1891 / 85 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 10 Apr 1891 18:00:01 GMT) scan diff

iche Mitgliedsbeitrag betragt 1 ℳ. Der Hauptsitz des Ver⸗

andes ist in Berlin. Der Vorstand hat mindestens alle drei Jahre

inen Allgemeinen deutschen Verbandstag einzuberufen. Bei der schließlich

rfolgten Vorstandswahl lehnte Dr. ab, da er, wie er be⸗ merkte, in nächster Zeit wieder nach Afrika gehe.

Der erste Kustos bei der zoologischen Sammlung des König⸗ lichen Museums für Naturkunde, Professor Dr. Jean Cabanis, v am Sonnabend die Feier seines fünfzigjährigen Dienst⸗ jubiläums.

8 In der gestrigen Sitzung der Stadtverordneten wurde der „N. Pr. Z.“ zufolge beschlossen, den Antrag des Magistrats: der Gemeinde St. Simeon, dem vorgelegten Kirchen⸗Neubau⸗ Projekt entsprechend, die dazu erforderliche Baufläche auf dem Wasser⸗ tborplatz zu beiden Seiten des Schiffahrtskanals unter Eigenthums⸗ verbleib dieser Baufläche bei der Stadt unter dem Vorbehalt der besonderen Festsetzung der Baufluchtligie zu überlassen, ab⸗ zulehnen. Die Festsetzung der Baufluchtlinie für eine auf dem Platze E, Abtheilung II. des Bebauungsplans, zu errichtende Garnisonkirche wurde angenommen. Ferner wurde die Vorlage über den Entwurf zur Umänderung der Journalisten⸗ Tribüne im Stadtverordneten⸗Sitzungssaale genehmigt. Endlich wurden die Kosten⸗Anschläge zur Erbauung der Gasanstalt in Schmargendorf in Höhe von 2 842 900 bewilligt und der Entwurf zum Neubau einer Gemeinde⸗Doppelschule in der verlängerten Göbenstraße zum Kostenanschlage von 555 000

genehmigt.

Eine ständige Pferdeausstellung (Pferdedepot) in Ver⸗ bindung mit einer Anstalt zur Pflege und Behandlung kranker Pferde sowie mit einer Fachschule zur Ausbildung von Kutschern und Pferdepflegern wird in Berlin zu errichten geplant. Das Pferde⸗ depot wird gewissermaßen als Central⸗Markthalle für den Handel mit Pferden, der von einem aus Fachleuten zusammengesetzten Kuratorium geleitet und beaufsichtigt werden soll, anzusehen sein, sodaß Züchter ihre Pferde ebenso zum Weiterverkauf an das Depet geben können, wie Landwirthe die Futtermittel an einen Speicher, dessen Errichtung später ebenfalls vorgesehen ist. Die Betheiligung an diesem Unter⸗ nehmen kann mit Antheilen von je 50 500 stattfinden. Inter⸗ essenten erfahren Näheres von dem Vorstand der „Deutschen Pferde⸗ besitzer⸗Genossenschaft“ zu Berlin NO., Georgenkirchstr. 46, wohin Mittheilung zu richten auch diejenigen Interessenten gebeten werden, welche an einer Mitte Mai in Berlin stattfindenden Besprechung in dieser Angelegenheit sich betheiligen wollen.

Die Berlin⸗Charlottenburger Pferdebahn⸗Gesell⸗ schaft geht, wie die „Gewerbeztg.“ meldet, mit der Absicht um, die Fahrpreise wesentlich zu ändern. Der Niedergang dieser Bahn der trotz der starken Vermehrung der Einwohnerzahl Berlins und Char⸗ lottenburgs in den letzten zwanzig Jahren eingetreten ist, sei haupt⸗ sächlich auf die Konkurrenz der Stadtbahn zurückzuführen, deren Fahr⸗ preis zwischen Berlin und Charlottenburg, Station Thiergarten, nur 10 beträgt. Durch Einführung des gleichen Fahrpreises von 10 auf der ganzen Strecke Berlin —Charlottenburg hofft man eine Besse⸗ rung des Unternehmens zu erzielen

Die Bauarbeiten zur Herstellung der Spreebahn von Nieder⸗ schönweide über Köpenick nach Wusterhausen, Senzig u. s. w. werden jetzt beschleunigt. Der Bau der festen Brücke über die Ober⸗ spree bei Niederschönweide wird, nach der „Voss. Ztg.“, in diesem Jahre wohl vollendet werden; die Uferpfeiler sowie der Unterbau sind bereits fertig gestellt, die Arbeiten am Mittelbau sind stark gefördert. Die bisherige Kettenfähre wird nach

ollendung der Brücke nach Grünau verlegt werden, um eine Ver⸗ bindung des rechten und linken Ufers der Dahme herbeizuführen. Die Bebauung des rechten Ufers der Oberspree beabsichtigt eine Baugesellschaft, die das mächtige Land zwischen der Borussia⸗Brauerei und Köpenick erworben hat, um daselbst Villen und Fabriken zu er⸗ richten. Man ist gegenwärtig mit den Ebnungsarbeiten beschäftigt, welche allerdings durch den hohen Wasserstand der Spree sehr be⸗ einträchtigt werden.

Wetterbericht vom 10. April, Morgens 8 Uhr.

sp.

F 8

Stationen.

E. Graeb.

T emperatur in o Celsius

Wind. V Wetter.

S 2 6 5 3 5 0 1 1

Bar. auf 0 Gr.

u. d. Meere red. in Millim.

7 Uhr.

2 wolkig 2 bedeckt 2 bedeckt still bedeckt 6 wolkig

Mullaghmore 765 ONO Aberdeen . 769 SSO Kopenhagen. 769 NO Stockholm . 772 Haparanda . 764 SW St. Petersb. 775 ONO 1 Dunst Moskau 778 OSD I wolkenlos Cork, Queens⸗ V 1 beer. town ... 766 S Abedeckt übersetzt von Beest... ...“ 2 bedeckt Anfang 7 Uhr. Helder . ... 766 NO 2 wolkig Sylt 767 ONO 3 wolkig Hamburg .. 766 ONO I wolkenl. ¹) Swinemünde 766 ONO bedeckt²) Neufahrwasser 768 OSO bedeckt IööVö1111“ halb bed. LII11“ halb bed. Münster. .. 763 hedeckt Karlsruhe .. 771 bedeckt Wiesbaden 762 bedeckt München .. 760 Nebel Chemnitz .. 762 Regen I 11 bedeckt²) Wiie 772 bedeckt Breslau 763 bedeckt WVWWDZ bedeckt Nizza 753 bedeckt 81J118ö“ 755 bedeckt

Hugenotten.

