schiedenen Zweige der Unterrichtsverwaltung findet, sich garnicht los⸗ lösen von der religiösen Stellung, die jetzt durch die Verbindung beider Ressorts garantirt ist. (Bravo!) Ich glaube also, die Noth⸗ wendigkeit als Unterrichts⸗Minister einen Mann dieser Art zu finden,
ürde naturgemäß darauf hinführen, daß man denselben unter den⸗ selben Gesichtspunkten auswählte, wie man jetzt den Kultus⸗Minister wählt. (Sehr richtig! rechts.) Also auch diejenigen Herren, die jetzt in dieser Verbindung eine ihnen unerwünschte Komposition sehen, würden dadurch um nichts gefördert sein.
Was die Frage der Arbeitsleistung betrifft, so gebe ich zu, daß diese für eine menschliche Kraft und jedenfalls für meine sehr viel ist. Und da muß ich ehrlich bekennen, stehe ich den Anschauungen des Hrn. Abg. Schmelzer über die Nothwendigkeit eines besonderen Unter⸗ Staatssekretärs für das Unterrichtswesen außerordentlich nahe. Wenn der Hr. Abg. Schmelzer die Güte haben will, einen Antrag einzu⸗ bringen, wonach mir ein zweiter Unter⸗Staatssekretär für die Unter⸗ richts⸗Angelegenheiten zur Verfügung gestellt wird, so werde ich dem
Hrn. Abg. Schmelzer dafür sehr dankbar sein (Heiterkeit) und ich würde diesen Herrn nach allen Richtungen hin ausgiebigst benutzen. Aber auch dann, muß ich dem Hrn. Abg. Schmelzer erwidern, wird alles das, was er erhofft, nicht sich verwirklichen lassen. Daß ein
selbständiger Unterrichts⸗Minister oder auch ein Unter⸗Staatssekretär für den Unterrichts⸗Minister so weit gehen könnte, bei der Beurthei⸗ lung der Reform völlig unabhängig von seiner gesammten inneren Stellung, politischen und kirchlichen, zu sein, das halte ich für ganz unmöglich. Kein Mensch kann aus seiner Haut heraus. Man kann von jedem erwarten — und dieser Erwartung zu
entsprechen, werde ich als eine heilige Pflicht betrachten — in der
objektivsten Weise und unabhängig von jedem nicht in der Sache be⸗ gründeten Bedenken an diese Dinge heranzugehen; aber mehr kann man nicht verlangen. Aus seinem Wesen heraus kann Niemand, weder ich noch Sie, meine Herren, ganz gleich, auf welcher Seite man steht und welcher kirchlichen und politischen Richtung man an⸗
9889 dann der Abg. Schmelzer die mangelhaften Ergebnisse des
eutschen Unterrichts in der bisherigen Form so drastisch hervor⸗ gehoben hat, so gestatte ich mir, darauf aufmerksam zu machen, daß es ja gerade die Absicht der neueren Bewegung auf diesem Gebiete ist, diesen Uebelständen Abhülfe zu schaffen. Die Vorwürfe waren eigentlich nicht an die Centralstelle zu richten, sondern hätten sich an die einzelnen Unterrichtsanstalten wenden sollen; denn schon jetzt sind die Reglements und die allgemeinen Bestimmungen durchaus derart gestaltet, daß man von jedem Abiturienten, oder Jedem, der überhaupt die höheren Schulen mit einem gewissen Maße von Vorbildung verlassen hat, eine vor groben Schnitzern schützende Durch⸗ bildung im Deutschen erwarten kann. Dem Hrn. Abg. Virchow gegenüber kann ich mich zu einem großen Theile auf das beziehen, was ich eben schon ausgeführt habe. Zum andern Theil, muß ich sagen, haben mich seine Ausführungen außerordentlich sympathisch berührt. Ich glaube, daß er zu der sehr abfälligen Kritik, welche die jetzige Reformbewegung bei ihm gefunden hat, doch wohl zum Theil aus mir verständlicher Auffassung dessen, was beabsichtigt ist, bewogen wurde. Soweit ich die bisherigen Er⸗
ebnisse dieser Reformbewegung habe studiren können, sind namentlich die Besorgnisse, die er bezüglich der Realgymnasien geäußert hat, nicht begründet. Die Unterrichtsverwaltung ist sich vollständig darüber klar, daß auf dem Gebiet des Schulwesens über⸗ haupt, und ganz besonders auf dem des höheren Schulwesens nur eine organische Fortentwickelung aus dem Bestehenden und Alt⸗ bewährten erfolgen kann (sehr gut! links), daß von einem sprung⸗ weisen Eingreifen, von einem rücksichtslosen Ueberdenhaufenwerfen wohlgeordneter Schulanstalten gar keine Rede sein kann. (Bravo!)
Meine Herren, ich spreche das mit dieser Bestimmtheit aus in der ausdrücklichen Absicht, daß es im Lande gehört wird, um die vielfachen Besorgnisse, wie sie nach dieser Richtung hin jetzt gehegt werden, zu zerstreuen. (Bravo!)
Auch darin stimme ich mit dem Hrn. Abg. Virchow überein, daß
die jetzt in Aussicht genommene Regelung der Lehrpläne durchaus
kein abschließendes Schema bilden soll. Wie bisher wird den ein⸗ zelnen Anstalten selbst die Befugniß gegeben werden, innerhalb der Lehrpläne sich frei zu bewegen; es soll vor allen Dingen auch den einzelnen Lehrern nicht ein Reglement gegeben werden, nach dem sie in jeder Anstalt des ganzen Reichs völlig gleichmäßig unterrichten, so daß man zu jeder Stunde sagen kann: von Memel bis Saarlouis wird heute Das gelesen im Cäsar und morgen wird im Plötz Das gelesen. Das ist nicht die Absicht. Aber eine volle Willkür ist auch nicht möglich; diese ganze Bewegung kann sich doch nur auf der
Basis einer Mittellinie zwischen Reglementirung und voller Freiheit bewegen. Und da das Richtige zu finden, wird, wie ich anerkenne,
nicht lediglich Aufgabe des Kultus⸗Ministers, sondern auch diejenige der vielfachen dabei betheiligten Lokalinstanzen sein.
Wenn aber der Hr. Abg. Virchow bei den Realgymnasien ins⸗ besondere beklagt hat, daß ihnen nicht weitere Berechtigungen verliehen wären, so glaube ich, ist daran nicht so sehr die frühere Unterrichts⸗ — verwaltung Schuld, als die ablehnende Haltung insbesondere des ärzt⸗
lichen Standes und der ärztlichen Vereine, sowie der Universitäten, die mit vollster Entschiedenheit ihre entgegenstehende Auffassung — vielleicht kann ich sagen zu meinem Bedauern — zur Geltung ge⸗
bracht haben.
