1891 / 65 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 16 Mar 1891 18:00:01 GMT) scan diff

örsterei, der in Betracht kommenden Grundstücke nach Jagen Percten) und Abtheilungen, der gewünschten Ablieferungs⸗ zeit und der Eisenbahnstation, nach welcher die Lieferung zu erfolgen hat, hierher anzeigen. Eines Begleitberichtes bedarf es nicht, sofern nicht besonderer Anlaß hierzu vor⸗ liegt. Sollten Forstbeamte für ihre Dienstgrundstücke auf eigene Rechnung mineralischer Dungstoffe bedürfen, so bleibt es den Königlichen Regierungen auf Wunsch der Betheiligten überlassen, den Bedarf in einem besonderen Abschnitt der ein⸗ zureichenden Nachweisung zu berücksichtigen, damit die Be⸗ stellung ebenfalls von hier aus erfolgen kann. Ausgeschlossen von der Aufnahme in die Nachweisung sind diejenigen Dung⸗ mittel, welche die Unternehmer neuer Meliorationen etwa kontraktmäßig selbst zu beschaffen haben, sofern sie dies nicht ausdrücklich beantragen.

Seine Hoheit der Erbprinz Bernhard von Sachsen⸗ Meiningen, General⸗Lieutenant und Commandeur der 2. Garde⸗Infanterie⸗Division, ist von Dresden hierher zurück⸗ gekehrt.

Der Staatssekretär des Reichs⸗Postamts Dr. von Stephan, welcher vor einigen Tagen einen Anfall von Influenza zu überstehen hatte, hat sich nach Karlsbad begeben, um die Osterferien zu einer Brunnenkur daselbst zu benutzen. Anfangs April gedenkt er hierher zurückzukehren.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Königlich württem⸗ bergische Wirkliche Geheime Kriegsrath von Horion ist ab⸗ gereist. 8 8

Posen, 14. März. In der heutigen 4. Plenarsitzung des ö11“ erledigte derselbe zunächst die⸗ jenigen Abschnitte des Verwaltungsberichts durch Kenntniß⸗ nahme, welche sich auf die Bewilligung von Stipendien für Seminaristinnen und die Provinzial⸗Hülfskasse beziehen. So⸗ dann wurden die Etats für das Landarmen⸗ und Korrigenden⸗ wesen und das Zwangserziehungswesen den Beschlüssen des Provinzial⸗Ausschusses entsprechend festgesetzt.

Dem von dem Provinzial⸗Ausschuß vorgeschlagenen Erwerb weiterer Ländereien für das Arbeits⸗ und Landarmenhaus zu Kosten wurde zugestimmt. Zur Vergrößerung der überfüllten Provinzial⸗Irrenanstalt zu Owinsk wurden die Mittel zur schleunigen Erbauung zweier Pavillons zur Verfügung gestellt, ebenso für die Anlage einer die einzelnen Baulichkeiten der Anstalt verbindenden Telephonanlage. 13

Für das Lehrerpersonal der Provinzial⸗Blindenanstalt hat sich eine Neuregelung der Einkommensverhältnisse als nochwendig erwiesen. Nach dem heutigen Beschluß des ““ soll für die Folge das Gehalt des Anstalts⸗Inspektors mit 2400 beginnen und alle drei Jahre

m den Betrag von 300 bis zum Höchstbetrage von 300 steigen. Die ordentlichen Lehrer sollen mit inem Gehalt von 1200 anfangen und eine Steigerung hres Diensteinkommens alle fünf Jahre um den Betrag von 300 bis zum Höchstbetrage von 2400 erfahren. Der Kreis Samter hat Ueberlassung eines angemessenen Antheils der der Provinz überwiesenen Jahresrente zur Durchführung der Kreis⸗ rdnung beantragt. Nach eingehender Erörterung des Gegenstandes ntschied sich der Provinzial⸗Landtag mit allen gegen zwei Stimmen und unter Zustimmung der Vertretung der Staatsregierung, den Kreisen ein Rechtsanspruch auf antheilige Ueber⸗ weisung der sogenannten Kreisdotationsrente nicht zustehe und sich eine solche Ueberweisung auch weder aus Billigkeits⸗ noch aus Nützlichkeitsgründen empfehle. Der Antrag des Kreises Samter wurde demgemäß abgelehnt. wecks eingehenderer Durchsicht und Prüfung der dem Provinzial⸗Landtage zur Entlastung vorgelegten Jahresrechnung es Provinzialständischen Verbandes, beschloß der Provinzial⸗ Landtag, für die Folge die Einsetzung einer besonderen Rech⸗ nungskommission, welche, vom Provinzial⸗Landtage gewählt, sich rechtzeitig vor dem Zusammentreten desselben zu versam⸗ meln, die Rechnungen zu prüfen und über das Ergebniß dem Provinzial⸗Landtage zu berichten hat. Dem Gesuch der grauen Schwestern von der heiligen Elisabeth hierselbst um Weitergewährung der bisherigen jähr⸗ lichen Unterstützung von 1500 wurde entsprochen. Ebenso wurden dem St. Joseph⸗Kinderhospital unter Ablehnung seiner weitergehenden Anträge die bisher gewährte Jahres⸗ unterstützung von 4000 fortbewilligt, auch dem An⸗ trag des Vorstandes des St. Joseph⸗ Stifts hier⸗ selbst um Weiterbewilligung der bisherigen Beihuͤlfe von jährlich 600 entsprochen. Dagegen wurden die An⸗ träge des Vorstandes des Vereins „Zoologischer Garten“ hier⸗ selbst um eine laufende Jahresbeihülfe und des gewerblichen Lehrinstituts „Frauenschutz“ hier um eine laufende Jahres⸗ unterstützung und eine einmalige Beihülfe abgelehnt. Ebenso wurde ein Antrag 8 einer zu erstattenden andentschädigung abgewiesen. 8. Ventsch lgeaneinen Darstellung, betreffend. den Zustand der Provinzial⸗Feuer⸗Sozietät, nahm der Provinzial Landtag Kenntniß. Hierbei wurden eine Reihe von Beschwerden sowie von Wünschen über Umgestaltung der Verwaltung und des Reglements laut, welche eingehende Erörte⸗ rung fanden. Ein aus der Mitte des Landtages ge⸗ stellter Antrag, die Direktion der Prozinzial Feuer⸗ Sozietät aufzufordern, in Erwägung, daß der Beitragstarif der Provinzial⸗Feuer⸗Sozietät heute nicht mehr der 8b lichen Feuersgefahr in den einzelnen Versicherungsklassen ent⸗ spreche, baldigst eine durchgreifende Reform des tarifs vorzunehmen, fand nicht die Zustimmung der Mehrhei