Fenerprobe.

7 Uhr.

der Wildniß.

Tod. 7 Uhr.

OSSGlrececrSoccchcoe Gerernee 00.

—,—

¹) Dunst. ³) Abends und Nachts Regen.

Uebersicht der Witterung.

Das Luftdruckmaximum liegt über dem Innern b Rußlands, einen Ausläufer weflmwarts über das Ost⸗ eeeee und Nordseegebiet entsendend, während der Luftdruck jenseits der Alpen am Niedrigsten ist. Dem⸗ entsprechend wehen über Central⸗Europa nördliche bis östliche Winde, welche allenthalben nur schwach

auftreten. Das Wetter in Deutschland ist vorwiegend Die sieben Raben. Romantisches Zaubermärchen

Schauspielhaus.

von Franz Grillparzer. Dritte Abtheilung: Medea. Trauerspiel in 4 Aufzügen. In Scene gesetzt vom von E Ober⸗Regisseur Max Grube. Anfang 7 Uhr. 1 Sonntag: Opernhaus. roße Oper in 5 Akten von Meyer⸗

Text nach dem Französischen des Scribe, Castelli. Tanz von Emil Graeb.

Schauspielhaus. Das Käthchen von Heilbronn, oder: Die

in 5 Aufzügen von Heinrich von Kleist gesetzt vom Ober⸗Regisseur Max Grube.

Beutsches Theater. Sonnabend: Der Sohn

Sonntag: Die Kinder der Excellen2z5z. Montag: Faust, I. Theil. Dienstag: Das alte Lied.

Verliner Theater. Sonnabend: Zum Besten

des Vereins „Berliner Presse“. (Wallenstein: Ad. Sonnenthal.)

Sx 15 Richard der Zweite. ²) Gest Ab 8 .Abends r: uldig. ) Gestern end leichter 8b Rontag: Kean.

Tessing-Theater. Sonnabend: Zum 1. Male: Lustspiel in 4 Akten von Gustay v. Moser. Sonntag : Ultimo.

Am Mittwoch fand in der Urania eine Vorführung des von Prn. Dr. Richard Eisenmann erfundenen elektropbonischen Klaviers statt, welche sehr großes Interesse erregte. Das Klavier sieht nicht anders aus als ein gewöhnliches. Durch die elektro⸗ magnetische Einrichtung, die durch besondere Pedale regiert wird, können verschiedene Spielweisen ermöglicht werden. Man kann den Baß elektrisch und den Diskant mit dem gewöhnlichen Hammerwerk oder auch umgekehrt spielen. Es läßt sich auch das Hammer⸗ werk durch einen besonderen Mechanismus außer Funktion setzen, so daß nur die Elektrizität den Ton erzeugt. Die Klangfarbe ähnelt mehr dem Harmonium, in den Baßtönen sogar der Orgel. Ein be⸗ sonderer Vorzug ist das beliebige Aushalten, sowie das Anschwellen der Töne. Wir glauben, daß daher das elektrophonische Klavier zum Gebrauch bei Hausandachten und bei Musikaufführungen in Hör⸗ sälen der Gymnasien sich ganz vorzüglich eignet.

Der Damenverein für Stolze'sche Stenographie hält Sonntag, den 12. d M., Nachmittags 5 Uhr, im großen Saale des Brandenburgerhauses, Mohrenstraße 47, seine 6. Jahresver⸗ sammlung ab, auf welcher Hr. von Wittken in einem Vortrage die bevorstehende Jubelfeier der Stolze'schen Schule besprechen wird. Gäste haben Zutritt.

Köln, 9. April. Der Rhein ist auf 5,15 gestiegen. Der Oberrhein steigt weiter, nur die Mosel fällt. Aus Duis burgwird

gemeldet: In Folge stark steigenden Wassers ist der Verschlußponton

vor dem Innenhafen Mittags eingefahren. In Ruhrort bespült das steigende Wasser bereits die unteren Hafengeleise an der Mündung des Kaiserhafens.

3 Hohenroden (Württemberg), 8. April. Ein entsetzliches Unglück trug sich nach einer Mittheilung der „Neuest. Nachr.“ am letzten Sonntag bei Hohenroden (Dberamt Aalen) zu. Neun Kon⸗ firmanden von Lauterburg hatten einen Ausflug dorthin gemacht und vergnügten sich, indem sie in einem Nachen auf dem Weiher bei Hohenroden auf⸗ und abfuhren. Plötzlich schlug der Nachen um und die Insfassen stürzten ins Wasser. In ihrer Angst klammerten sich die Knaben aneinander; nach verzweifeltem Todeskampfe versanken sieben zu einem Knäuel zusammengeballt in die Tiefe. Als Hülfe eintraf, waren nur noch zwei über Wasser, die mit Mühe und Noth 85 wurden. Die Leichen der Verunglückten wurden bald darauf gelandet. G

Mainz, 6.-April. 3 ½ m unter der heutigen Erdoberfläche auf der Baustelle für das künftige Sparkassengebäude an der Flachs⸗ marktstraße hat man, wie das „M. Tgbl.“ mittheilt, die Reste eines römischen Bades blosgelegt. Die Heizkammern, Röhren und der sehr schöne Plattenbelag des Bades sind noch recht gut er⸗ halten. Die Ausgrabung wird mit Vorsicht fortgesetzt. Etwas seit⸗ wärts hiervon, aber in geringerer Tieflage, fand man eine sehr hübsch ornamentirte römische Vase, leider in einige Stücke zerbrochen. Es wird vermuthet, daß das Gebäude, zu welchem das römische Bad mit der Heizung gehört hat, in früheren Zeiten auf einer Insel im Rhein stand. 1 11X“ ““

Altenburg, 7. April. Unser Kaiser Wilhelm⸗Denkmal wird, wie man der „Geraer Z.“ mittheilt, nun bestimmt am 21. d. M. enthüllt werden. Zur Theilnahme an der Feier sind u. A. Ein⸗ ladungen ergangen an den General⸗Feldmarschall Grafen von Blumen⸗ thal, den kommandirenden General des IV. Armee⸗Corps General von Hänisch, den Divisions⸗General General⸗Lieutenant von Blume und den Brigade⸗Commandeur General⸗Major von Hagen. Die Einnahmen betragen 53 345.07 ℳ, davon sind freiwillige Beiträge 26 261.22 ℳ, Staatsunterstützung 20 000 ℳ, Beitrag der Stadt Altenburg 6000 ℳ, Zinsen 1083 75 Die Ausgaben stellen sich auf 52 777, 24 ℳ, sodaß 500 für ein eisernes Geländer übrig Der Schöpfer des Denkmals ist der Bildhauer Bärwald⸗

erlin. ““

Theater⸗Anzeigen.

