welche die Ermäßigung so wirksam mache, daß sie eine erhebliche Ver⸗ mebrung des Verkehrs herbeiführe, aber allmählich, damit man nicht mit einem Mal zu großen Erweiterungsbauten genöthigt sei, und in der Weise, daß die Vermehrung des Verkehrs, wenn auch nicht in den ersten Jahren, so doch bald dieselben Einnahmen berbeiführe wie bisher. Das lasse sich um so besser machen, wenn man sich nicht von Prinzipienfragen, sondern von praktischen Rücksichten leiten lasse. Er bitte, den Antrag Broemel anzunehmen und sich damit einverstanden zu erklären, daß das Reichs⸗Eisenbahnamt die Führung der Sache in die Hand nehme und sich die Position erringe, die ihm von Rechts wegen gebühre.
Ministerial⸗Direktor Fleck: Es sei der Wunsch der preußischen Regierung, bei Verhandlungen über eine Reform der Personen⸗ oder Gütertarife mit den übrigen deutschen Eisenbahnverwaltungen und Bundesregierungen Hand in Hand zu gehen. Die Verhandlungen seien bisher gemeinschaftlich gepflogen, und so weit es die preußische Re⸗ gierung wünsche, würden sie auch gemeinschaftlich zu Ende geführt werden. Zu dem Antrag Broemel sich materiell zu äußern, sei Redner selbstverstaͤndlich außer Stande. Es sei aber auch der Wunsch der
reußischen Eisenbahnverwaltung, Erhöhungen bei der „geplanten
“ möglichst zu vermeiden, oder doch so weit einzuschränken, als ohne fühlbare Belastung des Verkehrs möglich. Aber dieser Wunsch sei leichter ausgesprochen als erfüllt. Deshalb wäre es erwünscht ge⸗ wesen, wenn der Antrag eine präͤzisere Fassung erhalten hätte, dahin, welches System und welche Sachen die Antragsteller unter solchen verstehen, bei denen auf allen deutschen Eisenbahnen bei Gelegenheit der Tarifreform jede Erhöhung ausgeschlossen bleibe.
Abg. Graf Stolberg: Der Antrag Broemel komme so über⸗ raschend, daß er (Redner) Namens seiner Freunde sich nicht darüber erklären könne. Der Antrag sei aber doch wichtig genug und er schlage vor, darüber erst bei der dritten Lesung abzustimmen Er warne das Eisenbahnamt dringend davor, diese Sache in die Hand zu nehmen, obwohl er annehme, daß eine solche Warnung nicht mehr nothwendig sei. Dem Reichs⸗Eisenbahnamt fehle dafür die Kom⸗ petenz. Der materielle Einfluß der 24 000 km preußischer Eisen⸗ bahnen wiege sehr viel schwerer als aller moralischer Einfluß des Reics⸗Eisenbahnamts. Die Reform sei nur durch Verhandlungen zwischen den einzelnen Staaten möglich.
Referent Abg. Hammacher erklärt, Namens der Kommission über den Antrag nicht sprechen zu können, da dieser ihr nicht vor⸗ gelegen habe. Der Antrag erheische eine gründliche Prüfung, und er beantrage deshalb die Ueberweisung desselben an die Budgetkommission.
Abg. Broemel widerspricht dem Antrage auf Ueberweisung nicht. Die Sache verdiene noch eine gründlichere sachliche Berathung, als ihr im Reichstags⸗Plenum zu Theil werden könne. In der Ueber⸗ weisung liege auch ein Widerspruch gegenüber dem Verhalten der Regierungsvertreter. Bei diesem Etat müsse sich das Haus mit der Frage beschäftigen. Falls die Vertreter der Regierung eine Antwort ablehnten, so bleibe von dem materiellen Recht des Reichstages nur ein Schatten übrig. Die Ueberweisung des Antrages an die Regierung erfolge aber mit dem Auftrage, nähere Auskunft über die Sache von der Regierung zu erhalten. Der Ministerial⸗Direktor Fleck wolle von den Abgeordneten die Tarifreform machen lassen, es sei aber Aufgabe der eingesetzten und bezahlten Verwaltung, die Reformen vorzuschlagen, welche Uebel⸗ stände beseitigen sollen. Die Volksvertretung habe nur an den Vorschlägen eine Kritik zu üben. Aufgabe eines Abgeordneten könne es nicht sein, der Verwaltung die Arbeiten abzunehmen. Die Be⸗ amten hätten auch das ganze Material jeder Zeit disponibel. Er (Redner) müsse gegen diese Zumuthung des Ministerial⸗Direktors Fleck ganz entschieden Verwahrung einlegen. In der Kommission werde hoffentlich diese durch das Verhalten der Regierungsvertreter hervorgerufene Meinungsdifferenz in den Hintergrund treten, und man werde die nöthige Auskunft erlangen. Die Kompetenz des Reichs⸗Eisenbahnamts gehe doch wohl weit genug, denn 1874 habe es die Gütertarifreform mit allerbestem Erfolge in die Wege geleitet. Das könne auch hier geschehen. Zwar müsse es die Grenzen seiner Kompetenz inne halten; aber innerhalb derselben sei ein erfolgreiches Wirken möglich, wenn auch hauptsächlich nur durch moralischen Einfluß.
Ministerial⸗Direktor Fleck: Er sei weit davon entfernt gewesen, positive Vorschläge in Bezug auf die Tarifreform irgend einem Ab⸗ geordneten oder dem Hause als solchem zuzuschieben. Nein, die ver⸗ bündeten Regierungen seien sich ihrer Verpflichtung, in diesem Fach die Initiative zu ergreifen und ihre Vorschläge selbst auszuarbeiten, vollständig bewußt. Die Königlich preußische Regierung, in deren Namen er spreche, habe diese Verpflichtung auch erfüllt. Ihre Vor⸗ schläge unterlägen der öffentlichen Kritik. Auch der Vorredner habe sie eingehend kritisirt, und da sei die Bitte doch nicht ganz unbe⸗ scheiden, daß diese Kritik nicht nur eine negative sein möge, sondern sich auch auf positive Gegenvorschläge richte. Aber die Ausarbeitung spezieller Vorschläge nach irgend einer Richtung habe er keinem Mit⸗ gliede des Hauses zugemuthet. 1 “
Präͤsident des Reichs⸗Eisenbahnamts Dr. Schulz: Es sei viel vom Reichs⸗Eisenbahnamt die Rede gewesen: von der einen Seite sei ihm der Rath gegeben worden, es möge die Tarif⸗ reform in die Hand nehmen; von der anderen sei dringend davor gewarnt worden. Das Reichs Eisenbabnamt sei bisher in dieser Frage den Mittelweg gegangen: es sei bei den Verhandlungen, welche unter den Bundesregierungen über die Herabsetzung und Ver⸗ einfachung der Personentarife schweben, seither betheiligt gewesen; es werde auch ferner dabei betheiligt sein und seinen Einfluß zur Geltung bringen, insoweit Verfassung und Gesetz ihm das er⸗ möglichen.
