1891 / 81 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 06 Apr 1891 18:00:01 GMT) scan diff

wurde bei der Reorganisation der Ver⸗

Justiz⸗Rath war, b achtziger Jahre

waltung Landrath und trat dann Anfang der an die Spitze der Herzoglichen Landesbank. Elsaß⸗Lothringen. Straßburg, 4. April. Der katholische Pfarrer von

Féves Hr. Jacot hat der „Lothr. Ztg.“ zufolge soeben eine „En pays annexé“ betitelte patriotische Lieder⸗ sammlung erscheinen lassen, welche Seiner Majestät dem Kaiser gewidmet ist. Die Lieder sind vom Pfarrer Jacot gedichtet, die vorgedruckten Noten des ersten Theiles sind einer Sammlung der Jesuiten entnommen und die⸗ mehrstimmigen Chöre hat der Lehrer Wilhelm in Féres arrangirt. Sämmt⸗ liche Gesänge wurden im Laufe der letzten Jahre in der Kirche oder in der Schule des genannten Ortes vorgerragen. Der Reihenfolge nach haben sie folgende Ueberschriften: Mort de l'Empereur Guillaume Ier. Mort de l'Empereur Frédéric III, Chant lorrain, Gloire à Guillaume, La conscience du vrai Lorrain und La loi sur la vieillesse. Welcher Geist aus diesen Liedern weht, möge man aus dem ersten Verse der „Conscience du vrai Lorrain“ sehen: 8

seigneur protège l'Allemagne,.

Seigneur protège l'Empereur

Que la sagesse l'accompagne,

Grand Dieu donne lui le bonheur

Adorons la Providence

Les impénétrables secrets,

La Lorraine avec confiance

Reçoit du Seigneur les décrets.

Un Lorrain sait dans la conscience

Que devant Dieu il aurait tort 8

De murmurer plein d'arrogance

Contre le traité de Francfort.

Es ist gewiß bemerkenswerth, daß ein lothringischer Geist⸗

licher solcherart sein politisches Glaubensbekenntniß ablegt.

Oesterreich⸗Ungarn.

Ueber die Lage der Verhandlungen, betreffend den deutsch⸗österreichischen Handelsvertrag, schreibt das Wiener „Fremdenblatt“: „Der Schluß der Verhandlungen dürfte kaum vor der zweiten Hälfte dieses Monats eintreten. Da der neue Vertrag mit Deutschland bestimmt sein soll, die Basis für alle jene Vertragsabschlüsse zu bilden, welche im Jahre 1892 erfolgen sollen, wie die Handelsverträge mit der Schweiz, Italien, Rumänien und Serbien, so ist es wohl selbstverständlich, daß die zwischen Oesterreich⸗Ungarn und Deutschland getroffenen handelspolitischen Abmachungen nicht früher zum Gegenstand der öffentlichen Diskussion gemacht werden können. Eine verfrühte Publikation würde den durch diese Verträge zu erzielenden Effekt wesentlich beeinträchtigen. Es dürfte sonach der mit Deutschland abgeschlossene Vertrag gleichzeitig mit jenen mit obgenannten Ländern in Aussicht stehenden Vertragsabschlüssen zur parlamentarischen Behand⸗ lung und dann auch gleichzeitig zur Promulgation gelangen.“

Wien, 6. April. Ihre Kaiserliche und Königliche Hoheit die Kronprinzessin⸗Wittwe Erzherzogin Stephanie ist nach der „Wien. Ztg.“ im strengsten Inkognito in Genua ein⸗ getroffen.

Dder Verwaltungs⸗Ausschuß des ungarischen Unterhauses setzte die Berathung über die Verwaltungs⸗ reform fort. Eine längere Debatte entspann sich bei §. 10, welcherbestimmt, daß der Obergespan am Sitze des Comitats standig zu wohnen habe. Stephan Tisza möchte, daß das Gesetzdiesbezüglich keine Verfügung enthalte, oder wenn doch, dann solle der Minister des Innern ermächtigt sein, dort, wo die Interessen des Dienstes es gestatten, den Obergespan dieser Verpflichtung zu entheben. Nachdem mehrere Ausschußmitglieder, Minister⸗ Präsident Graf Szapary und Graf Albert Apponyi für den Paragraphen gesprochen, wurde derselbe unverändert an⸗ genommen.

Großbritannien und Irland.

Die Trauung der Prinzessin Luise zu Schleswig⸗ Holstein mit dem Prinzen Aribert von Anhalt findet, wie nunmehr bestimmt ist, am 6. Juli in der St. Georgs⸗ Kapelle zu Windsor statt.

Der Minister des Innern Matthews gab am 2. d. M. vor seinen Wählern in Birmingham Rechenschaft über die Politik der Regierung. Besonders eingehend be⸗ sprach der Redner das soziale Reformprogramm des Ministeriums. Die Lage der Arbeiter, gab er zu, sei nicht be⸗ friedigend. Die Arbeiter wünschten größeren Antheil am Geschäfts⸗ nutzen zu haben. Dieser Wunsch sei berechtigt. Außerdem wollten die Arbeiter leichtere Arbeit, kürzere Stundenzeit, aber nicht geringere Löhne haben. Diese Bestrebungen wären zum Theil begründet. Bis jetzt hätten die Arbeiter diese Ziele durch gewerk⸗ vereinliche Organisation und durch Strikes zu erlangen ge⸗ sucht. Welch furchtbares und kostspieliges Mittel seien aber die letzteren! Ein großer Theil des Arbeiterstandes fordere nunmehr Einmischung des Staates. Werde dieser Vorschlag wirklich das erhoffte Ergebniß erzielen? Wäre es dem Staate überhaupt möglich, viel durch Gesetze in dieser Beziehung zu thun? Welches Recht habe Jemand, einem starken und ge sunden Manne vorzuschreiben, wie lange er arbeiten solle? In den meisten Fällen würde derselbe antworten: „Meine Kinder wollten Brod und ich mußte mehr Stunden arbeiten, um es ihnen zu verschaffen.“ Die Einsetzung der Arbeits⸗ Kommission beweise das aufrichtige Streben der Regierung, etwas für die Hebung des Arbeiterstandes zu thun. In der Kommission würden alle verschiedenen Richtungen vertreten sein. Der Minister theilte schließlich mit, daß Chamber⸗ lain eingewilligt habe, den Vorsitz der Kommission zu über⸗ nehmen.