1 es.

88 Lendiegsa der Sitzung erfolgte um 5 Uhr Nachmittags; die nächste Plenarsitzung wurde auf Montag, den 16. März, Vormittags 11 Uhr, anberaumt.

slau, 14. März. Der Provinzial⸗Landtag 828 die „Schles. 88⸗ meldet, heute den Haupt⸗Etat

es Provinzial⸗Verbandes für das Jahr 1891/92 nach dem Entwurf des Provinzial⸗Ausschusses mit 40 Proz. 81 ausschreibung auf den Provinzial⸗Verband als im Vorjahre fest.

Helgoland. Der Ober⸗Präsidial⸗Rath Hagemann aus Schleswig ist dem „W. T. B.“ zufolge am Sonnabend auf Helgoland eingetroffen, um den Erlaß des verfassungsmäßigen Gemeindestatus zu regeln und die Wünsche der Bevölkerung

ünchen, 16. März. Seine Königliche Hoheit der

11““ hat, wie 5,W. T. B.“ meldet, dem Minister⸗ Präsidenten Freiherrn von Crailsheim zu seinem gestrigen Geburtstage einen Blumenstrauß und seine Glückwün che übersandt.

Elsaß⸗Lothringen. Straßburg, 14. März. Der Statthalter Fürst Hohen⸗ lohe ist heute Vormittag von München wieder hierher zurück⸗ gekehrt.

Deutsche Kolonien. Der Reichskommissar von Wissmann ist einem Wolff⸗ schen Telegramm aus Bagamoyo zufolge gestern wieder dort eingetroffen, nachdem er die Straße nach dem Berge Kilimandjaro durch Niederwerfung aufständiger Häuptlinge gesichert hat. Im Süden hat der Häuptling Machemba um Gewährung eines Wafefenstillstandes nach⸗ gesucht, um über Frieden zu verhandeln. .

Oesterreich⸗Ungarn.

