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Nichtamtliches. Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 31. März.
Seine Majestät der Kaiser und König
empfingen heute Morgen um 9 ½ Uhr den Chef des
Civilkabinets, um 10 Uhr den Chef des Millitärkabinets, um 10 ¾ Uhr den kommandirenden Admiral Freiherrn von der Goltz, um 11 ⅛8 Uhr den Staatssekretär Hollmann, um 12 Uhr den Chef des Marinekabinets und nahmen darauf mili⸗ tärische Meldungen entgegen. Alsdann ertheilten Seine Majestät dem chinesischen Gesandten Hung die nachgesuchte Abschiedsaudienz. Im Anschluß hieran wurden der Königlich württembergische Hauptmann Kling, kommandirt zum Auswärtigen Amt, sowie der Legations⸗Rath von Lindenau in Audienz empfangen. Ihre Majestät die Kaiserin und Königin ist, wie „W. T. B.“ aus Dresden meldet, heute Vormittag dort ein⸗ getroffen und auf dem Böhmischen Bahnhofe von Seiner Majestät dem Könige, den anwesenden Prinzen, der Prinzessin Caroline Mathilde von Schleswig⸗Holstein⸗ Sonderburg⸗Augustenburg, dem Herzog Ernst Günther, dem Prinzen zu Hohenlohe und dem preußischen Gesandten Grafen von Dönhoff empfangen worden. Vom Bahnhof aus fuhr Ihre Majestät mit dem Könige zur Begrüßung Ihrer Majestät der Königin nach dem Schlosse.
Ihre Königlichen Hoheiten die Prinzen Friedrich “ 9 e. - Heinrich und Joachim Albrecht von Preußen haben sich gestern Nachmittag zu fünftägigem Aufenthalt nach Baden⸗ Baden begeben.
Dem Bundesrath ist der Entwurf eines Gesetzes, be⸗ treffend das Reichsschuldbuch, nebst Be gelegt worden. “
sSDie Kommission für die zweite Lesung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs hat nach dem Beschluß des Bundesraths vom 4. Dezember v. J. die Aufgabe, den Entwurf der ersten Kommission, sowie den Entwurf eines Einführungsgesetzes einer zweiten Lesung zu unterziehen. Zu diesem Zweck ist die Kommission zunächst aus 22 Mitgliedern — theils Juristen, theils Vertretern der verschiedenen wirthschaftlichen Interessen — zusammengesetzt worden. Bei der Auswahl der juristischen Mitglieder hat die Rücksicht auf Vertretung der Theorie und Praxis des bürger⸗ lichen Rechts, insbesondere auch des Anwaltstandes, auf Ver⸗ tretung der innerhalb des Deutschen Reiches bestehenden größeren Rechtsgebiete, sowie auf die Betheiligung an den Arbeiten der früheren Kommission, bei der Auswahl der Ver⸗ treter wirthschaftlicher Interessen die Rücksicht auf Vertretung der Landwirthschaft, des Handels und des Gewerbes, sowie der Theorie der Volkswirthschaft den nächsten Anhalt geboten. Die Mit⸗ glieder der Kommission sind theils ständige, theils nicht⸗ ständige. Die letzteren sind befugt, an sämmtlichen Sitzungen Theil zu nehmen; sie sind aber zum Erscheinen nur soweit verpflichtet, als der Vorsitzende dies für erforderlich hält. Nachdem der Bundesrath kürzlich die Kommission durch ein ständiges (Wirklichen Geheimen Rath Hanauer) und ein nichtständiges Mitglied (Justiz⸗Rath Wilke) verstärkt und an Stelle des in Folge seiner Ernennung zum Reichsgerichts⸗ Präsidenten ausgeschiedenen Wirklichen Geheimen Raths von Oehlschläger den Staatssekretär des Reichs⸗Justizamts, Wirklichen Geheimen Rath Dr. Bosse zum ständigen Mit⸗ gliede der Kommission berufen hat, ist der letztere Seitens des Reichskanzlers mit dem Vorsitze in der Kommission betraut worden. Demgemäß besteht die Kommission nunmehr aus folgenden ständigen Mitgliedern: “
1) dem Staatssekretär des Reichs⸗Justizamts, Wirklichen Geheimen Rath Dr. Bosse als Vorsitzenden,
2) dem Geheimen Justiz⸗Rath, Professor Dr. Planck in Göttingen, 18
3) dem Geheimen Ober⸗Justiz⸗Rath und vortragenden Rath im Königlich preußischen Justiz⸗Ministerium Küntzel in Berlin, 1
4) dem Geheimen Ober⸗Justiz⸗Rath und vortragenden Rath im Königlich preußischen Justiz⸗Ministerium Eichholz in Berlin,
5) dem Königlich bayerischen Ober⸗Regierungs⸗Rath Jacubezky in München, b
6) dem Königlich sächsischen Geheimen Rath Dr. Rüger in Dresden, 8
7) dem Königlich württembergischen Professor Dr. von Mandry in Tübingen, 1
8) dem Großherzoglich badischen Geheimen Rath, Pro⸗ fessor Dr. Gebhard in Freiburg i. B.,
9) dem Großherzoglich hessischen Ministerial⸗Rath Dr. Dittmar in Darmstadt, .
10) dem Rechtsanwalt Dr. jur. Wolffson sen. in Hamburg, 88
11) dem Direktor des Reichs⸗Justizamts, Wirklichen Ge⸗ heimen Rath Hanauer in Berlin, 8
sowie aus folgenden nichtständigen Mitgliedern:
1) dem Landrath, Rittergutsbesitzer und ersten Vize⸗ Präsidenten des Herrenhauses, Freiherrn von Manteuffel auf Schloß Krossen bei Drahnsdorf, Provinz Brandenburg,
2) dem Rittergutsbesitzer von Helldorff auf Bedra, Provinz Sachsen,
3) dem Ober⸗Berg⸗ und Hüttendirektor, Geheimen Berg⸗ rath Leuschner in Eisleben, Provinz Sachsen, 8
4) dem Gutsbesitzer Freiherrn von Gagern auf Neuen⸗ bürg und in Erlangen, .
