1891 / 90 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 16 Apr 1891 18:00:01 GMT) scan diff

errichteten Arbeiterausschüsse“ aufgenommen werden sollen; endlich wollen die Abgg. Dr. Gutfleisch, Hähnle u. Gen. die Schlußworte „bestellt werden“ in Ziffer 1 ersetzen durch die Worte „bestellt und durch gemäß den Be⸗ stimmungen unter Ziffer 4 gewählte Vertreter der den er⸗ wähnten Kasseneinrichtungen nicht angehörigen Arbeiter er⸗ gänzt werden“.

Abg. Schmidt (Elberfeld):

1. Januar 1891

Die Sozialdemokraten bekämpften die Arbeiterausschüsse und wollten dafür die Arbeiterkammern ein⸗ führen, aber diese beiden Institutionen ließen sich gar nicht mit einander in Parallele stellen. Die Arbeiterausschüsse würden zweifellos den Klassengegensatz zwischen Arbeitern und Arbeitgebern vermindern helfen. Es liege ein Bedürfniß des Meinungsaustaufches zwischen Arbeitern und Arbeitgebern vor, und wenn diesem Bedürfniß durch Arbeiterausschüsse Genüge geleistet werde, so werde das persönliche Verhsliniß nicht verschlechtert, sondern im Gegentheil ver⸗ bessert. Es sei ja möglich, daß die Arbeiterausschüsse eine gewisse Unbequemlichkeit und Komplikation mit sich führten. Aber schon jetzt zeige die Erfahrung, daß die Arbeiterausschüsse eine günstige Einwirkung hätten. Durch Arbeiterausschüsse werde das gemeinsame Interesse beider Parteien in gleichem Sinne gewahrt, und bei entgegenstehenden Interessen werde durch Verhandlungen ein billiger Ausgleich herbeigeführt. Die Kommission babe sich dafür entschieden, die Arbeitere usschüsse nicht obligatorisch einzuführen, und wie heute die Dinge lägen, halte er es auch so für besser, wenn das Vertrauen zu den Arbeiterausschüssen wachsen solle, daß sie nicht allen Fabriken aufoctrovirt würden. Daß die Arbeiterausschüsse bei ruhiger Entwickelung überall eintreten würden, sei ihm nicht zweifelhaft. Auch sei ihm klar, daß die Ar⸗ beiterausschüsse, wenn sie aus geheimen Wahlen der Arbeiter hervor⸗ gingen, nützlich wirken würden. Sein Antrag, der sich auf die Prä⸗ klusivfrist beziehe, wolle verhindern, daß da, wo jetzt keine Ausschüsse beständen, schnell zwischen heute und dem Inkrafttreten des Gesetzes solche gebildet würden, welche dann nicht den in diesem Gesetz ent⸗ haltenen Kontrolen unterliegen würden. Der Abg. Bebel wolle ja selbst die zur Fabrikführung nöthige Disziplin aufrecht erhalten wissen, neine aber, daß die dazu nöthigen Strafbestimmungen von einzelnen Werkmeistern mißbräuchlich gehandhabt werden könnten. Er (Redner) gebe das zu, aber dagegen gebe es als Aushülfsmittel nur die Arbeiter⸗ ausschüsse. Von den Arbeiterkammern verspreche er sich aber diese Wirkung nicht, denn Kammern, welche sich auf Bezirke, in welchen 200 400 000 Arbeiter existirten, erstreckten dätten ganz andere Auf⸗ gaben zu erfüllen. Daß die Arbeiterausschüsse durch die Unternehmer beeinflußt würden, daß man Mitglieder der Ausschüsse, die sich den Unternehmern als mißliebig erwiesen, aus der Arbeit entlasse, fürchte er nicht. In einzelnen Fällen werde das ja vorkommen können, aber üsse doch nicht von einzelnen Fallen auf die Allgemeinheit schließen, und schließlich seien die Unternehmer gewissermaßen auch Menschen, unter denen es gute und schlechte gebe. Man habe bis jetzt den Fehler begangen, daß man die Arbeister zur Verwaltung hrer Angelegenbeiten nicht mit herangezogen habe, daß man wohl etwas für sie, aber nichts durch sie habe thun wollen, ietzt solle dieser Zustand abgeändert werden. Gerade wer für die Freiheit des Arbeitsvertrages eintrete, müsse für diese Besserung eintreten, und dafür, daß diese Besserung von unten herauf vorgenommen werde, wie z in den Arbeiterausschüssen ermöglicht werde. Große Worte thäten s hierbei nicht, sagten ja die Sozialdemokraten selbst, hier müsse die Sache praktisch angefaßt werden, und das thue man nicht mittels der Arbeiterkammern, sondern der Arbeiterausschüsse. Die Arbeiter⸗ ammern, wie sie von dem Abg. Bebel vorgeschlagen seien, bildeten ie merkwürdigste Mischung von Bureaukratie und Absolutigzmus; die ammern seien künstliche Zusammenstellungen der Interessen⸗ egensätze, ohne auch nur den Versuch zu machen, zwischen sen Gegensätzen irgendwie zu vermittels. In den Kammern bei Stimmengleichheit ein Antrag abgelehnt gelten,

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als und der Vorsitzende habe keine Stimme das bedeute also, daß

