1891 / 96 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 24 Apr 1891 18:00:01 GMT) scan diff

befasse sich aber gar nicht mit privatrechtlichen Dingen, sondern bezwecke vor Allem im öffentlichen Interesse die Sicherheit des Publikums. Außerdem sei nicht ab⸗ zusehen, warum der Arbeiter, welchen bei Herstellung einer fehlerhaften Handfeuerwaffe eine Schuld treffe, nicht ver⸗ mögensrechtlich zur Verantwortung gezogen werden solle.

Der Antrag Bock wurde abgelehnt und der §. 3 unver⸗ ändert angenommen. Die §§. 4 bis 7 wurden unverändert ohne

Debatte angenommen. (Schluß des Blattes.)

In der heutigen (13.) Sitzung des Herrenhauses, welcher der Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums, Staats⸗ Minister Dr. von Boetticher und der Finanz⸗Minister Dr. Miquel beiwohnten, stand auf der Tagesordnung die Spezial⸗ berathung über den Gesetzentwurf, betreffend die Ein⸗ kommensteuer. .

Bei der Berathung des §. 7 erhob Ober⸗Bürgermeister Struckmann gegen diejenigen in der Kommission gefallenen Bemerkungen des Finanz⸗Ministers Einspruch, wonach sich die Gemeinden auf die Objektsteuern zu beschränken hätten, die Ein⸗ kommensteuer aber für den Staat reservirt bleiben solle.

Der Finanz⸗Minister Dr. Miquel rektifizirte diese Auf⸗ fassung dahin, daß für die Gemeinden die Einkommensteuer nur eine sekundäre Rolle zu spielen habe, während die genaueren Abmachungen über diesen Punkt weiteren Schritten der Steuerreform überlassen bleiben müßten.

Ober⸗Bürgermeister Zweigert hatte, um die Doppel⸗ besteuerung der Aktiengesellschaften und ähnlicher Anstalten zu vermeiden, den in der dritten Lesung der Vorlage im Hause der Abgeordneten vom Abg. Freiherrn von Zedlitz gestellten, dort aber abgelehnten Antrag wieder eingebracht.

Staats⸗Minister Camphausen betonte, daß hier in der Fassung der Beschlüsse des Abgeordnetenhauses eine Doppel⸗ besteuerung der Aktionäre enthalten sei, denn diese, nicht die juristische Person der Aktiengesellschaften, würden von der Steuer betroffen, und diese Doppelbesteuerung werde um so stärker zu Tage treten, wenn der vom Abgeordnetenhause ge⸗ nehmigte Steuertarif, den er freilich nicht gutheißen könne, Gesetz werde. (Schluß des Blattes.)

In oer heutigen (74) Sitzung des Hauses der Ab⸗ ordneten, welcher der Vize⸗Präsident des Staats⸗ Ministeriums Dr. von Boetticher, der Minister der öffent⸗ ichen Arbeiten von Maybach, der Minister des Innern Herrfurth und der Minister für Landwirthschaft ꝛc. von Heyden beiwohnten, wurde zunächst die definitive Abstimmung üͤber den Entwurf einer Landgemeindeordnung für die feche östlichen Provinzen der Monarchie durch namentliche Ab⸗ immung vorgenommen und ergab die Annahme der Vor⸗ lage mit 327 gegen 23 Stimmen. G Es folgte die erste Berathung des Entwurfs einer für den Regierungsbezirk Wies⸗ aden. Abg. Wißmann erklärte sich Namens seiner Fraktion ür die Vorlage und schlug vor, dieselbe zur Vorberathung

einer Kommission von 14 Mitgliedern zu überweisen.

Neufahrwasser 760.

gesprochen hatten, wurde beschlossen,

Abg. Grimm erklärte sich für die Vorla este welche ihr die Verhandlungen des nassauischen Provinzial⸗ Landtages und des Herrenhauses gegeben hätten, und hielt aus diesem Grunde eine kommissarische Berathung für unnöthig.

Nachdem sich noch der Abg. Spahn für, der Abg. Alt⸗ haus gegen die Ueberweisung an eine Kommission aus⸗

die zweite Lesung ohne

vorhergegangene kommissarische Berathung gleich im Plenum

ce in der Gestalt,

vorzunehmen.

Es folgte die erste und zweite Berathung des Gesetz⸗

entwurfs, betreffend die Veränderung der Grenzen Provinzen Ostpreußen, Sachsen, Hannover und der Rhein⸗

einiger Kreise in den Brandenburg, provinz.

5 V Der Gesetzentwurf wurde ohne Debatte in den beiden

ersten Lesungen genehmigt. Nunmehr wandte sich das

Berathung des Gesetzentwurfs zur

Gesetzes, betreffend die

verfassung

rungszunahme durchaus nicht Schritt gehalten,

schöne Kirchen erbauen, auch das wirke der Ausbreitung der

Sozialdemokratie entgegen. Abg. Dr. Langerhans

prächtigen Kirchenbauten. Der Regierungs⸗K

das bisher nur den Parochien

Umlagen ausschreiben können, sehen sei.

Abg. von Eynern erklärte die Vorlage für genug auf⸗ Kommissionsberathung in zweiter Lesung erledigt werden zu können; zur Hebung des kirchlichen Lebens

Vermehrung der Kirchen nicht aus⸗ reichend, sondern man müsse zu diesem Zweck das Recht der Parochien auf die Pfarrerwahl so ausdehnen, wie es am Rhein

geklärt, um ohne in Berlin sei aber die schon lange der Fall sei.

Nach weiteren Bemerkungen Knörcke, von Eynern, Graf

des Regierungs⸗Kommissars wurde die Vorlage in zweiter

Berathung unverändert angenommen. das Haus in erster und zweiter

Ohne Debatte nahm Lesung den Gesetzentwurf,

schriftlichen Willenserklärungen der Presbyterien

der evangelischen Gemeind

falen und in der Rheinprovinz,

darauf der ersten Berathung

treffend die Beförderung der Errichtung von Renten⸗ (Schluß des Blattes.)

