durch eine Begünstigung der Aktiengesellschaften ein Antrieb gegeben werden könne, daß das Privatpublikum die Staatspapiere abschaffe und sich dafür Aktien kaufe. Gewisse Härten, welche ja in einzelnen Fällen keintreten könnten, wie z. B. bei Bergwerken und Familien⸗ gründungen, könnten in einem Spezialgesetz beseitigt werden. Wolle man die Börse stärker heranziehen, so könne das besser durch Er⸗ höhung der Börsensteuer geschehen. Er werde gegen den Antrag von Fdli⸗ und für den Antrag von Jagow stimmen.
eneral⸗Direktor der direkten Steuern Burghart: Es handele sich hier nicht darum, eine neue Last auf die Börse und die Aktien⸗ zu legen, sondern darum, sie am gemeinen deutschen Rechte theilnehmen zu lassen. So wenig wie alle anderen Gewerbe⸗ treibenden und Industriellen eine Befreiung von der Einkommensteuer genössen, so wenig hätten auch diese kapitalistischen Assoziationen darauf Anspruch. Vefeßfen habe am Längsten die Eigenthümlichkeit konservirt, die Aktiengesellschaften steuerfrei zu lassen. Eine Doppel⸗ besteuerung erkenne die Regierung korrekter Weise überhaupt nicht an. Die allgemeine Auffassung stehe aber der Anschauung der Regie⸗ rung entgegen, und deshalb müsse ein gewisses Kompromiß gefunden werden. Die Frage der Doppelbesteuerung beschäftige seit Jahren auf das Lebhafteste Wissenschaft und Praxis und sei auch Seitens der Regierung geprüft worden, aber eine allein selig machende Lösung der Frage, wie man die hier vorliegenden Mißstände beseitigen könne, ohne in andere Mißstände zu gerathen, sei bisher nicht gefunden worden und werde auch schwerlich jemals gefunden werden. Der Vorschlag der Regierung, woran der Finanz⸗Minister auch noch in seiner letzten Rede festgehalten habe, sei dahin gegangen, einen Theil des Ertrags der Aktiengesellschaften von vornherein auszu⸗ scheiden, sodaß nur für den verbleibenden Theil von einer Doppel⸗ besteuerung gesprochen werden könne. Das sei ein wichtiges Ent⸗ gegenkommen, und diese Lösung habe große Vorzüge. Der Antrag von Zedlitz biete zwar große Schwierigkeiten für die Verwaltung, welche aber zum großen Theil beseitigt sein werden, wenn eine Rückerstattung der Steuer nur für solche Aktien erfolgen solle, welche ein Jahr lang im Besitze des Aktionärs seien. Danach sei der Antrag von Zedlitz, wenn er auch nicht Jeden ganz befriedige, wenigstens nicht unausführbar. 8
Abg. Dr. Friedberg schließt sich den Ausführungen des Abg. Simon an; der Antrag von Jagow würde der Börse am Angenehmsten sein, weil dadurch die Aktiengesellschaften von einem großen Theil der Steuer befreit würden. Auf eine Anfrage des Redneis erklärt
Geheimer Finanz⸗Rath Wallach, daß die Gehälter und Tan⸗ tibèmen der Direktoren und Aufsichtsräthe Gehälter seien, welche bei den Aktiengesellschaften nicht als Einkommen gerechnet würden.
Abg. v. Jagow: Bei der zweiten Lesung habe ein Theil seiner Freunde für den Antrag Achenbach gestimmt, aber diese Abstimmung sei nur eine provisorische gewesen, und man könne durchaus nicht sagen, daß die Meinung des ganzen Hauses für den Antrag Achenbach gewesen sei. Seine Freunde hätten doch eingesehen, daß das Ver⸗ fahren nach dem Beschlusse der zweiten Lesung nicht haltbar sei. Es sei möglich, daß einem Censiten sein voller Steuerbetrag zurück⸗ vergütet werde; das würde im Volke nicht verstanden werden. Außer⸗ dem sei das Verfahren durchaus kein so einfaches, auch nicht nach dem neuen Antrage des Abg. von Zedlitz. Dem Deklaranten werde bei Annahme dieses Antrages die Deklaration wesentlich erschwert.
In Nr. 4 des §. 1 wird der Antrag Schlabitz mit dem Zusatzantrage des Abg. von Bandemer an⸗ genommen. Der Antrag vom Heede zum Antrage von Jagow wird mit 178 gegen 149 Stimmen abgelehnt; der Antrag von Jagow wird mit 184 gegen 160 Stimmen angenommen. Für denselben stimmen die Konservativen, ein Theil der Freikonservativen, die Mehrheit des Centrums, ein Theil der Polen und von den Nationalliberalen die Abgg. Knebel und Tannen, ferner die Staats⸗Minister Dr. von Boetticher und Herrfurth Gegen denselben stimmen die Freisinnigen, die große Mehrheit der Nationalliberalen, der kleinere Theil des Centrums und die Hälste der Frei⸗ konservativen. Dadurch ist der Antrag von Zedlitz erledigt.
Zu §. 2 liegt der Antrag von Jagow vor, die von der Kommission eingefügte und in zweiter Lesung angenommene Bestimmung über die Besteuerung der Agenturen wieder zu streichen. “
Die Bestimmung wird fast einstimmig abgelehnt.
§. 3, welcher die Steuerbefreiung der Fürstlichen Häuser Hohenzollern, Hannover, Hessen, Nassau, der fremdstaatlichen Bevollmächtigten u. s. w. enthält, wird ohne Debatte an⸗ genommen. 16“ 8 8 8
Nach §. 4 der Beschlüsse zweiter Lesung sollen die ehe⸗ mals unmittelbaren Standesherren zur Steuer erst heran⸗ gezogen werden, sobald durch besonderes Gesetz die Ent⸗ schädigung für die entzogene Steuerfreiheit festgestellt ist.