Parnell hat das zweite Haupttreffen verloren. Trotzdem die konservativen Wähler für seinen Kandidaten Dillon stimm⸗ ten, vermochte derselbe bei der Ersatzwahl in Nord⸗Sligo am Donnerstag dennoch nur 2493 Stimmen auf sich zu vereinigen, während der Kandidat der Nationalisten, Alderman Collery, 326 erhielt. Der ohne Zweifel gegen Parnell stark ausgeübte Einfluß der Priesterschaft wurde theilweise durch den Zu⸗ wachs, welchen er an konservativen Stimmen erhielt, wett ge⸗ macht. Die MeCarthyaner hatten niemals gezweifelt, daß ihnen der Sieg zufallen würde, gestehen aber ein, daß sie einigermaßen durch die vergleichsweise geringe Majorität von 768 Stimmen enttäuscht seien. In dem ersten Wahlkampfe, in welchem Parnelliten und Anti⸗Parnelliten ihre Kräfte maßen, in Nord⸗Kilkenny, erhielt der Kandidat der Ersteren eine Mehrheit von 1171, und zwar zwei Drittel aller ab⸗

H. H. Johnston, englische Gebiet nördlich vom Zambesi, welches den Namen „Britisch Central⸗Afrika“ erhalten soll, hatte am Freitag eine längere Unterredung mit dem Minister des Auswärtigen. Er wollte sich gestern über Brindisi nach Mozambique be⸗ geben, wo er sein Hauptquartier aufzuschlagen gedenkt. Die Ursache des Gemetzels in Manipur ist noch immer nicht ganz klar. Nach den letzten, dem „R. B.“ aus Simla zugegangenen Meldungen wird der Vorgang wie folgt dar⸗ gestellt:

Der Ober⸗Kommissar für Assam Quinton berief, als er in Manipur eintraf, einen Durbar ein. Es erschien jedoch nur der Rajah. Quinton lehnte es ab, den Rajah zu empfangen, wenn nicht auch dessen Bruder käme. Da die Vorstellungen des Kommissars nichts fruchteten, so wurde eine Botschaft an den Rajah abgesandt, des Jahalts, daß die indische Regierung ihn nicht anerkennen werde, Falls er seinen Bruder nicht aus⸗ liefere. Im Falle der Noth würde Gewalt zur Verhaftung des Bruders angewandt werden. Da der Rajah auch von dieser Drohung keine Notiz nahm, so schickte Quinton sich am folgenden Morgen an, seine Drobung auszuführen und sandte den Obersten Skene mit einer starken Abtheilung aus, um den Palast zu nehmen. Nach heftigem Kampfe mußten sich die Engländer nach dem Residentschaftsgebäude zurückziehen, welches bald von den Maniporiten angegriffen wurde. Bei dem Versuch, seinen Frieden mit dem Feinde zu machen, wurden Quinton und die Offiziere gefangen gerommen, und die Truppen mußten das Residentschaftsgebäude räumen.

Frankreich.

Paris, 6. April. Wie aus Grasse gemeldet wird, empfing die Königin von England gestern Nachmittag den Erzherzog Rainer.

Aus Algier wird gemeldet, das Befinden des Groß⸗ fürsten Georg sei ein durchaus günstiges, er werde einen viertägigen Ausflug in das Kabylenland unternehmen.

In den diesjährigen Manövern an der französisch⸗ italienischen Alpengrenze werden, wie „W. T. B.“ meldet, die Alpentruppen im Verein mit Geniesoldaten für Kriegszeiten benutzbare Baracken errichten und die Straßen und Saumwege verbessern. Das Alpenfort Queyras wird durch mehrere Batterien verstärkt werden.

Die strategische Bahnlinie Lons le Saunier Champagnole wird am 8. April dem Verkehr übergeben.

Die nördliche Panzerdivision begiebt sich Mitte Juni nach Schottland, Skandinavien und Dänemark und segelt von Kopenhagen nach Kronstadt.

Die Enquste Kommission zur Prüfung des Pro⸗ jektes, bei Paris einen Seehafen herzustellen, sprach sich unter gewissen Vorbehalten zu Gunsten des Projektes aus.

Gestern fand in Rouen die feierliche Beisetzung der

Leiche des verstorbenenehemaligen Finanz⸗Ministers Pouyer⸗Quertier unter äußerst zahlreicher Betheiligung hervorragender Persönlichkeiten statt. Zwei Bataillone Infan⸗ terie bildeten die Leichenparade. Der Erzbischof von Rouen leitete die Leichenfeier; die Zipfel des Leichentuchs wurden von den Präfekten von Rouen und Evreux sowie dem Senator Buffet gehalten. Méline sandte ein Telegramm an die Wittwe Pouyer-⸗Quertier’s, in welchem er erklärte, er schließe sich ganz Fraͤnkreich an in dem tiefen Schmerz um den Verlust des helsenmüthigen Vertheidigers der nationalen Arbeit. Auf dem Kirchhofe wurden mehrere Reden gehalten, darunter auch solche von hervorragenden industriellen Persönlichkeiten. Senator Buffet feierte den Verstorbenen als Vertheidiger der Politik des Schutzzolles, deren Ideen die Oberhand be⸗ halten hätten, Pouyer Quertier lebe auch nach seinem Hin⸗ scheiden noch fort, da das von ihm begonnene Werk fortgesetzt werden würde. Der Artikel XI. des Frankfurter Vertrages sei eine lichtvolle Eingebung gewesen; denn er habe bexeits 20 Jahre im Voraus den Abschluß eines österreichisch⸗deutsche Zollvereins bekämpft. Graf d'Haussonville erklärte mehreren Redacteuren hiesiger Blätter gegenüber, daß er für die royalistische Sache eine rege Thätigkeit entwickeln und vor Allem die royalistischen Comités überall besser organisiren wolle. Den übrigen konservativen Parteien, auch der bonapartistischen gegenüber werde er eine versöhnliche Haltung beobachten.