Der Antrag des Abg. Broemel wird hierauf einstimmig an die Budgetkommission verwiesen. Die Ausgaben für die Centralverwaltung der Reichseisenbahnen werden
bewilligt. Bei den Ausgaben für die Betriebsverwaltung bringt Abg. v. Buol die Klagen einzelner Kategorieen von Reichs⸗ Eisenbahnbeamten wegen der Ungleichheit ihrer Bezüge zur Sprache und spricht die Hoffnung aus, daß diese Ungleichheiten bei der völligen Durchführung der neuen Organisation der Dienstalterszulagen be⸗ seitigt würden. Namentlich könnten die den Reichs⸗Eisenbahnbeamten fehlenden Wohnungsgeldzuschüsse durch die Stellenzulagen ausgeglichen werden. Bundesraths⸗Kommissar Geh. Reg.⸗Rath Wackerzapp: Die Klagen rührten zum Theil von Beamten ber, welche bei der letzten Gehaltserhöhung noch nicht hätten berücksichtigt werden köͤnnen. Wohnungsgeldzuschüsse erhielten die Reichs⸗Eisenbahnbeamten aller⸗ dings nicht; ihre Gehälter seien mindestens so hoch bemessen wie die der preußischen Beamten, zum Theil sogar höher, auch unter Be⸗ rücksichtigung des Wohnungsgeldzuschusses. Die Stellenzulagen seien lediglich ein Entgelt für größere Schwierigkeit und Verantwortlichkeit des Dienstes. 1 8— 8 Abg. Höffel regt die raschere Durchführung eines besseren Verhältnißsatzes zwischen den etatsmäßigen und den diätarischen Be⸗ amten der Bahnverwaltung an. Er verweist auf die in dieser Hin⸗ sicht im Vorjahre vom Reichstage angenommene Resolution, deren Tendenz die augenblickliche Vertheilung der Stellen zwischen den beiden Kategorieen nicht gerecht werde. Die neuen etatsmäßigen Stellen im Etat sollten nicht diesem Zweck dienen, sondern seien durch die Vergrößerung des Verkehrs und die Ausdehnung des Netzes nörhig geworden. Für die nicht technischen Bureaubeamten sei nichts vorgesehen. Darum halte sich auch die elsässische Jugend o sehr von diesem Erwerbszweige fern. 1 1 leeeö Geh. Reg.⸗Rath Wackerzapp: Die Kommission habe anerkannt, daß das gegenwärtige Verhältniß als ein relativ günstiges angesehen werden müsse. Die „Wartezeit der Diätarien betrage im Durchschnitt fünf Jahre; ungünstiger sei das Verhältniß nur bei den Bureaubeamten, Die Verwaltung sei aber
Neubauten angestellt; für diese könnten etatsmäßige Stellen nicht ein⸗ gerichtet werden.
Abg. Stolle leugnet die behauptete Steigerung der Löhne der Eisernbahnarbeiter und ersucht um den Nachweis, wünscht auch Aus⸗ kunft über besondere Remunerationen und die Dauer der täglichen Arbeitszeit. 8 . Bundesraths⸗Kommissar Geh. Reg.⸗Rath Wackerzapp: Die Löhne für die Arbeiter würden von der Verwaltung nach den allgemeinen Verhältnissen des Landes festgesetzt und betrügen nicht weniger, sondern, um tüchtige Arbeiter zu bekommen, meistens etwas mehr als dieser Durchschnitt. Die Hülfsbremser, Hülfsweichen⸗ steller, Güterbodenarbeiter u. s. w. hätten durchweg eine Erhöhung ihrer Löhne zu verzeichnen, die ersteren bis zu 10 % und nicht erst in Folge von Strikes. Die Arbeitszeit belaufe sich durchschnittlich auf nicht über 12 Stunden. 8 1
Abg. Stolle bittet, dafür zu sorgen, daß durch Mehreinstellung von Arbeitern die Arbeitszeit in keinem Falle mehr als 12 Stunden betrage, weil darunter die Sicherheit des Verkehrs leide. Daß die Lohnerhöhung nicht erst durch Strikes habe erzwungen werden müssen, sei sehr anzuerkennen und den anderen Verwaltungen und den Privaten zur Nachahmung zu empfehlen. Die Erhöhung um 10 % sei aber noch ungenügend, weil die Beiträge zur Alters⸗ und Invaliditätsversorgung davon abgingen. Bundesraths⸗Kommissar Geh. Reg.⸗Rath Wackerzapp: Die Arbeitszeit betrage nur in seltenen Ausnahmefällen mehr als 12. Stunden, und auch das nur bei Leuten, von denen die Sicherheit des Betriebes nicht abhänge; in diesen 12 Stunden seien die Eßpausen von einer oder mehreren Stunden miteingerechnet. Arbeiter, von deren Thätigkeit die Sicherheit des Betriebes abhänge, seien nie mehr als 3 bis 4 Stunden ohne Pause beschäftigt, während eines ganzen Tages nie mehr als 10 oder 11 Stunden.
Abg. Richter: Er wollte fragen, was die Reichs⸗Eisenbahn⸗ verwaltung für Erfahrungen gemacht habe in Bezug auf die Schienenkartelle. Es könne nicht Wunder nehmen, daß man sich hier danach erkundige, zumal durch den gegenwärtigen Etat dazu doppelte Veranlassung geboten sei; es seien 381 000 ℳ mehr verlangt für Schienen zur Erneuerung des Oberbaues als im Rechnungs⸗ ahr 1889/90 ausgegeben worden; also ein Drittel des damals ge⸗ jzahlten Geldes werde jetzt mehr verlangt. Es sei allerdings aus diesem Etat nicht, wie aus dem preußischen, zu ersehen, wie viel Tonnen Schienen zur Erneuerung gebraucht werden sollten und welches die Eirheitspreise seien, die dieser Ausgabe zu Grunde lägen. Es sei im Etat selbst hervorgehoben worden, daß diese Erhöhung der Sätze ihre Begründung finde nicht bloß in der größeren Abnutzung des Materials, sondern auch in der Erhöhung der Eisenpreise. Diese Preise spielten auch beim Extraordinarium eine Rolle, weil dort in den Positionen Forderungen für neue Geleise und neue Eisenbahnlinien gestellt würden. In Bezug auf die Lieferungs⸗ bedingungen für Schienen sei eine Anfrage an die Reichsregierung sehr gerechtfertigt gegenüber dem, was in den Zeitungen berichtet sei über die Erfahrungen der preußischen Staats⸗Eisenbahnverwaltung. Es bestehe danach eine Vereinigung der deutschen Werke, welche Schienen liefern, den Eisenbahnverwaltungen gegenüber. Das Kartell der Schienenwerke bestimmt unter sich, welches Werk im ge⸗ gebenen Fall die Schienen für eine Eisenbahn liefern solle. Die Be⸗ stimmung geschehe reihenweise, in einer gewissen Ordnung: dem Werk, das von der Vereinigung bestimmt sei, die Lieferung zu übernehmen, werde der Preis vorgeschrieben, den es bei der Lieferung zu verlangen habe. Um rotz dieser Monopolisirung des Marktes den Schein einer Konkurrenz zu erwecken, würden andere Werke aufgefordert, auch Offerten abzugeben, aber von vornherein verpflichtet, diese höher zu normiren, als das Werk, das bestimmt sei, die Lieferung zu erhalten. Diese Offerten, für die man den schönen Namen „Schutzofferten“ erfunden habe, seien also nur eine Maske. Die Kartelle wären nicht aufrecht zu halten, wenn nicht der Ausschluß der ausländischen Kon⸗ kurrenz bis zu einem gewissen Grade durch den Eisenzoll herbeigeführt wäre, der 25 ℳ pro Tonne betrage. Gleichwohl sollten in der letzten Zeit englische Werke bei Lieferungen trotz des Zolles und trotz der größeren Transportkosten die deutschen Werke unterboten haben, er wisse nicht genau, um wie viel Mark. Der Minister von Mavybach solle darauf einem englischen Werk den Zuschlag ertheilt haben und, so würde erzählt, als das Schienenkartell davon Wind erhalten, sei das betreffende Werk — die Bochumer Fabrik des Hrn. Baare — veranlaßt worden, die eigene Offerte zu unterbieten, um die Engländer zu schlagen; darauf habe der Minister gleichwohl den Zuschlag den Engländern ertheilt, das deutsche Werk aber bei seinem Gebot festgehalten und ihm eine Lieferung von Schienen freihändig übertragen. So stelle sich die Sache dar für Diejenigen, die sie in der Presse verfolgten, aber gleichzeitig hätten die bayerische und die württembergische Regierung gegenüber den übertrieben hohen Forderungen des deutschen Kartells ebenso an englische und belgische Werke den Zuschlag ertheilt. Es würde interessant sein, zu hören, ob die Reichs⸗Eisenbahnverwaltung ihrer⸗ seits in der letzten Zeit bei Ausschreibungen ähnliche Erfahrungen wie diese gemacht habe. .
