— In der heutigen (68.) Sitzung des Hauses der Ab⸗
eordneten, welcher der Vize⸗Präsident
inisteriums, Staats⸗Minister Dr. von Boetticher, und der Minister des Innern Herrfurth beiwohnten, wurde die
zweite Berathung des n. E“ ei §. 59, 2
ordnung fortgesetzt, und zwar
d dem Wahlvorstande mündlich zu Jeder Wähler muß dem Pre 2.
erklären, wem er seine Stimme geben will. sonen zu bezeichnen, als zu wählen sind.
Bezüglich der Stellvertretung bei der Wahl kommen die Be⸗
stimmungen im §. 47 zur Anwendung.
Die Abgg. Eberty und Rickert beantragten, statt §. 59
zu setzen:
bezeichnen, als zu wählen sind.
Die während des Wablakts erscheinenden Wähler können an
der noch nicht geschlossenen Wahl theilnehmen. §. 59 a
geben ist, die Wahl für geschlossen und stellt das Resultat der
Wahl fest. Ungültig sind Stimmzettel,
1) welche keinen oder keinen lesbaren Namen enthalten, b 2) auf welchen die Person des Gewählten nicht unzweifelhaft
u erkennen ist,
3) welche einen Protest oder Vorbehalt enthalten. 4) auf welchen mehr Namen als zu wählende Personen ver zeichnet sind oder der Name einer nicht wählbaren Person ent⸗
halten ist.“
Die Abgg. von Meyer (Arnswalde), Dr. von Heyde⸗ brand und der Lasa und Dr. Friedberg traten für die Aufrechterhaltung des Kommissionsbeschlusses ein.
Der Minister des Innern Herrfurth vertheidigte den⸗ selben gleichfalls. Die geheime Wahl biete, wie die Reichs⸗ tagswahlen lehrten, keinen Schutz gegen Wahlbeeinflussungen. Die öffentliche Wahl sei aber bereits geltendes Recht. ümmer iahn Märt ue Ie gestellten Ermittelungen sind von der ebengenannten Summe noch
Freiherr von
Die Abgg. Rickert,
geheim zu den Vertretungen gewählt würde.
In namentlicher Abstimmung wurde der Antrag Rickert mit 182 gegen 91 Stimmen verworfen und die Vorlage un⸗ verändert angenommen; ebenso die §§. 60 und 61.
In §. 62 wurden die Worte „mit dem Beg nach folgenden Jahres“ ersetzt durch die Worte „an dem auf die Die §§. 63—65 wurden unver⸗ andert angenommen, ebenso der 5. Abschnitt „Gemeindever⸗
Wahl folgenden 1. April“. mögen“ (§§. 66— 71). (Schluß des Blattes.)
— Die XI. Kommission des Reichstages zur Berathung der Gebrauchsmuster⸗Novelle bhielt gestern Abend ihre. Schluß⸗ Eine eingehende Debatte wurde über die Petition der en. Der Kom⸗
sitzung.
Handelskammer zu Offenbach a. M. u s. w. gepflog 8 missionsbericht wurde einstimmig genehmigt und der Abg. Sam⸗
hammer zum Berichterstatter bestellt.
Huene, von Jazdzewski und Eberty sprachen für den Antrag Rickert, indem sie ausführten, daß bei der geheimen Wahl die wahre Meinung der Wähler eher zum Ausdruck komme, un Beispiel anderer Länder hinwiesen, wo in den Landgemeinden
„ und auf das
inne des nach⸗
— Der dem Hause der
des Staats⸗
Staatsmitteln zur Beseitigung der
rotokoll
die Hochwasser im Sommer und geführt worden sind. Dem Antrage ist folgende
Gebiete bedrohen. Anzahl
und Wittenberg schwer
und zahlreiche Wohnhäuser,
Verstärkung der Dämme sowie 3 000 000 ℳ aufzubringen.
angerichtet
gesammt 1 200 000 ℳ
einige Millionen Mark disponibel.
die Hochwasser im Sommer und heerungen.
Antrag der Abgg. Walther und Genossen lautet:
Einziger Paragraph. 1 88 Das Gesetz vom 13. Mai 1888, betreffend die Bewilligung von
1888 herbeigeführten Verheerungen (Gesetz⸗Samml. S. 103) wird, unbeschadet des Gesetzes vom 8. Mai 1889 (Gesetz⸗Samml. S. 102), auf die Beseitigung derjenigen Verheerungen ausgedehnt, welche durch
Dãämme roße Zahl Ortschaften der Kreise Torgau, Liebenwerda, Schweinitz roße gah heimgesucht. Es sind weite Flächen Acker und Wiese für lange Zeit ertragsunfähig gemacht, reiche Ernte⸗ vorräthe weggeschwemmt oder verdorben, viele Viehstücke ertrunken 8 ö 18 Fna ge. 32 ine Sti „be „hau⸗ tbeils stark beschädigt. er Gesammtschaden der Betroffenen be⸗ Der Wahlvorstand erklärt, sobald keine Stimme mehr abzu zisfert sich in 18 ütr Kreisen auf rund 2500 000 ℳ und Feneben sind für die Wiederberstellung und die von der Regierung geforderte
Ganz ähnliche Verheerungen hat im November 1890 die Saale Der Schaden stellt sich in den hier in Betracht kommen⸗ den Kreisen Merseburg, Weißenfels und Naumburg einschließlich der Kosten der Wiederherstellung und Verbesserung der Dämme auf ins⸗
Die vorliegenden Ueberschwemmungsschäden sind so überaus groß, daß sie von den Heimgesuchten allein nicht getragen werden können und daß, da die dankbarst anzuerkennende Liebesthätigkeit Privater selbstverständlich irgendwie durchgreifend nicht hat wirken können, Staatshülfe unumgänglich nothwendig erscheint.