Wien, 15. März. Der Kaiser ist heute aus Pest wieder hier eingetroffen. Die Kaiserin ist mit der Erz⸗ herzogin Valerie und dem Erzherzog Franz Salvator gestern von Pest nach Miramar abgereist. Die „Wiener Zeitung“ meldet die Ernennung des bis⸗ herigen General⸗Kommandanten von Agram Reicher zum General⸗Kommandanten in Innsbru ck, an Stelle des pensionirten General⸗Kommandanten Teuchert. Zum General⸗Kommandanten von Agram ist der bisherige Kom⸗ mandant⸗Stellvertreter von Lemberg Bechtolsheim ernannt. Die Großherzogin⸗Mutter von Mecklenburg⸗ Schwerin ist am Freitag zu längerem Aufenthalt in Meran eingetroffen. Großbritannien und Irland. Das Unterhaus hat in seiner Freitagssitzung einen Antrag des radikalen Abgeordneten Stuart, die Freisassen und Eigen⸗ thümer des Grundes und Bodens in London zur Beisteuer für die Lokalabgaben heranzuziehen, mit 149 gegen 122 Stimmen verworfen. Der Schatzkanzler Goschen gab im Laufe der Debatte zu, daß die Finanzen Lon dons sich nicht in be⸗ friedigendem Zustande befänden. Es sei allerdings wünschens⸗ werth zu prüfen, in welcher Weise die Gemeindeabgaben zwischen Eigenthümern und Miethern zu vertheilen und wie neue Steuern zu schaffen seien. Die Regierung müsse aber in jedem Falle den Bericht der betreffenden Kommission ab⸗ rten. 1 In den Docks der Londoner und Glasgower Maschinen⸗ und Schiffsbaugesellschaft in Goran lief am Freitag der „Indefatigable“, der erste der drei Stahlkreuzer zweiter Klasse, welche die Gesellschaft für die britische Regierung baut, vom Stapel. Die drei Schiffe sind hauptsächlich für den Dienst auf den ausländischen Stationen bestimmt. Der „Indefatigable“ ist 300 Fuß lang, 43 Fuß 8 Zoll breit, 22 Fuß 9 Zoll tief und besitzt eine Tragfähigkeit von 3600 Tons. Die Fahr⸗ geschwindigkeit beträgt 20 Knoten in der Stunde. Die zwei Triple⸗Expansions⸗Maschinen besitzen 9000 Pferdekräfte. Der irische Parlaments⸗Abgeordnete William O'Brien wurde in Dublin Söh ag 6 C 8 bankerott erklärt, da er die Kosten in dem von ihm verloren Prozeß gegen Lord Salisbury, welche sich auf 1700 Pfd. St. belaufen, nicht zu zahlen vermochte. Das „Reutersche Bureau“ meldet aus Durban vom 13. d. M.: der Dampfer „Counteß Carnarvon“, welcher aus der Algoabai mit 1000 Gewehren und Munition im Auftrage der Britisch⸗Südafrikanischen Gesell⸗ schaft den Limpopo⸗Fluß hinauffuhr, sei von einem portugiesischen Kanonenboot beschlagnahmt und als Prise mit der Ladung nach der Delagoabai gebracht worden. 8. Frrankreich. 8. Paris, 15. März. Der Präsident Carnot unter⸗ zeichnete dem „W. T. B.“ zufolge im gestrigen Minister⸗ rath auf den Vorschlag des Ministers des Auswär⸗ tigen Ribot das Dekret, durch welches der bevoll⸗ mächtigte Minister de Reserveaux zum diplomatischen Agenten und General⸗Konsul Frankreichs in Kairo er⸗ nannt wird. Der Präsident unterzeichnete ferner den Gesetz⸗ entwurf, betreffend die Zustimmung zu dem zwischen Frank⸗ reich und England über die Fischerei bei Neufundland getroffenen Uebereinkommen. 8 8 Die Regierung hat in Folge des zwischen dem Minister des Auswärtigen und dem Marine⸗Minister hierüber erzielten Einvernehmens beschlossen, die gegenwärtig in Toulon für Rechnung der chilenischen Regierung im Bau befindlichen Kriegsschiffe nicht abgehen zu lassen. Der Kreuzer ‚Pre⸗ sidente Errazuris“, welcher heute den Hafen verlassen sollte, erhielt daher im Moment der Abfahrt Gegenbefehl. Ss Nach Meldung der heutigen Abendblätter beabsichtigt Méline, die Vertagung der Berathung des Zolltarifs bis nach Ostern zu beantragen. Falls der Antrag angenom⸗ men wird, würden die Sitzungen der Kammer vom 21. d. bis um 15. April unterbrochen werden. Wie aus Marseille erichtet wird, verschärft sich dort die antiprotektionistische Bewegung. Die dortigen Zeitungen veröffentlichen täglich mit zahlreichen Unterschriften bedeckte Protestationen. Bei der Senatswahl im Eure⸗Departement wurde der Republikaner Guindey mit 556 Stimmen gewählt; sein Gegenkandidat Pouyer⸗Quertier erhielt 497 Stimmen. In der Deputirtenkammer brachte Laur am Sonnabend eine Interpellation ein, betreffend betrügerische Zeitungsannoncen, welche dem Publikum unwahr⸗ scheinliche Gewinnste von Depositengesellschaften ver⸗ sprächen, und verlangte, daß derartige Betrügereien bestraft würden. Der Justiz⸗Minister erklärte, daß durch das Ein⸗ treten von großen Kreditanstalten die Société des dépôts et des comptes courants im Stande sein werde, alle Depositen auszuzahlen. Wenn Betrügereien stattgefunden hätten so

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DeltUgereien statsgefütiden däatien, würden die Gerichte ihre Schuldigkeit thun. Die Regierung sei im Begriff, einen Gesetzentwurf, die Depositen⸗ banken betreffend, vorzubereiten. Die Kammer könne ver⸗ sichert sein, daß die Strafgesetze nicht verletzt würden. Nach der Erklärung des Justiz⸗Ministers ging die Kammer zur ein⸗ fachen Tagesordnung über.

Auch heute waren für die Rennen in Auteuil Maß⸗

welche das Wetten offen betrieben, wurden verhaftet. Ein weiterer Zwischenfall kam nicht vor.

Italien.

Der König spendete am Sonnabend anläßlich seines Geburtstages 160 000 Lire der Stadt Turin zur Gründung eines Krankenhauses für ansteckende Krankheiten.

Das Befinden des 1 Napoleon hat sich neuer⸗ ings wieder verschlimmert.

Dins Wie die verschlimm aus Livorno meldet, fand dort am Sonntag Nachmittag zwischen der Polizei und mehreren politischen Vereinen, welche sich nach dem Friedhof be⸗ geben wollten, um den Todestag Mazzini's zu feiern, ein ernster Zusammenstoß statt, bei welchem ein Sicher⸗ heitswachmann getödtet und mehrere Personen verwundet

Der Papst hat die Gläubigen für den Monat März von den strengen Fasten dispensirt, weil die Influenza wieder in Rom aufzutauchen scheint. Portugal. Die Kammer hat die Finanzvorlage mit großer Stimmenmehrheit angenommen. Ebenso genehmigte sie den Gesetzentwurf betreffend die schwebende Schuld und das Tabackmonopol. Die Berathung in der Pairskammer wird am Dienstag beginnen.

Seitens der italienischen Regierung ist, wie „W. T. B.“ aus Bern meldet, am Freitag Nachmittag der Antrag auf Auslieferung Livraghi's wegen Mordes gestellt worden; das Bundesgericht hat hierüber zu ent⸗

iden. . schet Bei der gestrigen Volksabstimmung wurde das Bundesgesetz, betreffend die Ruhegehalte der arbeits⸗ unfähigen eidgenössischen Beamten, mit 342 137 gegen 90 641 Stimmen abgelehnt. 1 Bei der Volksabstimmung im Kanton Luzern wurde die Anbahnung einer Verfassungsrevision mit 15 600 gegen 10 161 Stimmen verworfen. Die gestern in Bern stattgehabte Ersatzwahl für den Nationalrath ergab kein Resultat. Der konservative Kan⸗ didat Steiger erhielt die meisten Stimmen. Aus Bellinzona wird berichtet, daß der kantonale Vorstand der freisinnigen Partei das Programm für die neue Revision der Verfassung des Kantons Tessin bereits aufgestellt hat. In demselben seien u. A. enthalten: die Wahl des Staatsraths durch das Volk, die Wiederein⸗ führung der alten 38 Wahlkreise und die Garantie des Stimmrechts der Emigrirten ohne andere Einschränkungen als diejenigen, welche für die im Kanton niedergelassenen Bürger bestehen.

