1891 / 94 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 21 Apr 1891 18:00:01 GMT) scan diff

Nach kurzer Debatte, an welcher die Abgg. Freiherr von Huene, Kickert und Dr. Krause sich betheiligten, wurde der §. 42 mit dem Amendement von Dziembowski an⸗

genommen, ebenso unverändert §. 43. Zu §. 44 wurde der Antrag von Dziembowski, als

8 4-a anzunehmen die Absätze 5—7 des §. 44 in folgender assung: G Li. Ausübung des Gemeinderechts 41) ruht, 1) wenn gegen ein Gemeindeglied wegen eines Verbrechens oder eines ergehens, welches die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte zur Folge haben kann, das Hauptverfahren eröffnet oder dasselbe zur gerichtlichen Haft gebracht ist, so lange, bis das Strafverfahren

beendet ist; 9 wenn ein Gemeindeglied in Konkurs verfällt, bis zur Be⸗

endigung des Verfahrens; 1 3) wenn ein Gemeindeglied Armenunterstützung aus öffentlichen Mitteln empfängt, während sechs Monate nach dem Empfange der Unterstützung, sofern es nicht früher die empfangene Unterstützung stattet; 8 4) wenn ein Gemeindeglied die auf dasselbe entfallenden Ge⸗ meindeabgaben nach Mahnung durch den Steuererheber nicht gezahlt hat, bis zur Entrichtung derselben. u“ Bekleidet ein Gemeindeglied unbesoldete Gemeindeämter, so ist der Kreisausschuß berechtigt, eine kommissarische Vertretung an⸗ zuordnen. 8 mit dem Amendement von Strombeck, in §. 44 bezw. .44 a 8 den letzten Absatz folgendermaßen zu fassen: „Bekleidet ein solches Gemeindeglied unbesoldete Gemeinde⸗ ämter, oder ist dasselbe Abgeordneter nicht angesessener Stimm⸗ berechtigter (§. 48), so ist der Kreisausschuß berechtigt, die Wahl eines kommissarischen Vertreters anzuordnen.“ angenommen und mit dieser Abänderung §. 44 im Ganzen. Zu §. 45 beantragte Abg. Barth: Hinter den Worten „auf welchem sich“ einzuschalten: „ein S und in Zeile 7 statt „gleichkommt“ zu setzen: „gleich⸗ ommen“; ferner Abg. Cremer (Teltow): 8 zwischen Absatz 1 und 2 einzuschalten: Durch Ortsstatut kann

der Ertrag beziehungsweise Flächeninhalt des Grundstücks fest⸗ gesetzt werden.

Nach kurzer Debatte, an der die Abgg. Barth, Cremer (Teltow) und von Rauchhaupt und der Minister des Innern Herrfurth, der sich für den Antrag Barth erklärte, theilnahmen, zog Abg. Cremer seinen Antrag zurück und wurde darauf §. 45 mit dem Antrage Barth angenommen.

u §. 46 beantragte Abg. Cremer (Teltow): Am Schlusse hinzuzufügen: Die Vertretung mehrerer der Regel nach getrennt abzugebender Stimmen durch eine Person ist

unstatthaft.

2) der Vater die väterliche Gewalt besitzt,. 3) der Stiefvater das zum Stimmrechte befähigende Grund⸗

stück bewirthschaftet.

Fehlt es an diesen Voraussetzungen bei einer der unter Nr. 2 und 3 bezeichneten Personen, so kann dieselbe die Vertretung einem Gemeindegliede übertragen.

Mit demselben wurde §. 47 angenommen. §. 48 lautet:

Der Regel nach steht jedem einzelnen Stimmberechtigten eine Stimme in der Gemeindeversammlung, jedoch mit folgenden Maß⸗ gaben zu: 4 b 1

Mindestens zwei Drittel sämmtlicher Stimmen müssen auf die mit Grundbesitz angesessenen Mitglieder der Gemeinde⸗ versammlung (§. 42, Absatz 1 unter 6a und b) entfallen. Ueber⸗ steigt die Anzahl der nicht angesessenen Gemeindeglieder (a. a. O. unter 6c) den dritten Theil der Gesammtzahl der Stimmen der Mitglieder der Gemeindeversammlung, so haben die Ersteren ihr Stimmrecht durch eine jenem Verhältnisse ent⸗ sprechende Anzahl von Abgeordneten auszuüben, welche sie aus ihrer Mitte auf die Dauer von sechs Jahren wählen.

Abg. Freiherr von Huene beantragt hierzu:

a. Vor „Mindestens“ die Nr. 1 zu setzen und in dieser Nr. 1 Zeile 4 dem Allegat in der Klammer hinzuzufügen „§. 51“‧.

b. Als Nr. 2 und 3 folgende Absätze .

2) Denjenigen Besitzern, welche von ihrem im Gemeindebezirke belegenen Grundeigenthume einen Jahresbetrag von 20 bis aus⸗ schließlich 50 an Grund⸗ und Gebäudesteuer entrichten, sind je 2, denjenigen Besitzern, welche von diesem ihrem Grundeigenthum einen Jahresbetrag von 50 bis ausschließlich 100 entrichten, je drei, und denjenigen Besitzern, welche 100 oder mehr entrichten, je 4 Stimmen beizulegen.

Durch Ortsstatut können die vorstehend angegebenen Grund⸗ und Gebäudesteuersätze erhöht werden.

Den Gewerbetreibenden der dritten Gewerbesteuerklasse sind zwei Stimmen, den Gewerbetreibenden der zweiten Gewerbesteuer⸗ klasse sind drei Stimmen und den Gewerbetreibenden der ersten Gewerbesteuerklasse sind vier Stimmen beizulegen.

Für den Fall der Erhöhung der Zahl der Stimmen der ö ist die vorstehende Stimmenzahl entsprechend zu er⸗

öhen. h 3) Kein Stimmberechtigter darf in der Gemeindeversammlung mehr als ein Drittel der Gesammtzahl der Stimmen führen.