Königliche Schauspiele. haus. 88. Vorstellung. Sängerkrieg auf der Wartburg. Oper in 3 Akten von Richard Wagner Ballet von In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Weib. Tetzlaff. Dirigent: Kapellmeister Sucher. Anfang

Romantische Adolf Müller. Anfang 7 ½ Uhr.

89. Vorstellung. Die 7 Uhr.

Donnerstag: Saint Cyr.

95. Vorstellung. Neu einstudirt:

Eschenbach. Anfang 7 Uhr. Belle-Alliance-Theater.

Weyl. Vorher zum 10. Male:

Adolph Ernst-Theater. 56. Male: Adam und Eva.

Wallenstein’s Anfang

von Adolph Ferron. Toupinel.

Thomas-Theater.

Sonntag und folgende Tage:

trübe; auf dem Gebiete zwischen Hannover, Chem⸗ in 5 Akten von Emil Pohl. Musik von G. Lehn⸗ baner.

nitz und Grünberg fällt Regen. Die Temperatur hardt ist durchschnittlich wenig verändert, allenthalben, C. A. Raida.

Durchschnittswerthe, in Süddeutschland bis zu 6 Grad. Deutsche Seewarte.

EEö1ö des 6 außer im äußersten Nordosten, liegt sie unter dem gesetzt von W. Hales non 8. Severtns In Seene

Sonntag und folg. Tage: Die sieben Raben. (Letzter Monal.)

3. Aktes von

Wallner-Theater. Sonnabend: Zum 2 Male: 88 Des Teufels Weib. Phantastisches Singspiel in Concert der Contra⸗Altistin Luranah Aldridge, unt. Sonnabend: Opern⸗ 3 Akten und einem Vorspiel von Meilhac und gef. Mitwirkung der Violinvirtuosin Frl. Geraldine Tannhänser und der Mortier, bearbeitet von Th. Herzl. Musik von Morgan. Karten 4 und 2 bei Bote u. Bock.

Sonntag und folgende Tage:

Friedrich-Wilhelmstädtisches 94. Vorstellung. Das goldene . 8 8 vließ. Dramatisches Gedicht in 3 Abtheilungen Son abende mnit neuer Auestattung. Zum 50, Male⸗ einer Idee des Bisville von Held und West. Musik Zeller. In Scene gesetzt von Julius Fritzsche. Dirigent: Hr. Kapellmeister Wolfheim

Sonntag: Der Vogelhändler. 8 9 Operette in 3 Akten Verlobt: Frl. Martha Leweck mit Hrn. Ober⸗

von Walther. Musik von R. Dellinger.

Residenz-Theater. Direktion: Sigmund Lauten⸗

Großes historisches ö“ 1e 3 Buim 8* Male: B5 In Scene Tonpinel. Lustspiel in 3 Akten von Al. Bisson. b : Ein S :

Arfang Regie: Sigmund Lauterburg. Vorher: Ohne Liebe. Geboren; Ein Sohn: Hrn. Rechtzanwalt Dr. Dialogisirte Novelle in 1 Akt von Marie von Ebner⸗

Sonntag und folg. Tage: Dieselbe Vorstellung.

Sonnabend: Zum

21. Male: Gavant, Minard & Co.

in 3 Akten von Edmond Gondinet.

Die Odaliske.

Schwank in 1 Akt von O. Elsner. Anfang 7 ½ Uhr. Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

Sonnabend: Zum

4 Akten von Eduard Jacobson und Leopold Elv. Couplets von Jacobson und Gustav Görß. Im 4. Akt: Der unselige Parodistische Einlage. Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

Alte Jakobstraße 30.

Sonnabend: Benefiz für Hrn. Reinhold Wellhof.

1“ vef Le eagh⸗ - g4 Paar Vanbe⸗ Berlin

; 3 x osse mit Gesang in een und einem Vorspie : Victoria-Theater. Sonnabend: Zum 132. Male: von Carl Görlitz. Anfang 7 ½ Uhr.

Der Millionen⸗

Bristol. Ein neuer Komet wurde zuerst von Hrn. Den-

ning in Bristol gemeldet. Dieser hatte ihn am 30. März, Abends 9 Uhr, in der Andromeda entdeckt: ein helles, rundes, nebliges Objekt, das aber bald eine starke Bewegung nach Süden zeigte. Die Rich⸗ tung seiner Bewegung geht nach der Sonne, sodaß der Komet in einigen Wochen in den Sonnenstrahlen verborgen sein wird. Der Komet ist bereits am 29. März von Professor Bernard auf der Lick⸗ sternwarte entdeckt worden, und neuere Beobachtungen in Deutschland zeigen, daß er täglich über einen Grad nach Süden wandert. Am 31. März hat Borrelly in Marseille einen neuen kleinen Pla⸗ neten entdeckt: er steht im Sternbilde der Jungfrau.

*

(F) Christiania. In der vergangenen Woche wurden sowohl in den Hospitälern wie in der Stadt zahlreiche Erkrankungs⸗ fälle beobachtet, die fast keinen Zweifel daran mehr übrig lassen, daß die Influenza wieder zum Ausbruch gekommen ist. 1“

Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.