5) dem Landgerichts⸗Rath Spahn in Bonn,
6) dem Geheimen Justiz⸗Rath, Professor Dr. von Cunyj in Berlin, . 1
7) dem Brauereidirektor Goldschmidt in Berlin,
8) dem Amtsgerichts⸗Rath Hoffmann in Berlin, 9) dem Geschäftsinhaber der Diskonto⸗Gesellschaft in Berlin, Bürgermeister a. D., General⸗Konsul Russell in
Charlottenburg, 1 E“ 8
10) dem Direktor der Forstakademie in Eberswalde, Ober⸗ Forstmeister Dr. Danckelmann daselbst,
11) dem Professor der Nationalökonomie Dr. Conrad
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in Halle a. S, E 12) dem Professor der Rechte Dr. Sohm in Leipzig, 13) dem Rechtsanwalt Justiz⸗Rath Wilke in Berlin.
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Zum Stellvertreter des Vorsitzenden ist der Geheime
Ober⸗Justiz⸗Rath Küntzel Seitens des Reichskanzlers be⸗
stimmt worden.
Der Vorsitzende der Kommission bestellt aus den juristischen Mitgliedern der Kommission einen General⸗Referenten und für die einzelnen Bücher des Entwurfs je einen Referenten. Der Referent des ersten Buches (Allgemeiner Theil) ist zugleich Referent für den Entwurf des Einführungs⸗ gesetzes. In der ersten Sitzung der Kommission am 15. Dezember v. J. sind der Geheime Justiz⸗Rath, Professor Dr. Planck zum Generalreferenten und zu Spezial⸗ referenten
für den Allgemeinen Theil und das Einführungsgesetz Ge⸗ heimer Rath, Professor Dr. Gebhard,
für das Recht der Schuldverhältnisse der Ober⸗Regierungs⸗ Rath Jacubezky,
für das Sachenrecht der Geheime Ober⸗Justiz⸗Rath Küntzel,
für das Familienrecht der Professor Dr. von Mandry,
für das Erbrecht der Geheime Rath Dr. Rüger
bestellt worden.
Der Reichskanzler und die einzelnen Bundesregierungen können zu den Berathungen der Kommission Kommissare entsenden. Diese sind berechtigt, das Wort zu ergreifen und Anträge zu stellen. Als Kommissare der Reichs⸗Justizverwaltung werden der Königlich sächsische Geheime Justiz⸗Rath Börner, der Geheime Regierungs⸗Rath und vortragende Rath im Reichs⸗Justiz⸗ amt Struckmann und der Königlich preußische Ober⸗Landes⸗ gerichts⸗Rath Achilles an den Berathungen der Kommission Theil nehmen. 8— Auf der Grundlage der von der Kommission gefaßten sachlichen Beschlüsse wird der Entwurf durch eine besondere Redaktionskommission einer redaktionellen Revision unterzogen werden. Die Redaktionskommission wird durch den Direktor des Reichs⸗Justizamts, Wirklichen Geheimen Rath Hanauer als Vorsitzenden, durch den stellvertretenden Vor⸗ sitzenden der Gesammtkommission, durch den Generalreferenten und durch den Referenten des betreffenden Buchs gebildet. Sie kann durch Beschluß der Gesammtkommission ergänzt werden.
Die Berathung in der Gesammtkommission erfolgt auf Vortrag des betreffenden Referenten, sowie des General⸗ referenten als Korreferenten und unter Berücksichtigung der aus der Mitte der Kommission oder von Seiten der Regierungs⸗ kommissare gestellten Anträge. Die Anträge sind dem Vor⸗ sitzenden in schriftlicher Form einzureichen. Die Beschlüsse der Kommission werden von den in der Sitzung anwesenden Mitgliedern nach Stimmenmehrheit gefaßt. Bei Stimmen⸗ gleichheit giebt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.
Am Mittwoch, den 1. April, Vormittags 11 Uhr, beginnt die Kommission ihre Berathungen im Sitzungssaale des Reichs⸗Justizamts. Im Reichs⸗Justizamt sind im Laufe des letzten Vierteljahrs regelmäßige Sitzungen Behufs Vor⸗ bereitung der für die zweite Lesung des Entwurfs zu stellenden Anträge abgehalten worden. Die Ergebnisse dieser Vorarbeiten liegen den Mitgliedern der Gesammtkommission jetzt vor. Auch von Mitgliedern der Kommission sind bereits verschiedene Anträge eingegangen. Möge es der Kommission gelingen, die ihr gestellte große und schwierige Aufgabe in nicht allzulanger Frist einer befriedigenden Lösung entgegenzuführen.
Der Kaiserliche Gesandte bei der Schweizerischen Eid⸗ genossenschaft, Wirkliche Geheime Rath, Kammerherr von Bülow hat einen ihm Allerhöchst bewilligten kurzen Urlaub angetreten. Während seiner Abwesenheit von Bern fungirt der Legations⸗Sekretär von Tschirschky und Bögendorff als Geschäftsträger.
Der Archiv⸗Assistent Dr. phil. Freiherr Hermann von und zu Egloffstein in Magdeburg ist, in Folge seiner Ernennung zum Großherzoglichen Bibliothekar in Weimar, aus dem preußischen Staatsarchivdienst ausgeschieden.
S. M. Kanonenboot „Wolf“, Kommandant Kapitän⸗ Lieutenant Hellhoff, ist am 29. März in Shanghai ein⸗
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in See zu gehen.