Die Kom mission des Reichstages zur Vorberathung des Telegraphen⸗Gesetzentwurfs führte gestern Abend die Hierzu hatten noch und Dr. Hammacher Abänderungsanträge gestellt. derselben mit der Regierungsvorlage erhielt §. 36 die Fassung, daß ohne Genehmigung des Reichs errichtet und betrieben werden können Telegraphenanlagen zwischen mehreren, einem Besitzer g ehörigen zu einem Betriebe vereinigten Grundstücken, deren keines von dem andern über 25 km entfernt ist, wenn diese Anlagen ausschließlich für, den der Benutzung der Grundstücke entsprechenden, unentgeltlichen §. 4 wurde in der Fassung der Vorlage an⸗

gütern, zu.

Herathung des §. 3 zu Ende.

Verkehr bestimmt sind. genommen.

Von den Abgg. Schultz (Lupitz) und Genossen ist dem Hause der Abgeordneten nachstehender Antrag

eingebracht worden:

Die Königliche Staatsregierung zu ersuchen, dahin zu wirken, daß

der Buß⸗ und Bettag im Hinblick

des Arbeitermangels auf dem Lande erschwerten Arbeiten in der Land⸗ in welcher er seither liegt,

andere Zeit, und zwar auf einen Tag in den Wintermonaten Januar

wirthschaft von derjenigen Zeit, bis März gelegt werde.

in den acht älteren Provinzen der

Monarchie, vom 3. Juni 1876 zu. 1 Abg von Benda sprach sich für die Genehmigung der

Vorlage ohne Kommissionsberathung aus: in Berlin habe die Vermehrung der Kirchen

ommissar Geheime Regierungs⸗Rath Hegel bemerkte, hier werde den Kreissynoden zum ersten Mal zustehende Recht der Anleihen⸗

aufnahme gegeben, es soi deshalb auch nöthig, ihnen die dazu

gehörigen Deckungsmittel zu schaffen, un wie es in der Vorlage vorge⸗

Ausstand im Revier meldet, an

hinzugekommen burg“, wo vo

Haus der ersten und zweiten Ergänzung des

evangelische Kirchen⸗

fuhren, der beitern nur 40

mit der Bevölke⸗ „Hannover“,

und man möge nur viele

gearbeitet.

warnte namentlich vor zu auf beiden

Bochumer Verei

und darum müßten sie „Steinbank“

Zeche „Fröhliche

weitergestrikt.

Noack hierselbst neu angelegten

der Abgg. Dr. Langerhans, zu Limburg⸗Stirum und

Pest, 24. betreffkend die Form der

en in der Provinz West⸗ an und wandte sich des Gesetzentwurfs, be⸗

maceda eine aus eignisse und

Graf Arn im Nach Annahme

partei veröffent

sollte. Brindisi, und die Kron

auf die dringlichen und in Folge (Fortsetzung de

in eine

Essen a. d. Ruhr, 24. April.

hat, wie . Intensität

der Zeche „Vollmond“ Zeche „Bruchstraße“, auf der von 400 anfuhren, und von ‚Schacht 2“ der Zeche wo von 355 Arbeitern nur 110 anfuhren. Dagegen wird auf „Schacht 1“ hörigen Zeche „Hannover“ stantin der. Große“ und „Von der Heydt“ Auf der Zeche Schächten „Centrum“ von 774 Arbeitern unter 443 Arbeitern über Tage 357 an, es hat hier also die Zahl der Ausständigen seit gestern um 119 zugenommen. Auf der Zeche „Bonifacius“ fuhren von nur 354 unter Tage an.

von 476 Arbeitern nur 39, „Eiberg“ bei Steele von

rechtfertigt auf das Eingehendste die von ihm während derselben eingenommene Haltung. Die Revolution sei ausschließlich von der Marine ausgegangen und während ihrer dreimonatigen Dauer unterstützt worden. Die

Nach Schluß der Redaktion eingegangene

Depeschen.

(W. T. B.) Der Wattenscheider, Bochumer und Steeler die „Rheinisch⸗Westfälische Zeitung“ zugenommen. Heute sind die Belegschaften der Zeche „Engels⸗ n 350 Arbeitern nur 45 anfuhren,

wo von 307 Arbeitern nur 10 18e r⸗

der der Firma Krupp ge⸗ Zechen „Con⸗ ruhig weiter⸗ „Eintracht Tiefbau“ fuhren 187, auf der Zeche Tage nur 81, von

und auf den

insgesammt

573 Arbeitern Ferner fuhren an auf den dem „Marianna“ und auf der Zeche 323 Arbeitern nur 217, auf der Morgensonne“ nur 38 Arbeiter unter Tage.

n gehörenden Zechen

Auf „Schacht 3“ der Zeche „Holland“ bei Wattenscheid wird Dagegen wird auf „Schacht 1 und 2“ der⸗ selben Zeche ruhig weiter gearbeitet.

Braunschweig,

24. April. (W. T. B.) Professor erhielt Briefe Emin Pascha's aus der Station Bukoba am Victoria Nyanza, in

welchen Emin über seine Reise von Tabora nach Bukoba und die wissenschaftlichen Ergebnisse derselben berichtet. letzten Briefe vom 15. Januar beabsichtigte Emin Pascha nach Karagwe in die Berge zu gehen.

Nach dem

April. (W. T. B.) Der Abgeordnete Graf

Emanuel Andrassy ͤÜlterer Bruder des früheren Ministers des Auswärtigen) ist gestorben.

