Statistik der im Betriebe befindlichen Eisenbahnen Deutschlands im Jahre 1889/90.
Von der im Reichs⸗Eisenbahnamt bearbeiteten Statistik der Eisenbahnen Deutschlands, welche die Ergebnisse des Betriebsjahres 1889/90 zur Darstellung bringt, ist soeben der X. Band und von der übersichtlichen Zusammenstellung der wichtigsten Angaben der deutschen Eisenbahn⸗Statistik, welche gleichfalls im Reichs⸗Eisenbahnamte vearbeitet ist, der IX. Band, gedruckt und im Vertrieb der Buchhandlung von E. S. Mittler und Sohn in Berlin, erschienen. Im Allgemeinen ist die Anordnung der Nachweisungen dieselbe geblieben, wie in den früheren Jahrgängen, nur sind zur Herstellung einer größeren Uebersichtlichkeit in den Tabellen, welche den Bestand der Lokomotiven, Personenwagen und Geväck⸗ und Güterwagen betreffen, einzelne neue Svpalten eingestellt und in der Gruppirung des Stoffes in der Tabelle, betreffend die Unfälle, eine geringe Abänderung zur Durckführung gebracht worden. Aus Anlaß des zehnjährigen Erscheinens ist außer der alljährlichen Uebersichts⸗ karte noch erne Anzahl graphischer Darstellungen beigegeben worden, in denen die während der zehnjährigen Periode
on Jahr zu Jahr eingetretenen Veränderungen für die Gesammt⸗ eit der deutschen Bahnen ersichtlich gemacht werden Es sind dies unächst zwei historische Karten, in welchen die in den einzelnen Jahren on 1881 bis 1885 bezw. von 1886 bis 1890 neu eröffneten Eisen⸗ ahnen durch besondere Farben kenntlich gemacht werden Diese beiden Karten bilden eine Fortsetzung der dem ersten Bande beigegebenen, in welchen die Entwickelung der deutschen Eisenbahnen von ihren Anfängen bis zum Jahre 1880 in fünfjährigen Perioden zur An⸗ chauung gebracht war. In den übrigen Darstellungen werden ver⸗ schiedene wichtigere Gesammtergebnisse der deutschen Eisenbahnen für die einzelnen Betriebsjahre von 1880/81 bis 1889/90 anschaulich emacht. 1 1 Was die statiftischen Angaben im Einzelnen betrifft, so hatten in dem Berichtsjahre in Deutschland die Staatsbahnen und auf Rechnung des Staates verwalteten Privatbahnen ins⸗ esammt eine Betriebslänge von 36 787,04 km, dabei 11 626,05 km mit zwei und 89,67 km mit drei und mehr Geleisen, 3460 Bahn⸗ höfen 1665 Haltestellen und 1054 Haltepunkten. Hiervon entfielen: auf die Reichseisenbahnen in Elsaß⸗Lothringen 1542,52 km Betriebs⸗ länge, wovon 632,16 km mit zwei Geleisen, 164 Bahn⸗ zfe, 67 Haltestellen und 57 Haltepunkte; auf die Militär⸗ ahn 45,61 km Betriebslänge, 6 Bahnhöfe und 3 Haltepunkte; auf die preußischen Staatseisenbahnen 23 943,64 km Betriebslänge, davon 8919,84 km mit zwei und 84,96 km mit drei und mehr Ge⸗ leisen, 2112 Bahnhöfe, 925 Haltestellen und 629 Haltepunkte; auf die bayerischen Staatseisenbahnen 4652,56 km Betriebslänge, davon 414,84 km mit zwei Geleisen, 522 Bahnhöfe, 158 Haltestellen und 137 Haltepunkte; auf die sächsischen Staatseisenbabnen 2302,23 km Betriebslänge, davon 734,43 km mit zwei und 1,16 km mit drei und mehr Geleisen, 226 Bahnhöfe, 150 Haltestellen und 84 Haltepunkte; uf die württembergischen Staatseisenbahnen 1593,38 km Betriebs⸗ nge, davon 304,90 km mit zwei Geleisen, 275 Bahnhöfe, 14 Halte⸗ stellen und 31 Haltepunkte; auf die badischen Staatseisenbahnen 1383,41 km Betriebslänge, davon 520,32 km mit zwei Geleisen, 56 Bahnhöfe, 233 Haltestellen und 70 Haltepunkte; auf die Main⸗ Neckar⸗Eisenbahn 99,17. km Betriebslänge, davon 79,20 km mit zwei Geleisen, 15 Bahnhöfe, 10 Haltestellen und 1 Haltepunkt; auf die oberhessischen Eisenbahnen 208,45 km Betriebslänge, 11 Bahnböfe, 21 Haltestelen und 14 Haltepunkte; auf die auf Rechnung des mecklenburg-schwerin'schen Staates verwalteten Eisenbahnen 602,56 km Betriebslänge, davon 20,36 km mit zwei Geleisen, 36 Bahnhöfe, 48 Haltestellen und 8 Haltepunkte; auf die oldenburgischen Staats⸗ Feisenbahnen 409,35 km Betriebslänge, 32 Bahnhöfe, 32 Halte⸗ stellen und 18 Haltepunkte und auf die unter Privatverwaltung stehende Weimar⸗Berka⸗Blankenhainer Eisenbahn 32,16 km Betriebslänge, 5 Bahnhöfe, 7 Haltestellen und 2 Halte⸗ punkte. Die sechs unter Staatsverwaltung stehenden Privatbahnen hatten zusammen eine Betriebslänge von 103,94 km it 11 Bahnhöfen, 10 Haltestellen und 8 Haltepunkten, die 59 Privat⸗ ahnen unter eigener Verwaltung eine solche von 4389,58 km, avon 823,37 km mit zwei Geleisen, 437 Bahnhöfe, 344 Haltestellen und 133 Haltepunkte. Die gesammte Betriebslänge aller deutschen normalspurigen Bahnen betrug somit 41 220,56 km, davon 2 449,42 km mit zwei und 89,67 km mit drei und mehr Geleisen, ferner waren im Ganzen vorhanden 3909 Bahnhöfe, 2019 Haltestellen und 1195 Haltepunkte. Die Betriebslänge sämmtlicher Schmalspur⸗ bahnen belief sich auf 872,72 km mit 396 Stationen, die der An chlußbahnen für Privatzwecke auf 2374,91 km. . Zieht man ohne Berücksichtigung des Eigenthums die einzelnen Staaten in Betracht, so entfallen auf Elsaß⸗Lothringen an Hauptbahnen 1325,91 km normalspurige Bahnen, davon 625,23 km zwei⸗ und mehrgeleisig, 9,14 km auf je 100 qkm oder 8,43 km au fje 10 000 Einwohnern, und 146,33 km schmalspurige Bahnen. Auf Preußen men 24 684,22 km normalspurige Bahnen, davon 8289,36 km zwei⸗ und mehrgeleisig, 7,09 km auf je 100 qkm oder 8,39 auf je 10 000 Einwohner, und 283,64 km schmalspurige Bahnen, und zwar: auf Ostpreußen 1553,51 km normalspurige Bahnen, davon 288,69 km zwei⸗ und mehrgeleisig, 4,20 km auf je 100 qkm oder 7,73 km auf je 10 000 Einwohner; auf Westpreußen 1331,06 km normalspurige Bahnen, davon 446,61 km zwei⸗ und mehrgeleisig, 5,22 km auf je 100 qkm oder 9,20 auf je 10 000 Einwohner; auf Brandenburg 2738,54 km normalspurige Bahnen, davon 1053,79 km zwei⸗ und mehrgeleisig, 6,86 km auf je 100 qkm oder 7,09 km auf je 10 000 Einwohner; in Pommern 1419,09 km normalspurige ahnen, davon 122,42 km zwei⸗ und mehrgeleisig, 4,71 km auf je 00 qkm oder 9,22 km auf je 10 000 Einwohner; auf