Münster, 10. April. (W. T. B.) Anläßlich der Feier des fünfzigjährigen Militärdienst⸗Jubi⸗ läums des Generals der Kavallerie, General⸗ Adjutanten Seiner Majestät des Kaisers und Königs und kommandirenden Generals des VII. Armee⸗Corps von Albedyll brachten die vereinigten Musikkapellen der Garnison demselben von 10 Uhr bis gegen Mittag Morgenmusik dar. Kurz nach 1 Uhr begann eine glänzende Auffahrt der Gratulanten. Sämmtliche Offiziere der Garnison, die von auswärts eingetroffenen Generale und Commandeure des Armee⸗Corps, sowie die Mehrzahl der Stabs⸗Offiziere brachten ihre Glückwünsche dar.

Wien, 10. April. (W. T. B.) Das „Neue Wiener Tageblatt“ meldet: Die Regierung halte in Betreff der Feier des 1. Mai an den vorjährigen Beschlüssen des Ministerraths fest; sie habe die Vorstände der unter Staatsbetrieb stehenden Bahnen beauftragt, am 1. Mai unter keinen Umständen freizugeben, und ebenso die Landescentral⸗ stellen angewiesen, bei allen großen industriellen Etablissements dem entsprechend dahin zu wirken.

London, 10. April. (W. T. B.) Das „Reuter'sche

Bureau“ meldet aus Kalkutta von heute: Nach einer Depesche aus Silchar (südwestlich Manipur) ist ein Bote mit einem Schreiben des Rajah an den Vize⸗König deaselbst eingetroffen, in welchem mitgetheilt wird, daß der Thronfolger des Rajah, welcher die Niedermetzelung der gefangenen Engländer veranlaßt hatte, hingerichtet worden sei, und in welchem der Rajah seinem Friedenswunsche Ausdruck giebt. Bern, 10. April. (W. T. B.) Die Bundesver⸗ sammlung hat den Zolltarif, welcher den künftigen Handelsvertrags⸗Unterhandlungen zur Grundlage dienen soll, durchberathen und angenommen.

Belgrad, 10. April. (W. T. B.) Die Konversion der serbischen Staatsschuld wird die Skupschtina erst in der nächsten Session beschäftigen.

Sansibar, 9. April. Major von Wissmann hat heute in Bagamoyo die Geschäfte an den Gouverneur Freiherrn von Soden übergeben.

1 3 1 b .“ (Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten

Beilage.)

Römischer Hof. Sonnabend, Abends 8 Uhr:

Des Teufels G Krania, Anstalt für volksthümliche Naturkunde Am Landes⸗Ausstellungs⸗Park (Lehrter Bahnhof). Theater. Geöffnet von 12—11 Uhr. Täglich Vorstellung im ce lch Theater. Näheres die Anschlag⸗

zettel.

Familien⸗Nachrichten.

Steuer⸗Controleur und Prem.⸗Lieut. d. L. Emil Schmachthahn (Legnitten bei Ludwigsort —Oscha W.⸗Pr.). Frl. Theodora von Bethmann⸗Holl⸗ nes fiaht Hrn. Second⸗Lieut. Kurt von Kessel Berlin

Sello (Berlin). Hrn. Korvetten⸗Kapitän von Eickstedt (Berlin). Hrn. Friedrich von Massow (Groß⸗Möllen). Eine Tochter: Hrn. Kammerherrn von Hessenthal (Berlin) Hrn. Diakonus Zeller (Stolberg, Harz).

Gestorben: Hr. Postdirektor u. Prem.⸗Lt. a. D. Carl Louis Rudolf Pagels (Berlin). Hr. Königl. Steuer⸗Einnehmer Friedrich Wilhelm von Born⸗ staedt (Trebbin). Hr. Konsistorial⸗Rath Ernst Lembser (Breslau). Hr. Justiz⸗Rath Babel (Neisse). Baronesse Maria von Koppy (Oberecke). Hr. Kataster⸗Controleur Colmar von Fahren⸗ theil und Gruppenberg (Neisse). Hr. Rent⸗ meister a. D. Emil Boenisch (Breslau). Hrn. Eisenbahn⸗Bau⸗ und Betriebs⸗Inspektor Urban Tochter Margot (Hirschberg i. Schl.) Hr. Oberst 8 8 becnz EFsseh 8 Verw. Frau Ritter⸗

utsbesitzer Pauline von Carnap, geb. (Ober⸗Wiesenthal) I

Schwank Deutsch von

Gesangsposse in Musik Anfang 7 ½ Uhr.

Redacteur: Dr. H. Klee, Direktor.

Verlag der Expedition (Schol)).

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗ Anstalt, Berlin 8W., Wilhelmstraße Nr. Ino⸗.

Concert-Haus.

Concert⸗Anzeigen.

Sonnabend: Concert. Letzter Beethoven⸗Abend.

3 Sieben Beilagen Karl Meyder⸗ (einschließlich Börsen⸗Beilage)

8

zum Deutschen Rei

No 85.

Beilage

8

8⸗Anzeiger und Königlich Preußischen S nats⸗Anzeiger.

Berlin, Freitag, den 10. April

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1891.

Am Bundesrathstische der Staatssekretär Dr. von Boetticher und der Staats⸗Minister Freiherr von Berlepsch. Die zweite Berathung der Gewerbeordnungs⸗ Novelle (Arbeiterschutzgesetz) wird fortgesetzt. §. 125 setzt für den Kontraktbruch fest, daß der

Arbeitgeber als Entschädigung für den Tag des Vertrags⸗

bruchs und jeden folgenden Tag der vertragsmäßigen oder gesetz⸗ lichen Arbeitszeit, höchstens aber für eine Woche, den Betrag des ortsüblichen Tagelohns fordern kann.

1 1s f Diese Forde⸗ rung soll an den Nachweis eines Schadens nicht gebunden

sein. Durch ihre Geltenomachung wird der Anspruch auf Er⸗

füllung des Vertrags und auf weiteren Schadenersatz aus⸗ geschlossen. Dasselbe Recht soll den Gesellen oder Gehülfen gegen den Arbeitgeber bei unrechtmäßiger Entlassung zustehen. Die Verleitung zum rechtswidrigen Verlassen der Arbeit macht den neuen Arbeitgeber dem früheren gegenüber für den ent⸗ standenen Schaden als Selbstschuldner mitverhaftet. (Die

Regierungsvorlage hatte statt dessen eine Buße im Betrage des ortsüblichen Tagelohnes bis zu sechs Wochen vorge⸗ schlagen.)