Abg. Dr. von Heydebrand und der Lasa u. Gen.:

a. vor „Mindestens“ zu setzen „1“*;

b. Folgende Nr. 2 hinzuzufügen:

Denjenigen Besitzern, welche von ihrem im Gemeindebezirke belegenen Grundeigenthum einen Jahresbetrag von 20 bis aus⸗ schließlich 50 an Grund⸗ und Gebäudesteuer entrichten, sind je 2, denjenigen Besitzern, welche von diesem ihrem Grundeigenthum einen Jahresbetrag von 50 bis ausschließlich 100 entrichten, je 3, und denjenigen Besitzern, welche 100 oder mehr entrichten, je 4 Stimmen beizulegen. 3

Durch Ortsstatut können die vorstehenden Sätze erhöht, oder, höchstens jedoch um ein Drittel, ermäßigt werden.

der Landgemeindeordnung auf den Geist an, in dem s aus⸗ Pfüͤhrt werde, und deshalb sei das Bestreben berechtigt, das

esetz möglichst annehmbar für alle Parteien zu machen. 1 sezm 1889 sprach Seitens der Konservativen im

Nutereffe des Bauernstandes, dem das Uebergewicht in der

andgemeinde gesichert bleiben müsse, für den Kompromiß⸗

antrag. (Schluß des Blattes.)

Die Kommission für die Geschäftsordnu

ur Einleitung des Strafverfahrens gegen das Reichstags⸗ itglied Kunert während der Dauer der gegenwärtigen

Sitzungsperiode nicht zu ertheilen.

Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.

Frankfurt a. M., 21. April. (W. T. B.) Der Vor

stand der elektro⸗technischen Ausstellung macht die Mittheilung, daß die feierliche Eröffnung der Ausstellung am 16. Mai, Mittags 12 Uhr, erfolgt. die staatlichen und städtischen Behörden, sowie an die Aus steller würden in diesen Tagen ergehen.

Die Einladungen an

Hamburg, 21. April, Mittags. (W. T. B.) euer am Sandthor⸗Quai ist nunmehr bewältigt er Speicher ist total ausgebrannt. Der b

trische Betrieb wird voraussichtlich längere Zeit unter

brochen sein, da sämmtliche Dynamomaschinen stark ge

litten haben. Der hydraulische Betrieb dürfte bald wieder

hergestellt werden. Der entstandene Schaden ist sehr bedeutend,

derjenige der Firma Schmidt beläuft sich allein auf 1 ½ Mill Mark. Fast sämmtliche hier vertretenen Versicherungsgesell⸗ schaften sind dabei betheiligt. Etwa 350 Personen sind durch den Brand beschäftigungslos geworden. 8 Wien, 21. April. (W. T. B.) Der Adreßausschuß des Abgeordnetenhauses begann heute seine Berathungen in Anwesenheit sämmtlicher Minister. Der Abgeordnete Plener sprach seine Befriedigung darüber aus, daß in der Thronrede die wirthschaftliche Reformarbeit in den 8v g stellt worden sei, und wünschte, daß in der bevorstehen den Session keine staatsrechtlichen, nationalen oder kon⸗ fessionellen Fragen aufgeworsen werden möchten und dies auch in der Adresse zum Ausdruck gelange. Der Handels⸗Minister sprach, in Erwiderung auf eine Anfrag Hallwich'’s, Betreffs des deutsch⸗österreichischen Handels⸗ vertrages, die Hoffnung aus, daß über die wenigen

Reichstages hat beschlossen: die beantragte Genehmigung

und die Abgg. von Dziembowski und Genossen:

a Der Nr. 1 am Schluß hinzuzufügen: „; der Stiefvater ist vor dem Vormunde berufen,“

b. Absatz 2 zu streichen.

kc. Absatz 3 Zeile 3/4 statt des Wortes: „Bevormundeter“ zu

setzen das Wort: „Stimmberechtigter“.

Der Antrag Cremer erlangte keine Mehrheit, dagegen owski angenommen und mit

wurden die Anträge von Dzie

ihnen §. 46. Zu §. 47 lag ein Antrag des Abg. v

bowski vor:

Zur Ausübung des Stimmrechts durch Vertreter (§. 46) ist

erforderlich, daß

1) der Vertreter sich im Besitze der deutschen Reichsangehörig⸗ keit und der bürgerlichen Ehrenrechte befindet, das 24. Lebensjahr zurückgelegt hat und keine Armenunterstützung aus

Mitteln empfängt, sowie außerdem, daß

zur Vertretung Den Gewerbetreibenden der

on Dziem⸗ Bedenken.

brand ein. Die Kompromiß das größte

öffentlichen zu 2 kommen. Bei

Auch kann Grundbesitzern, welche die im 1. Absatz erwähnten Steuersätze entrichten, eine größere Zahl von Stimmen, jedoch nicht über 3, 4 und 5 Stimmen, beigelegt werden.

2 Stimmen, den Gewerbetreibenden der zweiten Gewerbesteuerklasse sind 3 Stimmen und den Gewerbetreibenden der ersten Gewerbe⸗ steuerklasse sind 4 Stimmen beizulegen. 8n Für den Fall der Erhöhung der Zahl der Stimmen der Grundbesitzer sind die im vorstehenden Absatz beigelegten Stimmen entsprechend dem Absatz 3 zu erhöhen. 8 Abg. von Meyer (Arnswalde) hatte gegen beide Anträge

Abg. Hobrecht trat für den Kompromißantrag von Heyde⸗ Nationalliberalen Entgegenkommen gezeigt, um einem Einvernehmen mit den keinem Gesetz komme es [mehr als bei

dritten Gewerbesteuerklasse sind St.

hätten bei em

Konservativen zu

8

Punkte, in welchen eine Verständigung bisher noch nich erfolgt sei, demnächst eine Einigung erzielt werde. Petersburg, 21. April. veröffentlichtes Gesetz untersagt jüdischen Handwerkern, darunter auch Mechanikern, Branntweinbrennern und Bier⸗ brauern, die Uebersiedelung nach Moskau oder in da Moskauer Gouvernement.

