1891 / 111 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 13 May 1891 18:00:01 GMT) scan diff

Der Polizei⸗Präsident erläßt folgende Bekanntmachung:

s ist mehrfach festgestellt worden, daß als „getrocknete ö hefac fesag nicht echte Morcheln, sondern die ihnen äußerlich ähnlichen Lorcheln feilgehalten werden, deren Genuß, be⸗ sonders wenn denselben alte, ausgewachsene, wurmstichige 8 faule Exemplare beigemengt sind, leicht für die Gesundheit gefährliche Folgen haben kann. Ebenso werden als „getrocknete Cham⸗ pignons“ außerordentlich häufig nicht diese, sondern die zer⸗ schnittenen Stiele und Hüte des Steinpilzes nach Entfernung der Röhrenlamellen verkauft, welchen gelegentlich auch giftige Pilze, wie der „Hörnling“, der „Knollenblätterschwamm“ und andere beigemengt sind. Es wird daher die größte Vorsicht, nicht nur beim Einsammeln, wobei alle verdorbenen und schädlichen Exemplare fern⸗ zuhalten sind, sondern auch für den Genuß derartiger Pilze anzuwenden sein; es empfiehlt sich, die frischen wie die getrockneten Pilze vor der Zubereitung durch kochendes und kaltes Wasser zu reinigen und eventuell aufzufrischen, um alsdann alle ungesund aussehenden Stücke zu ent⸗ fernen. Hierbei sei bemerkt, daß das Fleisch des eßbaren Steinpilzes nach dem Trocknen weiß bleibt, während seine gefährlichen Nebenarten

blau zu werden pflegen.

ie versuchsweise eingeführte neue Einrichtung der Großen Berlee eeel. die Sitzbänke der Wagen durch Messing⸗ stangen in der Mitte zu theilen, hat sich bei mehreren seit einigen Monaten in Dienst gestellten Probewagen so trefflich. bewährt, daß nach einer Mittheilung der „N. Pr. Z.“ nun sämmtliche Wagen der Großen Pferdebahn in dieser Weise umgeändert werden sollen.

4 . 8 5 *2 Mb Dlan vor die Pots⸗

Wie die „Nat.⸗Ztg.“ erfährt, liegt der P 1 damer⸗Brücke als eine Doppelbrücke herzustellen, und zwar derart, daß die eine im Zuge der Victoria⸗, die andere im Zuge der Potsdamerstraße gelegt wird und sich beide am jenseitigen Ufer ver⸗ einigen.

itzsch, 11. Mai. Die in der Nähe der Stadt gelegene cea eseeebeealenn ist vorgestern bis auf die Umfassungs⸗ mauern niedergebrannt. Das Feuer soll durch die Explosion von Gasen entstanden sein. Zwei Menschen sind, der „Magdeb. Ztg. zufolge, dabei zu Grunde gegangen. Es erwiesen sich alle Löschungs⸗ arbeiten als vergeblich.

öln, 12. Mai. Die „Köln. Volks⸗Ztg.“ meldet: In Ott⸗ peti8s hed e. ein Bergrutsch statt, wodurch in der Brauerei Welber 15 000 Liter Bier ausgelaufen sind. Verluste an Menschen⸗ leben sind nicht zu beklagen. Heute Nachmittag hat im Brohl⸗ thal ein Wolkenbruch stattgefunden, wobei der Grubenaufseher in Tönnisstein ertrank.

stock, 11. Mai. Am 8. d., Abends zwischen 10 und 11 Uhr, W der „N. Pr. Ztg.“ mitgetheilt wird. hier ein schönes Nord⸗ licht beobachtet, dessen höchste Strahlen sich bis etwa 45 0 über den Horizont erstreckten. Da der Himmel theilweise bedeckt war, so kam die Erscheinung, die nicht das in unseren Gegenden gewöhnlich be⸗ obachtete röthliche Licht, sondern eine helle, weißgelbe Färbung zeigte, nicht voll zur Geltung. Die oberen Theile der Strahlenkronre zuckten und flammten wie lohende Feuerflammen: eine Eigenthümlichkeit, die an Nordlichtern nicht selten wahrgenommen wird.

