des 2. Leib⸗Husaren⸗Regiments Kaisevin Nr. 2, des Kürassier⸗Regiments Grorer Kurfürst (Schlesisches) Nr. 1, des Husaren⸗Regiments König Wilhelm I. (1. Rheinisches) Nr. * die Fahnen bezw. Standarten des 1. Garde⸗Regiments z. F., des Regiments der Gardes du Corps und der in Berlin garnisonirenden Garde⸗Truppen, die Leib⸗Compagnie des 1. Garde⸗Regiments zu Fuß, eine aus dem 2. und 4. Garde⸗Regiment z. F. sowie dem Garde⸗ Füsilier⸗Regiment zusammengesetzte Compagnie, ferner je eine aus dem Regiment Alexander, Regiment Franz und Regiment Elisabeth bezw. dem Garde⸗Pionier⸗ Bataillon und Eisenbahn Regiment I und II zusammengesetzte Compagnie, 1 eine aus dem Garde⸗Kürassier⸗Regiment, dem 1. Garde⸗ Dragoner⸗Regiment Königin von Großbritannien und Irland, 2. Garde⸗Ulanen⸗Regiment und 2. Garde⸗Dragoner⸗Regiment zusammengesetzte Escadron, eine aus dem 1. und 2. Garde⸗Feld⸗ Artillerie⸗Regiment zusammengesetzte Batterie, ein Zug vom Garde⸗ Train⸗Bataillon und eine Batterie des 2. Garde⸗Feld⸗Artillerie⸗ Regiments zur Abgabe von 101 Salutschüssen, sowie Musikcorps des 2. Garde⸗Regiments z. F., des Gardbe⸗Füsilier⸗Regiments, des 2. Garde⸗Ulanen⸗Regiments und 1. Garde⸗Feld⸗Artillerie⸗ Regiments. Die Fahnen und Standarten der in Berlin garnisoniren⸗ den Gardetruppen holt die Compagnie des 3. Garde⸗Regiments z. F. aus dem Königlichen Schlosse ab. Nach beendeter Feier erfolgt auf dem Kurfürstendamm ein Vorbeimarsch der Truppen vor Seiner Majestät dem Kaiser und Köͤnig. 8
“ öuö“ Von Einnahmen (iinschließlich der kreditirten Beträge) an Zöllen und gemeinschaftlichen Verbrauchs⸗ steuern, sowie anderen Einnahmen im Deutschen Reich sind für die Zeit vom 1. April 1890 bis zum Schluß des Monats Februar 1891 zur Anschreibung gelangt: Zölle 363 021 560 ℳ (gegen denselben Zeitraum des Vorjahres + 10 685 183 ℳ), Tabacksteuer 10 684 589 ℳ —+ 289 469 ℳ), Zuckermaterialsteuer 18 954 698 ℳ 8. 8 048 281 ℳ), Verbrauchsabgabe von Zucker 49 506 500 ℳ ( 4 841 199 ℳ), Salzsteuer 39 767 030 ℳ (— 1 939 634 ℳ), Maischbottich⸗ und Branntweinmaterialsteuer 14 810 110 ℳ (— 2579 272 ℳ), Verbrauchsabgabe von Branntwein und Zuschlag zu derselben 114 125 870 ℳ (+ 7,328 800 ℳ), Brau⸗ steuer 23 427 139 ℳ (+ 356 616 ℳ), Uebergangsabgabe von Bier 3043 790 ℳ (+ 178 912 ℳ); Summe 637 341 286 ℳ (+ 14 992 260 ℳ). — Spielkartenstempel 1 174 308 ℳ (+ 4145 ℳ), Wechselstempelsteuer 7178372 ℳ († 347 930 ℳ), Stemvpelsteuer für a. Werthpapiere 4 950411 ℳ (— 4084075 ℳ), b. Kauf⸗ und sonstige Anschaffungsgeschäfte 12 379 255 ℳ (s— 1 478 166 ℳ), ec. Loose zu Privatlotterien 449 634 ℳ (+ 8566 ℳ), Staatslotterien 5 934 440 ℳ (+ 117 892 ℳ). Die zur Reichskasse gelangte Ist⸗Einnahme ab⸗ züglich der Ausfuhrvergütungen und Verwaltungskosten be⸗ träagt bei den nachbezeichneten Einnahmen bis Ende Februar 1891: Zölle 342 485 046 ℳ (+ 19 713 135 ℳ), Tabacksteuer 10 498 576 ℳ (— 929 620 ℳ), Zuckermaterialsteuer 5 680 220 ℳ (s— 3 699 044 ℳ), Verbrauchsabgabe von Zucker 48 810 741 ℳ (+ 12 019 889 ℳ), Salzsteuer 37 721 120 ℳ (+ 1183582 ℳ), Maischbottich, und Branntweinmaterialsteuer 14 380 705 ℳ (s— 1 115 884 ℳ), Verbrauchsabgabe von Branntwein und Zuschlag zu derselben 95 158 134 ℳ (+ 10 776 617 ℳ), Brausteuer und Uebergangsabgabe von Bier 22 490 438 ℳ (+ 459 093 ℳ); Summe 577 224 980 ℳ ( 40 267 008 ℳ). — Spielkartenstempel 1 088 992 ℳ (— 13 439 ℳ
Das „Marine⸗Verordnungsblatt’ enthält folgende Allerhöchste Kabinets⸗Ordre, betreffend die Kriegsdienst⸗ zeit:
Ich bestimme: Die militärische Aktion im Süden des deutschen Gebiets in Ost⸗Afrika 1889/90 gilt im Sinne des § 23 des Gesetzes, betreffend die Pensionirung und Versorgung der Militärpersonen des Reichsheeres und der Kaiserlichen Marine ꝛc., vom 27. Juni 1871, als ein Feldzug, für welchen den daran betheiligten Besatzungen Meiner Kreuzer⸗Korvette „Carola“ und Meiner Kreuzer „Sperber“ und „Schwalbe' ein Kriegsjahr in Anrechnung zu bringen ist. Zur Aus⸗ führung dieser Ordre haben Sie das Weitere zu veranlassen. Berlin, den 24. Februar 1891. Wilhelm. In Vertretung des Reichs⸗ kanzlers. Hollmann. “ 1
Der Staatssekretär des Reichs⸗Marineamts bringt diese Ordre zur Kenntniß der Marine mit folgenden Bemerkungen:
Als Kriegsjahr gilt: 1) Das Jahr 1890 für die nur in diesem IJnhre, sowie für diejenigen in beiden Jahren betheiligten Besatzungen, welchen bereits auf Grund der Allerhöchsten Ordre vom 19. November 1889, betreffend die Anrechnung eines Kriegsjahres für die Theilnahme an den militärischen Unternehmungen an der Ostküste Afrikas 1888/89, das Jahr 1889 als Kriegsjahr in Anrechnung zu bringen ist. 2) Das Jahr 1889 für die übrigen Theilnehmer an der militärischen Aktion im Süden des deutschen Gebieteszin Ost⸗Afrika 1889/90. Im Allge⸗ meinen wird daber für die Besatzung S. M. Kreuzers „Sperber“
8 Jahr 1889, für die Besatzungen S. M. Kreuzer⸗Korvette „Carola“
M. Kreuzers „Schwalbe“ dagegen, insofern für diese schon
r 1889 auf Grund der Allerhöchsten Ordre vom 19. No⸗ 89 (Marine⸗Verordnungsblatt Seite 23) zu berücksichtigen hr 1890 als Kriegsjahr in Betracht kommen.
