agegen sind die Entlassungszeugnisse, welche von den Lehr⸗ herren den Apothekerlehrlingen nach Beendigung der vorge⸗ schriebenen Lehrzeit ausgestellt werden und von den Physikern mit zu unterzeichnen sind, ebenso wie die Servirzeugnisse der Apothekergehülfen stempelfrei (Erlasse vom 23. Mai 1876 und 7. Mai 1886, M. 2717 und 2081). Ob der Stempel von 1,50 ℳ für die erstgedachten Zeugnisse zugleich mit den Prüfungs⸗ gebühren oder erst bei der Aushändigung des Gehülfenzeugnisses einzuziehen sein wird, soll, wie der Kultus⸗Minister in dem fraglichen Erlaß bemerkt, dem Ermessen der Regierungs⸗ Präsidenten überlassen bleiben
Nach der im Reichs⸗Eisenbahnamt aufgestellten, in der Dritten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staats⸗Anzeigers“ veröffentlichten Nachweisung der auf deutschen Eisenbahnen — ausschließlich Bayerns — m Monat Januar d. J. beim Eisenbahnbetriebe (mit Ausschluß der Werkstätten) vorgekommenen Unfälle waren im Ganzen zu verzeichnen: 37 Entgleisungen und 7 Zusammenstöße auf freier Bahn, 50 Entgleisungen und 52 Zusammenstöße in Stationen und 306 sonstige Unfälle
Ueberfahren von Fuhrwerken, Feuer im Zuge, Kesselexplosionen und andere Ereignisse beim Eisenbahnbetriebe, sofern bei letzteren Personen getödtet oder verletzt worden sind). Bei diesen Unfällen ind im Ganzen, und zwar größtentheils durch eigenes Verschulden, 386 Personen verunglückt, sowie 112 Eisenbahnfahrzeuge er⸗ eblich und 311 unerheblich beschädigt. Von den beförderten Reisenden wurden 5 getödtet und 38 verletzt, und zwar ent⸗ allen: je eine Tödtung auf die Königlich württembergischen Staatseisenbahnen, auf die Großherzoglich badischen Staats⸗ isenbahnen und auf die Verwaltungsbezirke der Königlichen Eisenbahn⸗Direktionen zu Breslau, zu Köln (linksrh.) und zu Hannover, 18 Verletzungen auf den Verwaltungsbezirk der niglichen Eisenbahn⸗Direktion zu Breslau, sechs Verletzungen uf den Verwaltungsbezirk der Königlichen Eisenbahn⸗Direktion u Berlin, fünf Verletzungen auf den Verwaltungsbezirk der öniglichen Eisenbahn⸗Direktion zu Erfurt, vier Verletzungen uf den Verwaltungsbezirk der Königlichen Eisenbahn⸗Direktion zu Elberfeld, zwei Verletzungen auf den Verwaltungsbezirk der Königlichen Eisenbahn⸗Direktion zu Hannover und je eine Verletzung auf die Reichs⸗Eisenbahnen in Elsaß⸗Lothringen und auf die Verwaltungsbezirke der Königlichen Eisenbahn⸗ Direktionen zu Bromberg und zu Köln (rechtsrh.) Von Bahnbeamten und Arbeitern im Dienst wurden beim eigentlichen Eisenbahnbetriebe 56 getödtet und 249 ver⸗ letzt, von Steuer⸗ u. s. w. Beamten 1 getödtet und 3 verletzt, von fremden Personen (einschließlich der nicht im Dienst befindlichen Bahnbeamten und Arbeiter) 17 getödtet und 17 verletzt. Außerdem wurden bei Nebenbeschäftigungen 44 Beamte verletzt. Von den sämmtlichen Unfällen beim Eisenbahnbetriebe entfallen auf: A. Staatsbahnen und unter Staatsverwaltung stehende Bahnen (bei zusammen 33 479,90 km Betriebslänge und 839 393 980 geförderten Achski lometern) 415 Fälle, davon sind verhältniß⸗ mäßig, d. h. unter Berücksichtigung der geförderten Achskilo⸗ meter und der im Betriebe gewesenen Längen, in den Ver⸗ waltungsbezirken der Königlichen Eisenbahn⸗Direktionen zu Köln (rechtsrh.), zu Berlin und zu Erfurt die meisten Unfälle vorgekommen. B. Privatbahnen (bei zusammen 2529,33 km Betriebslänge und 26 323 313 geförderten Achskilometern) 37 Fälle, davon sind verhältnißmäßig auf der Krefelder Eisenbahn, auf der Hessischen Ludwigs Eisenbahn und auf der Lübeck⸗Büchener Eisenbahn die meisten Unfälle vorgekommen.
Seine Hoheit der Erbprinz Bernhard von Sachsen⸗ Meiningen, General⸗Lieutenant und Commandeur der 2. Garde⸗Infanterie⸗Division, hat sich mit Urlaub nach Dresden begeben.
Der Königlich sächsische Gesandte am hiesigen Allerhöchsten Hofe Graf von Hohenthal und Bergen ist von kurzem Urlaub nach Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.
Der Königlich großbritannische Botschafter am hiesigen Allerhöchsten Hofe Sir Edward Malet ist vom Urlaub nach Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Botschaft wieder übernommen.