. Belgien. Der Köni at sich am Sonntag zu mehrtägigem Auf enthalt nach nig nhat⸗ begeben. Der „Indép. belge“ zufolge dürfte die Reise etwa vierzehn Tage dauern. Der König würde zunächst in London mit hochgestellten englischen Persönlich⸗ keiten Unterredungen pflegen, wobei wahrscheinlich auch die Handelsinteressen des Congostaats berührt werden dürften. Nach einem kurzen Aufenthalt in London beabsich⸗ tige der König, sich nach Nord⸗England und nach Schott⸗ land zu begeben, um die Einrichtungen mehrerer großer Häfen in Augenschein zu nehmen und sich über die Organisation der hauptsächlichsten Schiffahrts⸗Linien persönlich zu in⸗ formiren. ““

In der Untersuchung über die seiner Zeit berichteten Vor⸗ fälle auf der Place de Luxembourg sind drei Korporale degradirt und außerdem zu achttägigem Gefängniß ver⸗ urtheilt worden.

8 Türkei.

Der Sultan empfing, wie „W. T. B.“ aus Konstan⸗ tinopel meldet, am Sonnabend den deutschen Botschafter von Radowitz in Privataudienz, welche eine Stunde währte. Der Botschafter überreichte dem Sultan mehrere Geschenke des Kaisers Wilhelm, darunter zwei Prachtwerke in kost⸗ baren Einbänden.

Serbien.

Belgrad, 15. März. Dem „Narodni Dnewnik“ zufolge würde nach dem Schluß der Skupschtina der bisherige Minister des Auswärtigen Georgjevic einen Gesandtschaftsposten im Auslande übernehmen. An seiner Stelle würde der bisherige Minister des Janern Gjaja das Portefeuille des Auswärtigen und Pasic neben dem Präsidium das Ministerium des Innern übernehmen. 8

Nach einer Meldung der Wiener „Presse“ aus Belgrad beabsichtigt Garaschanin, die Untersuchung wegen der Affäre Markovics⸗Knicanin bei den Gerichten zu verlangen. Seine eigenen Parteigenossen wie die Radikalen sprächen sich jedoch gegen diese Absicht aus. Demselben Blatt zufolge wolle die Königin Natalie keines der von den Radikalen geplanten Arrangements bezüglich der Dauer ihres Aufenthalts in Serbien acceptiren, sondern es im äußersten Falle auf die Ausweisung ankommen lassen.

Schweden und Norwegen.

Stockholm, 14. März. Der Reichstag beschloß in der heutigen gemeinschaftlichen Sitzung beider Kammern in gemeinschaftlicher Abstimmung die Beibehaltung aller gegenwärtig bestehenden Einfuhrzölle auf Getreide, Mehl, Lebensmittel und Rindvieh.

Dänemark.

(F) Kopenhagen, 12. März. Auf der Tages rdnung des Folkething stand gestern die erste Lesung des Gesetz⸗ entwurfs, betreffend die Altersunterstützung würdiger Bedürftiger außerhalb des Armenwesens. Der von dem Aus⸗ schuß jetzt vorgelegte Entwurf weicht in den Grundprinzipien wesentlich von demjenigen ab, der dem Ausschuß ursprünglich zur Vorberathung überwiesen wurde. Zur Unterstützung berechtigt sollen nach dem neuen Entwurf alle über 60 Jahre alten Personen sein, welche sich die Mittel zu ihrem Unterhalt oder eine Verpflegung in Krankheitsfällen nicht selbst beschaffen können. Die Unterstützungs⸗Empfänger dürfen nicht wegen Banhte Bettelei oder entehrender Verbrechen verurtheilt gewesen sein, das Bedürfniß zur Unterstützung darf auch nicht durch unordentliches oder verschwenderisches Leben verursacht worden sein; Personen, welche während der letzten zehn Jahre Armengeld erhalten haben,

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hierüber zu hören.

regeln zur Aufrechterhaltung der Ordnung getroffen. Die

wird die hier in Frage stehende Unterstützung auch

Rennen waren ziemlich zahlreich besucht; vier Buchmacher,

trotzdem dieselben um Gnade flehten.

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nicht gewährt. Die Vertheilung der Unterstützungen geschieht durch die Kommunalverwaltungen. Die Unterstützung kann in Geld oder in Naturalien bestehen; eventuell kann

auch die Aufnahme in einem Asyl gewährt werden. Die Unterstützung ist von der Heimathskommune des betreffenden Empfängers zu verabfolgen. Zur Deckung der Ausgaben bewilligt die Staatskasse bis zwei Millionen Kronen jährlich. Das Gesetz soll am 1. Juli d. J. in Kraft treten. Die Vorlage wurde be⸗ sonders von den Abgg. Berg und Hörup heftig bekämpft, da⸗ gegen von vielen anderen Abgeordneten dringend befürwortet. Nachdem auch der Minister des Innern mit dem Entwurf sich einverstanden erklärt hatte, wurde derselbe schließlich in namentlicher Abstimmung mit 44 gegen 34 Stimmen ange⸗ nommen und zur zweiten Lesung überwiesen. Der Antrag des Abg. Berg, den Entwurf an einen Ausschuß zu überweisen, wurde abgelehnt.

