1891 / 53 p. 9 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 02 Mar 1891 18:00:01 GMT) scan diff

dder Razdreifenbrüche

gehende Störung in Folge außerordentlicher elemen⸗

tarer Ereignisse. Es bedarf wirklich nur geringen Nachdenkens,

um darüber klar zu werden, daß, wenn mit erheblich verstärkten

Mitteln bet einem verhältnißmäßig geringeren Verkehr die Bewälti⸗

gung dieses Verkehrs nicht gelingen konnte, außerordentliche Umstände

mitgewirkt haben.

Wir haben in den letzten beiden Jahren eine Vermehrung der Betriebsmittel eintreten lassen um Ihnen das vorzuführen an Lokomotiven, die gleich ist dem gesammten Lokomotiven⸗Bestande der sächsischen Staatsbahnen über 800; wir haben weiter eine Vermehrung eintreten lassen an Güter⸗ und Gepäckwagen um einen Betrag, der ungefähr gleich ist dem gesammten Bestande an Güterwagen und Gepäckwagen der bayerischen Staatsbahnen. Wenn die bavyerischen Staatsbahnen etwa 17 000 Güterwagen nach der Reichsstatistik besitzen, so haben wir jetzt nahezu 200 000. Das ist unseren Verhältnissen entsprechend. Auch die Erneuerung baben wir in früheren Jahren nicht vernachlässigt. In den letzten sechs Jahren, die in den Etat pro 1890/91 eingestellte Summe ein⸗ geschlossen, haben wir eine Summe von nahezu 200 Millionen für die Erneuerung aus laufenden Mitteln bestimmt. Die Vermehrung, welche wir aus Anleihen entnommen haben den Grundsätzen gemäß, welche früher in Preußen sowohl, wie in an⸗ deren Ländern maßgebend gewesen sind —, belaufen sich auf etwa 93 Millionen, ohne diejenigen Summen, welche für neue Bahnen in dem Anlagekapital für diese vorgesehen sind, mit etwa 97 Millionen. Wir haben also in dieser Beziehung Außer⸗ ordentliches geleistet, und es ist die Frage berechtigt, woher kommt es, daß wir trotzdem in diese Kalamitäten gekommen sind? J wiederhole: es hatten außerordentliche Verhältnisse die Schul

Die Herren, die im Westen wohnen, werden sich erinnern, da an drei Tagen, vom 24. bis 27. November vorigen Jahres, ein wolkenbruchartiger Regen sich über das Land ergoß, der alle kleinen Flüsse austreten und zu reißernden Strömen werden ließ. Dieser Wolkenbruch hat nach meteorologischen Beobachtungen ungefähr 1⅛6 bis des ganzen Jahresquantums betragen. Das hat zur Folge gehabt, daß nicht weniger als 23 Eisenbahnlinien für den dortigen Verkehr gesperrt wurden. Eine große Zahl von größeren und kleineren Brücken wurde zerstört; selbst jetzt sind wir noch nicht mit der definitiven Wiederherstellung aller dieser Brücken fertig. Die Summo, die zu verwenden war, um nur den Verkehr leidlich wieder⸗ herzustellen, beläuft sich auf nahezu eine Million. Natürlich gerieth durch diese Ereignisse der Betrieb ins Stocken.

Bald nach diesem Ereignisse trat plötzlich der frühe, scharfe und anhaltende Frost ein. Er sperrte die Wasserstraßen und warf Alles, was man auf dem Wasser zu befördern gedachte, auf die Eisenbahnen.

Die Eisenbahnen litten durch den Frost ihrerseits; das Planum fror auf. Die Beschädigungen der Betriebsmittel häuften sich in unglaub⸗

licher Weise und nun, um das Unheil voll zu machen, kamen die

außerordentlichen Schneefälle hinzu. Ihrer Budgetkommission ist ja eine ausführliche Uebersicht überreicht worden über alle die Störungen, die im Laufe dieses Winters auf den verschiedenen Staatsbahnlinien sich ereignet haben. Sie werden daraus gesehen haben, welche

Campagne die Eisenbahnen durchgemacht haben.

Zu alledem kam noch weiter, daß nicht allein wir, sondern auch die Nachbarländer Holland, Belgien und Oesterreich von denselben Kalamitäten betroffen wurden. Die Wagen, die dorthin geschickt wurden, konnten nicht zurückkommen. In Holland ist zur Zeit meines Wissens noch nicht einmal die reglementsmäßige Lieferfrist wieder ein⸗ geführt worden, weil eben alles das, was sonst auf Kanälen und Flüssen befördert wird, mit der Eisenbahn befördert werden mußte. Ja, man sah in Holland und Oesterreich sich genöthigt, eine vollständige Ab⸗ sperrung gegen alle Zufuhr aus Preußen eintreten zu lassen. Das hatte wiederum zur Folge, daß die nach Holland und Oesterreich beladenen Güterwagen bei uns sich stauten, und unsere Stationen bis weit ins Land hinein verstopft wurden und den Verkehr in arger Weise störten. Folgeweise konnte auch die fremde Verwaltung nicht die nöthige An⸗ zahl von Wagen beistellen, welche sie sonst geleistet hätte. Und nun die Beschädigungen durch den Frost! Die Zahl

überstieg das Vierfache der gewöhnlichen ahl in dieser Jahreszeit; Radbrüche, Achsbrüche, Heißlaufen der

Achsen alles kam dazu, den Verkehr und den Wagenlauf zu hindern.

Nun sind die Werkstätten ja auf eine große Zahl von Repara⸗ turen eingerichtet, allein nicht für so enorme besondere Anforderungen. Ich glaube nicht zu irren, wenn ich behaupte, daß im Januar bei⸗ nahe 25 % des gesammten Wagenparks in den Werkstätten sich be⸗ fand. Diese mögen regelmäßig auf Reparaturen von etwa 10 % ein⸗ gerichtet sein, das wären gegen 20 000 Güterwagen, aber nicht auf die schleunige Wiederherstellung von 50 000 Wagen! Man mußte also sich gedulden.

Die Lokomotiven waren nicht im Stande, bei den Schneefällen mit einfacher Kraft dasselbe zu bewältigen, wie sonst; es kostete viel⸗ mehr die doppelte Lokomotivkraft. Auch die Abfuhr auf den Bahn⸗ höfen war erschwert, wenigstens im Osten. Das Publikum konnte die angekommenen Güter, namentlich Kohlen, nicht abfahren, und auch das trug zur Wagennoth bei.