ösen, 11. Mai. Der Sohn des Lehrers Eckert aus Naum⸗ bvrg der „Mgdb Ztg.“ zufolge, am Sonntag Abend bei seinem Heimgange von der Rudelsburg von einer steilen Felsenwand herabgestürzt und in Folge dessen nach wenigen Stunden ver⸗ storben. Der Fall erregt allgemeine Theilnahme.

etz, 12. Mai. Nach den bisherigen Ermittelungen ist laut Melbnnc dan „W. T. B.“ der Ermordung des Oberst⸗ Lieutenants Prager vom Kgl. Sächs. Fuß ⸗Artillerie⸗Regiment Nr. 12 ein Mann dringend verdächtig, der früher als Soldat im 33. Feld⸗Artillerie⸗Regiment gedient, als Offiziersdiener in dem vom Oberst⸗Lieutenant Prager bewohnten Hause gewohnt hat und im Oktober 1890 desertirt ist. Der Mann ist nach der That über Luxemburg nach Antwerpen geflohen und hat sich dort mit einer Frauensperson über Southampton nach Amerika eingeschifft.

London, 12. Mai. Die Deutsche Ausstellung wurde am Sonnabend, dem Eröffnungstage, von mehr als 22 000 Personen besucht. Wie die „A. C.“ berichtet, lieferte die jüngste Erwerbung

des Deutschen Reiches, die Insel Helgola nd, den Vorwurf zu einem Frescogemälde, mit welchem der General⸗Direktor der deutschen Ausstellung Hr. Whitley zur Zeit die Wände des zwischen dem Prinzenpavillon und dem Damenempfangssaal gelegenen „Willkommen⸗

Clubs“ schmücken läßt. gg 1

Lis sabon, 12. Mai. Der „Times“ wird gemeldet, daß gestern Abend um 11 Uhr eine auf eine Fensterbank des Ministeriums des Innern gelegte Bombe explodirte, gerade als eine Sitzung des Finanzcomitss in dem Ministerium abgehalten wurde. Das Steinwerk wurde stark beschädigt. Das Gebäude wurde sofort umzingelt und zwei Weiber verhaftet.

Odessa. Das General Radezki⸗Denkmal in Odessa soll, wie russische Blätter berichten, am 27. Mai enthüllt werden. Dieser Tage ist bereits die lebensgroße Bronzefigur des Denkmals aus Moskau, wo sie in der Gießerei von Postnikow u. Co. bergestellt wurde, nach Odessa abgeschickt worden. Der berühmte General ist als altrussischer Streiter in Panzerhemd und Helm dargestellt.

Petrosawodsk. Vom jenseitigen Ufer des Onega⸗Sees kamen, wie man der „St. Pet. Ztg.“ meldet, die Bauern noch am 9. Mai auf Schlitten über das Eis des Sees nach Petrosawodsk.

Rom, 13. Mai. Das Anwachsen der Flüsse bat, wie „W. T. B.“ mittheilt, in Folge des schönen Wetters nachgelassen.

Mailand. Aus Mailand wird dem „Bund“ geschrieben: Hier ist die prächtige internationale Ausstellung für Kinder⸗ spielwaaren und Ausstellung für Kinderbygiene und Erziehung eröffnet worden. Die Gebäulichkeiten, welche von dem berühmten Architekten Broggi im schweizerisch⸗russischen Villenstil erstellt wurden, erheben sich inmitten eigens geschaffener wundervoller Gartenanlagen auf einem Areal von 56 000 am, unfern dem Nord⸗ bahnhof auf dem alten Kastellplatz. Die deutsche Industrie ist

durch etwa 30, die französische durch 5 bis 6 und die italienische

durch alle inländische Firmen vertreten und bietet in Bezug auf Eigenartigkeit und Mannigfaltigkeit der Gegenstände ganz Hervor⸗ ragendes. Wer;: hier für die nächsten Weihnachtsfeste Ein⸗ käufe für Kinder machen will, findet Alles, was Phantasie und Kunst⸗ fertigkeit zu schaffen im Stande war, um Kinderherzen zu entzücken. Die Gartenanlagen, durch zwei Spezialisten, die Grafen Castelbarco