Abg. Singer: Dies sei einer der Paragraphen, der die winzigen, aber im Verhältniß zu dem Bestehenden immerhin vorhandenen Ver⸗ s

besserungen der Regierungsvorlage für die arbeitende Bevölkerung

illusorisch mache, indem die Arbeiter außerhalb des Rahmens der allgemeinen Rechtsverhältnisse gestellt würden. Das habe von vorn⸗ herein in der Absicht der Mehrheit dieses Hauses gelegen. Habe doch der Abg. Dr Hartmann in der ersten Lesung gefagt, daß die Bestimmungen über den Kontraktbruch und gegen die Auswüchse des Koalitionsrechtes mit den Bestimmungen über den Arbeiterschutz Hand in Hand gehen müßten. Die Arbeiter sollten also noch mehr unter die Botmäßigkeit der Unternehmer gebracht werden. Gewiß hätten die verbündeten Regierungen die beste Absicht gehabt, durch diese Vorlage die Lebené⸗ und Arbeitsbedingungen der Arbeiter zu verbessern; er glaube nicht, daß die verbündeten Regierungen dem einseitigen Klasseninteresse der Unternehmer dienen wollten; thatsächlich verde aber durch eine Bestimmung, wie die vorliegende, die soziale Uebermacht des Unternehmerthums noch mehr gefördert als bisher. Die Regierung habe ursprünglich dem Arbreiter, welcher vertragswidrig die Arbeit verlasse, eine Buße auferlegen wollen, welche den Unter⸗ nehmer schadlos balten sollte für die Schäden, die ihm etwa aus der vertragswidrigen Arbeitseinstellüusg erwüchsen. Die Kommission habe orinzipiell hieran nichts geändert. Man habe nur wahrscheinlich aus Wahlrücksichten eine Abschwächung vorgenommen, indem man an die Stelle der „Buße“ die „Entschädigung habe treten lassen. Das sei aber nur ein Spiel mit Worten. Die Entschädigung, um ie es sich hier bandele, habe privatrechtlich eine ganz andere Be⸗ deutung als die Entschädigungspflicht der übrigen Klassen der Be⸗ völkerung. Während man unter der Herrschaft des Sorialistengesetzes ie Maßregeln gegen die Arbeiterklassen auf das Gebiet des Polizei⸗ echts verlegt habe, versuche man mit dieser Bestimmung jene Maßregeln auf das Civilrecht zu übertragen. Der preußisch Handels⸗Minister habe die Berechtigung der Regierungsvorla

nachzuweisen versucht durch eine Statistik über die Arbeits⸗ einstellungen. Er (Redner) habe keinen Grund, die Richtigkeit der ahlen irgendwie zu bezweifeln, aber sie bewiesen nichts für ie Behauptung, daß es nothwendig sei, das Koalitionsrecht gesetzlich einzuschränken. Man müßte doch zunächst erfahren, welche Gruünde zu den Arbeitseinstellungen geführt hätten und ob die Ar⸗ beiter überhaupt eine Schuld treffe. So könne sehr wohl die Unter⸗ lassung hygienischer Maßregeln, namentlich beim 28 den Aus⸗ bruch von Strikes mit veranlaßt haben. Jedenfalls habe die Regierung aus jenen Zahlen ni d

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icht den Schluß ziehen können, daß die Arbeiter⸗ evölkerung die Heiligkeit des Wortes, die Nothwendigkeit, einen Vertrag zu balten, so außer Augen lasse gegenüber den anderen Bevölkerungstlassen, daß sie zu Staatsbürgern zweiter Klasse degradirt werden müßten. Er folge hier einer ebenso verdienst⸗ vollen, wie durch hohes Gerechtigkeitsgefühl ausgezeichneten Arbeit des Privatdozenten Dr. Löwenfeld on der Münchener Universität, abgedruckt im Archiv der Sozialstatistik. Seine statistischen Auf⸗ nahmen bewiesen, daß die Vertragstreue der arbeitenden Be⸗ völkerung der der übrigen Bevölkerungsklassen bedeutend voraus sei. Während die Betheiligung der Arbeiter an den vertragsrechtlichen Streitigkeiten ungefähr 21 % im Verhältniß betragen müßte, betrage sie auf Grund der Zahlen, die der Staats⸗Minister Freiher von Berlepsch hier angeführt habe, nur 7 ¾ %. Noch deutlicher als es hier geschehe, könne die Behauptung des Staats⸗Ministers, daß die Heiligkeit des gegebenen Worts in Arbeiterkreisen aufs Aeußerste geschädigt sei, nicht widerlegt werden. Beständen aber wirklich solche Mißstände, so sollte man statt solcher mechanischen Maßregeln die Lage der Arbeiter verbessern, indem man Zustände schaffe, bei denen die Freude an der Arbeit in gleichem Verhältaiß stehe zum Ertrag der Arbeit. Davon sei aber in diesem Gesetz keine Rede. Das wenige Gute werde durch andere Bestimmungen wieder durchlöchert und beseitigt. Das müsse ein Gefühl der Erbitterung und Empörung in den Arbeitern hervorrufen Die Mehrheit des Hauses habe der Verewigung des Sozialistengesetzes nicht zugestimmt, man habe die Rückkehr zum gemeinen Recht gewollt. In demselben Augenblick aber, wo von Seiten der verbündeten Regierungen der sogenannte neue Kurs eingeschlagen werde, in demselben Augenblick,