niemals von den Kammern eine Entscheidung getroffen werden könne, mit alleiniger Ausnahme der Fälle, wo die Kammer als Berufungsinstanz fungire und wo auch der Vorsitzende eine Stimme habe. (Präsident von Levetzow macht den Redner darauf aufmerksam, daß weder in der Vorlage, noch in irgend einem der Amendements die Arbeiterkammern erwähnt werden, es also unzulässig sei, sich in weitem Umfang über die Arbeiterkammern zu verbreiten). Er habe geglaubt, die Arbeiterkammern als Gegensatz der zur Verhandlung stehenden Arbeiterausschüsse bebandeln zu ürfen. Jedenfalls müsse man sich davor büten, solche Arbeiter⸗ bertretungen einzuführen, die eine Verquickung von Verwaltungs und von Aufsichtsstelle bildeien. Im Uebrigen empfehle er seinen Antrag bezüglich der den Kasseneinrichtungen nicht angehörigen Arbeiter. Es handele sich dabei namentlich um Betriebskrankenkassen, die nicht alle Arbeiter des Betriebes umfaßten und deren Vorstand als Arbeiterausschuß bestellt sei. Sein Antrag wolle, daß auch diesen nicht zur Kasse gehörigen Arbeitern die Betheiligung bei der Zu⸗ sammensetzung des Ausschusses zugesichert werde. Abg. Bebel: Das Lob der Arbeiterausschüsse sei heute in solchem Maße gesungen worden, daß man sich wundern müsse, wes⸗ halb man denn nicht zu ihrer obligatorischen Einrichtung gekommen sei. Die Thatsache, daß man davon habe absehen müssen, zeige schon, daß die Lobeserhebungen ibren Haken haben müßten. Der Abg. Oechel⸗ häuser bezeichne sie als am Besten geeignet, den Kampf gegen die Sozialdemokratie aufzunehmen. Das sei um so verwunderlicher, als sie vielfach aus Sozialdemokraten zusammengesetzt sein würden. Eine ärgere Selbsttäuschung könne es nicht geben, wie es überhaupt eine eigenthümliche Anschauung sei, daß man mit derartigen Palliatip⸗ mitteln den großen Klassenkampf aus der Welt schaffen könne. Daß Arbeiterausschüsse, in denen Sozialdemokraten säßen, mit den Arbeit⸗ gebern, wie der Abg. Oechelhäuser zugebe, gut zusammenarbeiteten, beweise nur, daß die sozialdemokratischen Arbeiter nicht die Hetzer seien, für die man sie ausgebe. Der Abg. Wöllmer empfehle die Arbeiterausschuüsse als eine Art konstitutionellen Systems. Wären sie wirklich ein konstitutionelles System, so würde seine (des Redners) Partei darüber diskutiren, aber davon sei garnicht die Rede. Die ein⸗ zelnen Bestimmungen des §. 134h zeigten ganz deutlich, daß die Gleichberechtigung der Arbeiter innerhalb der Arbeiterausschüsse nicht zum Ausdruck komme. Es stehe vielmehr ganz in dem Belieben des Unternehmers, wie er die Ausschüsse zusammensetzen wolle. Er habe es in der Hand, eine Art Filtrirsystem einzuführen, sodaß nur die Arbeiter in den Ausschuß gewählt würden, die er darin haben wolle. Damit könne seine Partei sich nicht einverstanden erklären. Solche Ausschüsse bedeuteten nichts weiter, als ein scheinkonstitutionelles Feigenblatt, um den Fabrikfeudalismus zu verdecken. Wären genaue Vorschriften gegeben, auf Grund deren sich annehmen ließe, daß der Wille der Arbeiter in der Wahl der Vertreter zum Ausdruck komme, dann hätte der Ausschuß einen Sinn. Immer bliebe aber noch die Befürchtung, daß die Unternehmer diejenigen Elemente in den Ausschüssen, die ihnen unbequem würden, maßregelten und ent⸗ fernten. Für den Abg. Oechelhäuser seien die Arbeiterausschüsse das Mittel, um die soziale Harmonie und den sozialen Frieden herzustellen. Es sei Täuschung zu meinen, daß seine (des Redners) Partei nicht ein friedfertiges Verhältniß zwischen Unter⸗ nehmern und Arbeitern wolle. Ihre Betheiligung bei dem Zu⸗ standekommen der Gewerbegerichtsbarkeit bekunde das Gegenth Genau dasselbe sei in Bezug auf die Arbeiterkammern der Seine Partei verkenne gar nicht und habe es bewiesen, raß der heutigen Gesellschaft es eine große Zahl von Punkten gebe, die heutige Gesellschaft ohne die mindeste Gefahr für ihre E⸗ den Arbeitern bewilligen könnte und vernünftigerweise bemiligen sollte. Seine Partei sage nur, innerhalb der heutigen Gesell chaft sei es überhaupt undenkbar, Klassengegensätze, wie sie aus der Natut ber Dinge hervorgegangen seien, zu beseitigen; vor dieser Täuschung suche man den Arbeiter zu bewahren. Warum solle es nicht mäglich sein, ein friedliches Verhältniß zwischen den Unternehmern und Arbeitern herzustellen, Damit werde aber der soziale Kampf nicht beseitigt. Das sei ein Klassenkampf, während die Kämpfe, die