—
S. M. Kreuzer⸗Fregatte „Leipzig“ — mit dem Ge⸗ schwader⸗Chef Contre⸗Admiral Valois an Bord — beab⸗ sichtigt, am 16. März von Mirsbai nach Amoy in See zu gehen. — S. M. Kreuzer⸗Korvette „Alexandrine“, Kom⸗ mandant Korvetten⸗Kapitän von Frantzius, ist am 10. März in Swatow eingetroffen und beabsichtigt, am 14. März nach Foochow in See zu gehen. “
Stettin, 10. März. Der 17, Pommersche Pro⸗ vinzial⸗Landtag wurde heute durch den Ober⸗Präsidenten Herrn Grafen Behr⸗Negendank mit folgender Ansprache er⸗ öffnet:
Meine hochzuverehrenden Herren! Nachdem Seine Majestät der Kaiser und König geruht haben, den 17. Provinzial⸗Landtag der Provinz Pommern auf heute zu berufen, heiße ich Sie beim Beginne Ihrer diesjährigen Sitzungen wiederum aufs Herzlichste willkommen. Was die Ihrer harrenden Aufgaben anbelangt, so erbittet die Königliche Staatsregierung von Ihnen Beihülfen zu den Kosten ver⸗ schiedener Unternehmungen, welche das allgemeine Wohl in der Provinz zu fördern geeignet erscheinen.
. Die Angelegenheit der Regulirung der Dievenow⸗Mündung,
welche Sie bereits im vorigen Jahre beschäftigte, ist inzwischen soweit gefördert, daß die Kreise Kammin und Usedom⸗Wollin im Verein mit anderen Betheiligten die Zahlung von zusaͤmmen 10 500 ℳ in Aussicht gestellt haben und die Herstellung der neuen Mündung und des mit derselben verbundenen Fischerzufluchtshafens daher gesichert ist, wenn Ihrerseits die Bewilligung des bereits in Aussicht gestellten angemessenen Beitrags nunmehr erfolgt.
Auch die Angelegenheit der Vertiefung des Uecker⸗Flusses, welche Sie ebenfalls schon früher beschäftigt hat, ist inzwischen soweit geklärt, daß feststeht, daß eine Verbesserung des Stromlaufs über Pasewalk hinaus Seitens der Herren Minister keinesfalls auf Unterstützung zu rechnen hat, daß es aber wünschenswerth erscheint, der Uecker bis Pasewalk eine Tiefe von 5 bis 6 Fuß zu geben, sodaß vollbeladene Haffkähne ohne Leichterung bis Pasewalk gelangen können.
Für dieses Unternehmen sind aus dem Ueckermünder Kreise Zu⸗ schüsse in Höhe von 37 000 ℳ in Aussicht gestellt und dürfte dasselbe bestimmt zur Ausführung gelangen, wenn auch der Provinzial⸗Landtag
.“
1“ 1 4 8 2 urch eine angemessene Bew Uigung seine Ueberzengung von der wirth⸗ schaftlichen Zweckmäßigkeit der beabsichtigten Anlage darthut.
Ihre am 13. März vorigen Jahres gefaßten wichtigen Beschlüsse, betreffend die Uebernahme der öffentlichen Fürsorge für Epileptische und Idioten Seitens der Provinz und der Kreise, haben zum Be⸗ dauern der Staatsregierung in der Mehrzahl der übrigen preußischen Provinzen keine Nachfolge gefunden und hat bei dem Mangel eines allgemeinen freiwilligen Entgegenkommens der Landarmenverbände die Staatsregierung den Weg der Gesetzgebung beschritten und bei dem jetzt versammelten Landtage der Monarchie eine entsprechende Vorlage eingebracht u““
Bei dieser Sachlage empfiehlt Ibnen der Provinzialausschuß, die Angelegenheit zunächst ruben zu lassen und vor allen Dingen die weitere Entwickelung der Gesetzgebung abzuwarten. “
Bei Gelegenheit der Berathung des für die Hohenzollernschen Lande ergangenen Gesetzes vom 29. Juni vorigen Jahres, betreffend die Entschädigung für an Milzbrand gefallene Thiere, hatte der Land⸗ tag der Monarchie bei der Königlichen Staatsregierung die Ein⸗ bringung eines Gesetzentwurfs beantragt, durch welchen der Geltungs⸗ bereich jenes Gesetzes auf alle preußischen Provinzen ausgedehnt werde.
Demzufolge wird Ihnen Gelegenbeit gegeben werden, sich über das Bedürfniß zum Erlasse eines derartigen Gesetzes für die Provinz Pommern zu äußern.
Endlich hat das Königliche Land es⸗Oekonomie⸗Kollegium am 15. November vorigen Jahres den Beschluß gefaßt, daß die Errichtung und Unterhaltung von Schäferlehranstalten oder Lehrgängen als ein dringendes Bedürfniß erscheine und wird Ibnen daher auf Grund einer Anordnung des Herrn Ministers für Landwirthschaft ebenfalls Gelegenheit gegeben werden, sich darüber zu äußern, ob Sie geneigt sind, der Anregung des Landes⸗Oekonomie⸗Kollegiums zu entsprechen. Des Weiteren werden einige Wabhlen, betreffend die Ergänzung der Ober⸗Ersatzkommissionen und der Bezirkskommission für die Ein⸗ kommensteuer im Regierungsbezirk Stralsund Ihre Thätigkeit in Anspruch nehmen.
Im Uebrigen aber wird wiederum die Etatsberathung den Mittel⸗ punkt Ihrer Arbeiten bilden.
Trotz der sparsamen Verwaltung der Finanzen der Provinz ist es bei den wachsenden Bedürfnissen unvermeiblich geworden, Ihnen die Aufnahme einer neuen Anleihe zu empfehlen
Die vorgeschlagene Wahl eines vierten Landraths endlich wird Ihnen Gelegenheit geben, von dem Verhältniß der Provinz zu der Folge des Reichsgesetzes vom 22. Juni 1889 ins Leben getretenen Invaliditäts⸗ und Altersversicherungs⸗Anstalt für Pommern eingehend Kenntniß zu nehmen.
Meine hochzuverehrenden Herren, indem ich nicht zweifle, daß Sie die Ihrer harrenden mannigfachen Aufgaben erfolgreich erledigen werden, erkläre ich im Namen Seiner Majestät des Kaisers und Königs den 17. Provinzial⸗Landtag der Provinz Pommern für eröffnet.