Auch das, meine Herren, soll die neue Reform durchaus nicht verschränken, daß praktische Versuche an verschiedenen Orten, möglichst in allen Provinzen des preußischen Staats, mit der neu in Aussicht zu
nehmenden Ordnung der Dinge gemacht werden. Ja, meine Herren, ich lege
sogar so entscheidendes Gewicht gerade auf diesen Punkt, daß ich schon jetzt mit den Herren meines Ministeriums darüber wiederholt kon⸗ ferirt habe, wie derartige praktische Versuche zu gestalten und an welchen verschiedenen Arten von Anstalten sie einzuführen seien. Ich bin überhaupt der Meinung, daß die ganze Frage noch lange nicht endgültig spruchreif ist, und daß sowohl die wissenschaftliche Erörte⸗ rung wie die praktische Durchbildung noch weiter geführt werden muß, als das zur Zeit möglich ist. (Sehr richtig!) Das schließt aber keineswegs aus, daß auf einer ganzen Reihe von Gebieten in der allerentschiedensten Weise die bessernde Hand schon jetzt angelegt werden kann. Daß eine centrale Stellung des deutschen Unterrichts auf unseren höheren Anstalten nothwendig ist, daß sie sofort eingeführt werden muß, das, glaube ich, werden Sie gewiß nicht bestreiten. Daß eine Beschränkung des Lehrstoffes nöthig und möglich ist, das werden Sie auch nicht hinwegleugnen wollen.
(Sebr wahr!) Daß man weiter unsere Jugend durch Ausbildung des Turnwesens, der freien Uebung der Körperkraft besser ausbildet, als dies bisher geschehen ist, das wollen Sie doch gewiß nicht ver⸗ hindern. (Bravo!)
Meine Herren, weiter, daß man unseren Lehrerstand in seiner äußeren, und ich sage wieder in seiner inneren Stellung schon jetzt kräftigt und da die bessernde Hand anlegt, das wollen Sie mir doch auch gewiß nicht verschränken. Und, meine Herren, Sie wollen das doch auch gewiß nicht abhängig machen — und damit komme ich jetzt auf den Ausgangspunkt der Rede des Hrn. Abg. Virchow — von der gesetzlichen Regelung der Reform des höheren Schulwesens. Ver⸗ fassungsmäßig erfordert ist ja auch diese Regelung, und ich erkenne die Pflicht, ihr zuzustreben, pure an. Aber ich glaube, es würde nach der Schilderung, die ich Ihnen eben gegeben habe, ein taktisch vollständig falscher Weg sein, jetzt mit der Reform des Volksschulwesens auch die gesetzliche Reform des höheren Schulwesens zugleich angreifen zu sollen. Ich würde denselben Weg dann gehen, den alle meine Vorgänger, die dies bereits versucht haben, gegangen sind; und ich würde vor allen Dingen nicht die Möglichkeit haben, wenn ich so lange an diesem Platze stehen sollte, dem⸗ nächst auch auf dem Gebiete des mittleren und des höheren Schulwesens die Erfahrungen zu verwerthen, die nach meiner Ueberzeugung erst ge⸗ macht werden müssen, um zu einer abschließenden gesetzlichen Fixirung der Materie zu gelangen. Ich bitte also, wenn ich in meiner Ein⸗ gangsrede auf die gesetzliche Regelung hingewiesen habe, diese doch be⸗ züglich der praktischen Durchführung nur zunächst auf das Volksschul⸗ wesen beziehen zu wollen. — Dafür habe ich mich erklärt, und ich kann die des höheren Schulwesens nur einer späteren Ausführung
vorbehalten. (Bravo!)
Abg. Seyffardt (Magdeburg) spricht seine Freude darüber aus, daß der Minister die Arbeiten der Kommission für das Volksschul⸗ gesetz berücksichtigen werde. Das Gesetz über die Mittelschulen sei im Ministerium weit genug vorbereitet, um bald vorgelegt werden u können. Eine Reform des höheren Schulwesens wollten Alle; er be sich, daß der Minister in Bezug auf die Komödie der Irrungen, welche die Schulkonferenz veranlaßt habe, das erlösende Wort ge⸗ sprochen habe. Die Ober⸗Realschulen hätten sich nicht bewährt; wenn die 80 bis 90 Realgymnasien dem Untergang geweiht sein sollten, dann würde das Bürgerthum nicht ruhig dazu sein. Auf die Einzelheiten einzugehen, werde Gelegenheit sein bei Berathung der kürzlich in der Unterrichtskommission berathenen Petition.
Abg. Dr. von Stablewski: Er spreche seine Genugthuung über die Worte des Ministers bezüglich der Ordensniederlassungen aus. Er bitte ihn aber, auch der Zulassung der Muttersprache für den Religionsunterricht sein Wohlwollen zu schenken. Möge er doch einmal einen Versuch der Verständigung in dieser Frag⸗ machen. Fürst Bismarck habe selbst zugestanden, daß er bei seiner inneren Politik feste Grundsätze nicht befolge. Es sei also unter ihm eine sogenannte wilde Wirthschaft gewesen. (Lachen rechts.) Aber — novus rerum nascitur ordo! Fürst Bismarck habe mit mechanischen Mitieln Nationalität, politische und religiöse Ueberzeugung zu bekämpfen gesucht und es werde eine Herkulesarbeit für die Regferung sein, die Reste dieser Politik zu beseitigen. Wenn bei aller Aufregung in polnischen Kreisen bei solcher Behandlung kein Gefühl der Reichsfeindschaft entstanden sei, wenn nichts an den Gefühlen für die Krone eingebüßt worden sei, so könne man sehen, welch ein Schatz von Gefühlen im Herzen der polnischen Bevölkerung ruhe, von Gefühlen, auf welchen Staaten und Throne am sichersten ständen. Glaube man denn, daß die Polen sich zu Rußland halten würden? Von Rußland trenne sie ein tiefer Abgrund, sie gravitirten nicht nach dem Osten, sondern nach dem Westen. Die Regierung möge ihre Politik gegen die Polen ändern; nicht durch Gewalt, sondern durch Gerechtigkeit würden Völker regiert. 1