Dann die Krankheiten der Beamten, die in Folge der starken Anstrengungen eintraten! Es war in verschiedenen Kategorien der Betriebsbeamten, namentlich den Lokomotivführern und Rangir⸗ meistern, mehrfach so weit gekommen, daß gegen ein Drittel sämmtlicher Beamten krank war. (Hört! hört!) Woher sollte das Material und Personal genommen werden, um die Lücken auszufüllen und so, wie es die Verwaltung selbst wünscht, den Verkehr zu bedienen? Die Vorräthe des Publikums waren knapp geworden man hatte auf einen so frühen und harten Winter nicht gerechnet und man bestürmte deshalb von allen Seiten die Eisenbahnverwaltung; sie konnte indeß trotz besten Willens nicht überall helfen. Noch im Oktober hatte sie einen Verkehr im Ruhrbezirk bewältigt, wie er noch nie dagewesen, obwohl nebenher noch ein ganz außerordentlicher Verkehr in Zuckerrüben und anderen Produkten zu bedienen war. Wie groß ich will das beiläufig hier erwähnen diese Inanspruchnahme in den wenigen Monaten der Campagne allein für den Rübenverkehr zu sein pflegt, wollen Sie daraus ersehen, daß nach angelegter Rechnung hierfür allein ein Be⸗ triebspark erforderlich ist, der ungefähr 100 Millionen Mark kostet. Also, jene Hindernisse zu überwinden, das konnte der Verwaltung bei dem besten Willen nicht gelingen, trotz der Verstärkung des Fuhr⸗ parkes, trotz aller außerordentlichen Mittel, die aufgeboten wurden. Mit Eintritt des besseren Wetters waren selbst⸗

redend nicht alle Beschädigungen

reparirt, nicht alle Kranken plötzlich gesund. Das bessert sich nur nach und nach. Daß aber diese nicht da gewesene Verkehrs⸗Campagne, ich darf es so nennen, uns manche Lehre gegeben hat, ist selbstredend; wir werden auf verschiedentliche Verbesserungen Bedacht nehmen müssen, bauliche und andere; ich habe auch Lücken entdeckt in Bezug auf Organisation und auf Betriebseinrichtungen, welche zu beseitigen, sobald wie möglich, unsere Pflicht sein wird. Dazu wird auch ein Theil der Mittel dienen, die in der jetzt zur Berathung stehenden Vorlage von Ihnen erbeten werden.

Wenn wir dazu kommen, wie wir es wünschen, für den Verkehr diejenigen Erleichterungen eintreten zu lassen, sowohl im Personen⸗ wie im Güterverkehr, die wir bisher ins Auge gefaßt haben, so werden wir doch damit vielleicht noch nicht mal langen; insbesondere meine ich, daß, wenn wir in Bezug auf den Personenverkehr dasjenige, was vorläufig vorgekommen wir haben ja noch keine de⸗ finitiven Beschlüsse gefaßt —, einführen, wir einer Vermehrung unserer Betriebsmittel für den Personenverkehr bedürfen werden, die vielleicht 40 bis 50 Millionen kosten würde, welche dann aber immerhin auch

wohl lohnend sein wird.

Meine Herren, ich spreche die Bitte aus, daß Sie die Vorlage nach denselben Gesichtspunkten wie in früheren Jahren mit Wohl⸗ wollen und mit Vertrauen prüfen wollen; die Verwaltung hält nicht hinter dem Berge; was sie an Materialien besitzt, steht Ihnen zur Verfügung, sie wird Ihnen offen gegenübertreten. Sie werden sich überzeugen, daß augenblicklich nicht mehr geschehen konnte, daß wir aber auch nicht abschließen für die Zukunft und daß wir auch in diesem Falle das Richtige gewählt haben, wie Sie dies in früheren Jahren wiederholt anerkannt haben. Ich hoffe, daß das Vertrauen, welches ähnliche Vorlagen, wie ich dankbarst erkenne, bei der großen Majorität dieses hohen Hauses in allen diesen Jahren ge⸗ funden haben, auch diesmal uns nicht versagt werden wird. (Lebhafter Beifall.)

Abg. von Bülow (Wandsbeck) empfiehlt dem Minister den Bau einer Bahn Hamburg— Wandsbeck-— Trittau, die ganz besonders für die Wohnungsverhältnisse der Hamburger Arbeiter von Bedeutung sein werde. Außerdem werde es vielleicht an der Zeit sein, daran zu denken, wie man einen Theil des Hamburger Handels auf preußisches Gebiet ablenke. Die Linie Oldesloe Elmshorn werde sich auch in anderer Beziehung empfehlen. .

Die Abgg. von Czarlinski und von Bockelberg empfehlen die Berücksichtigung von Bahnprojekten in Posen bezw. eine Bahn von Küstrin nach Sonnenburg. 8

Abg. Schultz (Lupitz) bittet den Minister um Berücksichtigung wenigstens einer der in seinem Wahlkreise Salzwedel⸗Gardelegen projektirten vier Bahnlinien. 1

Abg. Bartels wünscht bessere Bahnverbindungen im Mans⸗ felder See⸗ und Mansfelder Gebirgskreis, Abg. Dr. Lotichius eine neue Bahn von Meisenheim aus, Abg. von Enckevort eine Bahn⸗ station Ueckermünde, Abg. Lohmann eine größere Berücksichtigung des Sauerlandes. Abg. Sombart schließt sich dem Wunsch des Abg. Schultz⸗Lupitz an. Abg. Wißmann wünscht eine Zweigbahn für das Bad Schlangenbad, während Abg. Hansen eine von Oldenburg (Schleswig⸗Holstein) nach der Ostsee hin empfiehlt. Abg. Lassen bittet um eine Bahn im Kreise Sonderburg. Abg. Sack wünscht eine Einbeziehung des Dorfes Kunersdorf im Kreise Kottbus in eine der projektirten Sekundärbahnen und die Errichtung eines Güterbahnhofes daselbst. Abg. Dr. Arendt tritt für weitere Bahnverbindungen im Seekreise Mansfeld ein. 8

Abg. Schoeller befürwortet eine bessere Verbindung zwischen Breslau— Liegnitz mit Hirschberg und Umgegend, wozu die jetzt im Bau begriffene Bahn Goldberg— Schönau— Merzdorf mit verwendet werden könne. Ferner tritt Redner für den Bau einer Bahn von Guben nach Berlin etwa im Anschluß an die Berlin⸗Kottbuser Eisenbahn bei Königs⸗Wusterhausen ein, eine Linie, die sowohl im Verkehrsinteresse als im strategischen erwünscht sei. Der Ausbau der zweigeleisigen Bahnen stehe noch immer hinter dem anderer Länder zurück: in Frankreich seien 37 %, bei uns nur 28 % der Bahnen zweigeleisig. 8 .

Abg. Burghardt bittet um eine Bahn Lauban Lissa, wäh⸗ rend Abg. Friedrichs eine Zweigbahn im Interesse seines Wahl⸗ kreises Gummersbach⸗Waldbroel wünscht. Die Abgg. von Halem und Tschoppe befürworten eine neue Bahn von Uelzen aus.

Abg. Olzem erinnert den Minister an die von ihm schon mehrfach geäußerten Wünsche für eine Verbindung der Nahe mit der Pfalz über Baumholder. 8 b

Abg. Kletschke spricht den Wunsch aus, in die nächste Sekundärbahnvorlage eine Linie Breslau —Zobten— Schweidnitz aufzu⸗ nehmen.

