1891 / 94 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 21 Apr 1891 18:00:01 GMT) scan diff

sie es jetzt sei, für die Landgemeindeordnung stimmen zu können, so daß der Wunsch des Ministers auf möglichst einstimmige Annahme des Gesetzes sich erfüllen werde. 8

Damit schließt die Generaldebatte.

n der Spezialdebatte beantragt

bg. Richter zu §. 1, daß den Landgemeinden mit mehr als 5000 Einwohnern die Annahme der Städteordnung nicht versagt werden könne; daß dieselben aber einen kollegiali⸗ schen Gemeindevorstand nicht einzurichten brauchten.

Abg. Richter verweist darauf, daß die Versuche, den großen Landgemeinden in der Nähe Berlins und anderer großen Städte ein Abweichen von der Landgemeindeordnung zu gestatten, nicht gelungen seien, denn die Bildung eines kollegialischen Gemeindevorstandes ohne besoldete Gemeindevorsteher sei unmöglich; die Annahme der Städteordnung mit der Magistratsverfassung werde die großen Landgemeinden abschrecken, weil dadurch die Verwaltung kost⸗ spieliger werde. Uebrigens kämen nicht bloß Berlins Vor⸗ ortgemeinden in Betracht, denn nach der letzten Volks⸗ zählung gebe es 44 Gemeinden in den sieben östlichen Provinzen, die über 5000 Einwohner hätten, davon 14 in der Nähe von Berlin. Man spreche so viel von der Wohnungsfrage; die einfachste, gründ⸗ lichste Lösung der Wohnungsfrage liege darin, daß man es den Ar⸗ beitern erleichtere, außerhalb der Großstädte zu wohnen. Das sei abhängig von der billigen Eisenbahnfahrt nach dem Vororte, und die Vororte müßten ihre kommunalen Einrichtungen der wachsenden Be⸗ völkerung entsprechend treffen können.

Minister des Innern Herrfurth:

8 Ich bin nicht in der Lage, den Anträgen des Hrn. Abg. Richter samens der Staatsregierung zustimmen zu können, und zwar aus formalen und aus materiellen Gründen. Aus formalen Gründen deshalb, weil eine derartige Bestimmung nicht in die Landgemeinde⸗ ordnung gehört, sondern in die Städteordnung, zumal sie ja bestimmt ist, eine ausdrückliche Vorschrift in §. 72 der Städteordnung abzu⸗ ändern. Aber auch in materieller Beziehung halte ich diese Bestimmung für bedenklich. Zunächst ist gesagt, es solle

einer Landgemeinde mit mehr als 5000 Einwohnern die Annahme!

der Städteordnung nicht versagt werden. Dafür läßt sich nach ge⸗ wisser Richtung hin Manches sagen, was auch der Abg. Richter zu⸗ treffend heute ausgeführt hat. Aber es ist dabei zu berücksichtigen, daß durch die Umwandlung einer Landgemeinde in eine Stadtgemeinde das Verhältniß auf dem Kreistag und indirekt auch auf dem Provinzial⸗ Landtag in Betreff ter Stimmen abgeändert wird, und ich glaube deshalb, daß zu einer solchen Abänderung, zu der Umwandlung einer Landgemeinde in eine Stadt⸗ gemeinde die Anhörung des Kreistags, die Anhörung des Provinzial⸗ Landtags und eine Königliche Verordnung nicht entbehrt werden können, und daß es der materiellen Prüfung überlassen werden muß, ob im. einzelnen Falle sich Bedenken zeigen.

Was den zweiten Purkt anlangt, so mache ich nur darauf auf⸗ merksam, daß nach unserer jetzigen Eesetzgebung nicht die Regierung, sondern der Bezirksausschuß in derartigen Fällen würde inzutreten haben. Hier, will ich ganz offen sagen, finde ch eire derartige Abänderung der Bestimmung zweckmäßig. Sie kann aber meines Erachtens nur geschaffen werden bei der Revision der Städteordrung oder bei Erlaß einer Städteordnung für den ganzen Umfang der Monarchie, für welchen die ersten Vorbereitungen bereits in Angriff genommen sind. Bei der Landgemeindeordnung, wo es sich um Landgemeindeverhältnisse handelt, bitte ich um Ab⸗ lehnung der Anträge.

Abg. Bachem schließt sich diesen Aussübrungen an. 8 Abbg. Richter erklärt sie als nicht zutreffend. Wenn diese Land⸗ gemeinden mit städtischem Charakter Landgemeinden blieben, dann liege ie Gefahr nabe, daß die großen Hausbesitzer derselben als Großgrund⸗

itzer die Mehrheit auf dem Kreistage bildeten. Wenn die Annahme ein Schönheitsfehler sei, dann sei es nicht der einzige önheitsfehler.

Abg. Cremer (Teltow): Den Berliner Vororten könne nur geholfen werden durch Einverleibung in Berlin. Was man sonst eplant habe, die Theilung der Kreise u. s. w., dadurch sei nichts ewonnen. B

„Akg. Richter: Für die Einverleibung dieser Vororte sei die Zeit jetzt noch nicht gekommen; sie werde zu sehr verschiedenen Zeiten ommen. Jedenfalls könnten die Vororte aber darauf nicht warten. Wolle man sie jetzt einverleiben, dann werde der Ausbau der Vor⸗ orte erfolgen auf Kosten der Stadt Berlin, während die Grundbesitzer der Vororte schon im Schlafe sehr viel gewonnen hätten durch die Versteigerung ihres Grundbesitzes. 1

§. 1 wird unter Ablehnung des Antrages Richter un⸗ verändert angenommen.

