1891 / 98 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 27 Apr 1891 18:00:01 GMT) scan diff

Seine Majestät der Kaiser und König fährt von der Invalidenstraße aus in den Ausstellungspark nach Portal I und er⸗ wartet dort Ihre Majestäten die Kaiserin und Königin, Allerhöchst⸗ seine Gemahlin, und die Kaiserin riedrich, die hohe Pro⸗ tektorin der Ausstellung. Unmittelbar am Eingang auf der Seite, wo Seine Majestät anfahren, wird eine Compagnie als

Ehrenwache aufgestellt sein; desgleichen sollen nach Allerhöchster Be⸗ stimmung in der Eintrittshalle und am Eingang zum eigentlichen Festraume einige Doppelposten aufgestellt werden.

Das Ausstellungs⸗Comité empfängt die Allerhöchsten und

Höchsten Herrschaften in der großen Skulpturenhalle und geleitet dieselben in den Kuppelsaal auf die Estrade. 36 junge Künstler, welche die Wappen der auf der Ausstellung vertretenen Länder und deutschen Kunststädte tragen, und Herolde mit dem deutschen Wappen begleiten den Zug. Gleichzeitig intonirt die „Berliner Liedertafel“ (150 Sänger und 140 Militärmusiker), welche in dem östlichen Theil der Skulpturenhalle aufgestellt ist, den vom Pro⸗ fessor Heinrich Hofmann komponirten Hymnus:

eil Kaiser Dir. Schwert, dem blanken Schild

Hast Du, o Herrscher, Rub’ beschieden; Mit starker Hand beschirmest Du;. O, hehrer Fuͤrst, den holden Frieden.

Daß reife seine goldne Saat

In Deinem Schutze unversehrt, Stehst Du auf hoher Zinne Wacht Im Arm das Hohenzollernschwert. Drum Heil Dir, mächt'ger Friedensfürst!

Und so erblüht zu hohem Glanz Die Kunst, des Friedens schönste Blume, Und frohe Schaaren ziehn herbei Von nah und fern zu ihrem Heiligtbume. Drum Heil Dir, mächt'ger Friedensfürst!

8 Im Kuppelsaal stellen sich rechts von der Kaiserlichen Estrade die Mitglieder des diplomatischen Corps, die Präsidien des Reichstages und des Landtages und andere Spitzen, auf der andern Seite die Hofchargen, Generalität, Minister u. s. w. auf. An den gegenüber⸗ liegenden Pfeilern sind Estraden für die Vertreter der Stadt Berlin auf der einen Seite, und für die Rektoren und Dekane der Universität, resp. der übrigen Hochschulen und die Vertreter der Akademie der Wissenschaften und Künste errichtet. Die Bannerträger des Vereins Berliner Künstler und der Studirenden der Königlichen Kunst⸗ Akademie flankiren diese Estraden, während in der Mitte gegenüber der Kaiserlichen Estrade das Ausstellungs⸗Comité und die Delegirten auswärtiger Staaten und Kunststädte Aufstellung nehmen. Alle übrigen Geladenen finden Platz in der großen Skulpturenhalle und dem sogenannten Repräsentationssaal.

Nach dem Schluß des Hymnus richtet der Vorsitzende des Ausstellungs⸗Comités, Direktor A. von Werner, eine Ansprache an Seine Majestät den Kaiser und Ihre Majestät die Kaiserin Friedrich als Protektorin der Ausstellung, worauf Allerhöchstdieselbe an Seine Majestät den Kaiser die Aufforderung richtet, die Ausstellung eröffnen zu wollen. Nach Schluß der von Seiner Majestät an die Hohe Protektorin und die Versammelten gerichteten Worte bringt der Vorsitzende ein Hoch auf Seine Majestät den Kaiser und Ihre Majestät die Kaiserin Friedrich aus. Hieran schließt sich das „Salvum fac Regem“ von J. Löwe, arrangirt von Jul. Schneider.

Während desselben ziehen sich die im Repräsentationssaal auf⸗ gestellten Eingeladenen in den italienischen Saal zurück, um Platz für den Eröffnungsgang der Allerhöchsten Herrschaften durch die Aus⸗ stellungsräume zu schaffen.

Nach Beendigung dieses Umganges, etwa gegen 2 Uhr, werden die Ausstellungsräume dem Publikum (3 Eintrittspreis) bis zum Abend geöffnet.

Im Anschluß an die Eröffnungsfeier findet um 2 Uhr in Dreher's Restaurant im Ausstellungspark ein Festessen statt, welches der Verein Berliner Künstler seinen Ehrenmitgliedern, den aus⸗ wärtigen Delegirten und hier anwesenden fremden Künstlern und

ngästen giebt. 8—

s. Die ordentliche Sitzung des Vereins für Volkskunde am Freitag eröffnete der Vorsitzende Hr. Professor Weinhold mit einer Reihe von Mittheilungen, denen zufolge der Verein bereits gegen 200 Mitglieder zählt. Auf der Tagesordnung stand zunächst ein Vortrag des Hrn. Dr. C. Nörrenberg über rheinische Stamm⸗ und Sprachgrenzen. Der Vortragende, welcher darauf hinwies, wie man seit Anfang unseres Jahrhunderts als fest⸗ gestellt ansehen könne, daß vielfach Völkerschaften, deren politische Stammverwandtschaft nicht mehr nachweisbar erscheine, dennoch durch die Sprache das Vorhandensein eines verwandtschaftlichen Verhält⸗ nisses erkennen ließen, betonte des Weiteren, daß auch durch Kreuzung neue Völkergruppen sich herausbildeten, die nachmals eine unverkenn⸗ bare Verwandtschaft verriethen, während zuvor von einer solchen nicht die Rede habe sein können. Indem er sodann diese Sätze auf das Beispiel der mit dem Namen „Franken“ bezeichneten deutschen Stämme anwandte und bei dieser Gelegenheit den ganz verschiedenartigen Charakter der Ortsnamen bei den bayerischen und bei den rheinischen Franken hervorhob, machte er andererseits auf die einstige politische Zusammenfassung der Bewohner unserer Rheinlande in dem Herzogthum Ripuarien und auf die Be⸗ deutung des römischen Einflusses aufmerksam, welcher sich u. a. in dem Umstande bekunde, daß die Südgrenze der Erzdiözese Köln mit der alten Grenze zwischen Germania superior und zwischen Germania inferior zusammenfalle. Redner suchte sodann die rheinische Namens⸗