Bundesraths⸗Kommissar Wirklicher Geheimer Ober⸗Reg.⸗Rath Kinel: Auf die Frage, welche Erfahrungen die Reichs⸗Eisenbahn⸗ verwaltung mit dem Schienenkartell gemacht habe, könne er nur antworten, daß eine erste Submission ein Angebot von 165 ℳ pro Tonne ergeben habe. Dieses Angebot sei abgelehnt worden. Eine zweite Submission habe das niedrigste Angebot mit 145 ℳ und zwar von einem deutschen Werk gebracht; dieses sei angenommen worden. Seitdem sei kein Anlaß gewesen, weitere Schienen zu sub⸗ mittiren.
Abg. von Kardorff: Das Schutzzollsystem hänge mit diesen Kartellen gar nicht zusammen. Die Kohle sei bekanntlich zollfrei. Im Uebrigen stehe der preußische Fiskus selbst mit in solchen Kartellen, z. B. im Kalisalzkartell; auch bei den Kohlen sollten die preußischen Werke an solchen Kartellen theilnehmen. Man dürfe auch bei der Beurtheilung der Eisenkartelle nicht übersehen, daß die Kohlenpreise und Arbeitslöhne und damit die Selbstkosten gestiegen seien. Ueber⸗ triebenen Forderungen könne der Minister der öffentlichen Arbeiten dadurch enkgegentreten, daß er den Zuschlag nicht ertheile, und er mache auch von diesem Mittel einen ausreichenden Gebrauch. An sich sei außerdem die Vergebung von Lieferungen an inländische Werke für den Minister selbst vortheilhafter, da dieselben durch die Kohlen⸗, Eisenfrachten u. s. w. den Eisenbahnen viel zutrügen, und es sei des⸗ halb billig, daß sie einen Vorzug genössen.
Abg. Richter: Es sei nicht seine (Redners) Absicht, über Kartelle im Allgemeinen zu sprechen, sondern er wolle das Schienen⸗ kartell festhalten; man könne so viel mehr zur Klarheit gelangen als durch allgemeine volkswirthschaftliche Betrachtungen über Kartelle überhaupt. Das Kalisalzkartell gehöre nicht hierher, sondern in den Etat der preußischen Bergwerks⸗Verwaltung; Seitens der fiskalischen Verwaltung sei übrigens bestritten worden, daß sie betheiligt sei. Die Kohlen seien allerdings durch keinen Schutzzoll begünstigt, aber Ausfuhrprämien in Gestalt von Ausfuhrtarifen hätten für die Kartelle ganz dieselbe Bedeutung. Ob man die Ausfuhr künstlich erleichtere oder die Einfuhr künstlich erschwere, sei für die Sache selbst ganz gleich. Was das Verhältniß des Schutzzolls zu der Kartellbildung betreffe, so liege doch auf der Hand, daß die Erschwerung der aus⸗ ländischen Konkurrenz durch einen Eisenzoll von 25 ℳ von vornherein die Bildung inländischer Kartelle erleichtere. Die inländischen Pro⸗ duzenten seien in der Lage, durch Vereinigung sich den Vorsprung von 25 ℳ gegenüber dem Auslande voll und ganz zu sichern. In den erwähnten Fällen seien sie noch darüber hinausgegangen und hätten die Engländer und Belgier noch unterboten; darüber möchte er (Redner) gerade genaue Kenntniß haben. Der Herr Vertreter der ver⸗ bündeten Regierungen habe die Notiz gegeben, die Verwaltung sei mit 165 ℳ überfordert worden, dieses Angebot habe er abgelehnt und darauf habe er die Lieferung zu 145 ℳ erhalten. Schon diese Differenz zeige, daß man im Interesse der Steuerzahler alles Interesse habe, die Angelegenheit stark unter Kontrole zu halten. Er stelle
hier beim besten Willen nicht zur Aenderung des Verhältnisses im Stande. Zahlreiche dieser Beamten seien nämlich vorübergehend bei
deshalb den Antrag: n den Reichskanzler zu ersuchen, alljährlich dem Reichstage eine
besondere Uebersicht mitzutheilen über die Ergebnisse der von der Reichs⸗Eisenbahnverwaltung erlassenen Schienensubmissionen unter Mittheilung der einzelnen Preisofferten aus dem Inlande und Aus- lande, sowie der Zuschlagspreise.“ . 8 3 Die Herstellungskosten des Eisens seien allerdings in der letzten Zeit gestiegen; aber es komme nun darauf an zu prüfen, ob die Koa⸗ lition entstanden sei durch die erhöhten Herstellungskosten oder aus dem Bestreben, unter dem Schutze der Eisenzölle die Preise höher zu berechnen. Es komme ja bei diesen Kartellen in Betracht, daß sie dem Auslande wohlfeilere Preise als dem Inlande berechneten, sodaß das Inland zu Gunsten des Auslandes übertheuert werde. Das sei freilich diejenige nationale Politik, die der Abg. von Kardorff seiner⸗- seits empfoblen habe. . Wirklicher Geheimer Ober-Reg.⸗Rath Kinel: Auf die Be⸗ merkung, daß seine Antwort eine knappe gewesen, erwidere er: er meine ausgesprochen zu haben, daß die Schienen mit 145 ℳ zu⸗ geschlagen worden seien dem Mindestfordernden, und daß dieser Mindest⸗ fordernde ein deutsches Werk gewesen. 8 Abg. von Kardorff: Die Engländer offerirten ebenfalls nach dem Auslande billiger. Dem nationalen Schutz sei es zu verdanken, daß die Ruinen der Eisenindustrie, die eine Folge der Freihandels. politik in den 70er Jahren gewesen, wieder aufgebaut worden seien und daß die Hunderttausende von Arbeitern wieder Brot gefunden hätten. 1 Abg. Graf Mirbach: Die Fragen seien sehr verschiedenwerthig 1 oder, wie es unter Umständen heiße, sehr verschiedenartig. Die Haupt⸗ frage bei der Beurtheilung dieser Sache sei die Beschäftigung unserer heimischen Arbeiter. Seit Jahren werde darüber diskutirt, wie man die Lage der Arbeiter bessern könne; der Zweck unserer sozialen Gesetz⸗ gebung könne nicht erreicht werden, wenn man dem Auslande die Lieferungen zuschlage. Die Staatsbahnverwaltung möge deshalb daran festhalten, nicht ohne zwingende Gründe die Arbeiten der heimischen Industrie vorzuenthalten. Ungemessene Forderungen sei sie ja in der Lage, abzuwehren. 