Minister⸗Präsidenten Grafen von Fabrice wohnten dem „W. T. B.“ zufolge Seine Majestät der König, Ihre König⸗ lichen Hoheiten die Prinzen Georg und Friedrich August, die Staats⸗Minister, die auswärtigen Deputationen, die Ge⸗ neralität, die Vertreter der Staats⸗ und der städtischen Be⸗ hörden und zahlreiche Offiziere bei. Am Sarge sprachen der Ober⸗Hofprediger Meier, der Kultus⸗Minister Dr. von Gerber und der Ober⸗Bürgermeister Dr. Stübel. Um 2 Uhr setzte sich der Trauerzug nach dem Z in Be⸗ wegung, woselbst die Einsegnung stattfand. Der König schloß sich einer leichten Erkältung wegen dem Zuge nicht an, und ließ sich durch den General von Carlowitz vertreten. Aus der Stadt und der Provinz war trotz der ungünstigen Witte⸗ rung auf dem ganzen Wege eine zahllose Menschenmenge an⸗ gesammelt. Nachmittags fand im Residenzschloß bei Seiner Majestät eine Tafel statt, zu welcher der General⸗Adjutant Seiner Majestät des Kaisers, General⸗Lieutenant von Wittich, der Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. von Boetticher, der preußische General⸗Major von Funck und die anderen zur Beisetzungsfeier eingetroffenen hohen Persönlichkeiten Einladungen erhalten hatten
Mecklenburg⸗Schwerin.
Schwerin, 29. März. Aus Meran wird den „Meckl. Nachr.“ geschrieben: Die Ungunst der Witterung hat Ihre Königliche Hoheit die Großherzogin⸗Mutter bisher ver⸗ hindert, eine Luftkur überhaupt zu beginnen. Es kann daher von wesentlichen Erfolgen des hiesigen Aufenthalts für das Befinden der hohen Frau noch nicht gesprochen werden; indessen liegen auch keine neuen Erscheinungen ungünstiger Art im Be⸗ finden Ihrer Königlichen Hoheit vor.
Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 30. März. Seine Königliche Hoheit der Großherzog ist, wie die „Th. C.“ meldet, am 28. März 1831 in das Großherzoglich sächsische Kontingent eingetreten.
Am 28. März d. J. blickte er daher auf eine 60 jährige
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getroffen und beabsichtigt, am 6. April nach Nagasaki wieder
Dresden, 29. März. Der heutigen Beisetzungsfeier des
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Dienstzeit zurück. Anläßlich dieses Gedenktages war Seitens Seiner Majestät des Kaisers der General⸗Major Graf Wedel, General à la suite Seiner Majestät, hierher entsendet worden und überbrachte Seiner Königlichen Hoheit dem Großherzog ein Handschreiben mit den Glückwünschen Seiner Majestät. Am 31. findet bei Seiner Königlichen Hoheit dem Großherzog ein Festmahl in Veranlassung dieses Jubiläums statt, zu dem der Commandeur und die höheren Offiziere des 5. Thürin⸗ gischen Infanterie Regiments Nr. 94 (Großherzog von Sachsen) geladen sind. 11“ Mecklenburg⸗Strelitz.
Neustrelitz, 29. März. Ihre Königlichen Hoheiten die Großherzogin und die Erbgroßherzogin begeben sich nach einer Meldung des „W. T. B.“ in den nächsten Tagen nach Meran, woselbst ein dreiwöchiger Aufenthalt genommen werden soll.
Oldenburg.
(I) Oldenburg, 28. März. Nach einem mit Zu⸗ stimmung des Landtages verkündeten Gesetz wird die Staats⸗ regierung ermächtigt, die zur Bestreitung der Kosten 1) einer Korrektion der unteren Hunte bis zum Betrage von 1 475 100 ℳ, 2) einer Pieranlage in Brake bis zum Betrage von 330 000 ℳ, 3) des weiteren Ausbaus des oldenburgischen Eisenbahnnetzes durch Bahnen unter⸗ geordneter Bedeutung bis zum Betrage von zunächst 2 910 000 ℳ, 4) einer Pieranlage in Nordenham bis zum Betrage von 650 000 ℳ, 5) einer Vergrößerung des Wagenparks der Eisenbahnverwaltunabis zum Betrage von 800 000 ℳ erforderlichen Geldmittel im Wege des Kredits flüssig zu machen und zu diesem Zweck in dem Nominalbetrage, wie er zur Herbeischaffung jener Summen erforderlich sein wird, Anleihen zu Lasten der Landeskasse des Herzogthums Olden⸗ burg aufzunehmen und Schuldverschreibungen auszustellen. Die Anleihen sind Seitens der Gläubiger unkündbar, während der Staatsregierung das Recht vorbehalten bleibt, dieselben sowohl in ihrem Gesammtbetrage wie in ihren einzelnen Theilen und Theilbeträgen derselben zur Einlösung gegen Baarbezahlung des Nennwerths der Schuldverschreibungen mit einer Frist von mindestens drei Monaten zu kündigen. Mit der Vollziehung des Gesetzes ist das Staats⸗Ministerium, Departement der Finanzen, beauftragt.
— Oesterreich⸗Ungarn. ““
Die nächste Konferenz der österreichisch⸗ungari⸗ schen und deutschen Delegirten ist für Mittwoch, den 1. April, in Aussicht genommen. Wie die „Wiener Presse“ hervorhebt, wird selbst nach erfolgter Verständigung über die Hauptfragen, welche von der morgigen Sitzung erhofft werde, die Feststellung der Details noch einige Zeit in Anspruch nehmen, sodaß die endgültige sachliche und formelle Fertig⸗ stellung des Handelsvertrages besten Falls vor Mitte April nicht erwartet werden könne; auch werde der abgeschlossene Vertrag vorläufig noch nicht den Legislativen vorgelegt, ja nicht einmal bekannt gegeben werden.