Bei §. 2 (Zusammenlegung von Gutsbezirken und Ge⸗ meinden) bemerkt b

„Abg. Graf Kanitz: Er sei für §. 2, nicht weil, sondern obgleich er ein Kompromiß sei. Auf dem Gebiete der Handels⸗ und Zoll⸗ gesetzgebung möge ein Kompromiß gelten, nicht aber hier, wo es sich um die Fundamente des Staates, die vitalen Interessen unseres Bauernstandes handele. Er halte § 2, wie er vorliege, für zweck⸗ mäßig und auch für unschädlich. Zu den sonderbaren Gutsbezirken des Ministers könne er noch einen anführen aus dem Kreise Liegnitz, wo ein Gutsbezirk nur aus einer einsamen Pappel bestehe (Heiter⸗ keit), aber Schul⸗ und Kirchenlasten habe. Daß solche Mißgebilde beseitigt werden müßten, darüber sei ja keine Meinungs⸗ verschiedenheit. Es könne sich nur darum handeln, wo die Grenzen zwischen den Selbstverwaltungs⸗ und Staatsbehörden bei der Bestim⸗ mung über diese Verhältnisse zu ziehen seien. Diese Grenzen seien, wie er glaube, im §. 2 richtig gefunden. Dann möchte er den Minister fragen, ob im Falle der Gewährung von Zuschüssen zur Armer⸗ und Schullast die hier erwähnte Leistungsunfähigkeit eintrete, ferner ob unter öffentliches Intereffe“ auch rein polizeiliches Interesse zu verstehen sei.

Minister des Innern Herrfurth:

Meine Herren! Ich bin allerdirgs wohl kaum recht legitimirt. über die Interpretation des Absatzes 6 zu §. 2 meinerseits eine authentische Erklärung zu geben, denn ich erinnere daran, daß dieser Absotz nicht in dem ursprünglich zuischen mir und den Parteien vereinbarten Kompromisse stand, sondern nach⸗ träglich beigefügt worden ist. Ich glaube, ich bin desbhalb zu einer authentischen Interpretation der Absicht der Antragsteller nicht wohl befugt. Aber die Erklärung, die ich hinsichtlich der An⸗ wendung dieser Bestimmung in der Kommission abgegeben habe, die aber in etwas anderer Weise formulirt war, als wie sie Hr. Graf Kanitz angegeben hat —, diese zu wiederholen, bin ich sehr gern bereit.

Hr. von Heydebrand hatte damals gefragt, ob die bei der Ge⸗ währung von Zuschüssen zur Armenverwaltung und Schulverwaltung vorausgesetzte Leistungsunfähigkeit der unterstützten Gemeinden als ein Beweis für die im ersten Falle der Nr. 6 bezeichnete Leistungs⸗ unfähigkeit anzusehen sein werde. Darauf habe ich erwidert:

8r Eine derartige Erklärung könne ich in allgemein gültiger nicht abgeben. Eine solche Erklärung würde nicht

8

möglich sein ohne ein Schablonisiren, welches ich mit dem Fragesteller vermeiden wolle. Es komme bei Be⸗ urtheilung der Frage, ob die Leistungsunfähigkeit im Sinne der ersten Nummer der Nr. 6 vorhanden sei, ganz auf die Lage des einzelnen Falles an. In vielen Fällen werde sie da vorhanden sein, wo Unterstützungen zu den Armen und Schullasten gewährt würden, aber nicht immer, da bei der Gewährung dieser Unterstützungen oft ein mildes Urtheil obwalte.

Die zweite Frage des Hrn. Grafen Kanitz bezieht sich darauf, ob unter den öffentlichen Interessen auch rein polizeiliche Interessen zu verstehen seien. Meine Herren, ich darf daran erinnern, daß ich gegen diese Bestimmung des Absatzes 6 im §. 2 ausdrücklich hervor⸗ gehoben und es als eine meiner Einwendungen bezeichnet habe, daß man hier ein polizeiliches Interesse für kein öffentliches Interesse erkläre, denn nach der Fassung ließe sich allerdings ein rein polizeiliches Interesse meines Erachtens nicht unter diese Bestim⸗ mung bringen. Ich würde ein materiell erhebliches Bedenken hieraus gegen die ganze Bestimmung hergeleitet haben, wenn überhaupt zahl⸗ reiche Fälle dieser Art vorgekommen wären; ich habe aber den Herren in der Kommission mitgetheilt, daß es mir trotz aller Mühe nicht gelungen ist, überhaupt einen solchen Fall bei der Vereinigung voller Gutsbezirke und Landgemeinden zu konstatiren, daß ein solcher bei der Parzellen⸗ vereinigung aber, so weit ich auch in den Akten habe zurückgehen können, nur zweimal vorgekommen ist, und diese Fälle waren nicht von besonderer Erheblichkeit. Ich habe also meinerseits eine solche Begriffsbestimmung, wie sie jetzt das rein polizeiliche Interesse ausschließt, für unzweckmäßig, für nicht logisch richtig, für nicht wünschenswerth erachtet. Ich habe aber in Betreff der Tragweite dieser Bestimmung nach der Richtung, die Hr. Abg. Graf Kanitz klar gestellt zu sehen wünschte, keinen Zweifel gelassen.