8 8 6 3 Abg. Richter: Allerdings seien diese Fragen verschiedenwerthig. Er sei auch der Meinung, verschiedenwerthig sei richtiger als verschie⸗ denartig. Eben deshalb, damit jede Frage gesondert betrachtet werde, habe er den Antrag gestellt, der es ermögliche, die einschlägigen statistischen Mittheilungen hier zu erhalten. Der Niedergang der Eisenindustrie in den siebziger Jahren sei nicht die Folge des Frei⸗ handels gewesen, sondern die Folge ungemessener Gründungen neuer Werke über den wirklichen Bedarf hinaus und davon, daß erst all⸗ 8 mählich der inländische Konsum dem gesteigerten Angebot an Eisen 1 nachkommen könne. Ob die Eisenbahnverwaltungen an inländischen Schienen mehr als an ausländischen verdienten, möchte er bezweifeln gerade jetzt, wo es den Eisenbahnen ohnehin schon schwer falle, die Kohlen heran zu schaffen, deren inländische Werke bedürfen. Im Uebrigen seien diese Lieferungen ausgeschrieben gewesen ab Werk. Wenn es wahr wäre, daß die Engländer dem Auslande billiger verkauften, als dem Inlande, so sollten wir so klug sein, daraus Vortheil zu ziehen. In England finde diese angebliche Freigebigkeit einge ganz bestimmte Grenze in der Kon⸗ kurrenz des Auslandes, welche durch keinerlei Schutzzoll eingeschränkt sei. Wie sehr aber das Ausland empfänglich sei für billige Schienenlieferungen von deutscher Seite, gehe daraus hervor, daß im vorigen Jahre zwanzig Mal mehr Schienen in das Ausland verkauft, als von dem Ausland bezogen worden seien. Nun habe Graf Mirbach mit Hrn. von Kardorff sich dahin zusammen⸗ gefunden, daß je mehr Schienen im Inlande produzirt würden, um so mehr Arbeiter Beschäftigung fänden. Wenn die deutschen Eisen⸗ 8 bahnen vom Auslande die Schienen billiger kaufen könnten, als im Inlande, so ersparten sie dabei eine gewisse Summe. Diese Ersparniß diene den Eisenbahnen entweder dazu, ander⸗ weitige Anschaffungen zu machen, die sonst unterblieben, und diese gereichten auch zum Vortheil der Arbeiter, oder sie komme dem Steuerzahler zu Gute, und der werde Anschaffungen für sich machen, Nachfrage erzeugen und dadurch auch zur Beschäftigung der Arbeiter beitragen. Welche wunderbare Politik trete aber durch diese Be⸗ günstigung des Auslandes zu Tage! Die Eisenbahnen seien ein Haupt⸗ faktor in der Konkurrenzfähigkeit eines Landes. Wenn wir unseren Ausbau der Eisenbahnen künstlich vertheuerten um ihn dem Auslande künstlich zu verwohlfeilern, so trügen wir auf unsere Kosten dazu bei, dem Auslande ein dichteres Eisenbahnnetz zu geben und sie in ihrer Konkurrenzfähigkeit zu stärken sowohl dem Welt⸗ markte als dem Auslande gegenüber. Man erzeuge also das gerade Gegentheil von dem, was man wolle: die Stärkung der Konkurrenz der Industrie gegenüber dem Auslande. . Abg. Graf Stolberg: Solche Anträge müßten einige Tage vor der Abstimmung in Händen der Reichstags⸗Mitglieder sein. Er beantrage deshalb, den Antrag Richter an die Budget⸗ kommission zu überweisen. Abg. von Kardorff: Die Ueberproduktion in den siehziger Jahren sei daher gekommen, weil das Ausland einen großen Theil unserer Konsumtion zu decken begonnen habe. Im Ganzen werde es übrigens schwer gelingen, die feste schutzzöllnerische Position zu er⸗ schüttern. Er (Redner) sei sich darin ziemlich siegesgewiß. Abg. Secipio bittet, dem Antrage Richter nicht stattzugeben. Bei den Zuschlägen sei nicht allein die Billigkeit des Angebots ausschlaggebend, sondern vor Allem auch die Qualität des betreffenden Werkes. Die Mittheilung folcher Tabellen an den Reichstag könne unter Umständen ein unrichtiges Bild geben. Die richtige Instanz für die Erörterungen derartiger Fragen sei die Budgetkommission. Abg. Freiherr von Stumm: Es gehöre zu den Eigenthümlich⸗ keiten, des Hrn. Richter, Fragen von gewisser Bedeutung plötzlich in das Haus zu werfen, ohne daß dieses darauf vorbereitet sei, und statistische Behauptungen aufzustellen, die man unmöglich sofort hier widerlegen könne. Hr. Richter habe behauptet, die Kalamität der siebziger Jahre sei dadurch entstanden, daß die Eisenindustrie sich be⸗- ständig vermehrt habe. Er (Redner) habe oft das Gegentheil be wiesen, ohne daß der Abg. Richter auch nur den Versuch gemacht hätte, seine Angaben zu widerlegen. Ebenso unrichtig sei die Be⸗ hauptung, daß Deutschland allein für das Inland hohe und für das Ausland niedrige Preise mache. In allen übrigen schutzzöll⸗ nerischen Staaten, wie in Frankreich und Oesterreich, seien die Differenzen gerade so wie bei uns, in Frankreich sogar noch schlimmer. 8 Da kein bestimmter Antrag vorliege — der Antrag Richter sei mehr ein dekorativer Ausfluß seiner Wünsche —, so gehe er (Redner) ohne dringende Noth auf die Sache nicht näher ein. Nehme der inländische Markt die Produkte einer Industrie nicht mehr auf, so stehe der Pro⸗- duzent vor der Frage: ob er seinen Betrieb um 20, 30 % einschränken und Hunderte, vielleicht Tausende von Arbeitern entlassen, oder auf Erund der schönen Verdienste, die er in guten Zeiten gemacht, nun zu Gunsten seiner Arbeiter auch einmal mit Verlust verkaufen solle? Wenn die Produzenten das Prinzip verallgemeinerten und auch im Inlande mit erheblichem Verlust verkauften, so würden sie sehr bald ruinirt sein, und den Arbeitern würde es auch nichts nützen. Dagegen könnten sie sehr wohl einen großen Theil ihrer Produktion zu einem billigeren Preise nach dem Auslande verkaufen, sodaß sie im Ganzen einen Durchschnittspreis zu erzielen und den Betrieb voll und ganz aufrecht zu erhalten vermöchten. Wenn also der Produzent selbst unter dem Selbstkostenpreise Schienen nach dem Auslande verkaufe, so sei das durchaus anerkennens⸗ und lobenswerth und durchaus keine unmoralische Handlung. Der Arbeitgeber stehe ihm (Redner) sehr viel höher, der mit Verlust Arbeiter beschäftige, als der, welcher, sobald er einen Groschen verliere, seinen Betrieb einstelle und seine Arbeiter entlasse. 2 8 Abg. Richter: Als unmoralisch habe er das Verhalten der Herren Großindustriellen nicht bezeichnet, sondern nur als rücksichtslos, und er halte es für dem öffentlichen Interesse nicht entsprechend, der rücksichtslosen Ausnutzung des Privatvortheils einzelner Großindustrieller künstliche Stützen in der Gesetzgebung und Verwaltung zu geben. Wenn einmal von persönlichen Eigenthümlichkeiten gesprochen werden solle, so finde er eine Eigenthümlichkeit des verehrten Herrn Kollegen