Abg. Freiherr von Zedlitz beantragt, die Regierungsvorlage wieder herzustellen, wonach die Steuerpflicht der Standesberren am 1. April 1894 eintreten solle, und wobei die Regelung der Entschädi⸗ gungsfrage offen gelassen sei. 2 “
Abg. Graf Strachwitz bedauert, daß der Beschluß der zweiten Lesung angefochten werde. Wenn die Antragsteller sich immer gegen die Reichsunmittelbaren wendeten, dann sollten sie sich doch auch gegen die Steuerfreiheit der Fürstlichen Häuser Hohenzollern u. s. w. wenden. (Zuruf des Abg. Dr. Enneeccerus: Das überlassen wir I
Abg. Freiherr von Zedlitz empfiehlt seinen Antrag, der für sich selbst spreche.
Finanz⸗Minister Dr. Miquel:
Meine Herren! Ich will die Gründe, die ich früher für die Regierungsvorlage angeführt habe, nicht noch einmal ausführlich dar⸗ legen. Wir bleiben bei der Regierungsvorlage trotz der abweichenden Beschlüsse der Kommission stehen, und wir glauben, daß die Annahme der Regierungsvorloge eine rasche, billige und zweckentsprechende Er⸗ ledigung der Entschädigungsfrage gefördert haben würde. Ich habe namentlich deswegen das Wort genommen, um einer Interpretation der Kommissionsvorlage für den Fall, daß dieselbe angenommen werden sollte, entgegenzutreten, die mehrfach geäußert worden ist, wahrscheinlich, um das Geschütz der Gründe gegen die Kommissions⸗ vorlage zu verstärken. Es ist so dargestellt worden, als wenn das Abgeordnetenhaus mit der Annahme dieser Kommissionsvorlage den Wunsch garnicht äußere, daß diese Steuerprivilegien aufgehoben werden sollen, sondern nur im Allgemeinen ausspreche, sie sollten nicht anders aufgehoben werden, als mit gleichzeitiger Entschädigung. So verstehe ich den Kommissionsbeschluß nicht, und ich habe ihn auch in der Kommission nicht so motiviren hören. Ich denke, diejenigen Herren, welche für den Kommissionsanirag stimmen, wollen doch auch mit der Staatsregierung positiv die Beseitigung der jetzigen Steuer⸗ privilegien. (Sehr richtig!) - .
Sie wünschen nur, daß gleichzeitig damit, und nicht auf einen anderen Zeitpunkt verlegt, die Entschädigungsfrage erledigt werde.
(Sehr richtig!)
Die Regierung würde also — das will ich nur betonen —, Falls der Kommissionsantrag angenommen wird, sich doch verpflichtet halten, sobald als thunlich das betreffende Gesetz hier in Verbindung mit der Entschädigungsfrage vorzulegen.
Abg. Rickert: So habe er den Beschluß der zweiten Lesung ebenfalls verstanden. Jetzt werde er für die Wiederherstellung der Re⸗
gierungsvorlage stimmen. - 3 Abg. Dr. Enneccerus: Die Regierungsvorlage führe die
8
Gleichheit vor dem Gesetz sofort durch und regele auch die Entschä⸗ digungsfrage; der Beschluß der zweiten Lesung schiebe die Regelung hinaus, denn das Herrenhaus könne durch Widerspruch gegen jedes Entschädigungsgesetz die Steuerfreiheit auf ewige Zeiten erhalten. Die öffentlichen Interessen sollten in den Vordergrund gestellt werden und nicht die Erfüllung der Privatinteressen als Vorbedingung hin⸗ gestellt werden für die Durchführung der Steuergleichheit. 8
Abg. Cremer bittet die Regierung um Auskunft darüber, wie groß annähernd der Betrag sei, der der Staatskasse durch die Steuer⸗ freiheit der Standesherren entgehe, um etwaigen Agitationen im Lande von vornherein entgegenzutreten. 8
Finanz⸗Minister Dr. Miquel: “
Ich will nur auf die an uns gerichtete Frage, ob es möglich sei, den Betrag der etwaigen Entschädigung, um den es sich hier handelt, näher zu bezeichnen, dahin antworten, daß das bei der gegenwärtigen Lage der Sache und bei den uns in dieser Beziehung unbekannten thatsächlichen Verhältnissen ganz unausführbar ist. Wir kennen ja das Einkommen, um welches es sich handelt, was doch vorläufig eine Grundlage der Entschädigungsfrage ergiebt, zur Zeit überhaupt nicht.
Meine Herren, ich entnehme aus den Aeußerungen, die von ver⸗ schiedenen Seiten in dieser Beziehung gefallen sind, daß die Meinung dahin geht, ohne Verzug mit der thunlichsten Lösung dieser ganzen Frage Seitens der Staatsregierung vorzugehen, — daß das der all⸗ gemeine Wunsch ist. (Sehr richtig!) Die Staatsregierung wird gewiß demgemäß handeln, und vielleicht wird es möglich sein, die ganze Frage schon im nächsten Landtage zur Regelung zu bringen.