igenthümlichkeit auch an der Bauart der Häuser nachzuweisen, indem die Verschiedenartigkeit des sächsischen Hauses, welches alle äume unter einem Dache vereinigt, und des fränkischen Hauses mit seiner Trennung der Wirthschaftsräume betont. Ferner hebt er ier die Sitte hervor, schwarzes Brod, wie in Westfalen, zu backen; auch die Grenze dieses Gebäckes falle mit derjenigen des Herzogthums Ripuarien zusammen. Außerdem macht er sprachliche Gründe für die Stammeseigenthümlichkeit der Rheinprovinz geltend und beschäftigt sich hier namentlich mit den äußerst charakteristischen Familiennamen. Am Rhein finden sich einerseits außerordentlich häufig Ortsbenennungen Familiennamen und andererseits ist die Anhängung eines „s“ an den ursprünglichen Namen sehr gebräuchlich, wie in Heinrichs, wobei man im Grunde an den Sohn eines Heinrich zu denken hat. Wie sehr solche Namen mit „8“ am Rhein verbreitet sind, gehe aus der That⸗ sache hervor, daß sich in einem alten Kölnischen Adreßbuch der Name Schmit 7 Mal, der Name Schmits dagegen 154 Mal findet; diese Erscheinung beruht aber nicht auf Zufall, sondern stellt sich als ripuarische Eigenthümlichkeit dar. Was die Bezeichnung „Franken“ anlange, so habe man es hier nicht mit der Benennung eines einzelne Stammes zu thun, es handle sich vielmehr wohl um einen politischen Begri für zwar verwandte, dennoch aber verschiedenartige Stämme. Redner führt schließlich aus, daß die hier geltend gemachten Stammesgrenzen keineswegs versteinerten, sondern sich noch in lebendigem Flusse be⸗ fänden. Gegenüber der neuerdings aufgetauchten Annahme, die deutschen Stammesverschiedenheiten seien bereits gänzlich⸗ verwischt, könne er seinerseits hervorheben, daß in der Rheinprovinz noch ein besonders stark ausgeprägtes Stammesbewußtsein vorhanden sei, und er könne nur wünschen, daß ein solches im Gegensatz zu einem all⸗ gemeinen politischen Urbrei zum Heile des großen gesammten Vater⸗ landes aufrecht erhalten bleibe. An den beifällig aufgenommenen Vortrag knüpfte sich eine angeregte Diskussion, in welcher zunächst der Vorsitzende Hr. Professor Weinhold bezüglich der Verschiedenartigkeit des Charakters einzelner Frankenstämme von der Beobachtung Mittheilung macht, daß die Mainfranken heute noch das Bewußtsein hätten, sie seien keine Franken, sondern Thüringer.

die neuesten Erzeugnisse der volkskundlichen Literatur Islands, indem

einen geschichtlichen Ueberblick über die deutsche Einwand die der heutigen Rheinprovinz entsprechenden Gebiete. Redner ist gleichfalls der Ansicht, daß der Name „Franken“ nicht die Bezeichnung für einen einzelnen Volksstamm, sondern für eine Art von Völkerbund bilde, weshalb auch die vorhandene Mischung verschiedener Stammeseigenthümlichkeiten nicht auffallend erscheinen könne. General⸗Direktor Walden möchte aus den in seiner Heimathprovinz Hannover gemachten Beobachtungen heraus davor warnen, aus bloßen Einzelheiten allzuweit gehende Schlüsse zu ziehen. Das Schwarzbrot, dessen Ursprung nicht west⸗ fälisch, sondern niedersächsisch sei, werde auch in ganz Hannover ge⸗ backen, allein dasselbe werde mit der fortschreitenden Kultur immer weißer. Nicht die mehr oder weniger geringe Qualität des Brotes sei hier von Belang, vielmehr würde es von Wichtigkeit sein, über die in allen Provinzen verschiedenartige Form des Brotes, namentlich des zu den Festen gebackenen, genaere Unter⸗ suchungen anzustellen. Auch aus den Familiennamen könne man keine zutreffenden Schlüsse auf das Vorhandensein einer Stammesverwandtschaft ziehen, denn diese Namen stünden vielfach nicht mit den Orts“⸗, sondern mit den Rechtsgrenzen im Zusammenhange. Er sei überzeugt, daß die Namen in der Pro⸗ vinz Hannover auf dem Lande nicht älter als ein paar Jahrhunderte seien, sodaß man sich vor allzu weitgehenden Rückschlüssen in dieser Richtung werde zu hüten haben. Darauf gab Hr. Professor C. Arendt eine überaus ansprechende Probe von modernen chinesischen Thierfabeln, die zum Theil eine nicht zu verkennende Aehnlichkeit mit unseren deutschen Fabeln aufwiesen; einige weiter zum Vortrage ge⸗ brachte chinesische Schwänke bekundeten einen zuweilen drastischen, zu⸗ weilen etwas naiven Humor. Hr. Dr. L. Frevtag besprach sodann an der Hand zweier kürzlich erschienenen Werke, der Islän⸗ dischen Märchen und Sagen, übersetzt von Pöstion, und der Islän⸗ dischen Sagen von J. Arnason, übersetzt von Frl. Lehmann⸗Filhen,

er die genannten Bücher angelegentlich zur Lectüre empfahl und unter Hinweis auf einzelne der in jenen enthaltenen Sagen auf verschiedent⸗ lich vorkommende Anklänge an die germanische, an die antike und an die orientalische Sagenwelt aufmerksam machte. Endlich führte Hr. Dr U. Jahn eine reichhaltige, bereits für die deutsche Aus⸗ stellung in London angemeldete Sammlung ven zierlichen Filigran⸗Schmucksachen vor, wie sie die Bauern in Schleswig⸗ tragen. Redner gab ein anschauliches Bild von der müh⸗ amen und kunstvollen Herstellung dieser originellen Schmuckgegen⸗ stände; nach seinen Beobachtungen finden sich die ersten Filigran⸗ arbeiten in Holstein zu Ende des vorigen Jahrhunderts, und seine Ansicht geht dahin, daß diese eigenartige Kunstfertigkeit aus Holland nach Schleswig⸗Holstein eingeführt worden sei. .