von Stumm eben darin, daß es ihm so besonders schwer werde, zwischen seinen Interessen und den Interessen der Allgemeinheit zu
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unterscheiden, auch in der Stellung des Abgeordneten. worden, daß die Ueberproduktion in den siebziger Jahren entstanden ei durch den Freihandel. Nein, die neuen Werke seien entstanden nter der Herrschaft des Schutzzolls 1877, 1878 lund 1879 seien so
gut wie gar keine neuen Werke entstanden. Hr. von Stumm habe von Arbeiterfreundlichkeit gesprochen. Als jene großen Gründungen der Eisenwerke gemacht worden, habe man sich ganz rücksichtslos be⸗ müht, die Arbeiter der Landwirthschaft zu entziehen, und nachher, als die Einschränkung im Betriebe stattgefunden, habe man nichts weniger gethan als dieselben Arbeiter in Thätigkeit erhalten, sondern sie hätten in großen Schaaren anderweitig sich ihr Brot suchen müssen. Davoa wüßten auch die Armenverwaltungen der östlichen Provinzen etwas zu erzählen, als gegen sie der Unterstützungswohnsitz geltend ge⸗ macht worden sei. Hr. von Stumm habe dann von seinen früheren Siegen gesprochen Er (Redner) erinnere sich nur, daß er so lange hier Niederlagen erlitten habe, als Fürst Bismarck gegen ihn gestanden, und seine Siege hätten erst von dem Augenblick datirt, wo er durch die Autorität Bismarck's gestützt worden sei. Nun habe Hr. von Kar⸗ dorff, wahrscheinlich als Beitrag zur letzten Sonnabend⸗Rede des Hrn. von Caprivi, gesagt: er sei ganz sicher, daß die schutzzöllnerischen Interessen fest zusammenständen und nichts gegen dieselben aufzu⸗ kommen vermöge. Wenn Hr. von Kardorff damit die Bewegung im Lande andeuten wolle, so werde sich Niemand darüber täuschen lassen, wie wenige hinter den großen Trommlern des Centralverbandes deutscher Industrieller und den verschiedenen Agrariergesellschaften thatsächlich an Mannschaften ständen. Wenn er und seine Freunde glaubten, deshalb siegesgewiß und zuversichtlich sein zu dürfen, weil die Regierung an ihrer Seite sei, so würde das nur beweisen, daß die Regierung wiederholt zu anderen Ansichten sich gewendet habe, als sie noch vor Kurzem zu vertreten geschienen. Das wäre viel⸗ leicht für Hrn. von Kardorff ganz angenehm, desto weniger schmeichel⸗ haft aber für die Regierung selbst. Was nun seinen (Redners) An⸗ trag anbetreffe, so habe Hr. von Stumm gesagt, er sei überhaupt nur ein dekoratives Beiwerk, Hr. Scipio aber erkläre ihn für so be⸗ deutungsvoll, daß er ihn unmöglich auch nur der Budgetkommission zur Vorberathung überweisen wolle. Entweder das Eine oder das Andere sei richtig. Hr. Scipio habe gemeint, wenn man etwas wissen wollte, so könnte man in der Budgetkommission fragen. Von dem Stand⸗ punkt aus könnte man die ganze Berathung auf den Etat selbst beschränken und auf all' dies Beiwerk verzichten. Er (Redner) halte die Sache für so wichtig, daß sicherlich von vorn herein diese Aus⸗ kunft von selbst ertheilt werde, damit man sich danach ein Urtheil bilden könne. Graf Stolberg beschwere sich, daß Aͤträge so spät eingebracht würden, daß man sie nicht rechtzeitig kennen lerne. Die verschiedenen parlamentarischen Arbeiten im Reichstage und im Abgeordnetenhause verhinderten es, die Anträge so rechtzeitig vorzu⸗ bereiten und einzubringen, wie es sonst richtig wäre. In diesem Falle sei der Vorwurf jedoch nicht berechtigt. Der Antrag verlange nur eine Statistik, ohne Jemand zu irgend einer Ansicht zu engagiren. Wer diese nicht einmal haben wolle über eine Frage, die so im Vordergrunde des öffentlichen Interesses stehe, mache den Verdacht rege, als wolle er nicht, daß über diese Dinge Klarheit ver⸗ breitet werde.
Abg. Bebel: Er müsse entschieden dagegen protestiren, daß die Großindustriellen aus Mitleid mit den Arbeitern zu ihrem eigenen per⸗ sönlichen Schaden verkauften. Darüber täuschten sie Niemand, daß, wenn sie überhaupt ihren Betrieb ausdehnen, sie es thäten, um ihren Profit dabei zu haben. Unter dem Schutz der Zölle hätten sich ihre Betriebe kolossal gesteigert und sich sogar zu Ringen und Kartellen vereinigt, um das Publikum zu schädigen und auszubeuten. Es sei recht charakteristisch, daß die beiden Länder, die sich durch die Entwickelung des Schutzzollsystems auszeichnen, Nordamerika und Deutschland, die Kartelle in einer Weise ausgedehnt hätten, wie kein anderes Land. Zuzugeben sei, daß in der Bergwerksindustrie die Arbeitslöhne in den letzten Jahren aufgebessert worden, aber was wolle das sagen gegenüber den kolossalen Gewinnen, die die Werke dabei gehabt hätten! Es sei unerhört, daß, während den Arbeitern alle möglichen Hindernisse in den Weg gelegt würden, ihre Lage zu ver⸗ bessern, der Staat der Ausbeutung des Publikums und der Arbeiter von Seiten der Großunternehmer nicht nur nicht entgegengetreten sei, sondern sie auf alle mögliche Weise unterstützt habe. Das empöre besonders die arbeitenden Klassen. Ein sonderbares Wirthschaftssystem, wenn das Hörder Eisenwerk einen Reingewinn von 600 000 ℳ in der Bilanz aufführe und dann zugestehen müsse, daß davon 360 000 ℳ dadurch wieder verloren gegangen seien, daß man, um der ausländischen Konkurrenz zu begegnen, zu niedrigerem Preise ver⸗ kauft habe. Es sei sehr zu beklagen, daß die großen Unternehmer das deutsche Publikum nach Kräften plünderten, um nachher deutsche Waare zu Schleuderpreisen nach dem Auslande zu verkaufen. Wenn sie meinten, mit einem solchen System sich die Sympathie der Arbeiter zu gewinnen, so irrten sie sehr. Wenn die Unternehmer ihren Betrieb nicht einstellten, so thäten sie es nur deshalb nicht, weil sie einen kolossalen Schaden vermeiden wollten. Das Arbeiterwohl spiele bei dieser Frage gar keine Rolle, sondern nur das eigene Interesse.