Unter dem Vorsitz des Alters⸗Präsidenten, Bürgermeisters Hintze⸗Ueckermünde brachte die Versammlung sodann auf Seine Majestät den Kaiser und Konig Wilhelm II. ein begeistertes Hoch aus und wählte darauf den Wirklichen Geheimen Rath von Köller⸗Cantreck zum Vorsitzenden und den Ober⸗Bürgermeister Haken Stettin zum Stellvertreter des Vorsitzenden, welche Beide die Wahl annahmen.
Nach Wahl der Schriftführer und Feststellung der an⸗ wesenden Mitglieder durch Namensaufruf erfolgte die Bildung der Abtheilungen, die Mittheilung des Vorsitzenden über die vorliegenden Geschäftssachen, sowie deren Vertheilung und hier⸗ auf die Vertagung der Sitzung bis 2 Uhr.
Nach Fortsetzung der Sitzung zur bestimmten Zeit erfolgte nur die Mittheilung des Vorsitzenden über die Zusammen⸗ setzung der Abtheilungen und Kommissionen, und wurde die Sitzung alsbald wieder geschlossen und die nächste auf Mitt⸗ woch, den 11. d. M., Mittags 1 Uhr, festgesetzt.
Paderborn, 10. März. Der Domkapitular Meyer hierselbst ist dem „W. T. B.“ zufolge zum Kapitularvikar für die Diözese Paderborn gewählt worden, nachdem General⸗ vikar Dr. Schulte aus Gesundheitsrücksichten dieses Amt abgelehnt hat.
Bayern.
München, 10. März. Prinz⸗Regent verlieh, wie „W. T. B.“ meldet, seinem General⸗ und Flügel⸗Adjutanten Freiherrn Freyschlag von Freyenstein das Großkreuz des Ordens der Bayerischen Krone.
Nachdem das Justiz⸗Ministerium im Auftrage Seiner Königlichen Hoheit dem Prinz⸗Regenten aus Anlaß der Feier seines 70. Geburtstages Anträge auf Begnadigungen solcher wegen geringer Vergehen Verurtheilten unterbreitet hatte, welche der Gnade eines Strafnachlasses für würdig zu erachten wären, haben die diesbezüglichen Anträge, nach der M. „Allg. Ztg.“ nunmehr die Genehmigung des Prinz⸗ Regenten erhalten. Die Zahl der zur Begnadigung ge⸗ langenden Verurtheilten beläuft sich auf annähernd 200. Es ist der Wille Seiner Königlichen Hoheit, daß die Eröffnungen an die Betheiligten durch die betreffenden Strafanstaltsvorstände so rechtzeitig erfolgen sollen, daß die Begnadigten sich bereits am 12. März in ihrer Heimath befinden können.
Die Corps und Burschenschaften der Univerfität München feierten den 70. Geburtstag des Prinz⸗Regenten bereits am Sonnabend durch Festcommerse.
Hessen.
Darmstadt, 10. März. Seine Königliche Hoheit der Großherzog begab sich am Sonnabend Nachmittag nach Gießen zu Seiner Königlichen Hoheit dem Erbgroßherzog. Bei Höchstdemselben fand, wie die „Darmst. Ztg.“ meldet, eine Soirée von etwa funfzig Personen statt. Einladungen hatten erhalten die Spitzen der Civil⸗ und Militärbehörden, die Vertreter der Universität und der Stadt mit ihren Damen, sowie solche Familien, deren Gastfreundschaft Höchstderselbe genossen. Gesangliche und instrumentale Vorführungen, in welchen der größte Theil der Gäste Zeugniß seiner musikalischen Be⸗ gabung ablegte, wechselten vor und nach dem Souper bis in die erste Stunde des neuen Tages ab. Am Sonntag früh besichtigte der Großherzog das alte Kanzleigebäude und traf in Begleitung des Erbgroßherzogs am Nachmittag hier wieder ein. Der Erbgroßherzog begab sich in Begleitung des Amt⸗ manns Römheld im Laufe des gestrigen Tages nach Gießen zurück.
Die Erste Kammer der Stände wird Mittwoch, den 18. d. M., zur Erledigung des Budgets für mehrere Sitzungen zusammentreten.
Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach.
Weimar, 10. März. Nach den Mittheilungen, die der Chef des Finanzdepartements, Geheime Rath Vollert ge⸗ legentlich der Berathung der Theuerungsulagen im Land⸗ tage gemacht hat, ist aus der Finanzperiode 1887/89 Dank den Ueberzahlungen aus der Reichskasse ein verfügbarer Ueber⸗ schuß von 899 243 ℳ verblieben, nachdem schon ein erheblicher Betrag zu außerordentlicher Schuldentilgung verwendet worden ist. Das Jahr 1890 weist einen Ueberschuß von 500000 ℳ auf,
“ 1“
Seine Königliche Hoheit der
doch werde in Folge der Erhöhung der Matrikularbeiträge in den nächsten beiden Jahren ein gleich hoher Ueberschuß nicht zu erwarten sein. — Dem Landtage ist eine Vorlage zuge⸗ gangen über Errichtung eines pädagogischen Seminars in Verbindung mit dem Gymnasium in Jena. Probeweise ist ein solches Seminar dort seit dem Anfang des Winterhalbjahres in Thätigkeit gewesen und hat sich sehr gut bewährt. Es besteht der „Th. C.“ zufolge die Hoffnung, daß die Regierungen von Sachsen⸗Meiningen und Sachsen⸗Coburg⸗Gotha sich an dem Unternehmen betheiligen werden. Die bei dem Landtage dazu beantragten Gelder beziffern sich auf 500 ℳ ein⸗ malig zur Anschaffung einer Fachbibliothek und auf 1900 bis 2200 ℳ alljährlich. Nach Herstellung des Seminars sollen die Kandidaten des höheren Lehramts eine zweijährige Aus⸗ bildungszeit durchmachen, und zwar ein Seminarjahr und ein darauf folgendes Probejahr. Schwarzburg⸗Rudolstadt.