Italien.

Die „Opinione“ sagt bezüglich des Zwischenfalls von New⸗Orleans: Diesseits und jenseits des Oceans müßten alle Diejenigen, welche auf gute Beziehungen der Mächte untereinander Werth legen, betrübt sein über die Versuche, die Frage zu verschieben, um die es sich handele. Dieselbe gipfele darin, ob ein Staat sich der grundsätzlichen Verpflich⸗ tung entziehen dürfe, den Angehörigen eines anderen Staats eine geregelte Justiz zu gewährleisten.

6 Wie die „Agenzia Stefani“ meldet, ist zwischen dem Minister⸗Präsidenten Marchese di Rudini und dem englischen Botschafter Lord Dufferin nunmehr auch die Abgren⸗ zungslinie der Einflußsphären Englands und Italiens, welche sich auf das Gebiet zwischen dem blauen Nil und Ras Kasar am Rothen Meer erstreckt, vereinbart worden. Das Protokoll werde nach der demnächstigen Rückkehr Dufferin's unterzeichnet werden. Die Grenzlinie ist demnach vollständig von Juba bis ans Rothe Meer. Der „Italie“ zufolge hätte England als italienische Interessensphäre das ganze zwischen Jamaka und Ras Kasar am Rothen Meer gelegene Gebiet anerkannt. Kassala verbleibt in der englischen Interessensphäre; trotzdem ware Italien zu dessen Besetzung berechtigt, wenn militärische Rücksichten dies erforderten. Es sei indeß selbstverständlich, daß selbst nach erfolgter Okkupation, welche sicher in nächster Zeit nicht erfolgen werde, Jrꝛalien Kassala an Egypten aus⸗ liefern würde, wenn dieses sich veranlaßt sehen sollte, dessen Besitz unter Bürgschaft für die Aufrechterhaltung der Ruhe zu beanspruchen.

Der Papst empfing, wie „W. T. B.“ aus Rom meldet, gestern Mittag die Kardinäle und andere Kirchenfürsten und ielt sich mit denselben vertraulich

8 Portugal.

Der Marine⸗Minister gab am Sonnabend dem Chef des deutschen Uebungsgeschwaders ein Dejeuner, welchem ein Concert zu Ehren des Offizier⸗Corps des Geschwaders folgte. Demselben wohnte auch die Königliche Familie bei. Gestern ist das Uebungsgeschwader, dem „W. T. B.“ zu⸗ folge, nach Norden abgedampft.

Nach amtlichen Mittheilungen vom 2. d. M. sind die

gegebenen Stimmen.

tugiesischen Kolonie an der westafrikanischen Küste) vollständig geschlagen word 1

der britische Resident für das ganze

aufständischen Eingeborenen in Bissao (einer por⸗

Luyxemburg, 4. Avpril. den, Luxemburg an mehrere

neue Residenz ergehen lassen.

Großherzogs ausgegeben habe, besäätigt

Marken ausgeben zu können. Belgien. 8 Die Regierung hat sich der „Köln. Ztg.“ zufolge nun⸗

Zweiten Kammer die bereits früher mündlich gemachten Vorschläge in Betreff der Wahlreform für nächsten Mitt⸗ woch, wenn der Ausschuß seine Arbeiten wieder aufnimmt, scrrstich mitzutheilen, damit über ihre Absichten kein Zweifel estehe.

Der Premier⸗Minister Mercier und der Finanz⸗Minister Shehyn aus der kanadischen Provinz Quebeck sind am Sonnabend von Paris in Brüssel eingetroffen und vom Minister des Auswärtigen Fürsten Chimay empfangen worden. Auch der König empfing die Herren in Audienz.

In der in Nr. 78 d. Bl. aus der „Köln. Ztg.“ über⸗ nommenen Meldung muß es, wie diese jetzt berichtigt, nicht heißen, daß eine Abtheilung Brüssel der Deutschen Kolonialgesellschaft sich gebildet habe, denn eine solche besteht schon seit 1889 und zählt jetzt 83 Mitglieder. Viel⸗ mehr sollte gesagt werden, daß Dr. Peters in der Brüsseler Abtheilung der Deutschen Kolonialgesellschaft seinen Vortrag über den Allgemeinen Deutschen Verband gehalten habe, für welchen Verband alsdann in Brüssel die erste Ortsstelle gegründet wurde. Die Deutsche Kolonial⸗ gesellschaft als solche hat mit dieser Angelegenheit nichts

8 Türkei. 18

Auf Verlangen des österreichisch⸗ungarischen Botschafters Freiherrn von Calice ist, wie „W. T. B.“ aus Konstanti⸗ nopel berichtet, wegen der Affaire von Uesküb der Vali von Kossowo seines Postens enthoben und provisorisch durch den Gouverneur von Pristina ersetzt worden. Auch im Uebrigen ist die von dem Botschafter geforderte Genug⸗ thuung von der Pforte bereitwillig gewährt worden, sodaß damit der Zwischenfall als erledigt anzusehen ist.

Griechenland. .

Die Kammer hat in ihrer vorgestrigen Sitzung be⸗ schlossen, die weitere Behandlung der Anklage gegen das Kabinet Trikupis bis zur nächsten Session zu ver⸗ schieben. Gestern ist die Session geschlossen worden.

Der griechische Gesandte in Berlin Rangabé ist dem „W. T. B.“ zufolge zugleich auch bei den Höfen in München und Dresden akkreditirt worden.

Serbien. Belgrad, 5. April. Die Skupschtina hat,

wie „W.

genommen, laut welchem den Zeitungen verboten ist, König Milan, als ein Mitglied der Herrscherfamilie, anzugreifen. Garaschanin bekämpfte den Antrag. Sechs Abgeordnete stimmten gegen den Zusatzartikel.