heute geführt würden, meist Kampf zwischen den einzelnen Unter⸗ nehmern und ihren Arbeitern seien. Der Abg. Schmidt habe ge⸗ meint, die Arbeiterkammern könnten nicht das erreichen, was die Arbeiterausschüsse erreichen sollten. Nur in dem Punkte, daß die Arbeiter bei der Begutachtung der Fabrikordnung zu Rathe gezogen werden sollten, stimmten die Arbeiterkammern mit den Arbeiterausschüssen überein. In allem Uebrigen sei der Wirkungs⸗ kreis der Arbeiterkammer ein vollkommen verschiedener. Der §. 134 h in seiner Gesammtheit sei für seine Partei prinzipiell unannehm⸗ bar; sie habe daber auch keine Veranlassung, mit Abänderungsvor⸗ schlägen für die Organisation de Arbeiterausschüsse hervorzutreten. Abg. Dr Hirsch: Die Sozialdemokratie zeige nach Bedürfniß zwei verschiedene Gesichter, auch wenn es sich um Dinge handele, die nach ihrer Meinung auf dem Boden der bestebenden Gesell⸗ schaftsordnung geordnet werden könnten. Sie wolle den Frieden zwischen Arbeitern und Arbeitgebern überhaupt nicht, darum trete sie den Arbeiterausschüssen entgegen Der Abg. Bebel⸗ meine, daß zwischen Arbeiterausschüssen und Arbeiterkammern nichts Gemeinsames sei. Das Eemeinsame sei das große Prinzip, daß durch Zusammenwirken der Arbeitgeber und Arbeiter elwas Ersprießliches für beide sich erzielen lasse. Die Zusammensetzung der Ausschüsse sei keineswegs in das Belieben der Unternehmer allein gelegt. Den Unternehmern sei nicht eine Musterkarte von Wahlmodis zur Verfügung gestellt, aus denen sie zu wählen haben; der Wahlmodus sei vielmehr fest vor⸗ geschrieben, die übrigen Modi seien nur Surrogate für die Fälle, wo Ocganisationen bereits beständen. Ueberall aber sei das Prinzip der unmittelbaren und geheimen Wahl festgehalten. Damit sei die Garantie gegeben, welche die Sozialdemokraten verlangten. Man werfe seiner Partei die Mangelhastigkeit und Unvollkommenheit der Institution der Arbeiterausschüsse vor. Alle solche Institutionen seien gber aus kleinen Anfängen erwachsen; das gelte auch von den Arbeiterausschüssen, die sich erst noch vervollkommnen müßten. Aber die Sozialdemokraten verwürfen sie als unvollkommen, weil sie überhaupt keinen Sinn für das geschichtlich Gewordene hätten Seine Partei begrüße die Arbeiterausschüsse als segensreiche Einrichtung, ohne andererseits übertriebene Erwartungen daran zu knüpfen. Er bitte daneben dringend um die Annahme seines An⸗ trags, auch den volljährigen Arbeitern, welche nicht zur Fabrik⸗ oder Betriebskrankenkasse gehörten, eine Vertretung im Arbeiterausschusse zu gewähren. Diese Arbeiter wären sonst gänzlich unvertreten Es sei aber erforderlich, daß die Ausschüsse auch wirklich alle Arbeiter verträten, damit das Vertrauen der Arbeiter zu den Arbeiterausschüssen, worauf die ganze Institution gebaut, vorhanden 3 Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Lohmann: Gegen die redak⸗ tionellen Anträge Gutfleisch sei nichts einzuwenden. Den Antrag Hirsch könne er nicht empfehlen. Er sage nichts über die Art und Weise der Vertretung der betreffenden Arbeiter, der Arbeitgeber würde nicht wissen, in welcher Anzahl diese Arbeiter im Arbeiterausschuß pertreten sein müßten. Die Fassung des Antrags sei also in keiner Weise genügend, aber auch an und für sich enthalte der Antrag keine Verbesserung, da er das wohlgeordnete B trie bs⸗Krankenkassen⸗ wesen nur stören würde. Die Ziffern 1 bis 3 sollten ja den Arbeit⸗ gebern die Bildung von Arbeiterausschüssen erleichtern. Man sollte also nichts thun, dies wieder zu vereiteln. Fs könne auch nicht im Interesse der freien Hülfskassen liegen, den Arbeitgebern einen neuen Anstoß zu geben, ihre Arbeiter zu zwingen, den Betriebskrankenkassen und nicht den freien Hülfskassen anzugehören. Er bitte deshalb, den Antrag Hirsch abzulehnen. Aebg Dr. Böttcher: Die Theorie des Abg. Bebel von den unwirk⸗ samen Palliativmitteln wäre richtig, wenn die Frage lediglich zwischen der bestehenden Staats⸗ und Gesellschaftsordnung und dem Staats⸗ und Gesellschaftsideal der Sozialdemokratie stände. Diese beiden Gegensätze seien absolut unversöhnlich, aber es ständen sich in dieser Frage die Interessen der Unternehmer und die der Ar⸗ beiter gegenüber, und die Arbeiter seien durchaus nicht sämmtlich Sozialdemokraten. Der Abg. Bebel glaube den Abg. Oechelbäuser im Widerspruch mit sich, weil er die Arbeiterausschüsse als bestes Mittel gegen die Sozialdemokratie empfoblen und anderer⸗ seits gemeint habe, man könne auch mit sozialdemokratischen Arbeiter⸗ ausschüssen auskommen. Es sei ja gar nicht gesagt, daß selbst sozial⸗ demokratische Arbeiterausschüsse nicht auf einen anderen Weg zu bringen wären. Die Sozialdemokraten hätten ja ein doppeltes Pro⸗ gramm, einmal ihre Forderungen für die Zukunft und dann die Forderungen, welche sie innerhalb der jetzigen Staats⸗ und Gesell⸗ schaftsordnung erreichen wollten, und sie thäten Alles, daß die Ar⸗ beiter nicht zufrieden werden könnten. Aber selbst, wenn alle For⸗ derungen der Arbeiter bewilligt würden, bliebe doch noch der große soziale Gegensatz, und die Arbeiter würden immer noch darin Grund zur Unzufriedenheit finden. Man könne unmöglich die sozialdemokra⸗ tischen Anträge annehmen, weil die Sozialdemokraten doch immer sagen würden: Mögen Sie machen, was Sie wollen, die Arbeiter bleiben unzufrieden, so lange Sie nicht unser Ideal einer neuen Ge⸗ sellschaftsordnung erreichen. Seine Partei wolle aber trotzdem die Mittel zur Aussöhnung und ein solches sei der Arbeiterschutz, und selbst wenn sie mit den Arbeiterausschüssen die Versöhnung nicht er⸗ reiche, so sei ihr doch ein Konflikt auf offenem Felde noch lieber als

ein versteckter.

Abg. Bebel: Nach diesem Eifer, der für die Arbeiterausschüsse entwickelt werde, scheine es wirklich, als wenn die Herren mit diesen Arbeiterausschüssen die soziale Frage gelöst zu haben glaubten. Der Kampf zwischen Kapital und Arbeit werde so lange bestehen, bis die sozialen Gegensätze ausgeglichen seien, und das sei nur möglich, wenn die jetzige Gesellschaftsordnung beseitigt sei. Dacin seien die Arbeiterparteien aller Länder einig. Bis dahin würden alle Palliatip⸗ mittelchen nicht das Geringste ändern. Auch seine Partei bringe aller⸗ dines sogenannte Palliativmittel in Vorschlag, alle ihre Anträge ge⸗ hörten dahin. Sie schlage aber nur Mittelchen vor, die auch etwas nützten, nicht solche, die bloß einen schönen Schein hätten, aber nichts bedeuteten. Der Abg. Dr. Hirsch beachte garnicht, daß die Ausschüsse nur „in ihrer Mehrzahl“ aus gewählten Personen bestehen sollten, darin liege schon, daß eine gewisse Zahl von Mitgliedern dieser Aus⸗ schüsse von den Arbeitgebern eraannt würde. Der Abg. Dr. Böttcher habe wieder die Auffassung markirt, daß die deutsche Arbeiterschaft nicht identisch sei mit der Sozialdemokratie, das habe seine Partei auch nie bestritten, sondern stets nur behauptet, daß die klassenbewußte Arbeiterschaft sozialdemokratisch sei. Seine Partei habe kein Interesse daran, die Arbeiter unzufrieden zu erhalten. So lange aber das Ziel der Beseitigung der Unterdrückung einer Mehrheit durch eine Minderheit nicht erreicht sei, würden die sozialdemokcatischen Arbeiter unzufrieden bleiben; sie würden es bleiben, bis alle Menschen in einem Zustand wirklicher Freiheit und Gleichheit sich befinden würden.

Abg. Möller: Die Illusion müsse er dem Abg. Bebel zer⸗ stören, daß die große Zahl der Wähler, die ihn und seine Genossen gewählt habe, aus lauter Sozialdemokraten bestehe; nicht die Hälfte, er (Redner) glaube kaum ein Viertel dieser Wähler sei sozialdemo⸗ kratisch. Die Arbeiter hätten nur in großen Massen für die Sozial⸗ demokraten gestimmt, weil sie glaubten, daß sie, wenn die Unter⸗ nehmer dadurch in Angst versetzt würden, immer etwas heraus⸗ schlagen köannten.

ZBize⸗Präsident Graf Ballestrem Arbeiterausschuß zurückzukommen. 1

Abg Möller: Diese Frage stehe doch aber in Zusammenhang mit dem Gesch; eine derartige strenge Geschäftsführung erschwere edenfalls die Begrüadung der Anträge.