Meine Herren, ich möchte nun noch ein paar Worte in Betreff, der rein redaktionellen Formulirung mit Nummern sagen und muß erklären: ich habe selbst früher diese Frage der Numerirung des Absatzes des §. 2 angeregt. Ich hatte allerdings damals primo loco eine Theilung in Paragraphen, die ich auch heute noch für zweckmäßig erachte, in Anregung gebracht. Ich gebe zu, für das Citiren sind Nummern sehr wünschenswerth, aber Zerlegung in Paragraphen doch viel wünschenswerther. Denn wie stellt sich denn hier faktisch die Sache? Sie machen unn entweder was nicht darin gesagt ist hinter dem letzten Wort des Absatzes 1 ein Kolon und drucken nun ein: „Nr. 1.... bis Nr. 8“. Dann haben wir nur einen Absatz mit acht verschiedenen Unternummern. Oder Sie rücken die Nummern 1—8 nicht ein; so haben wir den Uebel⸗ stand, daß Absatz 3 als Nr. 2, Absatz 4 als Nr. 3 u. s. w. zu bezeichnen ist. Ich fürchte, daß daraus bei der praktischen Anwendung Schwierigkeiten entstehen können. Ich möchte also die Herren Antragsteller zunächst fragen, wie Sie sich überhaupt die Sache gedacht haben? Sollen diese Nummern als Unterabtheilungen des Absatzes 1 angesehen werden, sodaß also hinter „bestehen“ ein Kolon kommt und dann die 8 Fälle eingerückt werden, oder sollen sie selbständige Absätze bilden? Ich muß wiederholen, für den praktischen Gebrauch wird es sehr viel wünschenswerther sein, daß wir, statt die einzelnen Absätze zu numeriren, die einzelnen Absätze in Paragraphen verwandeln.

§. 2 wird angenommen, ebenso ohne Debatte die Para⸗ graphen bis 11.

Nach §. 12 darf die Vertheilung der auf das Einkommen gelegten direkten Gemeindeabgaben nach keinem anderen Maß⸗ stabe als nach dem Verhältnisse der von den Gemeindeangehö⸗ rigen zu entrichtenden Staatseinkommensteuer und zwar nur durch Zuschläge zu der letzteren erfolgen.

Abg. Richter beantragt, nach dem Worte „darf“ einzu⸗ schalten „ohne Zustimmung des Kreisausschusses“.

Abg. Richter: Sein Antrag wolle hier die Uebereinstimmung mit dem Einkommensteuergesetz herstellen. Der Minister Miquel habe hier erklärt, die Regierung werde den Gemeinden im Verwal⸗ tungswege die Einführung eines anderen Steuertarifs gestatten als den staatlichen. Nach der bisherigen Fassung des Paragraphen sei das im Verwaltungswege nicht möglich.

Minister des Innern Herrfurth:

Ich erkenne an, daß der Antrag des Abg. Richter zu §. 12 mit den Erklärungen, die bei Gelegenheit des Einkommensteuergesetzes abgegeben worden sind, in Uebereinstimmung steht, und ich würde meinerseits ein sachliches Bedenken nicht zu erheben haben, sobald er den Antrag dahin modifizirte, daß nicht die Zustimmung des Kreistoges, sondern des Kreisausschusses vorgesehen wird. (Zustimmung.) Ich bemerke übrigens, um Mißverständnisse zu vermeiden, daß, wenn ein anderer Tarif für die Einkommensteuer eingeführt wird, dann diese Abgabe aber eine besondere Gemeindeeinkommen⸗ steuer wird, und daß die Bestimmungen, welche in Betreff der be⸗ sonderen Gemeindeeinkommensteuer im Uebrigen in den folgenden Paragraphen enthalten sind, dann auf eine solche Einkommensteuer auch Anwendung finden müssen.

Hierauf wird §. 12 unter Ablehnung des Antrages Richter

angenommen. 8

§. 14 ist in der zweiten Berathung hinzugefügt worden; danach sollen bis zum Inkrafttreten eines Kommunalsteuer⸗ gesetzes die bisherigen ortsstatutarischen Bestimmungen über die Gemeindebesteuerung aufrecht erhalten werden können.

Als Kompromiß (Antrag von Heydebrand und Genossen) wird vorgeschlagen, unter Versetzung dieser Bestimmung unter die Uebergangsbestimmungen die Aufrechterhaltung der bei Verkündigung der Landgemeindeordnung für Vertheilung der Gemeindeabgaben statutarisch oder observanzmäßig bestehenden Maßstäbe durch Beschluß der Gemeinde mit Genehmigung des Kreisausschusses auf höchstens fünf Jahre (bis zum 1. April 1. gestatten.

g Flriherr von Huene beantragt, sie gelten zu lassen nicht bis jum Inkraftirettn des Kommunclsteuergesetzes, sondern bis zum Inkrafttreten eines die Ueberweisung von Grund⸗ und Gebaudesteuer regelnden Gesetzes. 1

Abg. Ricert erklärt sich mit diesem Antrag von Huene ein⸗ verstanden, weil daburch die Möglichkeit näher gerückt werde, die orts⸗ statutarischen Bestimmungen aufzuheben. 1

Abg. Dr von Gneist beantragt, hinzuzufügen, daß in dem Ge⸗ meindebeschluß die bestehende Observanz erschöpfend vollständig an⸗ zuführen sei. 8

Abg. Freiherr von Huene: Er könne sich wohl denken, daß man ein Gesetz wegen Ueberweisung der Grund⸗ und Gebäudesteuer er⸗ halten werde, welches noch keineswegs ein Kommunalsteuergesetz in sich trage. Auch im Falle der Beseitigung der Grund⸗ und Gebaͤude⸗ steuer oder eines heiles derselben nach dem Beschlusse des Herrenhauses würden die Zuschläge jedenfalls eine ganz andere Be⸗

deutung bekommen. Er bitte deshalb, seinen Antrag anzunehmen, damit der Termin der Beseitigung der Observanzen verkürzt werde, und könne dann nach 4—5 Jahren immer noch eine Korrektur ge⸗ schaffen werden 1