Durch die Gesetze vom 13. Mai 1888 (Gesetz⸗Samml. S. 103) und vom 8. Mai 1889 (Gesetz⸗Samml. S. 102) ist der Staats⸗ regierung zur Beseitigung der durch die Hochwasser im Frühjahr und Sommer des Jahres 1888 herbeigeführten Verheerungen der Betrag
die Verwendung dieser disponiblen Mittel zur Beseitigung der durch
Abgeordneten zugegangene
durch die Hochwasser im Frühjahr
werden der Laschenbolzen. — Beschlag für durchschlagende Thüren. — „Breitfußschiene oder Stahlschiene?“ — Abhängen von Schlußwagen auf englischen Eisenbahnen. — Wirkungen des Baues der Forth⸗ brücke. — Eiserne Vorgartengitter. — Gustar Nrowe †T.
Herbst des Jahres 1890 herbei⸗
Begründung beigefügt: Essen a.
Im Sommer und Herbst des Jahres 1890 sind durch die Hoch⸗ aus circa flutben, insbesondere der Elbe und Saale, Verheerungen herbei⸗ §. 59 geführt worden, ne g nrihfchafti He Ee sea a Je weiter lose
1 ahlen erfolgen durch Stimmzettel, welche durch die in „Am 6. un . eptember 1 der “ gfie in der Wählerliste stehen, aufgerufenen 1 . E Grenze an bis in den Wittenberger Wähler uneröffnet in die Wahlurne gelegt werden. bes h.
Jeder Wähler hat auf dem Stimmzettel so viel Personen zu
hat die
durchbrochen und eine — meinen
solchen zu
für sonstige Anlagen noch rund
im „Figaro“,
vorzulegen.
nahmen zu Nach den an⸗
Der vorliegende Entwurf erstrebt drücken.
Herbst 1890 herbeigeführten Ver⸗
ausschreiben für Gesammtansichten räumen. —
Das Ergänzungsbeft zu dem „Archiv für Post und Tele⸗ graphie“ (Beiheft zum Amtsblatt des Reichs⸗Postamts, heraus⸗ gegeben im Auftrage des Reichs⸗Postamts) vom kärz 1891 bringt eine Uebersicht über die Berathung des Etats der Reichs⸗Post⸗ und Telegraphenverwaltung für das Jahr 1891/92 im Reichstage.
Nr. 15 des „Centralblatts der Bauverwaltung“, herausgegeben im Ministerium der öffentlichen Ar⸗ beiten, hat folgenden Inhalt: von Tucher'scher Brauerei⸗Ausschank in Berlin. — Bestrebungen zur Hebung der Binnenschiffahrt Frank⸗ reichs. — Umbildung und Tragfähigkeit des Planums von Eisenbahn⸗ dämmen. — Elektrische Wasserstandsanzeiger. — Vermischtes: Preis⸗
Preisertheilung, betr. eine neue evangelische Kirche in Gießen. — Eisenbahnfachwissenschaftliche Vorlesungen. — Locker⸗
würden.
zeichnet. von Wohn⸗ und Repräsentations⸗
1500 Mitgliedern bestehende Arbeiter⸗Verein Gebahren der dem Pariser erheben, eine Strike und die
erlassen, des Vertrauens Ausdruck zu geben und alle evangelischen Arbeitervereine “ zu ähnlichen Kundgebungen aufzufordern.
iel, 14.
der Kronprinz von Schweden ist heute früh mit dem Dampfer „Skirner“ hier eingetroffen und hat alsbald die Reise nach dem Süden fortgesetzt.
Paris, 14. April. vollstrecker des Prinzen Jérôme Napoléon erklären daß das Testament des Prinzen seinem Inhalt gemäß vollzogen werden wird. Die Sichtung der Schriftstücke sei unbehindert und im Einvernehmen mit dem Universalerben Prinzen Louis erfolgt, 8 exekutoren überlassen habe, der französischen Regierung den letzten Wunsch des Verstorbenen bezüglich der Beerdigung
Schluß der Redaktion eingegangene
Depeschen. —
Ruhr, 14 April. (W. T. B.) Der hiesig evangelische gegen das vaterlands⸗ Delegirten auf Arbeiter⸗Kongreß Protest zu Erklärung gegen einen allge⸗ Betheiligung an einem dem Gefühle des Dankes und Majestät den Kaiser
beschloß, deutschen für Seine
April. (W. T. B.) Seine Königliche Hoheit
(W. T. B.) Die Testaments⸗
welcher es auch den Testaments⸗
Das „Journal officiel“ theilt mit, daß der Gouverneur Ballay Befehl erhalten habe, die entsprechenden Maß⸗
ergreifen, um die Ermordung der bei
Grandbassam getödteten Franzosen zu rächen und die im oberen Senegalgebiet herrschende Bewegung zu unter⸗
Konstantinopel, 14. April. (W. T. B.) Der „Agence de Constantinople“ zufolge wurde der österreichisch⸗unga⸗ rischen Botschaft vorgestern von der Pforte eine Note überreicht, in welcher die von österreichischer Seite Betreffs des Vorgangs in Uesküb erhobenen Beschwerden zuge⸗ standen werden. kommenden Haltung der österreichischen Botschaft volle An⸗ erkennung gezollt und hinzugefügt, daß die gestellten Forde⸗ rungen Theils schon
Gleichzeitig wird in der Note der entgegen⸗
erfüllt seien, Theils erfüllt werden
Die von auswärtigen Blättern gebrachte Nachricht, daß im Vilajet Angora die Pest und andere Epidemien aus⸗ gebrochen seien, wird von dem Ober⸗Sanitätsrath und den sonstigen zuständigen Behörden als vöͤllig unbegründet be⸗
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in Ersten und Zweiten
Beilage.)
Wetterbericht vom 14. Morgens 8 Uhr.
Bar. auf 0 Gr.
u. d. Meeressp. red. in Millim.
4°R.
Wind.
2 7 72 8α 2 8
Stationen.