Niize⸗Präsident Graf Ballestrem: Bei der Generaldebatte , e, veitten L24sung werde zu solcher allgemeinen Besprechung Ge⸗ exenzeit sein, sonst komme man mit diesem Gesetz nie zu Ende, vwoan man bei jedem Paragraphen Generaldebatten halte.

Azg Möller: Eec glaube doch im Rahmen der Ausführungen z2½ Nha. Pebel geblieben zu seia, auf die eine Erwiderung zulässig sein müsse

Biw⸗Präsßttent Graf Pallestrem: Der Abg. Bebel habe sich

an den §. 134 h gehalten 1 Abg. Dr. Hirsch: daß der Abg. Oechelhäuser,

bittet den Redner, auf den

Er bedauere,

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der sich ja große Verdienste um die Arbeiterausschüsse erworben habse, diese Einrichtung schwer geschädigt habe, gewiß unabsichtlich, durch die Bemerkung, daß durch die Arbeiterausschüsse ein Kampf ge⸗ führt werden solle gegen die Sozialdemokratie. Er (Redner) fürchte, daß in weiten Arbeiterkreisen, welche keineswegs zur Sozial⸗ demokratie gehörten, dieser Kampfruf abschrecken und von vornherein eine Unpopularität an dieses Institut beften werde. Der Abg. Oechelhäuser habe diese Worte gewiß nicht so gemeint, wie sie aus⸗ gelegt worden seien. Er habe wohl nur gemeint, daß durch das ge⸗ deihliche Vorhandensein und Wirken solcher Ausschüsse impliecite die Sozialdemokratie zurückgedrängt werden würde. Nach seiner (des Redners) Ueberzeugung sollte man Alles vermeiden, was als eine Parteinahme irgendwelcher Art in diesen Ausschüssen gelten könnte. Entschieden müsse er der Meinung des Abg Bebel ent⸗ gegentreten, daß eigentlich die gesammte Arbeiterschaft der Welt jetzt sozialdemokratisch sei. Nirgends seien die Arbeiter klassen⸗ bewußter, als in England, und doch seien die Sozialdemokraten dort nur ein schwaches Häuflein. 8

Damit schließt die Diskussion.

§. 134 h wird mit den redaktionellen Anträgen Gutfleisch und dem Antrage Schmidt (Elberfeld), aber unter Ablehnung des Antrages Gutfleisch⸗Hähnle angenommen.

Gegen 5 Uhr wird die Fortsetzung der Berathung auf Donnerstag 11 Uhr vertagt.

Haus der Abgeordueten. 15. April. des Innern

69. Sitzung vom Mittwoch,

Der Sitzung Minister furth bei.

Die zweite Berathung der Landgemeindeordnung wird fortgesetzt im Abschnit VI: Verwalrung der Land⸗ gemeinden. 8

Nach §. 73 sollen Gemeindevorsteher und Schöffen auf 6 Jahre gewählt werden. Die Kommission hat den Zusatz ge macht, daß die Gemeindevertretung die Anstellung eines be soldeten Gemeindevorstehers beschließen kann; dieser kann dann auch außerhalb des Kreises der Gemeindeangehörigen gewählt. werden, und zwar erfolgt die Wahl auf 12 Jahre.

Abg. von Bockelberg will den Gemeindevorsteher auf 12 Jahre wählen lassen, während Abg. Freiherr von Huene den von der Kommission beschlossenen Zusatz streichen will.

Abg. Freiherr von Huene will die Gemeindevorsteher nicht auf 12 Jahre gewählt haben. Die Gemeinde müsse das Recht erhalten, alle 6 Jahre wenigstens Kritik an der Amtsführung des Gemeindevorstehers üben zu können. Der Zusatz sei nur beschlossen mit Rücksicht auf die großen Vorstadtgemeinden; die Anstellung besoldeter Gemeinde⸗ vorsteher müsse aber unter allen Umständen verhindert werden. Wenn die Verwaltung einer

wohnt der Herr⸗

Gemeinde so große Mühewaltung erfordere, daß sie die Kraft eines Mannes in Anspruch nehme, so könne man die Entschädigung so hoch bemessen, daß sie einer Be⸗ soldung gleicheomme. Die Autorität des G. meindevorstehers müsse dadurch gesichert werden, daß er in die Lage komme, jeden Augenblich sagen zu können, wenn ihn die Gemeinde ärgere: d) ke, sucht euch einen anderen.“

Minister des Innern Herrfurth:

Was zunächst den Antrag des Hrn. von Bockelberg und Genossen anlangt, so schließe ich mich den Ausführungen des Hrn. von Huene in allen Punkten an. Ein gleicher Antrag war bereits in der Kom⸗ mission gestellt, er ist dort aber abgelehnt worden, und ich glaube, die Gründe, welche damals von den politischen Freunden des Hen. von Bockelberg angeführt worden sind, sind durchaus zutreffend. Es ist dort hervorgehoben worden, daß die Regierungsvorlage den Vorzug verdiene, da eine solche lange Amtsdauer von zwölf Jahren den Beamten leicht eine Unabhängigkeit geben könne, die für das Ge⸗ meindewesen nicht zweckmäßig sein würde Die öffentliche Meinung müsse in der Lage sein, durch eine in nicht zu langen Zwischenräumen wiederkehrende Wahl eine Kontrole auszuüben. Ich kann mich diesen Augführungen nur anschließen und bitte, den Antrag des Hrn. von Bockelberg und Genossen abzulehnen.

Wast den Antrag von Huene auf Streichung des zweiten Absatzes anlangt, so ist diese Bestimmung allerdings in der Regierungsvor⸗ lage nicht vorhanden gewesen, und der Hr. Abgeordnete Freiberr von Huene hat vollständig Recht, wenn er sagt: es ist nachträglich diese Bestimmung von der Kommission nur hineingebracht worden mit Rücksicht auf die exceptionellen Verhältnisse ganz großer Gemeinden, namentlich solcher, welche den Charakter stäbtischer Vororte haben; sie beruht, wenn ich mich recht erinnere, aaf den ausdrücklichen Pe⸗ titionen derartiger Gemeinden.

Nun möchte ich aber doch die Bedenken, welche der Abg. von Huene hiergegen geltend gemacht hat, nicht für durchschlagend erachten. Er sagt zunächst, es sei diese Bestimmung über⸗ flüssig; denn man könne ja die Entschädigung nach §. 85 so hoch bemessen, daß sie den Charakter einer vollständigen Besoldung annähme. Sind die Mühewaltungen in den größeren Gemeinden so groß, daß sie die ausschließliche Kraft eines Mannes in Anspruch nehmen, so würde man ihm eben auch eine entsprechende Entschädigung geben müssen, die ihm die Möglichkeit einer angemessenen Lebenshaltung sichert. Aber, meine Herren, einige Unterschiede sind immerhin vorhanden. Auf Grund des §. 85 kann dem Manne meines Erachtens niemals die Pensionsfähigkeit seines Einkommens gewährt werden, während dies nach der Bestimmung im Absatz 2 zu ässig sein würde.