Die amtliche „Wiener Zeitung“ vom 29. d. M. veröffent⸗ licht das Kaiserliche Patent, durch welches der Reichs⸗ rath auf den 9. April einberufen wird. Der Kaiser er⸗ nennt zum Präsidenten des Herrenhauses den Grafen Trauttmansdorff und zu Vize⸗Präsidenten den Fürsten Schönburg und den Fürsten Czartoryski.
Eine Verlautbarung der vereinigten deutschen Linken des Abgeordnetenhauses versichert auf das Bestimmteste, bei den letzten politischen Besprechungen seien keinerlei Vereinbarungen über die Herbeiführung einer kuünftigen Majorität im Abgeordnetenhause oder über die formelle Organisation einer solchen Majorität getroffen worden. Sowohl der Vorschlag der Linken als der Gegenvor⸗ schlag von der anderen Seite, betreffend die Bildung einer Mehrheit, wurde gegenseitig abgelehnt, und es ging aus den Verhandlungen nur die beiderseitige Geneigtheit hervor, über die parlamentarische Geschäftsbehandlung mit einander von Fall zu Fall in Fühlung zu treten.
Der Minister des Auswärtigen Graf Kälnoky hat sich gestern nach Mähren begeben.
In Abbazia fand gestern die feierliche Einsegnung der Leiche des Grafen von Meran statt. Ihr wohnten die Erzherzoge Franz Ferdinand und Otto, Ersterer als Vertreter des Kaisers Franz Joseph, die Erzherzogin Maria Josefa, der Handels⸗Minister Marquis Bacquehem, der Statthalter und der Landeshauptmann von Steiermark und der Gouverneur von Fiume bei. Der Sarg war mit zahlreichen Kränzen, dar⸗ unter solchen vom Kaiserhause, geschmückt. Beileidstelegramme gingen ein von Ihren Majestäten den Kaisern Wilhelm und Franz Josef, der Kaiserin Elisabeth, von den Mitgliedern des Kaiserlichen Hauses und der Königin der Belgier. Die Leiche wird nach Schönna bei Meran überführt.
Die Marianische Kongregation hat Wiener Blättern zufolge eine mit zahlreichen Unterschriften bedeckte Verwah⸗ rung an den Statthalter von Böhmen Grafen Thun gegen den Beschluß des Prager Stadtverordneten⸗Kollegiums, Betreffs des Huß⸗Denkmals, gerichtet.
Großbritannien und Irland
Die Lage der Regierung nach Außen ist, wie der „Econo⸗ mist“ schreibt, jetzt besser als zu Anfang des Jahres. Der Bruch innerhalb der Nationalistenpartei habe ihr nicht allein die Herrschaft über das Unterhaus verliehen, sondern sie auch von der Plage der endlosen Debatten über die angeblichen Mißstände der irischen Verwaltung befreit. Die parlamen⸗ tarische Lage sei jedoch eine wesentlich andere. Die Regierung habe zwar das Möglichste versucht, jedoch keine besonderen 65. während der Dauer der Parlamentssession von 1891 erzielt.
Wie dem „Reuter’'schen Bureau“ aus Kalkutta vom 30. März gemeldet wird, hat in Manipur, einem von den Briten abhängigen, aber nicht tributpflichtigen Ge⸗ biet, ein ernster Zwischenfall stattgefunden. Der General⸗Kommissar von Assam Quinton hatte sich mit einer aus zwei Regimentern Ghurkhas be⸗ stehenden Escorte nach Manipur begeben, um die Verhaf⸗ tung eines Häuptlings vorzunehmen, welcher den Raja entthront hatte. Während der Nacht griffen die Ein⸗ geborenen das englische Lager an. Die Angriffe wurden zwei Tage lang von den Eingeborenen fortgesetzt, sodaß schließlich die Munition der Ghurkhas vollständig
erschöpft war. Quinton gab daher den Befehl, daß jeder auf seine eigene Rettung bedacht sein solle. Die Ghurkhas verloren etwa 460 Mann, Quinton und 7 englische Offiziere werden vermißt. Es sind bereits 2 Regimenter nach Manipur ab⸗ gegangen, ein drittes soll demnächst folgen.
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Paris, 30. März. Dem russischen Botschafter Baron von Mohrenheim ist das Großkreuz der Ehrenlegion ver⸗ liehen worden. Derselbe wurde gestern von dem Präsidenten Carnot empfangen, welchem er seinen Dank für die Aus⸗ zeichnung abstattete.
Der Großfürst⸗Thronfolger von Rußland traf am Sonnabend in Saigon ein. Gestern fand laut Meldung des „W. T. B.“ ihm zu Ehren eine Truppenschau und Abends ein Ball bei dem Generalgouverneur statt. Für heute ist ein Ball auf dem Kriegsschiff „Loire“ und für Morgen eine Tigerjagd in der Umgegend von Saigon in Aussicht genom⸗ men. Der Großfürst⸗Thronfolger beabsichtigt sodann, seine Reise nach Hongkong weiter fortzusetzen.
Dem Journal „Paris“ zusolge wäre Déroulsède bei dem Untersuchungsrichter Athalin erschienen und hätte ver⸗ langt, als Chef der ehemaligen Patriotenliga in das Straf⸗ verfahren gegen dieselbe einbezogen zu werden. en
Rußland und Polen.
Dem Redacteur des hebräischen Journals „Woskhod“ (Ascension) sowie der Beilage „Wochenchronik des Woskhod“ ist Seitens des Ministers des Innern und gemäß dem Beschluß des Conseils der Ober⸗Preßver⸗ waltung die dritte Verwarnung ertheilt und das Er⸗ scheinen derselben auf sechs Monate untersagt worden. Nach Ablauf dieser Frist darf die genannte Wochen⸗ chronik von nun an nur unter Präventivcensur erscheinen. Laut der betreffenden Veröffentlichung im „Regierungs⸗Anzeiger“ ist die obige Censurstrafe in Erwägung dessen verhängt worden, daß das Journal ungeachtet zweier Verwarnungen bei seiner schädlichen Tendenz beharrte. Der Verkauf der einzelnen Nummern der „Nowoje Wremja“ ist wieder gestattet worden.