Paris, 24. April. Débats“ veröffentlicht die Botschaft, welche der Präsident von Chile, Balmaceda, am Montag an die in Santiago tagenden Kammern gerichtet hat.

(W. T. B.) Das „FJournal des

In derselben giebt Bal⸗

führliche Darstellung der letztvergangenen üFr⸗ ihm

durch keinerlei Volkserhebung Führer der Insurrektions⸗ lichen eine aus Iquique vom 21. d. M. datirte

Erklär ung gegen jede Anleihe, welche Balmaceda, sei es auf Grund seiner früheren Ermächtigung, die bereits am 28. Januar 1888 erloschen sei, sei es zufolge eines Beschlu sses der inkonstitutionellen Körperschaft von Santiago, aufnehmen

24. April. (W. T. B.) Der Kronprinz prinzessin von Schweden und Nor⸗

wegen sind heute an Bord des Dampfers „Thalia“ aus Alexandrien hier eingetroffen und alsbald nach Torre Annun⸗

ziata und Sorrent weitergereist.

s Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)

—— ——

Wetterbericht vom 24. April, Morgens 8 Uhr.

Wind. Wetter. baum.

in ° Celsius

22. 50C. =40R.

Temperatur

meister Kahl.

Bar. auf 0 Gr zu. d. Meeressp. red. in Millim.

ONO NNW W O

2 WSW

wolkig bedeckt Regen bedeckt wolkenlos wolkig wolkenlos bedeckt

—₰¼½

Max Grube.

zügen.

-8ObeoPebdabodbde

Moskau ... Anfang 7 Uhr

Tork Queens⸗ town ...

5 heiter 6 wolkig 2 wolkenlos 1 Nebel 763 3 heiter 763 4 heiter 5 wolkig Memel 759 3 hbeiter

761 3 wolkenlos

.. 764 1 wolkenlos Karlsruhe. . 761 5 wolkenl. ) Wiesbaden. 762 2 wolkenlos

München .. 760 3 bedeckt²)

Chemnitz . 763 1 wolkig) Berlin. . 762 Zheiter Wien . ... V 760 2halb bed.

bistorisches

lerche.

o cxx oo2œCE o 0oUm S9

7 Uhr.

Veuedig.

Breslau 760 NNW A bedeckt Ile d'Aix... 756 O 4 bedeckt .756 NO 2 Regen 758 W 1 bedeckt

—60 2gS

Nizza... Triest . ..

¹) Gestern Nachmittags Regen. ²) Nachts Regen⸗ ³2) Morgens schwacher Schneefall.

Nebersicht der Witterung.

Die Luftdruckvertheilung hat sich im Allgemeinen wenig verändert. Am Höchsten ist der Luftdruck nördlich von Schottland, am Niedrigsten über dem südlichen Frankreich und dem südwestlichen Rußland. Bei meist schwacher nördlicher Luftströmung ist das Wetter in Deutschland kühl und vielfach heiter, stelleenweise ist etwas Regen gefallen. An der deutschen Küste liegt die Temperatur bis zu 5, im Binnenlande 2 bis 6 Grad unter dem Mittelwerthe. Im nordwestlichen Rußland herrscht Frostwetter.

Deutsche Seewarte.

Piquet.

Theater⸗Anzeigen.

Rönigliche Schauspiele. Sonnabend: Opern⸗ haus. 101. Vorstellung. Ein Maskenball. Oper in 4 Akten von Verdi. 4 Tanz von Emil Graeb. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. Dirigent: Kapell⸗ Anfang 7 Uhr.

Schauspielhaus. Herr. Schauspiel in 7 Vorgängen von Ernst von Wildenbruch. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Anfang 7 Uhr.

Sonntag: Opern zaus. 102. Vorstellung. Oberon, König der Elfen. Musik von C. M. von Weber. tative von F. Wüllner.

Schauspielhaus. 108. Vorstellung. Das Käthchen von Heilbronn, oder: Die Feuerprobe. Großes Ritterschauspiel Heinrich von Kleist.

Zeutsches Theater. Sonnabend: Die Hauben⸗

Sonntag: Das Wintermärchen. Montag: Die Kinder der Excellenzz.

Verliner Theater. Sonnabend: Kean. Anfang

Sonntag, Nachm. 2 ½ Uhr: Der Kaufmann von Abends 7 ½¼ Uhr: Goldfische. Montag: Uriel Acosta.

Tessing-Theater. Friedrich Haase. Die alten Junggesellen.

Sonntag: Gastspiel von Friedrich Furcht vor der Freude. Eine kleine Gefälligkeit. Eine

Montag: Thermidor.

Des Teufels Weib.

Deutscher Text von Grün⸗

107. Vorstellung. Der nene

Romantische Oper in 3 Auf⸗ Die Reci⸗

Ballet von Emil Graeb.

9 in 5 Anfang 7 Uhr.

Aufzügen von

Anfang 7 Uhr.

Sonnabend: Gastspiel von

Haase. Die Mariensommer. Partie

Victoria-Theater. Letzte Woche. Sonnabend, Nachmittags 3 Uhr: mantisches Zaubermärchen in 5 Akten von Emil Pohl. Musik von G. Lehnhardt. 3. Aktes von C. A. Raida. Ballet von C. Severxini. In Scene gesetzt von W. Hock. Jeder Erwachsene ein Kind frei.

Abends 7 ½ Uhr: Dieselbe Vorstellung.

Die sieben Raben.

Wallner-Theater. Sonnabend: Zum 15. Male:

Ro⸗ Balleteomposition des Anfang 7 ½ Uhr.

Mortier, bearbeitet von Th. Herzl. Musik von Adolf

Müller. Anfang 7 ½ Udr Sonntag und die folgenden Tage Des

Weib.

Friedrich-Wilhelmsädtisches Theater.