Amerika.

Vereinigte Staaten. Dem „New⸗York Herald“ wird aus Wasbhington gemeldet, daß, falls ein Schiedsgericht in Betreff der Behringsmeerfrage zu Stande komme, die Schweiz um Uebernahme des Schiedsrichteramts gebeten

Orleans, vom

werden solle. 14. März, „W. T. B.“ berichtet:

Gestern Abend bildete sich hier ein Comité von 50 Einwohnern zu dem Zwecke für heute ein Meeting zusamman zu berufen, um den Urtheilsspruch der Geschworenen in Betracht zu ziehen, nach welchem die Sizilianer, welche des Mordes des Polizei⸗

Chefs Hennessy beschuldigt waren, freigesprochen wurden. Das Meeting hat heute Vormittag stattgefunden. Eine große Menschen⸗ menge, welche demselben beiwohnte, begab sich nach dem Stadt⸗ gefängniß, stieß die Thüren und Gitter ein und erschoß oder erhängte die Sizilianer mit Ausnahme von zweien, welche entkamen. 1b . Dem „New⸗York Herald“ werden über diesen Vorfall aus New⸗Orleans noch folgende Einzelheiten gemeldet: 8 Die Jury hatte am Frestag die der Ermordung des Polizei⸗Chefs Hennessy angeklagten sechs Sizilianer freigesprochen. Darauf hielten Hennessy's Freunde in der Nacht ein Meeting ab und beriefen für den Sonnabend eine Bürgerversammlung in der Nähe des Stand⸗ bildes von Clay ein. Es wurden an die Versammelten Reden ge⸗ balten, worauf eine aus mehreren Tausend Personen e⸗ stehende Menge die Waffenläden plünderte und eine Hinter⸗ thür des Gefängnisses erbrach. Die sieben Sizilianer

wird dem

Scoffedi, Macheka, Matranga, Politz, Bugnetto, Modestero und

Marchesi wurden in ihren Zellen erschossen, zwei an der Ermordung angeblich ebenfalls betheiligte Knaben jedoch verschont. Die Menge erbrach darauf noch andere Zellen und erschoß 5 weitere Gefangene, Drei Leichen von Sizilianern wurden an Laternenpfosten aufgeknüpft und von tausend Kugeln durchbohrt. Die Menge suchte den Privatdetektiv Omalley auf und bedrohte die Geschworenen mit dem Tode. Der Leichenbeschauer Lemenier hielt eine Untersuchung über die zwölf ermordeten Ge⸗ fangenen ab und das Verdikt lautete: „Ermordung durch unbe⸗ kannte Personen.“ Viele hervorragende Bürger nahmen an der Er⸗ brechung des Gefängnisses Theil. Die Stadt hefindet sich in fürchterlicher Aufregung, und es sind; Staatstruppen aufgeboten, um der Polizei bei Aufrechterhaltung der Ordnung beizustehen. Die Menge trug nach vollendeter That auf den Schultern die Redner durch die Straßen. Alle Italiener werden mit dem Tode bedroht. Die Verüber der Ausschreitungen trugen keine Masken. Bisher ist die Ruhe nicht weiter gestört worden. Nach weiteren Meldungen des „R. B.“ aus New⸗Orleans wurden von den Mitgliedern der Börse, des Handelsraths, des Baumwollenmarktes und anderer öffentlicher Vereine Versamm⸗ lungen abgehalten, in welchen Resolutionen gegen die vor⸗ tehend berichteten Ausschreitungen der Volksmenge angenommen wurden. In Chicago wurde das zur Feier des Geburts⸗ ages des Königs Humbert von den dortigen Italienern geplante Banket wegen der Vorgänge in New⸗Orleans auf nbestimmte Zeit vertagt. An den italienischen Minister⸗ Präsidenten di Rudini wurde ein Telegramm abgesandt, in welchem die energische Intervention der italienischen Regierung zum Schuͤtze der italienischen Unterthanen nach⸗ gesucht wird. 8 Argentinien. Aus Buenos Aires in London ein⸗ gegangene Meldungen vom 15. d. M. besagen: Der Be⸗ lagerungszustand ist aufgehoben. Die Wahlen nehmen einen durchaus ruhigen Verlauf; die Wahlliste der Union Civica ist im Vorsprung. General Mitre wird am Mittwoch hier erwartet. Chile. Ein Telegramm des „R. B.“ aus Buenos⸗

Aires vom Sonnabend besagt: Durch die neuesten aus Chile

ingegangenen Nachrichten werde bestätigt, daß die Kongreß⸗ ruppen bei Pozo al Monte unweit Jquique einen Sieg über die Regierungstruppen davongetragen hätten; der Kommandirende der letzteren, Oberst Robles, sei auf dem Schlachtfelde geblieben. Der „Times“ werden aus S vom Sonnabend noch folgende Einzelheiten über die Schlacht gemeldet: Oberst Robles verließ, durch Mangel an roviant gezwungen, seine feste Stel⸗ lung am Sebastopolberg und griff mit 1200 Mann die aus etwa 2500 Mann bestehenden Kongreßtruppen an. Durch das Aufstecken einer Parlamentärfahne von Seiten der Kongreßtruppen wurde er veranlaßt, sich in Unterhandlungen einzulassen. Während derselben wurde von den Aufständischen plötzlich ein vernichtendes Feuer eröffnet. Robles fiel, von 17 Kugeln durchbohrt. Von dem Präsidenten Balmaceda selbst werde jetzt zugestanden, daß die ganze Provinz Tara⸗ paca sich in den Händen der Aufstäͤndischen befinde.

Windthorst †.