Hinsichtlich der Rekrutirung der Marir 4 ist durch Allerhöchste Kabinets⸗Ordre Nachstehendes bestimmt:
Die Entlassung der Mannschaften der Marinetheile am Lande und der Besatzungen der in heimischen Gewässern befindlichen Schiffe hat in der zweiten Hälfte des Monats September dieses Jahres stattzufinden. 1 8 “
Die Oekonomiehandwerker der Werft⸗Divisionen sind am 29. Sep⸗ tember dieses Jahres zu entlassen.
Die Zahl der einzustellenden Rekruten ist von dem Reichskanzler (Reichs⸗Marineamt) nach dem vorhandenen Bedarf innerhalb der Grenzen des Etats festzusetzen.
Die Einstellung hat stattzufinden: a. bei den See⸗Bataillonen, den Matrosen⸗Artillerie- und den Torpedo⸗Abtheilungen am 3. No⸗ vember dieses Jahres; b. bei den Matrosen⸗ und Werft⸗Divisionen am 5. Januar 1892; c. die Einstellung der Oekonomiehandwerker der
Werft⸗Divisionen am 1. Oktober die 18 Jahres. 1
Nach einer Verfügung des Staatssekretärs des Reichs⸗
Marineamts sind einzustellen: 8 a. in die Matrosen⸗Divisionen: bei der I. Matrosen⸗ Division mindestens 780 Mann, bei der II. Matrosen⸗Division mindestens 605 Mann, außerdem in jede der beiden Matrosen⸗ Divisionen soviel Vierjäbrig⸗Freiwillige, als zur Ausfüllung des Etats erforderlich sind. Ferner sind bei der I. Matrosen⸗Division 40, bei
er II. Matrosen⸗TDivision 39 Stellen für zu Matrosen beförderte Schiffsjungen offen zu halten;
b. in die Werft⸗Divrisionen: bei der I. Werft⸗Division min⸗ destens 243 Mann, bei der II. Werft⸗Division mindestens 165 Mann, auserdem in jede der beiden Werft⸗Divisionen mindestens ein Drittel der etatsmäßigen Zahl an Oekonomiehandwerkern;
e in die See⸗Bataillone je 200 Mann;
d in die I. Matrosen⸗Artillerie⸗Abtheilung mindestens 200 Mann, in die II. und III. Matrosen⸗Artillerie⸗Abtheilung mindestens je 150 Mann; 1
e. in die Torpe ilungen der Bedarf zur Ausfüllung des Etats urter Offenhaltung von je acht Stellen für zu Torpedo⸗ Matrosen beförderte
— 3
seit einigen Jahren bei einer Anzahl von Post⸗ und Telegraphenanstalten des platten Landes eingerichteten so⸗ genannten Unfall⸗Meldestellen, welche dazu bestimmt sind, bei eintretenden unvorhergesehenen Gefahren für Gut und Leben der Landbewohner, insbesondere bei Feuers⸗ oder Wassers⸗ noth, plötzlichen Unfällen, Krankheiten und anderen ungewöhn⸗ lichen Ereignissen schleunigste Hülfe bei Tag und Nacht aus Nachbarorten durch telegraphischen Anruf herbeizuschaffen, haben sich durchweg bewährt und neuerdings auch bei den vorgekommenen Ueberschwemmungen wesentliche und wirksame Dienste geleistet. Bei der Landbevölkerung ist die Erkenntniß der Vortheile einer Nutzbarmachung der Telegraphen bei Un⸗ fällen fortschreitend in immer weitere Kreise gedrungen; als Beweis hierfür gilt, daß im Reichs⸗Postgebiet die Zahl der Orte mit Unfall⸗Meldestellen, welche Ente 1887 erst 514 betrug, am 1. Februar d. J. bereits auf 2063 gestiegen war.