8 Abg. Freiherr von Stumm: Der Vorredner werfe dem Hörder Verein vor, daß er Opfer gebracht habe, um seine Leute beschäftigen zu können. Entweder passe dem Abg. Bebel nicht, daß der Verein seine Arbeiter weiter beschäftige, oder, daß er nicht genug Rücksicht auf fremde, etwa rumänische Arbeiter genommen habe, die dem Abg. Bebel vielleicht näher ständen als die unserigen. Die Be⸗ hauptungen des Abg. Richter, daß er (Redner) früher in zollpoliti⸗ scher Beziehung irgend welche Niederlage erlitten hätte, seien durchaus unrichtig und seine Freunde treffe durchaus der Vorwurf nicht, daß sie früͤher Freihändler gewesen seien. Die bekannten 204 Ab⸗ geordneten, die „freie wirthschaftliche Vereinigung, seien zu der Schutzzollpolitik übergegangen, als sie gesehen hätten, daß es auf dem bisherigen Wege nicht habe weitergehen können. Was die Behauptung des Abg. Richter anlange, daß er (Redner) seine persönlichen Inter⸗ essen mit denen der Gesammtheit und des Staates verwechsle und zusammenwerfe, so sei er nicht erstaunt, von jener Seite eine der⸗ artige gehässige Kritik zu hören. Er sei aber darüber erstaunt, daß die Herren der Regierung und der offiziellen Presse stets einen an⸗ ständigen Ton empföhlen, während sie selbst nichts weniger als einen e Ton weder in der Presse noch im Parlament zur Schau rügen.
Abg. von Kardorff: Wenn der Abg. Richter meine, er (Redner) hätte keinen Grund, siegesgewiß zu sein, weil nur wenige Schutzzöllner hinter ihm ständen, so sei er darüber ganz ruhig. Bei dem Antrage Richter auf Ermäßigung der Getreidezölle habe er zwei Drittel der Stimmen dieses Hauses hinter sich gehabt, während der Abg. Richter höchstens ein Drittel hinter sich gesehen hätte.
Abg. Richter: Er möchte zunächst wissen, ob es parlamentarisch gestattet sei, zu sagen, daß er keinen anständigen Ton führe. Dann würde er auch seinerseits einen anderen Ton anschlagen müssen. (Zwischenrufe rechts: Noch einen anderen )
Präsident von Levetzow erklärt, die erwähnte Aeußerung nicht vernommen zu haben und zunächst Einsicht von dem Stenogramm nehmen zu müssen.
Abg. Richter fortfahrend: Dann habe er Hrn. von Stumm nur zu bemerken, daß gerade als in Folge der Krisis von 1873 das Gegentheil der Nachfrage nach Eisen eingetreten, die Eisenwerke zurückgegangen seien. Der 1 habe niemals der Eisenindustrie genützt, sondern ihr geschadet. ie Eisenindustrie bestehe nicht bloß aus den großen Werken; die Kleineisenindustrie leide unter der Ver⸗ theuerung des Eisens gerade so wie die Landwirthschaft darunter leide. Wunderbar sei ihm nur, daß die Vertreter der letzteren dazu schwiegen. Die Abstimmung über seinen Antrag auf gänzliche Aufhebung der Getreidezölle, der Zucker⸗ und Branntweinprämien könne für die Siegesgewißheit des Hrn. von Kardorff nicht maßgebend sein; sie beweise nichts dafür, daß im Reichstage eine Mehrheit gegen die Ermäßigung der Getreidezölle vorhanden sei. In dem Augenblick, wo die Regierung einen solchen Antrag stelle, würde sich eine ganz verschwindende Minderheit ergeben. In dem Augenblick, wo das geschehe, sei die Solidarität der Schutzzöllner durchbrochen.
Es sei gesagt
Diese Solidarität zur Vertheuerung des Volkskonsums müsse endlich g ff: Erf sich
g. v. Kardorff: Er freue sich, daß der Abg. Richter selbst heute die Solidarität der Schutzzöllner e 8s. Eic 8' seinen früheren Antrag vielleicht vier Stimmen mehr erhalten haben, wenn er ihn getrennt hätte. Redner verweist auf die Stimmen der bäurischen Bevölkerung, die für diese Solidarität einträten. Ihre Stütze hätten die Schutzzöllner im deutschen Bauernstande, nicht im Großkapital. Der Antrag sei allerdings sehr harmlos, sehr unbe⸗ deutend, aber er sei geeignet, ein falsches Bild von der Sachlage zu geben. Wenn billige Schienen angeboten seien, habe es sich jedes Mal um geringe Qualität gehandelt, während unsere Eisenbahn⸗ verwaltung besonders gute verlange.
Abg. Richter fragt, ob der Verfasser jenes Bauernbriefes, welchen der Abg. von Kardorff vor einigen Wochen aus seinem Kreise verlesen, wirklich, wie man ihm (Richter) schreibe, ein Großgrund⸗ besitzer in seinem Kreise gewesen. Der Statistik, die er verlange, wolle der Abg. von Kardorff ausweichen; es werde ihm das aber nichts nützen. 8
Abg. von Kardorff: Die Bauern seines Kreises verlangten namentlich den Gerstenzoll. Darauf habe ein Dr. Seidler, den er sehr wenig kenne, sich der Sache angenommen und die Petition hier⸗ her gerichtet. Der Brief sei so treffend, so packend geschrieben, daß selbst liberale Zeitungen das anerkannt hätten.
Abg. Richter: Er stelle fest, daß der Verfasser ein Ritter⸗ gutsbesitzer sei, ein Großgrundbesitzer.
Abg. Graf Mirbach: Die Erfindung der Pseudobauern sei fortschrittlichen Ursprungs; er erinnere an den Bauern Dirichlet.
Abg. von Kardorff: Hr. Richter bemühe sich vergebens, einen Widerspruch zwischen Groß⸗ und Kleingrundbesitz zu konstruiren. In agrarischen Fragen ständen beide fest zusammen.
Abg. Richter: Hr. Dirichlet als Kleingrundbesitzer sei als Bauer in dem betreffenden Flugblatt bezeichnet worden; der Groß⸗ grundbesitzer Seidler werde aber als Bauer maskirt
Abg. Graf Mirbach: Er konstatire nur, daß der Gutsbesitzer Dirichlet kein Bauer gewesen. 8
Damit schließt die Diskussion. Der Antrag Richter wird an die Budgetkommission überwiesen und die Position genehmigt.
Präsident von Levetzow ruft den Abg. Freiherrn von Stumm nachträglich wegen der Bemerkung über den „anständigen Ton“ zur Ordnung.
Der Rest des Etats der Reichs⸗Eisenbahnverwaltung wird ohne Debatte bewilligt.
Schluß nach 5 Uhr.
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Haus der Abgeordneten. 48. Sitzung vom Mittwoch, 4. März 1891.
Der Sitzung wohnen der Minister des Innern Herr⸗
furth und der Finanz⸗Minister Dr. Miquel bei. „Auf der Tagesordnung steht die Fortsetzung der
dritten Berathung des Einkommensteuergesetzes.
Die ersten drei Nummern des §. 1, wonach preußische Staatsangehörige, Angehörige anderer Bundesstaaten und Ausländer, wenn sie sich in Preußen zum Erwerbe aufhalten, steuerpflichtig sind, werden ohne Debatte angenommen.