Abg. Rickert: Schon nach Außen hin sollte es erwünscht sein, daß die Polen nicht immer gezwungen würden, die Versicherung zu wiederholen, daß sie den Eid auf die Verfassung, den sie geleistet hätten, auch halten würden. Diese Dinge sollten aus den Ver⸗ handlungen fern bleiben. Der Kultus⸗Minister habe die von ihm zu beobachtende Zurückhaltung erklärt; er werde es ver⸗ stehen, daß seine (des Redners) Partei sich ebenfalls zurückhalte und sich erst aus den Thatsachen ein Bild von seiner Thätigkeit verschaffen wolle. Die Bildung eines besonderen Unterrichts⸗Ministeriums sei dringend nothwendig; ein besonderer Unter⸗Staatssekretär dafür reiche nicht aus, denn verantwortlich bleibe immer nur der Minister. Daß die Realgymnasiasten noch immer nicht zum ärztlichen Studium zugelassen würden, solle an den Aerzten und ihren Vereinen liegen, welche sich dagegen wehrten. Müsse man denn auf diese Vereine eine so zärtliche Rücksicht nehmen? Die Realgymnasien hätten, trotzdem ihnen sehr viel Hindernisse in den Weg gelegt worden seien, das Ihrige geleistet. Die Erklärung des Ministers in diesem Punkte sei ein erheblicher Gewinn der heutigen Verhandlungen. Die Klagen über den schlechten deutschen Unterricht träfen allerdings auch die Schulen, aber sie seien hauptsächlich darauf begründet, daß die Kinder zu viel Anderes treiben müßten. Der Lehrstoff müsse beschränkt werden und die körperliche Ausbildung müsse vermehrt werden, damit die Jugendkraft zur Entwickelung komme. Die Volksschullehrer sollten in ihrer äußeren und inneren Stellung gekräftigt werden. Da müßten den Lehrern auch ihre verfassungs⸗ mäßigen Rechte wie jedem anderen Bürger gesichert werden. Diesem Standpunkt entspreche aber z. B. nicht eine Verfügung der Regie⸗ rung zu Kassel über die Theilnahme der Lehrer an den Lehrervereinen, in welchen die vorherige Einreichung der Tagesordnung verlangt werde. Er sei nicht der Meinung, daß Kirche und Schule nothwendig in einem Ressort vereinigt sein müßten; nicht bloß sei die Aus⸗ schließung des Religionsunterrichtes aus der Schule mit der Frage der Religion vereinbar, sondern auch von Seiten der Geistlichen werde die Befreiung von der Lokalinspektion verlangt. Er möchte den Kultus⸗Minister bitten, die Frage nicht als eine prinzipielle zu betrachten. Seine Partei wünsche, daß der Kultus⸗Minister immer in dieser ruhigen und sachlichen Weise diskutiren möge ohne Ansehen der Person und der Partei. 8
Die Debatte wird hierauf abgebrochen.
Schluß 4 ½ Uhr.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.
Der Gesundheitszustand in Berlin blieb in der Woche vom 19. bis 25. April ein günstiger und auch die Sterblichkeit die gleich geringe wie in der Vorwoche (von je 1000 Einwohnern starben, aufs Jahr berechnet, 18,2). Zahlreicher als in der vorhergegangenen Woche kamen akute Darmkrankheiten, besonders unter älteren Personen, zum Vorschein und endeten auch in einer größeren Zahl von Fällen tödtlich. Die Theilnahme des Säuglingsalters an der Sterblich⸗ keit war dagegen eine verminderte; von je 10 000 Lebenden starben, aufs Jahr berechnet, 59 Säuglinge. Erheblich seltener wurden akute Entzündungen der Athmungsorgane beobachtet, die auch vielfach einen milden Verlauf nahmen. — Die Infektionskrankheiten blieben meist in beschränkter Zahl. So kamen Erkrankungen an Unterleibstyphus selten, an Masern und Scharlach in fast gleich kleiner Zahl wie in der Vor⸗ woche zur Anzeige Auch Erkrankungen an Diphtherie zeigten sich seltener und in keinem Stadttheile in nennenswerther Zahl. Er⸗ krankungen an Kindbettfieber wurde nur 1 bekannt; Erkrankungen an rosenartiger Entzündung des Zellgewebes der Haut blieben selten.
8
Dagegen kam eine weitere Erkrankung an Genickstarre, sowie eine an
Pocken zur Kenntniß. Auch Erkrankungen an Keuchhusten wurden weniger zur Behandlung gebracht, nahmen jedoch häufiger einen ungünstigen Verlauf. Rheumatische Beschwerden aller Art zeigten sich gleichfalls erheblich seltener als in den Vorwochen. “
Verkehrs⸗Anstalten.
Laut Telegramm aus Köln ist die zweite englisge
Post über Ostende vom 4. d. M. ausgeblieben; rund:
Zugverspätung auf belgischer Seite.
Der Expreßzug der Canadischen Pacificbahn von Vancouver am Stillen Ocean legte, nach einer Mittheilung des „W. T. B.“, mit Reisenden des Dampfers „Empre; of India“, die auf einer Rundreise um die Welt begriffen waren, die 29.0 Meilen lange Strecke von dort nach Montreal in 3 Tagen 17 Stunden zurück. Die bisherige Dauer der Reise betrug 6 ½ bis 7 Tage. Die Reisedauer von Yokohama nach Montreal dauert jetzt genau 2 Wochen. Drei der Reisenden werden den Cunard⸗Dampfer in New⸗York er⸗ reichen und in London am 10. Mai, mithin nur 3 Wochen nach der Abreise von Yokohama, eintreffen. Die Canadische Pacificbahn be⸗ fördert zukünftig die nach und von Japan und China be⸗ stimmte britische Post mit obiger Beschleunigung.
München, 4. Mai. Die Arbeiten an der Legung des Kabels Berlin⸗München schreiten programmmäßig vor. Wie man der M. „Allg. Ztg.“ aus Bayreuth meldet, sind weitere 3 km des Kabels zwischen Berneck und Bindlach verlegt und ist die Unter⸗ dgee weißen Mains mit Ueberwindung großer Schwierigkeiten vollendet.
Bremen, 4. Mai. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Dampfer „Bayern“ ist heute, der Dampfer „Eider“ und der Dampfer „Saale“ gestern Nachmittag von Southampton abgegangen. Der Dampfer „Aller“ hat vorgestern Nachmittag die Heimreise von New⸗York angetreten, der Dampfer „Gera“ hat gestern St. Catharines passirt, der Dampfer Stettin“ ist heute Vormittag mit der Post für Australien, von Brindisi kommend, in Port Said eingetroffen. Der Dampfer „Hohenzollern“ ist heute von Port Said
abgegangen. 1
Hamburg, 4. Mai. (W. T. B.) Der Postdampfer „Rugia“ der Hamburg⸗Amerikanischen Packetfayrt⸗ Aktiengesellschaft ist, von Hamburg kommend, gestern Mittag in New⸗York eingetroffen. Der Postdampfer „Rhaetia“ derselben Gesellschaft hat, von New⸗York kommend, gestern Mittag Secilly passirt.
Triest, 4. Mai. (W. T. B.) Der LloyddampferHun⸗ 1 ist, von Konstantinopel kommend, gestern Nacht hier ein⸗ getroffen.