“ 8 Italien.
Prinz Louis Napoleon ist dem „W. T. B.“ zufolge am Montag Abend in Turin eingetroffen und von seinem älteren Bruder, dem Prinzen Victor, empfangen worden. Die Eröffnung des Testaments des Prinzen Jéröme sollte im Laufe des Abends in Moncalieri siattfinden
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Niederlande. 3 Wie „W. T. B.“ aus dem Haag vernimmt, würde der bisherige Chef des Generalstabes der Marine, Kapitän Kruis an Stelle des Contre⸗Admirals Dyserinck den Posten des Marine⸗Ministers übernehmen.
Belgien.
In Sachen der Revision der Verfassung
der Generalrath der Arbeiter Brüssels bei dem Minister Präsidenten Beernaert eine Audienz nach⸗ gesucht. Dem Generalrath wurde hierauf, wie „W. T. B.“ meldet, vom Minister erwidert, die An⸗ sichten der Regierung über die Revision der Ver⸗ fassung seien bekannt, die Regierung stände außerdem in Unterhandlung Betreffs dieses Gegenstandes mit der Centralsektion der Repräsentantenkammer; daher glaube er in diesem Augenblick auch nur mit dieser allein verhandeln zu sollen, und es müsse ein Eingehen auf eine anderweitige Inter⸗ vention schon an sich selbst als ungehörig erscheinen; er könne deshalb die nachgesuchte Audienz nicht bewilli⸗ gen. Das Journal „Le Peuple“ spricht sein Bedauern über diesen Entschluß des Minister⸗Präsidenten aus und meint, es dürfte jetzt unmöglich sein, die für den 6. April in Aussicht genommene allgemeine Arbeitseinstellung zu ver⸗ hindern. 1 Der „Patriote“ dementirt das Gerücht, wonach die Re⸗ gierung die Aufnahme einer neuen Anleihe von 240 Mil⸗ lionen Franken beabsichtige.
Das Sozialistengesetz, welches die Aufreizung zu Gewaltthaten bestraft, ist kürzlich von den Kammern ge⸗ nehmigt worden. Die Hauptbestimmungen des Gesetzes sind, der „Köln. Ztg.“ zufolge: Wer durch Reden in öffentlichen Versammlungen, durch Zeichnungen oder Sinnbilder, durch den Verkauf oder die Vertheilung von Drucksachen und Schriften mit böswilliger Absicht unmittelbar zu Verbrechen auffordert, ohne daß die Aufforderung zur That führt, wird mit 8 Tagen bis 3 Jahren Gefängniß und 50 bis 3000 Fr. Geldbuße bestraft. Handelt es sich um eine ebenfalls nicht von der That gefolgte Aufforderung zur Wider⸗ setzlichkeit gegen Staatsbeamte bei der Ausübung ihrer Be⸗ fugnisse, zu Arbeitsstörungen und Behinderungen des freien Verkaufs von Lebensmitteln, zu Diebstählen ohne Anwendung von Gewalt, zur Zerstörung von Dampfmaschinen, Tele⸗ graphen⸗ und Fernsprechlinien und Privateigenthum, Waaren und Rohstoffen, von Ketten und Seilen, welche einen Eisen⸗ bahnwagen oder ein Schiff und sonstiges Verkehrsmittel binden, zur Entnahme von Erntefrüchten aus dem Boden — so beträgt die Strafe acht Tage bis drei Monate Gefängniß und 50 bis 1000 Franken Buße.
8 Terbien.
11u“ ö Belgrad, 30. März. Die Sk pschtina nahm am Sonnabend in zweiter Lesung die Konsumsteuer konform
der ersten Lesung an, ausgenommen die Verminderung der
Tarifsätze für Rohkaffee und Speiseble. Eine heute erschienene Separat⸗Ausgabe des „Amtlichen Blattes“ veröffentlicht, wie „W. T. B.“ meldet, bereits das betreffende Gesetz nebst der hierzu vom Finanz⸗Minister erlassenen Durchführungs⸗
Vorschrift.
Bulgarien.
Ueber den bereits in Nr. 79 d. Bl. vom 28. d. M. gemeldeten Mordanfall auf die Minister Stambulow und Beltschew in Sofia liegen folgende weitere Mit⸗ theilungen vor: 8
Vom 28. Abends meldet die „Agence Balcanique“:
Nachdem die Ermordung des Finanz⸗Ministers Beltschew bekannt geworden, wurde die ganze Stadt sofort von Gendarmen und Truppen cernirt. Gegen zwanzig Personen, unter denen Karawelow und mehrere Mitglieder seiner Partei sich befanden, wurden ver⸗ haftet. Das Verhör ergab bis 1 Uhr Morgens nichts Besonderes; einige Verhaftete erscheinen jedoch immerhin verdächtig.