Bulgarien. Sofia, 5. April. Zu den Ereignissen der letzten Tage erhält die „Köln. Ztg.“ Mittheilungen, welche auch auf die Ermordung des Finanz⸗Ministers Beltschew einiges Licht

als die Prinzessin Clementine und der Minister des Aeußern Grekow vor einigen Tagen Briefe erhalten, in

den Poststempel Sofia. In den an den Prinzen und seine Mutter gerichteten Drohdriefen wurden diese aufgefordert, wenn ihnen das Leben lieb sei, noch im Monat April das Land zu

Schwaden (Oesterreichern), die nur ins Land gekommen

seien, um dasselbe ins Unglück zu stürzen, kurzen Prozeß zu machen. Grekow wurde bedeutet, sich voo Stambulow zu trennen und seinen Posten aufzugeben. Im anderen Falle werde man ihn aus dem Wagen auf die Straße werfen.

Alle Parteigänger Stambulow's, hieß es im Weiteren, sollten umgebracht werden. Da man an und in den Drohbriefen er⸗ kannte, daß der Absender kein Bulgare sein könne, stellten die Behörden, ohne diese Drohungen, die man nicht zum ersten Male vernommen, allzu ernst zu nehmen, sorgfältige Nachforschungen nach dem Verfasser an. Das Ergebniß war der Nachweis, daß der

Verfasser der Briefe der Kawaß des russischen Konsulats Andrea Sochorukow ist. Der Minister des Aeußern wandte sich darauf an den (mit der Vertretung der russischen Interessen betrauten) deutschen General⸗Konsul, Legations⸗Rath von Wangenheim und legte ihm die Beweis⸗ stücke vor, die in so unzweifelhafter Weise die Urbeberschaft des Kawassen darthaten, daß wie die „Köln. Ztg.“ mit⸗ theilt der General⸗Konsul von Wangenheim die Ver⸗ haftung Sochorukow's verfügte.

Polizei in einem Privatgarten

8 1 vergrabene Dynamit⸗ patronen und Zünder gefunden.

Die Entdeckung geschah

in Folge einer Anzeige der Frau des Besitzers.

Schweden und Norwegen.

Der König hat der „A. R. C.“ zufolge dem General 1 b im Auftrage des Deutschen Kaisers in Stockholm weilte, sein Porträt Dasselbe stellt den König in deutscher

Grafen von Wedel, welcher kürzlich

zum Geschenk gemacht. Admirals⸗-Uniform dar und ist bereits an die schwedische Ge⸗ sandtschaft zu Berlin abgesandt worden.

die Frage der Anlegung eines Freihafens in Fluß kommen

Nachdem bereits in der zweiten Kammer des Reichstages der Abgeordnete Dahn die Anlegung eines Freihafens im Oeresund angeregt, hat jetzt der Vorstand der Malmöer Filiale des allgemeinen Handelsvereins von Schweden b

schlossen, diesen Gegenstand auf die Tagesordnung ihrer dem⸗ nächst stattfindenden Jahresversammlung zu setzen. Bei dieser Gelegenheit sollen dann die Vorzüge betont werden, welche

gerade Malmös Hafen vor anderen Hafenplätzen zur Ein

richtung einer solchen Anlage bietet

8

4. 2 Wie Frankfurter Blätter mel⸗ hat Seine Königliche Hoheit der Großherzog von ven b ehrere Personen in Frankfurt Einladungen zu seinem demnächst stattfindenden feierlichen Einzuge in seine

Die Nachricht der „Köln. Ztg.“, daß die luxemburgische Postverwaltung neue Briefmarken mit dem Bilde des 1 abe, sich den von der „Luxb. Ztg.“ eingezogenen Erkundigungen zufolge nicht. Die Angelegenheit sei zur Zeit noch in dem Stadium der Vor⸗ arbeiten begriffen; man hoffe indessen, bis zum 24. Juli neue

mehr dazu entschlossen, dem Verfassungsausschuß der

T. B.“ berichtet, einen Zusatzartikel zum Preßgesetz an⸗-

werfen dürften. Hiernach haben sowohl der Prinz Ferdinand

welchen sie mit dem Tode bedroht wurden. Diese Briefe trugen

räumen, weil die Nationalpartei beschlossen habe, mit den

General⸗

Wie die „Agence de Constantinople“ meldet, hat die

Dem Anschein nach dürfte nunmehr auch in Schweden

() Durch Königliche Verordnung ist bestimmt worden, daß das schwedischenorwegische Konsulat in Hannover künftig als Generalkonsulat bezeichnet werden soll. Gleichzeitig ist der bisherige Konsul daselbst B. Caspar, zum Generalkonsul ernannt worden. 1

(F) Christiania, 2. April. Heute wurde auf der Marine⸗ werft bei Horten ein neues Dampf⸗Kanonenbdot erster Klasse mit dem Namen „Viking“ von Stapel gelassen. Das Schiff ist 63,3 m lang und 9,3 m breit, hat ein De⸗ placement von 1100 Tons, ist mit zwei Triple⸗Expansions⸗ maschinen von zusammen 2000 Pferdekräften versehen und soll nach der Berechnung 15 Knoten in der Stunde zurücklegen. Das ganz aus Stahl gebaute Schiff wird durch ein Panzerdeck in ein Ober⸗ und ein Unterschiff getheilt. Die Armirung soll aus zwei 15 em Krupp⸗ schen Hinterladern, vier 65 mm. schnellfeuernden Kanone

und sechs 37 mm Revolverkanonen bestehen; außerdem ist es Die Besatzung soll

mit drei Torpedoschießröhren versehen. belaufen

125 Mann umfassen. Die Baukosten sich auf 1 292 000 Kronen. Das Schiff ist nach dem Urtheil von Sachverständigen das beste Schiff der norwegischen Marine.

Dänemark.

