1891 / 88 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 14 Apr 1891 18:00:01 GMT) scan diff

Ich gebe aber zu, daß diese Bestimmung einer Mißdeutung unterworfen ist, daß sich Zweifel ergeben können, und wenn irgend ein Antrag kommen sollte, der diesen Zweifel beheben möchte, würde ich meinerseits, demselben zuzustimmen, gerne bereit sein.

.50 wird mit dem Antrage von Heydebrand angenommen.

.50a wird mit einem Antrage von Rauchhaupt an⸗ enommen und bestimmt nunmehr, daß die Wahl im Wahl⸗ begirt stattfinden kann, wenn zu einer Klasse mehr als 500 Wähler gehören; außerdem kann, wenn eine Gemeinde aus mehreren Ortschaften besteht, der Kreisausschuß bestimmen, wieviel Mitglieder der Gemeindevertretung in jeder Ortschaft

gewählt werden müssen. 1“ Nach §. 51 der Kommissionsbeschlüsse sollen zwei Drittel

der „von jeder Klasse“ Gewählten (nach der Vorlage zwei Drittel der Gemeindeverordneten) Angesessene sein. Die Abgg. Avenarius u. Gen. beantragen folgende assung: g 1 Feler für den Fall der Annahme des Absatz 1 statt „der von jeder Klasse zu wählenden Gemeindeverordneten“ zu setzen: „der Mitglieder der Gemeindevertretung’.. 3 „Mindestens die Hälfte der von jeder Klasse zu wählenden Gemeindeverordneten muß aus Angesessenen bestehen“; 8 Abg. von Rauchhaupt bittet, die Worte „von jeder Klasse“

zu streichen. 8

Abg. Dr. Krause: Wenn der Kommissionsantrag angenommen werde, werde in den meisten Fällen nur ein Neuntel der Gemeinde⸗ verordneten auf die Nichtangesessenen entfallen; denn nur in der dritten Klasse werde man Unangesessene wählen, in den beiden anderen Klassen fast durchweg Angesessene. Die Bestimmung der Städte⸗ ordnung, daß die Hälfte der Stadtverordneten Grundbesitzer sein müßten, habe dahin geführt, daß zwei Drittel bis drei Viertel aller Stadtverordneten Hausbesitzer seien.

Minister des Innern Herrfurth:

Meine Herren! Ich bitte Namens der Königlichen Staats⸗ regierung, den Prinzipal⸗Antrag des Abg. Krause, welcher für den den Angesessenen vorzubehaltenden Antheil an Stelle der zwei Drittel die Hälfte der zu wählenden Gemeindeverordneten substitniren will, abzulehnen. Ich glaube, die Gründe, welche ich vorgestern für die Nothwendigkeit angeführt habe, den Angesessenen zwei Drittel in der Gemeindeversammlung zuzugestehen, finden ebenso Anwendung auf das Verhältniß in der Gemeinde⸗ vertretung. Ich gebe zu, daß in den Städteordnungen den Hausbesitzern nur die Hälfte vorbehalten ist; ich gebe ferner zu, daß in der Rheinprovinz auch in der Landgemeindeordnung den An⸗ gesessenen nur die Hälfte zugestanden ist. Aber es unterscheiden sich eben die faktischen Verhältnisse der Landgemeinden des Ostens sehr erheblich von denen der Städte und auch wesentlich von denen der rheinischen Landgemeinden. In der Provinz Westfalen, wo viel mehr Aehnlichkeiten mit den Ostprovinzen vorliegen, sind ebenso wie in der Regierungsvorlage zwei Drittel den Angesessenen vorbehalten, und ich bitte deshalb, an dieser Quote festzuhalten.

Was die beiden andern Anträge anlangt, so glaube ich den Antrag des Hrn. von Rauchhaupt doch in seiner Tragweite etwas anders beurtheilen zu müssen, als dies Seitens des Hrn. Abg. Krause geschehen ist. Hr. Krause sieht in diesem Antrage die Wiederherstellung des Akkreszenzrechts, und ich nehme nicht an, daß Hr. von Rauchhaupt das damit beaabsichtigt hat. Ich glaube nur, er will und das ist meines Erachtens ganz berechtigt da, wo die Zahl innerhalb der einzelnen Klasse nicht durch drei theilbar ist, das Drittel von der Gesammtzahl berechnen. Er will also in den Fällen, wo zwölf zu wählen sind, eventuell die Wahl von vier den Nichtangesessenen zugestehen, während, wenn in jeder einzelnen Klasse gedrittelt wird, sie blos drei bekommen können. So verstehe ich den Antrag, und ich glaube mich der Zustimmung des Hrn. von Rauchhaupt versichert halten zu können.

Dagegen muß auch ich allerdings sehr dringend wünschen, daß der Eventualantrag des Hrn. Abg. Krause und Genossen angenommen wird, wonach in Absatz 2 zwar die zwei Drittel beibehalten werden, diese zwei Drittel aber nicht auf die zzu wählenden Gemeinde⸗ verordneten beschränkt, sondern auf ie Mitglieder der Gemeindevertretung ausgedehnt werden. Meine Herren, dieser Antrag zieht nur die Konsequenz dessen, was die Regierungsvorlage geplant hat, nachdem die letztere durch die Kommissionsbeschlüsse zu §. 49 Absatz 3 abgeändert worden ist, denn dadurch, daß die Kommission in §. 49 Absatz 3 den Gemeindevorsteher und die Schöffen als geborene Mitglieder der Gemeindeversammlung zugefügt hat, ist die Bedeutung des Drittels, welches den Nicht⸗ angesessenen zugestanden werden kann, ganz wesentlich alterirt. Die Rechnung des Hrn. Krause ist ganz zutreffend; es ist richtig, daß dieses Drittel bei dem Vorhandensein von gewählten Gemeindevertretern der Regel nach auf ein Viertel reduzirt wird. Allerdings nur der Regel nach, denn es ist nach der neuen Konstruktion der Landgemeinde⸗ ordnung nicht ausgeschlossen, daß der Gemeindevorsteher und auch die Schöffen auch Nichtangesessene sein können, wiewohl sie faktisch wohl ausnahmslos Angesessene sein werden.

Es ist deshalb nach beiden Richtungen hin nur volle Gerechtigkeit geübt, wenn nach Maßgabe dieses Antrages das Drittel berechnet wird von der Gesammtheit der Mitglieder der Gemeindevertretung, zu denen auch die Vorsteher und die Schöffen gehören, daß aber natür⸗ lich, wenn der Fall vorkommt, daß der Vorsteher oder die Schöffen nicht angesessen sind, überhaupt auch diese den Nichtangesessenen zugestandene Zahl mit in Anrechnung gebracht wird.