Die Centrumsfraktionen des Deutschen Reichstages und des preußischen Abgeordnetenhauses, als deren Vertreter Graf von Ballestrem und Freiherr von Heereman unterzeichnet sind, widmen dem verstorbenen Abg. Dr. Windthorst folgenden Nachruf:

„Am heutigen Tage (14. März) vollendete im 80. Lebensjahre, wohlversehen mit den heiligen Sterbesakramenten, sein arbeits⸗ und segensreiches Leben Seine Excellenz der Staats⸗Minister a. D., Reichstags⸗ und Landtags⸗Abgeordneter Herr Dr. Ludwig Windthorst. Kirche und Reich trauern am Sarge dieses hochbegabten und hoch⸗ verdienten Mannes, welcher durch unerschütterliche Ueberzeugungstreue, durch hohe is die überwältigende

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staatsmännische Begabung, durch Macht seines beredten Wortes, zugleich auch durch seltene Liebens⸗ würdigkeit und Herzensgüte in ungewöhnlichem Maße hervorragte. Was er für das deutsche Vaterland und als treuer Sohn der katholischen Kirche für diese in einer langen Reihe von Jahren geleistet, lebt in der treuen Erinnerung und den Herzen aller Zeitgenossen und die Ge⸗ schichte wird es künftigen Geschlechtern verkünden. Das katholische Volk Deutschlands verliert in dem Entschlafenen den bewährtesten und eifrigsten Vertreter, den geliebtesten und hochverehrtesten Führer, den gewaltigsten Vorkämpfer. Einsam und verlassen stehen wir, seine

Fraktionsgenossen, trauernd an der Bahre dieses edlen Mannes, der mehr als 20 Jahre in umsichtiger und unermüdlicher Thätigkeit an unserer Spitze stand; wir beweinen in dem Verewigten unseren Stolz und unsere Freude. Im Vertrauen auf Gott empfehlen wir die Seele des entschlafenen Freundes dem Andenken im Gebet“.

Ueber die letzten Stunden Dr. Windthorst's entnehmen wir der „N. Pr. Ztg.“ folgende Mittheilungen:

Obwobl das Befinden des Abg. Dr. Windthorst am Freitag bis gegen den Abend hin befriedigend war, so mußten die Aerzte doch um 8 Uhr bei der Abfassung des Bulletins eine Verschlimmerung kon⸗ statiren. Nach wenigen Stunden steigerte sich das Fieber außerordent⸗ lich, und es traten Delirien ein, in denen der Kranke mit sehr lauter Stimme, die bis auf die Treppe gehört wurde, lange Reden hielt. Er ließ in seinem Geiste die Gesetzes⸗ vorlagen, die ihn in der letzten Zeit beschäftigt hatten, Revue passiren, gedachte dabei des Volksschulgesetzes und der Zurückberufung der Jesuiten, überhaupt der geistlichen Orden. In einem späteren Stadium schien es, als ob der Kranke an einer Fest⸗ tafel sich wähnte und einen Toast auf das Kaiserpaar auszubringen hätte, dessen er mit Bewunderung gedachte. Diese Rede schloß er wörtlich: „Die müssen wir leben lassen!“

Etwa eine halbe Stunde vor seinem Tode hatte der Kranke einen Augenblick klaren Bewußtseins. Diesen Umstand benutzte seine am Bette knieende Tochter Maria, um von ihrem Vater wegen dessen, was sie im Leben ihm vielleicht an Kindesliebe schuldig geblieben sei, Vergebung zu erbitten, worauf der Kranke sie mit den Worten be⸗ ruhigte: „Wir haben uns ja nie beleidigt Grüße die Mutter, wenn Du nach Hannover zurückkehrst!“ Dann schwand ihm das Bewußt⸗ sein und ruhig, ohne Todeskampf hauchte er unter den Sterbegebeten, welche die zur Pflege anwesende graue Schwester sprach, um 8 ¼ Uhr früh seinen Geist aus.

Die „Germania“ hebt als eines der vielen charakteristischen Worte Windthorst's in den Fieberreden der letzten Tage das Felh b. hervor: „Wir wollen unseren Verstand zusammen⸗ halten und zum Frieden Alles ordnen. Also auf friedliches Wiedersehen, meine Herren.“

Im Laufe des Sonnabend Nachmittag sandte, wie die „Nordd. Allg. Ztg.“ mittheilt, Seine Majestät der Kaiser als Ausdruck Seines Beileids einen prachtvollen Kranz mit mächtigen Atlasschleifen, welche der Namenszug des Kaisers mit der Krone darüber schmückt. Auch Seine Königliche Hoheit der Prinz⸗Regent Luitpold von Bayern hat einen kostbaren Maiblumenkranz auf dem Sarge Windthorst's niederlegen lassen. Windthorst's Tochter reiste am Sonnabend Mittag sofort nach Hannover zu ihrer hochbetagten, ebenfalls leidenden Mutter zurück. Am Sonnabend Abend wurde die Leiche Windthorst's nach der Gruft der St. Hedwigskirche übergeführt, b Abend wird ihre Aufbahrung im Schiff der Kirche er⸗ folgen.

Morgen, Dienstag, um 10 Uhr Vormittags, wird für den Verstorbenen in der Hedwigskirche ein feierliches Ponti⸗ ficalamt und die Leichenpredigt durch Fürstbischof Dr. Kopp gehalten werden. Nach der Trauerfeier wird der Sarg in feierlichem Zuge unter Betheiligung der katholischen Ver⸗ eine nach dem Lehrter Bahnhofe überführt werden. Die Centrumsfraktion wird in corpore der irdischen Hülle ihres Genossen bis Hannover das Geleite geben.