Abg. Graf zu Limburg⸗Stirum: Die Meinung der Ur⸗ heber des Kommissionsbeschlusses gehe dahin, daß die Steuerfreiheit beseitigt werden solle. Die Verfassung sage nur, daß eine Aenderung der Steuergesetzgebung vorgenommen und alle Bevorzugungen beseitigt werden sollten! Es stehe noch gar nicht fest, daß dieses Gesetz die Revision abschließe. 3
Abg. Dr. Enneccerus: Der Beschluß zweiter Lesung möge das bedeuten sollen, was die Herren hier vorbrächten; aber es bleibe die Möglichkeit, daß das Herrenhaus der Fertigstellung eines Entschädi⸗ gungsgesetzes Schwierigkeiten bereite.
Der Antrag von Zedlitz wird abgelehnt und §. 4 nach den Beschlussen der zweiten Lesung angenommen, ebenso §. 5, wonach die Steuerpflicht bei einem Einkommen von 900 ℳ anfängt. 8
Nach §. 6 sollen gewisse Einnahmen von der Besteuerung ausgeschlossen sein, darunter auch die auf Grund des Gesetzes vom 27. Juni 1871 gewährten Pensionserhöhungen und Ver⸗ stümmelungszulagen. b
Abg. Eberhard: Diese Pensionen und Zulagen sollten einen Ersatz bilden für die verminderte Leistungsfähigkeit und für den Mehraufwand an Pflege, den die Pensionäre sich angedeihen lassen müßten. Die Bestimmung des §. 6 sei aber zu eng gefaßt. Denn es kämen noch eine große Anzahl von Kriegsinvaliden in Betracht, die nicht in Gemäßheit des Gesetzes von 1871, sondern auf Grund anderer Gesetze eine solche Pension u. s. w. bezögen. Er habe als solche Gesetze ermittelt die Gesetze vom 6. Juli 1865, 16. Oktober 1866, 9. Februar 1867, 14. Juni 1868, 4. März 1870, 27. Juni 1871 und 4. April 1874. Er beantrage daher, den betreffenden Passus allgemein zu fassen dahin, daß von der Besteuerung ausgeschlossen sein sollten „die auf Grund gesetzlicher Vorschrift den Kriegsinvaliden gewährten Pensionserhöhungen und Verstümmelungszulagen sowie die mit Kriegsdekorationen verbundenen Ehrensolde“. Der finanzielle Effekt dieses Antrages werde ein ziemlich geringer sein, man würde aber bei den Betheiligten dadurch ein gewisses Wohlbehagen und eine große Freude hervorrufen. 1
Abg. Bachem tritt im Interesse derjenigen Städte, welche erheblichens Fremdenverkehr hätten, für den Antrag des Abg. Lieber ein, wonach das Einkommen von Ausländern nicht nur aus aus⸗ ländischem Grundbesitz oder Gewerbebetrieb, sondern aus allen aus⸗ ländischen Bezugsquellen steuerfrei bleiben solle. Redner verweist auf die Verhandlungen bei der zweiten Lesung -
Geheimer Finanz⸗Rath Wallach erklärt, daß die Regierung keine Bedenken gegen den Antrag Eberhard habe, weil derselbe zum Theil eine Verbesserung der Vorlage enthalte, und wo er über die⸗ selbe hbinausgehe, bezüglich des Ehrensoldes, einen ganz geringen finanziellen Effekt haben werde. Den Antrag Lieber, der nur im Interesse einzelner Kommunen gestellt sei, bitte er abzulehnen; solche Einzelinteressen könne die Steuergesetzgebung nicht berücksichtigen.
Abg. von Eynern tritt für die Anträge Lieber und Eberhard ein; ohne die Annahme des ersteren werde eine sroße Anzahl von Ausländern, die in Deutschland sich aufhielten, ihren Wohnsitz nach anderen deutschen Staaten verlegen, wo so scharfe Bestimmungen, wie in dieser Vorlage, nicht seien. 8
Abg. Zelle und Freiherr von Loé treten für den An⸗ trag Lieber ein, welchen Abg. Dr. Enneccerus bekämpft, weil er auch das Kapitalvermögen von der Steuer freilassen wolle, was nicht zulässig sei.
Finanz⸗Minister Dr. Miquel: 8
Ich glaube, die Frage, die Hr. von Loë geste am Besten, daß der ganze Antrag hier nicht hingehört. Wir verhandeln hier lediglich über rein spezifische Lokalinteressen und nicht über all⸗ gemeine Staatsinteressen. Ich bin auch der Meinung, daß man in einem Kommunalsteuergesetz — mir selbst ist die Frage in der Praxis vielfach aufgestoßen — den Kommunen vielleicht das Recht geben könnte, bei solchen Ausländern in Bezug auf die Steuern anders zu verfahren, wie bei Inländern. Die Frage läßt sich erwägen, und da kommt auch das Opfer, welches die betreffenden Kommunen bringen, ihnen zu Gute, während hier einzelne Kommunen ein Opfer verlangen für sich, welches der ganze Staat, alle übrigen Gemeinden für sie bringen sollen.
Ich glaube, diese Frage kann daher hier gar nicht gelöst werden, und ich halte deshalb schon die Kommissionsvorlage nicht für richtig. Ich glaube, die Regierungsvorlage wäre das einzig Konsequente ge⸗ wesen, außerdem ist es ja ganz unwiderleglich, was Abg. Enneccerus ausgeführt hat, daß der Begriff „auswärtige Bezugsquellen“ ein so unklarer und dunkler ist, wie er nur gedacht werden kann, und daß, wenn er sich auf Kapitalsanlagen, auf Besitz von Effekten u. s. w. beziehen soll, das geradezu eine Privilegirung der Anlegung des Kapitals in auswärtigen Anlagen bedeutet. (Sehr richtig!)
Ich kann also nur bitten, die Anträge und ebenso auch die Kom⸗ missionsvorlage abzulehnen.