Nachdem noch die Abgg. Frentz und Cremer (Teltow) die Berücksichtigung von Lokalinteressen empfohlen haben, schließt die Generaldiskussion über die in der Vorlage ver⸗ langten neuen Bahnlinien. 1

Um 3 ½ Uhr vertagt das Haus die Berathung über den Rest der Vorlage, die Beschaffung von Betriebsmitteln ent⸗ haltend.

Statistik und Volkswirthschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

In Neunkirchen fanden am Sonnabend wieder zwei Versamm⸗ lungen von Bergarbeitern statt, in welchen der „S.⸗ u. Bl.⸗Ztg.“ zufolge hauptsächlich über das Knappschaftsstatut und die Knappschafts⸗Aeltesten verhandelt wurde. Ein Redner ver⸗ langte Pensionirung der Bergleute nach 50 Dienst⸗ oder mit 50 Lebensjahren, Verringerung der Beiträge, freie Aerztewahl, anderweitige Besetzung des Schiedsgerichts. „Was die jetzigen Knappschafts⸗Aeltesten beschließen, nehmen wir nicht an- hieß es; „dieselben sollen ihr Amt am 1. April niederlegen, da sie das Vertrauen der Bergleute nicht besitzen.“ Dann wurde acht⸗ stündige, bei Hitze, Nässe oder Wassermangel aber sechsstündige Schicht gefordert und die Beschickung des Pariser Kongresses Ende März Behufs Anknüpfung internationaler Verbindung beschlossen; „dann könne man 4 Schichtloon und den halben „Profit“ fordern.“

Wie der Berliner „Volks⸗Ztg.“ aus Saarlouis geschrieben wird, fand am letzten Freitag in Altenwald eine von über 700 Personen besuchte Versammlung von Bergleuten statt, in welcher beschlossen wurde, zwei Delegirte nach Paris zum dortigen Kon⸗ gresse zu senden. Die Versammlung erklärte sich gegen das Knapp⸗ schaftsstatut. Weitere Beschlüsse sollen erst nach dem inter⸗ nationalen Kongreß gefaßt werden.

In den südlausitzer Syenitwerken dauert, wie die „Lpz. Ztg.“ mittheilt, der Ausstand der Steinmetzen fort. Die Arbeitgeber sind zu öffentlichen Versammlungen eingeladen worden, haben aber abgelehnt, dort zu erscheinen, da sie wohl in ibren Werk⸗ stätten gern mit den Arbeitern unterhandeln wollen, nicht aber in Versammlungen, in denen vielleicht zwei Dritteln der Besucher die Sache gar nichts angeht. Es haben sich übrigens in einzelnen Werken Steinmetzen aus der Gegend angemeldet, welche sich bereit erklärten, einzutreten und zu den vorgesehenen Normalsätzen zu arbeiten. Für den gestrigen Sonntag war eine Versammlung in Aussicht genommen.

Wie der „Mgadb. Ztg.“ aus Braunschweig berichtet wird, plant man von sozialdemokratischer Seite einen Kongreß der

Gewerkschaften.

Zu diesem Vorhaben nahmen in Braun⸗ schweig zuerst die Brauer Stellung. Es wurde eine Resolution angenommen, durch welche sich die Anwesenden für den Anschluß an die Arbeiterbewegung aussprachen. Die Beschickung jenes Kon⸗ gresses wurde zwar für zweckmäßig gehalten, doch nahm man von der Wahl eines Delegirten einstweilen Abstand, weil man erst hören will, wie sich andere Arbeitergruppen zu der Angelegenheit verhalten.

Die „Karlsr. Ztg.“ schreibt: Mit Bezug auf die Artikel einiger Blätter über die Arbeiterverhältnisse in Mannheim sei hier einstweilen bemerkt, daß nach den Erhebungen der Fabrik⸗ inspektion über die Arbeiterverhältnisse in Mannheim, soweit sie zur Zeit vorliegen, zwar in einigen Beziehungen noch Ver⸗ besserungen wünschenswerih sind, daß aber nach dem seitherigen Er⸗ gebnisse sich die Zustände in Mannheim im Ganzen nicht als un⸗ günstige, nach einigen Richtungen vielmehr als günstige darstellen. Die von Arbeiterblättern veröffentlichten Angaben über die miß⸗ bräuchliche Ausdehnung der Arbeitszeit in Mannheim treffen theils nur für die eine oder andere Fabrik zu, theils sind sie in ihrer Bedeutung übertrieben worden und dürfen keineswegs auf die Mannheimer Industrie überhaupt übertragen werden. Dieselbe hat vielmehr im Allgemeinen eine geringere tägliche Arbeitszeit, als sie anderwärts üblich ist. Auch wo eine mißbräuchliche Aus⸗ dehnung der Arbeitszeit stattgefunden hat, ist bis jetzt kein Fall festgestellt worden, welcher sich als eine nach der ewerbe⸗ ordnung strafbare Handlung darstellt. In den obengenannten Fällen ist übrigens durch Vermittelung der Fabrikinspektion theils schon Ab⸗ hülfe eingetreten, theils finden noch Erörterungen darüber statt, wobei die Fabrikanten sich gegenüber den stattgehabten Einwirkungen stets zugänglich zeigten.

In der Sonntagsnummer des „Vorwärts“ erstattet die Ge⸗ neralkommission einen Situationsbericht, dem wir Fol⸗ gendes entnehmen: Die Innungsmeister des Glasergewerbes in Magdeburg haben die Mitglieder des neugegründeten Fach⸗ vereins, welcher sich entgegen den Bestrebungen eines Innungs⸗ vereins auf den Boden der allgemeinen Arbeiterbewegung stellte, entlassen, weil sie nicht aus dem Verein austreten wollten. Es kamen 15 Genossen zum Ausstand, doch sind weitere Maßregelungen zu erwarten. Ferner steht auch noch ein Ausstand der Ver⸗ golder in Berlin bevor, doch sind von dort nicht genügende Mit⸗ theilungen eingelaufen, um ein klares Bild der Sache geben zu können. Der Kampf bei den Tabackarbeitern in Hamburg wird mit der größten Erbitterung geführt. Neuerlichst erließen die Fabrikanten wiederum eine Erklärung, daß sie keine Vereinsmitglieder beschäftigen wollen; es soll geplant sein, auch die Bremer Fabrikanten zu ver⸗ anlassen ihre Fabriken zu schließen. Die Heizer und Trim⸗ mer in Hamburg dürften dadurch zu einer Verständi⸗ gung mit den Rhedern kommen daß ein selbständiges Heuerbureau eingerichtet wird, wodurch die nicht un⸗ erheblichen Unkosten, welche die Seeleute heute durch das Anmustern durch die Heuerbaase haben, wegfallen würden und darum die Heuern nach den Wünschen der Rheder eingerichtet werden könnten. Die Steimnetzen in Neusalza haben 102 im Ausstande befindliche Ge⸗ nossen zu verzeichnen. Die Wirker in Thalheim haben über starken Zuzug zu klagen. Den Klavierarbeitern bei Matz u. Comp. in Berlin gelingt es, die nöthige Unterstützung aufzubringen sowie den Zuzug fernzuhalten. Die Glasarbeiter in Bergedorf stehen noch auf dem alten Standpunkt, während die Zahl der Ausstehenden in Ottensen sich bis auf acht vermindert hat. Den Glas⸗ arbeitern in Charlottenburg gelang es, eine Lohnredu⸗ irung zurückzuweisen. In Erfurt sind noch 60 Gemaßregelte zu unterstützen.