Temperatur in ° Celsius
1 halb bed. 1 beiter
1 wolkenlos 3 Regen
4 bedeckt
2 wolkenlos
Mullaghmore 767 Aberdeen .. 766 Christiansund 768. Kopenhagen. 760 Stockholm . 766 Haparanda . 772 St. Petersb. 769 1 wolkenlos Moskau 1765 1 Regen Cork, Queens⸗ V 111 2 0 5 767 2 11I1“ Helder... 762 “ Hamburg .. 759 Swinemünde 759 Neufahrwasser 760. Memel 762
Peris. . . 488 N 112,8 ,9 33Jb Karlsruhe.. 763 Wiesbaden . 762 München .. 762 Chemnitz.. 761 Z bedeckt Verlin. . .. 750 3 bedeckt LqEqq111’ 1 bedeckt Breslau 761 SSW z3bedeckt Ie b' Aix.. 765 3 bedeckt Triest. 2758 ONO Z bbedeckt
Uebersicht der Witterung. Auf dem ganzen Gebiete ist der Luftdruck ziemlich
SO0
rS9 9S8996 9
bdoSGEᷣUo oo0 C. =
9 — 90
2 bedeckt 2 Regen
oo SProchw†PcoocchaIch—rorwre
1
gleichmäßig vertheilt und daher die Luftbewegung allenthalben schwach. Eine flache Depression liegt
über dem nordwestlichen Deutschland und scheint sich
langsam auszufüllen. Das Wetter ist über Central⸗ Europa kalt und trübe, vielfach fällt Regen oder Schnee. Die Temperatur zeigt in Deutschland wenig Aenderung; in West⸗Deutschland liegt sie 2. bis 5 ½ Grad unter dem Durchschnittswerthe, während an der ostpreußischen Küste ein geringer Wärme⸗ überfluß vorhanden ist. Eine Aenderung der Wit⸗ terungsverhältnisse dürfte demnächst wohl noch nicht
zu erwarten sein. 3 Deutsche Seewarte.
Theater⸗Anzeigen.
Königliche Schauspiele. haus. 92. Vorstellung. Carmen. Oper in 4 Akten
von Georges Bizet. Meérimée. Tanz von Taglioni. Kahl. Anfäng 7 Uhr.
Mittwoch: Ppern⸗
ges Text von Henry Meilhac und Ludovic Halévy, nach einer Novelle des Prosper
Schauspielhaus. 98. Vorstellung. Der Kauf⸗ mann von Venedig. Lustspiel in 5 Aufzügen von Shakespeare, übersetzt von A. W. von Schlegel. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Max Grube. Anfang 7 Uhr. b
Donnerstag: Opernhaus. 93. Vorstellung. Neu einstudirt: Der Widerspänftigen Zähmung. Komische Oper in 4 Akten von Herrmanag 8 Text nach Shakespeare's gleichnamigem Lustspiele frei bearbeitet von Joseph Victor Widmann. In 52 gesetzt vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. Anfang 7 Uhr.
Schauspielhaus. 99. Vorstellung. Das Käthchen von Heilbronn, oder: Die Feuerprobe. Großes historisches Ritterschauspiel in 5 Aufzügen von Heinrich von Kleist. Anfang 7 Uhr.
Deutsches Theater. Mittwoch: Die Kinder
der Excellenz. Donnerstag: Faust’s Tod. Freitag: Die Kinder der Excellenz, Die nächste Aufführung von Götz von lichingen findet am Sonnabend statt.
Berliner Theater. Mittwoch: Zum ersten Male: Verschollen. — Es hat so sollen sein. — Liebesprobe. Anfang 7 Uhr.
Donnerstag: Schuldig. 1
Freitag: 32. Abonnem.⸗Vorstellung. Verschollen.
— Es hat so sollen sei. — Die Liebesprobe.
Tessing-Theater. Mittwoch: Thermidor. Schauspiel in 4 Akten von Victorien Sardou.
Donnerstag: Ultimo. Lustspiel in 5 Akten von Gustav v. Moser. 1
Sonnabend: Erstes Gastspiel von Friedrich Haase. Zum 1. Male: Die alten Junggesellen. Lustspiel in 5 Akten von Victorien Sardou.
Victoria-Theater. Wegen Abbruch des Theaters Vorletzte Woche. Mittwoch: Zum 136. Male: Die sieben Naben. Romantisches Zaubermärchen in 5 Akten von Emil Pohl. Musik von G. Lehnhardt. Balletcomposition des 3. Aktes von C. A. Raida. Ballet von C. Severini. In Scene gesetzt von W. Hock. Anfang 7 ½ Uhr.
Wallner-Theater. Mittwoch: Zum 6. Male:
Des Teufels Weib. Phantastisches Singspiel in
3 Akten und einem Vorspiel von Meilhac und
Mortier, bearbeitet von Th. Herzl. Musik von
Adolf Müller. Anfang 7 ½ Uhr.
und folgende Tage: Des Teufels eib.
Friedrich-Wilhelmstädtisches Theater. Mittwoch: Mit neuer Ausstattung. Zum letzten Male: Der Vogelhändler. Operette in 3 Aufzügen nach einer Idee des Bisville von Held und West. Musik
Dirigent:
von C. Zeller. In Scene gesetzt von Julius Fritzs⸗
“ Hr. Kapellmeister Wolfheim. Anfang r.
Donnerstag: Unter persönlicher Leitung des Komponisten. Mit neuer Ausstattung, zum 1. Male: Saint Cyr. Operette in 3 Aufzügen (mit theil⸗ weiser Benutzung eines Stoffes von A. Dumas) von Oscar Walther. Musik von Rudolf Dellinger. In Scene gesetzt von Julius Fritzsche. Dirigent: Herr Kapellmeister Federmann. 1“
burg. Mittwoch: Zum 85. Male: Der selige
Tonpinel. Schwank in 3 Akten von Al. Bisson.
In Scene gesetzt von Sigmund Lautenburg. Vorher:
Ohne Liebe. Dialogisirte Novelle in 1 Akt von
Marie von Ebner⸗Eschenbach. Regie: Emil Lessing.
Anfang 7 ½ Uhr. v“ Donnerstag: Dieselbe Vorstellung.