Ueber die That selbst verlauten folgende Einzelheiten: Nach dem Ministerrath machten sämmtliche Minister wie gewöhnlich e
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Spaziergang in der Konstantinopeler Straße, nahmen alsdann in der Stadt Erfrischungen ein und trennten sich gegen 7¾ Uhr. Stambulow befand sich in Begleitung Beltschew's, ihm folgte wie gewöhnlich in der Entfernung von einigen Schritten ein Gendarm. Die beiden Minister waren auf der Heimkehr begriffen. Als sie bei einer etwas dunklen Stelle in der Nähe des Gemeindegartens anlangten, bemerkte der Gendarm vier Individuen, je zwei an den Seiten der beiden Minister. Plötzlich ertönten in kurzen Zwischenrärmen z Schüsse von einem der Individuen zur Rechten, e. Beltschew tödtlich verwundet wurde. Die Kugeln waren ihm durch die Brust gedrungen. Der Minister konnte noch zweimal „Zu Hülfe!“ rufen und stürzte sodann todt zu Boden. Der Gendarm, der die Minister begleitete, feuerte auf den Verbrecher und stürzte sich da er ihn nicht getroffen hatte, mit dem Säbel auf ihn, wobei er ihm einen Hieb auf die Schulter versetzte Trotzdem gelang es diesem zu entkommen. Der ganze Akt spielte sich in wenigen Sekunden ab. In dieser Zwischenzeit ergriffen auch die beiden Individuen zur Linken die Flucht in entgegengesetzer Richtung. Stambulow blieb wunder⸗ barer Weise unversehrt. a er sich etwas hinter Beltschew befand, trafen die Kugeln nur den Letzteren. In der ganzen Stadt auch in den Kreisen der Opposition herrscht eine große Erre⸗ gung und außerordentliche Entrüstung. Beltschew war an⸗ nähernd 35 Jahre alt. Er ist früher Generalsekretär im Finanz⸗Ministerium gewesen und bekleidete das Amt eines Ministers erst seit einigen Monaten als Nachfolger Sallabaschew's. Beltschew erfreute sich der allseitigen Achtung und Hochschätzung und besaß keine Feinde. Er galt für einen fähigen Beamten und lauteren Charakter. Die Polizei setzt mit allem Eifer die Nachforschungen nach dem Thäter fort. Stambulow bewies bei der ganzen Angelegenheit eine bewundernswerthe Ruhe und Geistesgegenwart Der Ort des Verbrechens ist von Soldaten und Gendarmen umstellt. Im Stadtpark sind drei Revolver und eine Patrone aufgefunden worden; letztere entspricht dem Kaliber der Kugel, welche Beltschew tödtete. Ein Waffenhändler sagte aus, vor einigen Tagen hätten drei Personen bei ihm Revolver gekauft; eine derselben habe macedonische Kleidung getragen. Auf dem Bahnhofe sind strenge Vorsichtsmaßregeln ge⸗ troffen; alle Reisenden werden genau untersucht. Auch in den um⸗ liegenden Dörfern haben genaue polizeiliche Nachforschungen statt⸗ gefunden. Alle Anzeichen deuten darauf hin, daß es die Absicht der Mörder war, Stambulow zu tödten; sie bestätigen aber zugleich, daß es sich um einen persönlichen Racheakt handelte. Das Gerücht, daß eine wohlorganisirte Verschwörung entdeckt worden, ist un⸗ begründet.
8 Vom 29. früh berichtet die genannte Agence dann weiter:
Im Laufe des gestrigen Abends ist eine wichtige Verhaf⸗ tung vorgenommen worden in der Person desjenigen, der bei dem Waffenhändler Partl denselben Revolver gekauft hat, den man am Vormittag im Stadtgarten aufgefunden hat. Der Verhaftete leugnet nicht, diesen Revolver gekauft zu haben, behauplet jedoch, daß er den Einkauf für seinen Bruder besorgt habe, der sich gegenwärtig in einem Dorfe im Distrikte Sofia aufhalte. In Folge dessen wurden Gendarmen in das bezeichnete Dorf entsendet. Ein bei dem Waffenhändler Partl Be⸗ diensteter hat den Verhafteten als diejenige Person rekognoszirt, die den Revolver gekauft hat. Derselbe ist ein im Dorfe Stanimaka bei Philivpopel geborener Grieche. Der Revolverkauf ist vor drei Tagen durch den Verhafteten und zwei andere Personen erfolgt, welche mit einander griechisch sprachen. Man hofft demnach, auch der beiden Letzteren habhaft zu werden. Die Polizei setzt ihre Nachforschungen eifrig fort. Der um den Stadtgarten gezogene Cordon ist im Laufe des Nachmittags eingeogen worden, dagegen wird der Cordon um die Stadt strengstens aufrecht erhalten und Niemand, ohne Ausnahme, gestattet, dieselbe zu verlassen.
Wie die bisherigen Ermittelungen ergaben, feuerten die Mörder aus großer Nähe auf die Minister, nachdem sie dieselben aufgefordert hatten, stehen zu bleiben. Augenscheinlich ist der Mordanfall nach reiflicher Ueberlegung ausgeführt worden, da die Mörder gerade den Augenblick benutzten, als die Minister die Konditorei verlassen hatten. Wie es heißt, wären einige der betheiligten Personen erst gestern in Sofia eingetroffen, woraus der Schluß gezogen werden könnte, daß dieselben zu dem besonderen Zweck nach Sofia gekommen wären, das Attentat auszuführen.
„Die Nachricht, daß vor drei Wochen ein Komplot gegen den Prinzen Ferdinand entdeckt sei, erklärt die „Agence Balcanique“ für falsch. Die Mörder des Finanz⸗Ministers Beltschew sind bis jetzt noch nicht verhaftet. Die vorhandenen Anzeichen sprechen dafür, daß das Attentat gegen den Minister Stambulow gerichtet gewesen sei; mehrere der russophilen Partei angehörige Indi⸗ viduen sind verhaftet. Die Untersuchung dauert fort. Das bis⸗ herige Resultat der Untersuchung wird geheim gehalten. An Stam⸗ bulow gelangen fortwährend aus allen Theilen Bulgariens Glück⸗ wunschtelegramme. Im ganzen Lande herrscht Ruhe.