Mons, 21. April. dem Kohlenbecken von Borinage hat an Ausdehnung bedeutend abgenommen; die Zahl der ausständigen Arbeiter ist auf 900 herabgegangen.

(W. T. B.) Ein soebe

(W. T. B.) Der Ausstand in

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten, Zweiten und ö1“ 1“ 8

Dritten Beilage.)

Wetterbericht vom 21. April, Morgens 8 Uhr.

Stationen.

Wetter. 9

in ° Celsius

ᷓS- 50 C. = 40 R

Bar. auf 0 Gr. u. d. Meeressp red. in Millim 8 Temperatur

Mullaghmore O 5 heiter Aberdeen .. NW 1 Christiansund ONO 2 balb bed. Kopenhagen. NNW 1 wolkig Stockholm. still wolkenlos aranda. N 2 wolkenlos t. Petersb. still wolkenlos Moskau . .. still wolkenlos

Cork, Queens⸗ town ... O Dunst Eö1““ O wolkig elder.... NO wolkenlos OSO I wolkig amburg .. O9SO wolkig winemünde 771 NO heiter Neufahrwasser 769 N wolkig Memel .. 768 NO wolkig aris 767 NNO wolkenlos ünster. .. 768 N bedeckt Karlsruhe... 767 NO wolkenl. ¹) Wiesbaden . 767 still bedeckt²) München .. 767 O 2 wolkenlos Chemnitz.. 769 NO bedeckt Berlin 769 NO 3 bedeckt²) Wien 766 NW bedeckt Breslau. 767 NW wolkenlos

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¹) Reif. ²) Dunstig. ²) Regenschauer. 8 Uebersicht der Witterung.

„Die Luftdruckvertheilung hat sich seit gestern ver⸗ ändert. Die Depression, welche gestern im Südosten lag, ist verschwunden, sodaß jetzt ganz Europa unter dem Einflusse eines umfangreichen Hochdruckgebietes steht, dessen Kern im Nordwesten sich befindet. Das Wetter ist in Deutschland ruhig, im Süden und Osten vorwiegend heiter, im Nordwesten vielfach trübe. Die Temperatur ist daselbst fast überall etwas gestiegen, liegt indessen noch allenthalben unter dem Normalwerth; im Binnenlande noch 2 bis 5 Grad. In Mitteldeutschland ist seit gestern viel⸗ fach Niederschlag gefallen, in Grünberg in Begleitung von Gewittererscheinungen.

Königliche Schauspiele.

Theater⸗Anzeigen. Mittwoch bleiben die Königlichen Theater geschlossen. Donnerstag: Opernhaus. 99. Vorstellung. Der Ring des Nibelungen von Richard Wagner. Vorabend: Das Rheingold. Dirigent: Kapell⸗

meister Sucher. Anfang 7 Uhr.

Schauspielhaus. 105. Vorstellung. Don Carlos, Infaut von Spanien. Trauerspiel in 5 Aufzügen von Schiller. Anfang 7 Uhr.

Freitag: Opernhaus. 100. Vorstellung. Der RNing des Nibelungen von Richard Wagner. Frser Abend: Die Walküre in 3 Akten. Anfang 7 Uhr.

Schauspielhaus. 106. Vorstellung. Das Käthchen von Heilbronn, oder: Die Feuerprobe. Großes historisches Ritterschauspiel in 5 Aufzügen von Heinrich von Kleist. Anfang 7 Uhr.

Beutsches Theater. Mittwoch: Geschlossen. Donnerstag: Die Stützen der Gesellschaft. Freitag: Die Kinder der Excellenz. Sonnabend: Die Haubenlerche.

Verliner Theater. Mittwoch: Geschlossen.

Donnerstag: Schuldig.

Freitag: 33. Abonnements ⸗Vorstellung. Der Kaufmann von Venuedig.

Sonnabend: Keau.

Sonntag, Nachm. 2 ½ Uhr: Der Kaufmann von

Venedig.

Tessing-Theater. Mittwoch: Geschlossen. Donnerstag: Zum 1. Male: Die Furcht vor der Freude. Mariensommer. Eine kleine Gefälligkeit. Eine Partie Piquet. (Gast⸗ spiel von Friedrich Haase.) reitag: Dieselbe Vorstellung. onnabend: Die alten Junggesellen. spiel von Friedrich Haase.)

Gast⸗

Victoria-Theater. Mittwoch: Geschlosse Donnerstag u. folgende Tage: Die sieben Naben. Romantisches Zaubermärchen in 5 Akten von Emil Pohl. Musik von G. Lehnhardt. Balletcomposition des 3. Aktes von C. A. Raida. Ballet von C. Severini. In Seene gesetzt von W. Hock. Anfang 7 ½ Uhr.

Wallner-Theater. Mittwoch: Geschlossen. Donnerstag und die folgenden Tage: Des Teufels

Deutsche Seewarte.

Weib. Phantastisches Singspiel in 3 Akten und

Friedrich-Wilhelmstädtisches Theater. Mittwoch: Geschlossen. Donnerstag: Mit neuer Ausstattung, zum 8. Male: Saint Cyr. Operette in 3 Aufzügen (mit theil⸗ weiser Benutzung eines Stoffes von A. Dum ½) von Oscar Walther. Musik von Rudolf Dellinger. In Scene gesetzt von Julius Fritzsche. Dirigent: Hr. Kapellmeister Federmann. Anfang 7 Uhr. Freitag: Saint Cyr.

Residenz-Theater. Direktion: Sigmund Lauten⸗ burg. Mittwoch: Geschlossen.