Kroll's Theater. Sonntag, den 19. April: Eröffnung der Opern Saison. Erstes Gastspiel von Fr. Lilli Lehmann. Fidelio.
Billets I. Parquet 6 und 5 ℳ, II. Parquet 4 ℳ, Balkon 4 und 3 ℳ, Logenplätze à 2 ℳ sind zu haben an der Kasse und bei den Herren Bach, Unter den Linden 46, Lindenberg, Leipzigerstr. 50 a, R. Thomas, Unter den Linden 34, nnd im Invaliden⸗ dank, Markgrafenstr. 51 a.
Belle-Alliance-Theater. Mittwoch: Zum 25. Male: Gavaut, Minard & Co. Schwank in 3 Akten von Edmond Gondinet. Deutsch von Weyl. Vorher zum 12. Male: Die Odaliske. Schwank in 1 Akt von O. Elsner. Anfang 7 ½ Uhr.
Donnerstag: Dieselbe Vorstellung.
Idolph Ernst-Theater. Mittwoch: Zum 60. Male: Adam und Eva. Gesangsposse in 4 Akten von Eduard Jacobson und Leopold Elp.
von Adolph Ferron. Anfang 7 ½ Uhr. Donnerstag: Dieselbe Vorstellung.
Thomas-Theater. Alte Jakobstraße 30. Mittwoch: Zum 28. Male: Der Millionen⸗ bauer. Volksstück in 4 Akten von Max Kretzer. Gesangstexte im 3. Akt von A. Schönfeld. Musik von G. Steffens. Anfang 7 ½ Uhr.
Donnerstag: Der Millionenbauer.
Freitag: Benefiz für Herrn Georg Kaiser. Nur einmalige Aufführung. Der Soldatenfreund.
Concert⸗Anzeigen.
Concert-Haus. Concert. Letzter Berliner Komponisten⸗Abend.
Schluß der 24. Concert⸗Saison am 19. April.
1“
Residenz-Theater. Direktion: Sigmund Lauten⸗
Couplets von Jacobson und Gustav Görß. Musik
Mittwoch: Karl Meyder⸗
Sing-Akademie. Mittwoch, Abends 8 Uhr:
Concert des Guitarren⸗Virtuosen Antonio Jiménez Manjön, unter Mitwirkung der Pianistin Mme. Rafaëla Manjön.
Römischer Hof. Mittwoch, Abends 7 ½ Uhr: Concert Josef Weiß.
rania, Anstalt für volksthümliche Naturkunde
Am Landes⸗Ausstellungs⸗Park (Lehrrer Bahnhof). Geöffnet von 12 — 11 Uhr. Täglich Vorstellung im wisbrschafäliehe Theater. Näheres die Anschlag⸗ zettel.
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Familien⸗Nachrichten.
Verlobt: Frl. Margarete Bach mit Hrn. Reol⸗ gymnasiallehrer Georg Schulz (Berlin). — Frl. Hertha Winkler mit Hrn. Dr. med. Hugo Behnke (Berlin). — Frl. Margarethe Koch mit Hrn. Premier⸗Lieutenant Ludwig Hey’l (Berlin) — Frl. Katharina Braun mit Hrn. Prediger Christoph Nauck (Lindenberg — Berlin).
Geboren: Ein Sohn: 19 Edmund von Schütz (Magdeburg). — Hrn. Rittergutsbesitzer Munkel (Reselkow). — Eine Tochter: Hrn. Second⸗ Lieutenant Eberhard Frhrn. von Esebeck (Potsdam). — Hrn. Pfarrer Severin Gemmel (Assaunen). — Hrn. Dr. Adolf Miethe (Potsdam). .
Gestorben: Verw. Frau Stadtgerichts⸗Rath Cécilie Rosalie Schröder, geb. Pascal (Berlin). — Kaiserl. Russ. Kollegiensekretär Hr. Graf Gregor von Choch (Berlin). — Hr. Proviant⸗ meister a. D. Carl Leumann (Charlottenburg) — Hr. Rittergutsbesitzer Benno von Bonin⸗Gellen (Berlin). — Hr. Pastor emer. Wilhelm Hardrat (Stralsund). — Freifrau Coelestine Schenk zu Tautenburg, geb. Stößel von der Heyde (Guya). — Frau Pastor Anna Richert, geb. Freiin von Puttkamer (AltBelz). — Hrn. von Gromadzinske Tochter Erna (Liegnitz).
Redacteur: Dr. H. Klee, Direktor. Berlin: Verlag der Expedition (Scholz).
Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗ Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.
Acht Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage), und das Verzeichniß der in der 38. Verloo⸗ sung gezogenen Prioritäts⸗Aktien Litt. B. der Sberschlesischen Eisen bahn⸗Gesellschaft, sowie die Inhaltsangabe zu Nr. 6 des öffent⸗
lichen Anzeigers (Kommanditgesellschaften auf Aktien und Aktiengesellschaften) für die Woche
vom 6. bis 11. April 1891.
“
Berlin, Dienstag den 14. April
n Staats⸗Anzeiger.
1891.
Deutscher Reichstag. 97. Sitzung vom Montag, 13. April. 8
Am Tische des Bundesraths: der Reichskanzler von Caprivi, der Staatssekretär Dr. von Boetticher, der Kriegs⸗Minister von Kaltenborn⸗Stachau und der Handels⸗Minister Freiherr von Berlepsch.
8 8 Interpellation der Abgg. Hacke und van ülst: „Sind dem Herrn Reichskanzler Thatsachen bekannt, welche geeignet erscheinen, das vom Herrn Kriegs⸗Minister in der Sitzung vom 13. März über den Bildungsstand der ostfriesischen Rekruten geäußerte abfällige Urtheil zu rechtfertigen?“ erklärte der Reichskanzler von Caprivi sofort beantworten zu wollen.