Ich kann mich deshalb meinerseits nur dringend für die An⸗ nahme des Eventualantrages des Hrn. Abg. Krause und Genossen aussprechen.

Abg. Dr. von Heydebrand und der Lasa spricht sich gegen den Antrag Avenarius aus; jede Klasse müsse ³l⅔ ihrer Mitglieder aus den Reihen der Angesessenen entnehmen.

§. 51 wird angenommen mit der Aenderung, daß die Angesessenen zwei Drittel der Mitglieder der Gemeinde⸗ vertretung stellen.

Nach §. 52 sollen als Gemeindeverordnete nicht wählbar sein: 1) die Beamten, welche die Aufsicht über die Gemeinde ausüben, 2) die besoldeten Gemeindebeamten, 3) die richter⸗ lichen Beamten, 4) die Beamten der Staatsanwaltschaft und die Polizei⸗Exekutipbeamten (in der Vorlage stand: Polizei⸗ beamten), 5) die Geistlichen, Kirchendiener und Volksschullehrer, 6) Frauen. Vater und Sohn, sowie Brüder dürfen nicht zugleich Gemeindeverordnete sein. 8 Abg. Czwalina beantragt, bez. der Polizei⸗Exekutivbeamten die Vorlage wieder herzustellen. Abg. von Jagow will Brüder zugleich als Gemeindevertreter

1“

Minister des Innern Herrfurth: 8 Hrn. Abg. von Jagow gegenüber möchte ich mir gestatten zu be⸗ merken, daß die Bestimmung, wie sie hier in der Vorlage enthalten ist, sich nicht bloß im gleichen Wortlaut in den Städteordnungen findet, sondern auch in den Landgemeindeordnungen für Westfalen und für die Rheinprovinz. Ich habe jedoch meinerseits erhebliche Bedenken gegen den von ihm gestellten Antrag nicht zu erheben, und zwar um so weniger, als nach der Beschlußfassung des §. 49. für die Ge⸗ meindevertretung als geborene Mitglieder auch noch hinzutreten sollen der Gemeindevorsteher und die Schöffen und als nun allerdings der Fall sehr häufig eintreten kann, daß durch gänzlichen Ausschluß von Brüdern sehr qualifizirte Personen von der Theilnahme an der Ge⸗ meindevertretung ausgeschlossen werden können, aus diesem Grunde will ich meinerseits ein Bedenken gegen den Antrag nicht geltend machen.

Dagegen bin ich in der etwas eigenthümlichen Lage, dem Antrage des Hrn. Abg. Czwalina, welcher auf Wiederherstellung der Regierungsvorlage gerichtet ist, widersprechen zu müssen aber, meine Herren, das, was die Kommission ihrerseits beschlossen hat, ist zwar formell eine Abänderung der Regierungsvorlage, materiell aber nur eine Klarstellung der Absicht derselben. Es han⸗ delt sich hier namentlich um die Frage, ob der Amtsvorsteher zum Gemeindeverordneten wählbar sein soll. Diese Frage hat die Regierung mit Ihrer Kommission bejahen wollen. Sie hat deshalb aber auch, damit nicht aus dem allgemeinen Ausdruck „Polizei⸗ beamte“ gefolgert werden könne, daß der Amtsvorsteher nicht wählbar sei, es für zweckmäßig erachtet, daß dieser Ausdruck „Polizeibeamte“ abgeändert werde in „Polizeiexekutivbeamte“.

Abg. Zelle: Es werde hier das bestehende Recht, welches alle

Polizeibeamten ausnehme, durchbrochen; der Amtsvorsteher, der eigent⸗ lich über dem Gemeindevorsteher stehe, solle unter denselben gestellt

werden. Nachdem noch Abg. Freiherr von Huene sich gegen den freisinnigen Antrag erklärt, wird §. 52 mit dem Antrag von

Jagow angenommen. Nach §. 53 sollen die Gemeindeverordneten auf sechs Jahre gewählt und alle zwei Jahre soll ⅛½ erneuert werden. . Abg. von Meyer (Arnswalde) will die Erneuerung eines Drittels von 2 zu 2 Jahren streichen, weil die Bauern das viele Wählen nicht leiden könnten. 1 —Abg. von Huene: Nachdem die Konservativen einmal für die Einführung einer Gemeindevertretung sich ausgesprochen hätten, müsse auch die Drittelerneuerung angenommen werden, weil sonst alle 6 Jahre eine ganz neue Gemeindevertretung gewählt werden müßte. Minister des Inne o Ich kann mich mit den Ausführungen des Freiherrn von Huene nur in allen Punkten einverstanden erklären. Eine der⸗ artige regelmäßige Vornahme von Ergänzungswahlen von zwei zu zwei Jahren hat einmal den Vortheil, daß eine Kontinuität in der Gemeindeverwaltung erhalten und die Tradition in der Gemeinde ausgebildet wird, und hat den zweiten Vortheil, daß die Gemeindevertretunz sich in fortwährender Fühlung mit der Gesammt⸗ heit der Gemeindestimmberechtigten lerhält. Ich bitte daher es, bei den Beschlüssen der Kommission bewenden zu lassen.— Der Antrag des Abg. von Meyer (Arnswalde) wird nur von den Abgg. von Below⸗Saleske und Gerlich unterstützt. 8. 53 gelangt unverändert zur Annahme. Im §. 55 wird, entsprechend der früher bezüglich der Listenaufstellung vorgenommenen Aenderung, auch die Zeit der Auslegung der Wahllisten in die Zeit vom 15. bis 30. Januar

(statt Juli) verlegt. 1b Zum §. 562 schlägt Abg. von Strombeck vor, die

Wahl der Gemeindeverordneten im Februar statt im November vornehmen zu lassen. Dann verstreiche allerdings eine ziem⸗ lich lange Frist bis zur Einführung der Neugewählten; aber das sei immer noch vorzuziehen dem Zustande, daß zwischen der Aufstellung der Listen im Januar und der Wahl im November ein so langer Zeitraum verfließe.