Sonnabend: Zum 35. Male:

bauer. vo Gesangstexte im 3. Akt von A. Schönfeld. Musik

von G. Steffens.

Jakobstraße 30. Der Millionen⸗ Volksstück in 4 Akten von Max Kretzer.

Thomas-Theater. Alte

Anfang 7 ½ Uhr

Sonntag und folgende Tage: Der Millionen⸗

bauer.

Sonnabend: Mit neuer Ausstattung, zum 9. Male: Saint Cyr. Operette in 3 Aufzügen (mit theil⸗ weiser Benutzung eines Stoffes von A. Dum 4) von Oscar Walther. Musik von Rudolf Dellinger. In Scene gesetzt von Julius Fritzsche. Dirigent: Hr. Kapellmeister Federmann. Anfang 7 Uhr. Sonntag: Saint Cyr. 8 Eröffnung des Concert⸗Parks: 2. Mai. Täglich Große Concerte von Militär⸗Kapellen in Uniform.

Concert⸗Anzeigen. Sing-Akademie. Sonnabend, Abends 8 Uhr:

Concert der Violinvirtuosin Martina Johnson, mit dem Philharmonischen Orchester, sowie unter gefälli⸗ ger Mitwirkung der Concertsängerin Mme. Marie

Sibéry.

Auftreten hervorragender Gesangs⸗ und Instrumental⸗ künstler. Entrée für Park und Theater, soweit der Raum reicht, 75 ₰. Saisonkarten à 6 sind an

der Kasse zu haben.

Residenz-Theater. Direktion: Sigmund Lauten⸗ burg. Sonnabend: Zum 1. Male: Dr. Jojo. Schwank in 3 Akten von Albert Carré. Deutsch von Carl Lindau. Regie: Emil Lessing. Vorher: Wer das Größere nicht ehrt, ist das Kleinere nicht werth. arere 8 1.heltnc von Sigmund Schlesinger. Regie: Emil Lessing.

Sonntag und folgende Tage: Dieselbe Vorstellung.

Kroll's Theater. Sonnabend: Rigoletto. (Rigoletto: Sgr. d'Andrade, als Gast.) Anfang

7 Uhr. Sonntag: Gastspiel der Königl. preuß. Kammer⸗ sängerin Fr. Lilli Lehmann und der K. K. österr. Kammersängerin Frl. Marie Lehmann. Norma.

Belle-Alliance-Theater. Sonnabend: Zum 6. Male: Der Giftmischer. Schwank in 4 Akten nach dem Französischen von Fritz Brentano und Carl Tellheim. In Scene gesetzt vom Direktor

Sternheim. Anfang 7 ½ Uhr. 1 Sonntag und folgende Tage: Der Giftmischer.

Adolph Ernst-Theater. Sonnabend: Zum 69. Male: Adam und Eva. Gesangsposse in 4 Akten von Eduard Jacobson und Leopold Ely. Couplets von Jacobson und Gustav Görß. Musik von Adolph Ferron. Im 4. Akt: Der unselige

Urania, Anstalt für volksthümliche Naturkunde. Am Landes⸗Ausstellungs⸗Park (Lehrter Bahnhof). Geöffnet von 12—11 Uhr. Täglich Vorstellung im 1.““ Theater. Näheres die Anschlag⸗ zettel.

Familien⸗Nachrichten.

Verlobt: Frl. Gertrud von Mandelsloh mit Hrn. Gerichts⸗Assessor Ludwig Frhrn. v Hammerstein⸗ Gesmold (Celle). Frl. Margarethe Gebhardt Hrn. Stabs⸗ und Bataillons⸗Arzt Dr. Salzwedel (Berlin).

Verehelicht: Hr. Hauptmann Eckardt v. Bonin mit Frl. Marie Löbbecke (Braunschweig).

Hartmann (Dresden). Geboren: Ein Sohn: Hrn. Premier⸗Lieutenant v. Roques I. (Nienburg a Weser) Hrn. Oberst⸗

herrn Frhr. v. Rodde (Schwerin i. M.). Eine

i. P.). Hrn. Dr. Kremer (Steglitz). 1 Gestorben: Hr. Oberst a. D. Louis v Wins (Freienwalde a. O). Frl. Hildegard v. Nickisch⸗ Rosenegk (Görlitz). Albedyll auf Karnitten (Karlsbad).

Redacteur: Dr. H. Klee, Direktor

Berlin:

Verlag der Expedition (Scholz).

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlaas⸗ Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32

Phantastisches Singspiel in 3 Akten und einem Vorspiel von Meilhac und

Toupinel. Parodistische Einlage. Anfang 7 ½ Uhr.

Maler Felix Frhr. v. Ende mit Frl. Elisabeth

Lieutenant Constans v. Voigts⸗Rhetz (Schwerin i. M.). Hrn. Hof⸗Stallmeister und Kammer⸗

Tochter: Hrn. Lieutenant Schmidt (Stargard

8

Hr. Gustav Frhr. von

zum Deutschen Reichs⸗

No. 96.

Berlin, Freitag, den 24. April

1891

Gesetz, betreffend Abänderungen der Kirchengemeinde⸗ und Synodalordnung für die 1e (Ost⸗ und Westpreußen), Brandenburg, Pommern, Posen, Schlesien und Sachsen vom 10. Sep⸗ tember 1873. 8 Vom 7. April 1890b1.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden G Preußen 15

verordnen, mit Zustimmung der beid ö des Land⸗

tages, was folgt: 1“

König von

Artikel I.

Das Gesetz vom 25. Mai 1874 (Ges.⸗Samml. S. 147)

findet auf diejenigen Gemeindeorgane Anwendung, welche nach Maßgabe des durch die Nummer 1 des anliegenden Kirchen⸗ gesetzes, betreffend Abänderungen der Kirchengemeinde⸗ und Synodalordnung vom 10. September 1873, veränderten §. 6 dieser Ordnung zusammengesetzt sind.