Das Leichenbegängniß Windthorst's erfolgt in Hannover am Mittwoch Vormittag 9 Uhr. Die Leiche wird in feier⸗ lichem Zuge vom Bahnhof nach der Marienkirche überführt und daselbst nach einem Trauergottesdienst in der vor dem Hochaltar errichteten Gruft beigesetzt.

Die Centrumsfraktionen des Deutschen Reichstages und des preußischen Abgeordnetenhauses traten gestern Nachmittag um 1 Uhr im Fraktionssaal 14 des Reichstagsgebäudes zu einer internen Gedächtnißfeier für den verstorbenen Dr. Windthorst zusammen. Graf von Ballestrem und Freiherr von Heere⸗ man widmeten dem Heimgegangenen Worte treuen Gedenkens und zum Schluß nahm auch der Alterspräsident von Reichens⸗ perger das Wort zu einer kurzen ergreifenden Ansprache.

Auf die Nachricht von dem Tode Windthorst's tele⸗ graphirte der päpstliche Nuntius in München, Mons. Agliardi an den Grafen Conrad Preysing: „Ich bin untröstlich über die traurige Nachricht; ich bin sicher, dem Willen des heiligen Vaters zu entsprechen, indem ich Sie bitte, mein tiefes Beileid der Frau Windthorst und ihrer Tochter auszusprechen.“

Die Blätter erblicken in dem Ableben Windthorst's übereinstimmend ein „Ereigniß ersten Ranges.“ Auch von Außerhalb liegen zahlreiche Kundgebungen vor, welche sich mit diesem Ereigniß beschäftigen; so bringen der Pariser „Temps“ und die italienischen Blätter „Fanfulla“, „Osservatore Ro⸗ mano“, „Diritto“, „Opinione“, der „Moniteur de Rome“, die „Riforma“ und die „Tribuna“, ferner auch, wie tele⸗ graphisch gemeldet wird, die New Yorker Blätter Artikel, welche die Bedeutung des Verstorbenen anerkennen und sich in Betrachtungen über die muthmaßlichen politischen Folgen seines Todes ergehen.

Parlamentarische Nachrichten. In der heutigen (90.) Sitzung des Reichstages, welc er

die Staatssekretäre Dr. von Boetticher, Freiherr von Maltzahn, Hollmann, Dr. Bosse beiwohnten, stand zunächst auf der Tagesordnung die Fortsetzung der dritten Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Feststellung des Reichshaushalts⸗Etats für das Etatsjahr 1891/92, in Verbindung mit a. der dritten Be⸗ rathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Aufnahme einer Anleihe für Zwecke der Verwaltungen des Reichsheeres, der Marine, der Reichs⸗Eisen⸗ bahnen und der Post und Telegraphen b. der dritten Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Feststellung eines vierten Nachtrags zum Reichshaus⸗ halts⸗Etat für das Etatsjahr 1890/91, mit den mündlichen Berichten der Kommission für den Reichs⸗ sarehe Fchent c. dem mündlichen Bericht der Kommission ür die Petitionen. (Postdienstgebäude in Northeim. An⸗ trag der Kommission: Die Petition durch die Beschlußfassung zum Reichshaushalts⸗Etat für erledigt zu erklären.)

Die Berathung wurde fortgesetzt mit dem Etat der Reichs⸗Justizverwaltung.

Abg. Dr. Gutfleisch ging auf die von dem Abg. Dr. Böckel in zweiter Lesung aufgestellte Behauptung ein, daß einzelne Rechtsanwälte von der ihnen gegebenen Fakultät sich auch höhere Honorare auszubedingen, als die Gebührenordnung zuläßt, einen übertriebenen Gebrauch gemacht haben, und be⸗ stritt, daß die von dem Abg. Dr. Böckel erwähnten Fälle in allen Punkten auf Wahrheit beruhen.

Abg. Stadthagen beschwerte sich über die nach seiner Meinung unstatthafte Art, wie Verhaftungen vielfach vor⸗

genommen würden. Erfolge nach kurzer Zeit die Freisprechung,

so biete die Strafprozeßordnung keine Handhabe, um gegen die betreffenden Beamten vorzugehen. Um diesem Mißstande vorzubeugen, müsse die Strafprozeßordnung dahin abgeändert werden, daß nicht Unschuldige willkürlich auf bloße Verdachts⸗ gründe hin in Untersuchung genomm we den dürften. (Schluß des Blattes.)

1“

In der heutigen (59.) Sitzung des Hauses der Ab⸗ geordneten, welcher der Minister des Innern Herrfurth und der Justiz⸗Minister Dr. von Schelling beiwohnten, stand auf der Tagesordnung: Fortsetzung der zweiten Bera⸗ thung des Entwurfs des Staatshaushalts⸗Etats für 1891/92 und zwar zunächst der Etat des Ministeriums des Innern. b

Beim „Gehalt des Ministers“ erklärte auf eine Anfrage des Abg. Lotichius der Minister Herrfurth, daß ein Gesetz über die Pensionirung der- rheinischen Bürgermeister vorgelegt werden wird, sobald die bereits be⸗ schlossene Vorlage über die Anwendbarkeit des Staats⸗ Beamten⸗Pensionsgesetzes auf die Gemeindebeamten in der Gesetz⸗Sammlung proklamirt sein wird, und auf Beschwerde des Abg. von Czarlinski, daß die Zulassung von Arbeitern aus Russisch⸗Polen nur in dem Umfang platzgreife, als die Sachsengängerei Ersatz nothwendig erscheinen lasse.