Abg. Hacke: In der Sitzung vom 13. v. M. seien hier verschiedene Fälle von Mißhandlungen im Militärdienst zur Sprache gebracht, u. A., daß in Aurich ein Hauptmann und ein Reserveoffizier bei der Entlassung der zur Uebung eingezogenen Landwehrmänner — darunter eine Anzahl Lehrer — sich beleidigende Aeußerungen hätten zu Schulden kommen lassen. Der Kriegs⸗Minister habe den Vorgang im Allgemeinen zugestanden und damit entschuldigt, daß die Offiziere sich deshalb zu den Aeußerungen gegen die Lehrer hätten binreißen lassen, weil die Hälfte der in jenem Jahre eingezogenen Rekruten den Namen Seiner Majestät des Kaisers und Königs nicht gekannt hätten. Er habe hin⸗ zugefügt, die erwähnte Thatsache sei gerade kein Beweis für die Be⸗ gabung der Schullehrer. Er (Redner) hätte damals sofort gegen diese Aeußerung protestirt, wenn er im Hause gewesen wäre. Aber selbst wenn der Kriegs⸗Minister diesen niedrigen Kulturstand seiner (des Redners) Landsleute, insbesondere der Rekruten und Lehrer, hätte feststellen können, so wäre es kaum angezeigt gewesen, dies öffentlich
vor aller Welt bekannt zu machen. Seine Aeußerung babe in Ost⸗
friesland eine hochgradige Aufregung und Verstimmung hervorgerufen bis in die kleinste Hütte hinein, eine Erregung, welche nur mit der von 1866 zu vergleichen sei, wo seine Heimath zu Preußen geschlagen worden sei; nur sei jene Erregung im Gegensatz zur heutigen eine freudige gewesen. Die Ostfriefen hätten ihrer Erregung in Protesten und einer Adresse an Seine Majestät Ausdruck gegeben. Die Aeußerung des Kriegs⸗Ministers über die ostfriesischen Lehrer enthalte den doppelten Vorwurf des Mangels an Intelligenz, eines niedrigen Kulturstandes und des mangelnden Patriotismus. Nun seien seine Landsleute und er durchaus überzeugt, daß der Kriegs⸗Minister nicht beabsichtigt habe, die Ostfriesen vor aller Welt eines niedrigen Kulturstandes zu zeihen, auch nicht eines niederen Grades von Patriotismus. Aber es komme nur darauf an, ob die Aeußerungen so gravirend gewesen, daß, ab⸗ gesehen von dolus und culpa, der ostfriesische Volksstamm sich habe verstimmt fühlen konnen. Würde man nicht, wenn in der Zeitung tände, daß in einem russischen Regiment die Hälfte der Rekruten den Namen des Zaren nicht gekannt, die Hände über den Kopf zusammen⸗ schlagen? Sein kleines Ländchen befinde sich mindestens auf der Mitte des Kulturstandes des deutschen Volkes. Der Handelsstand stehe hinter keinem anderen zurück, die Landwirthe ragten an Intelligenz und Wohlhabenheit weit über das mittlere Maß der deutschen Land⸗ wirthe hinaus. Und was den besonders angegriffenen Stand der Lehrer betreffe, so. erinnere er daran, daß seine Heimath den obliga⸗ torischen Volksunterricht gehabt habe, ehe Preußen an dessen Ein⸗ führung gedacht. 1884 seien in Deutschland unter hundert Militär⸗ pflichtigen 1,27 % Analphabeten gewesen, in Preußen wegen der Provinz Posen 1,97 %, in Württemberg und Baden 0,02 %. In Ostfriesland seien 1887/88 0,31, 1888/89 und 1889/90 0,00 An⸗ alphabeten auf bundert Militärpflichtige gekommen. Was den Patriotismus anbetreffe, so habe Ostfriesland sich, seit das eigene Fürstenhaus in der Mitte des vorigen Jahrhunderts aus⸗ gestorben sei, unter den Hohenzollern sehr wohl ge⸗ fühlt. 1815 seien die Ostfriesen zu ihrer Betrübniß zu Hannover geschlagen, und hätten bis 1866 aus ihrer Mißstimmung darüber nie ein Hehl gemacht. Die Ostfriesen hätten sich im fran⸗ zösischen Kriege ausgezeichnet, und der hochselige Kaiser Wilhelm habe dies anerkannt. In jedem Bauernhof finde man als typischen bildnerischen Schmuck das Konfirmationsbild und das Bild des in der Armee dienenden Sohnes umrahmt von den Bildern der drei Kaiser. Darüber, daß die Ostfriesen in keinem Betracht hinter den übrigen Deutschen zurückständen, hätte sich der Kriegs⸗Minister bei dem Reichskanzler informiren können, der die Ostfriesen näher kenne. Uebrigens könne er (Redner) sich gar nicht denken, daß wirklich von 200 Rekruten 100 nicht den Namen Seiner Matestät gekannt hätten. Dies habe doch kaum authentisch festgestellt werden können. Die Interpellanten hätten nicht die Absicht, eine Diskussion über ihre Interpellation zu beantragen, wenn sie nicht die Art der Erklärung des Reichskanzlers oder Kriegs⸗Ministers dazu zwinge. Auf jeden Fall gäben sich die Ostfriesen der Hoffnung hin, daß künftighin kein Grund mehr zu einer solchen Interpellation und zu einer unliebsamen Erörterung vorhanden sei, und daß nur solche Offiziere zu dem Ostfriesischen Regiment versetzt würden, welche die Ehre und den Patriotismus der Ostfriesen zu würdigen wüßten.
Reichskanzler von Caprivi:
Ich erlaube mir zunächst zu unterscheiden zwischen dem schrift⸗ lichen Wortlaut der Interpellation und den mündlichen Aus⸗ führungen des Herrn Interpellanten. Die Interpellation geht dahin:
Sind dem Herrn Reichskanzler Thatsachen bekannt, welche geeignet erscheinen, das vom Herrn Kriegs⸗Minister in der Sitzung vom 13. März über den Bildungsstand der ostfriesischen Rekruten geäußerte abfällige Urtheil zu rechtfertigen?