und Alemagna, geschaffen und durch eine jener in Paris 1889

so sehr bewunderten „Fontaines lumineuses“ geschmückt, sind das Rendezvous aller Fremden. Außer diesen zwei Ausstellungen wird dem Reifenden, welcher im Mai nach Ober⸗Italien kommt, in Mai⸗ land noch viel des Anziehenden geboten werden. Ein Wettrennen mit einem ersten Preis von 50 000 Fr. ist angesagt, Kinderfeste, Blumen⸗ corso, eine auß rordentliche Esposizione di belle arti in der Brera, Wettkämpfe in der Arena u. s. w. werden Tausende und aber Tau⸗ sende nach Mailand locken.

Bern, 11. Mai. Aus Innertkirchen im Berner Oberland gehen dem „Oberland“ ausführliche Berichte über Lawinenfälle zu, die in den letzten Tagen stattgefunden haben. So haben sich der ganzen Mährenhornkette entlang, vom Wilerstock bis zum Flöschen⸗ horn, wohl über ein Dutzend größere Lawinen losgelöst, alle mehr oder weniger Schaden bringend. Aehnliches Lawinen⸗Unglück, wie von Innertkirchen, wird in zwei Correspondenzen aus Gadmen ge⸗ meldet: Am 30. April, Abends etwa um 5 Uhr, löste sich eine ge⸗ waltige Schneelawine am sogenannten grauen Stock, stürzte mit donnerähnlichem Getöse in das Thal und richtete dasel bst an Pflanzäckern bedeutenden Schaden an. Auch riß sie zwei Scheunen weg und auf dem Platz der einen ließ sie haushohen Schnee zurück. Einer dritten, dem Melchior Steudler angehörend, ging sie so nahe, daß die Zuschauer jeden Augenblick meinten, diese müsse sammt dem Vieh ebenfalls ver⸗ nichtet werden. Leute, die auf der entgegengesetzten Thalseite be⸗ schäftigt waren, mußten die Flucht ergreifen und suchten Schutz binter großen Steinen. Wäre die Thalsohle nicht schneefrei ge⸗ wesen, so hätte großer Schaden entstehen müssen. Die Schnee⸗ masse in dem Gebirge ist ungeheuer, sodaß noch viele Katastrophen zu gewärtigen sind. Am 2. Mai, als die Sonne in den Gebirgen strahlte und ein warmer Föhnwind wehte, fing es wieder an zu krachen. Doch der Hauptsturz erfolgte Nachmittags 3 Uhr vom sogenannten Flöschen⸗ horn herunter. Mit fürchterlichem Krachen schoß die ungeheure Staub⸗ lawine dem Thale zu und vernichtete auf ihrer Fahrt in wenigen Sekunden

ein bedeutendes Stück des schönsten Gemeindewaldes, als wäre es ein Saatfeld. Weiter unten ging es einem Privatwäldchen nicht besser. Gerade als diese Lawine sich endlich beruhigt, gab es an einem anderen Orte einen dumpfen Knall gleich einem Kanonenschuß. Vom Mährenhorn kam ein zweites solches Ungethüm, dem Thale einen Besuch abstattend. Auf ihrer Reise nahm sie einen jungen Ahorn⸗ und Ilmen wald mit sich. Damit aber noch nicht genug: Am andern Morgen löste sich abermals eine Lawine von der Worbisegg herab, welche wieder das schönste Land überdeckte und jedenfalls ziem⸗ lichen Schaden angerichtet hat. Auch demolirte sie sämmtliche Hütten auf dem Staffel Speicherzerg. Im oberen Theile des Thales, im eigentlichen Gadmen, sind ähnliche Unfälle vorgekommen.