Nachdem noch Abg. Dr. Windthorst für den Antrag Lieber eingetreten ist, wird §. 6 mit dem Antrage Eberhard unter Ablehnung des Antrages Lieber angenommen.
5. 7 führt die einzelnen Einkommensquellen auf: Kapital⸗ vermögen, Grundvermögen, Handel und Gewerbe, gewinn⸗ bringende Beschäftigung.
Abg. Broemel weist darauf hin, daß mit Recht eine Ein⸗ nahmequelle nicht aufgezählt sei: die Unterstützung, welche einzelne Personen von Verwandten u. s. w. bezögen. Es würde eine Un⸗ gerechtigkeit sein, wenn dieses Einkommen bei dem Unterstützenden und bei dem Unterstützten besteuert werden solle.
Geheimer Finanz⸗Rath Wallach: Das sogenannte abgeleitete Einkommen könne nur än einer Stelle steuerpflichtig sein. Die Unterstützung eines Kindes auf Grund der natürlichen Unterhaltungs⸗
pflicht werde beim Vater, aber nicht beim Kinde steuerpflichig sein.
Gehe die Gewährung von Mitteln darüber hinaus, beruhe sie auf
einem besonderen Vertragsverhältniß, so erhalte der Unterstützte einen
Rechtsanspruch; er sei dafür steuerpflichtig. Der Unterstützende könne
diese Unterstützung von seinem Einkommen abziehen. “ Abg. Brsoemel: Es gebe aber auch Unterstützungen, die nicht
auf Vertragsverhältniß beruhten.
Geheimer Finanz⸗Rath Wallach: Der Unterstützte werde dann nicht steuerpflichtig, aber der Unterstützende könne auch nicht von seinem Einkommen den Betrag abziehen.
Abg. Dr. Enneccerus: Wenn Jemand seine Töchter an einen Offizier verheirathe und sich zum Zuschuß verpflichte, so sei er berechtigt, die Unterstützung abzuziehen und der Unterstützte werde steuerpflichtig.
Finanz⸗Minister Dr. Miquel:
Meine Herren! Die vermißte Klarheit liegt nicht bei dem Herrn Regierungskommissar, sondern bei dem Herrn Fragesteller (Heiterkeit. Sehr richtig!), denn der Herr Regierungskommissar hat diese Frage mit dürren Worten schon behandelt. Ich glaube wirklich nichts weiter hinzufügen zu dürfen, als daß ich die Frage des Herrn einfach mit ja beantworte, wie der Herr Regierungskommissar das schon näher aus⸗ geführt hat. Wenn jemand sich verpflichtet über seine Alimentations⸗ pflicht hinaus durch einen besonderen Vertrag, so hat der Empfänger dieses ihm zugewandten Betrages ein Recht darauf und hat diesen Betrag zu versteuern, dagegen ist es eine Schuld des Andern geworden Kraft eines besonderen Rechtsverhältnisses, und Letzterer hat deshalb das Geleistete nicht zu versteuern. Die Sache ist so klar, wie sie nur sein kann. (Heiterkeit.)
§. 7 wird angenommen, ebenso §. 8 wegen der außer⸗ ordentlichen Einnahmen (Erbschaften u. s. w.), welche als Ver⸗ mehrung des Stammvermögens betrachtet werden.
Nach §. 9 sind vom Einkommen in Abzug zu bringen: 1) Die zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung des Ein⸗ kommens verwendeten Ausgaben.
Abg. Peters beantragt hier hinzuzufügen: die Deichlasten. Soweit die Deichlasten von den Einzelpersonen getragen würden, sei die Abzugsfähigkeit derselben vollständig klar. Aber wenn Gemeinden die Deichlast auf sich genommen hätten und sie in der Form von Kommunalsteuern einzögen, so könne der Abzug nicht erfolgen. Das würde eine große Unzerechtigkeit sein.
Da die Debatte übergreift in die Nr. 4, welche auch von der Abzugsfähigkeit der Kommunallasten handelt, so schlägt der Vize⸗Präsident Freiherr von Heereman vor, auch die Nr. 4 des §. 9 zur Debatte zu stellen.
Abg. Freiherr von Zedlitz beantragt aber, dann die weitere Berathung zu vertagen, da die Debatte in dieser Sitzung doch nicht mehr zu Ende geführt werden könne.
Schluß 3 ½ Uhr.
Handel und Gewerbe.
Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 4. März gestellt 10 372, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen. In Oberschlesien sind am 3. d. M. gestellt 4976, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen.