London, 4. Mai. (W. T. B) Der Union⸗Dampfer „Praetoria“ ist heute auf der Heimreise in Southampton augekommen. Der Union⸗Dampfer „Tartar“ ist heute auf der Ausreise in Lissabon angekommen. 8
Der Castle⸗Dampfer „Lismore Castle“ ist heute auf der Heimreise in Löondon und der Union⸗Dampfer „Arab“ auf der Ausreise in Capet own angekommen.
Theater und Musik.
In der Mittwochsvorstellung der Oper „Der Widerspänstigen Zähmung“ im Königlichen Opernhause singt Frl. Rothauser die Katharina, Hr. Bulß den Petrucchio. In der Aufführung des „Tannhäuser“ am Donnerstag sind die Damen Leisinger und Staudigl, die Herren Sylva, Stammer, Krolop und Ernst beschäftigt. Hr. Bulß singt den Wolfram.
Bei der gestrigen Wiederholung des „Don Juan“ im Kroll’schen Theater war der Andrang ein so großer, daß viele Hunderte von
Einlaß Begehrenden wegen Mangels an Platz zurückgewiesen werden
mußten Den Bemühungen des Direktors Engel ist es nun gelungen, Hrn. d'Andrade zu bestimmen, seine Abreise bis zum Ende der Woche zu verschieben. Es kann deshalb mit diesem Gaste am Donnerstag „Rigoletto“, am Freitag „Don Juan“ wiederholt werden. In der morgigen „Martha'⸗Aufführung wirken, außer Hrn. Birrenkoven als Lyonel, als Lady Frl. Schacko und als Nancy Frl. Finkenstein mit; den Plumket singt Hr. Dreßler, den Lord Hr. Krähmer.
Im Thomas⸗Theater findet das Benefiz für Hrn. Kapell⸗ meister Steffens, neueren Bestimmungen zufolge, nicht am Freitag, sondern erst am Sonnabend statt, und zwar zuͤgleich mit der fünfzigsten Aufführung des „Millionenbauers“. Am Sonntag geht auf vielseitige Wünsche „Der Registrator auf Reisen“ mit Emil Thomas in der Titelrolle in Scene. An diesem Tage wird auch der vollständig renovirte, mit elektrischem Lichte ausgestattete Sommergarten eröffnet, in welchem vor der Vorstellung großes Concert, ausgeführt von der Kaäpelle des Thomas⸗Theaters, stattfindet.
In der Wiener Hofoper gelangte am Sonnabend in einer Matinée durch Schauspieler des Burgtheaters die vieraktige Tragödie „Meister Manola“ von Carmen Sylva (Königin von Rumänien) zur ersten Vorstellung und erzielte, wie die „N. A. 88 meldet, einen großen Erfolg. Ein auserlesenes Publikum, zu dem Kaiser Franz Joseph und mebrere Mitglieder des Kaiserlichen Hauses gehörten, wohnte der Vorstellung bet und spendete nach den Akt⸗ schlüssen, besonders nach dem ersten, dritten und letzten, reichsten Bei⸗ fall. Als zum Schluß der Beifall immer wieder von Neuem laut wurde, dankte der Regisseur im Namen der Königlichen Verfasserin.
Mannigfaltiges.
Die Arbeiten zum Um⸗ und Erweiterungsbar des Weiße Saales im Königlichen Schlosse haben, wie die Nr*.⸗Z. mittheilt, nach der Uebersiedlung der Kaiserlichen Familie nach dem Neuen Palais bei Potsdam ihren Anfanz genommen. Die Erweiterung des Weißen Saales nach dem Hofe hinaus durch einen Galeriebau, der übrigens von unten auf emporgeführt wird, soll zehn Meter betragen. Vor⸗ läufig wird man längere Zeit mit den umfangreichen Fundirungs⸗ arbeiten zu thun haben.
Zu dem Bau der zweiten katholischen Garnisonkirche hat nach der „N. A. Z.“ die Heeresverwaltung sich jetzt für den im Südwesten der Stadt bei der Arndtstraße belegenen Chamissoplatz entschieden und den Magistrat ersucht, sich mit der Ueberlassung des benöthigten Platztheiles einverstanden zu erklären.
Eine große Feuersbrunst wüthete, wie die „N. A. Z.“ be⸗ richtet, e g anf dem Grundstück Bellealliancestraße 81, auf dem sich hinter dem Wohnzwecken dienenden Vorderhause die Cho⸗ koladensabrik von Hoffmann und Tiede befindet. Bereits Morgens um 5 Uhr wollen verschiedene Personen einen Brandgeruch wahrgenommen haben. Der Feuerwehr wurde der Brand des Fabrik⸗ gebäudes indeß erst nach 7 ¼ Uhr gemeldet. Das Feuer war im vierten Stock in der dort untergebrachten Buchbinderei und Kartonagen⸗ werkstatt ausgebrochen und hatte sich durch die Transmissionsöffnung auch dem dritten Stockwerk mitgetheilt, der theils als Lager⸗, theils als Fabrikraum dient. Beim Anrücken der Feuerwehr drang der Rauch bereits in dichten Wolken zum Dache heraus. Die Feuerwehr, die die Rohrleitungen von fünf Handspritzen und drei Dampfspritzen gegen den Herd des Brandes richtete, hatte erst gegen 1 Uhr in der Hauptsache das Feuer bewältigt, die volle Ablöschung und Aufräumung dauerte bis in die Nacht zum Montag. Vier Feuerwehrleute erhielten beim Löschen Verletzungen, die sie auf einige Zeit dienstunfähig machen. Das dritte und vierte Stockwerk, sowie der Dachstuhl, sind vollständig ausgebrannt. Die Fabrik war bei der Bayerischen Hypotheken⸗ und Wechselbank mit 164 000 ℳ versichert. — Gestern ist die in der Neuen Jakobstr. 6 belegene Holzwollfabrik von Löwenstein in der Zeit von 1 ¼ bis 2 Uhr Nachmittags vollständig niedergebrannt.
/
“
„ 1
Ein leidenschaftlicher Jäger muß ein Berliner sein, der
in dem Bericht der Herrenhaus⸗Kommission über den Entwurf eines Wildschadengesetzes erwähnt wird. Es wird nämlich in dem Bericht erzählt, daß ein Berliner Jagdliebhaber vor Kurzem einen Jasdbezirk von 3400 ha für jährlich 10 000 ℳ auf zehn Jahre gepachtet und
die ganzen 100 000 ℳ auf einem Brett vorausbezahlt habe; es sei dies nur geschehen, weil dort Gelegenheit zur Jagd auf Rothwild sei. Aehnliche Beispiele könnten zu Hunderten angeführt werden. Die Gelegenheit, Rothwild zu schießen, werde meist für jedes einzelne Stück mit 500 ℳ und mehr in der Pacht bezahlt.