Rew⸗York, 11. Mai. In Mittel⸗Michigan brennen nach der „Madb. Ztg.“ mehrere Wälder. Auch einige kleine Städte sind bereits vernichtet, andere schweben in großer Gefabr. Die Eisenbahnbrücken und Telegraphenleitungen sind zerstört, sodaß die Verbindung mit dem Norden unterbrochen ist. In einer Aus⸗ dehnung von 130 Meilen von Osten nach Westen verwandeln dichte schwarze Rauchwolken den Tag in Nacht. Die Einwohner flüchten mit ihrer Habe. Alle Anstrengungen, die Waldbrände zu löschen, waren bisher fruchtlos.

New⸗York, 12. Mai. Nach weiteren Nachrichten über das Eisenbahnunglück bei Coudersport (vergl. Nr. 110 d. Bl.) sind nach einer Meldung des „W. T. B.“ im Ganzen etwa dreißig Personen unverletzt davongekommen; die Zahl der Vermißten beträgt sieben, ebenso hoch wird die Zahl der in den Flammen Umgekommenen beziffert.

Japan. Im vorigen Jahre hatte bekanntlich der Sultan Abdul Hamid das türkische Kriegsschiff „Ertogrul“ nach Japan entsendet, um dem Mikado verschiedene Geschenke und Dekorationen zu überbringen. Auf der Rückfahrt ging das Schiff durch einen Sturm in den ostasiatischen Gewässern mit der ganzen Bemannung zu Grunde. Nun ist das Wrack des „Ertogrul“, wie die „Frkf. Ztg“ japanischen Blättern entnimmt, gehoben worden. Man fand im Meere eine Masse Waffen, einen Theil der vb; die der Mikado an den Sultan gesendet hatte, den japanischen 2 rden, den Osman Pascha, Kommandant der Fregatte, erhalten Uhren u mehrere andere Sachen. 8

Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.

Triest, 13. Mai. (W. T. B.) In Privatbriefen von Kaufleuten aus Korfu, welche das hiesige „Tageblatt“ veröffentlich, wird die Lage in Korfu als trostlos geschildert. Die Behörden erwiesen sich als vollständig machtlos. Auch aus Zante lauten die Nachrichten sehr ernst. Der Versuch einer Volksmenge, in das Judenviertel einzudringen, der am ersten Oster⸗ feiertag durch die Polizei unter Anwendung von Waffengewalt verhindert worden sei, habe sich einige Tage später mit Erfolg wiederholt; hierbei seien mehrere Läden geplündert und viele Juden mißhandelt worden.

Rom, 13. Mai. nme troffenen Bestimmungen wird der Papst das nächste ge⸗ heime Konsistorium am 1. Juni, das öffentliche am 4. Juni abhalten. 1

Brüssel, 13. Mai. (W. T. B.) Nach den hier vor liegenden Nachrichten aus Mons und Lüttich hält die Besserung der Lage in den Strikegebieten auch heute an. Namentlich aus letzterem Orte wird gemeldet, daß sämmtliche Arbeiter bei der Société de Selessin und der Société anonyme de construction de la Meuse die Arbei wieder aufgenommen haben. In Gent herrschte gestern vollkommene Ruhe.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)

2 8

Wetterbericht vom 13. Mai, Morgens 8 Uhr.

im.

2112

V Wind. Wetter.

V

Mullaghmore SW A Regen Aberdeen. 765 SSW 2 bedeckt Christiansund 759 WNW 2 Nebel Kopenhagen. 764 WNW 2 wolkig Stockholm. 757 SW 1 wolkig aparanda. 755 SW 2 halb bed. oskau. . . 761 still wolkig

Cork, Queens⸗ town. .. 770 NW Brest 766 NW 1 wolkenlos elder. 765 NNW 1 wolkenlos 765 S 1 heiter 765 1 wolkenl. ¹) 765 1 wolkenlos Neufahrwasser 764 1swolkenlog Memel 17764 lswolkenlos 11 Paris 756 2wolkenlos 16 Münster. 764 2 wolkenlos 13 Karlsruhe.. 764 NO 2 halb bed.2) 15 Wiesbaden. 764 NRO wolkenlos 15 München .. 764 N 1 wolkenlos 214 Chemnitz .. 764 still wolkenl. ²=) Berlin. Q760 N wolkenlos 13 u.7763 NNW wolkenlos 15 764 O halb bed. 14 765 NW FZ beiter 14 761 HO wolkig 18 pfeil. 760 ONO heiter 21

Stationen.