Donnerstag: Zum vorletzten Male: Die Früchte der Bildung. Lustspiel in 4 Akten von Leo N. Tolstoi. Für die deutsche Bühne bearbeitet von Raphael Loewenfeld. In Scene gesetzt von Sig⸗ mund Lautenburg. Anfang 7 ½ Uhr. Sonnabend: Zum 1. Male: Dr. Jojo. in 3 Akten von Albert Carré. 8

wank

Kroll’s Theater. Mittwoch: Geschlossen. Donnerstag: Norma. Morman Fr. Lilli Leh⸗ mann; Adalgisa: Frl. Marie Lehmann; Sever: Hr. Paul Kalisch als Gäste.) Anfang 7 Uhr. S Zar und Zimmermann. onnabend: Gastspiel des Sgr. d'Andrade. Rigolettv.

Francesco

Velle-Alliance-Theater. Mittwoch: Geschlossen. Donnerstag: Zum 4. Male: Der Giftmischer. Schwank in 4 Akten nach dem Französischen von Fritz Brentano und Carl Tellheim. In Scene gesetzt vom Direktor Sternheim. Anfang 7 ½ Uhr. Freitag und folgende Tage: Der Giftmischer.

Adolph Ernst-Theater. Mittwoch: Keine

Vorstellung. Donnerstag: Zum 67. Male: Adam und Eduard

Eva. Gesangsposse in 4 Akten von Jacobson und Leopold Elv. Couplets von Jacobson und Gustav Görß. Musik von Adolph Ferron. Im 4. Akt: Der unselige Toupinel. Parodistische Einlage. Anfang 7 ½ Uhr. 11““

Freitag: Benefiz für Hugo Haßkerl.

Thomas-Theater. Alte Jakobstraße 30.

Mittwoch: Geschlossen.

Donnerstag: Zum 33. Male: Der Millionen⸗ baner. Volksstück in 4 Akten von Max Kretzer. Gesangstexte im 3. Akt von A. Schönfeld. Musik von G. Steffens. . Uhr

Sing-Akademie. Donnerstag, Abends 8 Uhr: Concert der Sopranistin Rica Ventura.

Philharmonie Mittwoch, Abends 7 ½ Uhr, Concert des Philharm. Orchesters, unter gütiger Mitwirkung des Schnöpf'schen Gesang⸗Vereins. Elias v. Mendelssohn. Dirigent: Herr Paul Schnöpf.

Arania, Anstalt für volksthümliche Naturkunde. Am Landes⸗Ausstellungs⸗Park (Lehrter Bahnhof). Geöffnet von 12—11 Uhr. Täglich Vorstellung i

wissenschaftlichen Theater. Näheres die Anschlag⸗

zettel.

Familien⸗Nachrichten. Verlobt: Frl. Gertrud Lentz mit Hrn. Sec⸗ Lieutenant von Treskow (Berlin). Frl. Erna von Weltzien mit Hrn. Lieutenant von Walther⸗ Chroneck (Schwerin). Frl. Helene von Rüdgisch mit Hrn. Pfarrvikar Rieger (Frankenstein). 15 Alexandra Soukatine mit Hrn. Prem

ieutenant Sturt (Wiesbaden) Frl. Katharina von Wissel mit Hrn. Major Edler von der Planitz (Oppeln). 8

Verehelicht: Hr. Prem ⸗Lieutenant von Goldfus mit Miß Hardt (Berlin). Hr. Lieutenant Frhr. von Kap⸗herr mit Freiin von Kap⸗herr (Schloß Lockwitz). Hr. Lieutenant Epner mit Frl. von Humbert (Hohenkränig). Hr. Lieute⸗ nant von Donop mit Frl. Heyland (Hannover).

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Major von Bredow (Oldenburg) Eine Tochter: Hrn. Reg Assessor Dr. Dyes (Schleswig). Hrn. Prem⸗Lieut. von Zastrow (Merseburg). Hrn. Prem.⸗Lieute⸗ nant von Kuczkowski (Charlottenburg). Hrn. S. eggasn von Medem.

Gestorben: Hr. Dr. med. Mutzenbecher (Ham⸗ burg). von Brandenstein (Dresden).

Redacteur: Dr. H. Klee, Direktor. Berlin: Verlag der Expedition (Schol-). Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗ Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 22. 1 Acht Beilagen leinschließlich Börsen⸗Beilage),

sowie die Juhaltsangabe zu Nr. 6 des öffent⸗ E Anzeigers (Kommanditgesellschaften auf Aktien und Aktiengesellschaften) für die Woche

2

Freifrau Sophie

leinem Vorspiel von Meilhac und Mortier, bearbeitet von Th. Herzl. Musik von Adolf M A

Freitag und folgend Der Millionen

vpom 13. bis 18. April 1891.

Deutscher Reichstag. 104. Sitzung vom Montag, 20. April.

Am Tische des Bundesraths der Staats⸗Minister Freiherr

8, 8 ie zweite Berathung des Arbeiterschu forae henh hung schutzgesetzes wird

„§. 138a, welcher der geltenden Gewerbeordnung neu ein⸗ gefügt werden soll, bestimmt, daß wegen außergewöhn⸗ licher Häufung der Arbeit auf Antrag des Arbeitgebers die untere Verwaltungsbehörde auf die Dauer von 14 Tagen die Beschäftigung von Arbeitern über 16 Jahre bis 10 Uhr Abends an den Wochentagen außer Sonnabend unter der Voraussetzung gestatten kann, daß die tägliche Arbeitszeit 13 Stunden nicht überschreitet. Innerhalb eines Kalender⸗ 129gss soll die Erlaubniß nicht für mehr als 40 Tage ertheilt

rden.

„Ein von der Kommission eingeschalteter neuer Absatz knüpft die gleiche Besugniß für eine 14 Tage überschreitende Dauer und für mehr als 40 Tage im Jahre an die Erlaubniß der höheren Verwaltungsbehörde, und zwar nur für den den Fall, wenn die Arbeitszeit so geregelt tst, daß ihre täg⸗ liche Dauer im Jahresdurchschnitt die regelmäßige gesetzliche Arbeitszeit nicht uͤberschreitet.