Rudolstadt, 10. März. Seine Durchlaucht der Fürst Günther traf am Freitag Abend von Dres den in Alten⸗ burg ein und begab sich von dort der „Altb. Ztg.“ zufolge am Sonntag Vormittag um 9 ½ Uhr über Magdeburg nach Braunschweig. Dort fand am Abend ihm zu Ehren im Schlosse Prunktafel statt. Gestern Abend ist der Fürst wieder nach Rudolstadt zurückgskehrt.
Elsaß⸗Lothringen.
Straßburg, 10. März. Der Landesausschuß lehnte in seiner heutigen Sitzung, entsprechend dem Antrage der Kommission, die für den Bau der normalspurigen Eisen⸗ bahn Mommenheim — Saaralben — Saargemünd geforderte erste Rate von 848 827 ℳ Landesbeitrag ab. Der Reichstag hatte in seiner Sitzung vom 5. d. M. die erste Rate der Baukosten bewilligt. Der Landesausschuß wolle, wie der Bericht der Kommission besagt, den Bau der Strecke nicht prin⸗ zipiell ablehnen, halte auch den geforderten Landeszuschuß mit 45 000 ℳ pro Kilometer für angemessen. Angesichts aber der vielen eingegangenen Petitionen und sonst laut ge⸗ wordenen Wünsche nach Aenderung der geplanten Richtung werde die Regierung gebeten, die Angelegenheit nochmals wohlwollend zu prüfen. Die Ablehnung erfolgte mit großer Mehrheit, obwohl Unter⸗Staatssekretär von Köller wärmstens für die Bewilligung eintrat. Die zweite Lesung des Etats wurde sodann beendigt. Der Etat balancirt in Ein⸗ nahme und Ausgabe mit beinahe 50 Millionen.
Die Deputation zur Ueberreichung der Adresse an Seine Maäjestät den Kaiser reist Donnerstag nach Berlin ab. Sie besteht, wie „W. T. B.“ meldet, aus dem Präsi⸗ denten Dr. Schlumberger, dem Ersten Schriftführer Freiherrn von Charpentier und den Mitgliedern Dr. Petri, Ruhland und Freiherrn Zorn von Bulach.
Oesterreich⸗Ungarn.
Wien, 11. März. Die heutige „Wiener Zeitung“ ver öffentlicht die Ernennung des Gesandten in Disponibilität Hengelmüller zum außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister bei den Vereinigten Staaten von Brasilien.
Bei den bisherigen Reichsrathswahlen verloren die Deutschliberalen 9 Mandate und gewannen 7, die Deutsch⸗ nationalen verloren 4 und gewannen 2, die Antisemiten ver⸗ loren 3 und gewannen 7. Die Katholisch⸗Konservativen gewannen 2 und verloren eines; die Deutschkonservativern gewannen eines; die Wiener Demokraten verloren 2 Mandate und sind daher ohne Vertretung.
Gegenüber der Meldung, daß der Reichsrath zum 10. April einberufen werden soll, wird von authentischer Seite mitgetheilt, der Termin der Einberufung sei noch keineswegs festgestellt.
An den gestern in Wien begonnenen Bischofs⸗Kon⸗ ferenzen betheiligt sich auch der Fürstbischof von Breslau, Dr. Kopp.
Das ungarische Oberhaus nahm gestern den Gesetz⸗ entwurf, betreffend die Sonntagsruhe mit der Abänderung an, daß die Sonntagsruhe jedenfalls bis Montag früh 6 Uhr dauern soll. Ferner wurden die Gesetze, betreffend die Krankenunterstützung der Arbeiter, betreffend das Durchzugs⸗ recht bosnisch⸗herzegowinischer Truppen durch Ungarn, und betreffend die Ausdehnung der Versorgung von Offiziers⸗ Wittwen und ⸗Waisen auf die Landwehr und den Landsturm, angenommen.
Das ungarische Unterhaus hat die Vorlage, treffend die Beschaffung von 350 000 Repetirgewe fü Honvedtruppen, genehmigt. 1
Großbritannien und Irland.
Die Kaiserin Friedrich nahm mit der Prinzessin Margarethe gestern Abend anläßlich des Jahrestages der Vermählung des Prinzen und der Prinzessin von Wales an einem Familiendiner bei dem Prinzlichen Paare im Marlborough⸗ Hause zu London Theil.
Der diplomatische Schriftwechsel in der Frage des Robbenfanges im Behringsmeere ist nunmehr ver⸗ öffentlicht worden. Eine darin enthaltene Depesche Lord Salisbury's an den britischen Gesandten in Washington Pauncefote vom 21. Februar hält an der Behauptung fest, daß die Engländer im Behringsmeere die gleichen Rechte hätten wie anderswo im offenen Meere. Lord Salisbury willigt im Uebrigen ein, daß die in der Depesche des Staats⸗ sekretärs Blaine vom 17. Dezember v. J. näher bestimmten Fragen einem Schiedsgericht unterbreitet werden. Unnter dem Vorsitz Justin Mac Carthy's fand gestern in Dublin die angekündigte Versammlung zur Gründung einer „irischen nationalen Föderation“ statt. Es waren achtzehn Abgeordnete anwesend. Im Laufe der Ver⸗ handlungen wurde ein zustimmendes Schreiben der irischen Erzbischöfe verlesen. Nach den provisorischen Statuten soll ein Exekutivausschuß von fünfzehn Mitgliedern bis zu den Parlamentswahlen eingesetzt werden.
Frankreich.