Aus Seraing wird der „Köln. Ztg.“ telegraphirt, daß der Ausstand auf der Zeche Marihaye geschlichtet ist.

In Lille haben, wie ein Wolff'sches Telegramm meldet, 600 Weber der Fabrik Wallaert wegen Lohnherabsetzung die Arbeit eingestellt.

Kunst und Wissenschaft.

Der Präsident der physikalisch⸗technischen Reichsanstalt, Professor Dr. von Helmholtz ist nach einer Mittheilung der „N. A. Z.“ zum Ehrenbürger von Potsdam erwählt worden. Hr. von Helmholtz ist in Potsdam geboren.

—, Deutsche Ausstellung London 1891. Am letzten Sonnabend wurde in München eine stark besuchte Versammlung bayerischer Künstler und Industrieller im Hotel Vier Jahreszeiten abgehalten. Hrn. Whitley wurde von allen Theilnehmern versichert, daß Bayerns Kunst und Industrie in ausgezeichneter Weise vertreten sein wird. Die berühmten Maler Professor von Lenbach und von Uhde sind dem Comité beigetreten und stellen hervorragend aus. Die bekannten Architekten Emanuel Seidl und Martin Dülfer, München, sind von Hrn. Whitley für die Dekoration der Gebäude und des Ausstellungsplatzes gewonnen worden und nehmen dieselbe sofort in Angriff.

Den St. Petersburger „Nowosti“ zufolge haben viele russische Künstler die bestimmte Absicht ausgesprochen, sich an der Berliner Kunstausstellung zu betheiligen, sodaß die russische Abtheilung eine in jeder Hinsicht interessante werden dürfte.

Literatur.

Geschichte.

fl. Deutschland vor hundert Jahren. Politische Meinunge

und Stimmungen in der Revolutionszeit, Eintritt in das letzte Jahr zehnt des vorigen Jahrhunderts. Bd. II. Von Woldemar Wenck, Professor an der Universität Leipzig. Leipzig, Fr. Wilh. Grunow. 1890. 283 Seiten, 5 Das Werk ist die Fortsetzung eines vor 3 Jahren erschienenen Buches, worin der Verfasser ausführte daß die Be⸗ schäftigung mit der Tagespolitik in Deutschland keineswegs erst durch die französische Revolution hervorgerufen worden sei, sondern daß sich in der deutschen Publizistik schon lange vor dem Ausbruch der Re volution ein lebhaftes Interesse an den politischen Tagesfragen geltend machte. Den Schluß bildete ein kurzer der Revolutionszeit und ihre Eindrücke auf die deutschen Zeitgenossen. In dem jetzt erschienenen Bande beschäftigt sich Wenck ausschließlich mit dieser letzten Betrachtung und giebt da ein anschauliches Bild von den Hoffnungen und Befürchtungen, welche die französischen Um⸗ wälzungen Sympathie und Antipathie für die Revolution einander bekämpften. Die Elemente, welche die französischen Neuerungen, namentlich die Einführung der Konstitution, enthustastisch begrüßten, waren dieselben, auf denen die Aufklärung des 18. Jahrhunderts vorwiegend beruhte,

Hinweis auf die Ereignisse

.

in den verschiedenen Kreisen Deutschlands erweckten, wie

die Gelehrten, die Schriftsteller und ein Theil des Bür erthums;

del und

abgeneigt waren der Revolution im Großen und Ganzen literarische

Geistlichkeit. Beide Parteien entfalteten eine große Thätigkeit, welche Wenn anfänglich französischen Bestrebungen billigten, wozu das abstoßende Treiben der Emigranten nicht wenig beitruz, so machte doch allmählich die Be⸗ geisterung einer tiefen Abneigung gegen die Greuel der Revolution Platz, ein Stimmungswechsel, der namentlich bei Wieland und Schlözer hervortritt. Auch die Maßregeln der deutschen Regierungen unter dem Eindruck der Revolution bespricht der Verfasser, und zwar tritt

Wenck in objektiver Weise eingehend behandelt. die hervorragendsten Geister fast sämmtlich die

8

hier naturgemäß das Interesse an den beiden Großmächten und ihrer

Neigung resp. Abneigung, kriegerisch gegen Frankreich vorzugehen, in

den Vordergrund. Je näher die Msöglichkeit eines Krieges rückte, desto erregter wurde die öffentliche Meinung, und die Versuche, den

Krieg zu verhindern oder zu beschleunigen, verstärkten sich. Die Revolutionsfreunde verwarfen den Krieg als eine unberechtigte Ein⸗

mischung fremder Mächte in das innere Leben eines Volkes und brand⸗

markten die deutschen Rüstungen als einen Versuch des Despotismus, 8

alle Freiheit auf Erden zu ersticken; die Gegner verlangten Rache für

die Verletzung deutscher Territorien durch die Franzosen, ein Appell wie Wenck vortrefflich auseinandersetzt, ei der Bedeutungslosigkeit der Reichsverfassung wenig Erfolg haben 1

an das Nationalgefühl, der,

8—

1 8

Gesellschaft statt,

nach Ueberweisung von 150 000 13 153 840 der Bilanz⸗Revisionskommission

Prüfung erklärte sich der Aufsichtsrath mit dem Antrag der Geschäfts⸗ inhaber einverstanden, für das Jahr 1890 eine Dividende von 11 %

Pariwechsel als Ertrag aus ertrag aus den eigenen Werthpapieren und

Provision aus den

mußte. Das Buch giebt somit einen lehrreichen Beitrag zur Kenntniß der Publizistik des 18. Jahrhunderts und ist zugleich, da der Ver⸗ fasser seine Ausführungen durch zahlreiche Citate und genaue Quellen⸗ angaben stützt, eine vortreffliche Materialiensammlung für weitere Studien auf diesem Gebiete.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

8 Viehzucht.

Aus dem Reg.⸗Bez. Stade wird geschrieben: Das Weidevieh ist in gutem Nährzustande in den Stall gekommen. Futtermittel sind reichlich vorhanden. Die Viehpreise sind noch immer hoch, namentlich für Magervieh, welches in Folge der vor zwei und drei Jahren nothwendig gewordenen Veränderung des Rindviehstandes überhaupt knapp ist. Nicht so nutzbringend war die Schweinezucht, da die Preise sehr zurückgegangen sind.

Handel und Gewerbe.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 28. Februar gestellt 10 575, nicht recht⸗ zeitig gestellt 355 Wagen. In Oberschlesien sind am 27. v. M. gestellt 4244, nicht rechtzeitig gestellt 1120 Wagen; am 28. v. M. gestellt 3563, nicht rechtzeitig gestellt 1462 Wagen.