In der am Freitag, 24. April, im Kaiserhofe abgehal⸗ tenen ordentlichen Monatssitzung der Kunstgeschichtlichen Ge⸗ sellschaft brachte der Präsident Hr. Graf Dönhoff⸗Friedrich⸗ stein das folgende an ihn gerichtete Antwortschreiben des Hrn. Staats⸗Ministers von Goßler zur Verlesung: „Naumburg, den 18. April 1891. Eurer Hochgeboren gütige Mittheilung vom 15. d. M., daß die Kunstgeschichtliche Gesellschaft mir die Würde eines Ebrenmitgliedes übertragen hat, erfüllt mich mit herzlichem Dank. Ihre Bemühung und Ihre Thätigkeit habe ich mit Freuden begrüßt. Tritt sie doch in eine Lücke ein, welche ich in unserem öffentlichen Leben oft schmerzlich empfunden habe. Unsere Gebildeten stehen der Kunst und der Wissfenschaft vielfach noch zu fern. Nicht, daß ihnen das Verständniß und die Freude an den herrlichen Erzeugnissen der den Menschen verliehenen Geisteskraft abginge, aber sie erwarten oft noch zu sehr den Anstoß von Außen, und sie fühlen noch zu wenig das Bedürfniß, in möglichst dauernde Berührung mit den wissenschaftlich oder künstlerisch Arbeitenden zu bleiben. Welche Erfrischung des Geistes und welche Belebung der eigenen Arbeitskraft in solchen Be⸗ ziehungen liegt, vermag nur der zu ermessen, welcher seine Kräfte in der ewig gleichen Pflichterfüllung angespannt hat. Oft genügt eine Wanderung durch unsere, immer noch zu wenig gewürdigten Kunst⸗ und wiftenschaftlichen Sammlungen, oft eine kurze Unterredung mit ihren Hütern, ein Blick auf eine Handzeichnung, eine Thontafel, eine Inschrift, ein Krystall, ein Meeresgebilde, um den Geist mit neuen Vorstellungen zu erfüllen oder der Einbildungskraft einen fruchtbaren Stoff zuzuführen. Indem die Kunstgeschichtliche Gesell⸗ sellschaft für den Kunstgelehrten von Beruf und für den gebildeten Laien einen nur auf das Interesse für Kunst und Wissenschaft gegrün⸗ deten Vereiniaungspunkt darbietet, betheiligt sie sich mit Einem gleich⸗ zeitig an der Erfüllung einer Aufgabe, deren Bedeutung in einer Zeit, welche im Uebrigen mehr zur Sonderung neigt, nicht unterschätzt wer⸗ den sollte. Dem erfolgreichen Vorwärtsschreiten auf der von der Gesellschaft betretenen Bahn gelten daher meine besten Wünsche. Mit der Bitte, meinen verbindlichen Dank der Kunstgeschichtlichen Gesellschaft übermitteln zu wollen, verbleibe ich in größter Hoch⸗ schätzung Eurer Hochgeboren ganz ergebenster Goßler.“ In derselben Sißang hielt Hr. Professor August von Heyden, im Anschluß an die Publikation des Hrn. Richard Zschille in Großen⸗ hain i. S., einen Vortrag über den „Sporn“. Hr. Zschille, Be⸗ sitzer einer bedeutenden Sporensammlung, giebt gute, in natürlicher Größe von ihm selbst ausgeführte Zeichnungen seiner Sammlungs⸗ objekte, da es beim Sporn häufig darauf ankommt, zerdrückte oder durch Rost beschädigte Formen zu rekonstruiren, das photographische Verfahren dabei also nicht zweckentsprechend erscheint. Den Text lieferte Hr. Forrer in Straßburg. Der Sporn ist in Europa ent⸗ standen und erst von hier aus nach Asien und,-mit dem Islam, nach Afrika gewandert. Seine Umänderungen hängen genau mit der Entwickelung des Reitens zusammen. In der antiken Welt spielte er eine nur untergeordnete Rolle; man ritt auf nacktem Pferde oder auf der Decke: zur Regierung des Pferdes wurde der Schenkel, nicht der Sporn verwendet. Dazu kommt noch, daß die Darstellung des Sporns auf antiken Kunstwerken in der Regel unter⸗ bleibt, wir also über den antiken Sporn nicht sehr genau unterrichtet sind. Der antike Sporn war, wie der Sporn des Nordens, ein Stachelsporn. In der Karolingerzeit gewinnt der Sporn größere Bedeutung, namentlich auch als Symbolisirung des ritterlichen Standes. Mit dem Erscheinen der immer schwerer werdenden Rüstung, der veränderten Haltung zu Pferde und der dadurch bedingten Ver⸗ änderung des Sattels, treten allerlei Umformungen des Stachels auf: Senkung des Stachels, Schrägstellung desselben, um die Weichen des Rosses besser zu erreichen ꝛc. Je unbeweglicher indessen das Bein durch die Rüstung wird, desto mehr macht sich dann wieder das Be⸗ streben geltend, den Sporn hochzurücken, um eine kurze Bewegung herbei⸗ führen zu können. Um das Pferd mit den kantigen scharfen Spitzen nicht zu leicht zu verletzen, werden an den Sporen Kugeln angebracht, aus denen ein kurzer Stachel hervorragt. Diese Kugelform findet sich im 9. bis 10., auf französischen und englischen Siegeln aber auch noch im 13. Jahrundert. Bei der immer heftiger werdenden Bewegung des Reiters vergrößerte sich auch die Gefahr einer Verletzung des Pferdes durch den Sporn. Diesem Umstand hauptsächlich verdankt das Sporenrad seine Entstehung. In den gebräuchlichen Handbüchern wird das erste Auftreten desselben immer in das Ende des 13. Jahr⸗ hunderts verlegt. Der Vortragende setzt jedoch, gestützt auf mehr⸗ fache Beglaubigungen, das Aufkommen des Radsporns um die Wende des 12. Jahrhunderts an. Da der Reiter sich sehr hoch in den Sattel setzte, wuchs die Schwierigkeit des Spornirens. Der Sporn erhielt daher immer größere Länge, oft bis zu 20 bis 25 cm. Die ziemlich reich ausgeschmückten überlangen Sporen des 16. Jabrhunderts sind nicht Kampf⸗, sondern Turniersporen. Die Durchbrechung des Rades erfolgte jetzt der Erleichterung des Gewichts wegen. Ende des 16. Jahrhunderts und im 17. Jahrhundert gewinnt der Sporn die allergrößten Dimensionen, welche heute noch in Mexiko gebräuchlich sind, wohl in Folge der damals in Gebrauch kommenden kolossalen ö ie Orientalen haben stets am Stachelsporn fest⸗ gehalten. Den ausführlichen Darlegungen des Vortragenden schlossen sich

Raths Dr. F. Lippmann über Kupferstich⸗Auktionen u. A. an mit welchen die Sitzung schloß. 8 Ein Salon der Zurückgewiesenen wird der „N. A. Z.“ zufolge in den Kreisen derjenigen Berliner Künstler erwogen, deren Werke in der internationalen Ausstellung keine Aufnahme gefunden haben; wenn der Plan Verwirklichung findet, sollen in erster Linie die Räume bei Kroll in Betracht gezogen werden. 8 Der Eröffnung des Neubaues der chirurgischen Klinik in München am 25 d. M. wohnten laut Meldung des „W. T. B.. Seine Königliche Hoheit der Prinz Louis Ferdinand, der Kultus⸗ Minister Dr. Müller, der Geheime Medizinal⸗Ratb, Professor Dr. von Bergmann (Berlin), Brunns (Tübingen), Mikulicz (Heidelberg) und

viele Aerzte bei. 8 In der Nähe des „Centenario“ in Pompeji, unter

den Ueberresten des alten Garnisongebäudes, stieß man, wie der „Voss. Z.“ mitgetheilt wird, vorgestern auf ein besonders gut erhaltenes Skelett eines Mannes, der seiner Lage nach augen⸗ scheinlich in der Flucht begriffen war. Er liegt mit vorgestreckten Armen flach auf dem Boden, während ein Knie eingezogen ist. Binnen Kurzem wird die Ausfüllung des Gerippes mit Gips stattfinden und man hofft einen der vollkommenst erhaltenen Körper zu Tage zu

Land⸗ und Forstwirthschaft. 8

5 . 1 Die 17. Mastvieb⸗Ausstellung zu Berlin findet am 29. und 30. April auf dem Central⸗Viehbof statt. Die Ausstellung wird von Vormittags 9 bis Abends 7 Uhr geöffnet sein. 1“

Handel und Gewerbe.