„Zabrze, 2. Mai. Die „Schles. Z.“ schreibt: Das König⸗ liche Steinkohlenbergwerk Königin⸗Luisegrube feiert heute 88 einhundertjähriges Bestehen, ein Ereigniß, dem nicht nur Schlesien, ondern ganz Deutschland seine Theilnahme schenkt. Aus kleinen An⸗ fängen und unter mannigfachen Schwierigkeiten wurde dieses Steir⸗ kohlenbergwerk, das den hehren Namen der Königin Luise trägt, durch Wissen, Beharrlichkeit und Fleiß zu einer solchen Blüthe emporgebracht, daß es seines stolzen Namens würdig ist. Die Königin Luisegrube, die heute fast 9000 Arbeitern Beschäftigung und Lebensunterhalt giebt und eine jährliche Kohlenförderung von etwa 2 ½ Millionen Tonnen auf⸗ zuweisen hat, ist nicht nur das größte Steinkohlenbergwerk Preußens und Deutschlands, sondern des ganzen Kontinents überhaupt. Zugleich mit der Königin Luisegrube feiert die fiskalische Königsgrube zu Königs⸗ hütte das Fest ihres einhundertjährigen Bestehens. Um nun den zu erwartenden Vertretern der Behörden es möglich zu machen, bei beiden esten zugegen zu sein, ist für Zabrze der heutige Tag und der morgige für Königshütte als Festtag festgesetzt worden. In Königs⸗ hütte wird gleichzeitig auch für die Beamten der Königin Luisegrube das Jubiläumsfestessen stattfinden.
Wenngleich durch diese Eintheilung ein Haupttheil des Festes von Zabrze verlegt war, so gestaltete sich doch die hiesige Feier so schön und erhebend, daß sie allen Theilnehmern eine bleibende Erinnerung sein wird. Sehr imposant machte sich schon der Fackel⸗ zug der uniformirten Feuerwehr der Belegschaft, der gestern Abend den Vorgarten der hell illuminirten Berg⸗Inspektion, die Berg⸗ kapelle voran, durchzog, sich dann an der durch Lampions, Fackeln und Feuerwerk beleuchteten Händler'schen Brauerei vorbei auf der Kronprinzen⸗ und Lazarethstraße durch die Reihen der zum Theil durch geschmackvolle Transparente geschmückten, zum Theil durch Kerzenlichter oder bengalische Flammen beleuchteten Häuser bewegte und endlich unter den Klängen des schönen Bergmanns⸗ liedes: „Glück auf, Glück auf! Der Steiger kdommt, Und er hat sein Grubenlicht bei der Nacht schon angezündt“ an der Berg⸗ inspektion vorbei zum Ausgangspunkte zurückkehrte. Heute früh um acht Uhr trafen die Festgäste ein, die am Bahnhofe von dem Bergwerks⸗Direktor, Bergrath Vogel, und den Ober⸗ beamten der Königlichen Berg⸗Inspektion empfangen wurden. Im Auftrage des Ministers für Handel und Gewerbe war der Geheime Ober⸗Bergrath von Römer erschienen, und als Vertreter des König⸗ lichen Ober⸗Bergamts zu Breslau Berghauptmann Ottiliae, sowie die Hrrn. Ober⸗Bergrath Hiltrop und Assessor Ziemann. Bald nach der Ankunft dieser Herren in der Königlichen Berg⸗Inspektion wurden daselbst die schmucken Fahnen der Belegschaft mit klingendem Spiel unter Führung des Steigers Lange abgeholt.
Irnzwischen hatte sich die Belegschaft zum Kirchgang g ordnet, und zwar hatten sich die Mannschaften vom Ostfelde sowie diejenigen vom Krug⸗ und Prinz Schönaichschachtfelde an der Kronprinzenstraße in der Nähe des Westfeldes, und die vom Südfelde, vom Carnall⸗ schachtfelde und die evangelischen Mannschaften von dem so⸗ genannten Promenadenplatz hinter der Berg⸗Inspektion aufgestellt. Nachdem die Schachtfelderfahnen eingetroffen waren, bewegten sich die Züge unter Führung der Obersteiger und Werk⸗ führer den katholischen Kirchen in Zaborze und Zabrze und der protestantischen Kirche in Zabrze zu. In allen drei Kirchen fanden feierliche Festgottesdienste statt, welchen die Festgäste sowie sämmtliche Beamte der Berg⸗Inspektion beiwohnten. Nach dem Gottesdienste begaben sich die Belegschaften zur Parade⸗ aufstellung auf den mit Flaggenmasten umgebenen herr⸗ lich geschmückten Festplatz gegenüber dem Westfelde. Rund⸗ bögen, an denen man die Zahlen 1791 und 1891 angebracht hatte, dienten an dem westlichen wie an dem östlichen Ende des Platzes nach der Straßenseite hin als Zugänge; mitten zwischen den⸗ selben war das Podium für die Festgäste, die Behörden und Beamten⸗ familien angebracht. Davor erblickte man an der gegenüberliegenden Langseite zwei schlank aufragende Obelisken, deren Sockel die Bildnisse der verewigten Kaiser Wilhelm und Friedrich trugen, und zwischen diesen eine aus großen Steinkohlenblöcken hergestellte Grotte, aus der das Bildniß der hehren Pathin der Grube, umflossen von zwei herab⸗ stürzenden Wasserfällen, hervorleuchtete. Oben über der Grotte be⸗ fand sich auf einem Untersatz die Büste Seiner Majestät des Kaisers.
Um 12 Uhr trafen die Festgäste, begleitet von dem Werkdirektor und den Oberbeamten der Berg⸗Inspektion ein und nahmen die Parade ab. Ungefähr die Hälfte der Belegschaft war in drei Abtheilungen auf dem Platze aufgestellt; ein leiser Wind bewegte die Federbüsche der Schachthuͤte; die Fahnen flatterten, die Musikkapellen spielten — kurz, es war ein feierlicher Augenblick, der auf die Zuschauer einen großen Eindruck machte. Nachdem die Parade abgenommen war, trat Bergrath Vogel hervor, um in markigen Zügen ein Bild von der Entwickelung der Königin Luisegrube zu geben, dem wir die nach⸗ stehenden Mittheilungen entnehmen.