Abg. Szmula bat um größeres Wohlwollen der Regie⸗ rung gegen die polnischen Einwanderer, Abg. Korsch wünschte ausgedehntere Sonntagsruhe für die Berliner Schutzleute. Dem letzteren Wunsche erklärte der Minister Herrfurth erst nach Uebernahme des Nachtwachtwesens und nach ander⸗ weitiger Regelung der Vertheilung der Polizeikosten näher treten zu können.

„Abg. Rickert verlangte Beseitigung oder wenigstens Ver⸗ einfachung des Formelkrams in den Schreiben der Behörden.

Minister Herrfurth hielt bestimmte Formen für den amtlichen Briefverkehr für erforderlich, legte aber im Allge⸗ meinen dem Titel⸗ und Formenwesen nur eine untergeordnete Bedeutung bei.

Abg. Bödiker bat um Vorkehrungen gegen die Ueber⸗ schwemmungen der Rheinnebenflüsse und um Abhülfe des Nothstandes in Folge der eingetretenen Ueberschwemmungen.

Minister Herrfurth erklärte, daß bei diesen lokalen Nothständen für die Regierung kein Anlaß vorliege, mit Staatsmitteln einzugreifen, sie die Hülfe vielmehr den Kreisen, der Provinz und der freien Liebesthätigkeit überlassen müsse.

Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Haase führte die von

dem Abg. von Kölischen zur Sprache gebrachte Thatsache, daß Nothstandsgelder aus früheren Jahren im Kreise Bunzlau noch nicht ausgezahlt seien, darauf zurück, daß die Liquidationen zuerst beim Ministerium der Landwirthschaft eingereicht worden seien. Dem Abg. Freiherrn von Schalscha gab Minister Herr⸗ furth zu, daß die Zahl der Staatsämter und Distrikts⸗ kommissarien in Posen allerdings gering sei, wies aber darauf hin, daß die Vermehrung derselben erhebliche Mehrausgaben verursachen würde.

Abg. Strombeck trat für eine Gehaltsaufbesserung der Polizei⸗Hauptleute ein.

Minister Herrfurth erklärte sich damit einverstanden.

Das Gehalt des Ministers wurde bewilligt. (Schluß des Blattes.)

Die Wahlprüfungs⸗Kommission des Reichs⸗ tages beantragt die Entscheidung über die Gültigkeit der Wahl des Abg. Adt im 4. Wahlkreis des Königlich bayerischen Regierungsbezirks Pfalz bis zum Eingang weiterer Ermittelungen auszusetzen.

Die dem „Verband Deutscher Kunstgewerbe⸗ vereine“ angehörenden Vereine haben an den Reichstag eine Petition gerichtet, worin sie ihn bitten, dafür sorgen zu wollen, daß die zum würdigen, dem ursprünglichen Plan gemäßen innern Ausbau und zur entsprechenden Ausstattung des Reichstagsgebäudes erforderlichen Geldmittel nachträglich verfügbar gemacht werden.

Die Kommission des Hauses der Abgeordneten für die Agrarverhältnisse hat den Antrag des Abg. Schultz⸗Lupitz, betreffend die Errichtung einer Versuchsanstalt für Pflanzenschutz, be⸗ rathen und beschlossen, ihn der Königlichen Staatsregierung zur Er⸗ wägung auch nach der Richtung zu überweisen, ob es nicht angezeigt sei, wenn die Errichtung der beantragten Centralstelle nicht für zweck⸗ mäßig befunden wird, dann die bestehenden Einrichtungen zur Be⸗ kämpfung der pflanzlichen Schädlinge mit reicheren Mitteln aus⸗ zustatten. 8

Entscheidungen des Reichsgerichts.

Die Gotteslästerung oder die Beschimpfung einer Kirche bezw. ihrer Einrichtungen (§. 166 St.⸗G.⸗B.) in einer nur von Ver⸗ einsmitgliedern besuchten und nur diesen zugänglichen Versamm⸗ lung eines Vereins ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, III. Strafsenats, vom 5. Januar 1891, deshalb nicht ohne Weiteres als eine nichtöffentliche und straffreie zu erachten. Ist der Verein ein räumlich ausgedehnter, hat er zahlreiche Mitglieder mit so loser Organisation, daß ein innerlicher Zusammenschluß seiner Mitglieder unter einander durch die Zugehörigkeit zum Verein nicht begründet wird, so werden regelmäßig Aeußerungen in den Versamm⸗ lungen eines solchen losen Vereins als öffentliche im Sinne des §. 166 St.⸗G.⸗B. zu erachten sein.

Die eigenmächtige Theilung einer im Miteigen⸗ thum befindlichen Sache ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, I. Strafsenats, vom 12. Januar 1891, gegen den bewußt rechtswidrig handelnden Miteigenthümer, der sich im Besitz der Sache befindet, als Unterschlagung zu bestrafen, auch wenn die vorgenommene Theilung eine gerechte war.

Submissionen im Auslande.

Schweden. 4. April, Mittags. Stockholm. Telegraphen⸗Verwaltung Lieferung von 35 000 Porzellanglocken Nr. 8 (Telegraph), 100 000 8 Nr. 3 (Telephon), 45 000 mit Windungen versehene Haken, 8 192 000 kg Eisendraht verschiedener Dimensionen, 66 000 „Kupferdraht verschiedener Dimensionen, 15 000 Broncedraht, 5,000 bimetallischer Draht, 0 übersponnener Kupferdraht, 100 000 m Theerdraht, 7 600 „Unterwasserkabel verschiedener Stärke, 8 000 Stück Trageisen, 20 000 Spoannhaken aus Eisen, 20 000 8 Kupfer, 5 000 Glasröhren, 1 300 Linienverbindungen.

Näheres an Ort und Stelle.