4. April. Eine aus dem Obersten von Schönfeldt und Premier⸗Lieutenant Deputation des 2. Hessischen Husaren⸗Regiments Nr. 14, dessen Chef der Kron⸗ Dänemark ist, traf heute hier ein. Die Depu⸗ dem „W. T. B.“ zufolge, zuerst vom Kron⸗ prinzen, darauf vom König in Audienz empfangen und stattete später dem Prinzen Waldemar einen Besuch ab. Der Kronprinz giebt heute zu Ehren der Deputation ein Diner, em der Minister des Aeußern, der Kriegs⸗Minister, Generale und die Mitglieder der deutschen Gesandt⸗ 1 schaft geladen sind. Morgen findet ein Diner zu Ehren der

Deputation bei dem König und der Königin statt. (F) Nach §. 26 des Gesetzes, betreffend die Einführung 1 einer Biersteuer ꝛc. vom 1. d. M., wird einen Tag nach der Bekanntmachung dieses Gesetzes in der „Gesetzzeitung“ ein höherer Einfuhrzoll erhoben von Bier, Meth und Malzextrakt in Glasballons, Flaschen und Kruken von 10 Oere pro 1 Pfund Brutto, sonst 4 Oere per 1 Pfund

8 Brutto. 8 ““ Amerika.

Vereinigte Staaten. Der Staatssekretär Blaine wurde, wie „R. B.“ aus Washington meldet, in der Sitzung des Kabinets vom 3. d. zu der günstigen Aufnahme beglückwünscht, welche sein Erwiderungsschreiben auf die Forderungen Italiens beim amerikanischen Volke gefunden habe. Blaine habe sämmtliche in der An⸗ gelegenheit verfaßten Schriftstücke selbst niedergeschrieben und sei durchaus selbständig vorgegangen. Die Be⸗ fürchtungen, welche sich in den letzten Tagen geltend machten, seien verschwunden. Der General⸗Staatsanwalt der Vereinigten Staaten Miller habe am Freitag Nachmittag ein Telegramm von dem Distriktsanwalt in New⸗Orleans erhalten, worin der Letztere mittheilt, daß er der empfangenen Weisung gemäß die Lynchangelegenheit untersuche und seinen Bericht, sobald derselbe fertig sei, einsenden würde. Der Anführer der Lyncher, Parkerson, fürchte sich keines⸗ wegs vor einer Untersuchung. Diese sei ihm im Gegen⸗ theil, wie er einem Vertreter der Presse erklärt habe, erwünscht. Es würde seiner Meinung nach jedoch ungerecht sein, wenn man den Prozeß nicht vor den Gerichten des Staates Louisiana führen würde. Er bedauere, so äußerte er, seine Handlungs⸗ weise nicht im Geringsten. Habe sich erst die Aufregung gelegt und

die öffentliche Meinung Zeit zum Nachdenken gefunden, so glaube er, daß die konservativen Elemente des Staates sein Vorgehen voll⸗

kommen billigen würden und er auf den Schutz seiner Mitbürger zählen dürfe. Ueber seine Ansicht befragt, ob die Angelegen⸗ heit zu ernstlichen Verwickelungen zwischen dem Staat und den Bundesbehörden führen werde, erwiderte Parkerson: „Das ist eine Sache, welche nur die Behörden angeht. Wollen Sie jedoch meine unmaßgebliche Meinung hören, so versichere ich Sie, daß wir vollkommen wissen, was unsere Rechte sind. Der Norden weiß ebenfalls sehr wohl, daß wir dieselben zu vertheidigen verstehen.

Die panamerikanische Münz⸗K ommission, welche im Januar in Washington zusammentrat, hat am Freitag ihre Sitzungen beendet, nachdem sie eine Resolution ange⸗ nommen, in der erklärt wird, die Kommission sei außer Stande gewesen, ihre Aufgabe auszuführen. Sie wünsche jedoch, daß demnächst eine neue Kommission zusammentrete, um ein

system unter den Nationen Amerikas

einheitliches Münzs herbeizuführen, das Allen zum Vortheil gereichen würde.

Afrika. Egypten. Kairo, 4. Avpril. sekretäur der Finanzen Milner ist 8 Urlaub über Athen nach London abgereist. Vollmacht erhalten, die Konversion der

anleihe durchzuführen, s dazu bietet.

Kopenhagen, ieres, Rittmeister von von Borcke bestehende

7

mehrere

Der Unter⸗Staats⸗ mit dreimonatlichem Derselbe hat Domanial⸗ obald sich eine günstige Gelegenheit

Pearlamentarische Nachrichten.

Elektrotechnische Gesellschaft Frankfurt (Main) gez. E. Hartmann hat, gleichzeitig im Namen und im Auftrage der anderen gewerblichen Vereine Frankfurts, an den Reichstag eine Petition gerichtet, worin dieser ge⸗ beten wird, den Gesetzentwurf über elektrische Anlagen einer Kommission zu überweisen, damit diese weitere fachgewerbliche Kreise über den Entwurf höre und die bei der bevorstehenden 1“ Elektrotechnischen Ausstellung in Frank⸗ urt a. M. zu Tage tretenden Erfahrungen bei ihren Be⸗ schlüssen berücksichtige.

Auf der Tagesordnung der am Dienstag, den 7. April 1891, Mittags 12 Uhr, stattfindenden 63. Plenar⸗ sitzung des Hauses der Abgeordneten stehen Berichte der Kommission für Petitionen, der Kommission für die Agrarverhältnisse, der Kommission für das Justizwesen, der Kommission für das Gemeindewesen und der Kommission für

tswesen über Petitionen. 86

Die

MNr. 13 der Veröffentlichungen des Kaiserlichen Ge⸗ sundheitsamts vom 1. April hat folgenden Inhalt: Gesundheitsstand. Volkskrankheiten in der Berichtswoche. Cholera⸗ Nachrichten. Pocken in Neapel. Desgl. in Texas. Typhus in Genua. Oeffentliches Gesundheitswesen im Regierungs⸗Bezirk Aurich 1886/88. Sterbefälle in deutschen Städten mit 40 000 und mehr Einwohnern. Desgl. in größeren Städten des Aus⸗ landes. Erkrankungen in Berliner Krankenhäusern. Desgl. in deutschen Stadt⸗ und Landbezirken. Sanitätsbericht über die Kai⸗ serlich Königliche Marine 1888. Witterung. Zeitweilige Maßregeln gegen Volkskrankheiten. Thierseuchen in Frankreich 1890, 4. Vierel⸗ jahr. Veterinär⸗polizeiliche Maßregeln. Medizinal⸗Gesetzgebung u. s. w. (Deutsches Reich) Viehbeförderung auf Eisenbahnen. (Mecklenburg⸗Schwerin.) Trichinenschauer (Reuß j. L.) Arzneitare. (Italien.) Mißbräuchliche Ausübung der Medizin ꝛc. Koch'sche Lymphe. Rechtsprechung. des

Aus den Annalen Königlich sächsischen Ober⸗Landesgerichts Dresden. Vermischtes. (Preußen. Berlin.) Hebammenprüfung. (Baden. Karlsruhe Oetsgesundsheitsrath.) Geheimmittel. (Italien. Mailand.) Impf⸗ station gegen Tollwuth.

