licher Untersuchung als unrichtig berausstellen. Die militärgerichtliche Untersuchung habe aber in der Hauptsache diese Thatsache bestätigt und dem Verfasser eine 14 tägige Arreststrafe eingetragen, weil er die ihm zur Kenntniß gekommenen Mißhandlungen nicht der vorgesetzten Behörde angezeigt habe! So habe eines Tages ein Unteroffizier einen Soldaten beschimpft und mißhandelt und dann Psagt: nachher stellst Du Dich hin und dann muß die ganze Abtbeilung ir ins Gesicht spucken! Ein Trainsoldat sei angehalten worden, im Stalle fortgesetzt zu rufen: Ich bin ein dummes Luder! Daß das Zustände seien, die mit der Civilisation nicht in Einklang zu bringen seien, brauche er nicht auszuführen. Die Soldaten wagten es bei dem heutigen Meldesystem kaum, sich über ihre Vor⸗ gesetzten zu beschweren. Danach sei es nicht verwunderlich, wenn die Zahl der Selbstmörder in der Armee in stetem Wachsen sei. Nach dem amtlichen Sanitätsbericht der Königlich preußischen, sächsischen und württembergischen Armee von 1884—88 hätten sich 948 Mann selbst entleibt. Die Zahl der Selbstmorde verhalte sich zu der Zahl der übrigen Todten in der Armee wie 22,5: 100. Erreichte im civilen Leben die Zahl der Selbstmorde ein Viertel der Todten, so würde ein allgemeines Entsetzen ausbrechen und Jeder bestrebt sein, diesem furchtbaren Zustande ein Ende zu machen. In jenem Sanitäts⸗ bericht würden die Gründe dieser Selbstmorde sehr verschleiert wieder⸗ gegeben. Bezeichnend sei, daß als Selbstmörder aus Furcht vor Strafe 314 genannt würden. Das Militärstrafgesetzbuch sei ja auch ein barbarisches. Soweit man von Bestrafungen höre — nur in Bayern sei ja das Verfahren öffentlich, im Uebrigen bestehe gewisser⸗ maßen eine geheime Vehme — würden die Vorgesetzten sehr gelinde bestraft, die Untergebenen aber mit grausamer Härte. Es sei die höchste Zeit, daß die Militärverwaltung sich endlich einmal mit der Frage abgebe, wie diesen Mißbräuchen ein Ende ge⸗ macht werden könne. Wenn man jene Berichte durchlese, so koͤnne man sich nicht der Befürchtung erwehren, daß die Militärärzte bei der Feststellung der Thatsachen den Offizieren zu Liebe die Dinge nicht so dargestellt hätten, wie sie eigentlich seien. Es komme vor, daß Militärärzte ein Attest ausstellten, um den Vorgesetzten die Möglich⸗ keit zu bieten, den betreffenden Hauptmann oder Major mit Anstand aus dem Dienst entlassen zu können. Das beweise, daß die Stellung der Militärärzte im Großen und Ganzen eine unwürdige sei, daß sie vielfach genöthigt seien, Rücksichten zu nehmen, die mit ihrer wissenschaftlichen Ueberzeugung und ihrer Stellung nicht zu vereinbaren seien. Im ersten Dienstjahre habe die Zahl der Selbstmorde 405 betragen, im 2. 192, im 3. 112, im 4. 144 und in den höberen Dienst⸗ jahren 188. Diese letztere Zahl sei überraschend. Die Chargirten nähmen sich oft das Leben aus Furcht vor Strafe wegen Miß⸗ handlung der Untergebenen, wie dies noch letzthin in Erfurt passirt sei. Man schärfe den Soldaten ein, ihre Pferde menschlich zu behandeln, weil die Thiere so am Besten ihren Zweck erfüllten. Soldaten gegenüber scheine man diese Rücksicht nicht zu nehmen, obwohl doch bekanntlich human behandelte Soldaten mindestens ebenso gut ihren Dienst verrichteten, wie die anderen. Unter dem Train grassirten die Selbstmorde am Meisten, obwohl die Dienstzeit nur sechs Monate betrage; ihre Zahl sei doppelt so hoch wie bei der Kavallerie. Das Militär⸗Strafprozeß⸗ verfahren müsse endlich von Grund aus verändert werden. Es heiße, daß seit einer Reihe von Jahren zwischen den verbündeten Regierungen über diesen Punkt Unterhandlungen beständen; man solle sich bemüht haben, die bayerische Regierung zu bewegen, auf das in Bavern bestehende Militärgerichtsverfahren zu verzichten, um ein allgemeines, gleichmäßiges Militärgerichtsverfahren durch ganz Deutschland herzustellen. Dazu solle die baverische Regierung nicht geneigt sein. Die Oeffentlichkeit des Verfahrens würde am Besten dazu beitragen, daß die Vorgesetzten human und menschlich mit ihren Soldaten umgingen. Es sei kaum glaublich, daß Richter, Ankläger und Vertheidiger in der Person des Auditeurs in einer Person vereinigt seien. Die Einrichtung des einjährig⸗freiwilligen Dienstes begünstige lediglich die Söhne der herrschenden Klassen. Was solle man aber dazu sagen, daß Hallenser Studenten als Ein⸗ jährige unter den Augen ihrer Offiziere auf der Mensur lägen, und die Militärverwaltung habe alle Ursache, einmal sehr ernste Umschau zu halten, ob diesen Mißbräuchen nicht ein Ende gemacht werden könne. Er erkläre rund heraus, daß er es sich von jetzt ab geradezu zur Aufgabe machen werde, jede Mißhandlung im Laufe des Jahres festzustellen und daß er Veranlassung nehmen werde, diesen Gegenstand zu einem stehenden Thema in den Berathungen des Reichstages zu machen. Kriegs⸗Minister von Kaltenborn⸗Stachau:
Meine Herren! Der Herr Vorredner hat es für gut befunden, hier die Zustände der Armee in einem Lichte zu schildern, dessen Zweck mir im Augenblick nicht ganz klar ist. Ich glaube, die Absicht, auf die Mehrheit des hohen Hauses in der Beziehung zu wirken, hat er wohl nicht gehabt, und ich hoffe, daß an allen den Stellen, auf die die Rede gemünzt ist, sie nicht den Anklang finden wird, den der Herr Abgeordnete beansprucht. Ich hoffe, die Armee wird sich nicht aufregen lassen durch die Rede, die soeben hier gehalten ist, und glauben, daß in der Weise die Zustände wirklich allgemein verbreitet wären, wie der Herr Ab⸗ geordnete es geschildert hat. (Bravo! rechts.) Es bedurfte der Mahnung aus dem Hause nicht, daß die Heeresverwaltung in allen Stellen darauf aufpaßt und sich danach erkundigt, daß den Neigungen zu Mißhandlungen entgegen getreten wird. Aber, meine Herren, ich fordere den Beweis, daß irgend eine zur Kenntniß der Vorgesetzten gekommene Mißhandlung nicht die gesetzliche Sühne gefunden habe. (Bravo!l rechts.) Es ist von dem Herrn Vorredner auf Grund von Broschüren und Zeitungsartikeln eine Menge von Beschwerden behauptet worden. — Ein einziger Blick in das Militärstrafgesetzbuch hätte den Herrn Vorredner sofort überzeugen können, daß die Grund⸗ lagen falsche sind, auf denen er seine Behauptungen aufbaut. Es wird an jeder Stelle von oben herunter, von der Allerhöchsten Stelle mit der größten Sorgfalt überwacht die Behandlung ber Unter⸗ gebenen und der gemeinen Soldaten. Daß trotzdem Ausschreitungen vorkommen, daß auch Mißhandlungen vorkommen, ist erklärlich. Die Unteroffiziere sind junge Leute, die Offiziere sind ebenfalls tunge Leute in den ersten Dienstjahren, — daß die im Moment der Uebereilung sich dazu hinreißen lassen, gesetzwidrig zu handeln, kommt vor, und ich glaube, das kommt überall und auf allen Gebieten vor. Aber ich glaube, es wäre nur richlig, die Vorwürfe gegen die Armee zu schleudern, die hier dagegen geschleudert worden sind, wenn nachgewiesen werden könnte, daß nicht mit aller Entschiedenheit und mit sehr strengen Gesetzen dem entgegengetreten wird. (Sehr richtig! rechts.)