Posen 721,59 km normalspurige Bahnen, davon 358,41 km zwei⸗ und mehrgeleisig, 5,95 kzn auf je 100 qkm oder 9,73 km auf je 10 000 Einwohner; auf Schlesien 3187,86 km normalspurige Bahnen, darunter 687,72 km zwei⸗ und mehrgeleisig, 7,91 km auf je 100 qkm. oder 7,52 km auf je 10 000 Einwohner, ferner 110,86 km schmal⸗ spurige Bahnen; auf Sachsen 2240,87 km normalspurige Bahnen, darunter 1113,30 km zwei⸗ und mehrgeleisig, 8,87 km auf je 100 qkm oder 8,22 km auf je 10 000 Einwohner; auf Schleswig⸗Holstein 239 66 km normalspurige Bahnen, davon 223,54 km zwei⸗ und mehrgeleisig, bezw. 6,58 km auf je 100 qkm oder 10,48 km auf je 10 000 Einwohner, ferner 80,08 km schmalspurige Bahnen; auf Hannover 2210,39 km normalspurige Bahnen, davon 871,58 km zwei⸗ und mehrgeleisig, bezw. 5,74 km auf je 100 qkm oder 9,87 km auf je 10 000 Einwohner; auf Westfalen 2119 km normalspurige Bahnen, davon 890,91 km zwei⸗ und mehrgeleisig, bezw. 10,99 km auf je 100 gkm oder 9,51 km auf je 10 000 Einwohner, ferner 43,47 km schmalspurige Bahnen; auf Hessen⸗Nassau 1457,81 km, davon 781,80 km zwei⸗ und mehrgeleisig, normalspurige Bahnen, bezw. 9,29 km auf je 100 qkm oder 8,91 km auf je 10 000 Ein⸗ wohner, ferner 15,84 km schmalspurige Bahnen; auf die Rhein⸗ Provinz 3283 km, davon 1450,59 km zwei⸗ und mehrgeleisig, normalspurige Bahnen, bezw. 12,17 km auf je 100 qkm oder 7,20 km auf je 10 000 Einwohner, ferner 33,39 km schmalspurige Bahnen; auf Hohenzollern 80,57 km normalspurige Bahnen, bezw. 7,05 km auf je 100 qkm gder 12,07 km auf je 10 000 Einwohner. In Bayern kamen auf je 100 qkm 7,13 km, auf je 10 000 Einwohner 9,76 km, im Ganzen 5406,93 km normalspurige Bahnen, darunter 769,14 km zwei⸗ und mehrgeleisig, und 13,96 km schmalspurige Bahnen; in Sachsen 14,55 km auf je 100 qkm, 6,49 km auf je 10 000 Einwohner, im Ganzen 2180,71 km normalspurige Bahnen, darunter 744,45 km zwei⸗ und mehrgeleisig, und 199,45 km. schmal⸗ spurige Bahnen; in Württemberg auf je 100 qkm 7,62 km, auf je 10 000 Einwohner 7,32 km, im Ganzen 1485,69 km normalspurige Bahnen, darunter 299,46 km zwei⸗ und mehrgeleisig, und 14,68 km schmalspurige Bahnen; in Baden auf je 100 qkm 9,29 km, auf je 10 000 Einwohner 8,60 km, im Ganzen 1401,61 km normalspurige Bahnen, davon 562,96 km zwei⸗ und mehrgeleisig, und 30,22 km schmal⸗ spurige Bahnen; in Hessen auf je 100 km 11,88 km, auf je 10 000 Ein⸗ wohner 9,32 km, im Ge. 2,78 km )n 344,12 u
Mes
mehrgeleisig, normalspurige und 18,93 km schmalspurige Bahnen; in Mecklenburg⸗Schwerin auf je 100 qkm 7,36 km, auf se 10 000 Einwohner 16,74 km, im Ganzen 979,12 km, davon 101,35 km zwei⸗ und mehrgeleisig, normalspurige und 6,61 km schmalspurige Bahnen; in Sachsen⸗Weimar auf je 100 qkm 8,77 km auf je 10 000 Ein⸗ wohner 9,78 km, im Ganzen 315,10 km, davor 74,77 km zwei⸗ und mehrgele sig, normalspurige und 88,74 km schmalspurige Bahnen; in Mecklenburg⸗Strelitz auf je 100 qkm 6,22 km, auf je 10 000 Einwohner 18,26 km, im Ganzen 182,32 km normalspurige Bahnen; in Oldenburg auf je 100 qkm 6,21 km, auf je 10 000 Einwohner 11,77 km, im Ganzen 399,12 km, davon 33,49 km zwei⸗ und mehr⸗ geleisig, normalspurige und 7,00 km schmalspurige Bahnen; in Braunschweig auf je 100 qkm 11,86 km, auf je 10 000 Ein⸗ wohner 11,14 km, im Ganzen 437,57 km normalspurige Babhnen, davon 269,88 km zwei⸗ und mehrgeleisig; in Sachsen⸗Meiningen auf je 100 qkm 8,04 km, auf se 10 000 Einwohner 8,87 km, im Ganzen 198,46 km normalspurige Bahnen, davon 0,18 km zwei⸗ und mehrgeleisig, und 36,30 km schmalspurige Bahnen; in Sachsen⸗ Altenburg auf je 100 qkm 13,02 km, auf je 10 000 Einwohner 10,28 km, im Ganzen 172,29 km normalspurige Bahnen, davon 29,40 km zwei⸗ und mehrgeleisig; in Sachsen⸗Co burg⸗Gotha auf je 100 qkm 9,79 km, auf je 10 000 Einwohner 9,35 km, im Ganzen 191,48 km, davon 65,11 km zwei⸗ und mehrgeleisig, normal⸗ spurige Bahnen; in Anhalt auf je 100 qkm 10,70 km, auf je 10 000 Einwohner 9,55 km, im Ganzen 251,20 km, davon 143,57 km zwei⸗ und mehrgeleisig, normalspurige Bahnen und 24,80 km schmal⸗ spurige Bahnen; in Schwarzburg⸗Rudolstadt auf je 100 qkm 3,22 km, auf je 10 000 Einwohner 3,48 km, im Ganzen 30,29 km normalspurige Bahnen; in Schwarzburg⸗Sonders hausen auf je 100 qkm 9,12 km, auf je 10 000 Einwohner 10,35 km. im Ganzen 78,64 km, davon 0,92 km zwei⸗ und mehrgeleisig, normalspurige Bahnen; in Waldeck auf je 100 qkm 0,88 km, auf je 10 000 Einwohner 1,72 km, im Ganzen 9,90 km normalspurige und 2,06 km. schmalspurige Bahnen; in Reuß ä. L. auf je 100 aqkm 11,17 km, auf je 10 000 Einwohner 5,80 km, im Ganzen 35,35 km, davon 1,76 km zwei⸗ und mehrgeleisig, normal⸗ spurige Bahnen; in Reuß j. L. auf je 100 qkm 6,90 km, auf je 10 000 Einwohner 4,83 km, im Ganzen 56,96 km normalspurige Bahnen, davon 14,27 km zwei⸗ und mehrgeleisig; in Schaumburg⸗ Lippe auf je 100 qkm 7,16 km, auf je 10 000 Einwohner 6,25 km, im Ganzen 24 km, alle zwei⸗ oder mebrgeleisig, normalspurige Bahnen; in Lippe auf je 100 qkm 2,41 km, auf je 10 000 Einwobner 2,29 km, im Ganzen 29,30 km normalspurige Bahnen; in Lübeck auf je 100 qkm 15,75 km, auf je 10 000 Einwohner 6,63 km, im Ganzen 46,90 km normalspurige Bahnen, davon 10,31 km zwei⸗ und mehrgeleisig; in Bremen auf je 100 qkm 18,13 km, auf je 10 000 Einwohner 2,70 km, im Ganzen 46.33 km. normalspurige Bahnen, davon 19,71 km zwei⸗ und mehrgeleisig; in Hamburg auf je 100 qkm 9,25 km, auf je 10 000 Einwohner 0,68 km, im Ganzen 37,91 km normalspurige Bahnen, davon 28,32 km zwei⸗ und mehr⸗ geleisig. Im Verhältniß zur Einwohnerzahl hatten somit die größte Länge von Bahnen Mecklenburg⸗Strelitz, dann Mecklenburg⸗Schwerin, die geringste Hamburg, dann Bremen, im Verhältniß zum Flächen⸗ inhalt die größte Bremen und dann Lübeck, die geringste Waldeck, dann Lippe. 