Von der Reichs⸗Postverwaltung wird für die Einrichtung jeder Unfall⸗Meldestelle nur die Erstattung der Selbstkosten in Höhe von 50 ℳ in Anspruch genommen; es kann daher allen denjenigen ländlichen Gemeinden, wo eine telegraphische Unfall⸗ Meldestelle bei der Postanstalt noch nicht besteht, im eigenen Interesse nur empfohlen werden, die Herstellung der eben so praktischen als segensreichen Einrichtung, unter Erfüllung der von der Postbehörde gestellten mäßigen Bedingungen, überall anzustreben. 8
Die
Die Wittwe des Geheimen Regierungs⸗Raths Frau Louise Landfermann, geborene Winter, in Mülheim a. d. Ruhr, hat zur Erinnerung an ihren letzten Sohn, den Kaiserlichen Kapitän⸗ Lieutenant Paul Landfermann, welcher a Januar 1889 als Erster Offizier S. M. Kreuzer⸗Korvette „S Folgen eines von ihm geleiteten siegreichen Gefechts bei s⸗Salaam gegen die aufständischen Araber daselbst verstorben i ine Stiftung im Betrage von „Fünfzehntausend Mark“ dem Namen: Marinestiftung „Landfermann“ errichtet. Diese Stiftung hat die Genehmigung Seiner Majestät des Kajisers und die Rechte einer juristischen Person erhalten. Die Stiftung bezweckt, den Personen des Soldatenstandes der Kaiser⸗ lichen Marine vom Deckoffizier einschließlich abwärts und deren Hinterbliebenen, und zwar: a. diesen Personen selbst, wenn sie auf Seereisen, namentlich infolge militärischer Aktionen oder klimatischer Einflüsse invalide geworden sind, b. ihren Hinterbliebenen, wenn die gedachten Personen auf Stereisen oder infolge der vorbezeichneten Ursachen nach der Rückkehr in die Heimath verstorben sind, im Falle der Bedürftigkeit und Würdigkeit Unterstützungen zu gewähren. Die Stiftung hat ihren Sitz in Berlin und wird von einem aus fünf Mitgliedern bestehenden Vorstande verwaltet, welcher nach ausen hin durch den Vorsitzenden oder dessen Stellsertreter vertreten wird. Sowohl die Mitglieder als den Vorsitzenden und dessen Stellvertreter ernennt der Chef der Marineverwaltung. Demselben steht auch für den Fall der Ab⸗ lehnung oder des Ausscheidens eines Mitgliedes die anderweite Er⸗ nennung zu. Die Unterstützungen können in Jahresbeträgen für einen bestimmten Zeitraum oder als einmalige Beihülfen gewährt werden. Der Jahresbetrag einer Unterstützung darf für die in §. 2 a bezeichneten Personen und deren Wittwen je 150 ℳ, für sonstige Hinterbliebene je 100 ℳ nicht übersteigen. Die staatliche Oberaufsicht über die Stiftung führt der Chef der Marineverwaltung, welcher zu diesem Zweck einen Kommissarius bestellt. Zum Vorsitzenden des Vorstandes der Stiftung ist der Geheime Admiralitats⸗ und vortragende Rath Perels
ernannt worden.
Der Ober⸗Hofmeister Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin Freiherr von Mirbach ist vom Urlaub zurückgekehrt.
Der Königliche Gesandte in Stuttgart Graf zu Eulen⸗ burg ist von dem ihm Allerhöchst bewilligten kurzen Urlaub auf seinen Posten zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.
Die Bevollmächtigten zum Bundesrath, Königlich baye⸗ rischer Ministerial⸗Rath Heller und Königlich württembergischer Ober⸗Finanz⸗Rath von Fischer sind von hier abgereist.
Die Bevollmächtigten zum Bundesrath, Königlich bayerischer Ober⸗Regierungs⸗Rath Landmann und Senator der freien und Hansestadt Hamburg Dr. Burchard sind von Berlin abgereist.
Die neuernannten Regierungs⸗Assessoren Kuntze, Dr. jur. von Massow, von Reiche und von Olfers sind den Königlichen Regierungen zu Magdeburg, bezw. Breslau,
Arnsberg und Hannover überwiesen worden.
Königsberg, 19. März. Der Ostpreußische Pro⸗ vinzial⸗Landtag ist durch den Ober⸗Präsidenten von Schlieckmann heute Nachmittag geschlossen worden.
ꝙ †½ Posen, 19. März. In der vorgestrigen 6. Plenar⸗ Sitzung des Provinzial⸗Landtages gelangte zunächst eine Reihe von Anträgen und Bittgesuchen zur Verhandlung, hinsichtlich deren der Provinzial⸗Landtag folgende Beschlüsse faßte:
Der Antrag des Vorstandes der Anstalt zur moralischen Hebung und Ausbildung verwahrloster Mädchen in Posen um eine laufende Unterstützung wurde abgelehnt; ebenso das Gesuch des Samariter⸗Ordensstifts zu Kraschnitz um eine Bei⸗ hülfe zum Erweiterungsbau der Anstalt. 8 8 Abgelehnt wurden ferner die Anträge der evangelischen Diakonissenanstalt hier um eine einmalige Unterstützung zur Tilgung einer Bauschuld, des Vorstandes des evangelischen Mädchen⸗Rettungshauses und der Siechenstation hier um eine einmalige oder jäͤhrliche Beihülfe, der Kleinkinder⸗Bewahranstalt hierselbst um Gewährung einer Beihülfe, der Krankenanstalt der barmherzigen Schwestern um Gewährung einer außer⸗ gewöhnlichen Beihülfe und ein Gesuch um Verleihung einer ganzen Freistelle in der Provinzial⸗Irrenanstalt Owinsk. Den Kunstvereinen zu Bromberg und Posen und dem Verein der schönen Künste zu Posen wurden Beihülfen von je 150 ℳ bewilligt.
Das Gesuch einer ehemaligen Hebamme um Gewährung einer laufenden Unterstützung wurde abgelehnt, ebenso der
Antrag des Provinzialvereins zur Fürsorge für entlassen Strafgefangene um Gewährung einer Beihülfe.
Der Provinzial⸗Landtag erklärte sich sodann damit ein verstanden, daß die Wahl der bürgerlichen Mitglieder und deren Stellvertreter für die Ober⸗Ersatzkommission im Bezirk der 7. Infanterie⸗Brigade, welche den Provinzial⸗Landtagen
von Pommern, Posen und Westpreußen gemeinsam zusteht, in der ersten Wahlperiode von dem Provinzial⸗Landtage von Pommern, in der zweiten von dem Provinzial⸗Landtage von Posen und in der dritten von dem Provinzial⸗Landtage von
Westpreußen wahrgenommen werde. 2
Die der Augenheilanstalt des Dr. Wicherkiewicz zu Posen
bisher bewilligte Beihülfe von 10 000 ℳ wurde unter den
gleichen Bedingungen, wie bisher, weiter bewilligt.
Das Gesuch der Wittwe eines verstorbenen Anstalts arztes um Erhöhung der ihr gewährten jährlichen Unter⸗ stützung wurde abgelehnt, ebenso der Antrag der Stadt Rakwitz um Gewährung einer Freistelle in der Provinzial⸗ Irrenanstalt Owinsk.