Abg. Rickert: Für den Fall, daß das Haus in die Streichung des Paragraphen nicht willige, bitte er, dem Antrag Huene zuzu⸗ stimmen, welcher den §. 14 mildere, d. h. den Zeitpunkt der Aufhebung der Observanzen näher rücke. Die Regierung habe allerdings die Absicht, das Kommunalsteuergesetz und die Ueberweisung der Grund⸗ und Gebäudesteuer im Zusammenhange zu erledigen, es sei aber die Frage, ob das wirklich zur Ausführung kommen werde. Angesichts der bestehenden Schwierigkeiten könne wohl der Fall ein⸗ treten, daß man die lex Huene beseitige und vorerst die Ueber⸗ weisung der Grund⸗ und Gebäudesteuer beschließe. 1

Abg. Dr. von Heydebrand und der Lasa erklärt sich aus prinzipiellen Bedenken und wegen der Unklarheit der Fassung des Antrags von Huene gegen denselben; es bleibe danach ungewiß, ob die Ueberweisung an die Kreise oder Kommunen erfolgen solle. Auch der Antrag von Gneist habe den Beifall seiner Freunde nicht.

Abg. Dr. Krause hält die Maximalzeit für die Aufhebung der Siee für sehr wichtig und erklärt sich deshalb für das Kom⸗ promiß.

Minister des Innern Herrfurth:

Die Aenderungen, die Hr. Abg. Freiherr von Huene zu diesem Paragraphen vorgeschlagen hat, kann ich eigentlich gar nicht für materielle Abänderungen halten. Ich glaube, es ist ziemlich gleich, welche Fassung gewählt wird, denn ich nehme an, daß das Kom⸗ munalsteuergesetz nicht kommen wird ohne Ueberweisung von Grund⸗ und Gebäudesteuer, und daß die Ueberweisung von Grund⸗ und Ge⸗ bäudesteuer nicht kommen wird ohne das Kommunalsteuergesetz. Nach dieser Richtung habe ich keine besonderen Wünsche meinerseits auszusprechen.

Was den Kompromißantrag zu §. 14 anlangt, so muß ich anerkennen, daß er eine erhebliche Verbesserung des §. 14, wie er in der zweiten Lesung angenommen ist, enthält, einmal darin, daß zunächst der Zeit⸗ punkt „bei Verkündigung der Landgemeindeordnung“ genau bezeichnet wird, für das Zweite, daß der §. 14 nicht eine fristlose, sondern eine vorübergehende Bestimmung enthalten soll. Ich kann allerdings mein Bedauern darüber nicht zurückhalten, daß der Termin so lang bis 1897 normirt worden ist. Da aber nach dieser Richtung hin, wie ich sehe, eine volle Einigung der Majoritätsparteien erzielt worden ist, will ich meinerseits nicht widersprechen. Ich erachte den Antrag des Hrn von Gneist für eine Verbesserung und würde meiner⸗ seits wünschen, daß er angenommen wird. Aber ich erkenne an, daß sich das auch machen läßt im Wege der Instruktion. Von dem, was man als Observanz aufrecht erhalten will, muß man wissen, was es ist, und es kann zweifellos der Weg der Instruktion vorgeschrieben werden, daß bei einem solchen Beschluß, welcher eine Observanz auf⸗ rechterhalten will, genau fixirt werden muß, welches der Inhalt dieser Observanz ist. Weil es aber in dem Falle fixirt werden muß, möchte ich glauben, daß es kein Bedenken haben kann, diese Bestimmung in das Gesetz selbst aufzunehmen.

Abg. Dr. von Gneist: Die von ihm beantragte Bestimmung biete eine Kautel gegen weitläufige und theure Prozesse; die Er⸗ mittelung der Observanzen verursache dem Ober⸗Verwaltungsgericht stets große Mühe und Kosten. Der Weg der Instruktion sei gangbar, aber zu umständlich. 8

§. 14 wird als Uebergangsbestimmung nach dem Kom⸗ promißantrag (von Heydebrand und Gen.) angenommen.

Darauf wird um 3 ¾l Uhr die weitere Berathung vertagt.

Rennen in Hoppegarten. Montag, 20. April.

I. Eröffnungs⸗Rennen. Staatspreis 4000 Für zjähr. und ältere inländ. Hengste und Stuten. 80 Eins., halb Reug. Gewicht 3jähr. 55 kg, ältere Pferde 60 kg, Dist. 1600 m. (15 Unterschr.) Frhrn. von Münchhausen’s br. H. „Hawk⸗ 1. Kgl. Hpt.⸗Gest. Graditz's br. St. „Harsfrau“ 2., Hrn. J. Saloschin’s F.⸗St. „Linda“ 3. Leicht mit drei Längen gewonnen; „Linda“ acht Längen weiter zurück Dritte. Werth: 4000 dem Sieger, 800 der Zweiten, 80 der Dritten. 5

II. Potrimpos⸗Handicap. Graditzer Gestütpreis 4000 Für 3 jähr. und älterej inländ. Pferde. 100 Eins., 60 Reug., doch nur 30 ℳ, wenn nicht angenommen. Sieger extra. Dist. 1400 m. Dem dritten Pferde der doppelte Eins.; den Rest der Eins. und Reug. theilen das erste und zweite Pferd. (25 Unterschriften, von denen 13 angenommen.) Kapt. Jos's F.⸗H „Fiasco“ 1. Hptm. R. Spiekermann's F⸗H. „Herr Vex“ 2, Hrn. Albert's br. St. „Schnee⸗ flocke“ 3 Mit dreiviertel Längen gewonnen; „Schnecflocke“ eine halbe Länge hinter „Herr Vex“ Dritter. Werth: 4550 dem Sieger, 550 dem Zweiten, 100 der Dritten.