wo die Kaiserlichen Erlasse in die Welt gegangen seien, machten die⸗ selben verbündeten Regierungen eine Vorlage, durch welche die Ar⸗ beiterbevölkerung wieder unter ein Ausnahmegesetz gestellt werde dadurch, daß man die gerichtliche Entscheidung ausschließe und die Entschä⸗ digung nicht an den Nachweis des erfolgten Schadens binde. Mit der Annahme dieses Paragraphen verewige man die Ausnahmestellung, welche man der arbeitenden Bevölkerung zuweisen wolle Man be⸗⸗ gebe sich damit ein für alle Mal des Rechts, sagen zu können, daß man keine einseitigen Klasseninteressen vertrete. Man habe den Sozialdemokraten letzthin vorgeworfen, daß sie die Vertreter einer Klasse seien und also kein Recht hätten, den übrigen Parteien einen Vorwurf zu machen. Allerdings seien sie stolz darauf, als die Ver⸗ treter der Arbeiterklasse hier auftreten zu können. Sie fürchteten auch den Einwand nicht, daß nicht alle Arbeiter Sozialdemokraten seien. Die Arbeiterklasse als solche sei politisch organisirt in der Sozialdemokratie, und somit sei die Sozialdemokratie vollkommen berechtigt, sich als Vertreterin der Arbeiterklasse zu bezeichnen. Alle schönen Worte würden nichts an der Thatsache ändern, daß hier die Arbeiter unter einen Ausnahmezustand ge⸗ stellt würden. Bei allen anderen Bevölkerungsklassen müsse gerichtlich nachgewiesen werden, daß wireklich ein Schaden vorliege, für die Ar⸗ beiter solle diese Bedingung wegfallen. Ein Bauunternehmer, der die Arbeit nicht zur ausbedungenen Zeit fertigstelle, könne der öffent⸗ I'hen Wohlfahrt viel mehr Verlegenheit bereiten als ein Arbeiter, wenn er die Arbeit einstelle, und doch könne er verlangen, daß ihm der Schaden, den er zufüge, nachgewtesen werde, der Arbeiter habe dies Recht nicht. Ein Arbeiterschutz, welcher solche Bestitmmungen ent⸗

halte, könne unmöglich von den Sozialdemokraten angenommen werden. Man vermahre sich immer mit großer sittlicher Entrüstung dagegen, daß die Sozialdemokraten allein die wirklichen Interessen der Arbeiter auf diesem Gehiet verträten. Durch diese Bestimmung müsse in der arbeitenden Bevölkerung die Ueberzeugung wachgerufen werden, daß die Interessen der Arbeiter einzig und allein in den Händen der Sozialdemokratie gewahrt seien. Der Vorwurf, der sich gerade an die Einführung dieser Bußbestimmung knüpfen werde, werde als ein unauslöschliches Brandmal dem Liberalismus für alle Zeiten aufgeheftet sein. Der Initiative eines freisinnigen Abgeordneten sei einzig und allein das Zustandekommen dieses Paragraphen in der Kommission zu verdanken. Hätten die Herren in der Kommission den Standpunkt, den sie im Hause wie in Ver⸗ sammlungen immer verträten, energisch gewahrt, so würden die Entschädigungen nicht in der Vorlage figuriren. Der Abg. Dr Gut⸗ fleisch, der mit großem Nachdruck die „Buße“ bekampft, habe selbst den verbündeten Regierungen und den übrigen Parteien eine goldene Brücke gebaut, indem er den Antrag auf „Entschödigung“ eingebracht habe. Das Centrum habe diesen Antrag natürlich als willkommene Deckung gegenüber den Wählern gern acceptirt. Auf feden Fall hätten die Arbeiter Klarheit über die wahren Tendenzen der freisinnigen und anderen Parteien. Der verstorbene Lasker, ein den national⸗ liberalen Reiben immer mit besonderer Vereh aenannt werde, habe schon 1867 ausgeführt, daß es 1 und Beleidigung der Arbeiter sei, wenn aus ihren Personen der Grund entnommen werde, as, was allen anderen Pe sonen gegenüber civilrechtlich verfolgt werde, gegen sie mit öffentlicher Strafe zu verfolgen. Die liberalen Parteien stellten ihre ganzen Programme auf den Kopf, wenn sie a die Stelle der Gleichheit aller Bürger vor dem Recht ein günstige Recht für die Unternehmer, ein ungünstiges für die Arbeiter setzten. Seine (des Redners) Partei werde für alle die Kommissionsfassung abschwächenden Anträge stimmen, aber selbstverständlich schließlich gegen den ganzen Parsgraphen. Sie könne nicht Bestimmungen annehmen, welche die Arbeiter überzeugen müßten, daß sie rechtlos und die Parias der heutigen Gesellschaft seien.

Abg. von Puttkamer: Diese Ausführungen bewiesen, da §. 125 nicht nur der umstrittenste, sondern auch der politisch ber samste der ganzen Vorlage sei. Der Abg. Singer meine, daß vielleicht die Legitimation seiner Partei zur Bekämpfung des § damit bestreiten würde, daß die Sozialdemokraten als einseitige 2 treter von Parteiinteressen diese Vorschriften nicht objektiv unbefangen würdigen könnten Ader durch ihr gestrig §. 122 hätten sie sich nicht als Vertreter der Arbeiterinteresse sondern als deren entschtedenste Feinde dokumentirt. Die Sozi demokraten schienen ihm unter dem Eindruck zu steben, daß, nac gesteen das Vorpostengefecht bei §. 122 zu ihren Ungunsten laufen sei, die heutige Hauptschlacht auch nicht zu ihrem Vorthei ausfallen werde. Einen wunderbaren Eindruck habe die gestrige 2 hauptung der Sozialdemokraten gemacht, daß die Arbeiter Kündigungsfrist sich ebenso gut stehen würden wie die Arbeitgebher, und noch frappanter sei es gewesen, daß man dem gegenseitigen Zu⸗ sammenleben zwischen Arbheiter und 1 sittliche Moment abgesprochen, Alles für eine Machtfrage erklärt und alle Wohlfahrtseinrichtungen als Trug und Schwindel hingestellt habe. Die gestrige Einstimmigkeit des Hauses gegenüber den Sezial demokraten sollte sie belehren, daß sie einen ungeheuren taktischen Fehler begangen hätten. Auch bei ihrem Antrage auf Einführung eines achtstündigen Normalarbeitstages würden sie die reaktionäre Masse, wie sie die anderen Parteien nennten, einstimmig gegen sich haben. Es sei frappant und erfreulich gewesen, daß gestern der Abg. Dr. Hirsch, der auf Sympathieen von konservativer Seite sicherlich verzichten werde, bei seinen von sittlichem Ernste getragenen Aus⸗ führungen gegen die Sozialdemokraten ein herzliches und aufrichtiges