Dem Antrag einer Taubstummenlehrer⸗Wittwe um Be⸗ willigung einer außerordentlchen Unterstützung wurde zu gestimmt.
Für eine größere Zahl von Jahresrechnungen ertheilte der Provinzial⸗Landtag dem Rechnungsführer Entlastung.
Die durch Allerhöchstes Propositionsdekret den Provinzial ständen zur Begutachtung vorgelegte Frage, ob für die Provinz Posen der Erlaß eines Gesetzes, betreffend die Entschädigung für an Milzbrand gefallene Thiere, ein Bedürfniß sei, glaubte der Provinzial⸗Landtag verneinen zu sollen.
Endlich wurde der Erlaß eines Provinzialstatuts be⸗ schlossen, nach welchem dem Landeshauptmann ein weitere oberer Beamter (Landesrath) zugeordnet werden soll, welche die Geschäfte der Invaliditäts⸗ und Altersversicherungsanstalt zu bearbeiten hat. 1
In seiner gestrigen 7. Sitzung genehmigte der Pro⸗ vinzial⸗Landtag zunächst die von dem Landtags⸗Marschall auf⸗ gestellten Entwürfe für zwei Landtagsschriften.
Der Provinzial⸗Landtag erledigte sodann aus dem Ver⸗ waltungsbericht des Landes⸗Hauptmanns den den finanziellen Abschluß für das Rechnungsjahr 1889/90 behandelnden Ab⸗ schnitt durch Kenntnißnahme und lehnte den Antrag des Vor⸗ standes des Posener Provinzialvereins gegen die Wander⸗ bettelei auf Gewährung einer laufenden Subvention ab; ebenso das Gesuch eines Blindenanstalts⸗Lehrers um Vor⸗ datirung des Dienstalters.
Dem Vorstand der polytechnischen Gesellschaft hierselbst wurde die zur Erhaltung der gewerblichen Fortbildungsschule bisher gewährte Beihülfe weiter bewilligt.
Für den Bau eines Direktorial⸗Wohngebäudes bei der hiesigen Taubstummen⸗Anstalt wurde der inzwischen noch er⸗ mittelte Mehrbedarf von 8400 ℳ nachbewilligt und beschlossen, diesen Betrag und die für den gleichen Zweck im Landes⸗ Haupt⸗Etat vorgesehene Summe unter Streichung daselbst aus den angesammelten Beständen des Kreisordnungsfonds zur Verfügung zu stellen.
Die fuͤr die Jahresrechnungen der Provinzial⸗Feuer⸗ Sozietät der Jahre 1888/89 und 1889/90 erbetene Entlastung wurde ertheilt. Einem Antrag des Kreises Czarnikau um Rückerstattung der in den Jahren 1885/86, 1886/87 und 1887/88 irrthümlich zuviel gezahlten Provinzialbeiträge wurde stattgegeben und die Einstellung des entsprechenden Betrages in den Landes⸗Haupt⸗Etat beschlossen.
Die von einem pensionirten Anstalts⸗Aufseher erbetene Badebeihülfe wurde abgelehnt, dagegen für einen Kanzlisten der Landes Hauptverwaltung die vom Landeshauptmann be⸗ antragte Gehaltserhöhung bewilligt. Zur weiteren Ver⸗ mehrung der Betriebsmittel der Provinzial⸗Hülfskasse soll ein Allerhöchstes Privilegium zur weiteren Ausgabe zum Betrage von noch 10 Millionen Mark erbeten werden.
Unter Zustimmung des Provinzial⸗Landtages gelangte außerhalb der Tagesordnung noch ein Antrag zur Annahme, dem Ober⸗Präsidenten zur Linderung der durch das Hoch⸗ wasser herbeigeführten Noth den Betrag von 20 000 ℳ zur Verfügung zu stellen.
Der Provinzial⸗Landtag nahm sodann die Wahlen vor für die Direktion der Provinzial⸗Hülfskasse, die ständische Kommission der Provinzial⸗Feuer⸗Societaͤt, die Posener Renten⸗ bank, die Ober⸗Ersatzkommissionen für die Bezirke der 19., 20. und 8. Infanterie⸗Brigade und die Rechnungskommission des Provinzial⸗Landtages.
Zum Mitglied des Provinzial⸗Ausschusses an Stelle des zum Ober⸗Präsidenten der Provinz Posen ernannten Freiherrn von Wilamowitz⸗Möllendorff wurde der Rittergutsbesitzer Falkenthal zu Slupowo gewählt.
In der heutigen 8. Sitzung wurde der Rest der der Beschlußfassung des Provinzial⸗Landtages unterbreiteten Vor⸗ lagen erledigt.
Zunächst wurde das von den Provinzialständen erforderte Gutachten, ob der Stadtgemeinde Scharfenort, Kreis Samter, die Annahme der Landgemeindeverfassung zu gestatten sei, in bejahend m Sinne abgegeben.
Sodann trat der Provinzial⸗Landtag in die Berathung und Festsetzung des Landes⸗Haupt⸗Etats ein und stellte den⸗ selben in Einnahme und Ausgabe auf 3 443 500 ℳ fest. Mit der Vollziehung einer Landtagsschrift und eines Wahlprotokolls wurden die Berathungen geschlossen und die Mitglieder auf⸗ gefordert, sich zu der auf 3 Uhr festgesetzten feierlichen Schluß⸗ sitzung einzufinden.
In dieser erschien, durch eine ständische Deputation ein⸗ geholt, in der Mitte der Versammlung der Königliche Landtags⸗ Kommissarius, Ober⸗Präsident Freiherr von Wilamowitz⸗ Möllendorff und richtete an die Provinzialstände folgende
Ansprache: Hochgeehrte Herren!