Der Graf von Reden als Leiter des Breslauer Ober⸗Bergamts war es, welcher den leitenden Staats⸗Minister Freiherrn von Heinitz im Jahre 1790 dafür gewann, daß auf Zabrzer Terrain Bohrungen auf Steinkohle vorgenommen wurden. Bald war ein Erfolg erreicht; am 24. November desselben Jahres konnte der Berggeschworene Isaae von Beuthen berichten, daß bei Zabrze ein 36 Zoll mächtiges, sehr reines Flötz — die Oberbank des Einsiedelflötzes erschürft worden sei. Bald begann auch mit einer Belegschaft von zwanzig Mann die Kohlenförderung, die sich auf 60 000 Scheffel im Jahre belief. In den nächsten Jahren mußte allerdings ein hartnäckiger Kampf mit dem stark eindringenden Wasser geführt werden, und es fand im Jahre 1800 am 18. Oktober die Eröffnung des Hauptschlüsselerbstollens statt, durch den die großen Wasserzuflüsse abgeleitet wurden. Im Jahre 1807 machte man diesen Stollen zur Belebung des Absatzes schiffbar. Zwei Jahre später wurde das Vor⸗ handensein der drei mächtigen Flötze Heinitz, Reden, Pochhammer fest⸗ gestellt und im Jahre 1811 erhielten diese Baue den Namen, welchen jetzt die ganze Grube trägt. Trotz der gesteigerten Produktions⸗ fähigkeit erlebte in dieser Zeit die Grube dennoch eine Zeit des Nieder⸗
anges, weil es ihr an Absatz mangelte, sodaß die Zahl der Belegschaft⸗ welche schon auf 106 gestiegen war, stark zurück⸗ ging. Da war es einerseits das große Verdienst des Geheimen Bergraths von Decken, der im Jahre 1837 den Plan zu einer Tiefbauanlage entwarf, und andererseits der glückliche Umstand, daß die Oberschlesische Eisenbahn 1846 eine Koksanstalt anlegte und damit der Grube neben der Gleiwitzer Hütte eine Abnehmerin sicherte, wodurch der Grube ein Emporkommen gesichert wurde. Seit dieser Zeit datirt der Aufschwung der Grube, und bei rascher Ent⸗ wicklung stellte es sich als unabweisbar heraus, eine neue Tiefbau⸗ anlage in Angriff zu nehmen. Im Jahre 1854 wurden nach dem Plane des Bergmeisters Prinzen Schönaich⸗Carolath die Schächte Carnall, Prinz Schönaich und von Krug abgeteuft, und bei der großen Ausdehnung des Werkes wurde ihm ein besonderer Betriebs⸗Oberleiter in der Person des jetzigen Geheimen Bergraths Meitzen gegeben. Unter seinem Nachfolger, dem jetzigen Ober⸗Bergrath Broja, wurde dann die groß⸗ artige Anlage in Poremba hergestellt. Hier befindet sich der tiefste Schacht der Grube mit einer fahrbaren Teufe von 340 m Und endlich kam unter dem Vorgänger des jetzigen Direktors, dem Ober⸗ Bergrath von Velsen die Guidogrube hinzu
„Nachdem Bergrath Vogel auf die große Bedeutung der Grube für Zabrze, Oberschlesien und die ganze Provinz Schlesien hin⸗ gewiesen hatte, dankte er der Staatsverwaltung für die Förderung der Interessen der Königin Luisegrube; darauf richtete er an die Belegschaft die mahnenden Worte, stets gewissenhafte Arbeiter des Werkes zu sein und den wohlmeinenden Absichten der Regierung zu vertrauen. Hieran schloß er den Wunsch, daß das zweite Jahrhundert gleich günstig wie das erste verlaufen möge, und schließlich brachte er die Glückwünsche der Ober⸗Bergräthe Broja und von Velsen zur Verlesung, die mit großem Beifall aufgenommen wurden. Nunmehr hielt Berghauptmann Ottiliae eine Ansprache, in welcher er auf die Bedeutung des Tages hinwies und daran die Mittheilung knüpfte, daß Seine Majestät der Kaiser Seinem Interesse an dem Jubiläum durch Verleihung von Orden und Ehrenzeichen Ausdruck gegeben habe. Der Rothe Adler⸗Orden vierter Klasse war verliehen: den Ober⸗Bergräthen Hiltrop und von Velsen, der Kronen⸗ Orden vierter Klasse dem Ober⸗Schichtmeister Hrabak und dem Ober⸗ steiger Erm, das Allgemeine Ehrenzeichen dem Steiger Julius Ko⸗ nietzko, den Aufsehern Dillig und Ritten und dem Häuer Karl Haus⸗ otter. Mit kurzen herzlichen Worten überreichte der Berghauptmann jede dieser Dekorationen. Darauf händigte er beglückwünschend Hrn. Arnhold die Ernennung“ zum Kommerzien⸗Rath ein, und nun brachte er ein dreimaliges Hoch auf den Aller⸗ höchsten Bergherrn, den Kaiser und König aus, in das die ganze Festversammlung jubelnd einstimmte. Sodann ergriff Geheimer Ober⸗Bergrath von Rönne das Wort, um im Auftrage des Handels⸗ Ministers dessen Bedauern darüber Ausdruck zu geben, daß es ihm nicht möglich sei, der Feier beizuwohnen, und um zugleich des Ministers, wie des Ober⸗Berghauptmanns Haisten und der Ministerial⸗ Räthe Glückwünsche auszusprechen. Hieran fügte er mahnende Worte, in welchen er betonte, daß bei einem größeren Gemeinde⸗ wesen allein die Ordnung zum Segen führen könne. Mit einem Glückauf auf die Beamten und Arbeiter der Königin⸗ Luisegrube schloß seine Ansprache. Darauf überreichte er im Auftrage des Ministers dem Obersteiger Rath und dem Maschinen⸗ meister Loch ein prächtig gearbeitetes Päckel. Nachdem dann Ober⸗ Bergrath Hiltrop mit beredten Worten dem Danke aller Ausgezeich⸗ neten Ausdruck gegeben, dabei besonders auf die Freude hingewiesen hatte, die Jeden erfülle, der für eine Grube des hehren Namens Königin Luise seine Pflicht gethan habe, und ein Hoch auf Seine Excellenz den Handels⸗Minister ausgebracht hatte, schloß die würdige und schöne Feier.
„Die Festgäste begaben sich nun mit den Geladenen zu einem Frühstück in die Inspektion, und um 4 Uhr Nachmittags begann für die Belegschaft das Freibier⸗Fest, das in den hübsch geschmückten Zechenhäusern und gemietheten Räumen gefeiert wurde.
Frankfurt a. M., 4. Mai. Die hiesige Strafkammer verurtheilte nach einer Meldung des „W T. B.“ den Redacteur Wiedmann in Stuttgart wegen eines in der „Frankfurter Zeitung“ erschienenen Artikels, durch den sich das Offiziercorps des württem⸗ bergischen Ulanen⸗Regiments König Karl beleidigt fühlte, zu zwei Monaten Gefängniß.
Eisleben, 3. Mai. Die Enthüllung des Denkmals für Friedrich König, den Erfinder der Schnellpresse, hat der „Modb. Z.“ zufolge heute Mittag stattgefunden. Das Denkmal ist in der Königstraße am Stadtgrabenpark errichtet: Auf einem Sockel von schwedischem Granit erhebt sich die von Schaper (Berlin) ge⸗ schaffene Bronzebüste König’'s; das Ganze schließt ein von dem Hof⸗ schlosser Puls (Berlin) gefertigtes Eisengitter ein.