Minister des Innern Herrfurth:

Meine Herren! Ich glaube auch, daß der Hr. Abg. von Strombeck das Richtige getroffen hat, wenn er auch für die Wahl eine Ver⸗ frühung des Termins vorgeschlagen hat. Ob aber gerade der Februar der richtige Termin ist, ist mir nicht zweifellos; meines Erachtens ist die Frist für die Entscheidung der Reklamationen gegen die Wähler⸗ listen etwas zu kurz bemessen. Wenn die Wählerlisten vom 15. bis 31. Januar ausgelegt werden, so können die dort erhobenen Ein⸗ wendungen, die vielleicht erst in den letzten Tagen erhoben werden, noch nicht ihre Erledigung gefunden haben, wenn bereits im Februar die Wahl vorzunehmen ist, und es möchte sich vielleicht empfehlen, als Termin statt des Februars den März festzustellen.

Dann aber möchte ich doch der Erwägung anheimgeben, ob man nicht einen Schritt weiter gehen könnte und die Einführung der Neu⸗ gewählten nicht auf den Beginn des Kalenderjahres, sondern auf den Beginn des Etatsjahres, also auf den 1. April fixiren möchte. Dann würde sich meines Erachtens die Frist ganz gut dahin festsetzen lassen: Anfangs Januar wird die Liste aufgestellt; ausgelegt wird sie vom 15. bis 30. Januar, im Februar werden die Reklama⸗ tionen gegen die Listen entschieden, im März wird gewählt, am 1. April werden die Betreffenden eingeführt. .

Abg. von Strombeck nimmt diese Anregung auf. 6

Das Haus beschließt, die Wahlen im März stattfinden

u lassen. llen 3 ½ Uhr wird die weitere Berathung vertagt.

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Statistik und Volkswirthschaft.

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1 Die Lage der schlesischen Handweber u““ Auf die Immediateingabe der schlesischen Weber an den Kaiser ist, wie die „Schles. Ztg.“ mittheilt, von dem Minister für Handel und Gewerbe an die Weber Carl Pormann und Genossen zu Leut⸗ mannsdorf folgender, vom 6. d. M. datirter Bescheid ergangen: „Auf Ihre erneute, Namens der schlesischen Handweber des Eulengebirges unterzeichnete Immediateingabe vom 10. Januar cr. eröffne ich Ihnen im Allerhöͤchsten Auftrage, daß Se. Majestät der Kaiser und König aus Anlaß Ibrer Immediateingabe vom 28. April v. J. die sorgfältigsten und eingehendsten Untersuchungen über die Lage der Handweber im Eulengebirge angeordnet hatten. Dieselben wurden im vorigen Sommer vorgenommen und auch auf die Handweber der Kreise Neurode und Glatz ausgedehnt. Sie thaten dar, daß so⸗ wohl in diesen Kreisen wie in den Kreisen S; Reichenbach und Waldenburg die Erwerbsverhältnisse der Berufshandweber seit Jahrzehnten höchst dürftige sind und zur Deckung des kärglichsten

übermächtigen Konkurrenz der mechanischen Weberei und anderer⸗ seits in dem überaus zähen Festhalten der Weber an ihrem über⸗ kommenen Beruf. Der größte Theil der Handweber fertigt grobe Baumwollen⸗, Halbleinen⸗ und Leinenstoffe, in welchen der Hand⸗ stuhl nur noch zu unzulänglichen Löhnen mit dem mechanischen Stuhl konkurriren kann. Alle bereits in früheren Jahren unter⸗ nommenen Versuche, die Handweber oder ihre Kinder zu anderen Erwerbszweigen überzuführen, sind an der durchaus ablehnenden Haltung der Weber gescheitert. Sie wollen lieber bei ihrer, eine freie Bewegung gestattenden Hausindustrie ein kümmer⸗ liches Dasein fristen, als sich der strafferen Arbeitsordnung in einem anderen lohnenderen Erwerbszweige unterwerfen. Während des ver⸗ flossenen, ungewöhnlich strengen Winters hatte sich die Lage der Weber verschlimmert. Trotzdem ist ein allgemeiner außerordentlicher Nothstand auch in diesem Winter nicht eingetreten. Partielle Nothstände in einzelnen Ortschaften sind durch das Eingreifen der öffentlichen und privaten Fürsorge wirksam bekämpft worden. Seine Majestät der Kaiser und König legen das Hauptgew'at auf die zur Beseitigung der seit Jahrzehnten bestehenden chronischen Noth der Weber zu treffenden durchgreifenden und organischen Maßnahmen und begleiten die weitere Erörterung und Durchführung dieser Maßnahmen mit warmer Theilnahme Dieselben bezwecken die Förderung der Einführung neuer Erwerbszweige in die Weberdistrikte und die Ueberführung der Handweber und ihrer Kinder zu anderen Er⸗ werbszweigen. Sollen diese Maßnahmen den erwünschten Erfolg haben, so müssen die Handweber selhst die sich ihnen bietende Ge⸗ legenheit des Uebergangs zu einem anderen Beruf bereitwillig er⸗ greifen. In der Uebergangszeit müssen sie ferner ernstlich bemüht sein, die zur Besserung ihrer Lage möglichen Maßnahmen zu unter⸗ stützen, die gleichfalls der Erörterung unterliegen.“

1 FIFIur Arbeite . In Essen fand am Sonntag eine Bergarbeiter⸗Ver⸗ sammlung der Zablstelle I statt, in welcher, wie die „Köln. Ztg“ mittheilt, der Delegirte Margraf über den Pariser internationalen Bergarbeiterkongreß sprach. Das Ergebniß der Versammlung war die Annahme des nachstehenden Beschlusses: „Da die Berg⸗ arbeiter Deutschlands noch immer auf Erfüllung der For⸗ derungen: achtstündige Schicht, Lohnerhöhung u. w., ver⸗ gebens gewartet, die Kameraden aller andern Länder aber Grenz⸗ sperre versprochen haben, beantragt die von ungefähr 300 Mitgliedern besuchte Versammlung, daß der aus Vertretern des alten Verbandes wie des Bergarbeiterverbandes „Glückauf“ bestehende Ausschuß schleunigst eine Delegirtenversammlung der deutschen Bergarbeiter ein⸗ berufe, damit endlich unsere gerechte Sache zum Austrag gebracht wird.“ Die Theilnehmerzahl betrug in Wirklichkeit höchstens 150 Mann. In einer Bergarbeiterversammlung in Gelsenkirchen sprach an demselben Tage der Delegirte Brodam über den Pariser Kongreß. Brodam erklärte, falls die deutschen Unternehmer bei einem Aus⸗ stande in Belgien dorthin deutsche Kohlen lieferten, so wären sie für die Folgen verantwortlich. Die Versammlung protestirte, wie der Berliner „Volks⸗Ztg.“ geschrieben wird, gegen die Bestrafung des Kontraktbuchs und beschloß, die Aufhebung der Kündigungs⸗ frist in ihre Forderungen aufzunehmen.