— Vom Berliner Pfandbrief⸗Institut sind bis Ende Februar 1891 16 274 100 ℳ 3 ½ % ige, 20 690 700 ℳ 4 %o ige, 45 255 000 ℳ 4 ½ % ige und 9 663 600 ℳ 5 % ige, zusammen 91 883 400 ℳ Pfandbriefe ausgegeben, wovon noch 15 460 200 ℳ 3 ½ % ige, 14 230 200 ℳ 4 % ige, 17 604 900 ℳ 4 ½ %o ige und 2 978 400 ℳ 5 % ige, zusammen 50 273 700 ℳ Pfandbriefe Seitens der Grundstückseigenthümer verzinslich sind. — Es sind zugesichert, aber noch nicht abgehoben 616 200 ℳ
— In der gestrigen Sitzung des Aufsichtsraths der Dresdner Bank wurde die Bilanz pro 1890 vorgelegt. Dieselbe ergiebt, nach⸗ dem vorher große Abschreibungen und Reservestellungen vorgenommen wurden, einen Bruttogewinn von 10 514 953 ℳ Nach Abzug der Handlungsunkosten und Steuern, ferner Abschreibungen a auf zweifelhafte Debitoren 107 328 ℳ, b. Immobilien⸗Conto 56 114 ℳ, c. Mobilien⸗Conto 35 305 ℳ, zusammen 198 949 ℳ, verbleibt ein Nettogewinn von 8 749 497 ℳ Der auf den 4. April dieses Jahres einzuberufenden Generalversammlung wird die Vertheilung einer Dividende von 10 % vorgeschlagen. Dem Reserve⸗ fonds wird 1 000 000 ℳ, dem Pensionsfonds 100 000 ℳ zugewiesen und 199 964 ℳ werden auf neue Rechnung vorgetragen. Der Gewinn setzt sich zusammen aus Sorten 524 943 ℳ, Zinsen, abzüglich gezahlter Zinsen, inkl. Gewinn auf Wechsel⸗Conto 4 720 354 ℳ, Provisionen inkl. des Erträgnisses des Wechsel⸗Comptoirs Dresden, abzüglich vergüteter Provision, 2881060 ℳ, Effekten. und Consortial⸗Conto 2 138 157 ℳ Die Verrechnung der Gewinne aus der Betheiligung an 5 % mexikanischen Staatseisenbahn⸗Obligationen (2. Emission), sowie aus anderen Betheili⸗ gungen, deren Schluß⸗Abrechnungen am 31. Dezember 1890 noch nicht vorlagen, ist dem Jahre 1891 vorbehalten. — Die Bilanz per Ende
1890 stellt sich wie folgt: Aktiva: Cassa⸗Conto 9 999 361 ℳ, Wechsel⸗
Conto 33 518 444 ℳ, Conto⸗Corrent⸗Conto, verfügbare Guthaben bei Banken und Banquiers 5 149 301 ℳ, Conto⸗Corrent⸗Conto
Debitoren in Dresden 32 346 047 ℳ (davon gegen Sö 8 erlin
18 811 975 ℳ), Conto⸗Corrent⸗Conto Debitoren in 44 578 246 ℳ (davon gegen Sicherheiten 38 574 927 ℳ), zusammen 8 924 294 ℳ Ferner Aval⸗Debitoren 4 728 485 ℳ, Consortial⸗
onto
(davon auf feste Termine 41 854 691 ℳ), Accept⸗Conto 33 802 223 ℳ,
Aval⸗Verpflichtungen 4 728 485 ℳ, Reserve⸗Fond⸗Conto 12 000 000 ℳ Durch die Zuweisung aus den Erträgnissen des Jahres 1890 von 1 000 000 ℳ erhöht sich die ordentliche Reserve auf 13 000 000 ℳ
oder 21 ¾ % des Aktienkapitals.
— Der Aufsichtsrath der Dortmund⸗Gronau⸗Enscheder
Eisenbahn hat in gestriger Sitzung beschlossen, pro 1890 nach
reichlichen Rückstellungen die Vertheilung einer Dividende von 4 % Ferner wurde beschlossen,
in Folge des wachsenden Verkehrs eine neue umfassende Vermehrung
der Generalversammlung vorzuschlagen.
des rollenden Materials vorzunehmen.
— Die nächste Börsenversammlung zu Essen findet am
9. März 1891 im „Berliner Hof' statt. Leipzig, 4. März. (W. LT. B.) bandel. La Plata. Grundmuster B. pr. März pr. April 4,27 ½ ℳ, pr. Mai 4 30 ℳ, pr. Jum 4,32 ½ ℳ, pr. Juli 4,32 ½ ℳ, pr. August 4,35 ℳ, pr. September
Kammzug⸗Termin⸗
4,35 ℳ, pr. Oktober 4,35 ℳ, pr. November 4,37 ½ 4. vr. Dezember
4,37 ½ ℳ, pr. Januar 4,37 ½ ℳ. Umsatz 135 000 kg. Ruhig. Wien, 4. März.
des Staates an die àm; schaft, nunmehr aktuell geworden. Die Verhandlungen sollen in
kurzer Zeit beginnen, ein bezüglicher Gesetzentwurf därfte schon Hinsichtlich der nächsten Generalversammlung Alternativvorschläge gemacht werden; der Rechnu Pebfcan des ver⸗ ie Schiffahrt
in der nächsten Parlamentssession zur Vorlage gelangen. der Bilanzirungsfragen sollen
flossenen Jahres weist einen Ausfall auf. — dürfte Mitte März eröffnet werden.