Zweibrücken, 30. April. Am Dienstag fand hier die Grund⸗ steinlegung zu dem im großartigen Stil geplanten Waisenhause statt, welches aus Mitteln errichtet wird, die der Deutsch⸗Amerikaner Hr. Henry Hilgard⸗Villard, der Erbauer der Northern⸗Pacific⸗ Bahn, zur Verfügung gestellt hat. Veranlassung zu dieser reichen Spende war der „Frkf. Ztg.“ zufolge das im Juni v. J. in New⸗ Vork erfolgte Ableben des jüngsten Sohnes Hilgard's, was ihm den Gedanken eingab, zum Andenken an dieses Lieblingskind der Stadt, in der er Chrenbürger ist, das Kapital zur Erbauung eines Waisenhauses zuzuwenden, welches ohne Ansehen der Kon⸗ fession zur Aufnahme unbemittelter Waisen bestimmt sein soll. Durch die reich beflaggte Stadt bewegte sich um 11 Uhr der Festzug zu dem bereits im Bau begriffenen Hause, wo unter einem Zelt die Familie des Spenders und eine Anzahl Ehrengäste, hierunter der kommandirende General Ritter von PXylander, ver⸗ sammelt waren. Hr. Pfarrer Butters hielt die Festrede und verlas hierbei auch die Trauerrede, welche Karl Schurz am Grabe des Kindes Hilgard's im vergangenen Jahre in New⸗York gehalten hatte. Hr. Bürgermeister Hofrath Maäͤrcker weihte das Haus und sprach der Familie Hilgard’'s den Dank Namens der Stadt aus; Hr. Hilgard dankte für die ihm gewordenen Ehrungen und gab gleichzeitig die Versicherung, daß er auch ferner für die Erhaltung des Waisen⸗ hauses und die Pflege seiner Insassen in ausreichender Weise Sorge tragen werde. “ 8
Hamburg. Der „Hamb. Corr.“ schreibt: Am 12. Oktober 1892 sind 400 Jahre verflossen seit dem Tage, als Columbus mit seiner Flotte auf Guanahani landete und zuerst seinen Fuß auf
—
1. Untersuchungs⸗Sachen.
2. Aufgebote, Zustellungen u. dergl.
s. Unfall⸗ und Invaliditäts⸗ ꝛc. Fhersicherung. 4. Verkäufe, Verpachtungen, Verdingungen ꝛc. 5. Verloosung ꝛc. von Werthpapieren.
Oeffentlicher Anzeiger.
amerikanischen Boden setzte. Diesen Tag festlich zu begeben, rüsten sich alle Völker, und Deutschland wird nicht zurückstehen. Vor allen Städten Deutschlands erscheint jedoch Hamburg vermöge seiner regen Beziehungen zur Neuen Welt berufen, der Würdigung des Einflusses der Entdeckung Amerikas auf die große geistige Bewegung des 16. Jahrhunderts und diegesammte Entwickelung der Neuzeit Ausdruck zu geben. Auf Anregung des Vorstandes der hiesigen Geographischen Gesellschaft hat der Vorstand des Vereins für Kunst und Wissenschaft beschlossen, eine Amerika⸗Feier in großem Maß⸗ stabe zu veranstalten. Es haben schon mehrere Vorbesprechungen stattgefunden, bei denen Vorschläge für die Gestaltung der Feier ge⸗ macht wurden. Es ist beabsichtigt, Hrn. Bürgermeister Dr. Petersen zu bitten, das Ehren⸗Präsidium des Festes übernehmen zu wollen. Das Programm würde dann etwa folgendes sein: Dienstag, den 11. Ok⸗ tober 1892. Vormittags Festsitzung unter dem Vorsitz des Hen. Ehren⸗ Präsidenten im „Saale des Concerthauses Hamburg, Gebr. Ludwig, oder in der neuen Musikhalle des Zoologischen Gartens. — An⸗ sprache des Herrn Ehren⸗Präsidenten. — Begrüßung der Gäste durch den Vorsitzenden des Central⸗Ausschusses. Festrede. — Antwort eines Ehrengastes auf die Begrüßung. — Vertheilung der Festschrist. — Nachmittags: Festmahl mit künstlerischen Aufführungen in den entsprechend geschmückten Sälen des Sagebiel- schen Etablissements. — Mittwoch, den 12. Oktober 1892: Be⸗ flaggung der Stadt und des Hafens. — Vormittags: Enthüllung einer Columbus⸗Statue. — Versammlung der Festtheilnehmer und Eingeladenen auf dem Festplatze. — Gesang⸗Vortrag. Festrede und Enthüllung des Standbildes. — Im Anschluß: Rundfahrt durch den Hafen auf festlich geschmückten Dampfern. — Abends: Alsterfest. Illumination der Alsterufer. — Darstellung eines historischen Bildes auf der Alster. — Großes Feuerwerk. — Der Verein für Kunst und Wissenschaft gedenkt, zu einer Versammlung am Sonnabend, 23. Mai, eine größere Anzahl hiesiger Herren, die sich für die Sache inter⸗ essiren, zusammenzuberufen, um über die definitive Gestaltung des “ und die Organisation der Geschäftsführung zu erathen.
Karlsbad. Die durch die Hochwasserkatastrophe vom 24. No⸗ vember vorigen Jahres und deren Folgen der Kurstadt Karlsbad und ihrer Einwohnerschaft auferlegten Rekonstruktions⸗- und Sanirungs⸗ arbeiten sind vollständig beendet, und ist, wie alllährlich, am 1. Mal 1891 die Saison offiziell eröffnet worden. Sämmtliche Trink⸗, Kur⸗ und Badeanstalten stehen zur uneingeschränkten Be⸗ nutzung von Seiten des Publikums. Alle in Karlsbad ihre Praxis ausübenden Badeärzte sind bereits hier eingetrossen. Die regelmäßigen Concerte der Kurkapelle sowie die Vorstellungen im Stadt⸗Theater haben begonnen. Der Gesundheitszustand ist nach wie vor ein aus⸗ gezeichneter, und steht dem Besuche des Kurortes, dessen Frequenz seit dem 1. Januar dieses Jahres sich besonders lebhaft gestaltet hat, nichts entgegen. “ 8
Innsbruck, 2. Mai. Heute früh um 3 Uhr 13 Minuten wurde der „Frkf. Z.“ zufolge hier ein heftiger Erdstoß verspürt, der die meisten Leute aus dem Schlaf rüttelte. Gläser erklangen, Haus⸗ glocken gaben einen schwachen Ton von sich, Uhren blieben stehen, an einzelnen Plätzen wurden Bücher und andere Gegenstände umgeworfen. Einzelner Personen bemächtigte sich ein großer Schrecken, um so mehr, als gegen 2 ¾ Uhr ein schwächerer, aber immerhin noch ziemlich be⸗ deutender Stoß schon vorausgegangen war.