. Subhastations⸗Resultate.

Beim Königlichen Amtsgericht I Berlin stand das im Grundbuch von Niederbarnim Band 83 Nr. 3451 auf den Namen des Tischlermeisters Johannes Peischard eingetragene, in der Feldzeugmeisterstraße 3 belegene Grundstück zur Versteigerung. Das geringste Gebot wurde auf 600 festgesetzt. Für das Meist⸗ gebot von 95 000 wurde der Kaufmann Isidor Wolfsohn, Birken⸗ straße 59, Ersteher.

Berlin, 28. Februar. (Wochenbericht für Stärke Stärkefabrikate und Hülsenfrüchte von Mar Saberskvy.) Ia. Kartoffelmehl 24 24 ½¾ ℳ, Ia. Kartoffelstärke 24 24 ½ ℳ, IIa. Kartoffelmehl und ⸗Ztärke 22 ¼ 23 ℳ, feuchte Kartoffel⸗ stärke loco und Parität Berlin 13,75 ℳ, Fabriken bei Frankfurt a. O. zahlen frei Fabrik 13,65 ℳ, gelber Sprup 28 ½ 29 ℳ, Capillair⸗Export 30 30 ½ ℳ, Capillair Sprup 29 ½ 30 ℳ, Kartoffelzucker Capillair 29 ½ 30 ½ ℳ, do. gelber 28 ½ 29 ℳ, Rum⸗Couleur 36 37 ℳ, Bier⸗Couleur 36 37 ℳ, Dextrin, gelb und weiß, lIa. 33 34 ℳ, do. sekunda 27 28 ½ ℳ, Weizenstärke (kleinst.) 43 44 ℳ, Weizenstärke (großst.) 45 ½ 46 ¾ ℳ, Lallesche und Schlesische 45 ½ 46 ½ ℳ, Schabe⸗Stärke 36 37 ℳ,, Mais⸗ Stärke 30 31 ℳ, Reisstärke (Strahlen) 457 47 ℳ, do. (Stücken) 44 —- 45 ℳ, Victoria⸗Erbsen 18 21 ½ ℳ, Kocherbsen 15 ½ 21 ℳ, grüne Erbsen 18 21 ℳ, Futtererbsen 14 ½ 15 ℳ, Leinsaat 20 22 ½ ℳ, Linsen, große 34 44, do. mittel 24 34, do. kleine 18 24 ℳ, gelb. Senf 20 26 ℳ,Kümmel 36 41 ℳ, Buchweizen 15 17 ½ ℳ, Mais loco 15 15 ½ ℳ, Pferdebohnen 14 15 ½ ℳ, inländische weiße Bohnen 20 23 ℳ, breite Flachbohnen 22 26 ℳ, ungarische Bohnen 19— 21 ℳ, galizische und russische Bohnen 17 20 ℳ, Wicken 12 ½ 13 ½ ℳ,

anfkörner 21 23 ℳ, Leinkuchen 16 17 ℳ, Weizenschale 10 ½ 11 ℳ,

oggenkleie 11 11 ½ ℳ, RNapskuchen 13 ½ 14 ½ ꝛℳ, Mohn, weißer 54 64 ℳ, do. blauer 48 54 ℳ, Hirse, weiße 20 23 Alles per 100 kg ab Bahn bei Partien von mindestens 10 000 kg.

Vorgestern fand die Sitzung des Aufsichtsraths der Disconto⸗ in welcher über die Bilanz des abgelaufenen Der Bruttogewinn stellt sich ein⸗

Geschäftsjahres berichtet wurde.

schließlich des auf 156 227 sich belaufenden Vortrages aus der vor⸗ jährigen Bilanz auf 15 821 608 und der Reingewinn nach Abzug

Bauausgaben u. s. w. sowie an den Dispositionsfonds und Unterstützungsfkonds für die Angestellten der Gesellschaft auf gegen 13 788 291 im Vorjahre. Nach Anhörung und vorbehaltlich der speziellen

der Verwaltungskosten, Steuern,

auf das Kommanditkapital von 75 000 000 in Vorschlag zu bringen. Die Bilanz ergiebt als Zinsenertrag der Platz⸗ und anderen 1 609 863 gegen 1 244 60b8 in 1889,

dem Courswechselverkehr nach Abzug der gegen 422 880 in 1889, als Netto⸗ 1 dem Reportgeschäft nach Abzug der Zinsen 6 905 395 gegen 7 447 574 in 1889, als laufenden Rechnungen 2 989 447 gegen 3 169 646 in 1889, als Ertrag aus dem Zinsenconto 3 030 725 gegen 3 032 174 in 1889, als verschiedene Einnahmen 617 968 gegen 306 401 in 1889. Es betragen die Kassen⸗ und Wechsel⸗ bestände 94 771 214 gegen 85 937 668 in 1889, die Reports 31 889 675 gegen 34 687 084 in 1889, der Bestand der eigenen Werthpapiere cinschlielich der Konsortialengagements 40 025 796 gegen 36 695 836 in 1889, die dauernde Betheiligung bei aus⸗ ländischen Bankinstituten nebst kommanditarischen Betheiligungen wie im Vorjahre 4 546 375 Die Accepte stellen sich auf 20 349 564 gegen 23 879 000 in 1889. Im Conto⸗Corrent⸗Verkehr betrage die Verluste 48 132 Der Gewinn aus der Betheiligung an der Emission der 3 ½ % Egyptischen privilegirten Anleihe, der 4 % Rumänischen Konversions⸗Anleihe von 1890, verschiedener 4 % An⸗ leihen der Kaschau⸗Oderberger⸗Eisenbahn⸗Gesellschaft, der 4 % Oester⸗ reichischen Staatsbahn⸗Anleihe in Gold von 1890, sowie aus anderen Betheiligungen, deren Schlußabrechnung noch nicht vorliegt, gelangen im Jahre 1891 zur Verrechnung. Die bereits versteuerte Cours⸗ Reserve für Effekten im Betrage von 1 400 000 ist in der vorliegenden Bilanz im Gewinn aus Effekten verrechnet worden. Dagegen wird vorgeschlagen, von dem zu vertheilenden Reingewinn 2 364 162 auf den besonderen Reservefonds abzusetzen und den letzteren damit auf 11 250 000 ℳ, d. h. auf die statutenmäßige Maximalhöhe, welche keine weitere Rücklage erfordert, zu bringen. Die Allgemeine Reserve hat im Betrage von 9 838 337 die gesetz⸗ liche Grenze überschritten; sodann besteht die außerordentliche Reserve im Betrage von 3 000 000 ℳ., und stellen sich hiernach die gesammten bilanz⸗ mäßigen Reserven auf 24 088 337 gegen 21 724 175 im Vorjahre. Die im Jahre 1890 verauslagten Kosten des Neubaues Unter den Linden 35 sind mit 680 678 auf Gewinn⸗ und Verlust⸗Conto verrechner worden, so daß die gesammten zu Geschäftszwecken dienenden, be⸗ ziehungsweise bestimmten Häuser wie im Vorjahre mit 3 000 000 in der Bilanz stehen bleiben. Es wird eine Ueberweisung von 100 000 an die David Hansemann'sche Pensionskasse für die An⸗ gestellten der Gesellschaft beantragt, wodurch das Vermögen derselben sich auf 2 019 205 erhöhen wird. Nach Einstellung der statuten⸗ mäßigen Gewinnbetheiligungen und Tantièmen sind alsdann auf neue Rechnung 40 250 vorzutragen.