10 941 666 ℳ, Darlehn⸗Conto Dresden 2 265 225 ℳ, Wechsel⸗Comptoir Dresden und Berlin 1 553 287 ℳ, Effekten⸗Conto 10 176 355 ℳ, Report⸗Conto 35 953 644 ℳ, Immobilien⸗Conto 3 000 000 ℳ Passira: Aktien⸗Kapital 60 000 000 ℳ, Verzinsliches Depositen⸗Conto 11 494 223 ℳ, Conto⸗Corrent⸗Creditoren in Dresden 6 156 370 ℳ, in Berlin 57 260 894 ℳ, zusammen 63 417 264 ℳ
4,30 ℳ, 1 128 986 ℳ,
(W. T. B.) Wie die „Presse“ meldet, wäre die Frage, betreffend die Gewährung einer B eihülfe Seitens Donau⸗Dampfschiffahrtsgesell⸗
bezw. keine Ermäßigung erhalten soll. Allein dabei wird über⸗ sehen, daß — abgesehen von den in den letzten Jahren schon gewährten Ermäßigungen für diese Klasse auf den meisten früheren Privatbahnen — bereits eine neue IV. Klasse mit sehr niedrigen Sätzen geschaffen worden ist in den Arbeiter⸗
n Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen
Berlin, Donnerstag, den 5. März
8 1“ b Während in den letzten Jahren die Personentarife der preußischen Staatsbahnen durch Uebertragung der — fast überall billigeren — Normalsätze der älteren Staats⸗ bahnen auf die früheren Privatbahnen eine übereinstimmende Regelung erfahren haben — eine Maßregel, durch welche namentlich die IV. Wagenklasse auf den meisten früheren Privatbahnen eine beträchtliche Ermäßigung der dort bisher um 10 bis zu 33 ⅛ Proz. höheren Fahrpreise und zugleich eine erheb⸗ lich erweiterte Einstellung und Verwendung gefunden hat —, ist das Bemühen der Staats⸗Eisenbahnverwaltung bekanntlich gegen⸗ wärtig darauf gerichtet, im Verein mit den betheiligten Bundes⸗ regierungen die Personentarife aller deutschen Eisen⸗ bahnen nach einem einheitlichen System zu ordnen und zu⸗ gleich den laut gewordenen und von der Eisenbahnverwaltung selbst getheilten Wünschen nach Vereinfachung und nach einer durchgreifenden Ermäßigung der Personentarife Rechnung zu tragen, soweit dies mit dem Finanzinteresse des Staats irgend vereinbar ist.
Die Verschiedenheiten zwischen den norddeutschen und süd⸗ deutschen Bahnen beziehen sich — von vielen Nebenpunkten abgesehen — in der Hauptsache auf die Zahl der Wagen⸗ klassen (im Norden vier, im Süden drei), auf die Berech⸗ nung der Schnellzugpreise (im Norden Zuschlag nur se KIe. p Süden auch für Hin⸗ und Rückfahrt) und auf die Gepäckfracht (im Norden Freigepäck, im 11““ v1
Die schon seit längerer Zeit eingeleiteten Verhandlungen b“ lassen, daß zu einem übereinstimmenden System nur zu gelangen ist, wenn in den vorbezeichneten Differenzpunkten das süddeutsche, übrigens auch anderwärts vielfach bestehende Verfahren von den norddeutschen Bahnen angenommen wird, — und weiter, daß eine durchgreifende 1“ des Systems, über dessen Vielgestaltigkeit heftige Klagen erhoben sind, nur durch Beseitigung der bis⸗ herigen Sonderbegünstigungen für Rückfahrkarten, Rundreise⸗ karten, Sommerkarten u. dergl. zu erreichen sein würde.
Für die weitere Entscheidung muß es vor Allem darauf ankommen, ob und inwieweit es möglich sein werde, die vierte Wagenklasse überhaupt oder doch außerhalb des Vororts⸗ Verkehrs der großen Städte und Marktorte zu beseitigen — selbstverständlich unter der Voraussetzung, daß eine Erhöhung der Fahrpreise der jetzigen niedrigsten (vierten) Klasse durch eine entsprechende Herabsetzung der Normalsätze der künftig niedrigsten (dritten) Klasse ausgeschlossen wird.
Unter diesen Gesichtspunkten ist ein Plan für eine ander⸗ weitige Bemessung der Personen⸗Fahrpreise aufgestellt und den wirthschaftlichen Beiräthen der Königlichen Eisenbahn⸗
Direktionen zur Begutachtung überwiesen worden, welcher neben einer beträchtlichen Vereinfachung der bisherigen Tarife eine namhafte allgemeine Ermäßigung in Aussicht stellt und eine übereinstimmende Regelung der Personentarife auf allen oder doch dem größten Theil der deutschen Eisenbahnen erhoffen läßt.
Dieser Plan hat in einem Theil der Presse eine höchst ungünstige Beurtheilung erfahren, die so weit gegangen ist, daß man von einer Vorlage über die Erhöhung der Per⸗ sonentarife gesprochen hat. Demgegenüber erscheint es zur Klarstellung geboten, die Zahlen zu veröffentlichen und reden zu lassen, welche dem Reformplan zu Grunde liegen. Bisher wurden für das Personenkilometer erhoben und künftig sollen erhoben werden:
in gewöhnlichen Zügen ETö bisher 6 8 künftig 4 in Schnellzügen
bisher 1 11C6I“
künftig 7 5 5 daneben bestehen bis jetzt Rückfahrkarten zum Preise
l II. Kl. III. Kl. von 6 4,5 11“““ und beliebig
zusammenstellbare Rundreisekarten zum Preise †. Kl. 1 IIE Kl. von 6,3 4,67 3,227 2
endlich feste Rundreisekarten, Sommerkarten mit verschieden⸗ artigen Ermäßigungen. Diese Rückfahrkarten, Rundreise⸗ und Sommerkarten sollen künftig wegfallen, dagegen die bestehenden ermäßigten Preise für Arbeiter⸗, Schüler⸗ und Zeitkarten bei⸗ behalten werden. Hieraus ergiebt sich, daß, abgesehen von der IV. Klasse, auf welche wir noch später kommen, bei den einfachen Fahrten überall sehr erhebliche Ermäßigungen eintreten, ebenso bei Hin⸗ und Rückreisen, insoweit gewöhnliche Züge benutzt werden. Erhöhungen treten nur ein bei Hin⸗ und Rückreisen in Schnellzügen in I. und II. Klasse, abgesehen von der Aufhebung des Freigepäcks, von der unten noch besonders gehandelt wird. Die Bedeutung dieser Erhöhungen ist nun in einer völlig unzutreffenden Weise übertrieben worden, wie die nachfolgenden auf Grund genauer Ermittelungen für das Jahr von Dezember 1888 bis Ende November 1889 auf⸗ gestellten Berechnungen zeigen. Es sind in diesem Jahre an Personenkilometern auf den preußischen Staatsbahnen ge⸗ fahren und dafür erhoben worden, und es würden bei An⸗ wendung der vorgeschlagenen neuen Preise erhoben wor⸗
den sein:
— . & 0 nH6 g 9 Personenkilometer Jetzige
Einnahme
Künftige Einnahme
bei bei
hnellzügen Personenzügen
Zusammen
bei 8 bei Schnellzügen Personenzügen
Schnellzügen
Mar k
Einheit Pf.