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stein’s Tod.

¹) Dunst. ²) Nachmittag Gewitter. *) Thau, Dunst.

Uebersicht der Witterung.

Der Luftdruck ist über Mittel⸗Europa hoch und Miß Helyett.

Deutsch von Richard 16e. ist derselbe auf dem Oeean westlich von Irland, von G. Aadranh⸗ sch von Richard Gense Der Garten ist eröffnet.

am niedrigsten, unter 745 mm, über Nordscandi⸗ novien. Das Wetter ist in Deutschland still, warm,

efallen. Die Nachmittagstemperaturen erhoben ch gestern mehrfach auf über 25 Grad.: Deutsche Seewarte.

Fheater⸗Anzeigen. =— AKösnigliche Schauspielt. Donnerstag: Overn⸗ von Fe scehk ad Rüch. Grnüsche Phessetean .lten

haus. 5 120. Vorstellung. Die Zauberflöte. Oper in 2 Akten von Mozart. Text von Schikaneder. Dirigent: Kapellmeister Kahl. Anfang 7 Uhr. Schauspielhaus. 126. Vorstellung. Ein Schritt vom Wege. Lustspiel in 4 Aufzügen von Ernst 7 U Wichert. Anfang 7 Uhr.

Freitag: Opernhaus. 121. Vorstellung. Carmen. Oper in 4 Akten von Georges Bizet. Henry Meilhac und Ludovic Halévy, nach einer ö“ Novelle des Prosper Mérimée. Taglioni. Anfang 7 Uhr.

Reiche der Mütter. Lustspiel in 1 Auf Wilhelm Herzen. 8t

Beutsches Theater. Donnerstag: Die in der man sich langweilt.

Freitag: Faust I. Theil.

Sonnabend: Sonntag: Faust’s Tod.

Berliner Thrater.

15 Anfang 7 ½ Uhr. 1 Freitag: 36. Abonnements⸗Vorstellung. Wallen⸗

1 6“ Tesstug-Theater. Donnerstag: Der Probe⸗ Freitag: Thermidor.

in 4 Akten von Sigmund Schlesinger.

Wallner-Theater. Donnerstag: Zum 61. Male:

Genée.

Freitag: Dieselbe Vorstellung. Tert von Große Militär⸗Früh⸗Concerte.

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Anfang 7 Uhr.

zug von Sigmund Schlesinger. 4.

Die Kinder der E cellenz.

1

1 . I. Sonnabend: . 8 . LESLeehmann. Lucretia Borgia.

fang 5 ½, der Vorstellung 7 Uhr.

8

Bei günstigem Wetter Großes Früh⸗Concert im

Sommergarten. Anfang 5 Uhr.

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AE11“ ECECMuarl Tellheim.

Adolph Ernst-Theater. 11 Donnerstag: Zum 88. Male:

87 riedrich-Wilhelmstädtisches Donnerstag: Nanon. Komische Operette in 3 Akten Anfang 7 ½ Ubr.

Im prachtvollen Park: Große Militär⸗Concerte. e

Auftreten von Gesangs⸗ und Instrumentalkünstlern.

Anfang des Concerts 6 Uhr, Anfang der Vorstellung hr

Sonntag und Montag (1. und 2

Residenz-Theater. Direktion: Sigmund Lauten⸗

Schauspielhaus. 127. Vorstellung. Der Winkel⸗ burg. Donnerstag: Zum 20. Male: Dr. Jojo. Reisen.

schreiber. Lustspiel in 4 Aufzügen nach einer Idee Schwank in 3 Akten von Albert Carré.

z . interfeld. TW : Im von Carl Lindau. Regie: Emil Lessing. des Terenz von A. von Winterfeld Im zum 2h. Male; wer pas Grdhern wüche veser X“X“ Eö“ bgs Am Landes⸗Ausstellungs ⸗Park (Lehrter Bahnhof).