Nr. 14 des „Centralblatts der Bauverwaltung“, herausgegeben im Ministerium der öffentlichen Ar⸗ beiten, hat folgenden Inhalt: Amtliches: Personal⸗Nachrichten. Nichtamtliches: Neue katholische Kirche in Homburg v. d. Höhe. Einfluß der Stromregulirung auf die Vorfluth in der oberen Oder. Schnecräumen auf Eisenbahnen. Riegel und Streben im Fach⸗ werksbau. Parallelführung von Trogschleusen. Neues Lehr⸗ gebäude der landwirthschaftlichen Akademie in Poppelsdorf bei Bonn. Vermischtes: Kriegsschiff in Berlin. Preisertheilung betr. Bau einer evangelischen Kirche in Heilbronn. Preisausschreiben für ein Kreishaus in Königsberg N.⸗M. Kaiser Wilhelm⸗Denkmal an der Porta Westfalica. Einführung einer Einheitszeit in Frankreich. Verzeichnung der Parabel. Gipsdielen. Neue Patente.

Entscheidungen des Reichsgerichts.

Auf die lebenslänglich angestellten und vereidigten Privat⸗Forstbeamten (Förster, Oberförster) findet nach einem Ürtheil des Reichsgerichts, VI. Civilsenats, vom 3. November 1890, der §. 118 der Preuß. Gesindeordnung vom 8. November 1810 („Ohne Aufkündigung kenn eine Herrschaft ein Gesinde sofort ent⸗ lassen, wenn es sich beharrlichen Ungehorsam und Widerspenstigkeit gegen die Befehle der Herrschaft zu Schulden kommen läßt“) An⸗ wendung, gleichviel ob die Lebenslänglichkeit der Anstellung auf Vertrag oder auf testamentarischer Anordnung des verstorbenen Gutsherrn beruht. Ferner hat das Reichsgericht durch das erwähnte Urtbeil ausgesprochen, daß §. 118 der Gesindeordnung nur dann an⸗ wendbar ist, wenn das Gesinde wiederholten Befehlen der Herrschaft bewußt und absichtlich den Gehorsam versagt.

Hat eine Körper verletzung zur Folge, daß der Verletzte

n Lähmung verfällt, so ist dieselbe nach § 224 des Straf⸗ gesetzbuchs als schwere zu bestrafen. In Bezug auf diese Bestim⸗ mung hat das Reichsgericht, I. Strafsenat, durch Urtheil vom 8. De⸗ zember 1890, ausgesprochen, daß „in Lähmung verfallen“ eine dauernde Lähmung, deren Beseitigung sich überhaupt oder der Zeit nach nicht bestimmen läßt, erfordert; dagegen ist eine Unheilbar eit der Lähmung nicht erforderlich. Ferner ist unter Lähmung im Sinne des §. 224 eine wesentliche, erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit zu verstehen.

Kunst und Wissenschaft.

XX. Kongreß der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie zu Berlin.

In der Vormittagssitzung am Sonnabend, welche ebenso wie die nach der Grundsteinlegung zum Langenbeckhause stattgehabte Schluß⸗ sitzung im Operationssaale der Königlichen chirurgischen Universitäts⸗ Klinik abgehalten wurde, theilte der Vorsitzende, Geheime Medizinal⸗ Rath Thiersch den Inhalt eines von dem Staats⸗Minister Dr. von Goßler eingelaufenen Telegrammes mit, in welchem der frühere Kultus⸗Minister der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie seinen Dank für die in Angriff genommene Errichtung des Langenbeckhauses in sympathischer Weise ausdrückte. Nachdem der Vorsitzende Ge⸗ legenheit genommen, dem früheren Minister der geistlichen, Unterrichtss⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten im Namen des Kongresses den wärmsten Dank für die ausgiebige Förderung aus⸗ zusprechen, welche derselbe den Naturwissenschaften und insbesondere der Medizin und der Chirurgie habe angedeihen lassen, erhob sich die Versammlung zum Zeichen ihrer Zustimmung zu den Worten des Vorsitzenden. Die Tagesordnung brachte zunächst einen durch Demon⸗ strationen unterstützten Vortrag des Hrn. Kader über lokalen Meteorismus, an welchen sich eine lebhafte Diskussion knüpfte. Ferner führte Schmid⸗Stettin einen Fall von geheilter Resektion der Hüftpfanne vor, während Deutz⸗Köln über funktionelle Resultate nach der Resektion des Oberarm⸗ kopfes unter Vorstellung eines Patienten sprach. Zwischen die beiden Sitzungen am Vor⸗ und am Nachmittage fiel die Grundsteinlegung zu dem Langenbeckhause, über welche bereits berichtet worden. Von den in der Schlußsitzung ge⸗ haltenen Vorträgen waren zwei von besonderem Interesse und weit⸗ tragenderer Bedeutung. Dr. Brunner⸗Zürich sprach über Unter⸗ suchungen über die Ausscheidung pathogener Mikroorganismen bei Pyämie und anderen Infektionskrankheiten. Der Vortragende machte, von der Behandlung eines Karbunkelfalles ausgehend, die durch zahl⸗ reiche Thierversuche bestätigte Beobachtung, daß die im Organismus vorhandenen bezw. erzeugten Mifkroorganismen durch hervor⸗ gerufenen Schweiß ausgeschieden werden. So wurde der in dem Eiter der Karbunkelkranken“ festgestellte Staphylo- coccus albus und aureus auch in dem Schweiße der Patienten gefunden, während der Schweiß einer mit Milzbrand⸗ bacillen injicirten Katze gleichfalls Milzbrandbacillen aufwies. Der Vortragende ist zu dem Ergebnisse gelangt, daß die beobachtete Aus⸗ scheidung bei allen Infektionskrankheiten stattfindet. Reichel⸗ Würzburg hat an der Hand zahlreicher Thierversuche interessante Be⸗ obachtungen über Immunität gegen den Virus der Eitercoecen ge⸗ macht indem er feststellen konnte, daß die für diese Versuche besonders geeigneten Hunde in Folge von fortgesetzten Einspritzungen des be⸗ züglichen Eiters eine hochgradige Unempfänglichkeit gegen die Wir⸗ kung des Giftes erlangten. In der sich an den Vortrag anknüpfenden Besprechung wies der Vorsitzende auf die Beobachtungen Lindwurm's⸗München hin, welcher bereits vor dreißi Jahren aus⸗ gesprochen habe, daß die menschliche Haut mit der Zeit völlig un⸗ empfindlich gegen Eiter werde; ähnliche Beobachtungen hat, wie Geheimer Rath Bardeleben mittheilte, James Paget an sich gemacht, was für seine Person auch der Vorsitzende zu bestätigen in der Lage war. Es folgte noch eine Anzahl von Vorträgen vorzugsweise fachwissenschaftlicher Natur, während eine Reihe weiterer Vorträge in Folge der vorgerückten Stunde nicht mehr zur Erledigung ge⸗ langte. Kurz nach 4 Uhr schloß Geheimer Rath Thiersch⸗Leipzig den Kongreß, indem er den Theilnehmern an demselben eine glück⸗ liche Heimkehr wünschte. Die Versammlung trennte sich sodann, nachdem sie auf Anregung des Geheimen I edizinal⸗Raths Barde⸗ leben, des Präsidenten des nächstjährigen Kongresses, dem Vorsitzenden des diesjäbrigen, Geheimen Rath Thiersch, ihren Dank für die vor⸗ zügliche Leitung der Verhandlungen durch ein dreimaliges kräftiges Hoch zu erkennen gegeben hatte.