Aus Aachen wird der „Köln. Ztg.“ telegraphirt, eine schwach besuchte Versammlung von Textilarbeitern habe Abstand ge⸗ nommen von einer Feier des 1. Mai und beschlossen, am 3. Mai einen Ausflug zu machen.

In Stuttgart bestanden bisher sieben Organisationen der Mekallarbeiter, welche einer Mittheilung des „Vorwärts“ zufolge zu einem einheitlichen lokalen Verbande vereinigt werden sollen. Eine Versammlung, welche am 4. d. M. stattfand, beschloß die sofortige Gründung einer Organisation, in welche jeder in der Metallindustrie be⸗ schäftigte Arbeiter aufgenommen werden kann unter Zagrundelegung eines Beitrags, welchen jeder leisten kann. Zur Durchführung dieses Be⸗ schlusses ist eine Kommission zu ernennen, welche binnen 4 Wochen einer weiteren Versammlung einen Statutenentwurf vorzulegen hat. Nach Annahme desselben durch die öffentliche Versammlung haben sich die bestehenden Branchenvereine in die neue Organisation aufzu⸗ lösen. Jeder Verein ernennt 1 bis 3 Mitglieder für die Kommission. In Leipzig wurde in einer Versammlung der Lindenauer Kürschnergehülfen am Sonntag mitgetheilt, daß sowohl der Rötha'er als auch der in einem dortigen Geschäfte ausgebrochene Kürschnerstrike und zwar ersterer mit einem für die Gehülfen günstigen Resultat beendet wären. Vier der in Lindenau am Strike betheiligten Gehülfen, deren Wiedereinstellung noch nicht hat durchgesetzt werden können, werden unterstützt. Eine Versammlung von etwa 100 Textilarbeitern (Spinnern, Spitzenwebern, Färbern, Wollsortirern, Wirkern u. s. w.) wählte, wie die „Lpz. Ztg.“ berichtet, Vertreter für das Gewerkschafts⸗ kartell und hörte dann den Bericht der Vertreter Leipzigs bei dem in Pößneck abgehaltenen Kongreß der deutschen Textilarbeiter.

In Darmstadt beschloß, wie dem „Vorwärts“ geschrieben wird der Arbeiter⸗Wahlverein Darmstadt II gemäß der auf dem internationalen Arbeiterkongreß zu Paris am 20. Juli 1889 an⸗ genommenen Resolution, am 1. Mai d. J für Einführung des acht⸗ stündigen Arbeitstages zu manifestiren. Da eine all⸗ gemeine Arbeitsruhe nicht zu empfehlen ist, soll diese Kundgebung durch eine am Abend des 1. Mai abzuhaltende Versammlung zum Ausdruck gebracht werden. Der Verein erklärt sich im Prinzip gegen eine Feier am ersten Sonntag im Mai, schließt sich aber in diesem Jahr der Majorität an; jedoch legt der Verein ganz energisch Protest ein gegen den Plan, die Maifeier künftig stets am ersten Sonntag des Monats abzuhalten. Für den 1. Mai d. J. verpflichtet sich jedes Mitglied des Vereins, ein Viertel seines Ver⸗ dienstes an die General⸗Kommission der Gewerkschaften Deutschlands abzuführen. Die Feier am Sonntag, den 3. Mai, wird mit dem Wahlverein Darmstadt I. zusammen abgehalten werden.

Aus Altenburg wird demselben Blatt mitgetheilt, daß die Differenzen in der Näͤhmaschinenfabrik von H. O. Diedrich zu Gunsten der Arbeiter beseitigt seien; doch seien Maßregelungen nicht ausgeschlossen. 8“

Wie der Berliner „Volksztg.“ aus Budapest gemeldet wird, erklärte eine ungarische Arbeiterversammlung, von den Be⸗ schlüssen des Pariser Arbeiter⸗Kongresses von 1889 nur jene annehmen zu können, welche im Rahmen der ungarischen Landesgesetze durchführbar seien. Ferner wurde beschlossen, sich an den Kund⸗ gebungen am 1. Mai nicht zu betheiligen. Die von der Versamm⸗ lung angenommene Resolution schließt: „Nicht Brod, sondern Vater⸗ land vor Allem!“

Aus Bradford liegt folgendes „Wolff'sche Telegramm“ vom

estrigen Tage vor: Bei dem heute Abend hierselbst abgehaltenen Meeking der strikenden Seidenweber kam es zu ernsten Die Polizei versuchte die Versammlung zu zerstreuen, wurde jedoch mit Steinen beworfen und zurück⸗ getrieben, wobei mehrere Polizisten Verwundungen davon⸗ trugen. Hierauf wurde die Aufruhrakte verlesen und eine Abtheilung Infanterie griff mit aufgestecktem Bajonett die Menschen⸗ menge an. Nachdem mehrere der aufrührerischen Arbeiter leicht ver⸗ wundet waren, wich die Menge der Truppenmacht.

Ruhestörungen.

1“ 8

Domänen⸗Verpachtung.

Nach einer Mittheilung der „Sondersh. Ztg.“ ist die im Kreis

Eckardtsberga bei Station Heldrungen belegene Königliche Domäne

Sachsenburg (498 ha, darunter 443 ha Acker) auf 18 Jahre neu

verpachtet worden. Das Höchstgebot betrug 48 150 ℳ, der bisheri e jährliche Pachtpreis dagegen 97 483 8

Alters⸗ und Invaliden⸗Versicherung. Der Ausschuß der Thuͤringischen Versicherungsanstalt für Alters⸗ und Invaliditäts⸗Versicherung hat den Bau eines eigenen Hauses und die Erwerbung eines dazu geeigneten Grund⸗ stücks beschlossen.

Lebensunterhaltes nur nothdürftig ausreichen. Die Ursachen dieser

zulassen.

bedrängten Lage der Berufshandweber liegen einerseits in der

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Kunst und Wißssenschaft.