8 An Betriebsmitteln waren vorhanden: bei den Staatsbahnen und auf Rechnung des Staates verwalteten Privatbahnen 12 620 Lokomotiven, 23 487 Personenwagen mit 997 832 Sitz⸗ bezw. Stehplätzen und 254 776 Güterwagen mit einer Tragfähigkeit von 2502 568 t. Die Beschaffungskosten stellten sich auf bezw. 562 878 987 ℳ, 188 073 453 ℳ und 741 463 101 ℳ Bei den Privat⸗ bahnen unter Staatsverwaltung betrug die Anzahl der Lokomotiven 21, die der Personenwagen 36 mit 1407 Sitz⸗ bezw. Stehplã zen und die der Gükerwagen 776 mit einer Tragkraft von 7524 t. ie Beschaffungskosten betrugen bezw. 765 440 ℳ, 213 284 ℳ und 1 951 874 ℳ Die Privatbahnen unter eigener Verwaltung hatten 855 Lokomotiven, 1881 Personenwagen mit 89 643 Sitz⸗ bezw. Steh⸗ plätzen und 18 007 Güterwagen mit einer Tragfähigkeit von 178 314 t, deren Beschaffungskosten sich auf bezw. 33 469 660 ℳ, 13 168 883 ℳ und 51 194 935 ℳ beliefen. Außerdem waren bei den Staatsbahnen 1557, bei den unter eigener Verwaltung stehenden Privatbahnen 90 Postwagen vorhanden. 8 81 1
Die Zahl der beförderten Personen belief sich bei den Staatsbahnen und den auf Rechnung des Staates verwalteten Privat⸗ bahnen überhaupt auf 343 804 927, von denen auf die 1. Klasse 1 940 661, auf die 2. Klasse 34 765 421, auf die 3. Klasse 212 038 739 und auf die 4. Klasse 88 641 932, auf die Militärbeförderung 6 418 174 Personen kamen. Bei den Privatbahnen unter Staats verwaltung wurden befördert in der 1. Klasse 1265, in der 2. Klasse 84 938, in der 3. Klasse 912 983, in der 4. Klasse 23 921 und bei der Militär⸗ beförderung 10 279, im Ganzen 1 033 386 Personen; bei den unter eigener Verwaltung stehenden Privatbahnen: 140 019 Personen in der 1. Klasse, 3 582 195 Personen in der 2. Klasse, 26 005 625 Personen in der 3. Klasse, 1 517 091 Personen in der 4. Klasse und 741 763 Per⸗ sonen bei der Militärbeförderung, im Ganzen 31 986 693 Personen. Im Ganzen wurden somit auf sämmtlichen normalspurigen Bahnen 376 825 006 Personen befördert, davon 2 081 945 in der 1., 38 432 554 in der 2., 238 957 347 in der 3. und 90 182 941 Personen in der 4. Klasse. Die vorhandenen Plätze wurden im Durchschnitt mit 24,52 % ausgenutzt. 8
An Gütern mit Frachtberechnung wurden insgesammt 212 093 339 t befördert, davon 192 115 961 t auf den Staatsbahnen und den auf Rechnung des Staats verwalteten Privatbahnen, 880 131 t auf den Privatbahnen unter Staatsverwaltung und 19 097 247 t auf den Privatbahnen unter eigener Verwaltung. Nach den Güterarten beförderten die Staatsbahnen: 664 669 t Eil⸗ und Expreßgut, 169 560 801 t Frachtgut, 276 097 t Militärgut, 2 292 461 t Vieh und 19 341 933 t frachtpflichtiges Dienstgut; die Privatbahnen unter Staatsverwaltung: 2398 t Eil⸗ und Expreßgut, 857 490 t Frachtgut, 356 t Militärgut, 2115 t Vieh und 17 772 t fracht⸗ pflichtiges Dienstgut; die Privatbahnen unter eigener Verwaltung: 86 020 t Eil⸗ und Expreßgut, 18 431 782 t Frachtgut, 27 367 t Militärgut, 303 981 t Vieh und 248 147 t frachtpflichtiges Dienstgut. Außerdem wurden 1 720 315 t Eüter ohne Frachtberechnung befördert, nämlich 1 339 292 t auf den Staatsbahnen, 3025 t auf den Privat⸗ bahnen unter Staatsverwaltung und 377 996 t auf den Privatbahnen unter eigener Verwaltung. Jede Tonne wurde durchschnittlich auf den Staatsbahnen 108,80 km, auf den Privatbahnen unter Staatsver⸗ waltung 16,31 km und auf den Privatbahnen unter eigener Verwaltung 48,85 km befördert.
Die Baukosten sämmtlicher deutscher Eisenbahnen mit Normal⸗ spur belaufen sich überhaupt auf 9 775 901 446 ℳ oder durchschnittlich auf 1 km Eigenthumslänge auf 240 388 ℳ. Zu diesen Baukosten treten hinzu an Coursverlusten, Zinsen während der Bauzeit und sonstigen Aufwendungen 738 647 224 ℳ, dagegen gehen davon ab an Ueberschüssen der auf Baufonds betriebenen Strecken, Rück⸗ einnahmen, Coursgewinnen, Verwendungen aus Betriebsmitteln, Subventionen, Zinsen der Kapitalien und sonstigen Einnahmen 498 347 186 ℳ, sodaß die gesammten Bauaufwendungen sich über⸗ haupt auf 10016 201 484 ℳ oder durchschnittlich 246 297 ℳ auf 1 km stellen. In Folge von Differenzen bei dem Besitzwechsel, wie sie sich namentlich durch den Uebergang früherer Privatbahnen in den Staatsbesitz bei verschiedenen Staatsbahnen zeigen, stellt sich das ver⸗ wendete Anlagekapital der gegenwärtigen Besitzer indessen auf 10 259 014 928 ℳ oder durchschnittlich 252 268 ℳ pro Kilometer. Was die Art und Weise der Beschaffung des verwendeten Anlagekapitals betrifft, so geschah diese bei den Staatsbahnen bei 2 591 675 576 ℳ durch Staatsanleihen, bei 627 977 583 ℳ aus extraordinären Fonds, nicht nachgewiesen ist dieselbe bei 6 260 641 223 ℳ; bei den Privat⸗ bahnen bei 453 108 386 ℳ durch Emission von Aktien, bei 293 235 056 ℳ durch Emission von Obligationen, nicht nachgewiesen ist sie bei 4 162 600 ℳ und die schwebende Schuld belief sich auf 28 214 504 ℳ
Die Einnahmen sämmtlicher Bahnen beliefen sich aus dem
¹ Personenverkehr auf 333 894 172 ℳ oder 8350 ℳ pro Kilometer
Betriebslänge; und zwar ergab das Personengeld I. Klasse 15 821 806 ℳ, das II. Klasse 86 844 192 ℳ, das III. Klasse 158 750,248 ℳ, das IV. Klasse 54 079 803 ℳ; die Einnahmen aus der Militärbeförderung betrug 7 747 966 ℳ, aus der Beförderung von Gepäck und Hunden und an sonstigen Einnahmen 10 650 157 ℳ Bei dem Güterverkehr wurden eingenommen: für die Beförderung von Eilgut 20 259 183 ℳ, von Frachtgut 771 280 177 ℳ, von Postgut 1 514 056 ℳ, von Militärgut 2 910 930 ℳ, von Vieh 25 718 348 ℳ, von Dienstgut 28 639 555 ℳ und an sonstigen Nebenerträgen 22 919 092 ℳ; zu⸗ sammen also 873 241 311 ℳ oder 21 526 ℳ pro Kilometer Betriebs⸗ länge. Dazu kommen noch 10 728 845 ℳ Vergütungen für Ueberlassung von Bahnanlagen, 1 490 282 ℳ Vergütung für Ueberlassung von Betriebsmitteln, 20 424 889 ℳ Erträge von Veräußerungen und 27 361 045 ℳ sonstige Einnahmen, sodaß sich die Gesammtbetriebs⸗ einnahmen, ausschließlich des Pachtzinses, auf 1 264 656 117 ℳ oder 31 104 ℳ auf 1 km Betriebslänge stellten.