Sodann hält der Abg. Freiherr von Huene für bedenklich, eine Verallgemeinerung solcher Einrichtungen herbeizuführen. Ich trete ihm vollständig bei; ich bestreite nur, daß irgendwie die Absicht der Kom⸗ mission oder die Regierung, die diesem Kommissionsvorschlag zugestimmt hat, dahin gegangen ist, irgend etwas Anderes zu schaffen als Aus⸗ nahmerecht für Ausnahmeverhältnisse. Es ist hier deshalb mit voller Absicht das Wort „Gemeindevertretung“ gewählt, weil man als selbstredend vorausge etzt hat, daß in den Gemeinden, die nicht so groß sind, daß dort eine Gemeindevertretung hestehen muß, dieses Verhältniß nicht stattfinden kann. Ja, ich glaube, es muß noch ein Schritt weiter gegangen werden Ich würde z. B. kein Bedenken haben, und damit vielleicht das Bedeuken des Prn. von Huene beseitigen, wenn man diese Bestimmung auf Gemeinden mit kollegialischem Gemeindevorstand beschränkte, denn in diesem Falle, welcher ja auch nur eine Ausnahme wäre, würde man die Möglichkeit haben, zu sagen: hier liegt zunächst jedensalls eine ehrenamtliche Verwaltung durch die Zuzieh ing gewaäͤhlter Schöffen vor, und es ist deswegen in diesem Falle ein besoldeter Gemeinde⸗ vorsteher ausnahmsweise ohne Bedenken Aber ich glaube, nach der Absicht, die die Kommission und die Königliche Staatéregterung gehabt hat und mit Rücksicht darauf, daß die Genehmigung des Kreis⸗ ausschusses erforderlich ist, ist die Gefahr eines Mihbrauchs

Bestimmung vollständig ausgeschlossen und ich wuͤrde deshalb, obwohl⸗

“M“ moralischer Zwang liegt meines Erachtens in dem Antrage auf

dieser

eine solche Bestimmung in der Regierungsvorlage nicht vorhanden war, meinerseits die Beibehaltung dieses von der Kommission beigefügten

Zusatzen für zweckmäßig erachten. Abg. von Bockelberg zieht seinen Antrag zurück.

Abg. Eberty empfiehlt die Annahme des von der Kommission daß dadurch das bureaukratische Clement das Uebergewicht gewinnen könne, so empfehle es sich vielleicht, die Vorschrift so zu fassen, daß besoldete Gemeinde⸗ könnten, wo ein kollegialischer

vorgeschlagenen Zusatzes; wenn man befürchte,

vorsteher nur da bestellt werden Gemeindevorstand bestehe, vie Schöffen im sind. Redner stellt einen dahin gehenden Antrag.

Abg. Freiherr von Huene ist durch diesen Antrag noch nicht beruhigt. „Abg. Hobrecht glaubt, daß der Antrag Eberty alle Bedenken für den größten Theil der betheiligten Gemeinden beseitige. RASg. Freiherr von Huene: Die Landgemeinden, welche einen städtischen Charakter hätten, sollten Städte werden; es sollten aber nicht ihretwegen „Vorschriften in die Landgemeindeordnung hinein⸗ kommen, welche für die übrigen Landgemeinden nicht paßten.

Abg. Eberty: Ob diese Landgemeinden Städte werden wollten oder nicht, solle man ihnen füglich überlassen; jedenfalls müsse man auf solche Landgemeinden Rücksicht nehmen und ihnen die Möglichkeit der Verwaltung ihrer Angelegenheiten sichern.

Abg. Dr. Krause empfiehlt die Annahme des Antrages Ebertp; die ablehnende Haltung des Abg. Freiherrn von Huene sei nur eine Konsequenz seiner Abneigung gegen den kollegialischen Ge⸗ meindevorstand. Abg. Freiherr von Huene: Man sehe, wie bedenklich die Ein⸗ führung des kollegialen Gemeindevorstandes sei; deshalb solle das Haus sich hüten, auf diesem Wege weiter zu gehen.

Abg. Dr. von Heydebrand und der Lasa kann die Folge⸗ rung nicht anerkennen, daß die Streichung des Absatzes die Aus⸗ se ließung jeder Entschädigung, die den Charakter einer Besoldung trage, und der Pensionsberechtigung bedeute.

Abg. Dr. Weber (Halberstadt) macht darauf aufmerksam, daß nach dem Antrage Eberty nur durch ein der Bestätigung des Kreis⸗ ausschusses unterliegendes Ortsstatut ein bezahlter Gemeindevorsteher angestellt werden könne. Das sei geeignet, alle geltend gemachten Be⸗ denken zu beseitigen. 8

Hierauf wird der Antrag Huene unter Ablehnung des Antrags Eberty angenommen, sodaß also der zweite Absatz gestrichen ist. 9§. 74—77 werden debattelos angenommen. v1 enthält die näheren Bestimmungen über den Wahlakt. Hierzu beantragt Abg. Freiherr von Huene, einen neuen Absatz einzufügen, wie folgt:

Findet die Wahl durch die Gemeindeversammlung statt, so

wird das Stimmrecht nach Maßgabe der Bestimmungen des §. 48.

ausgeübt

Abg. Bohtz glaubt, daß in jedem Falle für die Wahl der Ge⸗ meindevorsteher und Schöffen eine besondere Wählerliste aufgestellt werden müsse; er beantrage daher statt „Gemeindegliederliste“ zu sagen „Wählerliste“. Ferner beantrage er, ausdrücklich zu sagen, daß Gemeindemitglieder, die mehr als eine Stimme haben, auch ebenso viel Stimmzettel bei der Wahl abgeben dürfen, als ihnen Stimmen zustehen Sein Antrag werde für die Gemeindevporsteher verständlicher sein, als der Antrag Huene.

Minister des Innern Herrfurth:

Mit dem ersten Antrage des Hrn. Abg. Bohtz, im ersten Absatz das Wort „Wählerliste“ statt „Gemeindegliederliste“ zu setzen, bin ich einverstanden. Auch bin ich einverstanden mit der Auffassung, von welcher sowohl der Antrag des Abg. Bohtz als der Antrag des Hrn. Abg. Freiherrn von Huene ausgeht. Ich glaube aber, daß die Fassung des Antrages des Hrn. Freiherrn von Huene den Vorzug verdient.