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konserrativer Seite gefunde habe. Das sei ein Beispiel, daß es in der That Dinge gebe, wo die Sozial⸗ demokraten mit dem Empfinden und Denken der ganzen Nation in unlösbarem Widerspruch seien. as sei das hocherfreuliche Resultat der gestrigen Berathung. Diese Vorschriften gegen den Kontrakt⸗ bruch richteten sich zwar keineswegs gegen die Verfügungsfreiheit der Arbeiter über sich und ihre Arbeitskraft, aber sie sollten doch dazu dienen, gewisse Auswüchse in erträglichen Schranken zu halten. Es müßten für die verbündeten Regierungen sehr ernste Gründe vor⸗ gelegen haben, die Mitwirkung des Reichstages dafür in Auspruch zu nehmen, daß hier Wandel geschaffen werde Seine Partei sei entschlossen, die Regierung in ihrer prinzi Stellung zum Kontraktbruch, welche durch die Kommissionsbeschlüsse prinzipiell nicht geändert sei, nicht im Stiche zu lassen. Dem Unfug mit dem Kontrakthruch müsse einigermaßen entgegengetreten werden. Ein gewisses Ausnahmegesetz zu Ungunsten der Arbeiter sel das allerdings, aber eine Analogie mit dem Sozialistengesetz liege nicht vor. Er widerstehe der Versuchung, auf diesen Punkt einzugehen, aber er gehöre nicht zu Denen, welche das Scheitern einer Verständigung über die Verlängerung des Sozialistengesetzes als ein Glück betrachteten. Er bedauere es vielmehr, und wisse sich darin in Uebereinstimmung mit einer großen Anzahl sehr guter Staatsbürger und aufrichtiger Patrioten. Es handele sich bei dem §. 125 um ganz außer⸗ gewöhnliche Verhältnisse, welche man bessern müsse. Der Kontrakt⸗ bruch der Arbeiter, wie er sich in öffentlichen Vorgängen darstelle, unterscheide sich sowohl in seiner rechtlichen Charakterisirung, als in seiner Bedeutung für das öffentliche Leben himmelweit von dem sog. naiven Unrecht, welches in der Nichtachtung eines gewöhnlichen privatrechtlichen Vertrages bestehe. Wenn er im gewöhnlichen Leben einen Vertrag nicht halte, gebe der ordentliche Richter dem Geschädigten einen Ersatzanspruch. Die kontraktwidrige Niederlegung der Arbeit durch eine Koalition von Arbeitern sei aber nicht eine bloße Verlegenheit für die Unter⸗ nehmer, sondern ein rechtswidriger Zwang, durch welchen die koalirten Arbeiter einen ebenso rechtswidrigen Einfluß auf die Hand⸗ lungen und den Willen des andern Theils ausüben wollten. Der Wille, welcher auf die Erzwingung z. B. von Lohnerhöhungen gerichtet sei, sei von vornherein ein rechtswidriger, und deshalb hafte ihm ein sittlicher Makel an. Und dann die Folgen für das öffentliche Wohl. Die großartige Arbeitseinstellung im Baugewerbe in Berlin 1886, die durch das kräftige Dazwischentreten der Be⸗ hörden allerdings im Keime erstickt worden sei, habe sich mit den Folgen, die sie hätte haben können, von den Wirkungen eines bloßen Kontraktbruches im gewöhnlichen Privatverkehr himmelweit unter⸗ schieden. Nicht nur große Bauunternehmungen seien in Frage ge⸗ stellt, sondern eine große Anzahl anderer Arbeitergruppen in Mit⸗ leidenschaft gezogen, die gar nichts vom Strike hätten wissen wollen. Die Behauptung, daß hier mit ungleichem Maße gemessen werde und die Vorlage sich nur gegen die Arbeiter richte, begreife er nicht. Denn der Arbeitgeber, welcher vor rechtmäßiger Beendigung des Kon⸗ traktes den Arbeiter entlasse, zaͤhle ebenso gut Entschädigung wie der Kontraktbrüchige, und diese Bestimmung sei durchaus nicht dekorativ. Es seien sogar die Arbeiter dabei noch besser gestellt, als die Arbeitgeber. Bei den jetzigen Zuständen hafte der Arbeitgeber dem Arbeiter allerdings für den ihm an Arbeitsverdienst entstandenen Schaden; aber dieser sei nicht leicht nachzuweisen, denn es müsse nachgewiesen werden, daß der Arbeiter keine andere Arbeit habe finden können. Sodann sei das Verfahren mit allen prozessualischen Querelen ausgestattet gewesen. Nach §. 125 habe der Arbeiter nur dem Gewerberichter seine rechtswidrige Entlassung nachzuweisen. Unter Umständen habe

er, wenn er gleich wieder Arbeit finde, den doppelten Vortheil des neuen Verdienstes und der Entschädigung für die Entlassung. Die Ausnahmenatur der Bestimmung trete allerdings in der Klausel hervor: „Die Forderung ist an den Nachweis eines Schadens nicht gebunden.“ Aber es handele sich hier um ein gemeinschädliches Uebel, denn wenn der Arbeiter ohne Nachweis eines Schadens einen vorher fixirten Betrag fordern könne, so sei damit gleichzeitig eine praesumtio juris et de jure dahin ausgesprochen, daß der Gegen⸗ beweis unzuläfsig sei. Daher trage diese Bestimmung allerdings einen Ausnahmecharakter, ja sogar einen Pönalcharaktee an sich. Aber sie sei motivirt durch die geschilderte Sachlage. Auch die Bestimmung, daß ein drestter Arbeitgeber, welcher einen Arbeiter zum rechtswidrigen Verlassen der Arbeit veranlasse, selbst haftbar gemacht werde, treffe das Richtige. Allerdings richte sich bier noch mehr die Spitze gegen den Arbeiter selbst, denn den kontraktbrüchigen Arbeiter sollten die Nachtheile, welche er durch sein rechtswidriges Handeln heraufbeschworen habe, in sein neues Arbeitsverhältniß hinein verfolgen. Das könne unter Umständern

sehr große Härten herbeiführen und dieser Vorschlag werd 8 die sicherste Hanphabe gegen den Kontraktbruch bieten, denn der wenn er in seinem neuen Arbeitsverhältniß durch die Forderung