Was hat denn der Herr Kriegs⸗Minister in der Sitzung vom 13. März geäußert? Der Herr Abgeordnete hat die Güte gehabt, seine Aeußerung vorzulesen. Er hat ganz richtig damit angefangen:
„Es ist ferner eines Vorfalls in Aurich erwähnt“,
und hat dann fortgefahren zu lesen, daß Offiziere etwas auf⸗ gebracht darüber waren, weil die Hälfte der Rekruten in diesem Jahre in der und der Beschaffenheit gewesen sind. Es handelt sich also um einen einzigen Vorfall, den der Herr Kriegs⸗Minister er⸗ wähnt hat. Dieser eine Vorfall ist Gegenstand der Interpellation, und ich kann darauf nur erwidern, daß mir nichts bekannt ist, was nicht die Aeußerung des Herrn Kriegs⸗Ministers gerechtfertigt hätte, sodaß ich meine Ausführungen auf diesen einen Gegenstand der Interpellation beschränke.
Ich werde mir jetzt erlauben, den amtlichen Bericht über diesen Vorfall vorzulesen: Bei einer Uebungscompagnie in Aurich waren Mannschaften des Beurlaubtenstandes eingezogen, und siebzehn dieser Leute waren in einem Zustande eingetroffen, der auf starken Ge⸗ nuß alkoholhaltiger Getränke einen sicheren Rückschluß gestattete. (Heiterkeit.)
Die Folgen davon waren disziplinarische Maßregeln gegen diese
siebzehn Mann gewesen, und wie dies bei einer kurzen Uebung nun zu gehen pflegt, wenn das mit dergleichen anfängt, so läuft meist die ganze Uebung schlecht. Der Hauptmann war mit diesen Mannschaften nicht zufrieden gewesen und sagt nun weiter: Bei derselben Uebungscompagnie waren auch zwei Volksschullehrer — das ist der Volksschullehrerstand — eingezogen, welche durch lässige Haltung, Mangel an Interesse und wenig befriedigende Leistungen ungünstig auffielen — etwas, was ich sehr natürlich finde, weil die Herren eine so kurze Dienstzeit haben, daß die Resultate nicht viel anders sein können. Bei der Entlassung der Compagnie hat der Compagnieführer an sämmtliche Mannschaften noch einige ermahnende Wocte gerichtet, und bei dieser Gelegenheit auch den Volksschullehrern Vorhaltungen gemacht. Der Schluß dieser Vor⸗ haltungen lautete: „Und nun gehen Sie nach Hause und bringen Sie den Jungen Gottesfurcht, Königstreue und Vaterlandsliebe bei. Lehren Sie dieselben unsere alten guten Kirchenlieder, Lesen, Schreiben und Rechnen, und vor Allem vaterländische Geschichte; damit — so hat der Hauptmann fortgefahren — haben wir 66 und 70 gemacht und gesiegt, und wie sieht es heute aus? Von meinen 56 diesjährigen Rekruten wußten nicht 27, wie Seine Majestät der Kaiser und König heißt.“
Dies ist der durch dienstliche Berichte festgestellte kurze That⸗ bestand. Wenn nun der Herr Interpellant in seiner mündlichen Begründung über diesen Rahmen hinausgeht und konstatiren zu können glaubt, daß in seinem Heimathlande eine starke Aufregung und Ver⸗ stimmung herrscht, eine Aufregung und Verstimmung, die er nach der negativen Seite der Freude gleichwerthig erachtet, die dieses Land im Jahre 1866 empfunden hat, als es preußisch wurde, so weiß ich in der That nicht, wie der hier vorliegende Vorfall und die Aeußerungen des Herrn Kriegs⸗Mministers zu einer so hochgradigen Aufregung und Ver⸗ stimmung Anlaß gegeben haben können, wenn nicht solche Auf⸗ regung und Verstimmung in mancher Beziehung epidemisch wären. Von ungeheuerlichen Thatsachen ist gesprochen worden. Was sind ungeheuerliche Thatsachen? Ist das etwas Ungeheuerliches? Dergleichen kommt oft genug vor, und wenn nun einmal ein Com⸗ pagnie⸗Chef im Eifer für seinen Dienst, in der Aufregung, in die auch ein geduldiger Mensch mit der Zeit durch schwieriges Material versetzt werden kann, zu weit geht, so mag das beklagenswerth sein; aber eine ungeheuerliche Thatsache vermag ich darin nicht zu finden.
Wenn nun der Herr Interpellant weiter glaubt, daß seinem Heimathlande ein Vorwurf in Bezug auf den Bildungsgrad und auf den Patriotismus gemacht sei, so kann ich in beiden Beziehungen mit dem Herrn Interpellanten mich nur in vollständiger Ueberein⸗ stimmung erklären. Ich glaube, daß die Zahlen, die er vorge⸗ lesen hat, nicht ganz die richtigen sind über die Schulbildung der Ostfriesen; aber sie sind annähernd dieselben, die mir amtlich vor⸗ liegen, und es ist danach hinreichend konstatirt, daß der Bildungs⸗ grad der Ostfriesen im Ganzen sich über dem Niveau, und erheblich über dem Niveau preußischer Rekruten befindet.
Was dann weiter die angebliche Anklage in Bezug auf den Patriotismus der Ostfriesen angeht, so bin ich auch da mit dem Herrn Vorredner ganz einverstanden, und ich würde es noch mehr sein, wenn er in seinem patriotischen Exkurs noch etwas weiter zurück⸗ gegangen wäre; denn die Leistungen der Ostfriesen für Brandenburg und Preußen haben mit dem Großen Kurfürsten angefangen, der in der alten Stadt Emden seine Neu⸗Guinea⸗Compagnie gründete. Die Ostfriesen sind bekanntlich Lieblingskinder unseres großen Königs ge⸗ wesen. Bei ihnen hat er die Ostindische Compagnie gegründet, mit der er den Handel nach Indien und nach Bengalen treiben wollte. Als dann nach der Schlacht von Leipzig im Jahre 1813 sich auch im Westen Deutschlands die Bewegung regte, die schon vor der Schlacht bei Leipzig im Osten angefangen hatte, sind diese Ostfriesen, obwohl sie unter dem König Friedrich von der Kantonspflicht befreit waren, mit einem Eifer zu den Fahnen geeilt, wie er nicht überall in deutschen Gauen zu sehen gewesen ist. Noch im Jahre 1815 haben ost⸗ friesische Truppen unter preußischen Feldzeichen bei Liegnitz und Belle⸗ Alliance gefochten.