In der heute Vormittag 10 Uhr stattgefundenen Sitzung des Centralausschusses der Reichsbank ließ der Präsident Dr. Koch zunächst den Allerhöchsten Erlaß vom 18. v. M. verlesen, worin Seine Majestät der Kaiser Allerhöchstseine Anerkennung und Zufriedenheit mit der Verwaltung der Reichsbank auszusprechen geruht haben. Aus dem sich hieran schließenden Vortrag über die Lage der Bank ergab sich, daß die Ansprüche an dieselbe noch immer hoch sind. Die Anlage übersteigt diejenige in der gleichen Zeit des vergangenen Jahres um 44 Millionen, diejenige der früheren Jahre um noch weit mehr. Andererseits besitzt die Reichsbank auch erheblich mehr fremdes Geld, über 100 Millionen mehr als in den letzten Jahren. Der Metall⸗ vorrath (889 Millionen) übersteigt den von 1890 um 52 Millionen. In den letzten Tagen ist der Reichsbank alle dings, wie der Vorsitzende bemerkte, Gold für das Ausland (Rußland) entzogen. Indessen ist bis in die neueste Zeit auch Gold aus Nord⸗Amerika und England in die Bank geflossen. Der Goldvorrath hat sich in der letzten Woche um 13 Millionen vermehrt. Die Wechselcourse lassen die Besorgniß vor ferneren Goldabzügen nicht als gerechtfertigt erscheinen. Die steuerfreie Noten⸗Referve (271 Millionen) übersteigt die von um 69 Millionen. Das Geld an der Börse ist ziemlich flüssig; Privatdiskont in Berlin am 25. d. M. 258 Proz. Die Versammlung war mit dem Vorsitzenden einverstanden, daß für jetzt zu einer Disko veränderung kein Grund vorliege. Dieselbe hatte ferner gegen die Aufnahme der Pfandbriefe dreier weiteren Hypothekenbanken (der Deutschen Hypothekenbank zu Berlin, der Deutschen Hypotheken⸗Bank in Meiningen und de Braunschweig⸗Hannoverschen Hypotheken⸗Bank) sowie der 3 proz schwedischen Staatsrenten⸗Anleihe von 1888 und der 3 ½⁄ proz schwedischen Staatsanleihe von 1890 sowie der Schuld verschreibungen der Stadt Itzehoe unter die im Lombard verkehr der Reichsbank beleihbaren Papiere nichts zu erinnern Weiter wurde nichts verhandelt.

Vor nachstehend bezeichneten Personen bezw. Firmen wird Seitens der Polizeiverwaltung im Haag im dortigen „Algemeen Politieblad“ öffentlich gewarnt: Johan Hendrik Grenaat, Hendrik Abraham Nepveu, Frans Winter, Jan Hendrik Emerentius van Os, van Os u. Co., irma de Looze, Jan Sterringa, Cornelius van den Bergh, endrik Adrianus van den Berg, Bernardus Jacob Franke, Willem Johannes van der Tuyn, Adriaan Johann van den Bergh, sämmtlich im Haag. 1“ 1 Ferner warnt der Bürgermeister in Loosduinen (Provinz Südholland) öffentlich vor einem, seiner Angabe zufolge in Loosduinen wohnhaften, daselbst aber nicht zu ermittelnden van Os, sowie vor dem Bauunternehmer und Händler in Baumaterialien J. C. de Graaf in Loosduinen. 1 8

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 25. April gestellt 8231, nicht recht⸗

itig gestellt keine Wagen. b 8 gsgestolt keine faae sind am 24. d. M. gestellt 4119, nicht

rechtzeitig gestellt keine Wagen; am 25 sind gestellt 4170, nicht recht⸗ zeitig gestellt keine Wagen. 8 161“

Subhastations⸗Resultate. Beim Königlichen Amtsgericht I1 Berlin stand am 25. April 1891 das Grundstück in der Schulstraße 50 belegen, dem Bauunternehmer Rudolph Petermann hier gehörig, zur Ver⸗ steigerung. Das geringste Gebot wurde auf 1160 festgesetzt. Für das Meistgebot von 211 000 wurde der Klempnermeister F. Baeuchler hier Ersteher.

In der außerordentlichen Generalversammlung der Aktionäre der Oppelner Portland Cement⸗Fabriken vorm. F. W. Grundmann in Oppeln vom 25. d. M. gelangte der einzige Gegen⸗ stand der Tagesordnung, die Aufnahme einer hypothekarisch sicher ge⸗ stellten Anleihe in Höhe von 400 000 einstimmig zur Annahme.

Der Reingewinn der „Vereinigten Köln⸗Rottweiler Pulverfabriken“ stellt sich nach Abrechnung mit den Kartellfirmen auf 3 923 399 Der Aufsichtsrath beschloß, die Dividende auf 13 % festzusetzen und den Gutschein für das zweite Halbjahr von 1889 mit 6 ½ % einzulösen. Die Direktoren der Nobel⸗Dy⸗ namit⸗Trust⸗Company in London werden der Generalver⸗ sammlung vorschlagen, die Dividende auf 11 % festzusetzen und circa 14 000 Pfd. Sterling auf neue Rechnung vorzutragen.

In der Generaldersammlung der Aktionäre der Berliner Land⸗ uUnd Wasser⸗Transport⸗Versicherungs⸗Gesell⸗ schaft vom 25. d. M. wurde der Bericht über das Geschäftsjahr 1890 erstattet; die Ergebnisse sind befriedigende, sodaß die Dividende in gleichem Betrage wie in den voraufgegangenen Jahren mit 120 per Aktie (40 % des baaren Einschusses) an die Aktionäre zur Vertheilung gelangt. Die Auszahlung der Dividende erfolgt vom 1. Mai cr. ab bei der Gesellschaftskasse.