Am Sonntag Nachmittag fand laut Meldung des „W. T. B.“ unter großer Betheiligung der Bevölkerung die Beerdigung Beltschew's statt. Prinz Ferdinand und die Prinzessin Clementine, welche aus Philippopel eingetroffen waren, wohnten derselben bei; ersterer legte einen Kranz auf den Sarg Beltschew's nieder und folgte alsdann dem Leichenzuge zu Fuß nach der Kathedrale. Hier fand die Einsegnung der Leiche statt, welcher außer dem Prinzen die Prinzessin Clementine, die Minister, die diplomatischen Agenten und zahlreiche hochgestellte Persönlichkeiten beiwohnten. Von hier begaben sich der Prinz sowie die Minister und zahlreiche Leidtragende zu Wagen nach dem Friedhofe, woselbst die Beerdigung stattfand Die Leichenfeier verlief in vollster Ordnung.
Wie die Zeitung „Swoboda“ meint, handelte es sich bei dem Mordanfall auf Stambulow und Beltschew zweifellos um ein durch bezahlte Agenten vollführtes politisches Attentat gegen Stam⸗ bulow, welchem Beltschew zum Opfer fiel.
Unter gestrigem Datum meldet „W. T. B.“ weiter:
Die Mörder des Finanz⸗Ministers Beltschew sind noch nicht ermittelt. Heute wurden abermals Verhaftungen vorgenommen. Das Individuum, welches durch seinen Bruder einen Revolver bei dem Waffenhändler Partl kaufen ließ, ist in einem benachbarten Dorfe aufgefunden worden, steht jedoch in keiner Beziehung zu dem Attentat. Wie gerüchtweise verlautet, soll an der serbischen Grenze ein verwundeter Mann verhaftet worden sein. Falls sich dies Gerücht bestätigen sollte, dürfte der Verhaftete wahrscheinlich mit dem Mörder identisch sein, welcher von dem die Minister begleitenden Gendarmen einen Säbelhieb erhielt. Gestern Abend fand im Palais ein Ministerrath statt.
Bei Besprechung des Attentats läßt die Mehrzahl der Wiener Blätter vom Sonntag Morgen die Frage offen, ob das Attentat ein politisches sei. Das „Fremdenblatt“ beglückwünscht Bul⸗ garien zu der Errettung Stambulow's, der mit großer Enat⸗ schlossenheit die von der großen Mehrheit des bulgarischen Volkes gewünschte Ordnung aufrecht erhalte. Die „Neue freie Presse“ ist überzeugt, daß das Attentat Stam⸗ bulow gegolten habe, um durch den Tod desselben neue Partei⸗ kämpfe oder vielleicht den Umsturz herbeizuführen. Moralische Ver⸗ dachtsgründe leiteten zu jener Minderheit hin, von der bisher alle Ruhestörungen ausgegangen seien. Die Pariser Blätter stellen das Attentat lediglich als eine Folge innerer Wirren dar, die keinerlei Einmischung von Außen rechtfertigen würden. Der „Temps“ verwirft den Gedanken eines geheimen Einflusses russischer Wühler und die Ansicht, daß das Attentat ein an die Panitzaaffaire an⸗ knüpfender Racheakt sei. Die „Kölnische Zeitung“ meint, das Ereigniß gewinne dadurch an Bedeutung, daß es zeitlich und sachlich mit neuen Treibereien gegen Bulgarien zusammenfalle, welche ihren russischen Ursprung nicht verleugneten.
Die St. Petersburger „Nowoje Wremija“ bemerkt: Das Attentat beweise, daß die Zustände in Bulgarien nach wie vor unhaltbar geblieben seien; das Land sei ein Schlupfwinkel für politische Aben⸗ teurer der verdächtigsten Art. Das Blatt glaubt, der Moment sei
nahe, wo die europäischen Regierungen, denen der Berliner
Traktat Pflichten hinsichtlich Bulgariens auferlege, den Vorgängen in diesem Lande nicht mehr würden gleichgültig zuschauen können. 3
Montenegro. Cettinje, 30. März. Ein Trupp Albanesen hat nach dem „W. T. B.“ vor einigen Tagen bei Gusinje erneut die montenegrinische Grenze angegriffe
Amerika. “
Argentinien. Das „Reuter’sche Bureau“ meldet aus Buenos⸗Aires: Costa, der Gouverneur von Buenos⸗Aires, habe sich der Koalition Roca⸗Mitre angeschlossen. Die von den Behörden getroffenen entschiedenen Maßregeln gegen die Verschwörung unter den Polizeimannschaften hätten einen guten Erfolg gehabt. Die Mißstimmung scheine behoben zu sein. Bei den am letzten Sonntag stattgehabten Wahlen sei es in Moron zwischen den Wählern und der Polizei zu einem heftigen thätlichen Zusammenstoß gekommen, wobei gegen zwanzig Personen getödtet oder verwundet worden seien.
8 be] Afrika. 8 — Sansibar. Die „Times“ meldet aus Sansibar vom
30. März, Tippu Tip halte sich in Unyanyembe auf; er soll auf der linken Seite vollständig gelähmt sein.
Nr. 13 des „Centralblatts der Bauverwaltung“, berausgegeben im Ministerium der öffentlichen Ar⸗ beiten, hat folgenden Inhalt: Amtliches: Runderlaß vom 14. März 1891, betreffend die Stellung der Bauverwaltungen zur Bekämpfung der Trunksucht. — Personal⸗Nachrichten. — Gutachten und Berichte. Entwurf zum Instandsetzungsbau des Rathhauses in Aachen. — Nichtamtliches: Neues Rathhaus in Münsterberg i. Schl. — Mittel⸗ wasser der Ostsee. — Aufstellung eines Brücken⸗Ueberbaues der Ohio⸗ bahn mittels schwimmenden Gerüstes. — Vermischtes: Louis Boissonnet⸗Stiftung. — Stellung der Bauverwaltungen zur Be⸗ kämpfung der Trunksucht. — Denkmal für Fr. v. Schmidt. — Kaiser I1I1I der Rheinprovinz. — Bauverwaltung der Stadt
resden.