Mark Mark
nfache Fa 023 026
23 771
8
42 084 466 8 2 1 79 68
5
238 241 994 234 854 323
2
52
v 2 2
1090 cE;cN
6
+SSF— — 0 S G.
NNG — —
2180 [8U—
4 810 628 23 114 512 36 747 380 45 2
brkarten:
70 456
2 945 913 11 912 100 7 045 630
3 713 183 16 727 947 19 935 472
45 270 456
—, Ijen 82= 1
g. — - 71100 — 00
◻ —
30 646 040 296 936
12.
.ꝗ‿ ¶◻Ꝙ ◻Ꝙ◻
111“ II. Rückfahrkarten:
10 586 742 2 050 635 830 163 665 493 7 416 970 945 889 677
24 855 832 236 201 842 269 003 765
109 942 976
2 127 880 18 098 076
28 905 728 37 504 880
21 903 643 85 647 058
24 295 918
1 739 908 11 810 092 8 070 113
SH8 21 21
530 061 439 1 120 141 912 36 958 528
7 827 447 181 580 559 164 227 435
1 150 396 29 382 644 92 095 931
69 523 1 332 316
57 730 836
21 620 113
—+ 2³ ϑ☛̃ O00 bo0
—½ — —,— 0 ☚ ,——1
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547 921 9 079 028 4 926 823
616 945 10 254 334 6 768 742
2 909 518
353 635 441
Hiernach würde das reisende Publikum bei Anwendung der neuen Sätze über 35 Millionen Mark erspart haben und zwar die Reisenden I. Klasse 792 967 ℳ, die Reisenden II. Klasse 5 645 871 ℳ, die Reisenden III. Klasse 28 737 875 ℳ Erhöhungen ergeben sich überhaupt nur bei den Rückfahr⸗ karten I. Klasse Schnellzug 247 858 ℳ, II. Klasse Schnellzug b., bei den Sommerkarten und Nundreisekarten I. Kasse Schnellzug 57 744 ℳ, II. Klasse Schnellzug 639 068 ℳ, sie werden. aber durch die Ermäßigungen für einfache Fahrten dieser Klassen mehr als aufgewogen. Daß die III. Klasse den Hauptantheil an den Ermäßigungen erhält, entspricht der Sozialpolitik der Regierung, welche wie bei der Steuerreform auch hier die Entlastung der unteren Klassen in erster Beziehung in das Auge gefaßt hat. Scheinbar steht hiermit die That⸗ sache nicht in Einklang, daß die IV. Klasse beseitigt werden
14 553 772 17 640 021 869 691
35 176 713
Ausfall zu I, II, III:
fahrkarten. Nachdem schon früher wesentliche Ermäßigungen, die von 1 ½ bis zu 1 ₰ für das Personenkilometer (in einzelnen Fällen noch weiter) herabgingen, für die Arbeiterkarten zur Einführung gelangt waren, ist vor einiger Zeit der Tarif allgemein auf höchstens 1 ₰ für das Personenkilometer herabgesetzt, und gleichzeitig in den letzten Jahren durch Ein⸗ legung besonderer Züge und zweckmäßigere Gestaltung des allgemeinen Fahrplans für den Verkehr der Arbeiter mit ihren regelmäßigen Arbeitsstätten in umfassender Weise gesorgt worden. In Folge dessen hat sich der Verkehr auf Arbeiterkarten auf nahezu 23 Millionen Fahrten im letzten Jahre (mehr als 9 Proz. aller Fahrten) vermehrt. Diese Ermäßigung der Arbeiterfahrkarten wird als ein wesentlicher Theil des Reformplanes zu betrachten sein, welcher allerdings im Interesse der Arbeiter schon vorzeitig ausgeführt worden ist. Dazu wird nach Beseitigung der IV. Klasse noch der weitere nicht zu unterschätzende Vortheil treten, daß die Arbeiter wie die bisherigen Reisenden IV. Klasse künftig in bequemeren, helleren, besser gelüfteten und mit Bänken versehenen Wagen fahren werden. 11“
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Es ist überdies eine besondere Regelung des Vororts⸗ verkehrs der Großstädte vorbehalten.
Nicht minder als die oben erwähnten Erhöhungen bei den Schnellzugsrückfahrkarten I. und II. Klasse ist die Auf⸗ hebung des Freigepäcks von 25 kg überschätzt worden, welche mit der Reform verbunden werden soll. Es wird dabei zunächst übersehen, daß nur ein verhältnißmäßig geringer Prozentsatz der Reisenden überhaupt Gepäck aufgiebt. Die große Mehrzahl reist (im Nahverkehr insbesondere) ohne Gepäck, oder nur mit Handgepäck. Nur für einen kleinen Prozentsatz der Reisenden bedeutet also die Aufhebung des Freigepäcks eine Erhöhung. Da aber der Preis der Gepäck⸗ beförderung erheblich herabgesetzt werden soll — um wieviel steht noch nicht fest — so wird sich andererseits eine Ermäßigung für das Gepäck im Gewicht über 25 kg ergeben, sodaß beispiels⸗ weise bei einer Ermäßigung des jetzigen Gepäcksatzes auf die Hälfte schon bei Aufgabe von 51 kg die neue Berechnung ohne Freigepäck vortheilhafter ist, als die bisherige Berechnung mit Freigepäck.