Freitag und folg. Tage: Dieselbe Vorstellung.

Kroll's Theater. Donnerstag: Erstes Gast⸗ spiel von Fr. Marcella Sembrich. Lucia von Lammermor. (Lucia: Fr. Sembrich.)

Freitag: Das Nachtlager in Grauada. Letztes Gastspiel von Fr. Lilli

iee. 55 Täglich, Abends bei brillanter elektrischer Beleuch⸗ Donnerstag: Goldsische. tung Cehe e „Großes Concert“. An⸗

Belle-Alliance-Theater. Donnerstag: Zum

8 SSErs2eF b spiel 25. Male: Der Giftmischer. Schwank in 4 Akten Sonnabend: Zum ersten Male: Derby. Lustspiel nach dem Französischen von Frit Brenkano und

Im prachtvollen, glänzenden Sommergarten (vor⸗ nehmstes und großartigstes Sommer⸗Etablissement der Residenz): Großes Doppel⸗Concert. iftret Vaudeville in 3 Akten von Maxime sämmtlicher Spezialitäten. Brillante Illumination Berlin: Musik des ganzen Garten⸗Etablissements. Anfang des Con⸗ Berlin: certs 6 Uhr. ehcx 4 4 n ettits 3 Am 1. und 2. ngstfeiertag: Große itär⸗ 2 deutschen Bꝛ 1 Derktas⸗ 1 hlan Bei günstiger Witterung vor der Vorstellung: Früh⸗Concert und Theater⸗Früh⸗Vorstellung. Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags heiter und trocken; nur in den südlichen Gebiets⸗ Großes Garten⸗Concert. Anfang des Conxerts theilen, wo vielfache Gewitter stattfanden, ist Regen 6 ½ Uhr, der Vorstellung 7 ¾ Ubr. Freitag und folgende Tage: Miß Helyett. (Vorletzte Woche.) 8 Adam und EvaH. 8 2 Gesangsposse in 4 Akten von Eduard Jacobson und der Sommer⸗Fahrplan für den Bezirk der

und Leopold Ely. Couplets von Jacobson und Gustav! Königlichen Eisenbahn⸗Direktion Brom berg. . 8

Der unselige Toupinel. Parodistische Einlage

Freitag: Dieselbe Vorstellung Der Sommer⸗Garten ist geöffnet. 9 I 11“

Thom Alte Jakobstraße 30.

Donnerstag: Zum 49. Male: Der Registrator

- 4 Pfingstfeiertag): auf Reisen. Posse mit Gesang in 3 Akten von 8 Pfingstfeiertag Musik von Bial

A. L'Arronge und G. v. Moser. und G. Steffens. Anfang 7 ½ Uhr. Vorher: Garten⸗Conce’ t.

Deutsch Vorher

klrania, Anstalt für volkathümliche Naturkunde.

Geöffnet von 12 11 Uhr. Täglich Vorstellung im nislisichofälichee Theater. zettel.

Familien⸗Nachrichten.

Verlobt: Freiin Katharina v. Puttkamer mit Hrn. Max Jobst (Berlin —Hannover). Frl. Therese Lücke mit Hrn Dr phil. Friedrich Staats (Schlesswitz Breslau).

Sonntag und Montag (lI. und 2. Pfingstfeiertag): Verehelicht; Hr. Dr. Jul. Keuller mit Frl. Ira

Stuhrhahn (Bielefeld). 1t 8 Geboren: Ein Sohn: Hrn von Lowtzow⸗ Rensow (Rostock.) Eine Tochter: Hrn. Pastor Johannes Hoppe (Blumberg bei Kasekow). Gestorben: Hr. Major a. D. Vernhard von Sanden (Freienwalde a. O.). Fr. Charlotte von Wilcke, geb. Schmidt (Wolkramshausen). Hr. Reg.⸗Baumeister Wilhelm Nerenz (Berlin).