Der Antrag ist schriftlich zu stellen, der Bescheid der unteren Verwaltungsbehörde binnen 3 Tagen schriftlich zu ertheilen. Gegen die Versagung der Erlaubniß ist die Be⸗ schwerde zulässig.

Nach dem letzten Absatz des §. 138a kann die untere Verwaltungsbehörde die Beschäftigung von Arbeiterinnen über sechszehn Jahre, welche keinen Haushalt zu besorgen haben und zum Besuch einer Fortbildungsschule nicht ver⸗ pflichtet sind, bei nothwendigen Reparaturen und bei Arbeiten, welche zur Verhütung des Mißlingens oder Verderbens von Rohstoffen erforderlich sind, an Sonnabenden und Vorabenden von Festtagen über 5 ½ Uhr Abends, jedoch nicht über 8 ½ Uhr Avbends hinaus gestatten.

Die Abgg. Auer und Genossen wollen den §. 138 a ganz streichen, eventuell nur die Beschäftigung bis zu zwölf Stunden gestatten und den von der Kommission beschlossenen Zusatz wie auch den letzten Absatz des §. 138a beseitigen.

Die Abgg. Payer und Genossen wollen den zweiten Absatz so fassen: Für 14 Tage überschreitende Dauer kann die gleiche Erlaubniß nur von der höheren Verwaltungs⸗ behörde ertheilt werden.

Von den Abgg. Dr. Gutfleisch, Dr. Hartmann und Genossen wird eine anderweitige Fassung der ersten beiden Absätze vorgeschlagen, wonach für eine 2 Wochen überschreitende Dauer die gleiche Erlaubniß nur von der höheren Verwal⸗ tungsbehörde und auch von dieser für mehr als 40 Tage im Jahre nur dann ertheilt werden kann, wenn die Arbeitszeit für den Betrieb so geregelt wird, daß ihre tägliche Dauer im Durchschnitt der Betriebstage des Jahres die regelmäßige gesetzliche Arbeitszeit nicht überschreitet.

Abg. Wöllmer erklärt die Bestimmung des ersten Absatzes für vollständig ausreichend, um die durch die Natur des Betriebes ge⸗ botenen Ausnahmen von den Vorschriften des §. 137 zuzulassen. Der von der Kommission neu eingefügte Absatz, der wesentlich im Interesse der zahlreichen Saisonindustrien weitere Ausnahmen gestatten solle, sei geeignet, die ganze Wohlthat, welche den Arbeiterinnen erwiesen werden solle, wieder illusorisch zu machen, da dann die Ausnahme zur Regel werden könnte. Die Saisonbetriebe hätten sich rechtzeitig auf die außergewöhnliche Häufung der Arbeit einzurichten. Jeden⸗ falls sei ein Mißbrauch dieser den Verwaltungsbehörden zu ertheilenden Befugnisse nicht ausgeschlossen. Redner beantragt den Absatz zu streichen.

„Abg. Singer kann auch die Befugniß, welche in dem be⸗ schränkteren Umfange der unteren Verwaltungsbehörde ertheilt werden soll, als durch das praktische Bedürfniß gerechtfertigt nicht anerkennen und ist daher in erster Linie für die Streichung des ganzen Para⸗ graphen. Da aber dafür eine Aussicht im Hause kaum vorhanden sei, so beantrage seine Partei, eventuell die Beschäftigung nur bis zu zwölf Stunden zuzulassen. Den Gründen des Vorredners gegen den Absatz 2 könne er sich vollständig anschließen. Mit diesem System von Ausnahmen würde einfach der relative Fortschritt, der durch §. 137 gemacht worden, wieder aufgehoben werden.

Abg. Möller tritt dagegen im Interesse der Saisonindustrie für den Beschluß der Kommissionsmajorität ein, welche er in der redaktionell veränderten Fassung des Antrages Gutfleisch⸗Hartmann anzunehmen bittet. Gerade bei den Saisonindustrien müßten sehr oft große Lieferungen mit äußerster Schnelligkeit hergestellt werden; ohne die Möglichkeit verstärkter Heranziehung der Arbeitskräfte d. bedeutende Industrien auf dem Weltmarkte konkurrenzunfähig

erden.

§. 138a wird mit dem Amendement Gutfleisch⸗Hartmann angenommen.

—. 139 (im Wesentlichen übereinstimmend mit dem geltenden Gesetz) läßt Ausnahmen von den in den §§. 135— 137 vorgesehenen Beschränkungen der Kinder⸗ und Frauen⸗ arbeit zu, wenn Naturereignisse oder Unglücksfälle den regel⸗ mäßigen Betrieb einer Fabrik unterbrochen haben. Er wird ohne Debatte unverändert angenommen.

§. 139a giebt dem Bundesrath die Ermächtigung: 1) die Verwendung von Arbeiterinnen und jugendlichen Arbeitern für gewisse mit besonderen Gefahren für Gesundheit und Sittlichkeit verbundene Fabrikationszweige gänzlich zu unter⸗ sagen oder von besonderen Bedingungen abhängig zu machen; 2) 9 Fabriken mit ununterbrochenem Feuerbetriebe oder regelmäßiger Tag⸗ und Nachtarbeit und für Campagnebetriebe Ausnahmen von den Beschränkungen der Frauen⸗ und Kinder⸗ arbeit nachzulgssen.

In den Fällen zu 2 darf die Dauer der vöchentlichen Arbeitszeit für Kinder 36, für junge Leute 60, für Arbeiterinnen 64, in Ziegeleien für beide Kategorien 69 Stunden nicht überschreiten, die Nachtarbeit darf in zwei Wochen 60, in 24 Stunden 10 Stunden nicht überschreiten und muß in jeder Schicht durch Pausen von zusammen mindestens einer Stunde unterbrochen sein.