8 Der 26. Provinzial⸗Landtag hat eine außergewöhnliche Zahl von
schwierigen und inhaltreichen Arbeiten in einer kürzeren Zeit bewältigt, als frühere Landtage zur Erfüllung ihrer Aufgabe gebraucht haben. Es ist das zunächst der altbewährten, vorzüglichen Leitung Ihrer Verhandlungen und der aufopfernden Thätigkeit zu danken, mit welcher Sie sich Ihrer Pflicht unterzogen haben, es findet darin aber auch ein Urtheil seine Bestätigung, welches bei Eröffnung dieses Landtages aus berufenem Munde gefällt worden ist, daß näm lich die neue Ge⸗ staltung der provinzialständischen Verwaltung sich bewährt hat. Ich zweifle nicht, daß diese Verwaltung, getragen von Ihrer Zustimmung und Ihrer Anerkennung, auch fernerhin allen berechtigten Erwartungen entsprechen und ebenso den Interessen der Provinz als des Staats gerecht werden wird.
Auf allen Gebieten mebhren sich die Anforderungen, welche von der Gesammtheit an den Einzelnen gestellt werden. Mit dankens⸗ werther Liberalität haben Sie für N2 gemeinnützige Einrich⸗ tungen, welche bereits von früheren Landtagen unterstützt wuren, auch
könnte, nicht Worte vorbeugen möchte. Di
— Provinzial Landtag eine solche Ermäßigu Propin; in Nerbin 2 ; 9 Provinz in Verbindung mit der besonderen Feuergefährlichkeit des
ni der Provinzial⸗Landtag sich be
weiterhin Zuwendungen bewilligt und diesen Zuwendungen durch Auf⸗ nahme unter die dauernden Ausgaben des Voranschlages eine wesentlich förderliche Bedeutung gegeben. Wenn Sie eine große Zahl weiterer Gesuche nicht glaubten berücksichtigen zu können, so fann ich die schmerzlichen Empfindungen getäuschter Hoffnung den Bittstellern wobl nachfühlen, mich aber dem Verständnisse dafür nicht erschließen, daß Sie sich Angesichts der finanziellen Lage und der
Anforderungen, welche theils schon an die Provinz gestellt werden,
sheils ihr noch bevorstehen, eine weise Beschränkung auferlegt haben. Daß Sie ein warmes Herz haben für außergewöhnliche Noth, beweist die aus Ihrer eigenen Initiative hervorgegangene Bewilligung
einer namhaften Summe zu Gunsten Ihrer von der gegenwärtigen Ueberschwemmung schwer getroffenen Mitbürger. Hierfür und für Ihre treue, sachliche und hingebende Arbeit gebührt Ihnen all⸗ seitiger Dank.
Im Allerhöchsten Auftrage Seiner Majestät des Kaisers und Königs erkläre ich den 26. Provinzial⸗Landtag der Provinz Posen für
geschlossen. . Hierauf erwiderte der Landtags⸗Marschall, Königliche Schloßhauptmann und Landrath Freiherr von Unruhe⸗ Bomst mit nachstehender Rede: Hochgeehrter Herr Landtags⸗Kommissarius!
Aufrichtig danke ich für die woblwollenden anerkennenden Worte, welche Eure Excellenz soeben unserer Thätigkeit gewidmet haben. Ich kann Namens meiner Mitstände versichern, daß die Beschleunigung unserer Arbeiten wesentlich eine Folge der Erleichterung ist, welche uns durch die gründliche Vorbereitung der Arbeiten zu Theil geworden ist. Wir dürfen daher auch die Hoffnung aussprechen, daß diese Arbeiten zweckent prechend sein und unserer Provinz zum Segen gereichen werden. Daß uns kurz nach Beginn unserer Arbeit der Mann verließ, der Namens Seiner Majestät des Kaisers und Königs den Landtag er⸗ öͤßnet hatte, hat uns schmerzlich bewegt. Denn unsere Provinz ist ihm für seine ihr gewordene segensreiche Thätigkeit zu herzlichem Dank verpflichtet. Er hat es verstanden, sich in der verhältnißmäßig kurzen Zeit seiner Amtsdauer die Zuneigung aller Bewohner der Provinz zu erwerben, und die kewegten Worte, die er an dieser Stelle an uns zum Abschied richtete, haben uns bewiesen, daß ihn nicht eigene freie Wabhl, sondern nur der Gehorsam gegen den Befehl seines Königlichen Herrn zu gehen veranlaßte. Wir wissen, daß uns in seinem Herzen, wie ihm in unser Aller Herzen eine gute Stätte verbleibt.
Dankbar aber sind wir Seiner Majestät unserem Aller⸗ gnädigsten Kaiser und Könige, daß er uns an Stelle des Scheidenden in Eurer Excellenz einen Mann an die Spitze der Verwaltung gestellt hat, welcher nicht nur unter uns geboren und auf⸗ gewachsen, sondern so lange Jahre mit uns gemeinsam zum Wohle
unserer Heimath gearbeitet hat. Wir erfreuen uns der festen Zu⸗ versicht, daß Eure Ezcellenz in demselben Sinne auch an der hoben
Stelle, auf welcher wir Sie zu sehen das Glück haben, weiter wirken werden und unser Vertrauen wird Eure Exceellenz dabei begleiten Wenn ich auf einen unserer Beschlüsse noch besonders eingebe, so geschieht es, weil die Möglichkeit, daß derselbe mißverstanden werden ausgeschlosseen ist und ich dem durch meine Ablehnung des zu der Be⸗ „Allgemeinen stellung der Provinzial⸗Feuer⸗ gebrachten 8 welcher die Ermäßigung ifs im Auge hatte, ist nicht etwa erfolgt, weil der ung unter Berücksichtigung der r Brandschäden innerhalb der anderen öffentlichen Feuer⸗ asseneintheilung neb
5
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des Beitrags
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8
bisherigen statistischen Feststellungen übe i versicherungs⸗Anstalten bestehenden Kl ben der inzelnen Gebäudes, welche ch wünschte, sondern weil wußt war, daß in Folge des vom 25. Provinzial⸗Landtage gefaßten Beschlusses die Umarbei⸗ tung des Reglements und damit auch eine Aenderung des Beitrags⸗ tarifs in sicherer Aussicht steht und der Provinzial⸗Landtag dieser Umarbeitung in keiner Weise vorgreifen wollte.
Der 26. Provinzial⸗Landtag lebt umsomehr der festen Hoffnung, daß diese Umarbeitung eine die Wünsche der Mitglieder der Sozietät zufriedenstellende sein werde, als er ja weiß, daß der Antrag, welcher zu jenem Beschlusse des 25. Provinzial⸗Landtages geführt hat, von Eurer Excellenz als Mitglied desselben ausgegangen ist, und er glaubt daher gewiß sein zu können, daß Eure Excellenz der Umarbeitung Ihre mit dem Bedurfnisse völlig vertraute Mitwirkung nicht ver⸗ sagen werden.