Wenn nun der Herr Redner weiter in die neuere Geschichte ein⸗ geht, so kann ich nur bestätigen und bin Augenzeuge desselben gewesen, daß das ostfriesische Regiment in schweren Zeiten unseres letzten Krieges seine Schuldigkeit durchaus in ruhmvoller Weise gethan hat.
Ich weiß mich in diesen Ausführungen mit dem Herrn Kriegs⸗ Minister vollkommen eins, und ich kann konstatiren, daß weder er noch sonst, so weit ich zurückdenken kann, ein preußischer Offizier die mili⸗ tärische Leistungsfähigkeit der Ostfriesen zu verringern jemals geneigt gewesen wäre. Ich halte mich dies auszusprechen umsomehr für be⸗ rechtigt, als ich im Kriege und wiederholt im Frieden mit dem ostfriesischen Regiment in dienstlichen Beziehungen gestanden habe und es mir heute noch zur hohen Ehre rechne, Chef dieses Regi⸗ ments zu sein. Aus dieser meiner Eigenschaft würde ich, auch wenn der Herr Interpellant die Eigenschaften der Ostfriesen nicht selbst so stark betont hätte, es für meine Pflicht gehalten haben, für den Ersatzbezirk des Regiments einzutreten. (Bravo!l rechts.)
Abg. van Hülst erklärt als Mitinterpellant, daß er keine Veranlassung habe, eine weitere Besprechung der Inter⸗ pellation zu beantragen, weil die Erklärung des Reichskanzlers eine befriedigende gewesen sei.
Die Interpellation ist damit erledigt.
Darauf wird die zweite Berathung der Gewerbe⸗ ordnungsnovelle (Arbeiterschutzgesetz) fortgesetzt und zwar mit der Wiederholung der namentlichen Abstimmung über §. 125 Abs. 1 (Entschädigung für Kontraktbruch), bei welcher am Freitag die Beschlußunfähigkeit des Hauses sich er⸗ geben hatte. —
Der Kommissionsbeschluß wird angenommen.
Der Rest des §. 125 wird nach der Kommissionsfassung mit einer redaktionellen Aenderung angenommen, außerdem elangt der Antrag Hartmann und Genossen, betreffend die
usdehnung der Entschädigungspflicht auf Arbeitgeber, welche
mala fide einen kontraktbrüchigen Arbeiter in Arbeit behalten,
zur Annahme. 8
Abschnitt III (§§. 126— 133) betrifft die Lehrlings⸗ verhältnisse. Nach §. 126 (unverändert, wie in der aeltenden Gewerbeordnung) ist der Lehrherr verpflichtet, den Lehrling in den betreffenden Arbeiten des Gewerbes zu unter⸗ weisen, und zwar entweder selbst oder durch einen geeigneten Vertreter; er darf dem Lehrling die Zeit zum Besuch des Gottesdienstes nicht entziehen, hat ihn zur Arbeitsamkeit und zu guten Sitten anzuhalten und vor Ausschweifungen zu be⸗ wahren. 1
Die sozialdemokratischen Abgg. Auer und Genossen beantragen, hinzuzufügen das Verbot der Beschäftigung der Lehrlinge mit häuslichen oder mit zum Betriebe nicht in direkter Beziehung stehenden Arbeiten, wenn im Betriebe regel⸗ mäßige Beschäftigung vorhanden ist; die tägliche Arbeitszeit soll 10 Stunden nicht überschreiten, und zwischen 8 Uhr Abends und 5 Uhr Morgens soll eine Beschäftigung überhaupt nicht stattfinden.
Abg. Bebel: Es sei bekannt, welcher Mißbrauch damit getrieben werde, daß die Lehrlinge zu allen möglichen Beschäftigungen außerhalb ihres Berufs herangezogen würden. Man habe darauf hin⸗ gewiesen, daß die Meister auf dem Lande oft nicht die nöthige Arbeit hätten, um die Lehrlinge zu beschäftigen, und daß es dann unrecht wäre, dem Meister zu verbieten, dem Lehrlina, der soast dem Müßiggang verfiele, Gelegenheit zu anderer Beschäftigung zu geben. Einen solchen Einwand erkenne seine Partei für gewisse Verhältnisse auf dem Lande und in kleineren Städten an und habe deshalb die Worte „wenn im Betriebe regelmäßige Beschäftigung vorhanden ist“ in ihren Antrag aufgenommen. Daß Lehrlinge mit besonderer Vorliebe zu häuslichen Dienstleistungen aller Art herangezogen würden, sei bekannt. Die Anekdote, nach welcher sich einmal ein Meister zwei Lehrlinge genommen, weil seine Frau Zwillinge be⸗ kommen hätte, gelte auch heute noch. Wo Dienstboten nicht ge halten werden könnten, sei der Mißbrauch der Lehrlinge außerordent lich im Schwange. Seine Partei hoffe füc ihren Antrag auf die Unterstützung derjenigen, welche hier immer als Vertreter des kleinen Handwerks fuͤr eine tüchtige Ausbildung der Lehrlinge einträten. Daß bei solchen Mißbräuchen eine tüchtige Aus bildung der Lehrlinge nicht möglich sei, liege auf der Hand. Ferner sei die Bestimmung einer Maximalarbeitszeit von 10 Stunden besonders für die jungen, im Entwickelungsalter stehenden Leute noth⸗ wendig. Was für die jungen Leute von 14 bis 16 Jahren in den Fabriken bereits als nothwendig anerkannt und durchgeführt werde, sei mindestens ebenso nothwendig für die jungen Leute im Handwerk. In den Fabriken sei für die Gesundheit dieser Leute meistens weit besser gesorgt, als im Handwerk. Allerdings könnten die Meister in ihren Werkstätten nicht immer den Anforderungen entsprechen, welche vom gesundheitlichen Standpunkte erhoben werden müßten, um so weniger aber dürften die jungen Leute in solchen Betrieben, deren Räumlichkeiten oft allen gesundheitlichen Anforde⸗ rungen Hohn sprächen, über eine bestimmte Zeit hinaus beschäftigt werden. Die Lehrlinge würden häufig bis zu 14 Stunden täglich beschäftigt, und zwar gerade für die schwersten und unangenehmsten Arbeiten. Er habe in seiner Lehrzeit sehr oft nach 12 bis 14 stündiger Tagesarbeit noch Nachts Arbeiten verrichten müssen. In einer großen Reihe von Gewerben werde eine Lehrlingszüchtung in hohem Maße betrieben. Und gerade die unsoliden Elemente, die Schmutzkon⸗ kurrenten, beschäftigten die billigen Lehrlinge in großer Zahl, um die Preise drücken zu können, und beuteten die Lehrlinge vom frühen Morgen bis zum späten Abend, auch Sonntags, aus und züchteten so eine Menschenklasse, die in ihrer ganzen Entwickelung auf das Ge⸗ meinwesen später schädlich wirken müsse. Gerade für die, welche nach ihrem Lebensalter sich nicht gegen die Unternehmer auflehnen könnten, sei ein Schutzgesetz nothwendig, und er bitte daher, die Vorschläge seiner Partei dem § 126 hinzuzufügen, weil er erst dann den Werth habe, den er für diese Arbeiter haben müsse.