„Die Bundesrathsbestimmungen können auch für bestimmte Bezirke erlassen werden, sind durch das Reichs⸗Gesetzblatt zu veröffentlichen und dem Reichstage zur Kenntnißnahme vor⸗

zulegen.

Dienstag, den 21. April

8 1891.

—õ„⸗p

Die Abgg. Auer und Genossen wollen Zeffer 2 und Rest des §. 139, streichen. 5

Die Abgg. Dr. Gutfleisch, Dr. Hartmann, Möller und Genossen wollen in einer weiteren Ziffer 2a für gewisse Fabrikationszweige, soweit die Natur des Betriebes oder die Rücksicht auf die Arbeiter es wünschenswerth erscheinen lassen, die Abkürzung oder den Wegfall der für jugendliche Arbeiter vorgeschriebenen Pausen gestatten, für diesen Fall sollen die jugendlichen Arbeiter nicht länger als sechs Stunden beschäf⸗ tigt werden, wenn zwischen den Arbeitsstunden nicht Pausen von mindestens zusammen einstündiger Dauer gewährt werden. Ferner solle die Dauer der wöchentlichen Beschäftigung für Arbeiterinnen bis auf 65, in Ziegeleien bis auf 70 Stunden erhöht werden können. bg. Möller empfiehlt die Kommissionsbeschlüsse mit dem von ihm mitunterstützten Antrage; für die Spinnereien unterlasse er, weitere Ausnahmen zu beantragen, da eine solche Erweiterung Wider⸗ sn. 88

eheimer Regierungs⸗Rath Dr. Königs erklärt sich mit de Antrag Gutfleisch⸗Möller einverstanden, durch welche i. üübnliche Regelung der Materie wie in England erreicht würde

Abg. Bebel: Die Spinnereien, für die der Abg. Möller in Uebereinstimmung mit der ursprünglichen Vorlage eintrete, gehörten zu den am Besten rentirenden Betrieben, die am Wenigsten noch weiter gehender einseitiger Begünstigungen bedürften. Es habe ihn (den Redner) mit wahrem Ekel erfüllt, wenn er sehen müsse, wie jeder kleinste Vortheil, der für die Arbeiter herauskommen solle, durch immer neue Wünsche der Unternehmer und durch immer neue Anträge wieder verkümmert oder ganz beseitigt werde. Gerade bei Betrieben anstrengender Natur, bei Nachtbetrieben, sollten jetzt die Kinder und jugendlichen Arbeiter in dieser argen Weise ausgebeutet werden, zumal jede Kontrole über die Innehaltung dieser Vorschriften fehle und der Fabrikinspektor doch nicht allgegenwärtig sei. Für solche grau⸗ samen Bestimmungen könne er unter keinen Umständen stimmen.

Abg. Wöllmer: Auch seine Partei halte die letzten Anträge Gutfleisch und Genossen für zu weit gehend. Der Gewinn einer Stunde Arbeit in der Woche (65 statt 64, 70 statt 69) könne für die Industrie selbst unmöglich von Bedeutung sein. Man babe allen Anlaß, diesem fortgesetzten Verlangen der Unternehmer nach Ausnahmen und größerer Latitüde in der Handhabung der einzelnen Vorschriften Halt zu gebieten. Bisher sei dem Reichstage die Be⸗ fugniß gegeben worden, die betreffenden Bundesrathsbeschlüsse außer Kraft zu setzen, wenn der Reichstag es verlange; diese Befugniß lasse die Kommission jetzt fallen und mache damit gegen das be⸗ stehende Recht einen Rückschritt. Nach dem Schicksal, welches ähnliche Anträge von Seiten seiner Partei bei früheren Gelegenheiten gefunden hätten, verzichte sie darauf, die Aufrechterhaltung der be⸗ treffenden Vorschrift vorzulegen.

Abg. Freiherr von Stumm: Gebe man dem Bundesrath Vollmacht, dann müsse man auch das Vertrauen haben, daß er die Bestimmungen dem Geist des Gesetzes entsprechend ausführe. Die Fassung der Kommission mit ihrer genauen Angabe der Marimal⸗ zahl der Beschäftigungsstunden sei hauptsächlich im Interesse der Arbeiter gewählt worden.

Abg. Schmidt (Elberfeld): Der Wegfall resp. die Abkürzung der Pausen für jugendliche Arbeiter, wie sie der Antrag Gutfleisch für gewisse Fabrikationszweige vorschlage, sei schon heute Brauch und könn? unter Umständen für die Arbeiter von ganz besonderem Vortheil sein. Die Zahl 65 insbesondere sei deshalb gerecht⸗ fertigt, weil nach §. 137 die Arbeiterinnen täglich 11, an Sonnabenden nur 10 Stunden, 65 Stunden pro Woche, beschäftigt werden dürften. Wenn man eine Latitüde geben wolle für längere Beschäftigung, so könne man doch nicht unter die Normal⸗ zahl herabgehen. Einen Antrag auf Zulassung dieser Ausnahmen auch für Mädchen unter vierzehn Jahren und bis zu sechzehn Jahren, die in Spinnereien beschäftigt seien, würde er bekämpfen müssen, denn es handele sich hier nicht um einfache Handreichungen, sondern um eine der schwersten Arbeiten, welche den Mädchen über⸗ haupt zugemuthet werden könnten.

Abg. Möller befürwortet einen inzwischen noch einge⸗ brachten Antrag Gutfleisch⸗Hartmann, wonach Aus⸗ nahmen von den Bestimmungen über die Frauenarbeit unter einer neuen Ziffer 2b auch für die Fabrikationszweige, in denen regelmäßig zu gewissen Zeiten des Jahres ein ver⸗ mehrtes Arbeitsbedürfniß eintritt, zuzulassen sind, mit der Maßgabe, daß die Arbeitszeit dreizehn, an Sonnabenden zehn Stunden nicht überschreitet.