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Der Verein für innere Medizin

hielt gestern (Montag) Abend im Architektenhause eine ordentliche Generalversammlung ab. Die zunächst vorgenommene Neuwahl des Vorstandes ergab die akklamationsweise Wiederwahl der bisherigen Mitglieder. Es fungixen daher als Vorsitzende die Hrrn. Geheimer Medizinal⸗Rath Professor Dr. Leyden, Professor Dr. Fräntzel und Geheimer Medizinal⸗Rath Professor Dr. Gerhardt, als Schriftführer Professor A. Fraenkel, Sanitäts⸗Rath Dr. P. Gutt⸗ mann und Dr. Jastrowitz, als Vorsitzender der Geschäftskommission Sanitäts⸗Rath Dr. Becher und als Rendant Geheimer Sanitäts⸗ Rath Dr. Marcuse. Nach weiteren Ergänzungswahlen zum Ver⸗ einsausschusse erfolgte die Erstattung des Kassenberichts. Die Jahres⸗ einnahmen des Vereins betrugen danach 9286 ℳ, denen 8562 Ausgaben gegenüber standen. Außer dem sich somit erge⸗ benden Ueberschusse von 724 besitzt der Verein ein in landschaftlichen Pfandbriefen angelegtes Vermögen von 6000 In Fortsetzung der Diskussion über die Vorträge des Hrn. Thorner: „Einige Erfahrungen über die Anwendung der Koch⸗ schen Lymphe für die Praxis“ und des Hrn. G. Klemperer: „Ueber den Stoffwechsel Tuberkuloser unter der Koch'schen Be⸗ handlung“ sprach darauf Hr. Schwabach über eine Reihe beobachteter Fälle von tuberkuloser Ohrenaffektion unter genauer Darlegung der verschiedenen Krankheitsstadien in den Einzelfällen. Angesichts des ungünstigen Verlaufs mehrerer dieser Krankheitsfälle wies der Vortragende darauf hin, daß er nicht festzustellen vermochte, ob und in welchem Zusammenhang jener ungünstige Verlauf in jede einzelnen Fall mit der Behandlung mit Tuberkulin gestanden habe. Das Schlußwort zu den das Koch'sche Mittel betreffenden Verhand⸗ lungen erhielt Hr. G. Klemperer. Derselbe betonte den Umschwung der Meinungen, welcher in Bezug auf die Beurtheilung des Tuberkulins im Laufe der Zeit stattgefunden, und glaubte unter Bezugnahme auf die Ergebnisse des Wiesbadener Kongresses der Ansicht Ausdruck geben zu können, daß eine gewisse Aussöhnung zwischen der alten und der neuen Methode stattgefunden habe; an der ersteren, der hygienischen Ernährungsmethode, werde man aber festhalten müssen, wenn man auch das Gute, welches die neue Methode ge⸗ bracht, gleichzeitig mit Dank acceptire. Schließlich entwickelte noch Hr. Lazarus auf Grund zahlreicher, mit einem eigens zu diesem Zwecke hergestellten Ex- und Inspirationsapparate vorgenommener Experimente seine Ansichten über das Wesen des Asthma bronchiale.

„— Der Vorstand des Vereins Berliner Künstler hat hiesigen Blättern zufolge seine Zustimmung dazu ausgesprochen, daß das Comité für die internationale Kunstausstellung durch Zuwahl einiger Mitglieder der städtischen Behörden verstärkt werde. Seitens des Magistrats ist der Stadtrath de Noève in das Ausstellungs⸗Comité abgeordnet worden. Die Stadtverordnetenversammlung entsendet ihrerseits in das Comité den Stadtverordneten⸗Stellvertreter Dr. Langerhans und den Stadtverordneten Wieck.

Im Auftrage der belgischen Regierung sind, wie der „Voss. Z.“ telegraphirt wird, der Maler de Vriendt und Bild⸗ hauer Devigne nach Berlin abgereist, um die von 130 Malern und 30 Bildhauern beschickte belgische Abtheilung der Berliner Kunst⸗ Ausstellung einzurichten.

Die große Ausstellung für Länder⸗ und Völker⸗ kunde in Köln verspricht, wie die „N. A. Z.“ berichtet, eine sehr reichhaltige und wissenschaftlich sehr werthvolle zu werden. Ihrem Direktor, dem bekannten Forschungsreisenden Kapitän J. Adrian Jacobsen, ist es u. A. gelungen, eine große Anzahl der hervorragend⸗ sten Forschungsreisenden und Handelshäuser für die Ausstellung zu gewinnen. Außer vielen Anderen betheiligen sich die Reisenden Prof. Dr. Joest, Dr. E. Seler, Dr. P. Ehrenreich, Kühn, besonders aber Dr. Kräusel mit seiner etwa 600 Nummern zählenden Sammlung aus den deutschen Schutzgebieten Togo und Kamerun, West⸗Afrika. Von großen Handelsfirmen werden ausstellen: die Weltfirma Carl Stangen⸗Berlin türkische und syrische Industrie, orientalische Zelte und ein ocientalisches Kaffeehaus; Karl Hagenbeck⸗Hamburg seine großartige Sammlung aus Nordwest⸗Amerika und seine singhalesische Sammlung; Puttfarken⸗Hamburg eine reichhaltige Sammlung indischer Produkte und Handelsobjekte. Besonders erwähnenswerth ist die etwa 500 Nummern umfassende Elfenbeinsammlung von Westendarp (Firma Heinr. Wilh. Meyer) in Hamburg, welche Alles enthält, was die Eingeborenen Indiens und Afrikas an Geräthen und Zierrathen aus Elfenbein herstellen. Diese Samm⸗ lung hat Hr. Westendarp im Laufe von zwanzig Jahren, zum Theil auf seinen eigenen überseeischen Besitzungen, zusammengebracht. Eine besondere Anziehungskraft werden die Samm⸗ lungen von Umlauff⸗Hamburg ausüben. Sie enthalten eine Reihe lebensgroßer Gruppen von Völkertypen mit den entsprechenden Thieren und ethnologischen Gegenständen. Diese Sachen werden nicht, wie dies in Museen, des knapp zugemessenen Platzes wegen, leider ge⸗ schehen muß, als einzelne Stücke neben einander vorgeführt, sondern in ihrer Zusammengehörigkeit, um so ein lebendiges Bild des Lebens und Treibens der Naturvölker zu geben. Von diesen figurenreichen Gruppen sind bereits eine Tigerjagd mit Elephanten, ein lapp⸗ ländisches Lager mit Schlittenfahrern, eine Eskimofamilie, Scenen aus Forschungzsreisen in Afrika fertig gestellt; andere werden folgen. Auch eine große naturhistorische Sammlung wird sich anschließen.