III. Preis von Dahlwitz. Staatspreis 5000 für 3jähr. und ältere inländ. Hengste und Stut. 100 Eins., halb. Reug. Altersgewicht. Sieger ixtra. Dist. 1200 m. Dem fweiten Pferde die Eins. und Reug., nach Abzug des Eins. für den Sieger und des doppelten Eins. für das dritte Pferd (14 Unterschr) Königl. Hpt.⸗ Gest. Graditz's F.⸗H. »Hödue⸗ 1., Hra. V. May's br H. „Tambour⸗ Major“ 2., Hrn. G. Dottt's dbr. H. Cannibal Sicher mit einer halben Laͤnge gewonnen; Cannibal zehn Längen weiter zurück Dritter. Der Rest angehalten. Werth: 5000 dem Sieger, 650 dem Zweiten, 100 dem Dritten. .“

IV. Konsul⸗Rennen. Graditzer Gestütpreis 2000 Für Zjähr. und ältere inländ. Pferde 60 Eins., halb Reug. Alters⸗ gewicht. Der Sieger ist für 3000 käuflich; für jede 500 billiger 2 kg erl. Dist. 800 m. Mr. H. Solloway's dbr. W. „Pizarro“ C. Solloway 1., Frhrn. v. Schrader's F.⸗H. „Blücher“ 2., Hrn. A. Karsten’'s F⸗H. „Wildling“ 3. Siegte mit einer halben Länge; zwei Längen zwischen dem Zweiten und Dritten. Werth: 2330 dem Sieger, 240 dem Zweiten. „Pizarro“ wurde um 1000 zurückgekauft.

v. Staatspreis 4. Kl. 1500 Für zzjähr. inländische Hengste und Stuten, welche keinen Staatspreis 1., 2. oder 3. Klasse gewonnen haben. 100 Eins., halb Reug. Gew.: Hengste 55 kg, Stuten 53 ½ kg. Sieger extra. Distanz 1600 m. Dem zweiten ge die Hälfte der Eins. und Reug. (6 Unterschriften.) Freiherrn

F. von Fürstenberg's dbr. H. „Martigny“ 1. Kapt. Jcös's br. H. „Quarnero“ 2., Kgl. Haupt⸗Gest. Graditz's F⸗St. „Amaranth“ 3. Nach Kampf um einen Hals gewonnen. „Amaranth“ vier Längen zurück Dritte. Werth 1625 dem Sieger, 125 dem Zweiten.

VI. Frühjahrs⸗Hürden⸗Rennen. Klubpreis 2000 Für 4 jähr. und inländ. ältere Pferde. 60 Eins., halb Reugeld Alters⸗ gewicht. Sieger extra. Dist, 2400 m. Nach Abzug des Eins. für den Sieger werden dem zweiten Pferde bis 600 ℳ, dem dritten

ferde bis 300 aus den Eins. und Reugeld garantirt. (11 Unter⸗ mesthen) Hrn. H. Suermondt’s br. St. „Marabou“ 1., Hrn. B. Kalbe's 12 „Krautjunker“ 2., Hptm. R. Spiekermann's br. W. „Tschin⸗Tschin“ 3. Mit dritthalb Längen gewonnen, drei Längen zwischen dem Zweiten und Dritten. Werth 1940 de 540 dem Zweiten, 240 dem Dritten. 8

Siegerin,

8⸗Anzeiger.

8*

Deutsches Zuckermengen, 8

welche in der Ze

9) Proz. Polarisation.

711: Kandis und Zucker in weißen vollen harten Broden ꝛc., oder in Gegenwart der Steuerbehörde zerkleinert,

sogenannte Crystals ꝛc.

712: Aller übrige harte Zucker, sowie aller weiße trockene (nicht über 1 Proz. Krystall⸗, Krümel⸗ und Mehlform von mindestens 98 Proz. Polarisation.] 8

n d 1. bis 15. April 1891 innerhalb des deutschen Zollgebiets mit dem Anspruch auf Steuervergütung abgefertigt und aus Niederlagen gegen Erstattung der Vergütung in den inländischen Verkehr zurückgebracht worden sind.

[710: Rohzucker von mindestens 90 Proz. Polarisation und raffinirter Zucker von unter 98, aber mindestens

,—

Reich.

Wasser enthaltende) Zucker in

ᷓ———

——õ——— —j—yõxr=⸗ʒrłr·f9—3

Mit dem Anspruch auf Steuervergütung wurden abgefertigt:

Aus öffentlichen Niederlagen oder Privatniederlagen unter

Staaten bezw. erwaltungs⸗Bezirke.

2 8

zur unmittelbaren Ausfuhr liche

amtlichem Mitverschluß wurden

gegen Erstattung der Vergü⸗

tung in den inländischen Verkehr zurückgebracht 8

zur Aufnahme in eine öffent⸗

Niederlage oder eine

Privatniederlage unter amt⸗ lichem Mitverschluß

711o0 711 kg

712 711 711 ö712

kg kg kg b kg

101 235 150 000 5 099 507

Provinz Westpreußen

Brandenburg.

Pommern.

Posen. 1“

S“

Sachsen, einschl. der schwarzb.

Unterherrschaften

Schleswig⸗Holstein. Hannover. 1 Rheinland.