Abg. Bebel: Wenn es dabei bleibe, daß, wie heute angedeutet worden sei, auch in der dritten Lesung noch weitere Verschlechterungs⸗ anträge eingebracht würden, könne er heute schon ankündigen, daß auch die Sozialdemokraten ihre Anträge wiederholen und neue stellen würden und die dritte Lesung dann auch drei bissbier Wochen dauern werde. Wenn der Bundesrath zu Verbesserungen der beschlossenen Vorschriften durch besondere Vollmacht autorisirt werde, so sei seine Partei allzeit dafür eingetreten, nicht aber für eine Befugniß, welche dem Bundesrath Verschlechterungen des im Gesetze statuirten Zustandes gestatte. Eine solche würde unzweifelhaft eintreten, wenn die neuen Anträge Gutfleisch⸗Hartmann angenommen würden.

n der Abstimmung wird §. 139 a mit den Anträgen Gutfleisch⸗Hartmann angenommen. Nach diesen An⸗ trägen wird auch die Vorschrift, daß die Nachtarbeit in zwei Wochen die Dauer von 60 Stunden nicht überschreiten darf, fallen gelassen, dagegen sollen die Tag⸗ und Nachtschichten wöchentlich wechseln.

§H. 139 b regelt die Aufsicht über die Ausführung der Bestimmungen über die Sonntagsarbeit, Einrichtung und Be⸗ trieb der Fabriken, Handhabung der Arbeitsordnungen, Kin⸗ der⸗ und Frauenarbeit. Die Aufsicht ist besonderen Landes⸗ beamten (Fabrikinspektoren bezw. Gewerberäthen) übertragen. Der Paragraph entspricht im Wesentlichen dem geltenden Recht.

Die Abgg. Auer und Genossen wollen die Fabrikinspek⸗ toren insofern als Reichsbeamte einsetzen, als die Ordnung der Zuständigkeit zwischen ihnen und den Polizeibehörden durch das Reich erfolgen soll.

Abg. Dr. Hirsch plaidirt für ihre Vermehrung, mindestens nach dem Muster Preußens, und erkennt darin, daß diesen Beamten in Preußen auch die Kesselrevision übertragen sei, keine Verbesserung des bestehenden Zustandes; es werde vielmehr durch diese neue Funktion die Wahrnehmung der Geschäfte der Gewerbeinspektion beeinträchtigt. Während nun die Gewerbeordnung für das ganze Reich die Materle einheitlich regele, könne die Aufsicht nach ganz verschiedenen Anweisungen der Behörden der Einzelstaaten stattfinden. Darin liege ein Widerspruch und eine Gefahr. Fleisch und Blut gewönnen die Vorschriften der Gewerbeordnung erst durch die Ausführung, durch die Aufsicht. Es könne daher nicht erwünscht sein, wenn die Beaufsichtigung der Aus⸗ übung dieser Vorschriften sich verschieden gestalte und die Auf⸗ sicht hier streng, dort lax gehandhabt werde; man hätte

8

(Präsident: Das sei nicht zur

verschiedene Gewerbegesetze im Reiche. Dennoch sei ein Antrag von ihm auf Einsetzung einer Reichs⸗Gewerbebehörde abgelehnt worden, und auch hier im Plenum sei keine Aussicht dafür. Aber wenigstens werde der Bundes⸗ rath genaue Anweisungen über die Ausführung der Bestimmungen des Gesetzes an sämmtliche Fabrikinspektoren erlassen, worin doch wohl keine Ueberschreitung der Reichskompetenz erblickt werden könne. Es sei eine Anomalie, daß die Personen, welche als Wächter eines Reichsgesetzes daständen, gar nicht mit einander in Berührung kämen, während erst vor einem Jahre sogar eine internationale Konferenz über die Frage des Arbeiterschutzes stattgefunden habe. Zu begrüßen sei der dem §. 139 b von der Kommission gegebene Zusatz, wonach die Arbeitgeber verpflichtet sein sollten, den oder der Polizeibehörde statistische Mittheilungen über die Verhältnisse ihrer Arbeiter in bestimmten Fristen und Formen zugehen zu lassen. Es sei ein Anfang, aus dem sich vielleicht wirklich einmal ein Reichs⸗ Arbeitsamt entwickele.

Abg. Dr. Hartmann: Der Antrag auf Schaffung von Reichs⸗ Gewerbeinspektoren habe, so oft er hier erschienen sei, stets in ihm einen entschiedenen Gegner gefunden. Der Wunsch, daß die Inspek⸗ toren in Wahrheit zu Vertrauenspersonen der Arbeiter und der Arbeitgeber werden möchten, werde von ihm getheilt, aber zum Ver⸗ trauen gehörten zwei, und die Arbeiter ließen bisher an diesem Vertrauen zu wünschen übrig. Vielleicht bringe es der Abg. Dr. Hirsch in den Arbeiterkreisen, auf die er Einfluß besitze, dahin, daß dies sich ändere. Daß die Gewerbeinspektionsverhältnisse schlecht seien, könne er für Sachsen nicht zugestehen. Den Antrag der Sozial⸗ demokraten, der nur die Ordnung der Zuständigkeitsverhältnisse der Gewerberäthe dem Reich übertragen wolle, könne er gleichwohl nicht zur Annahme empfehlen, da man zu den Einzelstaaten auch in dieser das Vertrauen haben müsse, daß sie ihrer Aufgabe gerecht vürden.

„Abg. Siegle tritt für die Kommissionsfassung ein, welche es ermöglichen werde, genaue statistische Unterlagen für die zukünftige Gesetzgebung zu schaffen.