Zwischen der Berliner Brauerei⸗Gesellschaft Tivoli und der Schultheiß; Brauerei Actien⸗Gesell⸗ schaft ist soeben vorbehaltlich der Genehmigung der beiderseitigen Generalversammlungen ein Fusionsvertrag zu Stande gekommen, wonach die Tivolibrauerei auf Grund ihrer Bilanz vom 30. Sep⸗ tember 1890 auf die Schultheiß' Brauerei übergeht gegen Gewährung von drei Millionen Mark Aktien der letzteren Gesellschaft, welche vom 1. September 1892 ab gleich den bisherigen Schultheiß'⸗Aktien an der Dividende theilnehmen. Der 1“ soll in der Weise erfolgen, daß gegen 2400 (8 Stück) Tivoli⸗Aktien eine Schultheiß⸗ Aktie im Nominalwerthe von 1200 gewährt wird. Die General⸗ versammlungen beider Gesellschaften werden auf den 2. April d. J. einberufen.

Der Verwaltungsrath der Sächsischen Bank hat in der gestrigen Sitzung beschlossen, der auf den 23. d. M. einberufenen Generalversammlung für 1890 die Vertheilung einer Dividende von 6 % vorzuschlagen.

„— Der Aufsichtsrath der Niedersächsischen Bank setzte die Dividende auf 6 fest. Im vorigen Jahre wurden 5 ½ gezahlt.

Zinsen 511 979

Gleiwitz, 2. März. (W. T. B.) Der hiesige Groß⸗

industrielle Kommerzien⸗Rath Hegenscheidt ist heute Nacht

im Alter von 68 Jahren gestorben.

Leipzig, 28. Februar. (W. T. B.) handel. La Plata. Grundmuster B. pr. März 4,27 ½ ℳ, pr. April 4,30 ℳ, pr. Mai 4 30 ℳ. pr. Juni 4,32 ¼½ ℳ, pr. Juli 4,35 ℳ, pr. August 4,35 ℳ, Ppr. September 4,37 ½ ℳ, pr. Oktober 4,37 ½ ℳ, pr. November 4,37 ½ ℳ, pr. Dezember 4,37 ½ ℳ, pr. Januar 4,37 ¾ ℳ. Umsatz 145 000 kg. Fest

London, 28. Februar. (W. T. B.) An der Küste 1 Weizen⸗ ladung angeboten.

2. März. (W. T. B.) Wie der „Daily Telegraph“ meldet, erhielt J. S. Morgan die schriftliche Ermächtigung zur Fundirung der Coupons der argentinischen Regierungs⸗Anleihen. Jeder Coupon wird am Fälligkeitsdatum fundirt werden.

Bern, 2. März (W. T. B.) In außerordentlicher Sitzung bevollmächtigte der Bundesrath das Eisenbahn⸗ und Finanz⸗ Departement mit einem aus Schweizer und deutschen Banken be⸗ stehenden Syndikat, über den Ankauf von 40 000 Aktien der Schweizerischen Centralbahn in Unterhandlung zu treten.

New⸗York, 28. Februar. (W. T. B.) Der Werth der in der vergangenen Woche eingeführten Waaren betrug 12 735 468 Doll. gegen 10 939 700 Doll. in der Vorwoche, davon für Stoffe 3 099 857 Doll. gegen 3 994 902 Doll. in der Vorwoche. 8

Kammzug⸗Termin⸗

Submissionen im Auslande.

Rumänien. 3 1

1) 14. April. Militärschule zu Jassy: Lieferung von 150 kg schwarzen Wichsleders, 100 kg weißen Rindleders, 150 kg weißer Sohlen, 150 kg Fundsohlen, 200 m blauen Tuchs für Waffenröcke, 250 m blauen Westentuchs, 500 m graublauen Tuchs für Mäntel und Hosen, 100 m graublauen Tuchs für Abzeichen, 600 m Lein⸗ wand für Hosen und Jacken, 600 für Hemden und 400 für Unter⸗ hosen, 500 Kravatten, 1000 Paspoils, 500 Sacktüchern, 400 Paar ledernen Handschuhen, 600 Paar Fußsocken und 90 rothen wollenen Winterdecken. 1

2) 27. April. Dieselbe Behörde. Lieferung von 1200 weißen und 1200 gewöhnlichen Schreibheften, 30 000 Bogen weißen Schreib⸗ papiers, 2000 Bogen Ministerialpapiers, 30 000 Bogen anderen Papiers, 1500 Bogen chemischen Papiers, 4000 Bogen Umschlag⸗ popiers für Bücher, 9000 Bogen Zeichenpapiers, 800 Federhaltern, 12 000 Stahlfedern. 1500 Stahlfedern für Rundschrift und 2000 für topographische Arbeiten, von je 1440 Bleistiften Kurz Nr. 2. 4 und 5, 200 Buntstiften, 600 chinesischer Tuschfarbe, 2000 Stück Zeichenfarhen. 200. Flaschen chemise er Tinte, 30 Fläschchen Stempel⸗ farbe, 10 kg krystallisirtem und 200 Fläschchen flüssigem Gummi arabicum, 400 Doppelpinseln, 300 gläsernen Tintenfässern, 300 Trink⸗ gläsern, 100 Linealen, 150 Porzellanschalen, 150 Doppeldecimetern, 150 hölzernen Winkelmessern, 50 Caoutchouclinealen und 50 R iß⸗ zeugen.

Näheres an Ort und Stelle.

Verkehrs⸗Anstalten.

Die Königliche Eisenbahn⸗Direktion zu Köln (rechtsrheinische) erläßt eine Bekanntmachung, nach welcher in Folge der Vereinigung der Dienststellen auf dem Personenbahnhofe zu Dortmund (B.⸗M. und K.⸗M.) dieser Bahnhof vom 1. April d. J. ab für den Per⸗ sonen⸗ und Gepäckverkehr die Bezeichnung „Dortmund“ erhält, während die Nebenbezeichnung mit „B.⸗M.“ und „K.⸗M.“ bezüglich dieses Verkehrs fortfällt. Eine Aenderung in den Personen⸗ fahrpreisen und Gepäckfrachtsätzen im Verkehr mit Dortmund tritt hierdurch nicht ein. 1

Hamburg, 28. Februar. (W. T. B.) Der Postdampfer „Russia“ der Hamburg⸗Amerikanischen Packetfahrt⸗ Aktiengesellschaft ist, von New York kommend, heute Mittag auf der Elbe eingetroffen.