Die Ausgaben bei dem Betriebe aller normalspurigen Bahnen betrugen an persönlichen Ausgaben: bei der allgemeinen Verwaltung 49 796 114 ℳ, bei der Bahnverwaltung 43 220 066 ℳ, bei der Transportverwaltung für den äußeren Stationsdienst 80 773 723 ℳ, für den Expeditionsdienst 44 735 329 ℳ, für den Zugbegleitungsdienst 47 440 619 ℳ, für den Zugförderungsdienst 61 036 810 ℳ, zusammen also 327 002 661 ℳ oder 8042 ℳ pro Kilometer Betriebslänge. Die sachlichen Ausgaben stellten sich bei der allgemeinen Verwaltung auf 21 099 510 ℳ, bei der Bahnverwaltung auf 4 536 378 ℳ, bei der Transportverwaltung im äußeren Stationsdienst auf 10 428 465 ℳ, im Expeditionsdienst auf 5 780 267 ℳ, im Zug⸗ begleitungsdienst auf 637 271 ℳ Die Unterhaltung der Bahnanlagen erforderte 76 719 605 ℳ Die Kosten des Bahntransports beliefen sich auf 138 425 837 ℳ, die der Erneuerung des Oberbaues auf 46 638 949 ℳ, die der Erneuerung des Betriebsmaterials auf 38 711 631 ℳ, die der Benutzung fremder Bahnanlagen bezw. Beamten auf 13 638 145 ℳ, die der Benutzung fremder Betriebsmittel auf 3 426 494 ℳ Die ge⸗ sammten sachlichen Ausgaben stellten sich mithin auf 374 427 735 ℳ oder 8935 ℳ pro Kilometer Betriebslänge. Die Betriebsausgaben im Ganzen, ausschließlich der Kosten für erhebliche Ergänzungen und des Pachtzinses, beliefen sich auf 683 117 000 ℳ oder 16 801 ℳ pro Kilometer Betriebslänge, was 54,02 % der Betriebseinnahmen gleich⸗ kommt.
Der Gesammtüberschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben betrug 505 681 134 ℳ oder 44,04 % der Brutto⸗ einnahme, was 5,88 % der Baukosten und 5,60 % des Anlagekapitals entspricht. Werden davon die Kosten für erhebliche Ergänzungen und des Pachtzinses ausgeschieden, so ergiebt sich auf 1 km Betriebslänge ein Ueberschuß von 14 303 ℳ Zu dem Ueberschuß treten hinzu 721 245 ℳ an etwaigen Zuschüssen von den Erneuerungs⸗, Reserve⸗ u. s. w. Fonds und 2 156 227 ℳ an Subventionen, Garantie⸗ vorschüssen, Erträgnissen aus dem Betriebe fremder Bahnen u. s. w., sowie Uebertrag aus dem Vorjabre; dagegen gehen davon ab an statutenmäßigen Rücklagen in die Erneuerungs⸗ und Reservefonds, abzüglich der aus diesen Fonds bestrittenen Betriebsausgaben, 2 348 166 ℳ, sodaß ein verfügbarer Ueberschuß von 566 210 440 ℳ verblieb.
Die Zahl der bei den gesammten Betriebsverwaltungen be⸗ schäftigten Beamten und Arbeiter betrug im Jahresdurchschnitt 315 729 Personen oder 7,77 Personen auf 1 km der durchschnittlichen Betriebslänge. Die Besoldungen und anderen persönlichen Ausgaben beliefen sich auf 362 167 226 ℳ oder 8907 ℳ auf 1 km der durchschnittlichen Betriebslänge und 28 581 ℳ auf 100 000 ℳ Brutto⸗Einnahme. Auf die einzelnen Zweige vertheilten sich diese Ziffern wie folgt: Es kamen auf die allgemeinen Verwaltungen 14 955 Personen mit einer Besoldung von 49 767 121 ℳ, auf die Bahnverwaltungen 110 515 Personen mit einer Besoldung von 78 857 457 ℳ und auf die Transportverwaltungen 190 259 Personen mit einer Besoldung von 233 542 648 ℳ Die Werkstättenverwaltungen beschäftigten im Jahresdurchschnitt 55 363 Personen oder 1,39 Personen auf 1 km der durchschnittlichen Betriebslänge, mit einer Besoldung von 56 305 593 ℳ oder 1416 ℳ auf 1 km der durchschnittlichen Betriebslänge.
Die Zahl der Unfälle, bei denen nur die bei dem Betriebe vorgekommenen, und auch bei diesen von den Entgleisungen beim Rangiren nur diejenigen berücksichtigt sind, welche entweder eine Tödtung bezw. Verletzung von Personen, oder eine erhebliche Be⸗ schädigung von Fahrzeugen, oder eine 30 bezw. bei Güterzügen 60 Minuten übersteigende Betriebsstörung hervorgerufen haben, alle bei Neubauten und in Werkstätten vorgekommenen Un⸗ fälle aber außer Acht gelassen worden sind, belief sich im Ganzen auf 3088, wobei 602 Personen getödtet und 2112 verletzt wurden. Hiervon kamen auf die Staatsbabnen 2340, und zwar 375 Entgleisungen, 273 Zusammenstöße und 2192 sonstige Betriebsunfälle. Auf die einzelnen Verwaltungen kamen: bei den Reichseisenbahnen in Elsaß⸗Lothringen 17 Entgleisungen, 6 Zusammenstöße und 84 sonstige Unfälle, auf die Militär⸗Eisenbahn 1 Uafall, auf die preußischen Staatsbahnen 234 Entgleisungen, 201 Zusammenstöße und 1627 sonstige Unfälle, auf die bayerischen Staatsbahnen 43 Entgleisungen, 28 Zusammenstöße und 221 sonstige Unfälle, auf die sächsischen Bahnen 38 Entgleisungen, 10 Zusammenstöße und 89 sonstige Unfälle, auf die württembergischen Bahnen 28 Entgleisungen, 20 Zusammen⸗ stöße und 66 sonstige Unfälle, auf die badischen Bahnen 7 Ent⸗ gleisungen, 4 Zusammenstöße und 61 sonstige Unfälle, auf die Main⸗ Neckarbahn 1 Engleisung, 2 Zusammenstöße und 13 sonstige Unfälle, auf die oberhessische Bahn 3 Entgleisungen und 1 sonstiger Unfall, auf die auf Rechnung des mecklenburg⸗schwerinschen Staats ver⸗ walteten Bahnen 2 Entgleisungen, 1 Zusammenstoß und 4 sonstige Unfälle, auf die oldenburgischen Bahnen 1 Zusammenstoß und 20 sonstige Unfälle und auf die Weimar⸗Berka⸗Blankenhainer Eisenbahn 2 Entgleisungen und 2 sonstige Unfälle. Ohne eigenes Verschulden wurden auf sämmtlichen Staatsbahnen 16 Reisende getödtet und 112 verletzt, in Folge eigener Unvorsichtigkeit 23 getödtet und 54 verletzt, es wurden also von einer Million Reisender 0,11 getödtet und 0,48 verletzt. Von Bahnbeamten und Arbeitern im Dienst wurden durch Unfälle der Züge während der Fahrt 20 getödtet und 186 verletzt, auf sonstige Weise 309 getödtet und 1461 verletzt, von anderen Personen wurden ohne eigenes Verschulden (durch Unfälle der Züge u. s. w.) 11 getödtet und 31 verletzt, in Folge eigener Unvor⸗ sichtigkeit beim Betreten der Bahn 182 getödtet und 134 verletzt. Im Ganzen verunglückten also bei den Staatsbahnen 2539 Personen, von denen 561 getödtet und 1978 verletzt wurden. Bei den unter Staats⸗ verwaltung stehenden Privatbahnen kam nur auf der Altenburg⸗ Zeitzer Bahn eine Entgleisung vor, bei welcher ein Beamter verletzt wurde. Bei den unter eigener Verwaltung stehenden Privatbahnen ereigneten sich 47 Entgleisungen, 31 Zusammenstöße und 169 sonstige Unfälle, bei denen ohne eigenes Verschulden 6 Reisende und 7 Be⸗ amte verletzt wurden. In Folge eigener Unvorsichtigkeit wurde ein Reisender getödtet und 2 verletzt. Von je einer Million Reisender wurden also im Ganzen 0,03 getödtet und 0,25 verletzt. Von im Dienst befindlichen Beamten wurden auf sonstige Weise 19 getödtet und 108 verletzt. Von anderen Personen wurden ohne eigenes Verschulden 1 getödtet und 2 verletzt, in Folge eigener Unvorsichtigkeit 20 getödtet und 8 verletzt. Auf den unter eigener Verwaltung stehenden Privatbahnen wurden also im Ganzen 41 Personen getödtet und 133 verletzt. Im Ganzen ver⸗ unglückten auf sämmtlichen Bahnen mithin 2714 Personen, von denen 602 getödtet und 2112 verletzt wurden. Außerdem wurden bei Nebenbeschäftigungen, wie Bahnunterhaltung, Bauarbeit, Auf⸗ und Abladen von Gütern 4 Personen getödtet und 350 verletzt. Durch Selbstmord bezw. Selbstmordversuch verunglückten 186 Personen, von denen 157 den Tod fanden und 29 verletzt wurden.