Nachmittag unter dem Vorsitz des Hrn

Gesellschaft hielt am Sonnabend Drn Professors Dr. Pappenheim ihre mit Rücksicht auf das Osterfest hinausgeschobene Märzsitzung in dem Aimé'schen Restaurant, Unter den Linden 27, ab. Da Hr. Professor Lasson, dessen letzter Vortrag: „Das Gedächtniß“ zunächst zur Erörterung stand, zeitweilig von Berlin abwesend ist, so wurde dieser Gegenstand von der Tagesordnung abgesetzt und darauf zur Besprechung der Erläuterungen geschritten, welche der neuen Preisaufgabe der Gesellschaft beigegeben werden sollen. Nach kurzer Diskussion entschied sich die Versammlung für Annahme einer von Hrn. Prgfess r Lasson für diese Erläuterungen schriftlich in Vorschlag gebrachten Fassung und betraute den Schrift⸗ führer Hrn. Dr. Spatzier mit der thunlichsten Förderung dieser Angelegenheit. Darauf erhielt Hr. Lic. Dr. Fr. Kirchner das Wort zu seinem Vortrage über: „E., b. Hagen’s Philosopbie“. Es handelt sich hier um einen Zeitgenossen, der das Loos jener Männer theilt, die darunter leiden, daß sie nach ihrer Ansicht allzuwenig anerkannt werden. Was seinen äußeren Lebens⸗ gang anlangt, so ist er am 10. August 1850 im Eichsfelde geboren, studirte nach erlangter Vorbildung zu Berlin und Göttingen Jura und Philosophie und war nach Absolvirung des Referendariats⸗ Fxamens an zwei Amtsgerichten und einem Obergericht thätig, bis er im Jahre 1878 den Dienst quittirte. Seitdem nun lebt er, im Besitze der erforderlichen matexiellen Mittel, ausschließlich seinen Neigungen, die sich außer auf philosophischem auch auf musßzkalischem Gebiete bewegen, und hält sich bei Gelegenheit von theilweise monatelangen Reisen vorübergehend auch im Auslande, in Paris, in Ober⸗ und Unter⸗ Ftalien und in anderen Gegenden, auf. Als Musikschriftsteller bat er sich vorzugsweise mit Richard Wasner beschäftigt, dem er eine wabrhaft schwärmerische Verehrung entgegenbringt und dessen Opern er in ausführlichen Arbeiten zum Theil scenenweise behandelt; u. A hat er die Figur der „Senta“, in welcher er das „Weib der Zukunft“ feiert, zum Gegenstande philosophischer Erörterungen gemacht. Diese im Allgemeinen noch wenig bekannte Phbilosoph, welcher zur Zeit in Lauterberg a. Harze lebt, hat dem Vortragenden bereits vor längere Zeit zwei seiner Schriften (Kritische Betrachtungen der wichtigsten Grundlehren des Christenthums, Hannover 1881, und Philosophisch Abhandlungen und Aphorismen, Hannover 1885) übersandt un demselben außerdem weitere schriftliche Mittheilungen über seine Lebensgang und über seine philosophischen Anschauungen gemacht; au diesen Quellen schöpft der Herr Vortragende von Hage findet das Wesen der Religion in der Ascese und sucht den Grund der menschlichen Erbschuld nicht auf geistigem, sondern au fleischlicem Gebiet, während die Erlösung nach seiner An⸗ sicht durch den Geist erfolgen muß. Die Idee Gottes erklärt er aus dem Gefühle der Abhängigkeit, der Verantwortlichkeit vo etwas Höherem; den Kultus achtet er ziemlich gering.