St. Petersburg, 26. April. (W. T. B.) Die heutige Generalversammlung der Wolga⸗Kama⸗Bank hat den Rechnungs⸗ abschluß für das Jahr 1890 genehmigt. Der Nettogewinn beträgt 2 885 619 Rubel. Hiervon gelangen zur Auszahlung als Dividende 1 920 000 Rubel gleich 19 %; 57 712 Rubel fließen dem Reserve⸗

Hr. Geheimer Regierungs⸗Rath Meitzen betont das Vorhandensein einer scharfen Grenze zwischen Sachsen und Franken und giebt sodann

noch einige kleinere Mittheilungen des Hrn. Geheimen Regierungs⸗

Kapital zu, welches sich 65 nrf 3 616 902 Rubel stellt. Die

Dividendenreserve wird auf er

Schuld 792 000 egyptische Pfund.

Deutschen Reichs⸗Anze

Dritte Beilage

Berlin, Montag, den 27. April

Handel und Gewerbe.

Berlin, 25. April. (Wochenbericht ür S k Stärkefabrikate und Hülsenfrüchte 8 Ma- E“ Ia. Kartoffelmehl 24 24 ½ ℳ, Ia. Kartoffelstärke 24 24 ½ IIa. Kartoffelmehl, und ⸗Ztärke 22 ½ 23 ½ ℳ, feuchte Kartoffel⸗ stärke loco und Parität Berlin 14,75 Gd., Fabriken bei Frankfurt a. O zahlen frei Fabrik 14,50 ℳ, gelber Svrup 29 ½ 30 ℳ, xport 31 ½ - 32 ℳ. Capillair⸗Syprup 30 ½ 31 ℳ, Kartoffelzucker Capillair 30 ½ 31 ℳ, do. gelber 29 ½ 30 ℳ, Rum⸗Couleur 36 37 ℳ, Bier⸗Couleur 36 37 ℳ. Dertrin, gelb und weiß, Ia. 33 34 ℳ, do. sekunda 27 28 ½ ℳ, Weizenstärke (kleinst.) 43 44 ℳ, Weizenstärke (großst.) 45 ½ 46 ½ ℳ, Hallesche und Schlesische 45 ½ 46 ½ ℳ, Schabe⸗Stärke 36 37 ℳ, Mais⸗ Stärke 32 33 ℳ, Reisstärke (Strahlen) 46 47 ℳ, do. (Stücken) 44 —45 ℳ, Victoria⸗Erbsen 19 ½ 21 ½ ℳ, Kocherbsen 18 21 ℳ, Fän⸗ Erbsen 18 ½ 21 ℳ, Futtererbsen 16 ½ 17 ℳ, Leinsaat 5 27 ℳ, Linsen, große 34 44, do. mittel 24 34, do. kleine 18 24 ℳ, elb. Senf 20 26 ℳ, Kümmel 36 41. ℳ, Buchweizen 17 ½ 19 ½,ℳ, Mais oco 16 ½- -— 17 ½ ℳ, ferdebohnen 15 16 ½ ℳ, inländische weiße Bohnen 1 23 ℳ, weiße Flachbohnen 23.—26 ℳ, ungarische Bohnen 19 ½ 2 ℳ, galizische und russische Bohnen 17 20 ℳ, Wicken 13 14 ℳ, Frteshg 21 ¼ 23, ℳ, Leinkuchen 16 ½ 17 ½ ℳ, Weizenschale 11 11 ½ , oggenkleie 11 ¾ —12 ℳ, Rapskuchen 13 ½ 14 ½ ℳ, Mohn, weißer 0 74 ℳ, do. blauer 48 54 ℳ, Hirse, weiße 20 23 Alles per 00 kg ab Bahn bei Partien von mindestens 10 000 kg. „Leipzig, 25. April. (W. T. B.) Kammzug⸗Termin⸗ handel. La Plata. Grundmuster B. pr. April ℳ, pr. Mai 4,37 ½ ℳ, pr. Juni 4,40 ℳ, pr. Juli 4,42 ½ ℳ, pr. Nugest 6,49 2 8 vn pr. Oktober 4,47 ½ ℳ,

er 4,47 ½ ℳ, pr. Dezember 4,47 ½ ℳ, pr. Januar 4,47 ½⸗ Umß. 60 ““ 1 ien, 25. April. (W. T. B.) Die Börsenkammer be⸗ vE 8 ige- über die im Abge⸗

ngebrachten infü h Börseneuers nträge wegen Einführung einer ondon, 27. April. (W. T. B.) Die Getreidezufuhren be⸗ Fäeen e der Woche vom 18. April bis 24. April: vaünfhc, Weizen fremder 13 633, englische Gerste 1979, fremde 1811, eng⸗ 29 Malzgerste 19 798, fremde —, englischer Hafer 227, fremder 014 Orts. Englisches Mehl 19 284, fremdes 42 597 Sack. 8 New⸗York, 25. April. (W. T. B.) Der Werth der in er vergangenen Woche eingeführten Waaren betrug 13 974 659 Dollars gegen 13 988 110 Dollars in der Vorwoche, davon für Stoffe 1 830 420 Dollars gegen 1 511 432 Dollars in der Vorwoche.

R Kairo, 26. April. (W. T. B.) Einer Meldung des keuter'schen Bureaus zufolge beträgt der Ueberschuß der Staats⸗ asse nach Bezahlung der Coupons der unifizirten, privilegirten

Verkehrs⸗Anstalten.

Swinemünde, 25. April. (W. T. B.) Der neue Ham⸗ burger Schnelldampfer „Fürst Bismarck“ hat 6 Probefahrt mit glänzendem Erfolge zurückgelegt. Das Schiff erzielte eine Geschwindigkeit von annähernd 21 Knoten mit 16 400 T Der Dampfer ging, nachdem er hier die Direktoren es Vulkan sowie den Admiral Hollmann und Geheimen Ober⸗Post⸗ rath Se. gelandet d. weiter nach Hamburg.