Die Schmalspurbahnen hatten an Betriebsmitteln zusammen 177 Lokomotiven, 390 Personenwagen und 4151 Güterwagen. Das verwendete Anlagekapital belief sich überhaupt auf 45 426 900 ℳ oder durchschnittlich 52 066 ℳ auf 1 km Bahnlänge. Die Einnahmen beliefen sich insgesammt auf 3 975 703 ℳ (4682 ℳ auf 1 km Bahn⸗ länge), die Ausgaben auf 2 486 227 ℳ (2928 ℳ auf 1 km Bahn⸗ länge), der Betriebsüberschuß auf 1 489 476 ℳ oder 3,28 % des ver⸗ wendeten Anlagekapitals.
“
leben
vielseitiger, wie
durch Erscheinungen, welche den
der sogenannten Nebelflecke an.
Kant⸗Laplace'sche Hypothese der Bildung eines neuen ein, er kommt dann auf andere Eigenthüͤmlichkeiten der Mechanik des Himmels besonders auf die Doppelsterne zu sprechen, erwähnt den
Die Zahl der Beamten und Arbeiter be⸗ neuen Stern, welcher ijm Jahre 1885 im Centrum des Andromeda⸗
trug 1463. Unfälle kamen 55 vor, darvon 12 auf der Hildburghausen⸗ Heldburger Bahn, 5 auf den Schmalspurbahnen im Bereich der Direktion Breslau, 4 auf den sächsischen Schmalspurbahnen, 2 auf der Darmstadt⸗Griesheimer und Darmstadt⸗Eberstadter Bahn, 2 auf der Gernrode⸗Harzgeroder Bahn, 1 auf der Kaysersberger Thalbahn, 2 auf der Kerkerbachbahn, 7 auf den im Kreise Altena belegenen Schmalspurbahnen, 3 auf der Mannheim⸗Weinheimer Bahn, 5 auf der Pfalzburger Straßeneisenbahn, 7 auf den Straßburger Straßen⸗ bahnen und 5 auf den Straßenbahnen Mülhausen⸗-Ensisheim⸗Witten⸗ heim. Es verunglückten dabei 27 Personen, von denen 4 getödtet und 23 verletzt wurden.
Entwickelungsgeschichte der Sternensystemme.
In dem wissenschaftlichen Theater der Urania hielt vorgestern Abend Herr Direktor Dr. Wilhelm Meyer einen Vortrag, in welchem er gewissermaßen den Kreislauf des Schöpfungsganges in der Natur vor den zahlreichen Zuhörern sich abwickeln ließ und von den engen räumlichen Verhaltnissen unseres Hauses hinausführte in die fernsten Weiten des Weltalls, indem er zeigte, wie die Menschheit sehr allmählich und sehr spät, nämlich erst seit Kopernikus zu der ge⸗ waltigen Weltanschauung gelangt sei, welche noch beständig durch die wissenschaftliche Forschung erweitert werde. Sehr interessant wußte der Redner die geschichtliche Entwickelung der Astronomie in aller Kürze darzustellen, wie der ganze unendliche Raum eigentlich erst, seitdem Galilei im Jahre 1610 das erste Fernrohr zum Himmel ge⸗ richtet hat, der Erkenntniß zugänglich gemacht wurde. Wenn der Beschauer und der Forscher im ersten Ausblick auf die mannigfaltige großartige Körperwelt des Weltalls bewundernd vor der Zahl und Größe still stehen, die beinahe unfaßbar sind, so tritt bald an die Stelle dieses Gefühls das erhabenere und befriedigendere der Be⸗ wunderung der vollendeten Harmonie des Weltgebäudes. Der Vor⸗ tragende verglich die Bewegungen der Sternenwelt mit den Staub⸗ wolken, welche in unserem Zimmer auf und abschweben nach denselben ewigen Gesetzen, welche den Lauf der Weltkörper bestimmen. Wie es keinen staubfreien Raum giebt, so giebt es auch keinen von Weltkörpern freien Raum. Nach welcher Richtung man mit dem Fernrohr in die Welt hinausblickt, überall leuchten Sterne, welche eine Bewegung besitzen wie die Stäubchen in der Luft. Längs der Milchstraße wird dieser Sternstaub gelegentlich so dicht, daß man ihn selbst nicht mehr mit den besten Fernrohren durchdringen kann. Wie wir wissen, daß auf Erden hinter jedem Horizonte ein neuer sich ausbreitet, so dehnt sich auch in der Sternenwelt hinter jeder Begrenzung, welche durch minder gute Fernrohre bestimmt wurde, eine entlegenere aus, welche uns durch bessere Instrumente zugänglich wird. Unser ganzes Sonnensystem wandert durch die Sternenlandschaft mit ungeheurer Geschwindigkeit, und hierdurch werden uns mancherlei neue Erscheinungen vermittelt: wir erkennen, daß auch die festen Sterne des Himmels sich bewegen. Obgleich wir zum Theil ihre wahre Entfernung nicht kennen, so ist es doch in neuerer Zeit möglich gewesen, ihre Bewegung in Kilometern zu bestimmen. Man fand Geschwindigkeiten bis zu 60 km in einer Sekunde; wir selbst bewegen uns gleichfalls sehr schnell durch den Raum; in einem Jahre legen wir etwa die Entfernung der Erde von der Sonne zurück; aber erst in 200 000 Jahren könnten wir bei der nächsten Sonne angelangt sein, wenn uns der Weg direkt auf dieselbe hinführen würde; dann wären wir aber noch lange nicht an der Grenze des Horizontes, den unsere jetzigen Fernrohre umspannen.