Eine besondere Behandlung werden die bisher in der IV. Klasse mitgeführten Traglasten im Marktverkehr erhalten müssen. Zunächst werden für den Marktverkehr die IV. Klasse⸗ Wagen noch in Gebrauch bleiben, da deren Umbau in III. Klasse⸗Wagen bei aller Anstrengung mehrere Jahre erfordern wird. Ob man nicht für den Marktverkehr IV. Klasse⸗Wagen mit Bänken, wie sie bereits jetzt vorhanden sind, beibehalten wird, unterliegt noch der Erwägung Eventuell wird man, wie in Süddeutschland die Traglasten im Packwagen oder in einem besonders für die Marktzüge mi geführten Güterwagen gegen eine geringe Gebühr oder unern geltlich einstellen lassen.
Im Nachstehenden geben wir ferner eine Vergleichung der neuen Preise der preußischen Staatsbahnen mit den ungarischen und österreichischen Zonentarifen. Letztere beruhen, abgesehen von der Berechnung nach Zonen (Kilometergruppen) statt nach Einzelkilometern auf gleichen Grundlagen (Beseitigung der Er mäßigungen für Rückfahrkarten, Rundreise⸗, Sommerkarten u. s. w., Aufhebung des Freigepäcks), wie der geplante Tarif.
Als Einheitssätze des Tarifs der ungarischen Staatsbahnen ergeben sich — für die mittlere Entfernung der einzelnen Zonen berechnet — für die ersten dreizehn Zonen (d. i. bis zu 225 km, und abgesehen von dem nur zur ersten bezw. zweiten Station sich bewegenden Nahverkehr, für welchen bestimmte Entfernungen dem Tarif nicht zu Grunde liegen) folgende durchschnittliche Sätze für das Kilometer in Pfennigen
für Schnellzüge für Personenzüge
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a. zum Paricours 89 0,5 8“
b. zum Cours von 8 180 % (1 Fl. 8 3. 5,8 4,66 29
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gegen 7 5
1 29 der neuen Sätze. Hiernach sind die Letzteren in denjenigen Entfernungsstufen, in welchen der größte Theil des Personen⸗ verkehrs sich bewegt, im Durchschnitt nicht unerheblich. günstiger als in Ungarn. Auch auf Strecken von mehr als 225 km, für welche in Ungarn bekanntlich die Tarife unverändert bleiben und demgemäß die neu ge⸗ planten Sätze bei weiteren Entfernungen unterboten werden, bleiben die Letzteren doch noch streckenweit (in der III. Klasse bis zu 360 km) niedriger als die ungarischen Tarife. Die billigen Sätze des ungarischen Zonentarifs über 225 km stehen aber zum größten Theil auf dem Papier, weil bei jeder Reise, welche über Budapest oder Agram (Sissek) führt, und dies ist bei der Gestaltung und dem Fahrplan des ungarischen Staatseisenbahnnetzes bei den meisten größeren Reisen der Fall, in diesen Orten die Reise unterbrochen und eine neue Fahrkarte für die weitere Strecke bezahlt werden muß. Eine Vergleichung mit den Sätzen des Nahverkehrs (bis zur ersten bezw. bis zur zweiten Station) ergiebt sich aus der weiter unten folgenden Tabelle.
Der österreichische Staatsbahntarif beruht auf der Grundtaxe von 1, 2 und 3 Kr. für die III., II. und I. Wagenklasse mit Zuschlag von 50 Proz. für die Schnell⸗ züge. Diese Grundtaxen entsprechen zum Paricourse genau den Sätzen von 2, 4 und 6 ₰ des neuen Tarisplans. Die Ermäßigung, welche in der Coursdifferenz gegen den je⸗ weiligen Börsencours der österreichischen Gulden liegt, wird dadurch vielfach ausgeglichen und nicht selten über⸗ holt, daß als Gruppenfahrpreise die nach der weitesten Ent⸗ fernung jeder Gruppe (Zone) sich berechnenden Sätze erhoben werden, so daß z. B. für 201 km der Tarifsatz für 250 km bezahlt werden muß. Im Großen und Ganzen werden die Sätze für die Fahrt in Personenzügen den jetzt in Aussicht genommenen Sätzen entsprechen, während die Zuschläge für Schnellzüge in Oesterreich für die I. und II. Klasse höher sind. Die Vergleichung stellt sich aber weiter entschieden zu
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Gunsten der neuen Personentarife, wenn berücksichtigt wird, daß nicht nur unsere Schüler⸗, Arbeiter⸗ und Zeitkarten für den täglichen Nahverkehr die billigsten sind, sondern daß auch die III. Klasse. nur. in einige wenige Schnellzüge der österreichischen und ungarischen Staatsbahnen ein⸗ gestellt und sogar deren gänzliche Beseitigung aus den Schnellzügen für den Sommer in Auessicht genommen ist. Dagegen wird auf den preußischen Staats bahnen die III. Klasse bereits auf etwa 70 Proz. aller Schnell⸗
zugs⸗Kilometer gefahren.
Die nachstehende Zusammenstellung erleichtert die Ueber⸗ sicht über das Verhältniß der einzelnen Tarife zu einander in einer Anzahl von Entfernungsstufen für die normalen Tarif klassen (mit Ausschluß der Zeitkarten ꝛc.)