emen, 25. April. (W. T. B.) Der Dampfer des

1““ Lloyd „Köln“ hat gestern ö“ 8 Ze „Karlsruhe“ heute Lizard passirt, der auf 1 eise nach New⸗York gestern von Southampton abgegangene

ampfer „Elbe“ ist heute Vormittag in Dover, der Dampfer „Neckar gestern in Bremerhaven, der Dampfer „Werra“ gestern Nacht in New⸗York eingetroffen. ö. 26. April. (W. T. B.) Der Schnelldampfer „Kaiser Wilhelm II.*, von Australien kommend, ist am 25. April Vorm. in Sue;z angekommen; der Postdampfer „Kronprinz Fried⸗ büch Wilhelm“, nach dem La Plata bestimmt, hat am 25. April 111164““ Der E“ „Olden⸗ . ata kommend, ist 5. 8 in . vnpekoammm. ““

amburg, 25. April. (W. T. B.) Der Postdampf

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Rlacnicen eiss. 8gh at, von New⸗York kommend, heute .— 26. April. (W. T. B.) Der Schnelldampfer „August G der Hamburg⸗Amerikanischen Phrgnhgguste⸗ ktiengesellschaft ist, von Hamburg kommend, gestern Nach⸗ 888 Neh Logeftnfingetroffe und der Postdampfer „Hel⸗

erselben Gesellscha T 1

lüen Geilttrwas at, von New⸗York kommend, gestern

ondon, 25. April. (W. T. B.) Der Cast le⸗Dampfer „Methven Castle“ i uf imreis 5 döaagare. stle“ ist gestern auf der Heimreise von Capetown 8 elgrad, 26. April. (W. T. B.) Das Amtsblatt veröffentlicht vee Sh der Staatseisenbahn⸗Direktion, nach steact S . Mai ab ein neuer Frachtentarif und eine Kartirungs⸗ 8Sb im direkten Verbandverkehr zwischen Oester⸗ 1o. ea arn, Serbien, Bulgarien und der Türkei für spcste 1 Stationen, sowie ermäßigte Ausnahmetarife für zahlreiche vS e Waaren in Kraft tritt. Die älteren Ausnahmetarife, ins⸗ esondere diejenigen zwischen ion Li und serbischen Stationen werden aufgehoben.

Theater und

Den Bemühung 18 eg,bectfer. s

en des Direktors Litaschy ist es gelungen, den Abbruch 85 Theaters um einige Tage zu verzögern. Jas stets unter 11. ndrang des Publikums gegebene reizende Märchen „Die

sieben Raben“ kann deshalb noch einige Male wiederholt werden.

Am S Residenz⸗Theater.

5 , ging der dreiaktige Schwank „Dr. Jojo“ von 8 dHert Carr unter großem Heiterkeitserfolge zum ersten Male in Fess.; es ist die tollste Verwechslungskomödie, welche das Residenz⸗ heater bisher geboten hat. Die Handlung ruht auf dem ganz ver⸗ ständigen Wunsch des alten ehrbaren Hrn. Courtelin, daß sein Schwieger⸗ sohn George Bichard seinen Beruf als Arzt, welchen er seit seiner Heirath hat, wieder aufnehmen soll; auch die junge Frau besteht des heftigen Sträubens ihres Gatten auf dieser Idee, selbst als 826 eine oberflächliche weibliche Bekanntschaft aus einem gegenüber⸗ iegenden Hause die Gefährlichkeit des Arztberufes im Verkehr mit S. Patienten vor Augen hält; ja sie willigt sogar ein, daß die iebenswürdige Nachbarin, die Fr. Polizeikommissar Cocherel, ihren Gatten in Bezug auf seine Beständigkeit auf die Probe stellt. Fr. Cocherel⸗ eine Dame mit einer sehr bewegten Vergangenheit, richtet nun die größte Verwirrung an; es erscheint in ihrem Salon zuerst ein Freund des Dr. Bichard, der sich für den Arzt ausgiebt, dann die schleunigst benach⸗ richtigte junge Fr. Bichard, der Doktor selbst und seine um ihre

iger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

1891.

süchtigen Polizeikommissar mit einer ungeladenen Pistole in der Hand erschreckt „und zum Hause hinausgejagt sind von dem französischen Verfasser mit unübertrefflicher Geschick⸗ lichkeit aufgebaut worden; ebenso drastisch wirkt dann die gemüthliche Auflösung des Wirrsals im letzten Akt. Das Publikum schien sich dabei köstlich zu amüsiren, denn alle Bedenken des oft stark be⸗ leidigten Anstandsgefühls, welche sich regen mochten, wurden kräftig niedergelacht; zumeist lag das an der leichten und gewandten Behand⸗ lung der Situationen und des Dialogs. Der Reiz der Form siegte über die Bösartigkeit des Inhalts in sittlicher Beziehung. Man kann sagen, der Schwank weise eine verwandtschaftliche Aehnlichkeit mit der prickelnden Sinnlichkeit und dem pikanten Uebermuth der Offenbachiaden in der Operette auf. Die komischen Schwächen der Charaktere, die Seltsamkeit der Situationen sind über ein natür⸗ liches Maß hinaus vergrößert und treten zum Theil auf das Gebiet der Burleske über, in welchem dann der lüsterne Taumel in Freinsen Gewande mit Geist sprühender cynischer Laune die Herrscha führt. Aus diesem Gebiete aber bleibt trotz der schmeichlerischen und glatten Form die wahre Kunst verbannt. Die Darstellung paßte sich dem Werke tadellos an. Frl. Zipser spielte die vertrauensselige junge Frau anmuthig in Sprache und Bewegungen. Die 8 Rolle der Fr. Cocherel gab Frl. Fischer mit übermüthiger Laune und erstaunlicher Freiheit im Spiel, ohne doch die Grenzen äußerer vornehmer Eleganz zu über⸗ schreiten. Als der Verrath witternde Cocherel glänzte Hr. Pagay und neben ihm spielte Hr. Gaspart den Sekretär Adrien gar nicht übel. Den Georg Bichard hatte Hr. Georg darzustellen und ent⸗ ledigte sich seiner Aufgabe mit großem Geschick. Dem „Dr. Jojo“ ging eine kleine dramatische Arbeit in einem Akt voran, ein Schwank mit dem langen Titel „Wer das Größere nicht ehrt, ist das Kleinere nicht werth“ von Sigmund Schlesinger. Das Stück spielt in kaufmännischen Kreisen und beruht auf kaufmännischen Gewohnheiten, welche in das Liebesleben zweier junger Paare übertragen werden. Ein gefälliger Humor und der treffende Witz des gesunden Menschen⸗ verstandes bringen eine gefällige Wirkung hervor. Bei der tüchtigen Darstellung, welche dem Schwank durch die Damen Bertens und Schüle und durch die Hrrn. Brandt und Pagay zu Theil wurde, errang die dramatische Kleinigkeit einen freundlichen und wohlver⸗

dienten Erfolg.

Vorgestern Abend fact He gercne

Vorgestern Abend eröffnete Hr. Francesco d'Andrade sei Gastspiel als Rigoletto in Verdi's gleichnamiger Oper. veie in früheren Jahren war die Leistung des vortrefflichen Künstlers nach jeder Richtung bin tadellos und riß die Hörer zur Begeisterung hin. Gesang und Spiel bilden bei d'Andrade immer zusammen eine höhere Einheit, welche bei vollem künstlerischen Maßhalten alle in Text und Melodie liegenden wirksamen Momente fein herausgearbeitet darstellt. d'Andrade erscheint als Narr in der That voll Laune und Fröhlichkeit, im Schmerze ergriffen, in der Wuth voll excentrischer Leidenschaft, und die grausame Rolle des Rigoletto giebt gerade in der letzteren Beziehung Gelegenheit zu den stürmischsten Auftritten. Kraft und Fülle des Tons, sein Glanz und Wohllaut sind unvperändert und zum Herzen sprechend.