Daß sich die Welt von Weltkörpern überhaupt entwickelt, und zwar in auf⸗ und absteigender Stufenfolge, daran ist nicht zu zweifeln. Alle Weltkörper unterliegen der Veränderung. Die Sonne leistet allein durch ihre Wärmeausstrahlung nach Secchi eine Arbeitsmenge von etwa 5090 000 Trillionen Pferden. Es wäre ein wunderbarer, durch kein Gesetz der Naturverwaltung verbürgter Zufall, wenn der Ersatz dieser Kraftmenge dem Verluste entspräche. Der freie große Standpunkt, auf welchen uns Kopernikus gestellt hat, erlaubt es, bereits heute über so unermeßlich große Zeiträume hinweg wenigstens Wahrscheinlichkeitsschlüsse über den Werdeprozeß der Welten aufzustellen. Aus Weltnebeln formt die Natur Milchstraßen⸗ gürtel auf der Grundlage der ewigen unveränderlichen Naturkraft, welche sich auch im kleinsten Stäubchen gefällig äußert. Der Redner verglich solche Bildung mit den Ringen, welche man wohl beim Rauchen zufällig oder absichtlich bildet, und zeigte den Ringnebel in der Leier, der wohl an einen solchen Rauchring erinnert. In den Sonnenschwärmen, welche unserer nächsten Umgebung angehören, kann man verschiedene Individualitäten beobachten, welche offenbar den ver⸗ schiedenen Entwickelungsstufen angehoͤren. Unsere Sonne würde etwa, wenn man den Vergleich mit dem Menschen⸗ macht, dem reifen Mannesalter angehören; aber etwa 50 Millionen ihresgleichen bevölkern die uns bisher zugänglichen Himmelsräume. Wie unsere Sonne, so besitzen auch die entfernten gleichartigen Weltkörper ihre Planeten. Man hat das indirekt bewiesen durch die Veränderungen der Sterne vom Algol⸗ typus. Das Licht solcher Sterne wird uns vorübergehend entzogen durch die sie in verhältnißmäßiger Nähe begleitenden Weltkörper,
welche wiederum nur von ihrer Soane abhängig sein können, wie die
Planeten von der unseren. Die Phantasie des Redners bevölkert so
den Himmel mit Millionen von Erdsternen, auf welchen ein auf⸗
strebendes Leben pulsirt so vielleicht schöner und
Andere Veränderungen Sternen wahrgenommen Sonnenflecken auf unserer Nach dem Umfang der Sonnenflecke darf
man den Grad, in welchem jene Sterne bereits erkaltet sind, be⸗
- schön oder auf unserem Planeten. der Leuchtkraft werden bei den
Sonne ähnlich sein dürften.
messen; es kommt dann ein Zeitpunkt, in welchem die Sonnen völlig
erkaltet sind, und dann beginnt, wie der Redner sehr anschaulich weiter ausführte, ein wüthender Kampf ums Dasein unter den hinsterbenden
Weltkugeln, und als Ende der Welt wurde das Aufhören jeglichen
Lebens und jeglicher Entwickelung im Weltall durch den Ausgleich
der Kräfte hingestellt.
Unter glücklichen Umständen darf allerdings auf ein neues Auf⸗ blühen der Lebensthätigkeit, auf einen neuen Kreislauf der Ent⸗ wickelung für solche abgestorbenen Weltkörper gehofft werden. Wie die organischen Atome eines Individuums nach dem Tode desselben in neuer Gestalt erscheinen werden in der Pflanzenwelt, so können die Meteoriten, welche gelegentlich unsere Atmosphäre durcheilen, noch einmal zum organischen Aufbau mitwirken. Diese Meteoriten aber sind zweifellos Reste zerfallener Welten. Myriaden von Meteoriten, also dunkle todte Weltkörper kleinster Dimension, durch⸗ eilen den Weltenraum nach allen Richtungen und vereinigen sich häufig zu ganzen Schwärmen; die Kometenkerne bestehen nach neueren Unter⸗ suchungen aus solchen Ansammlungen von Meteoriten und Stern⸗ schnuppen. Wenn ein Komet in den Tiefen des Himmels zu ver⸗ schwinden beginnt, so nimmt er die Gestalt und alle Eigenschaften Auch die Nebelflecke haben, wie Keeler übrigen Gestirne
exakt nachgewiesen hat, wie alle
schnelle Bewegung, welche nur wegen der ungeheuren Entfernung und gewisser technischer Schwierigkeiten nicht direkt wahrnehmbar ist. Da
ärme keine ewige Eigenschaft der Sonnen ist, so muß es natür⸗
lich todte Sonnenschwärme geben; aber diese können zu neuem Leben erwachen, wenn man an die Vereinigung zweier großer Weltkörper denkt, die sich auf ihrem Laufe begegnen. Daß dergleichen vorkommt,
zeigen aufs Deutlichste die Spiralnebel, von welchen als charakte⸗
. ristisches Beispiel gewöhnlich der in den Jagdhunden genannt wird.
Nach dem Ineinanderströmen zweier Sonnenschwärme entsteht Anfangs
natürlich ein unentwirrbares Chaos, eine ungeheure Wärmemenge wird frei, die
„fr wahrscheinlich die ganze zusammengeströmte Materie in Gasform überführt; ein Bild eines solchen chaotischen Gewirrs bietet der Orionnebel. Der Vortragende Ling nun auf die
onnensystems
nebels aufleuchtete, und fügt hinzu, daß kaum an irgend einer Stelle des Himmels ein Zusammenstoß von Weltkörpern so wahrscheinlich sei als hier. „Der Vortragende verwahrt sich dagegen, daß die ganze Welt des Himmels sich nun thatsächlich so entwickelt haben müsse, wie er sie nach den Forschungen der Wissenschaft dargestellt habe; es sei das nur eine logische Erklärung, welche uns zu Gebote stehe, während die Natur andere Wege beschritten haben kann, welche zu demselben Resultat führten. Mit einem neuen, dies Mal ver⸗ trauensvolleren Ausblick in die fernste Zukunft der Weltentwicklung schloß der Redner seinen überaus anregenden und gehaltvollen Vor⸗
Theil ward. Man kann nur wünschen, daß die Wiederholung dieses Vortrags, welche am Sonnabend stattfinden soll, eine noch größere Zuhörerschaft haben möge, da die Erkenntniß des Weltganzen den Gipfelpunkt menschlichen Forschens ausmacht.
Statistik und Volkswirthschaft.
Invaliditäts⸗ und Altersversicherung.
In den beiden Monaten Januar und Februar 1891 sind, wie die „Nat. Ztg.“ mittheilt, Seitens des Vorstands der Invaliditäts⸗ und Altersversicherungsanstalt Verlin im Eanzen 489 Altersrenten bewilligt und 84 Rentenansprüche abgelehnt worden. Die bewilligten Renten vertheilen sich auf die 4 Stufen von 106 ℳ 80 ₰, 135 ℳ, 163 ℳ 20 ₰ und 191 ℳ 40 ₰ jährlich; mehr als die Hälfte ge⸗ hört der letzten, höchsten Stufe an. In verschiedenen Fällen ist gegen den ablehnenden Bescheid die Berufung beim Schiedsgericht eingelegt, welches demnächst seine rechtsprechende Thätigkeit beginnen wird.
Bei der Invaliden⸗ und Altersversicherungsanstalt im Großherzog⸗ thum Baden sind bis Ende Februar 915 Altersrenten in der Summe von 119 716 ℳ 80 ₰ bewilligt, dagegen 72 Gesuche abgelehnt und drei in sonstiger Weise erledigt worden. Es sind erledigt 990 Ge⸗ suche und wegen 409 befinden sich die Verhandlungen noch im Gange. Es handelt sich derzeit hauptsächlich um die Alters⸗ renten für Versicherte, welche bereits vor dem 1. Januar 1891 das siebzigste Lebensjahr vollendet haben. Abgesehen von den ge⸗ nannten 1399 Gesuchen sind nach gemachten Erhebungen bei den Groß⸗ herzoglichen Bezirksämtern derzeit noch etwa 900 Gesuche in Vor⸗ bereitung, im Uebrigen geht die allgemeine Ansicht dahin, daß die Zahl der weiter nachkommenden derartigen Gesuche nicht besonders erheblich sein dürfte, es wird somit die Gesammtzahl 2500 wohl nicht übersteigen.
Bei der Thüringischen Versicherungsanstalt sind nach der „Th. C.“ in 1109 Fällen die erhobenen Ansprüche auf Ge⸗ währung von Altersrenten anerkannt worden. Die bewilligten Renten entsprechen einer Belastung der Anstalt mit etwa 150 000 ℳ jährlich. 543 Anträge sind zu weiterer Erörterung zurückgegeben worden, 26 wurden abgelehnt, 298 befinden sich noch in geschäftlicher Behandlung. Die Gesammtzahl der bis Ende Februar eingegangenen Anträge beträgt danach 1779. Die Renten⸗ empfänger gehören den verschiedensten Erwerbsklassen an. Namentlich
kommt ein hoher Prozentsatz auf landwirthschaftliche Arbeiter.