Am 7. April, dem Todestage Wilhelm von Kaulbach's, wurde, wie der „Voss. Z.“ mitgetheilt wird, das kleine, der Erinnerung des Meisters gewidmete Museum in dem neuen, seiner Familie ge⸗ hörigen Hause Nr. 12 der Kaulbachstraße in München eröffnet. Dieses Haus verdient um so mehr das Interesse aller Kunstfreunde, als in ihm auch die Skizzenbücher Kaulbach's, die bisher in einem Schrank verschlossen waren, dem Publikum zugänglich gemacht worden sind. Die Wände sind zumeist mit Cartons zu des Künstlers großen und bekannten Werken bedeckt, wie „Nero“ „Hunnenschlacht“, „Thurmbau zu Babel“, „Otto III. in der Gruf Karl's des Großen“. 1 zur „Sint⸗

Daneben sieht man die Entwürfe zur „S fluth“, einem Riesenbilde, über dem Kaulbach vom Tode ereilt worden ist. Im Treppenhause haben der „Deutsche Michel“ und zahlreiche Cartons, befonders derjenige der „Schlacht von Salamis“. Platz gefunden.

Anläßlich des fünfundzwanzigsten Jahrestages ihrer Gründung hielt laut Meldung des „W. T. B.“ die Rumänische Akademie der Wissenschaften in Bukarest gestern eine feierliche Sitzung unter dem Präsidium des Königs und in Gegenwart der Königin und des Thronfolgers ab. Der König hielt eine An⸗ sprache, welche lebhaften Beisall hervorrief. Die Königin verlas ein selbstverfaßtes, noch nicht veröffentlichtes Gedicht. Unter die An⸗ wesenden wurde eine Gedenkmedaille vertheilt. Abends fand ein Galadiner zu siebzig Gedecken zu Ehren der Akademiker stat!, an welchem auch die Ehrenmitglieder und Korrespondenten theilnahmen.

In der letzten Hauptversammlung des Vereins für deut⸗ sches Kunstgewerbe wurde das Ergebniß der Monats⸗Konkurrenz für April, betreffend Entwürfe zur Decke eines Damenzimmers, ver⸗ öffentlicht. Es waren 15 Entwürfe eingegangen, darunter viele sehr anerkennenswerthe Arbeiten. Den ersten Preis erhielt Maler O. B. Drabig, Lindenstraße 111; den zweiten: Modelleur Karl Below, Mauerstraße 83. Eine ehrenvolle Erwähnung wurde zuerkannt den Hrrn. Otto Mörbitz, Wilbelmstraße 3; Richard Böhland,

Bildhauer Herm. Thieler, Oranienstraße 189, und Ernst Peters, Schönebergerstraße 3. Sämmtliche Arbeiten werden in der nächsten Vereinssitzung (Mittwoch, den 29. April, 8 ½ Uhr Abends, im Architektenhause) ausgestellt. Hr. Hof⸗Kunsthändler Quaas hielt einen Vortrag über Produktion in Kunst und Industrie, in welchem er besonders die Musterschutzgesetzgebung besprach und Vorschläge zur Verbesserung derselben machte. Es knüpfte sich hieran eine längere lebhafte Besprechung.

Im Wettbewerbe um eine neue evangelische Kirche in Gießen sind dem „Centr.⸗Bl. d. Bauv.“ zufolge zwei gleiche Preise (in Höhe von je 1600 ℳ) an die Architekten Grisebach und Dinklage in Berlin und Regierungs⸗ und Stadtbaumeister Richard Schultze in Friedrichshagen bei Berlin ertheilt worden. Zum An⸗ kauf empfohlen wurden die Pläne des Architekten Vollmer⸗Berlin und Chr. Hehl⸗Hannover.

Die Generalversammlung der deutschen Shake⸗ speare⸗Gesellschaft findet am 23. April in Weimar statt. Den Festvortrag hält Hr. Dr. R. Genée über „Shakespeare's scenische K 1 4 2 8 4 28 * 4

Formen und ihre Verhältnisse zur Bühne“. Die Tagesordnung um⸗ faßt die üblichen Punkte: Erstattung des Jahresberichts, Rechnungs⸗ legung und Entlastung des Schatzmeisters u. s. w. Am Tage vorher tritt der Vorstand zu einer Sitzung zusammen

Die Alterthümersammlung der Universität Christiania hat kürzlich einen interessanten Depotfund aus dem Bronzealter, der in der Nähe der Stadt Frdrikstad unter einem Stein angetroffen wurde, erhalten. Der Fund besteht aus zwei Bronzehängegefäßen, das eine davon mit Deckel, einer brillenförmigen Bronzespange und einem Bronzehalsring mit einer ornamentirten Platte an dem mittleren Theile. In Norwegen sind bisher nur zwei solcher Hänge⸗ gefäße und zwei ähnliche Spangen gefunden worden

Wie uns aus Kopenhagen mitgetheilt wird, waren nach dem kürzlich erstatteten ausführlichen Bericht der Direktion für die Be⸗ wahrung der antiguarischen Denkmäler in Dänemark am Schluß des vorigen Jahres 1422 antiquarische Denkmäler, vertheilt über das ganze Land, unter staatlichen Schutz gestellt. Von diesen Denkmälern sind 86 größere aus Steinblöcken errichtete Ganggräber, 113 Lang⸗ gräber, 41 Rundgräber, 73 andere Gräber, 985 Grabhügel, 105 Bauta⸗ steine und Bildersteine (hällristningar), 13 Burgwälle und Ruinen sowie 6 Denkmäler besonderer Art.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

XVII. Mastviehausstellung in Berlin.

Für die Mastviehausstellung, welche am 29. und 30. April hier⸗ selbst stattfindet, sind außer der als höchster Schweinezüchterpreis bestimmten goldenen Staatsmedaille vom landwirthschaftlichen Ministerium sechs Bronze⸗Thierstatuetten als Züchterehrenpreise aus⸗ gesetzt. In weiterer Ausdehnung wie bisher werden in diesem Jahre Ausschlachtungen von Ausstellungsthieren stattfinden, theils zur Be⸗ lehrung der Interessenten, theils im Interesse der Preisrichter, die sich dadurch überzeugen können, inwieweit ihr Urtheil richtig ausgefallen ist. Konkurrenzen der Züchter unter sich sind bisher drei angemeldet. In Annexen werden wieder Zuchtböcke und Eber ausgestellt sein.

Saatenstand in Ungarn

für die Zeit vom 5. bis einschließlich 10. April.