18 017 794 330 50 000

200 150 209 696

846 490 4 640 221

54 719 79 124 415 586 264 975 525 000 177 249

8

195 749

885 8 8 11u“¹“] 725 000 1 606 680 24 277 48 934 1

393 370 624 227 571 255 2 376 926

47 922 248 26 681 103 000 10 150% ꝑ100 000 2 500 479 959

124 900 3 684 2 143 057

7500% 100 000 876 858

Sa. Preußen. 7 442 687 6 183 612 hbc4*“ 377

Sachsen 3 Baden. ““ 100 000 öe“ Braunschweig. 111“ 102 431 Anhalt. 613 640 Bremen 1 609 239 Hamburg . ... 12 533 83

270 781] 4 810 768 1 792 017

5 393, 300 000 5 190 793

39 926 911 643

537 800 149 992

43 25

189 92

21

Ueberhaupt im deutschen Zollgebiet . . 22 406 157 7 964 591 Hierzu in der Zeit vom 1. August 1890 bis 31. März 1891 E“

340 441 244 417 240 138988822 4 756 240 248749627 36 383 149 2 134 787]45 900 334

5 000 688 2 369 743 28 282 6 252 428 49 532

581 999 284 642

Zusammen..

266 823 397 146953413 5 096 681[253750315 38 752 892 2 163 06952 152 762

613 262 334 174

demselben Zeitraum des Vorjahres 256 377 068 117669330, 8 531 6711229919816,21 567 616, 2 621 889136 461 979

Berlin, im April 1891.

rliches Statistisches Amt II von Scheel.

568 047 1 190 384

Nichtamtliches. Spanien.

Ueber die von dem Minister Präsidenten Canovas del Castillo geplanten sozialen Reformen, über die wir in Nr. 88 d. Bl. bereits berichtet haben, entnehmen wir einer Correspondenz der „Köln. Ztg.“ noch Folgendes: Seine ein⸗ gehenden philosophischen Studien haben den Minister⸗Präsidenten Canovas schon früh auf das Gebiet geführt, auf dem er jetzt als Politiker die Theorie, so weit es thunlich, in die Praxis zu übersetzen entschlossen ist. Schon vor seiner neuerlichen Amtsthätigkeit hat Canovas in öffentlichen Vorträgen sich für das in Deutschland eingeschlagene Verfahren ausgesprochen; er hat dann, nachdem er die Leitung der Geschäfte wieder übernommen, den parlamentarischen Ausschuß für soziale Reformen wieder ins Leben gerufen und kürzlich im Senat seinen Standpunkt nochmals ausführlich dar⸗ gelegt. Die erste, von Regierung und Ausschuß im Grundsatz angenommene Vorlage betrifft die gesetzliche Sonn⸗ tagsruhe, ferner stehen zur Erörterung die Regelung der Frauen⸗ und Kinderarbeit, die Aufstellung von Vorschriften über den Betrieb in ungesunden oder gefährlichen Industrien, die Unfallversicherung für Arbeiter, die Haftpflicht der Arbeit⸗ eber und die Errichtung von Invalidenkassen. Die Durch⸗ ührung einer staatlichen Altersversorgung ist mit Rücksicht auf die finanziellen Verhältnisse vorläufig zurückgestellt worden, doch scheint Canovas auch hier dem deutschen Muster folgen zu wollen. Bezüglich der Kinderarbeit hat sich der Aus⸗ schuß bereits auf folgender Grundlage verständigt: Die Be⸗ schäftigung von Kindern unter zehn Jahren in Fabriken, Gießereien, Werkstätten und Bergwerken ist verboten. Für Kinder von zehn bis vierzehn Jahren be⸗ trägt der Maximalarbeitstag sechs Stunden, einschließ⸗ lich einer einstündigen Ruhepause. Für Kinder unter 14 Jahren ist die nächtliche Arbeit von 9 Uhr Abends bis 5 Uhr Morgens, ferner die Tagesarbeit in Bergwerken und in gesundheits⸗ und lebensgefährlichen Betrieben verboten. Kinder über 10 Jahre müssen vor ihrer Anstellung nach⸗ weisen, daß sie geimpft und nicht mit ansteckenden Krankheiten behaftet sind; bis zum fünfzehnten Fahre sind sie verpflichtet, drei Stunden am Tage den Unterricht in einer Schule zu be⸗ suchen, die bis zu zwei Kilometer von der Arbeitsstätte ent⸗ fernt sein kann. Befindet sich in diesem Umkreise keine Schule, so ist der Arbeitgeber verpflichtet, eine solche einzurichten. Endlich ürfen Kinder unter siebzehn Jahren nicht in öffentlichen Schaustellungen als Gymnastiker, „Schlangenmenschen“ u. dergl. auftreten. Der Entwurf zeigt, daß der Ausschuß und die Re⸗ gierung es mit dem Arbeiterschutz ernst meinen. Hand in Hand damit aber geht auch der feste Entschluß, Ausschrei⸗ tungen der Arbeiter, wie sie zum 1. Mai ernstlich befürchtet werden, thatkräftig zu unterdrücken. Der Minister des In⸗ nern

nur in geschlossenen Räumen gestatten werde, daß in den Jadustrieorten die Gendarmerie zusammengezogen und nöthigenfalls durch das Militär verstärkt werden würde. Schweiz.

Die Session der Bundesversammlung ist am Sonn⸗ abend in beiden Räthen ohne Ansprachen geschlossen worden.