Abg. Bebel: Wenn die Handhabung dieses Gesetzes in ganz Deutschland eine einheitliche sein solle, müste sie durch einheitlig organisirte Behörden und einheitliche Organisation von Sachverständige ausgeführt werden. Darum habe seine Partei das Reichs⸗Arbeitsam vorgeschlagen. Das Bestreben aber, jede wirksame und ausreichend Kontrole abzuwehren, habe zur Ablehnung dieses Vorschlages ebenso wie desjenigen des Abg. Dr Hirsch geführt. Seine Partei komme darauf nicht wieder zurück, wolle aber die Ordnung der Zuständigkeits verhältnisse der Fabrikinspektoren durch das Reich vorbehalten wissen Das Fabrikinspektorat, wie es jetzt bestehe, entspreche den bescheidenstern Anforderungen nicht, sonst würde die preußische Regierung nicht zu Vermehrung der Inspektoren übergegangen sein. Auch Sachsen welches allerdings in höherem Grade dieses Institut organi sirt habe, müsse noch viel mehr dafür thun, auch dort gehöre zu den Obliegenheiten der Fabrikinspektoren auch die Kesselrevision. Die Sozialdemokraten seien keine Gegner sondern energische Freunde derselben und wünschten die mög lichst vollständige Ausgestaltung der Einrichtung, aber wenn si nicht unparteiisch ihres Amts walteten, sondern einseitig und feind selig gegen die Arbeiter aufträten, so könnten sie das Vertrauer der Arbeiter allerdings nicht sinden. Zu Gunsten der Unternehme seien sie doch nicht da, sondern zum Schutze der Arbeiter; Schutze der Ersteren seien sie nicht nöthig. Die Berichte österreichischen Fabrikinspektoren ergäben, daß von Jahr zu Jah die Zahl der Arbeiter, welche sich an sie wendeten, größer geworden sei, während sie in Deutschland darüber klagten, daß die entsprechend Zahl nicht zunehmen wolle. In der Schweiz sei es trotz allem Kan⸗ tönligeist gelungen, die Fabrikinspektion einheitlich zu gestalten, wie auch der Geheime Regierungs⸗Rath Dr Königs in seinem oft citirten Buche lobend erwähne. Sei das in der Schweiz möglich, so müsse es für Deutschland erst recht möglich sein. Mit dem Zusatz der Kommission sei seine Partei einverstanden. Bleibe die Bestimmung nicht auf dem Papiere, werde sie streng und energisch gehandhabt, dann werde sie die Notbwendigkeit noch viel tiefer greifender Aen- derung der Gewerbegesetzgebung unfehlbar ergeben.

Abg. Freiherr von Stumm: Der Antrag der Sozialdemo⸗ kraten sei 1878 von ihm eingebracht worden, er könne also nicht umbin, seine Freude darüber auszusprechen, daß die Sozialdemo⸗ kraten in dieser Beziehung seinen damaligen Standpunkt zu dem ihrigen gemacht hätten. Er werde aber heute gegen diesen Antrag stimmen, weil seit 1878 eine ganz erhebliche Vermehrung der Fabrikinspektoren eingetreten sei und man Gelegenheit genug habe, an der Hand der einzelnen Berichte auf einheitliche Handhabung der gesetzlichen Bestimmungen wenigstens zu dringen. Wenn aber die Wünsche des Abg. Dr. Hirsch sich realisirten, würde sein Lob der Institution sich bald in das Gegentheil verkehren.

Abg. Dr. Hirsch erklärt, daß der Vorredner ihn mißverstanden habe. Der Aufsichtsbeamte sei in erster Reihe doch zum Schutze der Arbeiter da, müsse sich also um ihre Bedürfnisse, ihre Beschwer⸗ den bekümmern. Dies und nichts Weiteres habe er befürwortet,

Mit einer kurzen Gegenbemerkung des Abg. Freiherrn von Stumm schließt die Debatte. In der Abstimmung wird §. 139 b unverändert angenommen.

Damit ist die Berathung des Titels VII der Gewerbe⸗ ordnung (Artikel 1 der Vorlage) erledigt. h Durch einen neuen Art. 1 a wird die Befugniß der Rege⸗ lung gewerblicher Gegenstände durch Ortsstatut auf die weiteren Kommunalverbände ausgedehnt. Der Artikel wird unverändert angenommen, ebenso Art. 3, welcher die Zuständigkeit der Innungen mit den Bestimmungen der Gewerbeordnung in En bringt. f

rt. 2, betreffend die Zuständigkeit der Gewerbegerichte wird L.. besia h echedcen. 8 tth

Art. 4 enthält Abänderungen der Strafbestimmungen des e X A eenbardang. 8

Abg. Stadthagen beantragt, mit Geldstrafe bis zu 2000 und mit Gefängniß bis zu 6 Monaten auch Denje - en 8. 1,1*enn der der Aufforderung der Behörde ungeachtet den -N zss⸗ des 8 120, betreffend den Besuch der Fortbildungsschulen, und des 120 d und 120 e (Ausführung von Anlagen zur Sicherheit des Betriebes) zuwiderhandelt. Er führt aus, daß die bestehenden Straf⸗ maße (Geldstrafen bis zu 300 oder Haft) für die in Rede kommen⸗ den Verstöße viel zu niedrig seien, und daß nach der Fassung der Kommission der Verstoß gegen §. 120a überhaupt nicht geahndet werden solle. Die Strafe müsse nothwendig höher gesetzt werden, wenn man sich vergegenwärtige, wie fortgesetzt die Unternehmer gegen diese Bestimmungen verstießen. Redner kommt dann auf die jüngste Veröffentlichung „Ein Komplott gegen die Arbeiterklasse“ zurück, welche den Beweis für seine Behauptungen enthalte. Der Verhand deutscher Metallindustriellen sei ohne Zweifel ein po⸗ litischer Verein und werde trotzdem von der Behörde nicht behelligt, sondern unterstützt. Der Verband unterliege demnach dem preußischen Vereinsgesetze und müßte aufgehoben werden, da seine Vereine mit einander zu politischen Zwecken in Verbindung träten. Das sei aber nicht geschehen, vielmehr hätten sich die Behörden ihm angeschlossen. Sache gehörig!) Er müsse das

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dann gewissermaßen