In den letzten Tagen förderte die Witterung nicht im Mindesten die Entwicklung der ohnehin nicht im besten Zustande befindlichen Vegetation; vielmehr hat sie dieselbe in einzelnen Gegenden in ihrer Entwicklung gänzlich zurückgeworfen. Die Berichte sprechen wieder von einem Rückgange der Saaten. In manchen Theilen des Landes konnte man das Säen nicht fortsetzen oder gar nicht beginnen. Von den Getreidesaaten ist der Zustand des Herbstweizens ver⸗ hältnißmäßig im Durchschnitt befriedigend. Auf das seit einigen Tagen eingetretene Regenwetter wird mit dem Weizen hoffentlich auch noch Gerste, der Raps und hier und da auch Roggen das erwünschte Entwickelungsstadium erreichen. In Betreff des Herbst⸗ roggens sind die Aussichten zufolge der in großen Dimensionen auf⸗ getretenen Faulung sehr fraglich. Der übrig gebliebene Raps ist, wo ihn Frost und Schnee nicht zu Grunde gerichtet haben, ziemlich schön, zumeist aber fleckig und schwach. Die Gebiete der zu Grunde gegangenen und sehr schwachen Getreide⸗ und Rapsfaaten werden allgemein für Frühjahrssaaten aufgeackert. Der Hasfer ist noch größtentheils im Keimen.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.

Malta. Laut Verfügung der Lokalregierung vom 21. März 1891 werden Arkünfte von der arabischen Küste des Rothen Meeres einer zwölftägigen Quarantäne unterworfen. Leinenzeug, Kleidungsstücke oder andere giftfangende Gegenstände dürfen erst nach erfolgter Des⸗ infektion eingelassen werden.

Der Gesundheitszustand in Berlin war in der Woche vom 29. März bis 4. April cr. ein guter und auch die Sterblichkeit blieb eine günstige (von je 1000 Einwohnern starben, aufs Jahr be⸗ rechnet, 17,8). Etwas häufiger als in der Vorwoche kamen akute Entzündungen der Athmungsorgane zum Vorschein, die auch in größerer Zahl zum Tode führten. Dagegen ge⸗ langten akute Darmkrankheiten weniger zur Behandlung und endeten auch seltener tödtlich. Die Theilnahme des Säuglingsalters an der Sterblichkeit war nur wenig gegen die Vorwoche verändert; von je 10 000 Lebenden starben, aufs Jahr berechnet, 55 Säuglinge. Das Vorkommen der Infektions⸗ krankheiten blieb ein beschränktes. Erkrankungen an Masern,

schs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen S

Berlin, Dienstag, den 14. April

Musik bezeichnet und zur Zeit 15 Clifton Street, Finsbury E. C., wohnt. Derselbe hat, dem Vernehmen nach, Besitzer von Streichinstrumenten in Deutschland vielfach geschädigt, und es sind insbesondere sieben Fälle bekannt geworden, in welchen der Genannte beschuldigt wird, durch Annoncen in deutschen Zeitungen und daraufhin angeknüpfte Correspondenzen Personen in Deutschland dazu bewogen zu haben, ihm Violinen resp. andere Saiteninstrumente zur Probe und zum event. Ankauf zu übersenden. Einmal im Besitz der Instrumente, hat er sich aber dann, wie versichert wird, der bedungenen sofortigen Zahlung des Kaufpreises unter Ausflüchten aller Art voll⸗ ständig zu entziehen gewußt. Gerichtlich gegen ihn vorzugehen, ist bei seiner anscheinenden Mittellosigkeit unthunlich.

Obgleich schon mehrfach, insbesondere in musikalischen und in Zeitschriften für Instrumentenbau, vor dem Genannten gewarnt worden ist, haben sich immer wieder Personen ge⸗ funden, welche demselben ihr Vertrauen schenkten. Es erscheint daher angezeigt, erneut auf sein Treiben hinzuweisen.

n und Koks sien. 17, nicht rechtzeitig

Tägliche Wagengestellung für Kohl an der Ruhr und in Oberschl

am 13. April gestellt 10 3

An der Ruhr sin gestellt keine Wagen.

Subhastations⸗Resultate.

Beim Königlichen Amtsgericht I Berlin standen die nach⸗ verzeichneten Grundstücke zur Versteigerung: Potsdamerstraße 61, dem Gürtlermeister August Timm gehörig. Das geringste Gebot wurde auf 41 000 festgesetzt. Für das Meistgebot von 535 000 wurde der Kammerherr und Major Freiherr Werner Hesse von Hessenthal zu Berlin Ersteher. Ferner Hirtenstraße 22, dem Tapezier Friedrich Gustav Schoepf gehörig. Das geringste Gebot wurde auf 36 300 festgesetzt. Ersteber wurde der Brunnenbau⸗ meister Louis Gien, Lindenstraße 26, für das Meistgebot von 96 000

Berlin, 11. April. (Wochenbericht für Stärke, Stärkefabrikate und Hülsenfrüchte von Max Saberskv.) Ig. Kartoffelmehl 24 ¼ 25 ℳ, Ia. Kartoffelstärke 24 ¼ 25 ℳ, IIa. Kartoffelmehl und ⸗Stärke 22 ½ 23 ½ ℳ, feuchte Kartoffel⸗ stärke loco und Parität Berlin 14,50 Gd., Fabriken bei Frankfurt a. O. zahlen frei Fabrik 14.00 ℳ, gelber Syrup 29 29 ½ ℳ, Capillair⸗ Export 31 31 ½ ℳ, Capillair⸗Syrup 30 30 ½ ℳ, Kartoffelzucker Capillair 30 ½ —931 ℳ, do. gelber 29 ½ 30 ℳ, Rum⸗Couleur 36 37 ℳ, Bier⸗Couleur 36 37 ℳ. Dertrin, gelb und weiß, Ia. 33 34 ℳ, do. sekunda 27 28 ½ ℳ, Weizenstärke (kleinst.) 43 44 ℳ, Weizenstärke (großst.) 45 ½ 46 ½ ℳ, Hallesche und Schlesische 45 ½ 46 ½ ℳ, Schabe⸗Stärke 36 37 ℳ, Mais⸗ Stärke 32 33 ℳ, Reisstärke (Strahlen) 46 47 ℳ, do. (Stücken) 44 45 ℳ, Victoria⸗Erbsen 19 21 ½ ℳ, Kocherbsen 16 ½ 21 ℳ, grüne Erbsen 18 21 ℳ, Futtererbsen 15 ½ —16 ℳ, Leinsaat 24 24 ½ %, Linsen, große 34—44, do. mittel 24 34, do. kleine 18 24 ℳ, gelb. Senf 20 26 ℳ, Kümmel 36 41 ℳ, Buchweizen 15 17 ½ ℳ, Mais loco 16 16 ½ ℳ, Pferdebohnen 14 ½ 15 ½ ℳ, inländische weiße Bohnen 20 23 ℳ, breite Flachbohnen 22 26 ℳ, ungarische Bohnen 19— 21 ℳ, galizische und russische Bohnen 17 20 ℳ, Wicken 12 ½ 13 ½ ℳ, Hanfkörner 21 23 ℳ, Leinkuchen 16 ½ 17 ℳ, Weizenschale 11 11 ½ ℳ, Roggenkleie 11 ½ 12 ℳ, Rapskuchen 13 ½ 14 ½ ℳ, Mohn, weißer 54 64 ℳ, do. blauer 48 54 ℳ, Hirse, weiße 20 23 Alles per 100 kg ab Bahn bei Partien von mindestens 10 000 kg.