Land⸗ und Forstwirthschaft.
Saatenstand in Ungarn.
Nach den bei dem ungarischen Ackerbau⸗Ministerium in der zweiten Hälfte des März eingegangenen Nachrichten herrschte in den letzten Tagen im ganzen Lande ungünstiges Wetter. Die in Angriff genom⸗ menen Frübjahrsarbeiten mußten in Folge von Regen und Schnee stehen gelassen werden. Unter der Herbstsaat steht im Allgemeinen der Weizen am Besten, in Roggen zeigt sich stellenweise großer Schaden, Gerste ist meist zufriedenstellend mit Ausnahme des linksseitigen Donau⸗Ufers Raps ist schwach mittel. Aus den einzelnen Gegenden wird Folgendes gemeldet: Links der Donau ist Weizen schwach, hat aber in Folge der in den letzten Tagen herr⸗ schenden günstigen Witterung sich gebessert, Roggen hat sich ver⸗ schlechtert, Raps ist meistens zufriedenstellend. — Rechts der Donau entwickelt sich Weizen gut, aber Roggen steht schwach, Raps ist mit wenigen Ausnahmen zufriedenstellend. Zwischen der Donau und der Theiß zeigen sich im Weizen kleinere, im Roggen größere Flecken, die Weizensaaten sind größtentbeils zu⸗ friedenstellend. Roggen steht schwach mittel, die Raps⸗ saaten sind meistens nicht aufgegangen, wo sie stehen, sind sie schön. Rechts der Theiß haben Weizen und Roggen gut über⸗ wintert und haben sich in Folge der günstigen Witterung in den letzten Tagen gut entwickelt, aber das jetzt eingetretene Frostwetter übt keine gute Wirkung auf dieselben aus. Raps steht schwach. Links der Theiß stehen sowohl die Weizen⸗ als die Roggensaaten meistens günstig. Raps steht im Bekeser Komitat günstig, im Szatmarer Komitat schwach. — Zwischen der Theiß und der Maroß stehen die Weizensaaten größtentheils günstig, Roggen ist an mehreren Stellen ausgefallen; der Raps, welcher übrig blieb, ist schwach. In Sieben⸗ bürgen steht Weizen ziemlich gut, Roggen steht schütter, Raps ist größtentheils ausgefroren.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.
Chicago, 28. März. In Folge der Grippen⸗Epidemie hat laut Meldung des „W. T. B.“ die Sterblichkeit in der ver⸗ gangenen Woche hierselbst einen sehr hohen Grad erreicht; es starben 900 Personen gegen 419 in der entsprechenden Woche des Jahres 1890; in den letztvergangenen vier Wochen betrug die Zahl der Sterbefälle 2904 gegen 1819 in dem entsprechenden Zeitraume von 1890. In Wabash (Indiana), wo die Epidemie noch im Zunehmen ist, sollen 1500 bis 2000 Personen krank, jedoch Niemand gestorben sein. In Pittsburg und Alleghany sollen an 15 000 Personen von der Epidemie ergriffen sein. 8
Handel und Gewerbe.
Leipzig, 28. März. (W. T. B.) Kammzug⸗Termin⸗ handel. La Plata. Grundmuster B. pr. April 4,37 ½¼ ℳ, pr. Mai 4,40 ℳ, pr. Juni 4,40 ℳ, pr. Juli 4,42 ½ ℳ, pr. Auguft 4,45 ℳ, pr. September 4,45 ℳ, pr. Oktober 4,47 ½ ℳ, pr. November 4,47 ½ ℳ, pr. Dezember 4,47 nar 4,47 ½ ℳ Umsatz 90 000 kg. Fest ““ XA“
Theater und Musik.
Königliche Theater. „Der Vorstellung des „Neuen Herrn“ am Ostersonntag wohnte Seine Majestät der Kaiser bis zum Schlusse bei und ließ dem Ober⸗Regisseur Grube sowie allen Darstellern seine Allerhöchste Be⸗ friedigung über die Aufführung mittheilen, welche vorzüglich ge⸗ lungen sei und Seine Majestät noch mehr zufrieden gestellt habe, als die vorhergehenden Aufführungen. Berliner Theater.
Das Volksdrama „Schuldig“ von Richard Vosß, welches am Sonnabend zur ersten Aufführung gelangte, hat seine starke Wirkungskraft in dem lebhaften Beifall bewiesen, der dem Stück nach jedem Aktschlusse zu Theil ward. In der That ist dies Volks⸗ drama auch auf solche starken Wirkungen berechnet, und das ist sein Hauptfehler. Dem Schauspiel liegt eine Fabel zu Grunde, deren Voraussetzung zwar nicht unmöglich ist, aber doch nur äußerst selten thatsächlich in der Kulturwelt Gestalt gewinnen wird. Man hat sich einen Mann zu denken, der durch eine Reihe widriger Umstände wegen Mordes unschuldig verurtheilt wird. Erst nach zwanzig Jahren soll auf dem Sterbebette der wahre Mörder ein Geständniß machen, welches den unschuldig Verurtheilten befreit. In der Freiheit aber führt der Dichter über eine Reihe von Unwahrscheinlichkeiten und Unglaublichkeiten den unschuldigen Zuchthäusler in eine Lage, in welcher auch jeder normale Mensch, der eine größere Macht über die Stimmungen und Bewegungen seiner Seele hat, zur Mordwaffe hätte greifen können, und der Mann, der lange Jahre bhindurch im Zuchthaus gesessen, erliegt in dem Augenblick der allerdings hoch⸗ gespanntesten Erregung. Der Dichter führt nämlich den Befreiten in die elende Häuslichkeit, welche seine Frau mit ihrem tückischen und
blutsangerischen Verführer f ort. Unerkannt von den Seinen kann er
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