Zunächst scheint es mir nicht möglich, in der zweiten Lesung aus⸗ drücklich in dem §. 78 einen §. 48 Nr. 2 zu citiren, der nicht vor⸗ handen ist und der vielleicht in der dritten Lesung wiederkommen wird. Diesem Bedenken trägt der Fassung nach der Antrag des Freiherrn von Huene Rechnung. Ich glaube aber, daß auch sonst der Antrag desselben den Vorzug verdient. Ich möchte nur Hrn. von Huene fragen, ob er nicht vielleicht noch den zweiten Absatz dahin ändern möchte, daß nicht gesagt würde: „jeder Aufgerufene legt seinen Stimmzettel uneröffnet in die Wahlurne“, sondern daß der Pluralis gewählt und gesagt würde: „die Aufgerufenen legen ihre Stimmzettel uneröffnet in die Wahlurne“; dann trifft dieser Passus auch den § 48, wie er in der zweiten Lefung an⸗ genommen worden ist, und wenn dann in dritter Lesung in irgend einer Form der §. 48²2 angenommen werden sollte, so brauchen wir hier keine weitere Aenderung eintreten zu lassen Abg. Freiherr von Huene behauptet, daß sein Antrag verständ⸗ licher sei als der Antrag Bohtz. Eigentlich sei der Antrag überflüssig, denn nachdem das Stimmrecht einmal festgestellt sei, müsse es überall Platz greifen.

Abg. Bohtz zieht nunmehr seinen zweiten Antrag zu Gunsten des Antrages Huene zurück. 18

Bei der Abstimmung werden der erste Antrag Bohtz und der Antrag Huene angenommen.

§. 81 erklärt die Wahl durch Zuruf für statthaft, wenn keiner der Wähler Widerspruch erhebt. Diesen Paragraphen beantragt Abg. Freiherr von Huene zu streichen.

Abg. Eberty schließt sich diesem Antrage an.

Minister des Innern Herrfurth:

Meine Herren, ich vermag diese Gefahr nicht anzuerkennen. Ein

sodaß neben dem bezahlten Beamten auch

Akklamationswahl nicht, wo diese Akklamationswahl nicht stattfinden kann, sobald ein Allereinziger widerspricht. Wenn die Stimmung eine derartige ist, daß die Mehrheit nicht modo acclamationis wählen will, dann können Sie sicher sein, daß sich nicht nur Einer, sondern auch eine größere Anzahl finden wird, die gegen die Akklamations⸗ wahl Widerspruch erhebt. (Widerspruch im Centrum und links.)

Abg. von Strombeck befürwortet den Antrag Huene.

. Abg. Freiherr von Huene: Schon auf den Kreistagen habe er die Beobachtung gemacht, daß Akklamationswahlen sehr unzweckmäßig seien, und er habe in dem Kreistage, dem er angehöre, angekündigt, daß er in Zukunft gegen jede Akklamationswahl Widerspruch er⸗ heben werde. Die Gemeindevorsteher⸗Wahl sei so wichtig, daß man sich die Zeit und die Mühe nehmen müsse, durch Stimmettel zu wählen.

Abg. Dr. Weber (Halberstadt): Seine Freunde hätten schon in der Kommission die Streichung dieses §. 81 beantragt. Eine Ge⸗ meindeversammlung werde unter Umständen einer älteren verdienst⸗ vollen Persönlichkeit gegenüber, die nicht mehr leistungsfähig sei, in Verlegenheit kommen, wenn von einer Seite die Akklamationswahl Feang merde.,

bg. Dr. erlich bittet um möglichste Vereinfachung des Wahlverfahrens. Bei erheblichen Minoritäten in der Gemeinde⸗ versammlung werde immer Widerspruch gegen die Akklamationswahl erhoben werden, und wenn der Paragraph gestrichen werde, so würden in der Praxis doch Akklamationswahlen vorkommen.

Abg. Lamprecht erklärt sich für die Beibehaltung des Para⸗ graphen, weil die Zettelwahl Agitationen Vorschub leiste. Der

im Ehrenamt an der Leitung der Gemeinde betheiligt

1 v 1 Minister des Innern Herrfurth:

Gründen wie der Herr Vorredner. Abkürzung des Verfahrens, mation herbeigeführt werden soll, und aus diesen geschäftliche Gründen habe ich meinerseits diesen Paragraphen aufgenommen

Ich sage, es ist

ich nicht acceptiren; denn sie laufen darauf hinaus, der Akklamationswahl ein anderes Resultat als durch die Zettelwahl erzielt werden das ist nicht die Ansicht und nicht die Absicht der Staatsregierung. Im Uebrigen trete ich Hrn. von Huene darin be

daß man m erzielen woll

indem das Wahlreglement in §. 11 wahlen bezieht, nicht aber auf Gemeindewahlen, und wenn i

fahren ist, wie er angegeben hat, so wird wohl Remedur geschaffe werden müssen, es scheint eben contra legem verfahren zu sein, un

(Heiterkeit und Bravo!) Abg. von Strombeck

könnten. In allen Fällen werde geringe sein, und die westfälische Landgemeindeordnung Akklamationswahl auch nicht.

Abg. Rickert: Ja, Ruhe und Frieden wolle man schaffen, daß man die Wähler mundtodt mache und keinen spruch aufkommen lasse. nicht zulässig und wenn sie trotzdem vorgekommen sein sollte, s manchen landräthlichen Kreisen kümmern.

§. 81 wird gestrichen.

Dem §. 82 sollen auf Antrag des Abg. Bohtz folgend Absätze hinzugefügt werden:

„Im Falle der Ablehnung einer Wahl ist Beobachtung der Vorschrift im §. 74 eine Neuwahl Dasselbe findet statt, wenn das erste Mal Stande kommt.

alsbald umnte

eine Wahl

zum zweiten Male eine Ablehnung erfolgt oder Stande kommt, sind die Akten an den Landrath einzusenden.“

Abg. Bohtz: Sein Antrag verfolge den Zweck, das Schreibwer

zu vermindern und die Entstehung eines Vacuums zu verhindern

wenn eine Wahl nicht zu Stande komme.

einschreiten, wenn auch eine zweite Wahl nicht zu Stande komme.

an, macht aber darauf auf terksam, daß die Neuwahl erst dürfe, wenn klargestellt sei, daß die Ablehnung der rechtigt sei⸗

selbstverständlich an.

praktisch sei. zweite Wahl vorgenommen werde.

Minister des Innern Herrfurth:

Ich stimme den Ausführungen des Hrn. lvon Rauchhaupt bei.

Fall beschränkte, daß die Wahl nicht zu Stande gekommen ist; es aber auf den Fall der Ablehnung der Wahl auch auszu⸗ dehnen, scheint mir doch nicht ganz unbedenklich. Ich halte es für wünschenswerther, daß über das Ergebniß dieser Wahl zunächst der Landrath durch die Einsendung der betreffenden Wahlverhandlungen Nachricht bekommt. Es würde höchstens durch den Antrag Bohtz ein Zeitraum von zwei oder drei Tagen und vielleicht 20 oder 40 Porto erspart.