Ich kann natürlich auf alle die Punkte, die hier zur Sprache ge⸗ kommen sind, nicht im Einzelnen eingehen, denn auf alle konnte ich nicht vorbereitet sein. Das Hauptfundament der eben gemachten Bemerkungen des Herrn Vorredners bildet die Broschüre von Abel. Es ist zuzugeben, daß das Meiste von dem, was dort behauptet wird in Bezug auf Mißhandlungen, vorgekommen ist. (Hört, hört!) Aber, wie der Herr Vorredner selbst gesagt hat: ein Vierteljahr, nachdem Abel diese Bemerkungen gemacht hat, starb der betreffende Hauptmann am Irrsinn. Andererseits ist die Frage wohl auch berechtigt, warum hat das Niemand gemeldet? Ja, der Hauptmann hat über ein Vierteljahr lang allein als Offizier bei der Compagnie fungirt, die Offiziere fehlten und waren nicht zu ersetzen, und diejenigen Leute, die als Offizierdienstthuer die Gelegenheit hatten, diese Dinge zur Sprache zu bringen, thaten es aus Scheu vor Unbeguemlichkeiten
nicht. Wie sollten die Behörden die Sache erfahren? Uebrigens möchte ich den Herrn Abgeordneten beruhigen: es ist, ehe die Broschüre von Abel erschienen ist und auch nachdem sie erschienen war, den Vorfällen nachgeforscht worden, und es sind sehr zahlreiche und recht strenge Bestrafungen verfügt worden.
Es ist erwähnt worden, daß der Beschwerdeweg einer Aenderung bedürfe. Ich glaube, auch wenn Jemand nach der Abel'schen Broschüre die Bestimmungen über die Beschwerdeführung läse, so würde er die Bestimmungen nicht so komplizirt und schwierig finden, wie das Abel schildert. Es ist in der denkbar einfachsten Weise dem Mann der Weg geöffnet, wie er zur Beschwerde kommen kann. Es ist jeder Vorgesetzte bei schweren Strafen verantwortlich, die Beschwerde weiter zu reichen. Die Beschwerde hat keine Grenze als bei der Allerhöchsten Person. Es ist also ein Instanzenzug, wie ihn kein Gericht und keine andere Behörde hat, und die Kautelen be⸗ stehen nur darin, daß wirklich böswillige und auf Grund un⸗ wahrer Thatsachen behauptete Beschwerden unter Strafe gestellt werden. Im Uebrigen wird der Mann gewarnt, sich nicht unvorsichtig und unbegründet zu beschweren.
Die Kernfrage ist nun aber, daß die Frage der Mißhandlung mit der Frage des Beschwerdewegs überhaupt nichts zu thun hat⸗ sondern es unterstehen ganz andere Dinge, die im Disziplinarwege erledigt werden können, dieser Kompetenz der Beschwerdeführung. Ist der Soldat mißhandelt, so geht er zum Feldwebel und meldet und damit ist die Sache erledigt. (Widerspruch links.) Ja, die Gesetze sind da, die das bestimmen.
Es ist ja nun auch zu erwarten nach den Versprechungen, die der Herr Abgeordnete eben gemacht hat, und nach dem, was wir in den Zeitungen jetzt erleben, daß auch nicht der kleinste Fall der Mißhandlung wahrscheinlich mehr verschwiegen werden wird. Und ich kann versprechen, daß alle Fälle, die den höheren Vorgesetzten bekannt werden, voll nach der Strenge des Gesetzes untersucht und geahndet werden.
Es ist ferner eines Vorfalls in Aurich erwähnt, wo den Schul⸗ lehrern ein gewisser Vorwurf gemacht worden ist. Ich glaube, daß das, soviel ich berichtet bin, seinen Grund darin hat, daß die Offiziere etwas aufgebracht darüber waren, daß die Hälfte der Rekruten, die in diesem Jahre eingestellt waren, den Namen Seiner Majestät des Kaisers und Königs nicht kannten; und ich glaube, da mochten sich die Offiziere wohl zu Aeußerungen den Schullehrern gegenüber haben hinreißen lassen, die denselben nicht gefallen haben. Ich glaube aber, ein Beweis von großer Begabung für die Schullehrer mag das auch nicht gewesen sein.
Dann ist über Selbstmorde in der Armee auch Verschiedenes von den Herren Vorrednern behauptet worden. Ich weiß nicht, auf welche Akten⸗ stücke und Mittheilungen hin dies geschehen ist. Mir ist im Augenblickeidie Statistik nicht zur Hand, aber ich stelle sie gern zur Verfügung, im Ministerium wird die Sache sorgfältig verfolgt. Die Erfahrung, die wir gemacht haben, ist die, daß seit 1881 bis jetzt die Selbstmorde stetig erheblich in der Armee abgenommen haben. (Hört! rechts.) Es ist ferner die Erfahrung gemacht, daß Mißhandlungen nur zum ganz geringsten Theile Ursache waren, sondern wie die Aerzte, die doch wohl auch glaubwürdige Männer sind, die die Sache bearbeiten, be⸗ haupten, hängt die Neigung zum Selbstmord von Stammesverhält⸗ nissen, von geographischen Verhältnissen, von verschiedenen Vorgängen in den verschiedenen Rassen und Stämmen ab, und die Verhältnisse in der Armee sind nicht anders wie in der Civilbevölkerung.