Paris, 11. März. Der Ministerrath berieth gestern das von dem Ackerbau⸗Minister vorbereitete Gesetz über die Regelung der Rennwetten. Der Gesetzentwurf dürfte Donnerstag in der Kammer eingebracht werden. Die von der Regierung geplante Lösung stößt, wie der „Temps“ meldet, auf Schwierigkeiten Seitens der Renngeselschaften, welche erklären, bei der bloßen Duldung des Totalisators und der Buchmacher stets der Gefahr einer gerichtlichen Ver⸗
folgung ausgesetzt zu sein. Die bei dem Crédit foncier depo⸗ nirten, aus Rennwetten herrührenden vier Millionen sollen den einzelnen Departements zur Vertheilung an Wohl⸗ thätigkeitsanstalten zugewiesen werden.
Die Deputirtenkammer beendigte gestern die Be⸗ rathung über das Zuckersteuergesetz und nahm das Gesetz sowie den Antrag Méline's an, nach welchem den kleinen Landleuten ein Nachlaß von sechs Millionen von der Grund⸗ steuer bewilligt werden soll. Ein Antrag des Deputirten Le Hérissé, auch den Arbeitern in Städten mit Rücksicht auf die Heimsuchung durch die Winterkälte entsprechende Erleich⸗ terungen zu gewähren, wurde abgelehnt, nachdem die Re⸗ gierung sich dagegen ausgesprochen hatte.
Im Senat erklärte der Justiz⸗Minister Fallières auf eine Anfrage in Betreff der Reise des Bischofs Freppel nach Rom: in der Reise habe durchaus nichts Ungesetzliches gelegen: der Bischof habe ihm erklärt, daß er wie seine Kollegen die Reise ad limina apostolorum gemacht habe.
Der Gouverneur von Algier, Tirman, ist um seine Dienstentlassung eingekommen, wird jedoch bis zur Ernennung seines Nachfolgers sein Amt weiter verwalten.
Der Republikaner Allemand ist zum Senator im Departement Haute⸗Loire gewählt worden.
Italien.
Der Zustand des Prinzen Napoleon ist, wie der „Mgdb. Ztg.“ aus Rom gemeldet wird, hoffnungslos; trotzdem wolle er seinen Sohn, den Prinzen Victor, nicht vor⸗ lassen. Der König selbst habe zwischen Beiden zu vermitteln gesucht. Auch den geistlichen Zuspruch des Hofkaplans Anzino weise der Prinz zurück.
Nach einer Vorlage des Kriegs⸗Ministers wird das Rekruten⸗Kontingent von 82 000 auf 95 000 Mann erhöht werden.
In der Deputirtenkammer verlangte gestern der Abg. Papa die Kündigung des österreichisch⸗italienischen Fischereivertrages bezüglich des Gardasees, da durch denselben die Interessen Italiens geschädigt würden. Der Acker⸗ bau⸗Minister Chimirri erwiderte: Er werde die Frage stu⸗ diren, und der Vertrag solle, wenn dies nützlich erscheine, ge⸗ kündigt werden. In Beantwortung einer Interpella⸗ tion Imbriani's erklärte der Minister⸗Präsident di Ru⸗ dini: Italien verlange, daß diejenigen Oesterreicher, Ungarn und Türken, welche sich um die italienische Staatsangehörigkeit bewürben, auf ihre frühere Staats⸗ angehörigkeit verzichteten; den Angehörigen anderer Länder gegenüber gehe man in gleicher Weise vor. Die Regierung bewillige die italienische Staatsangehörigkeit nur solchen Per⸗ sonen, welche Italien Dienste erwiesen hätten und vollkommen unbescholten seien. Imbriani erklärte sich durch diese Ant⸗ wort nicht befriedigt und stellte einen Antrag, dessen Verhand⸗ lung auf Vorschlag des Minister⸗Prsidenten bis zur Be⸗ rathung des Budgets für 1891/92 vertagt wurde.
Die Abgeordneten der äußersten Linken, darunter Cavallotti, bestehen unbedingt auf einer parlamentarischen
2
Enquete über die Mord⸗Affaire von Massovah. Die Regierung ist, wie der „Frankf. Ztg.“ gemeldet wird, nicht abgeneigt, wenn die Kammer damit einverstanden ist. Livraghi wurde am 9. d. M. in Lugano verhaftet. Nach seiner Auslieferung von Seiten der Schweiz soll er nach Massovah überführt und ihm dort der Prozeß gemacht werden. Zu Beginn des 14. Jahres des Pontifikats Leo's XIII. besteht die katholische Hierarchie aus 62 Kardinälen, worunter nur noch 14 von Pius IX. ernannte Kardinäle, 8 Kardinalshüte sind vakant, denn das Plenum des Heiligen Kollegiums besteht aus 70. Unter dem Pontifikat Leo’'s XIII. sind schon 71 Kardinäle gestorben. Nebst den Kardinälen zählt man jetzt 13 Patriarchen, worunter 8 lateinischen Ritus und 5 des orientalischen, 783 Erzbischöfe und Bischöfe latei⸗ nischen und 52 Erzbischöfe und Bischöfe orientalischen Ritus. Ferner 308 Weihbischöfe, 16 Erzbischöfe und Bischöfe ohne Titel und endlich 7 Prälaten nullius dioeceseos. Unter dem Pontifikat Leo's XIII. wurden neu errichtet: 1 Patri⸗ archat (Indien), 12 Erzbisthümer, 10 Bisthümer zu Erz⸗ bisthümern erhoben, 65 Bisthümer, 1 apostolische Delegation, 36 apostolische Vicariate, 7 apostolische Präfekturen zu Vikariaten erhoben und endlich 16 apostolische Präfekturen. Im Ganzen 148 neue Sitze in der katholischen Hierarchie. Unter den in letzterer Zeit verstorbenen Kardinälen zählt man besonders 4 Deutsche und Oesterreicher (Hergenröther, Gangl⸗ bauer, Simor, Mihalovitsch), sodaß der „Germania“ zufolge höchstwahrscheinlich der Heilige Vater vor Allem im nächsten Konsistorium wenigstens einen österreichischen Prälaten zur Kardinalswürde erheben wird. v“
Belgien.