Ihnen, meine geehrten Mitstände, danke ich für die Nachsicht, die Sie mir auch diesmal wiederum haben zu Theil werden lassen. Ich bitte Sie, mir Ihre freundliche Gesinnung zu bewahren, und so fordere ich Sie zum letzten Male auf, mir zu folgen und mit mir einzustimmen in den Ruf: Es lebe Seine Majestät der Kaiser und König Wilhelm II.
Der Provinzial⸗Landtag stimmte drei Mal begeistert in dieses Hoch ein.
Niachdem der Königliche Landtags⸗Marschall, durch die ständische Deputation geleitet, den Sitzungssaal verlassen hatte, trennte sich die Versammlung.
Posen, 19. März. Die Stadtverordneten⸗Versammlung beschlot in ihrer gestrigen Sitzung anf Antrag des Magistrats einstimmig, dem bisherigen Ober⸗Präsidenten der Provinz Posen, jetzigen Staats⸗Minister und Minister der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten Grafen von Zedlitz⸗Trützschler das Ehrenbürgerrecht der Stadt Posen zu verleihen.
Kööln, 20. März. Wie die „Kölnische Zeitung“ be⸗ richtet, hat der Ober⸗Hof⸗ und Hausmarschall Graf zu Eulen⸗ burg dem hiesigen Ober⸗Bürgermeister in einem Schreiben mitgetheilt, daß Seine Majestät der Kaiser die Ein⸗ ladung der Stadt Köln zu einem Festmahl im Gürzenich an⸗ genommen habe. Die Reise Seiner Majestät an den Rhein sei für Ende April oder Anfang Mai in Aussicht genommen.
Württemberg.
Stuttgart, 18. März. Selten noch, schreibt man der M. „Allg. Ztg.“, hat in der württembergischen Kammer der Abgeordneten eine solche Einmüthigkeit geherrscht, wie heute bei der Berathung über die Frage der Erhöhung der Volksschullehrergehalte, wofür die Regierung ein Plus von 292 320 ℳ gegen das vorige Jahr, im Ganzen 1 512 377 ℳ, exigirt hat. Der Finanzkommission gingen diese Exigenzen nicht weit genug, und sie beantragte, den unständigen Lehrern schon nach zurückgelegtem 25. Lebensjahre eine jährliche Zulage von 50 ℳ und den ständigen Lehrern vom 35. bis zum vollendeten 55. Lebensjahre Zulagen von 150 — 500 ℳ zu gewähren. Auf der Bank der Ritterschaft und der Bank der Prälaten, bei der Landespartei, der deutschen Partei und der Linken, überall begrüßte man diese Kommissionsanträge, die gegen die Regie⸗ rungsvorlage noch einen Mehraufwand von 160000 ℳ erfordern, mit Freuden, denn auf allen Seiten wurde anerkannt, daß für den Anfang die Lehrergehalte nicht ausreichend zu einer an⸗ ständigen Lebensführung seien. Außer dem Berichterstatter Dr. Göz sprachen zu Gunsten der Kommissionsanträge der Abg. Stälin, die Prälaten von Ege, von Merz und von Sandberger, Dekan Kollmann, Eggmann, Nast, Egger, Nußbaumer, Spieß,
jetzt allein maßgebend ist,
Freiherr von Gültlingen, Wendler und F. Haußmann. Der
Letztere sowohl wie Stälin wären gern noch weiter gegangen, als die Kommissionsanträge und hätten für die Lehrer in mittleren Jahren noch etwas größere
Zulagen!
Minister von Sarwey bemerkte dagegen, daß die Anfangsgehalte der Lehrer bei uns größer seien, als in den anderen deutschen Staaten, und daß alle gegentheiligen Behauptungen in der Lehrerpresse unrichtig seien. Uebrigens stehe er den Lehrern durchaus wohlwollend gegenüber, und er werde auch die Kommissionsanträge, die natürlich angenommen wurden, einer sorgfältigen Prüfung unterziehen; welchen Erfolg die Prüfung haben werde, darüber vermöge er sich heute noch nicht zu äußern. Auch den Lehrern an Gelehrten⸗, Real⸗ und Bürgerschulen wurde an Alterszulagen und Gehaltsaufbesserungen ein Plus von 62 169 ℳ, zusammen 495 957 ℳ, ziemlich einmüthig bewilligt.
bewelligt.
Seine Königliche Hohei die „Darmst. Ztg.“ meldet, durch Entschließung vom 7. März auf Bitte des Rektors und Senats der Landes⸗Universität Gießen die Würde eines Rector Magnificentissimus der Ludoviciana beigelegt.
Die Erste Kammer beschloß der „Köln. Ztg.“ zufolge die einstweilige Einstellung des Weinsteuer⸗Postens mit 295 000 ℳ für die nächste Budget⸗Periode, mit dem Ersuchen um gesetzliche Aufhebung des Weinsteuergesetzes und Ersatz durch ein neues, auf richtigeren Grundsätzen beruhendes.
Anhalt. 1 Dessau, 18. März. Seine Hoheit der Erbprinz und
Ihre Großherzogliche Hoheit die Erbprinzessin sind gestern Abend, von Neustrelitz kommend, hierher zurückgekehrt.
Deutsche Kolonien
Der „Hamburgischen Börsenhalle“ wird aus Gabun vom 15. d. M. gemeldet, daß die drei Handelssektionen der Firma Jantzen u. Thormälen, welche sich der For⸗ schungsexpedition des Dr. Zintgraf von Barombi aus in das Innere durch die feindlichen Banyangstämme an⸗ geschlossen hatten, um im Balilande eine Hauptstation zu errichten, ihre beiden Führer Nehber und Tiedt in Folge von Kämpfen bei Bafut durch den Tod verloren haben. Der Expeditionsmeister Carstensen wurde in Bali stationirt, der dritte Handelsführer Caulwell blieb im Banyanglande zurück, während Dr. Zintgraf sich wohlbehalten wieder in Kamerun Zbb““ “
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Oesterreich⸗Ungarn.
