchem letzterer erklärt, daß sein Patriotismus aus dem Streit der jüngsten Tage neu gestärkt hervor⸗ gegangen sei. Die Versammlung beschloß, Rochefort, Laurent und Cassagnac silberne Denkmünzen für ihre Haltung zu überreichen.
Diejenigen imperialistischen Comités, welche An⸗ hänger des Prinzen Victor sind, hielten heute eine Versamm⸗ lung ab und bestätigten in der Tagesordnung die Erklärung ihrer Präsidenten vom 26. Februar, worin diese den An⸗ schluß an die Republik aussprechen.
Die Zollkommission hat mit einigen Vorbehalten den von Meline erstatteten Generalbericht angenommen. Derselbe wird am Dienstag der Kammer zugehen. Méline wird be⸗ antragen, den Bericht auf die Tagesordnung zu setzen.
In der Deputirtenkammer wurde am Sonnabend ein Gesetzentwurf berathen, nach welchem eine Steuer auf Gewinne durch Wetten bei Pferderennen für öffent⸗ liche Wohlthätigkeitszwecke erhoben werden soll. Mehrere Redner sprachen gegen den Entwurf, da durch den⸗ selben das Wetten gewissermaßen als gesetzlich an⸗ erkannt werde. Der Antrag wurde schließlich mit 338 gegen 149 Stimmen verworfen. Im Laufe der Debatte erklärte der Minister des Innern Constans, daß, wenn die Kammer den Antrag zurückweise, die Regierung Maßregeln treffen werde, das Buchmachen und Wetten auf den Rennbahnen zu verhindern. In Folge der Abstimmung der Kammer werde das Buchmachen und Wetten von nächsten Montag ab verboten sein. — Bei dem gestrigen Rennen in Auteuil wurde die von dem Minister des Innern angekündigte Unterdrückung der Renn⸗ wetten noch nicht in Vollzug gesetzt. Gleichwohl wurde die Maßregel von verschiedenen Gruppen sehr lebhaft erörtert ohne daß indessen ein Zwischenfall vorgekommen wäre.
Italien.
Ueber den Prozeß gegen Calzoni und Genossen meldet „W. T. B.“ weiter: In dem am Sonnabend vorgenom⸗ menen Verhör sagte ein Gefangener aus: Pedroni habe einem Zellengenossen erzählt, er habe Calzoni eine Dynamit⸗ kassette geschickt, um damit den Wagen des Königs in die Luft zu sprengen. Ein Entlastungszeuge gab dagegen an, man verwende in Perugia häufig Dynamit zum Fischen im dortigen See.
Prinz Jérôme Napoleon ist, wie aus Rom berichtet wird, an einer Nierenentzündung erkrankt. Der „Mgdb. Ztg.“ zufolge hat sich der Zustand des Prinzen derart verschlimmert, daß ein tödtlicher Ausgang befürchtet wird. Der Prinz hatte bereits am 26. Februar einen leichten Schlaganfall, der sich am Sonnabend wiederholte. König Humbert besuchte am Sonnabend seinen Schwager zwei Mal; Prinzessin Clotild sowie Prinz Victor Napoleon wurden telegraphisch nach Ron berufen.
Die Nachwahlen zur Deputirtenkammer sirn zu Gunsten der Regierung ausgefallen; in Parma, Piacenza und Treviso wurden dem Kabinet günstige Vertreter gewählt, nur in Forli kam der radikale Bewerber durch. In Parma sowohl wie in Treviso, wo es sich um de Ersatz radikaler Mandate handelte, sind die Radikalen dies: mit kleiner Minderheit unterlegen. 11“
Epanien. Die amtliche „Gaceta de Madrid“ von gestern publizirt die Ernennung von Martinez Campos zum Präsidenten des Senats. Luxemburg.
Der Großherzog ist, wie die „Luxb. Ztg.“ mittheilt, am Donnerstag Nachmittag, nach einem mehrtagigen leichten durch Erkältung verursachten Unwohlsein, wieder ausgefahren.
Der Erbgroßherzog, dessen Abreise wegen des Unwohlseins