Im Uebrigen, wenn der Beweis, daß der Selbstmord durch Miß⸗ handlung hervorgerufen ist, geführt wird, so kann ich nur wieder⸗ holen, wird diese in der ernstesten Weise verfolgt und bestraft.
Ich glaube also, daß doch die ganze Art und Weise, wie von dem Herrn Vorredner die Zustände in der Armee geschildert wurden, nicht dem entspricht, wie es ist, wie es wirklich zugeht. Ich gebe zu, daß wohl, wie es bei einer großen Anzahl von Personen und Menschen nicht anders sein kann, Mißstände vorkommen, aber ich muß ent⸗ schieden bestreiten, daß nicht von allen Stellen mit dem größten Ernst und der größten Gewissenhaftigkeit dahin gearbeitet wird, diesen Miß⸗ ständen entgegenzutreten und diejenigen, die sich der Vergehen schuldig machen, unter Strafe zu stellen. 3
Etwas Weiteres, glaube ich,zkann man von der Heeresverwaltung nicht verlangen. (Bravo! rechts.)
Abg. Bebel: Er habe nur verlangt, daß die Militärverwaltung diesen Dingen größere Aufmerksamkeit schenke, als das bisher der Fall gewesen sei, um den unleugbar vorhandenen Mißständen zu begegnen. Er habe nicht gesagt, daß diese Zustände allgemein vorhanden seien, sondern nur in wesentlichen Theilen der Armee, und habe sogar aus⸗ drücklich betont, daß vielleicht die Mehrheit der Vorgesetzten von humanen Gesinnungen beseelt sei. Der Kriegs⸗Minister habe damit begonnen, daß er gemeint habe, er (Redner) habe es für gut befunden, diese Dinge zur Sprache zu bringen. Das sei sein Recht als Volksvertreter, und er werde sich nicht davon abbringen lassen. Wenn die Vorführung solcher Thatsachen eine gewisse Erregung in die Armee bringe, dann möge man ihn nicht dafür ver⸗ antwortlich machen, sondern Diejenigen, welche solche Zustände hervorriefen. Der Kriegs⸗Minister habe von schweren Bestrafungen gesprochen, die eingetreten seien. Das freue ihn (den Redner). Sei cs aber auch eine Bestrafung des Premier⸗Lieutenants Nadler gewesen, der eine Trense den Leuten in den Mund gelegt habe, sie auf allen Vieren in dem Kasernenhofe spazieren und wie Hunde habe bellen lassen, zum Hauptmann befördert zu werden? Wenn jederzeit die Be⸗ strafung in solcher Belohnung bestehe, dann dürfte man sehr lange warten, bis die von ihm gerügten Zustände abnähmen. Die Be⸗ stimmungen über den Beschwerdeweg seien sehr klar und einfach. Wenn trotzdem die Soldaten in der ungeheuren Mehrzahl nicht wagten, die Beschwerde anzubringen, so geschehe das, weil sie ganz genau wüßten, daß von dem Augenblick an ihnen das Leben so sauer gemacht werde, daß sie eine zweite Beschwerde gern unterließen. Das sei die allgemeine Erfahrung. Ihm sei auch wohlbekannt, daß der Allerhöchste Kriegsherr eine ausdrückliche Verordnung erlassen haben solle, wonach unter Androhung der schwersten Strafen die Mißhand⸗ lungen unterbleiben sollten. Wenn trotzdem die Zeitungen fortgesetzt solche Dinge brächten, so sei das ein erschreckender Beweis, wie fest das bisherige System eingewurzelt sei. Hier bedürfe es anderer Mittel. Zur Entschuldigung des Verhaltens der Offiziere gegen die Landwehrleute in Aurich führe der Kriegs⸗Minister an, daß die Re⸗ kruten nicht einmal den Namen des Kaisers gewußt hätten. Wie könne man denn die Landwehrleute dafür verantwortlich machen? Die schlechte Behandlung habe sich übrigens nicht bloß gegen die Schullehrer, sondern gegen die ganze Compagnie gerichtet. Daß die Selbstmorde aus Rassenabstammung oder gewissen Stammesneigungen entständen, das festzustellen sei dem Kriegs⸗Minister vorbehalten geblieben. Die verschiedenen Armee⸗Corps partizipirten daran, und un⸗ 8 sei die Behandlung der Soldaten in erster Reihe die
rsache.