Wien, 19. März. Die Kaiserin ist heute in Corfu eingetroffen.
Eine heute in Gratwein bei Graz veranstaltete Wan⸗ derversammlung des Wiener deutschen Volks⸗ vereins unter dem Vorsitz seines Obmanns, des ehemaligen Abgeordneten Schoenerer, wurde von der Behörde ge⸗ schlossen, weil unter den 500 Theilnehmern sich nur ungefähr fünf Vereinsmitglieder befunden hätten. Schoenerer kündigte an, er werde gegen das Verbot der Versammlung die gesetz⸗ lichen Mittel ergreifen.
Im Verwaltungsausschuß des ungarischen Unter⸗ hauses begann heute die Generaldebatte über den Gesetz⸗ entwurf, betreffend die Regelung der Verwaltung und die Autonomie der Komitate. Der Berichterstatter Dardai führte aus, das Wesen der Vorlage liege in der Neuregelung des Rechtes zur Ernennung der Beamten. Minister⸗Präsident Graf Szapary erklärte, die Regierung beabsichtige, demnächst Gesetzentwürfe, betreffend die Gerichtsbarkeit über die Abgeordnetenwahlen, die Waisenange⸗ legenheiten und die Verwaltungsgerichtsbarkeit, einzubringen,
bat jedoch nicht zur Bedingung der Annahme des Verwaltungs⸗
gesetzes zu machen, daß die angeführten Gesetze gleichzeitig mit letzterem wirksam werden. Der vorliegende Entwurf würde die Ausgaben um 1 ½ Millionen erhöhen. Graf Apponyi erklärte, er nehme die Vorlage vorbehaltlich einiger in der Einzeldebatte vorzunehmender Abänderungen an, wünsche jedoch, daß gleichzeitig mit derselben ein Gesetz über das Verwaltungsgericht, über die Freiheit der Wahlen und das Disziplinarverfahren zur Sanktion unterbreitet werde. Nach einer Rede Stefan Tisza's gegen Apponyi wurde die Berathung vertagt. Die Annahme der Vorlage in der Kommission und im Hause mit großer Mehrheit ist gesichert. Großbritannien und Irland.
Die Königin beabsichtigt englischen Blättern zufolge, im Laufe des Sommers einer großen bei Portsmouth abzu⸗ haltenden Truppenschau beizuwohnen. Am 16. d. M., dem Todestage der Mutter der Königin, der Herzogin von Kent, besuchte Ihre Majestät, begleitet von der Kaiserin Friedrich, der Prinzessin Beatrice und der Prinzessin Margarethe von Preußen, das der Verstorbenen errichtete Mausoleum in Frogmore. Vorgestern enthüllte die Kaisecin Friedrich in Gegenwart ihrer Mutter sowie der Prinzessin Margarethe, des Marquis und der Marquise von Lorne und der Herzogin von Teck eine Statue der Königin Victoria im Eton College. Die Kaiserin Friedrich und die Prinzessin Margarethe von Preußen werden bis zum künftigen Montag als Gäste der Königin in Windsor weilen. Hierauf werden die hohen Damen eine Woche im Buckingham⸗Palast in London Wohnung nehmen und vor ihrer Rückkehr nach dem Kontinent auch noch einige Tage bei dem Prinzen von Wales auf dessen Landgut Sandringham bleiben.
Das Oberhaus nahm gestern nach kurzer Debatte in erster Lesung eine von dem Staatssekretär für die Kolonien Lord Knutsford eingebrachte Bill an. Durch diese Bill werden die früheren Befugnisse der Krone erneuert, nach denen die Marine⸗Offiziere Weisungen erhalten können, welche die Ausführung von Verträgen sichern. Dieser Schritt ist, wie der Staatssekretär in der Begründung sagt, durch die Haltung Neufundlands geboten, das ein Schieds⸗ gericht in der Fischereifrage ablehne, Falls Frank⸗ reich sich nicht von der Küste zurückziehe und auch einen modus vivendi nicht anerkennen wolle. Es gebe im Interesse des Friedens und der Ordnung und im Interesse der Ausführung der Verträge und Verpflichtungen Englands keine andere Möglichkeit, als die Erneuerung der vorgeschlagenen Maßregel. Hinsichtlich des Fischfangs in Neufundland sei die Lage in der Saison 1891 schlimmer als 1890, da die Neu⸗ fundländer jedes Schiedsgericht ablehnen, wofern nicht vorher auch die Räumung der Küste Seitens Frank⸗ reichs erzielt sei. Dadurch und durch die Ver⸗ öffentlichung aufreizender Plakate sei die Lage sehr erschwert.
Situation ernst sei. Die Neufundländer beurtheilten dieselbe unrichtig, wenn sie glaubten, daß die Verlegenheiten, mit denen die britische Regierung kampfe, von ihrer Loyalität gegen die Königin und von ihrer Verbindung mit England herrührten. Die Verhältnisse würden sich nicht ändern, wenn es ihnen frei stände, sich einem anderen Lande anzuschließen; denn Frankreichs Rechte würden fortbestehen. Er hoffe, die Neufundländer würden einsehen, daß England durch ein unparteiisches Schiedsgericht die Interessen Neufundlands am Besten wahre.
Im Unterhause stellte am Dienstag der Deputirte Pickersgill den Antrag: das Haus möge eine Kommission ein⸗ setzen, um zu erwägen, ob die Gesetze gegen Spiel und Wetten ausreichend wären. Der Minister des Innern Matthews versprach sich keinen praktischen Erfolg von einer solchen Kommission und warf die Frage auf, ob man auch die Börse in den Kreis der Untersuchung ziehen wolle. Der An⸗ trag wurde schließlich mit 70 gegen 47 Stimmen abgelehnt.
Der irische Abgeordnete Maulrice Healy, welcher neben Parnell den Wahlkreis Cork im Parlament vertritt, hat die Herausforderung Parnell's angenommen, die Wahler sofort darüber entscheiden zu lassen, wessen Sache fie für die richtige halten. Healy will sein Mandat niederlegen, sobald Parnell ihm mittheile, daß er das Gleiche zu thun bereit sei.