den Professoren der Philosophie will er nicht viel wissen, während er die Philosophen an sich für die wahren Aristokraten hält. In einer von ihm zusammengestellten Uebersicht von 12 Ständen bilde die Philosophen die erste Klasse während die Beamten in Anbetrach ihrer Abhängigkeit eine weit niedrigere Stufe einnehmen und die Kaufleute, deren Trachten dahin geht, „Geld“ zu verdienen, wieder hinter jenen rangiren; ebenso unsympathisch sind ihm aber au diejenigen Philosopben, welche für ihre Vorträge Geld nehmen. Als die Hauptaufgabe der Philosophie erscheint ihm die Erkenntniß des Urwesens, des Raumes, und eine urwesen⸗ gemäße harmonische Auffassung des Weltalls. Die Philosophie müsse ihre ursprüngliche Unabhängigkeit wiedergewinnen. Die Philosophen ließen sich viel zu sehr von der Meinung der großen Menge beeinflussen, und statt sich mit den Gebildeten zu verbinden, müßten sie sich ab⸗ schließen. Auch von den Differenzen der Nationen, der Religionen, der Cliquen müsse sich die Philosophie freimachen. Um Politik dürfe sich der Philosoph garnicht kümmern, er müsse sich die Unabhängigkeit von der Geschichte und den Naturwissenschaften angelegen sein lassen, da alle Fachwissenschaften den Charakter der ö von ihm

an sich trügen. E. von Hagen konstruirt sich nun das angenommene Urwesen, den Raum, indem er demselben diejenigen Eigenschaften (38 an der Zahl) beilegt, deren Besitz eben dem Ur⸗ wesen gebühre; dahin gehören u. A. die absolute Nothwendigkeit, die absolute Priorität und Einflußlosigkeit, die Unabhängigkeit und Un⸗ bedingtheit, die absolute Unzerstörbarkeit, die Unvergänglichkeit. Weil nun diese und eine Reihe weiterer Eigenschaften nach Ansicht des Systemfinders dem unbegrenzten Raume zukommen, so stellt sich letzterer als Urwesen dar, und nicht etwa die Zeit, welche vergänglich ist. Es wird dann im Verfolg der weiteren Deduktionen das Licht, eine physi⸗ kalische Stufe des Raumes, als⸗„absolute Offenheit des Raumes’'bezeichnet, ferner von Raumkraft, Raumwillen, Raumtrieb, Raumliebe ge⸗ sprochen und dem neuen System nach der Benennung des dasselbe beherrschenden Urwesens die Bezeichnung „Raumonismus“ beigelegt. Als erste Tugend gilt nach der neuen Lehre die Unschädlichkeit, welche überhaupt als positives Ziel der Philosophie erscheint. Die Schädigung des Guten aber geschieht durch andere Menschen, welche die Hauptquelle des Bösen bilden; darum erscheint es angezeigt, sich um die Anderen nich zu kümmern. In der Reihe der weiteren Tugenden werden u. A. noch Gesundheit, geistige Arbeit, Kontemplation des Urwesens aufgeführt. Alle Künste müssen nach E. von Hagen nach räumlich architektonischen Gesichts⸗ punkten geübt werden, in der Psychologie kommt es hauptsächlich auf die Aufgeräumtheit an, und der Seele alle Leiden fernzuhalten, ist das Bestreben des raumonistischen Systems. Der Vortragende schloß seine mit reger Aufmerksamkeit verfolgten Ausführungen, indem er darauf hinwies, wie es doch eine ganz eigenartige und interessante Er⸗ scheinung sei, daß zu einer Zeit, in welcher vielfach über allzu große Empirie geklagt werde, bier ein Mann in vollster Unabhängigkeit seine Muße mit Gruͤbeln verbringe und, wenn auch nicht ohne eine gewisse Schärfe des Geistes in Bezug auf Einzelheiten, so doch im Ganzen in kontroverser Weise ein System voller Schematismus und Formalismus konstruire, auf dem er dann weiter zu bauen suche. Nachdem in der sich anknüpfenden Diskussion mehrere Redner betont, daß es allerdings interessant sein würde, zu untersuchen, wie von Hagen, dem man Manzel an Geist nicht zum Vorwurf machen könne, zu einzelnen Deduktionen bei der Konstruktion seines Systems gekommen, während von anderer fachkundiger Seite speziell an der musikschrift⸗ stellerischen Thätigkeit des immerhin „ganz begabten“ Mannes eine abfällige Kritik geübt wurde, hob der Vortragende in seinem Schluß⸗ worte nochmals hervor, daß in einer metaphysischen Betrachtungen abgeneigten Zeit doch das unabhängige Auftreten E. von Hagen’s eine gewisse Beachtung beanspruchen dürfe. Nach Erledigung der Tagesordnung gab Professor Dr. Pappenheim in der Form der Einleitung zu einem event. später zu haltenden Vortrage noch eine fesselnde und zu lebhafter Diskussion anregende Darstedlung der Ent⸗ stehung des Begriffes: „Reines Denken“ im Entwickelungsgange der Philosophie.

Die Philosovphische

Land⸗ und Forstwirthschaft.

1 Ernte des Jahres 1890. 1““

Die im November beendete Hackfruchternte hat im Regierungs⸗ bezirk Marienwerder für Zuckerrüben einen guten Ertrag er⸗ geben, doch war deren Zuckergehalt gering.

Die Kartoffelernte fiel qualitativ und quantitativ geradezu schlecht aus, weil die Kartoffeln fast überall durch Fäulniß und Nässe stark gelitten hatten. Nur in wenigen Gegenden wurde der Ertrag als einer Mittelernte nahekommend bezeichnet; im Großen und Ganzen kann aber die Kartoffelernte nur auf 75 bis 80 % eines Durchschnitts⸗ ertrages geschätzt werden. Uebrigens wurden die in Mieten gesetzten Kartoffel⸗ und Rübenvorräthe theilweise durch Frost beschädigt, weil sie bei Eintritt der strengen Kälte Ende November noch nicht überall stark genug eingedeckt waren.

Die Erdruschresultate scheinen bei Roggen und Weizen, namentlich bei dem ersteren noch ungünstiger zu sein, als bisher an⸗ genommen wurde; bei Gerste, Hafer und Erbsen sind sie im

Allgemeinen gut