Nummer 4 lautet nach den Beschlüssen zweiter Lesung:
Einkommensteuerpflichtig sind viertens Aktiengesellschaften, Kom⸗ manditgesellschaften auf Aktien und Berggewerkschaften, welche in Preußen einen Sitz haben, sowie diejenigen eingetragenen Genossen⸗ schaften, deren Geschäftsbetrieb über den Kreis ihrer Mitglieder hin⸗ ausgeht. Konsumvereine mit offenem Laden unterliegen der Ein⸗ kommensteuer. “ 3
Damit verbunden wird die Diskussion über §. 16, welcher autet:
Als steuerpflichtiges Einkommen der im §. 1 Nr. 4 beézeich⸗
neten Steuerpflichtigen gelten unbeschadet der Vorschrift im §. 6 Nr. 1 die Ueberschüsse, welche als Aktienzinsen oder Dividenden, gleichviel unter welcher Benennnung, unter die Mitglieder vertheilt werden, und zwar unter Hinzurechnung der zur Tilgung der Schulden oder des Grundkapitals, zur Verbesserung oder Geschäftserweiterung, sowie zur Bildung von Reservefonds — soweit solche nicht bei den Versicherungsgesellschaften zur Rücklage für die Versicherungs⸗ summen bestimmt sind — verwendeten Beträge. Demjenigen Steuerpflichtigen, welcher nachweislich Aktien oder sonstige Antheile an den nach §. 1 Nr. 4 steuerpflichtigen Gesell⸗ schaften während des ganzen, dem Veranlagungsjahre vorangehen⸗ den Steuerjabres eigenthümlich besessen und die auf dieses Jahr fallende Dividende bezw. Zinsen, Ausbeute oder sonstigen Gewinn⸗ antheile bezogen, und dieses bei der Deklaration ausdrücklich an⸗ gegeben hat, wird der auf dieses Einkommen entfallende Antheil der Einkommensteuer erstattet.
Der Nachweis ist bei derjenigen Veranlagungskommission zu erbringen, in deren Bezirk die nach §. 1 Nr. 4 steuerpflichtige Ge⸗ sellschaft ihren Sitz hat.
Für die Kommunalbesteuerung und für die Ausübung des Wahlrechts kommt die volle veranlagte Steuer ohne Abzug der erstatteten Steuerbeträge in Betracht. .
Die näheren Bestimmungen, insbesondere über die Berechnung der zu erstattenden Steuerbeträge und die Erbringung des Nach⸗ weises werden von dem Finanz⸗Minister erlassen.
Im Falle des §. 2b gilt als steuerpflichtiges Einkommen der⸗ jenige Theil der vorbezeichneten Ueberschüsse, welcher auf den Ge⸗ schäftsbetrieb in Preußen bezw. auf das Einkommen aus preußischem Grundbesitze entfällt.
Abg. Freiherr von Zedlitz beantragt: §. 16 Absatz 2— 5 zu firethe und dafür einzufügen folgenden
65 a.
Den im §. 1 Nr. 4 bezeichneten Steuerpflichtigen werden bei der Steuererhebung die auf die einzelnen Aktionäre, Gesellschafter, Kommanditisten, Gewerken, Genossenschafter von dem Einkommen
aus dem Besitz von Aktien u. s. w. in Preußen veranlagten und von denselben entrichteten Einkommensteuerbeträge nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen angerechnet:
1) Zur Anrechnung gelangen nur die Einkommensteuerbeträge derjenigen Aktionäre u. s. w., welche in der Steuererklärung (§§. 24, 25) versichern und auf Erfordern nachzuweisen, daß sie die einzeln aufzuführenden Aktien u s. w. seit mindestens einem Jahre besitzen und die letzt vertheilte Dividende bezogen haben;
2) als von dem Einkommen aus dem Besitze von Aktien u. s. w. veranlagt gilt derjenige Theil des veranlagten Steuersatzes, welcher auf dieses Einkommen nach dem Verhältniß desselben zu dem veranlagten Gesammteinkommen des Aktionärs u. s. w. entfällt. Die Anrechnung bleibt jedoch ausgeschlossen, falls die veranlagte Steuerstufe nach Abzug des bei der Veranlagung berücksichtigten Einkommens aus Aktienbesitz u. s. w. unverändert bleibt.
Sofern hiernach überhaupt eine Anrechnung stattfindet, werden überschießende Pfennigspitzen von mehr als 50 ₰ für eine volle Mark gerechnet, geringere Pfennigspitzen bleiben außer Betracht;
3) unterliegt eine Aktiengesellschaft u. s. w. nur mit einem Theile ihres Gesammteinkommens der preußischen Einkommensteuer (§. 2 b, §. 6 Nr. 1), so wird nur der entsprechende Theil der nach Vorschrift unter Nr. 2 zu ermittelnden Steuerbeiträge angerechnet;
4) die angerechneten Einkommensteuerbeiträge sind den einzelnen Aktionären u. s. w. von der Gesellschaft zu erstatten;
5) im Uebrigen wird das bei der Anrechnung zu beobachtende Verfahren durch Anweisung des Finanz⸗Ministers geordnet, welcher
insbesondere auch die für die Feststellung der anzurechnenden Be⸗ träge zuständige Behörde bestimmtttt.
—ö2 — —
Abg. von Jagow:
„Als steuerpflichtiges Einkommen der im §. 1 Nr. 4 be⸗ zeichneten Steuerpflichtigen gelten unbeschadet der Vorschrift im §. 6 Nr. 1 die Ueberschüsse, welche als Aktienzinsen oder Divi⸗ denden, gleichviel unter welcher Benennung, unter die Mitglieder vertheilt werden und zwar
unter Hinzurechnung der zur Tilgung der Schulden oder des Grundkapitals, zur Verbesserung oder Geschäftserweiterung, sowie zur Bildung von Reservefonds — soweit solche nicht bei den Ver⸗ sicherungsgesellschaften zur Rücklage für die Versicherungssummen bestimmt sind — verwendeten Beträge,
jedoch nach Abzug von 3 ½ % des eingezahlten Aktienkapitals. An Stelle des letzteren tritt bei eingetragenen Genossenschaften die Summe der eingezahlten Geschäftsantheile der Mitglieder, bei Berggewerkschaften das aus dem Erwerbspreise und den Kosten der Anlage und Einrichtung beziehungsweise Erweiterung des Berg⸗ werks sich zusammensetzende Grundkapital oder, soweit diese Kosten vor dem 1. April 1892 aufgewendet sind, nach Wahl der Pflichtigen der zwanzigfache Betrag der im Durchschnitt der letzten vier Jahre vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes vertheilten Ausbeute. Im Falle des §. 2 b gilt als steuerpflichtiges Einkommen der⸗ jenige Theil der vorbezeichneten Ueberschüsse, welcher auf den Ge⸗ schäftsbetrieb in Preußen beziehungsweise auf das Einkommen aus preußischem Grundbesitz entfällt.
Der Kommunalbesteuerung ist das ermittelte Einkommen ohne den Abzug von 3 ½ % zu Grunde zu legen.
Hierzu Abg. vom Heede:
Im §. 16 in der 15. Zeile anstatt „3 ½ %“ zu setzen „4 %“
Ferner beantragt Abg. Metzner (Frankenstein):
In §. 1 Abs. 4 den Schlußsatz, wie folgt, zu fassen: Konsumvereine mit offenem Laden (Lager, Magazin) unter⸗ liegen der Einkommensteuer, gleichviel ob dieselben eingetragene Genossenschaften sind oder nicht.“
Hierzu Abg. Schlabitz:
Den letzten Satz des §. 1 Nr. 4 zu streichen und als neue Nr. 5 dem §. 1 hinzuzufügen:
5) Konsumvereine mit offenem Laden.
und hierzu wiederum der Abg. von Bandemer:
Hinter dem Worte „Laden“ hinzuzufügen: „sofern dieselben die Rechte juristischer Personen haben“.