Artikel II.

Die zur Ausübung der in den Artikeln 2 und 3 des Gesetzes vom 25. Mai 1874, sowie in den Artikeln 2 und 10 des Gesetzes vom 3. Juni 1876 (Ges.⸗Samml. S. 125) den betreffenden Gemeinde⸗ und Synodalorganen beigelegten Rechte erforderlichen Beschlüsse werden gefaßt nach den durch dasselbe Kirchengesetz veränderten §§. 11, 52 und 70 der öö und Fhnodalordnung.

rkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschri

und beigedrucktem Königlichen Focsteig 8

Gegeben Kiel, den 7. April 1891.

(L. S.) Wilhelm. von Caprivi. von Boetticher. von Maybach. rrfurth. von Schelling. Freiherr von Berlepsch. quel. von Kaltenborn. von Heyden. Graf von Zedlitz.

Kirchengesetz, betreffend Abänderungen der Kirchengemeinde⸗ und Synodalordnung vom 10. September 1873.

Vom 9. März 1891.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von 8 Preuzen 8 s verordnen unter Zustimmung der Generalsynode, und nachdem 11“ vhlees e fomachdenn orden, daß gegen dieses Gesetz von Staatswe z— W“ ü6 was folgt: Tegen ie Kirchengemeinde⸗ und Synodalordnung vom 10 8 tember 1873 wird in nachstehender Weise abgeändert: 1) Im §. 6 Absatz 1 tritt am Schluß der Satz hinzu: 8 Diese Ernennung erfolgt für einen Zeitraum von sechs Jahren; eine Wiederernennung derselben Person ist zulässig. Für die bisher erfolgten Ernennungen beginnt der Lauf der sechsjährigen Periode mit dem Tage, an welchem dieses Gesetz seine verbindliche Kraft erhalten hat. Lefähf Absatz 2 dieses Paragraphen lautet der erste Satz Macht der Patron von seiner Befugniß keinen Ge⸗

bbrauch und besitzt er die zur Wählbarkeit erforderlichen

Eigenschaften, so kann er selbst in den Gemeindekirchenrath eintreten. 2,) §. 11 Absatz 2 und 3 lautet künftig: 8 Die Beschlüsse werden durch Stimmenmehrheit gefaßt. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vor⸗ sitzenden, bei Wahlen das Loos. Zur Gültigkeit eines Beschlusses ist erforderlich, daß mehr als die Hälfte der verfassungsmäßigen Mitglieder⸗ zahl des Gemeindekirchenraths anwesend ist. Wer nicht mitstimmt, wird zwar als anwesend gerechnet, die Stimmen⸗ mehrheit wird aber lediglich nach der Zahl der Stimmenden festgestellt. Mitglieder, welche an dem Gegenstande der Beschlußfassung persönlich betheiligt sind, haben sich der Abstimmung zu enthalten. Ist eine zur Beschlußfassung ausreichende Anzahl von Aeltesten zeitweise nicht vorhanden, so wählt die Gemeindevertretung auf Berufung des Vor⸗ sitzenden die zur Herstellung der Beschlußfähigkeit erforder⸗ liche Zahl von 11 3) Im §. 52 Absatz 3 und §. 70 Absatz 1 heißt es statt „ihrer Mitglieder“ „der gesetzlichen Mit⸗ liederzahl“.

4) §. 14 Absatz 2 lautet künftig:

Der Pfarrer bleibt in seinen geistlichen Amtsthätigkeiten der Lehre, Seelsorge, Verwaltung der Sakramente und in einen übrigen Ministerialhandlungen von dem Gemeinde⸗ kirchenrath unabhängig. Hält er es jedoch für nothwendig, eine von ihm begehrte Amtshandlung oder die Zulassung zu einer solchen im einzelnen Falle abzulehnen, und gelingt es ihm nicht, auf seelsorgerischem Wege die Be⸗ theiligten zum Verzicht zu bewegen, so hat er unter schonender einstweiliger Zurückhaltung des Betroffenen auf Verlangen desselben den Fall dem Gemeindekirchen⸗ ath zur Beschlußfassung vorzulegen. Spricht dieser die Zurückweisung aus, so steht den Betheiligten dagegen binnen vierzehn Tagen der Rekurs an die Kreissynode beziehungs⸗ weise deren Vorstand (§. 53 Nr. 4, §. 55 Nr. 7) zu. Er⸗ klärt sich der Gemeindekirchenrath gegen die Zurückweisung, so hat der Geistliche, Falls er sich bei diesem Beschlusse nicht higen will, binnen gleicher Frist die Sache zur Entschei⸗ dung der Kreissynode beziehungsweise des Kreissynodal⸗ vorstandes zu bringen. Bis zum Erlaß der letzteren bleibt

ie . des angefochtenen Beschlusses ausgesetzt.

5) Im §. 44 dlsas 2 heißt es statt .

„binnen vierzehn Tagen“ künftig „binnen vier Wochen“. 6) Im §. 55 Nr. 10 tritt an die Stelle der beiden letzten

künftig

8 Sätze folgender neuer Absatz:

Der Kreissynodalvorstand ist beschlußfähig, sobald

mindestens drei Mitglieder, einschließlich des Vorsitze 6 eglazfaheng Kchͤnen Flich orsitzenden, rkundlich unter Unserer Höchsteigenhändi 1 und beigedrucktem Königlichen Fochfteig händigen Unterschrift

Gegeben 58 im Schloß, den 9. März 1891.

(. 8.) Wilhelm. In Verhinderung des Präsidenten des Evangelischen Ober⸗Kirchenraths: D. Brückner.

Deutscher Reichstag. 106. Sitzung vom Donnerstag, 23. April.