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Die „Rhein⸗⸗Westf. Ztg.“ berichtet vom rheinisch⸗west⸗ fälischen Eisen⸗ und Stahlmarkt: Der rheinisch⸗west⸗ fälische Eisenmarkt zeigte in der abgelaufenen Woche keine nennens⸗ werthen Aenderungen. Erze und Roheisen sind anhaltend schwach, während für Walzeisen eine etwas bessere Nachfrage anhält. In Eisenerzen war der Markt in den Siegerlanden in der letzten Woche wiederum flau; die Preise sind in den letzten Wochen abermals zurück⸗ gegangen, und die Notirungen sind bereits vielfach unter den Selbstkosten angelangt, es ist daher nicht zu verwundern, daß viele Gruben ihren Betrieb einschränken. Auch Nassauischer Roh⸗ eisenstein ist in letzter Zeit im Preise zurückgegangen. Minette be⸗ hauptet sich nur schwach auf ihren Sätzen, findet jedoch noch befriedi⸗ genden Absatz. Das Roheisengeschäft liegt immer noch sehr im Argen. Man kauft meist nur kleinere Posten, und im Allgemeinen ist die Nachfrage sehr schwach. Für mäßigen Betrieb reichen in Puddelroheisen die Aufträge vereinzelt noch bis Mitte Juni. Auch im Siegerlande ist Roheisen sehr still, da die Walzwerke nur sehr mäßig beschäftigt sind, und auch für Spiegeleisen ist in letzter Zeit das Geschäft sehr ruhig geworden. Namentlich fehlen Ausfuhraufträge, auf die man dort hauptsächlich angewiesen ist. Das ganze Eisengeschäft drängt in der dortigen Gegend auf billigere Rohmaterialien, besonders Kohlen und Koks. Dazu kommt noch, daß die Kauflust durch die Befürchtung eines möglichen Arbeiterausstandes, an den jedoch die Industriellen kaum mehr glauben, gelähmt wird. Das Walzeisengeschäft zeigt im Ganzen und Großen wenig Aenderung. Die Nachfrage nach Stabeisen ist in letzter Zeit ziemlich stark, wenigstens soweit das Inland in Betracht kommt. Ausfuhraufträge sind sehr beschränkt. Immerhin übertrifft für die beiden ersten Monate des Jahres die Ausfahr im deutschen Zollgebiet für Stabeisen und Formeisen noch die der ent⸗ sprechenden Monate des vorigen Jahres. Die Preise sind fest und zeigen sogar eine steigende Tendenz. Formeisen ist gut gefragt, jedoch des auswärtigen Wettbewerbes wegen in der Preishaltung schwach. Ueber Bandeisen ist nichts Neues

Scharlach und Unterleibstyphus kamen nur vereinzelt zur Anzeige, auch Erkrankungen an Diphtherie waren seltener und kamen aus keinem Stadttheil in nennenswerther Zahl zur Meldung. Er⸗ krankungen an Wochenbettfieber haben ebenfalls abgenommen, auch rosenartige Entzündungen des Zellgewebes der Haut gelangten seltener zur ärztlichen Behandlung. Erkrankungen an Keuch⸗ husten wurden gleichfalls weniger beobachtet, doch war die Zahl der gemeldeten Sterbefälle eine erheblich größere (10) als in der vorher⸗ gegangenen Woche. Rheumatische Beschwerden der Muskeln sowohl wie akute Gelenkrheumatismen zeigten gegen die Vorwoche keine wesentliche Aenderung in ihrem Vorkommen. Rom, 13. April. Amtlich verlautet, in Folge der türkischen Quarantäne für die Provenienzen aus Massovah sind vom Gouverneur Informationen eingeholt worden. Derselbe habe die Gesundheitsverhältnisse als sehr gute bezeichnet. Der Minister⸗ Präsident di Rudini ersuchte demnach die Pforte um Aufhebung der Quarantäne.

Kopenhagen, 13. April. Gegen Provenienzen aus Neavpvel sind die gegen die Einschleppung ansteckender Krankheiten zu ergreifenden Maßnahmen angeordnet.

Handel und Gewerbe. ““

Jahren lebt in London ein gewisser

Strelitzerstraße Architekt Zetzsche,

rnstein, der sich als Professor der

haben.

Altonaer Straßenbahn⸗Gesellschaft an und

zu berichten. Bleche, Grobbleche sowie Kesselbleche gehen im Ganzen und Großen noch schlecht ab, obgleich einige Werke ziem⸗ lich gut beschäftigt sind und eine befriedigende Nachfrage zu verzeichnen Feinbleche sind leidlich gefragt und es wurden in letzterer Zeit auch etwas bessere Preise erzielt. In Walzdraht, gezoge⸗ nen Drähten und Drahtstiften ist Alles beim Alten geblieben. Die Bahnwagenanstalten sind befriedigend beschäftigt. Die Eisengießereien und Maschinenfabriken sind in letzter Zeit wieder etwas besser beschäftigt.

Wie die „Köln. Ztg.“ vernimmt, wied die Aktiengesell⸗ schaft für Bergbau⸗, Blei⸗ und Zinkfabrikation zu Stolberg für die privilegirten Aktien eine Dividende von 8 ½ % und sür die Stammaktien eine solche von 3 ½ % vertheilen.

Der Elberf. Ztg.“ zufolge beschloß die Generalversammlung der Vaterländischen Lebensversicherungs⸗Aktiengesell⸗ schaft die Vertheilung einer Dividende von 5 %.

—.Aus Washington berichtet ein „Wolff'sches Telegramm“ vom gestrigen Tage: Das Oberste Bundesgericht hat sich gegen die Verfügung der Zolldirektoren von New⸗York und Chicago ausgesprochen, nach welcher wollene Kleiderstoffe, wenn ihnen auch nur einige Prozent Baumwolle beigewebt sind, als halb⸗ wollene Stoffe zu verzollen seien. 1

Hamburg, 13. April. (W. T. B.) Die Generalversamm⸗ lung der Straßeneisenbahngesellschaft in Hamburg nahm den Antrag auf Fusion mit der Großen Hamburg⸗ genehmigte

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