Abg. Szmula: Der Abg. Bebel habe ein Zerrbild von den Zuständen der deutschen Armee entworfen. Es sei bis auf wenige Ausnahmen vollständig unwahr, daß der Soldat nirgends in der Armee Recht finden Der Weg der Beschwerde sei jedem
Rekruten vorgeschrieben und nicht verschränkt. Der Kriegs⸗Ministe habe die Mißhandlungen darauf zurückgeführt, daß die Unteroffiziere zum Theil junge Leute seien. Die Linke habe neulich gegen di Unteroffizierprämien gestimmt und habe es dadurch unmöglich mache wollen, daß die Unteroffiziere nicht bloß 2 bis 3 Jahre, sondern 12 Jahre in der Armee verblieben. Die Oeffentlichkeit des Militär⸗ strafverfahrens sei nicht zulässig. Der Abg. Bebel spreche von einer gebeimen Vehme. Daß es für den Offizier und für seine Stellung dem Mann gegenüber nicht angenehm sein könne, wenn bei der Ver hbandlung so und so viel Sozialdemokraten in den Raum kämen und sich später darüber lustig machten, oder wenn die Sache in der Presse breit getreten werde, unterliege keinem Zweifel fü Jeden, der selbst in der Armee gedient habe. Er könne eine ganze Reihe von Offizieren, Hauptleuten u. s. w. nennen, die in einer ganz anderen Art und Weise, als es der Abg. Bebel geschilder
habe, dem Unteroffizier und gemeinen Mann gegenüberträten, sie seien ihre wahren Freunde, sorgten für ihre Familien — von den vielen Beispielen von Großherzigkeit und Wohlthätigkeit werde natürlich nicht geredet, aber komme einmal ein Uebergriff vor, so werde er hier genau aufgeführt, weil es im Interesse mancher Partei außerhalb des Hauses liege, die Disziplin im Heere zu lockern und ihre Ideen im Heere zu verbreiten, Der Abg. Bebel habe die Aerzte besonders in einem ganz eigenthümlichen Lichte dargestellt, als bätten diese gar kein Ehrgefühl, aber die Aerzte hätten wahrscheinlich mehr Ehrgefühl, als Mancher, der sie hier angreife. Der Abg. Bebel habe versucht, in solcher Art und Weise die Aerzte bloßzustellen — gelungen sei es ihm nicht. Also der größte Theil der Angriffe de
Abg. Bevel falle in sich zusammen, die Armee sei bestrebt, jeden Soldaten vor jeder Mißhandlung zu schützen, jede einzelne Ueber⸗ tretung zu untersuchen, jeden Uebertreter zu bestrafen, mehr könne sie nicht thun! .“
Abg. Hinze: Der Abg. Szmula sei sein Lehrer in der ersten Zeit seiner militärischen Carrière gewesen, dennoch müsse er ein⸗ zelnen seiner Ausführungen entgegentreten. Er stimme aber mit ihm überein bezüglich der Militär⸗Aerzte. Die Ursachen der Selbst⸗ morde kämen, das wisse er aus langer Erfahrung, häufig erst durch die Aerzte zur Kenntniß der Vorgesetzten, die Aerzte erfüllten ihre Pflicht in sorgfältigster und humanster Weise. In Bezug auf das Militärprozeßverfahren aber müsse er dem Abg. Szmula entgegen⸗ ftreten. Bezüglich der Einführung des bayerischen Verfahrens auch in die preußische Armee seien nicht alle Fraktionsgenossen des Abg. Szmula seiner Meinung, bei dem hier so schmerzlich vermißten Abg. Dr. Windthorst sei er (Redner) davon überzeugt, vom Abg. Dr. Reichensperger wisse er es positiv, denn dieser habe schon früher mit dem nationalliberalen Hrn. von Bernuth die Einführung der Oeffentlichkeit für alle deutschen Militärstrafprozene beantragt. Daß der untersuchungführende Offizier oder der Auditeur drei Seelen in sich vereinige, sei keine Mythe: er habe drei Jahre lang als unter⸗ suchungführender Offizier die Funktionen des Untersuchungsrichters, des Staatsanwalts und des Vertheidigers in sich vereinigen müssen — das sei doch dem heutigen Begriff der Rechtspflege gegenüber un⸗ haltbar! Aber es sei eine Mythe, daß eine Verfügung bestehe, wo⸗ nach kein wegen Mißhandlung bestrafter Offizier darum Schaden in seinem Avancement leiden solle, — ein zweimal wegen Miß⸗ handlung oder wegen Duldens einer solchen bestrafter Offizier dürfe nicht mehr lange in der Armee bleiben. Viele Hauptleute hätten gegen die Mißhandlungen die größten Vorsichtsmaßregeln er⸗ griffen, aber häufig gehe bei den jungen Unteroffizieren das Blut durch, das sei unvermeidlich. Der Abg. Szmula habe Diejenigen, die gegen die Unteroffizierprämie gestimmt hätten, verantwortlich dafür gemacht, daß die Armee junge Unteroffiziere habe, aber das dritte bis fünfte Dienstjahr der Unteroffiziere werde doch auch durch die Prämien nicht beseitigt. Dem Kriegs⸗Minister bestreite er, daß diese Frage nur die Armee angehe, sie gehe das ganze Volk an, und die Volks⸗ vertreter müßten darauf achten, daß der einzelne Staatsbürger die ihm zustehenden Rechte auch während seiner Militärdienstzeit nicht ver⸗ liere. Er gebe dem Kriegs⸗Minister zu, daß alle zur Kenntniß der Vorgesetzten kommenden Mißhandlungen bestraft würden, aber eben das sei das Unglück, daß kaum die Hälfte aller Mißhandlungen zur Kenntniß der Vorgesetzten kämen; die meisten Mißhandlungen kämen in dem kleinen, inneren Dienst vor, dem selten ein Offizier beiwohne. Man müßte die Erziehung der Unteroffiziere ändern und den kleinen Dienst so regeln, daß der Unteroffizier nie vor Revi⸗ sionen sicher sei. Die größte Feigheit sei, daß die Unteroffiziere die Leute nicht selbst mißhandelten, sondern die Kameraden ver⸗ anlaßten, dem Einzelnen durch Prügel „Raison“ beizubringen. Ueber⸗ eilungen kämen freilich bei Jedem vor, auch er, das gestehe er, sei in seinen jungen Jahren nicht frei davon gewesen. Der Beschwerdeweg sei nicht so mit Fuß⸗ angeln versehen, wie sonst sehr lesenswerthe Broschüren meinten, sondern er sei sehr einfach, könne aber nur dann wirksam werden, wenn die Leute durch die Instruktion verpflichtet würden, jede Miß⸗ handlung zu melden. Nun kämen freilich die Leute oft aus solchen Kreisen in die Armee, daß sie körperliche Züchtigungen gewohnt seien und nicht als etwas Schmachvolles empfänden. Da müßten alle Ge⸗ sellschaftskreise dahin mitwirken, daß das Ehrgefühl all⸗ gemein so hoch stehe, daß jeder junge Soldat in einer Miß⸗ handlung etwas Beschämendes sehe. Wollte die Heeres⸗ verwaltung erklären, daß sie ihr Augenmerk auf die von ihm erwähnten Punkte lenken wolle, so würde sie große Beruhigung in weiten Kreisen des Volkes verbreiten und erreichen, daß Alle ihre Kinder mit Lust und Liebe, nicht mit Unlust und Furcht in die Armee eintreten sähen! (Beifall links.)
Abg. v. Kardorff: Daß die Eltern ihre Kinder mit einer ge⸗ wissen Beunruhigung in den Dienst treten sähen, sei nicht richtig; er sehe bei allen Aushebungen nur, daß die Rekruten mit Lust und Liebe in den Dienst träten. Die Selbstmorde in der englischen und fran⸗ zösischen Armee seien viel größer als bei der deutschen. Die Nation blicke mit Stolz auf die Erziehung in der Armee zurück, das beweise der Umstand, daß gediente Leute überall vorgezogen würden, weil sie zum Pflicht⸗ und Ehrgefühl erzogen seien. Das werde auch so bleiben, trotz aller Versuche des Abg. Bebel.
Das Kapitel Kriegs⸗Ministerium wird genehmigt und darauf um 51 ½ Uhr die weitere Berathung bis Sonnabend 1 Uhr vertagt.