Bei der hanseatischen Alters⸗ und Invaliditätsversicherungs⸗ Anstalt waren, bis Ende Februar 392 Anträge auf Gewährung von Altersrente eingegangen, von denen 261 erledigt wurden, und zwar 236 durch Rentengewährung, 25 durch Ablehnung. 10 Renten⸗ empfänger gehören der I., 45 der II., 87 der III. und 94 der IV. Lohnklasse an. Die bisher von dieser Anstalt bewilligten Renten belaufen sich auf 39 333 ℳ jährlich, die Geburtsjahre der Renten⸗ empfänger fallen zwischen 1804 und 1820. Für 1804 und 1808 giebt es je einen Rentenempfänger, für 1813 und 1814 schon je 9 derselben, während deren Zahl bis auf 52 für 1820 steigt.
Bei der Landes⸗Versicherungsanstalt Elsaß⸗Lothringen wurden bis Ende Februar 917 Altersrenten zur Zahlung angewiesen. Der jährliche Gesammtbetrag dieser Renten beläuft sich auf rund 133 350 ℳ, von welchen das Reich 45 850 ℳ trägt, sodaß die Anstalt 87 500 ℳ zu zahlen hat. Die 917 Renten vertheilen sich mit 157 auf Lohnklasse I. zu je 106,80 ℳ, mit 369 auf Lohnkkasse II. zu je 135,00 ℳ%ℳ, mit 286 auf Lohnklasse III. zu je 163,20 ℳ, mit 105 auf Lohnklasse IV. zu je 191,40 ℳ Von den Rentenempfängern sind geboren im Jahre 1805: 1, 1806: 4, 1807: 3, 1808: 6, 1809: 16, 1810: 19, 1811: 22, 1812: 36, 1813: 41, 1814: 52, 1815: 84, 1816: 81, 1817: 92, 1818: 111, 1819: 166 und 1820: 183. Wohzhaft sind von denselben im Kreise Altkirch 41, Colmar 91 (davon 31 in der Stadt Colmar), Diedenhofen 4, Erstein 76, Forbach 45, Gebweiler 57, Hagenau 40, Metz⸗Land 14, Metz⸗Stadt 21, Molsheim 57, Mülhausen 145 (da⸗ von 89 in der Stadt Mülhausen), Rappoltsweiler 40, Saarburg 40, Saargemünd 31, Schlettstadt 16, Straßburg⸗Land 22, Straßburg⸗ Stadt 92, Thann 13, Weißenburg 46, Zabern 26.
Das soeben erschienene Januarheft der Statistischen Monatshefte enthält u. A. den Waarenverkehr 1890 nach der Menge, sowie nach Herkunfts⸗ und Bestimmungsländern, ferner einen Aufsatz über die Auswanderung nach überseeischen Ländern im Jahre 1890 und einen Aufsatz über die Besteuerung des Tabacks, Ein⸗ und Ausfuhr von Taback, sowie Ertrag von Tabackabgaben im Erntejahre 1889/90.
Zur Arbeiterbewegung.
„Von der Saar wird der „Frkf. Ztg.“ unter dem 3. d. M. ge⸗ schrieben: Die Stimmung unter den Bergleuten des Saar⸗ reviers ist augenblicklich eine recht mißliche, wenn auch nicht gerade gefahrdrohende. Vielfach wurde allerdings schon vor ca. 14 Tagen das Ausbrechen eines neuen Strikes befürchtet, doch ist vorläufig an einen Strike nicht zu denken. Auch die Führer der Bewegung, obschon sie innerlich mit einem neuen Ausstand rechnen mögen, halten vorläufig zurück. Zunächst soll der internationale Bergarbeitertag in Paris abgewartet werden. In verschiedenen In⸗ spektionen ist aber die Lust, zu diesem Zweck Gelder aufzubringen, eine recht geringe. Namentlich die Inspektionen, die an den beiden Enden des Reviers liegen, Ensdorf und König, halten zurück; es sind das dieselben Inspektionen, die auch bei dem großen Ausstande theils gar nicht, theils nur in ganz geringem Maße betheiligt waren. Ein Neunkirchener Ver⸗ trauensmann erklärte in der 11. Versammlung zu Sulzbach offen, daß er keinen Pfennig zu diesem Zweck sammeln würde. Man glaubt auch, daß die Bergleute auf einen Rückhalt im Publikum bei einem neuen Strike nicht zu rechnen hätten; derselbe würde im Gegen⸗ theil allgemein verurtheilt werden. Ein großer, vielleicht der größte Theil der Leute wird wohl auch der Vernunft Gehör geben und ruhig bleiben. Aber ein partieller Strike würde erst recht viel Unglück und wenig Erfolg für die Betheiligten bringen.
Im westfälischen Kohlenrevier befürchtete man, wie die Berliner „Volks⸗Ztg.“ berichtet, zu Anfang dieser Woche Arbeits⸗ einstellungen Seitens der Belegschaft einzelner Zechen, namentlich der beiden Schächte der Gewerkschaft „Germania“ bei Marten. Die Verwaltung hatte acht Arbeiter wegen wiederholten Feierns entlassen. In einer Versammlung wurden Delegirte gewählt, die bei der Verwaltung anfragen sollten, weshalb die Entlassung erfolgt sei. alls die Antwort eine nicht befriedigende sei, befürchtete man den trike. Es ist jedoch Alles ruhig verlaufen. b
In Silschede faßte die zu einer Versammlung am Mittwoch fast vollzählig erschienene Belegschaft der Zeche „Vereinigte Trappe“ einmüthig den Beschluß, von der Forderung eines Minimallohnes abzustehen und gegen eine Lohnerhöhung von 10 % die Arbeit einhellig wieder aufnehmen zu wollen. Die Dele⸗ girten wurden der „Rh.⸗Westf. Ztg.“ zufolge beauftragt, den Gruben⸗ vorstand von diesem Beschlusse in Kenntniß zu setzen. Für den all der Annahme soll die nächste Versammlung bald stattfinden, im all der Ablehnung erst nächste Woche Freitag Nachmittag. 3 Der Dortmunder Bergbauverein hat, wie der Berliner
„Volksztg.“ aus Essen berichtet wird, sämmtliche deutschen Berg⸗
trag, für welchen ihm lebhafter Beifall der zahlreichen Zuhörer zu
bauvereine zu einer Versammlung am 7. März nach Berlin Behufs Stellungnahme zu den Forderungen der Bergarbeiter eingeladen.
Aus Prenzlau wird dem „Vorwärts“ geschrieben: Auch hier beginnt die Sozialdemokratie sich kräftig zu regen und durch unermüdliche Agitation sich immer neue Anhänger zu erwerben. Die Sozialdemokraten haben allerdings einen äußerst schwierigen Stand, da einmal zu viele Arbeiter in⸗ different sind, und andererseits die Unternehmer einen zu großen Einfluß ausüben. Trotzdem ist es gelungen, einen sozialdemokratischen Arbeiter⸗Bildungsverein zu gründen, der seit der kurzen Zeit seines Bestehens schon 133 Mitglieder zählt.
In Frankfurt a. M. hat nach dem „Vorwärts“ eine Volks⸗ versammlung den Beschluß gefaßt, für die bevorstehenden Wahlen der Beisitzer zum gewerblichen Schiedsgericht nur Sozial⸗ demokraten als Kandidaten aufzustellen.
Hier in Berlin beschäftigte sich am Mittwoch eine öffentliche Versammlung der Buchdruckerei⸗Hülfsarbeiter und Ar⸗ beiterinnen wieder mit den Arbeits⸗ und Lohnverhältnissen in der Reichsdruckerei und erklärte in einer Resolution aufs Neue ihre Miß⸗ billigung über das Verhalten und die Vexordnangen der Direktion der Reichsdruckerei. “
Wie der „Rh.⸗Westf. Ztg.“ aus Haine St. Pierre ge⸗ schrieben wird, haben in den Walzwerken von Baume sämmt⸗ liche Arbeiter seit Montag die Arbeit eingestellt. Die Arbeiter wollen von der neuen Verminderung ihres Lohnes, welche ihnen auf gedrängt werden soll, nichts wissen.