Lord Hartington hat das Anerbieten der Regierung, der Vorsitz der Arbeits⸗Kommission zu übernehmen, an genommen.
Der Herzog von St. Albans hat eingewilligt, seinen Anspruch auf das 965 Pfd. Sterl. betragende Gehalt als erblicher Großfalkonier gegen eine einmalige Entschädigung von 8355 Pfd. Sterl., den neunzehnfachen Betrag des Jahres⸗ gehaltes, fallen zu lassen. Auch der Marquis von Downshire hat sich erboten, für sich und seine Nachkommen auf das Amt eines Constable des Forts von Hillsborough, welches allerdings nur 54 Pfd. Sterl. 3 Sh. 4 Cts. einträgt, gegen Zahlung von 1354 Pfd. Sterl. 3 Sh. 4 Cts. zu ver⸗ zichten. Diese Sinekurenposten werden somit demnächst aus dem englischen Budget verschwinden.
8 Frankreich.
8 Paris, 19. März. Die Deputirtenkammer nahm heute einen im Senat bereits erledigten Gesetzentwurf on, wonach Unter⸗Lieutenants aller Waffengattungen nach zweijähriger Dienstzeit zu Lieutenants befördert werden können. Dieses Gesetz bedingt eine Mehrausgabe von 500 000 Fr. Sodann richtete der Deputirte Montfort an die Regierung seine bereits angekündigte Anfrage in Betreff der Lage in Tongking. Montfort tadelte die Ersetzung der militärischen Verwaltung durch die Civilverwaltung, weil die Ruhe in Tongking noch nicht hergestellt sei. Der Unter⸗Staatssekretär der Kolonien Etienne erkannte an, daß die Fälle von Piraterie in Tong⸗ king sich gemehrt hätten, allein es genüge ein von Cochinchina
nach Tongking gesendetes Bataillon, um die Ordnung wiederher⸗
zustellen. Die Lage in Tongking habe sich nicht verschlimmert, sondern im Gegentheil verbessert. Die Regierung werde in dem Bestreben fortfahren, die Beruhigung der Kolonie herbeizuführen, indem sie die Hingebung der Truppen so wenig als möglich in Anspruch nehme und die Unterwerfung der Bandenführer auf friedlichem Wege zu erlangen suche. Was Tongking Noth thue, sei, ihm die wirthschaftliche Wohlfahrt zu verschaffen, deren es bedürfe. — Der radikale Abg. Rabier brachte einen Antrag ein, der das Vermögen der Ver⸗ waltungsmitglieder der Aktiengesellschaften mit einer gesetzlichen Hypothek zu belasten bezweckt. Rabier ver⸗ langte für seinen Antrag die Dringlichkeit. Der Justiz⸗Minister Fallières hob die Nothwendigkeit hervor, einen Antrag,
so große Interessen berühre, erst einer näheren Prüfung zu unterziehen, und verlangte die Ueberweisung desselben an die zur Revision des Gesetzes über die Aktiengesellschaften niedergesetzte Kommission. Diesem Verlangen wurde hierauf von der Kammer Folge gegeben. — Der Abg. Roux über⸗ mittelte die Petitionen von 17000 Hafenarbeitern in Marseille, welche sich für Handelsfreiheit aussprechen. Ferner sind der Deputirtenkammer mit etwa 15 000 Unterschriften versehene Petitionen von Industriellen der Tüll- und Spitzenbranche in Calais zugegangen, in welchen gegen die von der Zollkommission beschlossenen Zölle pro testirt wird.
Die Budget⸗Kommission der Kammer ertheilte heute ihre Zustimmung zu der am 15. Oktober v. J. mit der „Grande Compagnie des télégraphes du Nord“ unterzeichneten Uebereinkunft, betreffend Legung und Betrieb eines zweiten Kabels zwischen Calais, Fanoe und Kopenhagen.
Die von verschiedenen Blättern gebrachte Nachricht, die russischen Nihilisten, welche im vergangenen Jahre ver⸗ urtheilt wurden, seien verschwunden und an Rußland aus geliefert worden, wird dem „W. T. B.“ zufolge von gut unterrichteter Seite für vollkommen unbegründet erklärt. Die Verurtheilten seien vielmehr vor einem Monat aus dem hiesigen Gefängniß nach dem Gefängniß in Angers über⸗ geführt worden. 1
Die am Dienstag im Ambigu⸗Theater von Dérouléde veranstalteten Kundgebungen haben der Staatsanwalt⸗ schaft zu der Annahme Anlaß gegeben, daß die Patrioten⸗ liga fortbestehe. Infolge dessen wurden Haussuchungen im 5. und 13. Arrondissement vorgenommen, Verhaftungen haben jedoch nicht stattgefunden.
Italien. “
Der Zug mit der Leiche des Prinzen Jérôm Napoléon traf, wie aus Rom weiter berichtet wird (val. die gestern nach Schluß d. Red. eingangene Depesche), gegen! Uhr Nachmittags am Bahnhof ein. Den Leichenwagen schmückten acht Kränze, zwei Wagen mit Kränzen folgten. Der Leichen⸗ kondukt wurde von dem Prinzen Victor Napoléon geführt, zu dessen Rechten der Herzog der Abruzzen, als Vertreter des Königs, ging. Es folgten das diplomatische Corps mit Ausnahme des französischen Botschafters und des Personals der französischen Bot⸗ schaft, ferner die Minister, die Vertreter der Behörden und eine große Anzahl Offiziere. Truppen der Garnison er⸗ öffneten und schlossen den Zug. Der König hatie entblößten Hauples die Leiche bis zum Thore des Hotel de Russie geleitet und sich sodann mit der Prinzessin Clotilde nach dem Quirinal begeben. Nachmittags 5 ¾ Uhr ging der Eisenbahnzug von Rom ab; die Prin⸗ zessinnen Clotilde und Laetitia und die Prinzen Victor, Carl und Roland begleiteten die Leiche. Auf dem Bahnhofe waren bei der Abfahrt des Zuges der König,
die Königin, die Minister und Behörden anwesend. Heute
Der Marquis von Salisbury betonte ebenfalls, daß die Morgen sollte die L iche des Prinzen in Turin eintreffen. 8 1“