In einer Versammlung der Centrumssektion der Kammer theilte der Minister Beernaert gestern die Ansichten der Regierung über eine Revision der Verfassung mit. Was den Artikel 47 der Verfassung betrifft, so schläat die Regierung vor, zwischen der Rechten und der Linken dadurch zu einer Verständigung zu kommen, daß die ahl der Wähler auf 600 000 erhöht wird; das Wahlrecht soll dabei auf dem Grundsatz der Ansässigkeit aufgebaut werden. Die Regierung schlägt ferner die proportionale Vertretung der Parteien für die Kammern, die Provinzial⸗ und die Gemeinderäthe vor, hält aber den Census für die Wählbarkeit zum Senat aufrecht, unbeschadet des Kapazitäts⸗Wahlrechts. Der Senat würde in Zukunft durch die Provinzialräthe gewählt werden, also durch eine indirekte Wahl. Der König soll das Recht des Referendums gegen jedes votirte Gesetz haben.
In der Deputirtenkammer kam gestern bei der Be⸗ rathung des Industriebudgets der neue französische Zoll gesetzentwurf abermals zur Sprache. Im Laufe der Debatte erklärte der Minister für Ackerbau und Industrie de Bruyn: Die Politik der Regierung gegenüber den fran⸗ zösischen Tarifen, wenn diese angenommen sein würden, müsse, eine vorsichtige und abwartende sein; zur Zeit sei in dieser Hinsicht noch keinerlei end gültige Entscheidung getroffen.
Rumänien. 8
Bukarest, 11. März. Die neuen Wahlen zur Deputirtenkammer sind für den 21., 22. und 23. April ausgeschrieben. 1—
Dänemark.
Aus Kopenhagen, 8. März, wird der „N. A. Z.“ be⸗ richtet: Der außerordentliche Abgesandte Seiner Majestat des Kaisers, General Graf Wedel, war am Donnerstag zu der Königlichen Tafel im Residenzp alais auf Amalienborg geladen,
“
an welcher der Kronprinz und die Kronprinzessin, der Minister des Auswärtigen, die Mitglieder der hiesigen deutschen Ge⸗ sandtschaft und die dienstthuenden Damen und Kavrvaliere der Höfe theilnahmen. Graf Wedel ist dann gestern über Malmö nach Stockholm gereist, wohin König Oscar gestern von Christiania zurückkehrte.
Amerika.
Vereinigte Staaten. Das Schatzamt beschloß, wie „W. T. B.“ aus Washington erfährt, Berufung ein⸗ zulegen gegen die Entscheidung des Sachverständigenraths in New⸗York bezüglich der gestrickter wollener Waaren. Die Zollbeamten erhielten Befehl, die Entscheidung nicht zu beachten und Wäsche sowie Woll⸗ waaren nach dem Tarif für Kleidungsstücke zu klassifiziren, bis eine gerichtliche Entscheidung getroffen sei.
Aus Brasilien in Washington eingetroffene Zeitungen enthalten eine Verfügung des Präsidenten, nach welcher die brasilianischen Häfen den aus den Vereinigten Staaten eingeführten Waaren Kraft des neuen, auf Wechsel⸗ seitigkeit beruhenden Vertrages geöffnet sind.
Chile. Nach über Buenos⸗Aires eingegangenen Berichten aus Chile vom 10. d. M. hat eine in Santiago ab⸗ gehaltene Konvention der Kongreßpartei Claudio Vienna als Präsidentschafts⸗Kandidaten aufgestellt.
Afrika.
Sansibar. Wie die „Times“ aus Sansibar vom 10. d. meldet, sandte der Sultan auf Gerüchte vom Vormarsch der Abessinier an der Somali⸗Küste ein Kontingent zur Verstärkung der Garnison von Merkah ab.
Parlamentarische Nachrichten.
In der heutigen (86.) Sitzung des Reichstages, welcher der Staatssekretär Dr. von Boetticher beiwohnte, stand als erster Gegenstand auf der Tagesordnung die Berathung der Petitionen, welche von der Kommission für die Petitionen als zur Erörterung im Plenum für nicht geeignet erachtet, zur Einsicht im Bureau niedergelegt sind, mit Aus⸗ nahme der im Antrag Gamp bezeichneten Petitionen.
Der Antrag Gamp lautet:
die obenbezeichneten Petitionen, welche gegen den börsen⸗ mäßigen Terminhandel mit Nahrungsmitteln gerichtet sind, zur Verhandlung im Plenum zu ziehen.
Das Haus erklärte ohne Debatte die oben erwähnten Petitionen für erledigt; die Bescheide werden den Petenten zugehen.
Es folgte der zweite Bericht der Kommission für die Petitionen, betreffend Aenderung der Frachtberechnung für die Beförderung lebenden Viehes auf Eisenbahnen.
Die Kommission (Berichterstatter Abg. Münch) be⸗ antragt:
die Petition 8 zur Wahrung der Interessen des Viehhandels n Reichskanzler zur Erwägung zu überweisen
Nachdem
der Abg. Klemm diesen Antrag empfohlen hatte, wurde derselbe angenommen.
(Schluß des Blattes.)
— In der heutigen (54.) Sitzung des Hauses der Ab⸗ geordneten, welcher der Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums von Boetticher, der Minister des Innern Herrfurth, der Justiz⸗Minister von Schelling und der Finanz⸗Minister Dr. Miquel beiwohnten, wurde die zweite Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Gewerbesteuer fortgesetzt und zwar bei §§. 59 und 60, über welche die Diskussion zu⸗ sammen eröffnet wurde.
§, 59 in der Fassung der Kommission lautet
Für den Betrieb der Gastwirthschaft, der Scha sowie des Kleinhandels mit Branntwein oder Spiritus eine besondere Betriebssteuer zu entrichten.