8
Entscheidungen des Reichsgerichts.
Die gegen einen preußischen Minister gerichtete Beleidigung kann, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, I. Strafsenats, vom 8. Dezember 1890, auf Grund eines von dem Ministerial⸗ Direktor dahin unterzeichneten Strafantrages: „Der Minister:... * (Name des Direktors) nicht verfolgt werden.
— Die vierzehntägige Frist des §. 12 des preuß. Stempel⸗ gesetzes vom 7. März 1822 zur Nachbringung des Stempels ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, II. Strafsenats, vom 16. Januar 1891, wenn einer der Kontrahenten später als der andere die Vertragsurkunde unterschrieben hat, erst vom Tage der
Vollendung der Urkunde durch die letzte Unterschrift zu berechnen,
selbst wenn das Zeitdatum der Urkunde ein früheres ist.
8 ““ 5 11 “ ““
1. Zweite Beilage ichs⸗Anzeiger und Königlich Preu
*
Berlin, Sonnabend, den 14. März
ßischen
1898.
— — —— nnneon * 8 2
Personalveränderungen
Königlich Preußische Armee.
Offiziere, Portepee ⸗Fähnriche ꝛc. Abschieds⸗ bewilligungen. Im aktiven Heere. Berlin, 10. März. v. Natzmer, Oberst a. D., zuletzt à la suite des damaligen Gren. Regts. Kronprinz (1. Ostpreaß) Nr. 1 und Kommandant von Torgau, mit seiner Pension und der Erlaubniß zum ferneren Tragen der Uniform des gedachten Regts., v. Ploetz, Major a. D., zuletzt etatsmäß. Stabsoffizier des Kür. Regts. von Seydlitz (Magdedurg.) Nr. 7, mit seiner Pension und der Erlaubniß zum ferneren Tragen der Uniform des gedachten Regts., — zur Disp. gestellt.
8 Beamte der Militär⸗Verwaltung. Durch Verfügung des Kriegs⸗Ministeriums. 8. Ja⸗
nuar. Heidelmayer, Stratmann, Proviantamts⸗Assistenten
in Köln bezw. Koblenz, nach Koblenz bezw. Köln versetzt.
9. Januar. Zeitz, Hecht, Proviantamts⸗Assistenten in Hofgeismar bezw. Kassel, nach Kassel bezw. Hofgeismar versetzt.
11. Januar. Giersch, Proviantamts⸗Controleur in Braun⸗ schweig, unter Ernennung zum Proviantamts⸗Rendanten, nach Langensalza versetzt.
12. Januar. Lasch, Proviantamts⸗Anwärter, als Proviant⸗ amts⸗Assist. in Wittenberg angestellt.
13. Januar. Hausdörffer, Proviantamts⸗Anwärter, als Proviantamts⸗Assist. in Schwedt a. O. angestellt.
16. Januar. Hartung, Proviantamts⸗Anwärter, als Proviant⸗ amts⸗Assist. in Rastatt angestellt. Dahms, Proviantamts⸗Assist. in Rastatt, nach Itzehoe, Müller, Proviantamts⸗Rendant in Fürsten⸗ walde, als Proviantmeister auf Prodoe nach Gumbinnen, Zimmer⸗ mann, Proviantamts⸗Rendant in Gumbinnen, nach Rathenow, Willer, Proviantamts⸗Controleur in Magdeburg, unter Ernennung zum Proviantamts⸗Rendanten nach Fürstenwalde, — versetzt.
18. Januar. Hoffmann, Proviantmeister auf Probe in Hagenau zum Proviantmeister ernannt. e.Fr
3. Februar. Rübsamen, Hauptm. a. D., mit Wahrneh⸗ mung der Garn Verwalt. Inspektorstelle in Flensburg beauftragt, als Garn. Verwalt. Insp. daselbst, Schimmelmann, Milit. Anwärter, als Kasernen⸗Insp. in Straßburg i. E., — angestellt.
4. Februar. Reins, Zahlmstr. von der 3. Abtheil. Feld⸗Art. Regts. Nr. 35, zum Füs. Bat. Gren. Regts. König Friedrich Wilhelm IV. (1. Pomm.) Nr. 2, Lietz, Zahlmstr. vom 1. Bat. Inf. Regts. von der Goltz (7. Pomm.) Nr. 54, zur 3. Abtheil. Feld⸗Art. Regts. Nr. 35, — versetzt.
12. Februar. Schüttgens. Milit. Anwärter, als Kasernen⸗ Insp. in Mainz angestellt. Felmberg, Kasernen⸗Insp. in Neu⸗ Breisach, nach Goslar, Böttger, Kasernen⸗Insp. in Stade, nach Neu⸗Breisach, — versetzt.
13. Februar. Fürll, Kasernen⸗Insp. in Posen, auf seinen Antrag zum 1. April 1891 mit Pension in den Ruhestand versetzt.
16 Februagr. Graef, Proviantamts⸗Anwärter, als Proviant⸗ amts⸗Assist. in Leobschütz angestellt.
18. Februar. Bremer, Proviantamts⸗Rendant in Rathenow, als Proviantmeister auf Probe nach Diedenhofen, Lefé vre, Proviant⸗ meister auf Probe in Diedenhofen nach Dieuze, — versetzt.
20. Februar. Ehrlich, Kasernen⸗Insp. in Königsberg i. Pr.,
nach Insterburg versetzt. Bornschein, Milit. Anwärter, als Kasernen⸗ Insp. in Karlsruhe angestellt. 2286. Februar. Giersch, Milit. Anwärter, als Kasernen⸗Insp. in Danzig angestellt. Brandt, Garn. Verwalt. Ober⸗Insp. in Küstrin, nach Graudenz, Loll, Garn. Verwalt Ober⸗Insp. in Grau⸗ denz, nach Küstrin, — versetzt.