C111211“ der öö“ Dr. un er aats⸗Minister Frei Berlsgss⸗ ster Freiherr ie zweite Berathung der Gewerbeordnungs⸗Novell (Erbeter he e set 81 sortgesedt 8 ie Erörterung über §. 153 war in der letzten Sitzu nch. Fefüce worden. 1u““ bg. Möller: Seine Freunde würden für den Absatz 1 der Vorlage, aber gegen den Absatz 2 (Bestrafung der 3 s a 1s er Aufforderung zum Kontraktbruch) stimmen; doch sei die Fraktion in beiden Beziehungen nicht ganz einstimmig. Im Gegensatz zu dem Abg. Dr. Gutfleisch würde er die englische Gesetz⸗ gebung ohne Weiteres annehmen. Gegen die Einschüchterung von Arbeitern durch Arbeiter, gegen den Zwang, wie er in dieser Hinsicht in unerhörtester Weise geübt worden sei, müsse eingeschritten werden. Gerade die Vorgänge beim Ausstand der Tabackarbeiter in Hamburg lieferten für diese Notbwendigkeit die schlagendsten Beweise. (Redner verliest ein Cirkular des Freundschaftsbundes der Hamburger Cigarrensortirer aus welchem seiner Ansicht nach hervorgehen soll, daß diese Ver⸗ einigung die Arbeiter aufgefordert hätte, sich unlauterer Mittel in diesem Lohnkampfe zu bedienen. Die Verlesung wird von den Sozialdemokraten mehrfach mit Zustimmungsrufen begleitet.) Auch er habe früher gehofft, daß es vielfach möglich sein würde, die Ar⸗ beiterbewegung durch die Gewerkvereinsorganisation in friedliche wehes zu lenken. Nach genauerem Studium der Verhältnisse befürchte er, man werde am eigenen Leibe durchmachen müssen, was England in Jahrzehnten des Jammers durchgemacht habe. Von den 7 Millionen Arbeitern in England gehörten ja auch nur 700 000 den Gewerkvereinen an. Er nehme allerdings an, daß der Nieder⸗ gang der wirthschaftlichen Verhältnisse Deutschland von den utopi⸗ stischen Schwärmereien befreien werde, die Hungerkur, angewendet von den sozialdemokratischen Führern im Lande. (Unterbrechungen links; Vize⸗Präsident Graf Saet.. ruft den Abg. Bebel wegen der von ihm gemachten Zwischenrufe zur Ord⸗ nung.) Die Agitation, wie sie die von den sozialdemokrati⸗ schen Abgeordneten verführten Führer im Lande betrieben, müsse zum eigenen Schaden der Arbeiter ausschlagen, das sei unabwendbar. Das trete jetzt wieder deutlich hervor in den Kohlenbezirken. Die Strikebewegung greife wieder in unerwarteter Weise um sich, die Ur⸗ sache davon liege in dem Treiben der sozialdemokratischen Hetzer und Agitatoren; die Schädigung der Industrie, die damit herbeigeführt üee söhnie nichte Anderer, fals 88 Brotlosmachung von Hundert⸗ usenden von Arbeitern na iehen. ustit ni 8 Penio nonlibereier ch z (Zustimmung rechts und bei 1 Abg. Stötzel: Selbst wenn er anerkennen wollte, daß die Aufforderung zum Strike an und für sich straffällig sei, was er nicht thue, würde die Strafvorschrift des zweiten Absatzes des §. 153 ein zweischneidiges Schwert sein, denn in den weitaus meisten Fällen würden diejenigen von der Schärfe des Gesetzes am Meisten ge⸗ troffen werden, die es am Wenigsten verdienten. An und für sich sei es ja eine bedenkliche Sache um die Strikes, aber nicht jeder Strike sei gleichzeitig ein Kontraktbruch. Die vielerwähnte Statistik führe an, daß von den Bergleuten nur ½ % nicht kontraktbrüchig gewesen sei bei dem großen Bergarbeiterstrike von 1889. Diese Statistik unterscheide aber nicht genügend. Wenn die Arbeiter einer Grube ihre Forderungen stellten und erklärten, daß sie, wenn diese Forderungen nicht, nach so und so viel Wochen bewilligt worden seien, die Arbeit einstellen würden, dann könne man von einem materiellen Kontraktbruch doch nicht mehr reden, nur noch formell. Den Boykott verwerfe er ganz und gar, aber deshalb verwerfe er es ebenso, daß ein Arbeiter, der entlassen sei, jeder Gelegenheit beraubt werden solle, für sich, seine Familie, seine Kinder überhaupt noch Brot zu erwerben; von den verheerenden Wirkungen solcher Hand⸗ lungsweise dürften sich wohl die meisten Herren hier keine Vorstellung machen. Es seien nicht bloß Sozialdemokraten brotlos gemacht, sondern es seien auch auf die schwarze Liste Leute gebracht worden, welche die treuesten, tüchtigsten Arbeiter gewesen seien, gegen die überhaupt nichts vorgelegen habe, als daß sie, und noch dazu in maßvollster Weise, für die Rechte ihrer Kameraden eingetreten seien. Es könnten auch Akte kleinlicher Rache der Beamten u. dgl. genügen, die Leute auf die schwarze Liste zu bringen. Ein solches Proskriptions⸗ system, eine solche Versöhnung der Arbeitgeber mit den Arbeitern könne er nun und nimmermehr billigen. Diejenigen, die das wollten, möchten bedenken, daß sie damit vielleicht etwas für den Augenblick, aber gewiß nichts für die Dauer erreichten. Gegen die Strömung, welche auf völlige Gleichberechtigung der Arbeiter mit den Arbeit⸗ gebern hingehe, lasse sich mit solchen Mitteln am Allerwenigsten an⸗ kämpfen. Lieber sofort eine Verständigung suchen, Arbeiterausschüsse oder Aeltestenkollegien überall auf den Werken errichten, das werde wirksamer zum friedlichen Ausgleiche beitragen. Selbst auf die Gefahr hin, daß der Abg. von Kardorff und der Abg. Freiherr von Stumm mit den Sozialdemokraten gegen das Gesetz stimmten, bitte er doch dün. ven 108 abzulehnen.