Hierauf wird §. 82 unter Ablehnung des Antrags Bohtz unverändert angenommen.

§. 83 verlangt die Bestätigung der Wahlen des Ge⸗ meindevorstehers und der Schöffen durch den Landrath.

Dazu beantragt Dr. von Heydebrand und der Lasa als neuen Absatz 2 einzufügen:

Vor der Bestätigung ist der Amtsvorsteher (Distriktskommissar) mit seinem Gutachten zu hören.“ Abg. Dr. von Heydebrand und der Lasa: Sein Antrag schließe sich an eine Bestimmung der Kreisordnung, für deren Ab⸗ änderung er keinen Grund sehe, an. Es handele sich hier um Wahrung des Ansehens des Amtsvorstehers, dessen derselbe dringend bedürfe; außerdem habe der Amtsvorsteher eine gründlichere Personalkenntniß als der Landrath. Minister des Innern Herrfurth:

Ich lege keinen erheblichen Werth auf die Fortlassung oder Bei⸗ behaltung dieser Bestimmung und beschränke mich darauf, die Gründe, die ich aber allerdings für durchschlagend erachte, anzuführen, welche die Staatsregierung veranlaßt haben, diese Bestimmung nicht aufzu⸗ nehmen. Das ist einmal die Erwägung, daß es sich hier nach ihrer Bedeutung nicht um eine gesetzliche, sondern um eine instruktionelle Bestimmung handelt, und daß wenn einmal aus Versehen es unterlassen würde, den Amtsvorsteher zu hören, daraus folgern könnte, die Bestellung des Gemeindevorstehers sei nicht rite erfolgt. Man könnte aus der Unterlassung der Anhörung des Amts⸗ vorstehers Zweifel herleiten gegen die Gültigkeit der vom Landrath bestätigten Wahl des Gemeindevorstehers.

Dann ist ein noch anderes Moment maßgebend gewesen. In den großen Gemeinden, die einen Amtsbezirk für sich bilden, ist der Gemeindevorsteher ipso jure Amtsvorsteher. Nun wird dieser Gemeindevorsteher nach Ablauf seiner Wahlperiode wiedergewählt und müßte also nach dieser gesetzlichen Bestimmung darüber sich äußern, ob er eine geeignete Persönlichkeit für das Gemeindevorsteher⸗ amt wäre. (Heiterkeit.) Das ist wohl nicht ganz richtig. Auch in dem Falle, wenn er nicht wiedergewählt ist, sondern vielleicht mit einer Stimme seinem Gegner unterlegen ist und eine Spaltung in der Gemeinde gerade bei dieser Wahl vorkommt, kann es sich nicht als zweckmäßig empfehlen, ihn gerade darüber zu hören, ob denn nun sein Gegner bestätigt werden soll oder nicht Deshalb möchte ich glauben, daß die Bestimmung, die ja instruktionell ganz zweck⸗ mäßig ist, für die Gesammtzahl der Fälle nicht obligatorisch in das Gesetz aufzunehmen sein möchte. (Sehr gut! links.)

Abg. Schmidt (Warburg) wünscht, daß die Gründe der Ver⸗ sagung dem Gewählten mitzutheilen seien, was er in der Kommission erfolglos beantragt habe.

Abg. Zelle weist darauf hin, daß der Amtsvorsteher nur in polizeilicher Beziehung der Vorgesetzte des Gemeindevorstehers sei. Abg. Freiherr von Huene: Der Gemeindevorsteher sei das Organ des Amtsvorstehers in Bezug auf die Polizei, deshalb sei der Amts⸗ vorsteher wohl berufen, über ihn ein Gutachten abzugeben. Aber er glaube auch, daß die Frage besser durch die Verwaltungsinstruktion ge⸗

Bauer des Ostens habe keine Furcht, seine Meinung offen aus⸗ zusprechen. 8

löst werde.

ch bin auch für Beibehaltung des §. 81, aber aus anderen

lediglich eine wenn die Wahl durch Akkla⸗

Die Gründe, die der Abg. Lamprecht geltend gemacht hat, kann

würde, und Königlichen

daß das geltende Recht eine solche Akklamationswahl hier nicht kennt, sich nur auf Kreistags⸗

den Fällen, die der Hr. Abg. Dr. Gerlach erwähnte, wirklich so ver⸗

der Landrath des betreffenden Kreises hat nicht genau aufgepaßt.⸗

fürchtet, daß nach einer Akklamations⸗ wahl allerhand Mißhelligkeiten in der Landgemeinde daraus entstehen

die Zahl der Wähler nur eine kenne die dadurch ihler 1 todt Wider⸗ Jedenfalls sei jetzt die Wahl durch Zuruf

könne der Minister sich einmal um die patriarchalischen Zustände in

vorzunehmen. nicht zu

Innerhalb einer Woche nach vollzogener Wahl und wenn auch keine Wahl zu

Der Landrath solle erst Abg. Hansen erkennt die wohlwollende Absicht des Antrages erfolgen Wahl be⸗ Abg. Bohtz sieht die vorherige Erledigung dieses Punktes als

Abg. vo n Ra uchhaupt ist bedenklich, ob der Antrag Bohtz Der Landrath müsse die Akten erst einsehen, bevor eine

Ich würde weniger bedenklich sein, wenn der Antrag sich nur auf den

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Abg. von Rauchhaupt befürwortet den Antrag Heydebrand da der Schulze das Organ des Amtsvorstehers in Bezug auf die Polizeiverwaltung sei. 8

Minister des Innern Herrfurth:

Meine Herren! In dem Falle, wo der Gemeindevorsteher Amts⸗ vorsteher ist, würde, wenn Sie in dem in Rede stehenden Falle ei Amtsgeschäft als vorliegend annehmen ich gebe eine solche Inter⸗ pretation zu: wenn das Gesetz eine gutachtliche Aeußerung fordert, so ist das ein Amtsgeschäft —, würde einer der Schöffen darüber ge⸗ hört werden müssen, ob der Gemeindevorsteher, der zugleich Amts⸗ vorsteher ist, geeignet sei, wieder als Gemeindevorsteher zu fungiren Das ist ausdrücklich im §. 57 Absatz 6 der Kreisordnung aus⸗ gesprochen. Ich bin im Zweifel, ob Sie das als ein zweckmäßiges Verfahren erachten; ich meine, daß die Bestimmung ihrer ganzen Natur nach instruktionell ist und daß es eine gewisse Latitüde für einzelne Fälle geben muß, wo man es nicht für angemessen hält, den Amtsvorsteher oder einen Vertreter desselben offiziell darüber zu hören, ob der Gemeindevorsteher wiedergewählt werden soll.