London, 3. Mai. Wie aus Chicago dem „D. B. H.“ gemeldet wird, mehren sich daselbst die Typhusfälle. Le Spitäler sind überfüllt und können die Kranken nicht mehr fassen. Die medizinischen Behörden schreiben die Epidemie der Verunreinigung des Trinkwassers durch das Kloakenwasser zu.
London, 4. Mai. Bei der Eröffnungsfeier der deutschen Ausstellung in London am 9. d. M. werden zwei deutsche Militärkapellen in Uniform concertiren. Wie „W. T. B.“ vernimmt, ist für die Dauer der Ausstellung den Musikcorps des deutschen Heeres die erforderliche Erlaubniß ertheilt worden, bei den Ausstellungs⸗Concerten in ihrer Uniform mitzuwirken.
Genua, 4. Mai. Der aus den La Plata⸗Staaten und Brasi⸗ lien hier eingetroffe Dampfer „Washington“ ist, wie „W. T. B.“ mittheilt, auf Anordnung des Ministers des Innern nach Asinara in Quarantäne geschickt worden, weil auf der Fahrt zwei Mann von der Schiffsmannschaft am gelben Fieber gestorben waren und ein Reisender daran erkrankt ist.
Lissabon, 3. Mai. Die Reisenden des deutschen Dampfers „Graf Bismarck“ hatten sich, wie der „N. sütschsn vteehg wird, in Folge des Umstandes, daß der Kapitän und sechs Reisende am gelben Fieber gestorben waren, einer strengen Quarantäne zu unterziehen. Der Dampfer, welcher von Brasilien kam, ist gestern nach Bremen abgefahren.
New⸗York, 30. April. Die projektirte Brücke über den Hudson zwischen New⸗York und New⸗Jersey wird einer Verfügung des Kriegs⸗Ministeriums zufolge eine Höhe von 150 Fuß erhalten und dürfte die größte der Welt werden. Es sollen auf ihr zehn Ge⸗ 1 für den Eisenbahn und vier für den Pferdebahnverkehr gelegt
erden.
New⸗York. Es gilt, dem „R. B.“ zufolge, für wahrscheinli daß das britische Schiff „Lansdowne“, 2 12. Vrlober 89 Hakodate in Japan mit einer Ladung Schwefel hierher abgegangen, mit Mann und Maus untergegangen ist. Auf dem Schiff befanden sich der Kapitän Newcomb, dessen Frau und eine 30 Köpfe starke Bemannung. Man glaubt, daß das Schiff in den chinesischen Ge⸗ wässern einem Taifun zum Opfer gefallen sei.
New⸗ York, 3 Mai. Im Staate New⸗Hampshire fand nach einer Mittheilung des „H. T. B.“ gestern ein Erdbeben statt, welches zwanzig Minuten andauerte.
St. Johns (Neufundland), 2. Mai. Die schwedische Bark »Helga“ scheiterte, wie „W. T. B.“ meldet, in der vergangenen Nacht während dicken Nebels bei den Renew Islands. Von der 9 1S8c Personen bestehenden Bemannung fanden elf in den Wellen en Tod.
6. Kommandit⸗Gesellschaften auf Aktien u. Aktien⸗Gesellsch. 7. Erwerbs⸗ und Wirthschafts⸗Genossenschaften. ““ 8. Niederlassung ꝛc. von Rechtsanwälten.
9. Bersis ens eite
10. Verschiedene Bekanntmachungen.
1) Untersuchungs⸗Sachen.
[8240) Offenes Strafvollstreckungsersuchen. Gegen den Einlieger Herrmann Gomolka aus Ludwigsthal, zuletzt in Psaar wohnhaft, welcher sich verborgen hält, soll eine durch Urtheil des Königlichen Schöffengerichts zu Ventches vom 28. November 1890
[8241]
wegen vorsätzlicher gefährlicher Körperverletzung erkannte substituirte Gefängnißstrafe von zwei Tagen vollstreckt werden. Es wird ersucht, denselben im Betretungsfalle zu verhaften und an die nächste Gerichtsbehörde, welche um Vollstreckung der Ge⸗
fängnißstrafe und Nachricht zu den Akten D. 346/90 ergebenst ersucht wird, abzuliefern. Lublinitz, den 29. April 1891. Königliches Amtsgericht.
Gegen den wegen Sittlichkeitsverbrechens durch Urtheil des unterzeichneten Gerichts vom 13. März 1891 zu einer Gefängnißstrafe von einem Jahre ver⸗ urtheilten Müller Franz Suff, geboren am 8. April 1833 zu Köttmannsdorf bei Bamberg, zuletzt wohn⸗ haft in Lorch, wird die Beschlagnahme seines im Deutschen Reiche befindlichen Vermögens angeordnet.
Wiesbaden, den 21. April 1891.
Königliches Landgericht, Strafkammer II. Capell.
[8257]
Beschluß.
Keim. Dr. Otto. . 40, versteigert werden.
2) Aufgebote, Zustellungen e Gecgnd⸗ane ude ucher zur heundstenet nach und dergl.
Zwangsversteigerung.
Im Wege der Zwangsvollstreckung soll das im Grundbuche von der Königstadt Band 98 Blatt 4805 Nr. 42, auf den Namen des Zimmermeisters Paul Tieke und des Bauunternehmers Adolph Veit hierselbst eingetragene, in der Pallisadenstraße Nr. 66/67 und Koppenstraße belegene Grundstück am 22. Juni 1891, Vormittags 10 ½ Uhr, vor dem unter⸗ zeichneten Gericht an Gerichtsstelle, Neue Friedrich⸗ straße Nr. 13, Hof, Flügel C., Erdgeschoß, Saal Das Grundstück ist
Steuerrolle, beglaubigte Abschrift des Grund⸗ G buchblatts, etwaige Abschätzungen und andere das Grundstück betreffende Nachweisungen, sowie
besondere Kaufbedingungen können in der Ge⸗ richtsschreiberei, ebenda, Flügel D., Zimmer eingesehen werden. Alle Realberech⸗ tigten werden aufgefordert, die nicht von selbst auf den Ersteher übergehenden Ansprüche, deren Vorhandensein oder Betrag aus dem Grund⸗ buche zur Zeit der Eintragung des Versteigerungs⸗ vermerks nicht hervorging, insbesondere derartige Forderungen von Kapital, Zinsen, wiederkehrenden Hebungen oder Kosten, spätestens im Versteigerungs⸗ termin vor der Aufforderung zur Abgabe von Ge⸗