Durch Verfügung der General⸗Kommandos. Zahl⸗ meister. a. versetzt: Moll vom 3. Bat. Inf. Regts. Freiherr von Sparr (3. Westfäl.) Nr. 16, zum 2. Bat. Westfäl. Fuß⸗Art. Regts. Nr. 7, Maven von der 2. Abth. Feld⸗Art. Regts. von Holtzendorff (1. Rhein.) Nr. 8. zum 2. Bat. 6. Rhein. Inf. Regts. Nr. 68, Roll vom letztgenannten Truppentheil, zur Kriegsschule in Engers, Schröder vom Magdeburg. Jäger⸗Bat. Nr. 4, zum 1. Bat. 2. Bad. Gren. Regts. Kaiser Wilhelm I. Nr. 110, Marwede von der 2. Abtheil. 2. Bad. Feld⸗Art. Regts. Nr. 30, zum 2. Bat. 5. Bad. Inf. Regt. Nr. 113, Tschirdewahn vom letztgenannten Truppentheil, zum 1. Bat. 4. Bad. Inf. Regts. Prinz Wilhelm Nr. 112, Frenkel vom 3. Bat. Inf. Regts. Nr. 131, zum 1. Bat. Inf. Regts. Graf Barfuß (4. Westfäl.) Nr. 17; — b) in Folge Er⸗ nennung überwiesen: Schmarling dem 3. Bat. Inf. Regts. Graf Barfuß (4. Westfäl.) Nr. 17, Völker dem 2. Bat. 4. Oberschles. Inf. Regts. Nr. 63, Baschta der 2. Abtheil. Feld⸗Art. Regts. von Holtzendorff (1. Rhein.) Nr. 8. 8 —
Königlich Bayerische Armee.
Offiziere, Portepee⸗Fähnriche ꝛc. Ernennungen, Be örderungen und Versetzungen. Im aktiven Heere. 7. März. Vogl, Oberst⸗Lt. z. D. und Landw. Bezirk⸗Comman⸗ deur von Kissingen nach Landau, Frhr. v. Poißl, Oberst z. D. und Landw. Bezirks⸗Commandeur, von Gunzenhausen nach Kissingen, — in gleicher Eigenschaft versetzt. Mayer, Major a. D., unter gleich⸗ zeitiger Versetzung zu den zur Disp. stehenden Offizieren, zum Com⸗ mandeur des Landw. Bezirks Gunzenhausen ernannt.
8. März. Hinzler, Sec. Lt. des 18. Inf. Regts. Prinz Ludwig Ferdinand, unter Stellung à la suite dieses Truppentheils, auf die Dauer eines Jahres beurlaubt.
Durch Verfügung des Kriegs⸗Ministeriums. Hof⸗ mann, Sec. Lt. des 10. Inf. Regts. Prinz Ludwig, auf die Dauer von sechs Monaten für probeweise Dienstleistung zum 2. Train⸗Bat. iʒex 3
schiedsbewilligungen. Im aktiven Heere. 5. März. Frhr. Ebner v. Eschenbach, Pr. Lt. des 5. Feld⸗Art. Regts., mit der Erlaubniß zum Tragen der Uniform der Abschied bewilligt. März. Sonntag, Oberst Lt. z. D., und Commandeur des Landw. Bezirks Landau, mit Pension und mit der Erlaubniß zum Tragen der Uniform des 15. Inf. Regts. König Albert von Sachsen der Abschied bewilligt. 8. März. Neidl, Major a. D., die Aussicht auf Anstellung im Civildienst ausnahmsweise nachträglich verliehen.
Im Sanitäts⸗Corps. 8. März. Sänger (Erlangen), Fleig (Würzburg), Unterärzte der Res., zu Assist. Aerzten 2. Klasse der Res. befördert.
Durch Verfügung des Kriegs⸗Ministeriums. Port, einjährig⸗freiwilliger Arzt vom 2. Train⸗Bat., zum Unterarzt im 9. Inf. Regt. Wrede ernannt und mit Wahrnehmung einer vakanten Assist. Arztstelle beauftragt.
„Beamte der Militär⸗Verwaltung.
7. März. Knoch, Veterinär 1. Kl. vom 2. Chev. Regt. Taxis, zum 1. Feld⸗Art, Regt. Prinz⸗Regent Luitpold versetzt. van Bömmel, Unter⸗Veterinär, zum Veterinär 2. Kl. im 2. Feld⸗Art. Regt. Horn befördert.
XIII. (Königlich Württembergisches) Armee⸗Corps.
DOffiziere, Portepee⸗Fähnriche ꝛc. Ernennungen, Beförderungen und Versetzungen. Im aktiven Heere. 9. März. v. d. Osten, Königl. Preuß. Gen. Major à la suite der Armee, von dem Kommando der 53. Inf. Brig. (3. Königl. Württemberg.) enthoben. Mord, Port. Fähnr. im 2. Feld⸗Art.
Regt. Nr. 29 Prinz⸗Regent Luitpold von Bayern, zum außeretats⸗ mäßigen ec. Lt. ernannt. Schippert, Pr. Lt. im Feld⸗ Artillerie⸗Regiment König Karl Nr. 13, unter Versetzung in das 2. Feld⸗Art. Regt. Nr. 29 Prinz Regent Laitpold von Bayern, zum Hauptm. und Battr. Chef, Erlenbusch, Sec. Lt. im 2. Feld⸗ Art. Regt. Nr. 29 Prinz⸗Regent Luitpold von Bayern, unter Ver⸗ setzung in das Feld⸗Art. Regt. König Karl Nr. 13, zum Pr. Lt., Bockshammer, Unteroff. im Inf. Regt. Kaiser Friedrich König von Preußen Nr. 125, zum Port. Fähnr., — befördert. Niemann, Sec. Lt. à la suite des Feld⸗Art. Regts. König Karl Nr. 13, in das Regt. wiedereingetheilt.
Im Beurlaubtenstande. 9. März. Calmbach, Vize⸗ Feldw. vom Landw. Bezirk Horb, zum Sec. Lt. der Res. des 3. Inf. Regts. Nr. 121, Häffner, Vize⸗Feldw. vom Landw. Bezirk Mergentheim, zum Sec. Lt. der Res. des Gren. Regts. König Karl Nr. 123, — ernannt. Erhard, Sec. Lt. von der Inf. 1. Aufgebots des Landw. Bezirks Gmünd, Herzog, Sec. Lt. von öe 1. Aufgebots des Landw. Bezirks Ulm, — zu Pr. Lts. befördert.
Abschiedsbewilligungen. Im aktiven Heere 9. März. v. Tafel, Major z. D., zuletzt Commandeur des Landw. Bezirks Ehingen, mit der Erlaubniß zum ferneren Tragen der Uniform dieses Bezirks⸗Kommandos in die Kategorie der mit Pension verab⸗ schiedeten Offiziere versetzt.
Im Beurlaubtenstande. 9. März. Schermann, Hauptm. von der Inf. 2. Aufgebots des Landw. Bezirks Ravensburg, Kallee, Pr. Lt. von der Inf. 2. Aufgebots des Landw. Bezirks Biberach, — der Abschied bewilligt.