Die vorgestrige Vorstellung war aber in allen Hauptrollen interessant und wirkungsvoll besetzt. Neben dem gefeierten Gast haben wir vor allen Dingen die Vertreterin der Gilda, ein Frl. Daniela zu nennen, welche nach dem Theaterzettel vorgestern Abend ihren ersten theatralischen Versuch erlebte, ein Versuch, der nach allen Rich⸗ tungen hin als ein kleines Ereigniß betrachtet werden darf. Frl. Daniela besitzt eine sehr angenehme Bühnenerscheinung, ge⸗ winnendes Wesen und eine so geschickte Darstellungsweise, daß man ohne den Theaterzettel eine längere Bühnen⸗ thäͤtigkeit vorausgesetzt hätte. Die Stimme der jungen Sän⸗ gerin hat einen eigenartigen, einschmeichelnden Wohllaut, zwar nicht übermäßige Kraft, dafür aber eine reiche Ausdrucksfähigkeit für Lust und Leid. Namentlich gelingt der Sängerin der Ausdruck naiver Gefühle ganz vortrefflich, sowohl was die Darstellung als was die Stimme anbetrifft. Bemerkenswerth für einen ersten Versuch war die Sicherheit und trotz einiger Befangenheit die Entfaltung ihrer ganzen Stimmkraft in dem Zusammenspiel mit anderen Solisten, und ganz besonders wirkungsvoll waren das Duett mit Rigoletto am Ende des zweiten Aktes und das Quartett im dritten Akt, welche das Publikum zu stürmischem Beifall hinrissen. Die Maddalena sang Frl. Finkenstein mit schönem Gelingen, das Antrittslied wurde dacapo verlangt und gewährt. Den Herzog, gab Hr. Alma, den Monterone Hr. Lurgenstein, den Sparafucile Hr. Hofer durchaus zufriedenstellend. Auch die übrigen Partien waren ausreichend besetzt und das Zusammenspiel ein erfreuliches. Schließlich dürfen wir wieder dem Orchester Anerkennung zu zollen kücht esefsene In der morgigen „Troubadour“⸗Aufführung, in welcher Francesco d'Andrade als Graf Luna seine zweite Gastrolle giebt, Fern als Leonore Frl. Bertha Prasky und als Manrico der Tenorist Hr. Zurger auf. Die Azucena ist durch Frl. Jettka Finkenstein vertreten. Die Mittwochs⸗Aufführung bildet Halevy's „Jüdin“ mit Fr. Lilli Leh⸗ mann als Recha und deren Schwester Marie Lehmann als Eudora. Paul Kalisch singt den Eleazar, Hr. Alma den Leopold. Das Doppel⸗ gastspiel der beiden Kammersängerinnen Lehmann findet, wie bereits mitgetheilt, noch in dieser Woche seinen Abschluß.

u“ Sing⸗Akademie.

Die schwedische Violinvirtuosin Frl. Martina Johnson unter Leitung Sauret's ausgebildet, gab am Sonnabend mit dem Philharmonischen Orchester ein Concert, in welchem sie zum ersten Mal vor dem hiesigen Publikum erschien. Sie ist bereits die fünfte der Violinistinnen, welche sich in dieser Saison hier haben hören lassen, und besitzt gleichfalls eine bedeutende technische Fertigkeit. Wenn sie auch ihren Kunstgenossinnen nicht vollständig ebenbürtig ist, wie aus dem Vortrag des schwierigen Concerts von M. Bruch zu erkennen war. Sehr gut gelangen der Künstlerin die Romanze von Svendsen sowie die Ballade und Polonaise von Vieuxtemps. Die Concertsängerin Frau Marie Sibéry (Sopran) aus Frank⸗ furt am Main, die wir hier gleichfalls zum ersten Mal hörten, besitzt eine umfangreiche, besonders in der Höhe sehr kräftig erscheinende Stimme. Die mittleren und tieferen Töne entbehren jedoch zu sehr der Frische und des Wohlklanges, auch ist die Reinheit der Intonation nicht immer zuverlässig, wie dies z. B. beim Gebrauche der Kopfstimme in dem Liede „Vöglein in der Wiege“ von W. Taubert störend wirkte. Zwei Lieder von Brahms und Gounod gelangen der Sängerin im Ausdruck besser als die Arie „Ah perfido“ von Beethoven. Das nicht sehr zahlreich erschienene Publikum kargte nicht mit Beifallsbezeugungen. Das von Kogel geleitete Orchester, das den Abend mit der „Hebriden⸗ Quverture“ von Mendelssohn eröffnete und beide Künstlerinnen be⸗ gleitete, bewährte wiederum seine stets anerkannte Tüchtigkeit.

Mannigfaltiges.

In der Charité wird vom 1. Mai cr. ab bis auf Weiteres die Besuchsstunde der lgeisteskranken Frauen vom 8 anf we⸗ 9b Mittwoch ½9 Uhr Vormittag verlegt. Der Besuch der geisteskranken

Tochter Feereben Shezerelten Die Scenen, in welchen diese

rsteckten Personen durch den eifer⸗!

Die Stadtverordneten Vortmann und Genossen haben, na „Voss. Ztg.“, an die 1“”“ folgenden Antrag gerichtet: Die Stadtverordneten⸗Versammlung wolle be 5 92 zn ihr eine Vorlage Behufs Ver⸗

erung des Fahrdammes der Potsdamer Stra Ne der Potsdamer Brücke zu machen.“

Die unter Vorsitz des Geheimen Ober⸗Regierungs⸗R Grafen Bernstorff stehende Deutsche öb und Traktatgesellschaft feierkrte gestern in der Beth⸗ lehemskirche das vierzehnte Jahresfest. Dem Bericht zufolge hat sich die Mitgliederzabl im letzten Jahre von 9539 auf 9647 erhöht; im Jahre 1879 betrug diese Zahl nur 527. An Beiträgen gingen im e Jahre 18 235 ein; der Umsatz im Bücherverkauf belief sich auf 35 901 6055 gewährte die englische Gesellschaft Beitrag; an Zinsen gingen 154 ein. Der Gesammteinnahme von 65 93D9 standen 59 393 an 8 Ausgaben gegenüber; allein die Verwaltung erforderte 22 2233 Neu herausgegeben wurden im letzten Jahre 45 Traktate; die Gesammtzahl der erschienenen Traktate beläuft sich ;. Z. auf 420. Vertheilt wurden im letzten Jahre 755 101 Exemplare und seit der Begründung 7 705 350 Schriften. Mehrfach hatte der Verein Gelegenheit, ganze Volksbibliotheken zu liefern. Im Uebrigen war die Thätigkeit des Vereins hauptsächlich Kranken, Schiffern und Auswanderern gewidmet. Eine größere Traktatvertheilung fand am ee 25 EE111“ statt. In den Vorstand ist