g. Förster wendet sich gegen die neulichen Ausführungen des Bundesrathsvertreters bezüglich der Vorgänge bei den Führungen in Hamburg. Dem Bevollmächtigten zum Bundesrath sei zunächst der Irrthum passirt, daß er die Hamburger Gewerbekammer für aus Arbeitgebern und Arbeitern zusammengesetzt gehalten habe, während sie nur aus Arbeitgebern, hauptsächlich Innungsmeistern, bestehe. Die Vertheidigung des Hamburger Polizeichefs Hachmann durch den Bundesrathsvertreter sei eine sehr schwache gewesen, die Zahl der statt⸗ gehabten Versammlungen beweise nichts für die Unparteilichkeit des Fienneh Beamten, sondern nur für die außergewöhnliche politische

ührigkeit der Arbeiterklassen in Hamburg. Es seien im Gegen⸗ theil zahlreiche Versammlungen ohne zureichende Gründe nach wie vor verboten worden; andererseits seien während der Geltung des Ausnahmegesetzes auch die Vorstandssitzungen der Vereine durch diesen Herrn unter polizeiliche Aufsicht und Ueberwachung gestellt worden; erst das Ober⸗Landesgericht in Lübeck habe diese willkürliche Einschränkung des freien Versammlungsrechts aufgehoben. In der Zeit des Ausnahmegesetzes sei an öffentliche Versammlungen selbst in der Wahlzeit einfach nicht zu denken gewesen. Die Arbeiterverhält⸗ nisse Hamburgs dürften nicht für sich, sondern im Zusammenhange mit den Mnten wirthschaftlichen Verhältnissen müßten sie betrachtet werden. Namentlich hätten die Arbeiten für den Hamburger Zoll⸗ anschluß, die kein Arbeiten mehr, sondern ein wahnsinniges Hasten

von

gewesen seien, das ganze Baubandwerk revolutionirt, besonders

das Zusammenströmen von Tausenden fremder N . be⸗ g. den Fachmännern so schnell gar nicht in die nöthige Zucht hätten gebracht werden können. Nachdem die Dinge sich so entwickelt hätten, sei die Feier des ersten Mai in Frage gekommen. Nicht des Machtkitzels wegen hätten da die Arbeiter an dem Tage die Arbeit aussetzen wollen, sondern sie hätten sich gesagt: Man diktirt uns die Feiertage, warum sollen wir uns nicht auch einmal Feiertag geben? So sei die Feier aufgefaßt worden von der übergroßen Mehrheit der Arbeiter; man habe übrigens ruhig auf den Beschluß der Fraktion gewartet. In der Zwischenzeit aber habe Hr. Hachmann erklärt: keine Versammlungen, nichts, keine Kundgebung! und in den Werk⸗ stätten sei angeschlagen worden: Wer am 1. Mai nicht zur Arbeit erscheint, ist entlassen! Darauf hätten die Arbeiter, um nicht der Feigheit beschuldigt zu werden, so verfahren, wie es geschehen sei. Gewiß werde der Ausfall der Wahl vom 20. Februar bei den Unternehmern große Erbitterung hinterlassen haben; aber diese habe eine solche Provokation nicht gerechtfertigt. Redner geht dann noch auf den Tabackarbeiterstrike ein, an dessen unglücklichem Ausgange die Arbeiter freilich keinen Augen⸗ blick gezweifelt hätten. Lediglich die Forderung der triumphirenden Arbeitgeber, . die Arbeiter aus dem Fachvereine austreten sollten, habe den Kampf in solchem Grade erbittert. Wer Ehrlichkeit, Bravheit von den Arbeitern verlange, müsse auch die Bedingungen dazu schaffen. Wenn die Arbeiter die Scheine unterschrieben hätten, ohne aus den Vereinen ausgetreten zu sein, so hätten sie lediglich in Ausübung der Nothwehr gehandelt. Man müsse es ernst meinen mit der Koaälitionsfreiheit, dann werde es besser werden; man lerne begreifen, daß Maßregelungen der Arbeiter, die dieses Rechtes sich bedienen . öu. 588 Gemeinwohl, vom

vohl, sondern beweise dur ie That, daß man ni nackte Interesse der Unternehmer verfolge! V3 u“