seines ersten Arbeitgebers gestört werde. Hier müsse allerdings ein

Abschwächung eintreten, damit nicht der kontraktbrüchige Arbeiter irn

dem neuen Arbeitsverhältniß gleich ein ganzes Jahr unter den

Damoklesschwert stebe, daß der neue Arbeitgeber einen Regreßanspruch an ihn habe. Deshalb dürfe die Frist, bis zu welcher ein solcher Regreßanspruch zulässig sei, nicht über die vterzehntägige Kündigungs⸗ frist hinausgehen. Die Regierung habe nur ihre Pflicht erfüllt, in⸗ dem sie ihre früheren resultatlos aufgewendeten Bemühungen, dem von Jahr zu Jahr zunehmenden Unfug des Kontraktbruches gegenzutreten, wieder aufgenommen habe. Das sei die Grenzlinie

die bei allem Wohlwollen für die Interessen der Arbeiter und

großen Förderung t

Arbeiter werde sich immer sagen, daß er die Nachtheile nicht aushalte

derselben durch diese Vorlage im Interes einer geregelten Produktion und geordneter sozialer und wirthschaft⸗ licher Zustände, auf denen die Wohlfahrt und das Gedeihen des Ganzen heruhe, gezogen werden müsse. Allzuviel werde allerdings noch nicht erreicht; dieses Heilmittel stehe noch nicht im richtigen Verhältniß zu dem zu bekämpfenden Uebel, denn die Strikes würden bei ihrem Umfang und ihrer elemen⸗ taren Gewalt dadurch in Zukunft noch nicht verhindert oder gebrochen werden. Man müsse sich aber begnügen, gesetzlich den rechtswidrigen Kontraktbruch mit einem sittlichen Makel zu behaften, indem man einen kleinen vermögensrechtlichen Nachtheil daran kaüpfe. ee gewohnheitsmäßigen Drobungen der Sozialdemokraten mit wachsenden Erbitterung der Arbeiterbevölkerung sei man auf dieser Seite gänzlich abgestumpft, und auch die Mehrheit des Reichstages werde sich nicht in dem irre machen lassen, was sie für recht und geboten halte. Er schlage daher vor, die Kommissionsfassung an⸗ zunehmen und alle Amendements abzulehnen, denn wenn dem ent⸗ schädigungspflichtigen Arbeiter der Nachweis des nicht entstandenen Schadens gestattet sein solle, könne man es einfach bei dem be⸗ stehenden Recht lassen. Staats⸗Minister Freiherr von Berlepsch: 1 at bemerkt, daß die verbündeten Regierungen schwerwiegende hätten haben müssen 8 ;, 23 2 g. ; e 92 um die Bestimmung des §. 125 in aufzunehmen. Er hat mit dieser Bemerkung vollständig recht. Es sind in der That schwerwiegende Gründe, die die verbündeten Regierungen zu diesem Schritt geführt haben, Gründe, die mindestens ebenso schwerwiegend sind wie die, die sie dazu geführt haben, die Be⸗ stimmungen, die die Vertragsfreiheit der Arbeitgeber in einer Weise einschränken, wie sie bisher unsere Gesetzgebung nicht kannte, in die Vorlage aufzunehmen.

Pazue „rro Do Horxrr err Meine Herren! Der Herr Vorrek

Diese Gründe liegen in der offenkundigen Thatsache, daß die Neigung zum Kontraktbruch in unserer Arbeiterwelt derart überhand genommen hat, daß das öffentliche Wohl auf das Ernsteste gefährdet wird. Der Hr. Abg. Si hat bemerkt, daß ich zur Be⸗ gründung dieser Thatsache mich auf eine Stalistik berufen habe, die aufgenommen sei für die Zeit vom 1. Januar bis zum Herbst 1889; sie ist inzwischen erneuert worden bis zum April v. J. Er hat zwar die Zuverlässigkeit dieser Statistik angezweifelt, aber do gemeint, selbst wenn die darin angegebenen Zahlen richtig wären, so tauge doch diese Statistik deshalb nichts, weil man sich nicht die Mühe gegeben habe, nach den Gründen zu forschen, aus denen die Arbeiter in den Ausstand eingetreten wären.

Meines Erachtens hätte das gar keinen Zweck für die vorliegende Frage. Aus welchen Gründen die Arbeiter gestrikt haben, ist hier ganz gleichgültig. Wichtig ist nur, ob sie einen Grund zum Kontrakt⸗ bruch gehabt haben; denn darum allein handelt es sich. Der Nachweis, daß im vergangenen Jahre aus zwingenden Gründen die Arbeiter in den Strike mit Kontraktbruch eintreten mußten, kann nicht geführt werden. Meines Erachtens liegt das bei keinem dieser Strikes vor, wenn ich auch durchaus nicht bestreiten will, daß für den Ausstand selbst hier und da ausreichende und zu rechtfertigende Gründe vorge⸗ legen haben. Der ganze große Strike der Bergarbeiter im vorigen Jahre ist zweifellos ein solcher, der in keiner Weise zum Kontraktbruch nöthigte. Es handelte sich wesentlich das steht jetzt für mich außer jedem Zweifel bei diesem Strike um einen, der um Lohnfragen unternommen wurde; und das ist nicht ein solcher, bei dem der Kontraktbruch gerechtfertigt ist. (Sehr richtig!) Die Kündigungsfrist kann unter allen Umständen eingehalten werden. Ein Lohn, der Wochen und Monate lang bezahlt wurde und von den Arbeitern angenommen worden ist, kann nicht ein solcher sein, daß er nicht noch in der Frist von 14 Tagen ertragen werden könnte, daß der Arbeiter in den Ausstand mit Kontraktbruch eintreten müßte. (Lebhafter Bei⸗ fall. Zuruf bei den Sozialdemokraten.) Ich möchte mir hier gleich die kurze Bemerkung gestatten, daß ich nicht gesonnen bin, auf irgendwelche Zwischenrufe, die mir in meine Rede gemacht werden, zu antworten. (Sehr gut!)

Wenn nun die Thatsache vorliegt, daß der Kontraktbruch ein so häufiger ist, wie wir annehmen müssen nach unseren Nachrichten sind von etwa 130 000 Arbeitern über 50 %, bis zu 60 %, im Laufe des Jahres 1889 bis etwa April 1890 in den Ausstand mit Kontraktbruch eingetreten —, wenn das so ist, so ist es für mich außer allem Zweifel, daß das Gemeinwohl in einem Maße angegriffen und gefährdet ist, daß die Gesetzgebung ernstlich auf Mittel sinnen muß, um diesen Zuständen entgegenzutreten. Wenn der Ausstand