§. 60 lautet:
Die Betriebssteuer beträgt für Jeden, welcher eines oder mehrere dieser Gewerbe, allein oder in Verbindung mit anderen Ge⸗ werben, betreibt, 1) wenn er von der Gewerbesteuer wegen eines hinter der Grenze der Steuerpflicht zurückblerbenden Ertrages und Anlage⸗ und Betriebskapitals befreit ist (§. 7), 12 ℳ; 2) wenn er zur Gewerbesteuer veranlagt ist: a in der Klasse IV 15 ℳ, b. in der Klasse III 25 ℳ, c. in der Klasse II 50 ℳ, d. in der Klasse I 100 ℳ% Die Steuer wird bei allen Betrieben, welche geistige Getränke verabfolgen, für jede Betriebsstätte be⸗ sonders erhoben.
Abg. Broemel beantragte, sämmtliche Bestimmungen
über die Betriebssteuer zu streichen, Abg. von Christen:
Dem §. 59 als zweiten Absatz hinzuzufügen: Der Betriebs⸗ steuer unterliegen auch die Konsumvereine und andere Vereine, deren Vereinsthätigkeit darauf gerichtet ist, den eigenen Bedarf der Mitglieder an Spirituosen leicht und billig zu beschaffen
Abg. Goldschmidt befürwortete den Antrag Broemel im Interesse der kleinen Schankwirthe, die ohnehin schon einen schweren Stand hätten.
Die Abgg. Robert⸗Tornow und von Tiedemann (Bomst) baten um die Ablehnung dieses Antrages, da sonst erhebliche Einnahmeausfälle entstehen würden und die kleinen Schankwirthschaften keineswegs niedrige Gewinne brächten.
Abg. von Christen trat für die Betriebssteuer ein, um es zu ermöglichen, daß durch die Einnahmen aus derselben das kleine Gewerbe, insbesondere das Handwerk, entlastet werde, und empfahl im Uebrigen seinen Zusatzantrag.
Abg. Schmidt (Hohenzollern) erklärte sich gegen die Betriebssteuer, die eine Ausnahmesteuer sei. Während man im Allgemeinen die Entlastung der kleinen Leute anstrebe, trete hier das Gegentheil zu Tage. Der Gastwirthsbetrieb sei auch durchaus kein leichter und im Verhältniß zum Betriebs⸗ kapital kein besonders gewinnbringender.
Regierungskommissar Geheimer Ober’ ⸗ Finanz ⸗Rath Fuisting erklärte die Regierung von allem Uebelwollen gegen das Gastwirthsgewerbe frei, und stellte lediglich finan⸗ zielle Erwägungen als bestimmend für die Einfüh⸗ rung der Betriebssteuer hin. Er wies außerdem darauf hin, daß die Konzession diesem Gewerbe manchen Vortheil biete, namentlich es bis zu einem gewissen Grade gegen Konkurrenz schütze, was vielleicht die Erhebung einer Konzessionssteuer rechtfertigen würde. Die Leistungsfähigkeit und Zunahme dieser Betriebe ließen ebenfalls die Betriebs⸗ steuer nicht ungerecht und hart erscheinen. Man wolle die Schankstätten lediglich wie bisher, nicht höher und nicht niedriger, besteuern.
Abg. Lückhoff sprach für die Kommissionsfassung mit dem Antrage von Christen, Abg. Bachem (Krefeld) war gegen die Betriebssteuer. v“
1
Abg. Dr. Ritter hielt in Uebereinstimmung mit der Regierungsvorlage 10 ℳ für eine ausreichende Betriebssteuer auf die nicht zur Gewerbesteuer veranlagten Gastwirthschaften.
Abg. Broemel begründete seinen Antrag, indem er ausführte, daß die Betriebssteuer kein geeignetes Mittel sei, der Trunksucht entgegenzuwirken, und daß eine solche Steuer in der Höhe von 12 ℳ die kleinen Gastwirthschaften zu schwer treffe. Auch der Antrag von Christen, der sich auf demselben Boden wie die Vorlage bewege, sei zu verwerfen.
Der General⸗Direktor der direkten Steuern Burghart wies darauf hin, daß der Stand der Gastwirthe selbst eine solche Steuererleichterung, wie sie der Abg. Broemel verlange, nicht beantragt habe. Es würde im Lande nicht verstanden werden, wenn hier zwei Millionen Steuern erlassen würden, nachdem andere Gewerbe nicht ohne Bedenken höher belastet worden seien.
Nachdem noch Abg. von Eynern für die Betriebssteuer gesprochen, wurde ein Antrag auf Schluß der Diskussion an genommen.
Die §§. 59 und 60 warden in der Fassung der Kom⸗ mission angenommen, ebenso die §§. 61 und 62.
§. 63 wurde im zweiten Absatz nach einem Antrage des Abg. von Tiedemann (Bomst) dahin abgeändert, daß die Steuer in vierteljährlichen Beträgen in der ersten Hälfte des zweiten Monats eines jeden Vierteljahres abzuführen ist. Der dritte Absatz wurde auf die im §. 61. bestimmte Steuer beschränkt, ebenfalls nach einem Antrage von Tiedemann.
Die §§. 64 bis 69 wurden unverändert angenommen.
Die §§. 70 bis 73 betreffen die Strafbestimmungen. Die §§. 70 bis 72 wurden unter Ablehnung der Abänderungs⸗ anträge Burghardt (Lauban) und Dasbach unverändert an⸗ genommen. Dem §. 73 wurde nach einem Antrage Eberhard eine andere Fassung gegeben.
Die §§. 74 bis 80 werden ohne Debatte unverändert a nommen und darauf die Berathung auf morgen 11 Uhr ver⸗ tagt; außerdem wurde die dritte Berathung des Gesetzentwurfs auf die Tagesordnung gesetzt.