Stelle des verstorbenen; Barons von Ungern⸗Sternberg Hr. v. Below als Schriftführer eingetreten. b 11““

Die Grundsteinlegung des auf dem Grundstück Alte Jakobst

Nr. 128 neu zu errichtenden Logengebäudes der 1“ Odd⸗Fellow⸗Logen ist gestern, am 72. Gründungstage des Ordens feierlich vollzogen worden. Zur Theilnahme an der Feier hatten sich mit dem Großsire von Deutschland, dem Architekten Paul Gerlach und den Beamten der deutschen Großloge Vertreter der Logen aus Breslau, Posen, Magdeburg, Wansleben, Leipzig Chemnitz, Kiel und aus den Städten der Mark eingefunden. Der Neubau, dem auch ein Theil des alten Logenhauses zum Opfer fällt, soll vor Allem dem Bedürfniß nach einer würdigeren Repräsen⸗ tation des Ordens genügen. Der Bau wird außer zahlreichen Neben⸗ räumen vier größere Sale enthalten, von denen zwei für spezielle Logenzwecke, zwei für Unterhaltungszwecke dienen sollen. Im neuen Hause sollen sämmtliche neuen Logen Berlins untergebracht werden.

Innder Stadt Römhild im Herzogthum Sachsen⸗Meiningen wurde in der Nacht vom 17. April 29 Wohnhäuser, 9 65 und Scheunen durch eine Feuersbrunst völlig eingeäschert, sodaß 70 Familien, die zum größten Theil sehr arm und nicht versichert sind, obdachlos wurden. Da viele der Abgebrannten somit total ver⸗ armt sind, ist die Noth in Römhild sehr groß und schnelle Hülfe nöthig. Die Firma Albert Schappach u. Co., Berlin W Markgrafenstraße 48, welche mit dem Hülfs⸗Comité in Verbindung vrber hartfgheehe Landsleute und sonstige Wohlthäter . ge recht baldige Unterstützungen für die Abgeb und wird die Eingänge sofort nnühgen Ueber Bastard⸗ und Mischlings⸗Züchtung bei den ver⸗ schiedensten Stubenvögeln sind im Lauf der n 1gg Fe während deren sich eine ungemein regsame Stubenvogel⸗Züch⸗ tung in Deutschland entwickelt hat, reiche Erfahrungen gewonnen und diese wird in einem Vortrag im Verein „Ornis“ am Dienstag, dn ge. nbed 812 in Nier's Aux Caves de France, eipzigerstr. 1120, der Vorsitzende Dr. 8 echen. Gäste sind willkommen. 11u“

Trier. Man schreibt der „Frkf. Ztg.“ aus Trier vom 23. d.: Seinen letzten Reichstag hielt Rudolf von Habsburg lich im Mai des Jahres 1291 zu Frankfurt ab. Rudolf hatte ihn einberufen, um von den Reichsständen seinen Sohn Albrecht zu seinem Nachfolger wählen zu lassen. Aber die Mehrzahl der Fürsten war von dieser Absicht nicht sonderlich erbaut, denn Albrecht hatte sich durch seine Gewaltthätigkeit einen schlechten Namen gemacht, und überdies waren die Habsburger schon zu mächtig geworden, als daß den deutschen Fürsten nach einem zweiten Kaiser aus ihrem Hause gelüstet hätte. Nur Boemund, der Erz⸗ bischof und Kurfürst von Trier, zeigte sich den Wünschen Rudolfs geneigt. Zum Danke dafür verlieh ihm der Kaiser Stadt⸗ rechte für seine Orte Saarburg, Welschbillig, Wittlich Bernkastel und Montabaur. Zwei der betreffenden Urkunden sind uns zugänglich gewesen, diejenigen für Bernkastel und Saarburg. Die erstere trägt als Datum der Ausstellung den 29. Mai 1291, auf der letzteren findet sich nur das Jahr angegeben. Saarburg, Wittlich Bernkastel und Montabaur können mithin im Mai dieses Jahres auf eine 600 jährige Stadtgeschichte zurückblicken, während Welschbillig E“ Ftei 1.“— 85 Dorfe geworden ist. In ernkastel werden au nla es 600 jähri e große Festlichkeiten geplant. 1ö“““

New⸗York, 24. April. In Souris auf der Prin

Shnrg eslsn ist väc cetner Ie des „H. T. b. züng randstiftung ein Stadttheil vorläufig einge

darunter das Bankgebäude. u“

Peru. Wie in New⸗York eingetroffene Postnachrichten

hatte Peru während der Zeit vom 12. bis e, Ptn C Regengüssen und Ueberschwemmungen zu leiden. Die Flüsse traten über ihre Ufer und richteten ungeheuren Schaden an. Kirchen und Häuser wurden demolirt, die Ernte wurde vernichtet und eine Eisenbahn unterwaschen. Eine Menge Menschen sollen in den Fluthen erfapalen sein. Der Eigenthumsverlust wird auf 2 000 000 Doll.

ätzt.

Tokio, 21. März. Die Deutschen, welche von der japa⸗ nischen Regierung engagirt waren, um nspnflch Institutionen, in Japan einzuführen, „verlassen allmählich das Land wieder. So hat sich der „Allg. Ztg.“ zufolge der Polizei⸗Hauptmann Höhn dieser Tage auf den Heimweg gemacht, nachdem er 300 Polizei⸗Offiziere aus⸗ gebildet hat. Dieselben haben ihm ihre Anhänglichkeit beim Abschied durch Ueberreichung einer altjapanischen Rüstung eines bewährten Meisters, zwei kostbarer japanischer Schwerter und eines antiken Feldherrnstabes bewiesen. Der Geograph Dr. Knipping, der 23 Jahre in Tokio gewirkt hat, und der Pfarrer Dr. Spinner verlassen ebenfalls Japan. Dagegen hat die japanische Regierung sich trotz der Opposition im Parlament entschlossen, den Regierungs⸗ Bauführer Tietze, der eben im Begriff stand, heimzukehren, wiede zu engagiren, um zunächst den Wiederaufbau des abgebrannten pro⸗ visorischen Parlamentshauses zu leiten. Die Absicht ist, den Bau neernn c 1. rhuen zufhefühxrn. dem Architekten b otha entworfen sind. eer Koste lag be⸗ trägt fast 250 000 Yen (800 000 ℳ). bö“

Männer findet wie bisher Freitags statt.

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