Ueber die bevorstehenden Schwurgerichts⸗Verhand⸗ lungen, betreffend die Tessiner Revolution, macht der „Bund“ folgende Mittheilung: Laut Artikel 51 des Gesetzes über die Bundesstraäfrechtspflege soll in der Regel jedes Verbrechen oder Vergehen in demjenigen Assisenbezirk be⸗ urtheilt werden, in welchem es verübt worden ist. Im Interesse einer unbefangenen Rechtspflege oder der öffent⸗ lichen Sicherheit kann jedoch hiervon eine Ausnahme ge⸗ macht werden. Es wäre im vorliegenden Falle der fünfte Assisenbezirk, bestehend aus Tessin und den italienisch redenden Gemeinden des Kantons Graubünden, zuständig gewesen. Nun hat aber die Kriminalkammer des Bundesgerichts die An⸗ gelegenheit vor die Assisen des dritten Bezirks gewiesen, der aus den Kantonen Aargau, Zürich, Schaffhausen, Thurgau, Zug, Schwyz und Unterwalden gebildet ist. Die Verhand⸗ lungen finden in Zürich statt. Die Aussagen der Angeklagten und Zeugen müssen jeweilen ins Deutsche übersetzt werden, da die Geschworenen deutscher Zunge sind. Man nimmt an, die Verhandlungen würden mindestens 14 Tage dauern.

Montenegro.

Cettinje, 20. April. Der Fürst Nicolas, die Fürstin Milena sowie die Herzogin von Leuchten⸗ berg sind, wie „W. T. B.“ meldet, gestern nach Cattaro abgereist und begeben sich von dort mittels Spezialdampfers über Bari nach Cannes.

Amerika.

Chile. Die Londoner „Times“ meldet aus Valparaiso vom 19. d. M.: Der Kreuzer „Imperial“ werde sich dem⸗ nächst mit den Kriegsschiffen „Lynch“ und „Cordell“ nach Norden begeben, um das aufständische Geschwader an⸗ zugreifen. Eine 2400, Mann starke Truppenabtheilung unter dem Befehl des Obersten Camus habe die Cordilleren überschritten und sich mit dem südlichen Armee⸗Corps vereinigt.

Wie der „Hamburgischen Börsenhalle“ aus Valparaiso vom 18. d. M. telegraphirt wird, ist der Schließung der Ladehäfen sowie dem Zolldekret vom 30. Januar d. J. Seitens Deutschlands, Englands und Frankreichs die Anerkennung verweigert worden.

Uruguay. Die letzte südamerikanische Post bringt Nach⸗ richten über die jüngst vom Kongreß in Montevideo dekre⸗ tirten Zollerhöhungen, über deren Inkrafttreten bisher noch keine Bestimmungen getroffen wurden. In Anbetracht

ilvela hat bekannt gegeben, daß er üsarach sh

Uruguay dürften einige Details über die getroffenen Ver⸗ änderungen, welche wir der „A. C.“ entnehmen, von Interesse sein. Mit Ausnahme von etwa zwanzig Artikeln, worunter sich Bücher, Druckerschwärze, Papier, Samen, Thee, Kohle, Salz ꝛc. befinden, unterliegen sämmtlichen importirte Waaren einem um 5 Proz. erhöhten Zolle. Die bisher berechneten Steuersätze auf die vorgenannten Artikel bleiben nach wie vor bestehen. Auf exportirte Waaren, die bisher zollfrei ausgingen, ist nun⸗ mehr gleichfalls eine Abgabe zu entrichten, und zwar für Wolle 1,30 Doll., Schaffelle 0,80 Doll., Guano 0,60 Doll. per 100 kg. Auch Fleischextrakt unterliegt einem Ausfuhrzoll von 10 Cts. per Kilo.

Parlamentarische Nachrichten.

Dem Reichstage ist der folgende Entwurf eine Gese868 betreffend das Reichsschuldbuch, vorgelegt worden: §. 1. Schuldverschreibungen der Reichsanleihen können in Buch⸗ schulden des Reichs auf den Namen eines bestimmten Gläubigers um⸗ gewandelt werden. 4

§. 2. Die Umwandlung erfolgt gegen Einlieferung zum Um⸗ laufe brauchbarer Reichsschuldverschreibungen durch Eintragung in das bei der Reichsschuldenverwaltung zu führende Reichsschuldbuch. Für die zu verschiedenen Zinssätzen erfolgenden Eintragungen können getrennte Bücher angelegt werden. In dem Reichsschuldbuch sind auch die in dem Schuldverhältnisse eintretenden Veränderungen zu vermerken. Von dem Reichsschuldbuche ist eine Abschrift zu bilden und getrennt aufzubewahren. Ueber den Inhalt des Reichsschuldbuchs darf nur dem eingetragenen Gläubiger, seinen gesetzlichen Vertretern, Bevollmächtigten und Rechtsnachfolgern von Todeswegen, sowie be⸗ züglich der im §. 4 unter Nr. 3 und 4 bezeichneten Gläubiger den zur Revision der Kassen derselben berechtigten öffentlichen Behörden oder sonstigen Personen, letzteren aber nur, Falls ibre Berechtigung zur Kassenrevision durch eine inländische öffentliche Behörde bescheinigt ist, Auskunft ertheilt werden.

§. 3. Die Eintragung einer Buchschuld geschieht auf Antrag des Inhabers und auf den Namen der in dem Antrage als Gläubiger bezeichneten Personen.

§. 4. Als Gläubiger können nur eingetragen werden: 1) einzelne physische Personen, 2) einzelne Handelsfirmen, 3) einzelne eingetragene Genossenschaften, einzelne eingeschriebene Hülfskassen und einzelne juristische Personen, welche im Inlande ihren Sitz kaben, 4) einzelne Ver⸗ mögensmassen, wie Stiftungen, Anstalten, Familienfideikommisse, deren Verwaltung von einer öffentlichen Behörde oder unter deren Aufsicht geführt wird, oder deren Verwalter ihre Verfügungs⸗ 55 vh Masfe 8178 CC1““ notarielle Urkunde nachweisen. Einem Gläubiger wird nicht mehr als ein Konto i Reichsschuldbuch eröffnet.