Abg. Dr. Hammacher: Bekanntlich hätten die Leiter des Hamburger Cigarrenarbeitervereins, um die Arbeiter an sich zu fesseln, sich von Jedem einen nach einem Jahre verfallenden Sola⸗ wechsel ausstellen lassen. Wenn diese Wechsel mit den Wechseln verglichen worden seien, welche sich die Arbeiterverbände als Kautson von ihren Mitgliedern ausstellen ließen, so liege der Unterschied auf der Hand: der erstere habe den Arbeiter mit einem empfind⸗ lichen Verlust bedroht. Die drückende Sorge um das tägliche Brot habe man also hier benutzt, um die Arbeiter an den Verein zu ketten. Der Abg. Stötzel habe sich heute sehr maßvoll ausge⸗ sprochen; dennoch könne er (Redner) ihm nicht folgen auf das Gebiet der Behauptungen über die schwarzen Listen im Bergwerks⸗ revier und die Maßregelung eines nicht sozialdemokratischen Arbeiters Der letztere Fall habe nicht ganz so gelegen, wie er ihn darstelle und von der Existenz schwarzer Listen sei ihm (dem Redner) zur Zeit nichts bekannt. „Er sei wie der Abg. Stötzel durchdrungen davon, daß auch die Arbeitgeber die Aufgabe hätten, ein besseres Verständniß mit den Arbeitern herbeizuführen. Auch er könne die Wirkung de §. 153 nicht für so bedeutend halten, als es die Regierung annehme Die Arbeitseinstellungen vollzögen sich nicht in Deutschland nach ruhiger, kühler Erwägung, sondern gestalteten sich aus unte dem Eindruck der Leidenschaft. Wenn der Abg. Stötzel auf mildernde Umstände für die bei den Strikes thätigen Personen plädire, so werde der Abg. Stötzel ebenso wie er (Redner) die Nothwendigkeit einsehen, die Arbeiter in erster Linie zur Gesetzlichkeit anzuhalten. EE““ müsse eingehalten werden. Leider hätten bis jetzt die Unternehmer viel zu wenig Neigung dazu, mi den Arbeitern über die jedesmalige Streitfrage zu verhandeln; ein geordnetes Verhältniß lasse sich aber nur herstellen, wenn beide Theile auch rücksichtlich der Kündigungsfrist zur Beobachtung der Gesetze veranlaßt würden. Der große Bergarbeiterstrike von 1889 sei ausgebrochen unter Kontraktbruch; in dieser Beziehung mißlinge der Gegenbeweis des Abg. Stötzel. Die Delegirten, welche die Niederlegung der Arbeit verkündigt hätten, seien nur von Minoritäten nicht von der ganzen Arbeiterschaft gewählt worden. Bis jetzt habe sich Niemand gefunden, der diese Verletzung des Arbeitsvertrags vertheidigt habe. Was aber erlebe man jetzt? Die Strikebewegung fange wieder im Kohlenrevier an; Niemand wisse, welchen Umfang sie annehmen werde, ob es den Bemühungen der sozialdemokratischen Führer und Anderer gelingen werde, sie einzudämmen. Und wiederum sei der Strike mit einem Vertragsbruch inscenirt worden! Selbst die Elemente des Centrums, die heute auf der Seite der Ordnungs⸗ partei ständen, seien nicht mehr im Stande, die Bewegung aufzu⸗ halten. Die Sozialdemokraten wollten den Strike nicht, aber doch nur deshalb, weil sie noch nicht genügend organisirt seien. Wie aber könne man sich darüber wundern, daß den sozialdemokratischen Führern die Zügel entfielen! Man brauche nur das in Gelsenkirchen erscheinende Organ der Bergarbeiter zu lesen, um zu sehen, in wie aufreizendem Tone Tag für Tag dem armen Bergmann gepredigt werde, daß die Kohle Nationaleigenthum sei, dessen Ausbeutung dem Bergmann, nicht dem Kapitalisten gebührel Eine große Anzahl von Bergleuten sei aber diesmal entschlossen, den Strike nicht mitzumachen und sei entrüstet über das unpatriotische Verhalten der sogenannten Delegirten zum Pariser Kongresse, die es gewagt hätten, auf den Gräbern der Kommunards Ruhmeskränze niederzulegen! Wenn diese von den leidenschaftlich erregten Massen abgehalten werden sollten, zur Arbeit zu kommen, dann müsse ein Paragraph zur Anwendung kommen, wie er hier von der Regierung vorgeschlagen sei. Er mache den Nachweis entbehrlich, daß eine Vereinigung oder Verabredung zum Zwecke des Zwanges vorher⸗ gegangen sei; das sei ein Fortschritt, er (Redner) werde also dafür stimmen und zwar für den ganzen §. 153. Werde er jetzt nicht an⸗ genommen, dann werde man in wenigen Jahren viel schärfere Be⸗ 1“ Thien 85 möge den Paragraphen jetzt nen im Interesse der Volksw F Näehhes ohlfahrt und der Freiheit des

Abg. Stadthagen: Nicht die Bergarbeiter, sondern di werksbesitzer hätten die größere Zahl der Kontraktbrüche ie Srsg. Gewissen. Sei der Zwang zu Ueberschichten nicht einfach Erpressung und Freiheitsberaubung? Von diesen Mißbräuchen führe die amtliche Denkschrift über den Strike zahlreiche Beispiele an. Was habe die Kommune in Paris mit den deutschen Bergwerken zu thun? Die schwarzen Listen beständen im rheinisch⸗westfälischen Kohlenrevier that⸗ sächlich. Nach der jetzt durch die Gerichte beliebten Auslegung des §. 153 sei der letztere nicht mehr ein Schutz, sondern die Auf⸗ hebung des in §. 152 gewährleisteten Koalitionsrechts. Was die Vorgänge in Hamburg betreffe, so wolle er nur erwähnen daß die ese die inhaftirten Leiter der Strikebewegung zwangsweise abe photographiren lassen; zu dieser Maßregel sei die Behörde nicht befugt gewesen, diese Handlung sei eine gesetzwidrige gewesen. Die Arbeitgeber gebrauchten den §. 153, wie die Komplottbroschüre beweise, zu einer gesetzwidrigen Handlung, zu einer strafbaren Nöthigung, ohne doch wegen Gesetzesübertretung belangt zu werden. Der Abg. Dr. Hartmann habe den sozialdemokratischen Antrag auf Bestrafung der Arbeitgeber haarsträubend genannt; das möge er sein, aber er sei die einfache Konsequenz dessen, was das Reichsgericht in zahlreichen Erkenntnissen über die Bedeutung des §. 153 nieder⸗ gelegt habe, Der §. 331 des Strafgesetzbuches sei durch den Berliner Polizei⸗Präsidenten nicht eh worden, das sei richtig; aber der Herr habe seine untergebenen Beamten zur Annahme des Geschenkes veranlaßt, in demselben Augenblicke sei er Anstifter geworden, und