Im Sanitäts⸗Corps. 9. März. Seyerlen, Unterarzt der Res. vom Landw. Bezirk Ludwigsburg, zum Assist. Arzt 2. Kl. ernannt. Dr. Widenmann, Assist. Arzt 1. Kl. im Gren. Regt. Königin Olga Nr. 119, vom 1. April d. J. ab auf ein Jahr zur Universität Tübingen kommandirt. Dr. Kraiß, Stabsarzt der veei⸗ 1. Aufgebots des Landw. Bezirks Biberach, der Abschied
ewilligt.
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Beamte der Militär⸗Verwaltung.
9. März. Stahl, Kasernen⸗Insp. bei der Garn. Verwalt. Stuttgart, seinem Ansuchen entsprechend, mit der gesetzlichen Pension in den Ruhestand versetzt.
Kaiserliche Marine.
Offiziere ꝛc. Ernennungen, Beförderungen, Ver⸗ setzungen. Berlin,] 10. März. Becker, Kavpitän⸗Lt., zum Kom⸗ mandanten S. M. Panzerfahrzeug „Bremse“ ernannnt. Fromm, Lt. zur See, Niedt, Maschinen⸗Unter⸗Ingen., — Beide kommandirt zum Reichs⸗Marineamt, zur Dienstleistung bei dem Gouvernement von Deutsch⸗Ost⸗Afrika kommandirt.
1 Haus der Abgeordneten. 56. Sitzung vom Freitag, 13. März 1891.
Der Sitzung wohnen der Minister des Innern Herr⸗ furth, der Finanz⸗Minister Dr. Miquel und der Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von Berlepsch bei.
Eingegangen ist ein Antrag des Abg. Sack u. Gen. auf Annahme eines Gesetzentwurfs, betreffend die im Jahre 1891/92 vor Feststellung des Staatshaus⸗ halts⸗Etats zu leistenden Staatsausgaben.
Die zweite Berathung des Etats wird fortgesetzt. Der Zuschuß zur Rente des Kronfideikommiß⸗ fonds, sowie der Etat des Kriegs⸗Ministeriums werden ohne Debatte angenommen.
Bei dem Ministerium des Auswärtigen Amts bemerkt
Abg. Tramm: Durch die Zeitungen eine Notiz gegangen, daß ein höherer Staatsbeamter durch eine für Verwandte übernommene Bürgschaft in Geldverlegenheit ge⸗ kommen sei und sich an seinen hohen Vorgesetzten um Hülfe ge⸗ wendet habe; es seien ihm in Folge dessen mehrere 100 000 ℳ aus einem Wohlthätigkeitsfonds zur Verfügung gestellt worden. Es sei offenbar ein preußischer Beamter und der Welfenfonds gemeint gewesen. Ein Dementi sei bisher Seitens der Regierung nicht erfolgt. Wenn er ein solches auch für unnöthig halte, so würde es doch von Interesse sein, daß die Regierung, um diese Gerüchte, die von mancher Seite vielleicht mißbräuchlich ausgebeutet würden, ein für alle Mal todt zu machen, hier eine Erklärung abgebe.
Abg. Hobrecht: Er halte diese Anfrage für unglücklich und wenig am Platze. Der ganze Kreis seiner politischen Freunde sei im höchsten Grade über diese Anfrage erstaunt und er halte sich für verpflichtet, zu erklären, daß seine Partei durchaus kein Bedürfniß gefühlt habe, eine Aeußerung der Regierung über einen derartigen Zeitungsklatsch zu erhalten. (Lebhafter Beifall)
Abg. Tramm: Er habe die Sache in der Fraktion deshalb nicht zur Sprache gebracht, weil in der Zwischenzeit eine Fraktions⸗ sitzung nicht angesetzt gewesen sei Verschiedene seiner Fraktions⸗ genossen hätten die Anfrage durchaus gewünscht.
Der Etat wird bewilligt, ebenso ohne Debatte die Etats: Bureau des Staats⸗Ministeriums, Staatsarchive, General⸗Ordenskommission, Geheimes Civil⸗ kabinet, Ober⸗Rechnungskammer, Prüfungs⸗ kommission für höhere Verwaltungsbeamte, Disziplinarhof, Gerichtshof zur Entscheidung der 11“ esetz⸗Sammlungsamt in Berlin,ẽ „Deutscher Reichs⸗und KöniglichPreußischer Staats⸗Anzeiger“ und der Etat für Zwecke der Landesvermessung.
Beim Etat der allgemeinen Finanzverwaltung und zwar bei den einmaligen Ausgaben, schlägt die Kommis⸗ sion vor, die zur Deckung des bestehenden Vorschusses für die für Rechnung der Stadt Suhl geleisteten Ausgaben für Grunderwerb zum Bau der Bahnstrecke Suhl —-Grimmenthal geforderten 364 664 ℳ nicht zu bewilligen. Die Summe würde dann weiter auf dem Vorschußkonto der Eisenbahn⸗ verwaltung zu führen sein. Der Antrag der Budgetkommission wird angenommen, ebenso der Rest dieses Etats und die Etats der Münzverwaltung und Staatsschulden⸗Verwaltung ohne weitere Debatte.
Bei dem Etat des Ministeriums für Handel und Gewerbe bespricht
Referent Abg. Graf Limburg⸗Stirum die Neuorganisation der Gewerbeinspektion und bemerkt, daß die Regierung in der Kom⸗ mission erklärt habe, sie werde sich nicht unter allen simständen an die dafür in Aussicht genommene Frist von vier Jahren gebunden halten, sondern sich eventuell länger Zeit lassen, um sorgfältig zu Werke gehen und die Stellen nur mit tüchtigen und hervorragenden Leuten besees zu können,
Abg. Dürre hält in Folge der sozialpolitischen Gesetzgebung
i vor einigen Tagen
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eine durchgreifende Umgestaltung des Jastituts der Gewerbeiaspektion für nothwendig und erklärt sich mit dem Reorganisationsplan der Re gierung einverstanden, sowohl was die Vermehrung dieser Beamten als was die Gliederung des Instituts und die Regelung der Ein kommensverhältnisse betreffe. Dagegen bezeichnet er die Ueberweisung der Dampfkesselrevision an die Gewerbeinspektoren als keine glücklichen Gedanken. Von dem Fabrikinspektor, der die ganze mechanische und chemische Technik beherrschen solle, kö man nicht verlangen, daß er auch noch auf wichtigen Gebiet der Kesselrevision Spezialist sei; außerdem lasse sich eine gründliche Kesselrevision nicht so gelegentlich einer Fabrikinspektion abmachen. Die geeigneten Personen für die Kessel revision seien die von den Privatüberwachungsvereinen angestellte Ingenieure, welche die Sicherheit und Oekonomie der Dampfkessel z ihrem Lebensberuf gemacht hätten. Die Revision durch die Fabrik inspektoren sei vielleicht billiger, aber nicht praktischer.