§. 5. Mit der Eintragung erlöschen die Rechte des Inhabers an den eingelieferten Schuldverschreibungen. Im Uebrigen finden die für die Tilgung und Verzinsung der Reichsanleihen geltenden Vor⸗ schriften auf die eingetragenen Forderungen entsprechende Anwendung. 5 §. 6. Eingetragene Forderungen können durch Zuschreibung er⸗ höht, ganz oder theilweise auf andere Konten übertragen und ganz oder theilweise gelöscht werden. Theilübertragungen und Theil⸗ löschungen sind jedoch nur zulässig, sofern die Theilbeträge in Stücken von Schuldverschreibungen darstellbar sind. Im Falle gänzlicher oder theilweiser Löschung der eingetragenen Forderung erfolgt die Aus⸗ reichung von Schuldverschreibungen zu gleichem Zinssatze und gleichem Nennwerthe, zu deren Anfertigang die Reichsschuldenverwaltung hierdurch ermächtigt wird. S§. 7. Zur Stellung von Anträgen auf Uebertragung eingetragener Forderungen auf ein anderes Konto, auf Eintragung und auf Löschung von Vermerken über Veränderungen im Schuldverhältniß (§. 2 Absatz 3), sowie auf Ausreichung von Reichsschuldverschreibungen gegen Löschung der eingetragenen Forderung sind nur der eingetragene Gläubiger, seine gesetzlichen Vertreter und Bevollmächtigten, sowie diejenigen Personen berechtigt, auf welche die eingetragene Forderung von Todeswegen übergegangen ist. Zur Stellung von Anträgen für eine Firma gilt für berechtigt, wer zur Zeichnung der Firma berechtigt ist; zur Stellung von An⸗ trägen für die im §. 4 Nr. 4 gedachten Vermögensmassen die daselbst genannte Behörde oder die von derselben bezeichnete Person, beziehungs⸗ weise die gemäß §. 4 Nr. 4 zur Verfügung über die Masse befugten Verwalter. Zur Löschung von Vermerken zu Gunsten Dritter bedar es der Zustimmung derselben mit Ausnahme des im §. 13 gedachten Falles. Verfügungen über eingetragene Forderungen, wie Abtretungen Verpfändungen erlangen dem Reich gegenüber nur durch die Eintragung Wirksamkeit. Eine Pfändung oder vorläufige Beschlagnahme der eingetragenen Forderung im Wege der Zwangsvollstreckung oder des Arrestes, sowie eine durch eine einstweilige gerichtliche Verfügung an⸗ geordnete Beschränkung des eingetragenen Gläubigers ist von Amts⸗ wegen auf dem Konto zu vermerken, beziehentlich nach erfolgter Be⸗ seitigung dieser Anordnungen zu löschen. Wird eine gepfändete Forderung an Zahlungsstatt überwiesen, so ist dieselbe vorbehaltlich der Bestimmung im §. 15 Nr. 2 im Reichsschuldbuch zu über⸗ tragen. Eine Prüfung der Gültigkeit der den Anträgen zu Grunde liegenden Rechtsgeschäfte findet nicht statt.

§. 8 Die Eintragungen erfolgen in derselben Reihenfolge, in welcher die auf dasselbe Konto bezüglichen Anträge bei der Reichs⸗ schuldenverwaltung eingegangen sind. §. 9. Ehefrauen und großjährige Personen unter väterlicher Gewalt werden zu Anträgen ohne Zustimmung des Ehemannes be⸗ ziehungsweise Vaters zugelassen. „§. 10. Zum Antrage auf Eintragung einer Forderung sowie auf gleichzeitigen Vermerk einer Beschränkung des Gläubigers in Bezug auf Kapital oder Zinsen derselben und zur gleichzeitigen Ertbeilung einer Vollmacht genügt schriftliche Form. In allen anderen Fällen muß der Antrag gerichtlich oder notariell, oder von einem Konsul des Reichs agufgenommen oder beglaubigt sein. Bei der Beglaubigung bedarf es weder der Zuziehung von Zeugen noch der Aufnahme eines Protokolls. Sind seit der Eintragung Aenderungen in der Person des Gläubigers (Verheirathung einer Frau, Aenderung des Gewerbes Standes Namens, Wohnorts) eingetreten, so kann verlangt werden, daß die Identität durch eine öffentliche Urkunde dargethan werde. 8 §. 11. Rechtsnachfolger von Todeswegen haben sich, sofern ihre Berechtigung auf der gesetzlichen Erbfolge beruht, durch eine Be⸗ scheinigung als Erben, sofern dieselbe auf letztwilliger Verfügung beruht, durch eine Bescheinigung darüber auszuweisen, daß sie über die eingetragene seeene zu verfügen befugt sind. Zur Ausstellung der vor⸗ gedachten Bescheinigungen ist dasjenige Gericht, bei welchem der Erblasser zur Zeit seines Todes seinen allgemeinen Gerichtsstand hatte, und, sofern derselbe im Inlande einen solchen nicht hatte, derjenige Konsul des Reichs, in dessen Amtsbezirk der Erblasser zur Zeit seines Todes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt gehabt hat, Falls dem Konsul von dem Reichskanzler die Ermächtigung zur Ausstellun

des stetig zunehm er Verkehrs zwischen Deutschland und 11X“X“

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solcher Bescheinigungen ertheilt ist, und in Ermangelung eines hiernach

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