Das Journal „Le Peuple“ meldet, es sei in Brüssel gegen die sozialistischen Redner, welche in dem letzthin in Carnières abgehaltenen Meeting das Militär zur Revolte aufgereizt haben, die gerichtliche Untersuchung eingeleitet worden.
Aus Glasgow meldet ein Wolff'sches Telegramm, daß der Strike der Arheiter bei den Hochöfen beendet ist. Die Arbeiter haben gestern die Bedingungen der Arbeitgeber auf Herab⸗ setzung der Löhne um 5 % angenommen. Der Ausstand hat 21 Wochen gedauert.
bV Auswanderung. ö1“ Wie aus dem Regierungsbezirk Köslin berichtet wird, h zwar die Auswanderungslust nach Brasilien dort gelegt, aber es scheint sich wieder für das Frühjahr eine regere Auswanderungslust nach Nord⸗Amerika geltend zu machen.
Fischfang.
Die Fischereivereinigungen in den drei Häfen Kolberger⸗ münde, Rügenwaldermünde und Stolpmünde haben mit ihren zum großen Theil unter staatlicher Beihülfe beschafften schwedischen bezw. Hochseefischerbooten im Jahre 1890 gute Fang⸗ resultate erzielt. Es wurden gefangen: 9760 Stiegen Heringe, 2748 Stück Lachse, 30 Stück Störe und 93 Stück Tümmler.
Die Volkszählungsergebnisse in Oesterreich.
Nach vorläufigen Mittheilungen der statistischen Centralkommission zählte Oesterreich (Eüsleithanien) am 31. Dezember 1890 23 835 261 Einwohner, demnach 1 691 017 mehr als 1880, was einer Zunahme von 7 % entspricht. Die stärkste Zunahme weist Nieder⸗ Oesterreich mit 2 651 530 Einwohnern auf, nämlich 13,8 %. Dazu gehört freilich Wien, dessen Einwobnerzahl jetzt auf 1 355 255 festgestellt ist. Demnächst zeigen die stärkste Vermehrung, nämlich über 10 %, Ga⸗ lizien (6 578 364 Einwohner), die Bukowina (646 607) und Dalmatien mit 524 007. Es folgt Istrien mit 9 % bei 318 209 Bewohnern, wätrend das Triestiner Stadtgebiet mit 157 648 Bewohnern sich nur um 8,8 % vermehrte. Die geringste Zunahme haben die beiden Alpenländer Tirol 0,9 % (812 704) und das fruuchtbare Ober⸗Oesterreich 3,2 % (783 576 Einwohner). Dann folgen die kleneren Alpenländer Kärnten und Krain mit 3,4 und 3,6 %. Böhmen (5 837 603), Mähren (2 272 856), Schlesien (602 117), Salzburg (173 872 Einwohner) halten sich mit einer Vermehrung von 5 bis 6,5 %. in der Mitte. — “
Kunst und Wissenschaft.
4 Die Hufeland'sche medizinisch⸗chirurgisch Gesellschaft hielt gestern unter dem Vorsitz des Geheimen Raths Liebreich im Pharmakologischen Institut der Universität in der Dorotheenstraße eine gut besuchte Versammlung ab, vor welcher Pro⸗ fessor Leyden einen Vortrag über die Koch'sche Entdeckung hielt. Der Vortragende erklärte, daß er sich in seinen Aus⸗ führungen augf die klinischen Erfahrungen bezüglich der diagnostischen Bedeutung des Mittels beschränken werde. Die bisherigen Beobachtungen hätten noch nicht ö die An⸗ sichten über die diagnostische Seite der Frage zu klären; dieselben seien vielmehr noch sehr getheilt. Nachdem der Vortragende darauf hingewiesen, daß für diagnostische Zwecke ganz kleine Dosen des Koch'schen Mittels genügten, berichtete er über die Ergebnisse seiner Beobachtungen in 66 Fällen, in denen er Patienten mit Tuber⸗ kulin behandelte. Von diesen reagirten 29 auf das Mittel, während in den übrigen 37 Fällen keine Reaktion eintrat. In 7 Fällen wurden bei den für nicht tuberkulös gehaltenen Patienten nach Behandlung mit der Lymphe Tuberkelbacillen entdeckt und zwar in mehreren dieser Fälle nach der dritten, in je einem nach der fünften, der sechsten und der achten In⸗ jektion, in einem Falle erst nach einer Behandlung von 10 Wochen. In diesen Fällen machte sich die Reaktion prompt in Gestalt von Fieber und auch durch lokale Symptome geltend. Eine weitere Gruppe von Beobachtungsfällen umfaßte sieben Fälle, in welchen in Folge von Injektionen mit Tuberkulin latente Phthise durch lokale Prozesse evident wurde, ohne daß Tuberkelbacillen zum Vorschein kamen. Es folgte eine weitere Gruppe von sieben Patienten, bei denen Krank⸗ heitserscheinungen der Lunge wahrgenommen wurden, ohne daß Tuberkelbacillen beobachtet wurden; jene krankhaften Erschei⸗ nungen, welche sich sehr verschiedenartig, theils als Drüsen⸗ anschwellungen, tbeils als Wirbelaffektionen, in je einem Falle als Bronchitis und als Alkohollähmung darstellten, gingen nach er⸗ folgter Behandlung mit der Koch'schen Lymphe zum Theil zurück, zum Theil dauerten sie fort. Nachdem der Vortragende noch eine Anzahl von Fällen besprochen, in denen es sich um die Behandlung von Rekonvaleszenten handelte, betonte er Angesichts der bei der Be⸗ handlung von Pleuritis mit Tuberkulin gemachten Beobachtungen die Nothwendigkeit, sich die Frage vorzulegen, ob die Injektion bei Pleu⸗ ritis nicht im Einzelfalle eine schädliche Wirkung ausüben könne, und ging sodann dazu über, die Schlußfolgerungen aus den von ihm gemachten Beobachtungen zu ziehen, nachdem er zuvor erklärt, daß er mit Rücksicht auf die Wichtigkeit der Sache und im Hinblick auf den Umfang der bisherigen Beobachtungen ein vorsichtiges Urtheil fällen wolle. Die Thatsache, daß Kranke, welche Tuberkulose haben, mit wenigen Ausnahmen auf Injektion des Mittels bei Anwendung kleiner Dosen lebhaft reagiren, sowohl im Allgemeinen durch Fiebererscheinungen, als auch durch lokale Symptome, diese Thatsache stehe fest. Eine andere Frage aber sei es, ob die Thatsache jener Reaktion eine große Be⸗ deutung in diagnostischer Beziehung habe. Unter den beobachteten atienten seien viele, welche reagirten, ohne daß tuberkulöse Er⸗ cheinungen zu Tage traten; außerdem erfolgte in einer ganzen Reihe der von ihm beobachteten Fälle die Reaktion erst nach einer größeren Zahl von Injektionen. Es sei also thatsächlich der Einwurf gegen den diagnostischen Werth des Mittels zu erheben, daß Personen, welche einen latenten tuberkulösen Heerd mit sich herumtragen, erst mehrerer Injektionen bis zur Feststellung dieser Thatsache bedürfen und daß die Diagnose somit einen längeren Zeitraum beanspruche. Da aber aus der erfolgten Reaktion nicht in jedem Falle auf einen Tuberkelprozeß zu schließen sei, so erscheine es doch zum Zwecke einer zuverlässigen Diagnose angezeigt, sich der⸗ jenigen Mittel zu bedienen, die uns bisher zu Gebote standen; denn der Nachweis, ob Tuberkelbacillen vorhanden seien oder nicht, sei viel wichtiger, als die Injektion. Es fragt sich nun auch, ob denn die Injektion einen so ganz ungefährlichen Charakter
habe. Ueber die Zusammensetzung des Tuberkulins und über