Regierungs⸗Rath Dr Wilhelmi: Daß eine mißbräuchliche Ver⸗ wendung der Lehrlinge stattfinde und deren Arbeitszeit zu ausgedehnt sei, könne zugegeben werden, indeß beständen diese Mißstände nicht in der Allgemeinheit, wie der Abg. Bebel meine. In Deutschland habe man, abgesehen von den staatlichen Betrieben, eine ganze Reihe von Unternehmungen, in denen auf die Lehrlingsaus⸗ bildung außerordentliche Sorgfalt verwendet werde. Daß das in den letzten Jahren in steigendem Maße der Fall sei, ergäben die Berichte der Fabrikinspektoren. So weit Mißstände vorhanden seien, erkenne sie auch die Vorlage an, indem sie eine Reihe von Bestim⸗ mungen vorsehe, mit welchen diesen Uebelständen entgegenzutreten sei. So sei im §. 120 eine weitere Ausbildung des fachgewerblichen Unterrichts vorgesehen. Ferner sei dem Bundesrath die Befugniß ge⸗ geben, in gewissen Betrieben die Arbeitszeit zu begrenzen, und durch Kaiserliche Verordnung unter Zustimmung des Bundesraths könnten die für den Schutz der jugendlichen Arbeiter in Fabriken vorgesehenen Bestimmungen auch auf das Handwerk ausgedehnt werden. Diese Bestimmungen böten eine genügende Handhabe, um da einzutreten, wo es erforderlich sei. Das im Antrag Auer ausgesprochene Verbot der Beschäftigung der Lehr⸗ linge mit häuslichen Dienstleistungen ꝛc. biete den Lehrlingen einen geringeren Schutz, als der §. 126 des gegenwärtigen Gesetzes. Während der Antrag Auer diese Beschäftigung nur dann verbiete, wenn genü⸗ gende Arbeit im Betriebe vorhanden sei, gehe das gegenwärtige Gesetz weiter. Bezüglich der Arbeitszeit seien Bestimmungen für die Lehr-⸗ linge in Fabriken bereits vorhanden, welche erheblich weiter gingen, als der Antrag Auer, indem sie nur eine Beschäftigung bis zu sechs Stunden täglich zuließen. Und diese Bestimmungen könnten ja auch durch Kaiserliche Verordnung auf die im Handwerk beschäftigten Lehr⸗ linge ausgedehnt werden. Der Antrag gebe für den Begriff Lehrling keine Definition. Es falle also unter den Antrag auch der jugend⸗ liche Arbeiter, der als Lehrling beschäftigt sei, auch wenn er älter als 16 Jahre sei Der Antrag Auer würde also auch auf Lehrlinge von 18, 19 oder mehr Jahren Anwendung finden. In einer ganzen Reihe von Gewerben sei die Lehrlingsausbildung aber nicht mit 1 oder 2 Jahren abgethan, sondern dauere 3 oder 4 Jahre, z. B. in Brauereien, Glashütten, Porzellanmalereien u s. w. Da könne leicht ein Lehrling 18 Jahre alt sein. In allen diesen Fällen würde man dem zehnstündigen Arbeitstag junge Leute unterstellen, die in den Fabriken nicht darunter fielen, und das Lehrlingswesen selbst würde dadurch geschädigt, denn die Unternehmer würden die Lehrlinge nicht voll ausbilden, sondern sowie sie das Alter erreicht hätten, als Gesellen beschäftigen. Er bitte daher den Antrag Auer abzulehnen.
Abg. Metzner: Der Antrag Auer sei von der besten Absicht diktirt, die Lehrlinge vor Ausbeutung zu schützen, und in dieser Absicht stimme er gewiß mit ihm überein, aber der Antrag gehe zu weit. Der Meister müsse den Lehrling zu vielen kleinen außer⸗ halb des Handwerks liegenden Diensten verwenden, um ihn zur Ordnung, Accuratesse und zum praktischen Sinn zu erziehen. Was den zweiten Theil des Antrages anlange, so gebe dem Lehrling da die bestehende Gesetzgebung schon genügend Schutz. Der Lehrling im Kleingewerbe könne nicht dem in der Fabrik ganz gleichgestellt werden, denn in dieser würden die jungen Leute das ganze 8 “ G