— Dem Reichstage ist ein Vertrag zwischen dem Deutschen
Reich und Dänemark, betreffend die Aufhebung des Abschosses nd Abfahrtsgeldes, zugegangen, welcher in der Uebersetzung utet:
— Seine Majestät der Deutsche Kaiser, König von Preußen, im Namen des Deutschen Reichs und Seine Majestät de König von Dänemark sich in dem Wunsche geeinigt haben, den Abscho und das Abfahrtsgeld zwischen beiden Ländern aufzuheben, haben di Unterzeichneten auf Grund der ihnen ertheilten Ermächtigung über Folgendes verständigt:
Artikel I. Die unter dem Namen gabella hereditaria (Abschoß) und census emigrationis (Abfahrtsgeld) bekannten Abgaben sollen in Zukunft nicht mehr beansprucht oder erhoben werden, wenn in Folge von Erbfolge, Schenkung, Auswanderung oder aus anderen Gründen ein Vermögensübergang aus dem Deutschen Reich in das Königreich Dänemark oder aus letzterem in das Deutsche Reich stattfindet, und es sollen alle Steuern dieser Art zwischen beiden Ländern abgeschafft sein, mit Ausnahme derjenigen, welche bei Erbfolgen, Kauf oder anderen Anlässen auch dann entrichtet werden müssen, wenn das Ver⸗ mögen im Lande bleibt.
Artikel II. Diese Bestimmung bezieht sich nicht nur auf die⸗ jenigen Abgaben und Steuern der gedachten Art, welche einen Theil
Staatseinkünfte bilden, sondern auch auf diejenigen, welche bisher
von einzelnen Individuen, Gemeinden oder Korporationen er⸗
n werden konnten.
Artikel III. Der gegenwärtige Vertrag ist nicht nur in allen künftigen Fällen, wo eine Nachfolge in ein Vermögen stattfindet, sondern überhaupt auf alle Vermögensübertragungen anwendbar, soweit die Vermögensmassen aus dem betreffenden Lande noch nicht herausgeschafft worden sind.
Artikel IV. Da dieser Vertrag sich nur auf das Vermögen und seine freie Ausfuhr bezieht, so bleiben alle diejenigen Gesetze, welche sich auf die Auswandernden selbst und auf die Verpflichtung zum Kriegsdienst beziehen, in beiden Ländern in Kraft, und die vertrag⸗ schließenden Regierungen sind durch den gegenwärtigen Vertrag in
sin keiner Weise in ihrer zukünftigen Gesetzgebung in dieser Hinsicht beschränkt. Artikel V. Der gegenwärtige Vertrag wird ratifizirt, und die
bezüglichen Ratifikationsurkunden werden so bald als möglich aus⸗ gewechselt werden. Derselbe tritt mit dem Tage Ratifikationsurkunden in Wirksamkeit. Dessen zu haben die Unterzeichneten den gegenwärtigen Vertrag vollzogen und mit ihrem Siegel versehen. Geschehen zu Kopenhagen, in doppelter Ausfertigung,
bruar 1891.
osenörn Lehn.
eordnetenhauses zur Vor⸗ setzentwurfs trat gestern Staatsregierung waren er
— Die Kommission des berathung des sog Sperrgel Abend zusammen. Als Vertreter schienen Finanz⸗Minister Dr. Mi und Ministerial⸗Direktor Dr. Kügler aus dem Kultus Von den Mit⸗ gliedern war Dr. indt weil er sich leidend fühlte. Eine Generaldis kusst wurde nicht abgehalten, demnächst aber bei r. Diskussion des Artikels 1 in eine solche eingetreten. Im Allgemeinen wurden von Freikonservativen und Nationalliberalen die Anträge der Konservativen in der Haupt⸗ sache für acceptabel erklärt. Auch die Mitglieder des Centrums lehnten die Anträge der Konservativen nicht vorweg ab, wenn ihnen auch die Regier ungsvorlage entschieden besser schien. Der Finanz⸗Minister erklärte gleichfalls die Regierungsvorlage für angemessener, als die Anträge der Konservativen. Als Art. I. haben die Konservativen beantragt: Von denjenigen Be⸗ trägen, welche in Gemäßheit des Gesetzes vom 22. April 1875, be⸗ treffend die Einstellung der Leistungen aus Staatsmitteln, aufgesam⸗ melt sind, kommen 1) im Erzbisthum Köln, 2) Erzbisthum Posen⸗ Gnesen u. s. w, wie in der Vorlage, zusammen 16 009 333 ℳ 07 ₰ nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen zur Verwendung. Die Kommission nahm diesen Antrag mit 15 gegen 4 Stimmen an. Art. II. wurde auch nach dem Antrage der Konservativen genehmigt.
Nr. 9 der Veröffentlichungen des Kaiserlichen Ge⸗ sundheitsamts vom 3. März 1891 hat folgenden Inhalt: Ge⸗ sundheitsstand. Volkskrankheiten in der Berichtswoche. — Cholera⸗ Nachrichten. — Gesundheitsverhältnisse im Reg.⸗Bez. Köslin 1886/88 — Sterbefälle in deutschen Städten mit 40 000 und mehr Einwohnern. — Desgl. in größeren Städten des Auslandes. — Erkrankungen in Berliner Krankenhäusern. — Desgl. in deutschen Stadt⸗ und Land⸗ bezirken. — Witterung. — Zeitweilige Maßregeln gegen Volks⸗ krankheiten. — Thierseuchen in der Schweiz 1890, 4. Vierteljahr und ganzes Jahr. — Schafräude in den Niederlanden. — Veterinär⸗ polizeiliche Maßregeln. — Medizinal⸗Gesetzgebung u. s. w. (Preußen.) Leichenöffnungen. — Unfallverhütung in der Staatsbauverwaltung. — (Reg.⸗Bez. Bromberg.) Apothekengeräthe. — (Reg.⸗Bez. Düsseldorf.) Kindbettfieber. — Ausübung der Zahnheilkunde. — Ansteckende
25 N
Krankheiten. — Auftrieb der Kühe auf den Viehmarkt. — Tödten