Abg. Dr. Kitter erwartet gerade von der Vereinigung alle
Revisionsthätigkeit in der Hand der Inspektoren eine besonders heile
same Wirkung und würde es für bedenklich halten, die Kesselrevisionen den Privatüberwachungsvereinen zu übertragen. Es würde sogar sehr erwünscht sein, wenn die Inspektoren in weitem Umfange zugleich als Beauftragte der Berufsgenossenschaften fungirten, um die Revisions⸗ thätigkeit noch mehr einheitlich zu gestalten.
Abg. Schmidt (Hagen) begrüßt gleichfalls zustimmend die vor⸗ geschlagene Organisation, da eine reichsgesetzliche Regelung der Inspek⸗ tion ja auf partikularistische Bedenken stoße. Sehr viel werde es darauf ankommen, die geeigneten Personen für dies Amt zu finden, damit die Inspektoren auch ein versöhnendes Element zwischen Ar⸗ beitern und Arbeitgebern bildeten.
Minister für Handel und Gewerbe Berlepsch:
Bei der freundlichen Aufnahme, die im Allgemeinen der Gedanke gefunden hat, der der Denkschrift, betreffend die künftige Re⸗ gelung der Gewerbe⸗Inspektion, zu Grunde liegt, darf ich es mir wohl versagen, ausführlich auf die ganze Frage nochmals ein⸗ zugehen, und kann ich mich darauf beschränken, die einzelnen Bedenken zu beantworten, die heute vorgebracht worden sind, respektive den⸗ jenigen Voraussetzungen näher zu treten, die als erforderlich für das Glücken dieser neuen Organisation ausgesprochen worden sind.
Zu diesen Voraussetzungen gehörte in erster Linie die Frage, ob es der Staats⸗Regierung gelingen wird, die qualifizirten Personen für die Stellung des Gewerbe⸗Raths und Gewerbe⸗Inspektors zu finden, und ob sie mit der nöthigen Vorsicht verfahren wird bei der Auswahl dieser Personen. In dieser Richtung kann ich Sie versichern, daß wir selbst das allergrößte Interesse daran haben müssen, in dem Augen⸗ blick, wo wir die Neuorganisation eines so wichtigen Zweiges unserer Staats⸗Verwaltung vornehmen, die allergrößte Sorg⸗ falt bei der Auswahl der Beamten walten zu lassen. Wir würden vielleicht dazu übergegangen sein, Ihnen jetzt schon einen Plan vorzulegen, wie wir uns die Ueberzeugung von der Qualifikation dieser Personen verschaffen wollen, wenn wir es nicht für rathsamer gehalten hätten, auch hier zunächst noch die Erfahrung walten zu lassen, die uns an die Hand geben soll, ob bestimmte Vorschriften, z. B. für Prüfungen, erlassen werden müssen.
Der für die Organisation in Aussicht genommene Zeitraum von vier Jahren wird hinreichen, um das Resultat der gewonnenen Er⸗ fahrungen zu ziehen. Zur Zeit liegt es, wie der Herr Referent bereits ausgeführt hat, so: die Absicht der Königlichen Staats⸗ Regierung geht dahin, vorwiegend geprüfte Baumeister des Maschinen⸗ und Ingenieurfachs anzustellen, und Bergassessoren, also Personen, die eine staatliche Prüfung bestanden haben.
Ob es nothwendig werden wird, diesen staatlich geprüften Beamten auch noch eine besondere Prüfung in gewissen Zweigen aufzuerlegen, die sich besonders qualifiziren für das Amt, was ihnen zugedacht ist, muß der weiteren Erwägung unterliegen. Es wird dabei in Frage kommen, ob etwa noch eine Prüfung abzulegen ist über die gewerbe⸗ gesetzlichen Bestimmungen, über Fabrikhygiene, über Wohlfahrts⸗ einrichtungen und einige Zweige der Volkswirthschaft.
Neben diesen staatlich geprüften Personen werden wir eine Reihe anderer Techniker nicht entbehren können, z. B. die Chemiker, für die heutzutage ein Staatsexamen nicht besteht. Es wird sich auch hier fragen, ob es nothwendig ist, für diese Kategorie eine besondere Prü⸗ fung einzuführen. In der Regel wird es nothwendig sein — so glaube ich bis jetzt unsere Stellung firiren zu dürfen — nur geprüfte Personen in die Stellung der Gewerbe⸗Räthe zu bringen. Aber auch für diese möchte ich es doch nicht für ganz unbedingt ausgeschlossen erklären, daß einzelne Personen, die sich in der Praxis, dann in der Stellung als Gewerbe⸗ Inspektoren ganz vorzüglich qualiftzirt haben, usnahmsweise in diese höhere Stellung zu bringen sein werden.
Auch für die Gewerbe⸗Inspektoren wird die Regel sein, daß wir uns an die geprüften Baumeister und Bergassessoren zunächst halten. Aber für diese Stellung wird es viel eher möglich und auch unter Umständen wünschenswerth sein, in anderen Kategorien sich die nöthige Hülfe zu suchen, und ich möchte Sie an Ihre Kenntniß der Verhältnisse erinnern, daß es in unsern Gewerbebetrieben eine große Zahl von vorzüglich qualifizirten Beamten giebt, denen die Praxis eine Reihe von Kenntnissen und Erfahrungen, namentlich in der Be⸗ handlung der Arbeiterwelt, an die Hand gegeben hat, die Sie nicht immer in demselben Maße bei den gepruüͤften Beamten voraussetzen dürfen. Also ich will nur sagen, meine Herren, die Freiheit muß meines Er⸗ achtens der Verwaltung bleiben, in besonderen Fällen auch von der Regel der Prüfung abzusehen.
Auch der Gedanke, den der Abg. Schmidt angeregt hat, liegt mir nicht ganz fern, daß es nämlich möglich sein muß, Personen, die aus dem Arbeiterstande hervor⸗ gegangen sind und die durch eine lange Praxis als untere Betriebs⸗ beamte sich eine genaue Kenntniß maschineller Vorrichtungen und einen klaren Einblick in die Verhältnisse gewerblicher Thätigkeit er⸗ worben haben, in die Stellung eines Gewerbe⸗Inspektors zu bringen. Es handelt sich, meine Herren, nicht um die Frage: wo kommt der Mann her? sondern: wie ist der Mann? (Sehr richtig!) Erfüllt er unter allen Umständen die Ansprüche, die wir an einen Gewerbe⸗
Freiherr von
Inspektor stellen müssen, so würde ich für meine Person nicht das