1. März. (W. T. B.) Der Postdampfer „Valesia“ der Hamburg⸗Amerikanischen Packetfahrt⸗Aktien⸗Ge⸗ sellschaft hat, von New⸗York kommend, gestern Abend Lizard

passirt. Triest, 1. März. (W. T. B.) Der Lloyddampfer „Hungaria“ ist heute Nachmittag 3 ½ Uhr, aus Konstantinopel kommend, hier eingetroffen. 8

Der Lloyddampfer „Achille“ ist heute Nachmittag 5 Uhr, aus Alexandrien kommend, hier eingetroffen.

St. Petersburg, 2. März. (W. T. B.) Die Rhede von Reval ist wieder eisfrei, die Passage für die Schiffe ist nicht mehr behindert. 1““ 6 y

Theater und Musik.

1 Königliche Theater. Shakespeare’s „Sturm“ gelangt, nachdem sich die Wirkung der Dichtung und der Musik von Wilhelm Taubert an der neuen Stätte der Darstellung auf das Erfolgreichste er⸗ probt hat, auch am Mittwoch im Opernhause zur Aufführung. In der Vorstellung der „Zauberflöte“ am Donnerstag eröffnet der Tenorist Hr. Erl vom Hoftheater in Mannheim sein Gastspiel als Tamino. In dem Werke sind die Damen Herzog, Leisinger, Hell⸗ muth⸗Bräm, Rothauser, Kopka, Lammert, Weitz, Hiedler, Staudigl, sowie die Hrrn. Mödlinger, Schmidt, Krolop und Lieban beschäftigt. Deutsches Theater.

Se. Hoheit der Erbprinz und Se. Durchlaucht der Prinz Fried⸗ rich von Sachsen⸗Meiningen beehrten am Sonntag das Deutsche Theater, wo „Das alte Lied“ gegeben wurde, mit ihrem Besuch. Hr. Engels hat es ermöglicht, in dieser Woche von seinem Gast⸗ spiel in Chemnitz aus auf einen Tag nach Berlin zu kommen. In Folge dessen wird wieder eine Aufführung von dem Lust⸗ spiel „Die Kinder der Excellenz“ am Freitag stattfinden können. Da außerdem die Aussicht vorhanden ist, daß Hr. Engels auch in der künftigen Woche von Braunschweig aus sich auf einen Tag wird freimachen können, so brauchen während der Dauer seines Urlaubs die Aufführungen des genannten Lustspiels wenigstens nicht ganz ein⸗

gestellt zu werden. Berliner Theater.

Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin beehrten die vorgestrige Vorstellung von „Kean“ mit Ihrer Gegenwart.

In der am Mittwoch stattfindenden Erstaufführung von „Arbeit“ (The Middleman) von Henry Arthur Jones, deutsch von Fr. W. Wulff, sind in den Hauptrollen die Damen Elisabeth Hruby, Helene Odilon, Margarethe Tondeur, sowie die Hrrn. Arthur Krausneck, Albert Schindler, Julius Nollet und Theodor Weiß beschäftigt.

Lessing⸗Theater.

„Der Probepfeil“ übt die volle Zugkraft einer erfolgreichen Novität aus. Gestern, Sonntag, war das Haus bis auf den letzten Platz von einem beifallsfreudigen Publikum besetzt, das jede Scene mit der herzlichsten Heiterkeit begleitete. Das Lustspiel gelangt morgen, Dienstag, und ferner am Donnerstag, Sonnabend und Sonntag wieder zur Aufführung. In allen diesen vier Wiederholungen wird Anna Haverland die Hortense von Walnack und Adolf Klein den Baron Leopold von der Egge spielen.

Wallner⸗TCheater.

„Miß Helyett“, welche auch gestern wieder ein, ausverkauftes Hens erzielte, wird morgen bereits zum fünfundzwanzigsten Male gegeben.

Residenz⸗Theater. 8

Am Sonnabend ging das Schauspiel „Die Kreutzersonate“ eines ungenannten Verfassers zum ersten Male in Scene und erfuhr eine energische Ablehnung. Der schwierigen Aufgabe, ein Drama in einem Akte zu schreiben, vermögen nur sehr Wenige gerecht zu werden; dem ungenannten Verfasser ist es gänzlich mißlungen. Es soll ein fran⸗ zösisches Ehebruchsdrama, in das russische Gesellschaftsleben über⸗ tragen, werden. Als geistiger Urheber zu einer tragischen Verwicklung

wird Tolstoi's Buch „Die Kreutzersonate“ eingeführt. Der noch am Hochzeitstage zwischen die Gatten sich drängende Ivan, der in schwär⸗ merischer Verehrung dem Bräutigam ergeben ist, erschießt sich, nachdem er Verrath an der Freundschaft begangen hat, weil er lieber den Tod als die Trennung von seinem väterlichen Freunde ertragen will; die Braut ist inzwischen aus dem Hause entflohen. Die Handlung ent⸗ wickelt sich in überstürzender Eile, sodaß zu einer ernst angelegten Charakterzeichnung die Zeit gebricht. Wenn in übertriebener, fast parodistischer Weise die Lehre gepredigt werden soll, daß gewisse Bücher nur einem in sittlicher Anschauung und starker Willenskraft gereiften Menschen zugänglich gemacht werden solten, so könnte man als Muster das Schauspiel die „Kreutzersonate“ hinstellen, in welchem gerade das Gegentheil der von Tolstoi mit seinem Roman beabsichtigten Wirkung hervorgebracht wird.

Gespielt wurde das Stück, welches von Anfang bis zu Ende seh gewagte, heikle Situationen bietet, vortrefflich. Frl. Bertens und die Hrrn. Reicher und Brandt gaben den wechselnden Empfin dungen so fein und leidenschaftlich Ausdruck, daß das vollständige Umschlagen der geschraubten Tragik in eine unfreiwillige Heiterkeit vermieden wurde. Der schwache Beifall konnte sich dem ziemlich ein⸗ müthigen Widerspruch gegenüber schwer behaupten.

Dem Schauspiel folgte der sich noch immer großer Beliebtheit erfreuende Schwank „Der selige Toupinel“, welcher seine fünfzigste Aufführung unter gewohnter Heiterkeit und lebhaften Bei⸗ fallsbezeugungen erlebte. Die Darstellung erfreute durch Frische und Lebendigkeit, welche trotz der ununterbrochenen langen Reihe von Vor⸗ stellungen dieselbe Anerkennung verdient, wie bei der ersten Aufführung.