Abg. Metzner begründet seinen Antrag ebenso wie in zweiter Lesung.
Geheimer Finanz⸗Rath Wallach widerspricht allen Anträgen; es liege hier wohl eine Verwechselung mit der Gewerbesteuer vor, welche die Konsumvereine wie alle anderen Gewerbetreibenden treffe. Anders liege es aber bei der Einkommensteuer. Wenn der Antrag von Bandemer angenommen werde, so seien die anderen gestellten Anträge nicht so bedenklich.
Abg. Freiherr von Zedlitz: Sein Antrag habe den Zweck, den in der zweiten Lesung gestellten Antrag Achenbach praktisch gangbar zu machen. Dieser Antrag Achenbach habe vor der Kommissions⸗ fassung den Vorzug, daß er die Dividenden, welche über 3 ½ % hinausgingen, nicht doppelt besteuere, daß er aber andererseits das im Auslande und das an der Börse gangbare Aktienkapital der ‚richtigen Besteuerung unterziehe. Aus diesem Grunde bemühten sich auch gerade die der Börse nahestehenden Kreise, den Kommissionsvorschlag wiederherzustellen. Der Antrag Achenbach habe aber leider den Nachtheil gehabt, daß er sich praktisch sehr schwer durchführen lasse. Nehme man dagegen seinen jetzigen Antrag an, so habe der Steuerzahler weiter nichts zu thun, als seine Steuer⸗ quittung in ein Couvert zu packen und an die Aktiengesellschaft zu schicken, welche ihm dann den zuviel gezahlten Betrag herausgebe. Für die Steuerbehörden entstehe allerdings durch die Ausrechnung der Einzelbeträge eine größere Schreibarbeit, aber diese müsse im Interesse der gerechten Besteuerung geleistet werden. Andererseits würden auch die Aktiengesellschaften etwas mehr belastet, aber sie könnten diese Arbeit im Interesse ihrer Aktionäre wohl vornehmen. Er bitte also gerade im Interesse der kleinen Leute, welche Inhaber von Aktien und Kuxen seien, seinen Antrag anzunehmen.
Abg. Schlabitz weist darauf hin, daß die Konsumvereine namentlich die Existenz der kleinen Gewerbetreibenden benachtheiligten und hält deshalb eine Besteuerung derselben für nothwendig. Redner verweist besonders auf den Breslauer Konsumverein, welcher keine eingetragene Genossenschaft sei, aber einen offenen Laden und einen großen Umsatz habe, ohne Steuer zu bezahlen.
Geheimer Finanz⸗Rath Wallach: Die Uebelstände möchten alle vorhanden sein, aber sie könnten durch die Einkommensteuer nich beseitigt werden, welche nur bestimmten faßbaren Personen auferleg werden könne.
Abg. Simon: Er halte die Besteuerung der Aktiengesellschaften nach wie vor für wirthschaftlich schädlich, zunächst, weil das kleine Kapital dadurch abgeschreckt werde. Wir hätten noch nicht genug Großkapital, welches Industrie und Handel wirksam unterstützen könne im Wettkampf auf dem Weltmarkt mit Frankreich, England und Nord⸗Amerika. Träten diese schädigenden Wirkungen ein, so er⸗ schwerten sie damit auch die Arbeitsgelegenheit und, was wirthschaftlich das Werthvollste sei, unsere Arbeiter selbst. Der frühere Antrag Achenbach habe diesen Bedenken Rechnung getragen, und Diejenigen, die die Be⸗ steuerung der Aktiengesellschaften grundsätzlich für ein Unrecht hielten, hätten in dem angenommenen Antrag Achenbach ein Entgegenkommen er⸗ blickt. Der Finanz⸗Minister habe erklärt, daß der so amendirte §. 16 nur schwierig auszuführen sein werde, aber nicht unannehmbar sei. Der heute vorliegende Antrag von Zedlitz habe manches Gute, und er werde die Schäden der Doppelbesteuerung erheblich mildern. Die Gründe für Wiederherstellung der Regierungsvorlage würden, so hoffe er, den politischen Freunden des Abg. v. Jagow nicht hinreichend er⸗ scheinen. Der Antrag des Abg. vom Heede sei nicht so aufzufassen, als wenn er auf dem Boden des Antrages von Zedlitz stehe, sondern sei nur eingebracht, Falls die frühere Majorität für den Antrag Achenbach sich in eine Minorität verwandeln sollte. Leider sei in der Kommission der Antrag, 4 % des Aktienkapitals steuerfrei zu lassen, abgelehnt worden. Die letzthin aus⸗ gegebene preußische und deutsche Anleihe verzinse sich in Anbetracht des Emissionscourses etwas über 3 ½ %o. Da es aber in Deutsch. land kein sichereres Papier geben könne, als preußische und deutsche Konsols, könne man mit gutem Recht annehmen, daß sich gegen⸗ wärtig der Durchschnittszinskuß in Deutschland auf annähernd 4 % stelle. Deshalb müsse man dem Antrag vom Heede zustimmen, wenn man den Antrag von Jagow annehme. Er bitte aber dringend, bei der in der zweiten Lesung dokumentirten Grundanschauung zu bleiben und Denjenigen, welche gegen die Besteuerung der Aktiengesellschaften auch aus anderen Gründen die ernstlichsten Bedenken hätten, die Zustimmung zu dem ganzen Gesetz zu erleichtern. Das Haus möge also den Antrag von Zedlitz annehmen, andernfalls wenigstens durch Annahme des Antrages vom Heede den Antrag von Jagow verbessern. Abg. Dr. Arendt: Die Besteuerung der Aktiengesellschaften nach der Vorlage sei durchaus geringfügig, sie werde nur dann be- deutender, wenn der Verdienst der Aktiengesellschaften sehr groß sei. Und selbst da könne man von einer Doppelbesteuerung eigentlich nicht sprechen, die Aktionäre würden mit demselben Betrag, den sie bei der Aktiengesellschaft eingelegt hätten, sonst nicht so große Erfolge erzielt haben. Er habe überhaupt keine Bedenken gegen diese Doppel⸗ besteuerung, so lange auch eine Doppelbesteuerung für Grundbesitz und Gewerbebetrieb bestehe. In dieser Vorlage komme das in den Aktiengesellschaften arbeitende Großkapital erheblich besser weg, als in der seiner Zeit vom Finanz⸗Minister von Scholz vorgelegten Kapitalrentensteuer. Wenn die Besteuerung der Aktiengesellschaften und der Steuersatz von 4 % für die höchsten Einkommen nicht in der Vorlage blieben, müsse er gegen das ganze Gesetz stimmen. Der Abzug von 3 ½ % entspreche dem üblichen Zinsfuß und sei daher auch hier gerechtfertigt. Der Antrag von Zedlitz ziehe das mobile Kapital zwar stärker heran, als der Antrag von
aber es seien hier noch andere Gesichtspunkte v als allein die finanziellen. Er habe das sehr erhebliche soziale Bedenken, daß