Abg. Dr Weber (Halberstadt) glaubt, daß in Konsequenz des Antrags auch in alle möglichen anderen Ordnungen die Anhörung der polizeilichen Organe hineingebracht werden müsse, wenn der Gewählte irgend welche noch so unbedeutende polizeiliche Funktionen habe. Der Gemeindevorsteher habe nur eine vorwiegend kommunale Thäͤtigkeit wahrzunehmen. Die Bestimmung ginge noch an, wenn es sich überall nur um ehrenamtliche Amtsvorsteher handelte; das sei aber nicht der Fall, es kämen vielmehr auch besoldete polizeiliche Organe in Frage. In dem Antrage liege eine Unterordnung des Gemeindevorstehers unter den Amtsvorsteher, und dem wolle er Männer von hervor⸗ ragender Qualität, die sonst bereit wären, das Gemeindevorsteheramt zu übernehmen, nicht aussetzen.

Nachdem Abg. Eberty sich im Interesse der Selbstver⸗ waltung gegen den Antrag von Heydebrand erklärt hat, wird dieser gegen die Stimmen der Nationalliberalen, Frei⸗ sinnigen, Polen und eines Theils des Centrums und der Freikonservativen angenommen.

Die übrigen Paragraphen dieses Abschnitts, sowie Ab⸗ schnitt VII: Aufhebung der mit dem Besitz gewisser Grund⸗ stücke verbundenen Berechtigung und Verpflichtung zur Ver⸗ waltung des Schulzenamts (§§. 90 99) werden ohne Debatte genehmigt.

Abschnitt VIII: Geschäfte der Gemeindeversammlung und Gemeindevertretung umfaßt die §§. 100 114.

Nach §. 104, Abs. 1 soll die Gemeindeversammlung be⸗ schlußfähig sein, „wenn mehr als ein Drittel der stimmberech⸗ tigten Gemeindemitglieder anwesend sind“.

Diesen Absatz beantragt Abg. Bohtz zu fassen, wie folgt:

Die Gemeindeversammlung ist beschlußfähig, wenn die An⸗

wesenden zur Abgabe von mehr als ein Drittel sämmtlicher Stimmen berechtigt sind.“

Abg. Bohtz: Sein Antrag bezwecke, die Beschlußfähigkeit nicht von der Anzahl der anwesenden Personen abhängig zu machen, sondern von der Anzahl der anwesenden Stimmen, in der Annahme, daß im

§. 48 in der dritten Lesung ein vermehrtes Stimmrecht werde wieder⸗ hergestellt werden.

Minister des Innern Herrfurth:

Also zunächst hat der Hr. Abg. Bohtz selbst zugegeben, daß jetzt für die zweite Lesung dieser von ihm gestellte Antrag der Basis ent⸗ behrt, weil §. 48 so, wie er jetzt gestaltet ist, eine Mehrheit von Stimmen nicht kennt. Nehmen wir aber an, daß §. 48 in irgend einer Weise entsprechend den Vorschlägen der Kommission wieder⸗ hergestellt werden wird, so halte ich es allerdings nicht für unbedenklich, en de ʒ ühhee Antrag in der ursprünglichen Form aufrechterhalten wollte. Denn e kommt sonst dazu, daß, wenn ein großer Besitzer ein Drittel aller Stimmen hat, was ja nach §. 48 Nr. 2, 3 in der Kommissionsfassun zulässig sein würde, daß derselbe dann ganz allein kommt und für sich allein vollständig berechtigt ist, über alle Angelegenheiten der Ge⸗ meinde allein Beschluß zu fassen. Das kann ich doch nicht für un⸗ bedenklich erachten. Ich glaube entweder die Kopfzahl unter Fest⸗ haltung des Drittels, oder aber die Hälfte der vertretenen Stimmen als das Richtige ansehen zu sollen.

Abg. von Stromnbeck schließt sich den

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Abg. Zelle glaubt, A Johtz no er jetzige

Faffung des §. 48 ö Sa6. velch Shebatt c ber. eicen

dritten Lesung erhalten werde, könne Niemand vorhersagen. 8 Abg. Bohtz zieht in Folge dieser Einwendungen seinen Antrag

urück. §. 104 wird unverändert angenommen.

Nach §. 107 sollen die Sitzungen der Gemeindeversamn lungen und Gemeindevertretungen öffentlich sein.

Abg. Neubarth will die Oeffentlichkeit für die Sitzung de Gemeindeversammlungen ausschließen; die Oeffentlichkeit bestehe jetz nicht und habe auch gar keinen Zweck. Denn die Gemeindevertretungen seien gewählt und deshalb Rechenschaft schuldig. Die Mitglieder de Gemeindeversammlungen verträten sich aber selbst und die Oeffentlichke habe für sie keine Berechtigung. Minister des Innern Herrfurth:

Meine Herren! Ich muß anerkennen, daß ein Theil der Gründe, die der Abg. Neubarth für seinen Antrag angeführt hat, seh beachtenswerth sind; wenn ich Sie dennoch bitte, diesen Antrag ab⸗

Bedenken de

zulehnen, so möchte ich das aus folgenden Gründen thun.

Erstens ist es nicht ganz zutreffend, wenn er gesagt hat: di

Oeffentlichkeit der Gemeindevertretung rechtfertigt sich daraus, daß sie nur ein Mandat hat, und daß man dem Mandanten die Möglichkeit geben muß, sich davon zu überzeugen, ob sein Mandatar in Wirklichkeit das Mandat Grunde nicht vollständig zu, weil bei der Oeffentlichkeit sowohl Gemeindeversammlung, als der Gemeindevertretung nicht nur di stimmfähigen Gemeindemitglieder, sondern auch die nichtstimmfähige die Berechtigung des Erscheinens haben, wenn die Oeffentlichkeit, d in dem Gesetz Gemeindeversammlungen ist aber meines Erachtens folgende Moment ausschlaggebend.

richtig ausübt. Das trifft aus der

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ausgesprochen ist, anerkannt wird. In Betreff de

Nach Ihrem Beschluß zu §. 42 ist das Stimmrecht derjenigen,

welche mehr wie 660 ℳ, aber weniger als 900 zahlen, abhängig davon, ob sie durch die Beschlüsse der Gemeinde zu den Gemeinde abgaben herangezogen werden. Erachtens ein sehr dringendes persönliches Interesse, von der Beschluß fassung und den Verhandlungen der Gemeindeversammlung, die si vielleicht gerade auf diesen Punkt beziehen, persönlich Kenntniß zu nehmen dafür spricht, es bei der Regierungsvorlage zu belassen.

Nun haben diese Mitglieder meine

Dieser Umstand ist es wesentlich, welcher meines Erachtens

Ich bitte deshalb, den Antrag des Hrn. Abg. Neubarth ab

zulehnen