Belle⸗Alliance⸗Theater

Nachdem die Gäste vom Wallner⸗Theater Abschied genommen haben, ließ die Direktion des Belle⸗Alliance⸗Theaters gestern mit eigenen Kräften einen älteren französischen Schwank über die Bühne gehen: „Gavaut, Minard & Co.“ von Edmond Gondinet, ins Deutsche übertragen von Weyl, welcher eine recht beifällige Auf⸗ nahme fand. Vor fünfzehn Jahren erregte derselbe im Friedrich⸗ Wilhelinstädtischen Theater große Heiterkeit, manche Scherze und Witze erzielten auch bei der gestrigen Aufführung eine ähnliche Wirkung; andere dagegen zeigten doch, daß die Jahre nicht spurlos an dem Schwank vorüber gegangen waren, und verfehlten den Ein⸗ druck. Der Einfall, daß der Firma Gavaut, Minard & Co urplötzlich ein Sohn erstanden ist, welcher ebenso uner⸗ wartet, wie er auftaucht, wieder verschwindet, giebt die Ver⸗ anlassung zu den lustigen Scherzen nnd Situationen, welche zwar nicht immer ganz frei von derben Anspielungen sind, aber doch nicht den Grad von Rücksichtslosigkeit erreichen, welcher den modernen, dem Naturalismus zugeneigten dramatischen Arbeiten eigen ist. Die Handlung, welche, unterstützt von gewichtigen zufälligen Ereignissen wie einer Zugentgleisung, einer Verwechslung von Photographien, Telegrammen und Briefen, stets einen muntern Verlauf nimmt, unterhielt das Publikum bis zum Schluß.

Die Darstellung konnte, wenn man in Betracht zieht, daß es sich um ein neu zusammengesetztes Ensemble handelt, voll befriedigen. Als tüchtigster Künstler trat aus der Gesammtheit Hr. Niedt als Gavaut hervor; er entfaltete einen behaglichen Humor, welcher seinem Partner, Hrn. Gerlach als Minard, nicht in gleichem Maße zu Gebote steht, einzelne Dialogstellen zwischen den beiden Compagnons hätten kräftiger und durchschlagender zur Geltung gebracht werden können. Hr. Waldeck als furchtsamer, Ruhe liebender Theodor war nicht ohne Laune im Spiel wie in der Maske. Es wäre nun noch Frl. Ida Müller zu erwähnen, welche eine elegante kokette Frau ziem⸗ lich gut spielte; sonst wurden keine besonders bemerkenswerthen Leistungen geboten. Das Stück sowohl, wie die Inscenirung und Darstellung fanden beim Publikum freundliche Anerkennung.

Thomas⸗Theater.

Das Programm des „Sommerfestes auf Helgoland“, welches, wie schon gemeldet, am 4. März in den Festsälen des Thomas⸗Theaters stattfindet, hat noch durch mancherlei originelle Einzelheiten eine Bereicherung erfahren. Der Billetverkauf wird morgen Abend ge⸗ sclosen; bis dahin sind Einlaßkarten noch im Bureau des Theaters zu haben.

Sing⸗Akademie.

Das zweite Concert des unter der Direktion des Hrn. Siegfried Ochs stehenden Philharmonischen Chors fand am Sonnabend vor recht gut besetztem Hause statt. Zur Aufführung kam zunächst W. Friedemann Bach's Orgel⸗Concert (D-moll), ein musikalisch interessantes Werk, das Hr. Dr. Reimann meisterhaft vor⸗ trug. Darauf folgte Brahms' Motette für sechsstimmigen Chor a capella, o0p. 74. Die schwierige Komposition, welche hier zum ersten Male aufgeführt wurde, zerfällt in vier Theile im Anschluß an die Gruppirung der Textworte. Der erste elegisch gehaltene Absatz übt mit seinem tiefen Ernst in der Toncharakteristik einen nachhaltigen Eindruck auf Gemüth und Seele aus und besitzt in der wiederkehrenden akkordischen Frage „Warum“ ein Moment geheimnißvoller An⸗ regung. Der zweite Theil, der wie der erste mit einem Kanon, doch in verschiedenen Intervallen, beginnt, ist kürzer, aber von nicht gerin⸗ gerem Werth; an diesen schließt sich ein komplizirter, kontra⸗ punktisch reich ausgestatteter Satz, während ein Choral den erhebenden Schluß bildet. Die Aufführung der Motette kann als durchweg wohlgelungen bezeichnet werden. Nach der Motette trug Frl. H. Hberbeck sechs Weihnachtslieder von Peter Cornelius mit sympathischer Stimme und edlem Ausdruck vor und erntete wohlverdienten reichen Beifall. Den Schluß bildete Franz Liszt’'s Missa choralis, ein Meisterwerk des modernen Kirchen⸗ stils, welches vom Philharmonischen Chor zum ersten Male ge⸗ sungen und mit großer Bravour durchgeführt wurde. In dieser Messe tritt die Orgel öfter begleitend oder führend zum Chorgesang. Einige Soli, die von den Damen Ober⸗ beck und Zimdars und den Hrrn. Decken, Eschke und Fechter tadellos zu Gehör gebracht wurden, unterbrachen die Macht der Chöre. Schwierig in der Intonation und Stimmführung, eigenartig und neu in der Tonsprache, wirkt diese Messe doch tief ergreifend, weihevoll und zur Andacht stimmend auf die Hörer. Die Ausführung des Chorgesanges war auch hier eine verdienstliche, welche nicht nur von der Tüchtigkeit des Chors, sondern mehr; noch von dem Kunstsinn und dem feinen Verständniß des Dirigenten Zeugniß ablege.

Einer soeben erschienenen Chronik der Meininger Gast⸗ spiele während der Jahre 1874 1890 entnimmt die „Nat. Ztg.“ Folgendes: Es sind 41 Stücke, welche während der 16 Jahre in 2591 Vorstellungen in 36 Städten an 44 Theatern in 81 Gastspielen gegeben wurden. Die Vorstellungen haben eine Gesammt⸗Einnahme von mehr als 6 Millionen Mark, genau 6 322 978 47 erbracht, während die auf den Gastspielreisen gegebenen Wohlthätigkeits⸗ vorstellungen eine Einnahme von 137 987 82 erzielten.

Mannigfaltiges.

Die Gedächtnißfeier für Heinrich Schliemann, welch die städtischen Behörden in Verbindung mit der Anthropologischen, Geographischen und Archäologischen Gesellschaft gestern Mittag im großen Festsaale des Rathhauses veranstaltet hatten, gestaltete sich zu einer erhebenden Kundgebung für unsern dahingeschiedenen Ehren bürger. Eine zahlreiche festliche Versammlung füllte den Raum, i dem, von Blumen umgeben, die Büste des Gefeierten prangte. De Feier wohnte Se. Hoheit der Erbprinz von Sachsen⸗Mei ningen bei. Außerdem befanden sich unter den Anwesende der General⸗Direktor der Königlichen Museen, Wirklicher Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Dr. Schöne, der Staats⸗Minister Dr. Delbrück, der Kommandant von Berlin Graf Schlieffen, der Dirigent der Kolonial⸗Abtheilung des Auswärtigen Amtes, Geheimer Legations⸗Rath Dr. Kayser, der Professor Dr. Mommsen, Geheime Regierungs⸗Rath Dr. Curtius, Konsistorial⸗Rath D. Kleinert der Geheime Regierungs⸗Rath Dr. von Siemens, aus Künstler kreisen die Professoren Anton von Werner und Menzel u. v. A. Die

städtischen Behörden wurden durch den Bürgermeister, Geheime