Auftreten

Redacteur: Dr. H. Klee, Direktor.

Verlag der Expedition (Scholz).

Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.

Sieben Beilagen e(eeinschließlich Börsen⸗Beilage),

(W. T. B.) Nach den nunmehr ge⸗

Theater. Görß. Musik von Adolph Ferron. Im 4. Akt:

Freitag: Zum 50. Male: Der Registrator auf

Näheres die Anschlag.

dieselbe Zusammensetzung habe,

chs⸗

Deutsches Reich.

Nachweisung der Einnahme an Wechselstempelsteuer im Deutschen Reich für die Zeit vom 1. April 1891 bis zum Schlusse dieses Monats.

2. 3.

; Einnahme Einnahme in demselben

im Monat Zeitraum des . Vorjahres April 1891

Ober⸗Post⸗Direktions⸗ Bezirke. (Spalte 2)

Im Reichs⸗Post⸗ Gebiet:

1) Königsberg

2) Gumbinnen.

3) Danzig

4) Berlin

5) Potsdam.

6) Frankfurt a. O.

7) Stettin

8) Köslin

9) Posen .

10) Bromberg

11) Breslau.

12) Liegnitz

13) Oppeln ..

14) Magdeburg.

15) Halle a. S. .

16) Erfurt

17) Kiel

18) Hannover

19) Münster.

20) Minden

21) Arnsberg.

S EKeäöäö

23) Frankfurt a. M.

24) Köln .

25) Aachen

26) Koblenz

27) Düsseldorf

28) Trier..

29) Dresden.

30) Leipzig.

31) Karlsruhe Konstanz. Darmstadt. Schwerin i. M. Oldenburg Braunschweig Bremen.

) Hamburg. Straßburg i. E. Metz

1 633 70 564 1 129 30

17,348/70 66950

1 229 40 158 60 128 60 270/70 315 30 669—

1 859 60 458 30

1 589/10 496 20 380/10 238 40

1 748— 1 116/50 931 90

1 444 379,—

7 101/70

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9 648 60 3 514 20 8 042 30

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5 72 120/20

56 218 70 24 618 30 852 95720

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21 927 10 82 920 40 16 820/10 3 404 60 634 619 20 62 853/70

Summe I. b“ Württemberg. 24 557 20 Ueberhaupts 722 030/10

Berlin, im Mai 1891. Hauptbuchhalterei des Reichs⸗Schatzamts.

62 499,— 6 635,— 61/10

69 072 90

Iüümmömnn

Herrenhaus. 18. Sitzung vom Dienstag, 12. Mai.

Der Sitzung wohnen der Präsident des Staats⸗Ministeriums, Reichskanzler von Caprivi, der Justiz⸗Minister Dr. von Schelling, der Finanz⸗Minister Dr. Miquel und der Minister für Landwirthschaft ꝛc. von Heyden bei.

Eingetreten ist der Graf Pfeil⸗Burghauß⸗Laasan. Auf der Tagesordnung steht zunächst die wiederholte Be⸗ rathung des aus dem Abgeordnetenhause zurückgekommenen Einkommensteuergesetzes; es ist nur der Steuertarif abgeändert; entgegen dem Beschlusse des Herrenhauses ist der höchste Steuersatz von 4 Proz. wieder eingesetzt worden. Referent Graf Udo zu Stolberg⸗Wernigerode: Die Mehrheit der Kommission halte noch heute die Beschlüsse des Herren⸗ hauses sachlich für richtiger als die des Abgeordnetenhauses, aber heute handele es sich nicht um das Durchsetzen einer gewissen Be⸗ stimmung, sondern um das Zustandekommen des Gesetzes überhaupt. Das Abgeordnetenhaus habe auf seine Wähler Rücksicht zu nehmen, was bei diesem Hause wegfalle, und es müsse sich fragen, ob die schwebenden Differenzpunkte so wichtig erschienen, daß man um ihretwillen das ganze Reformwerk scheitern lassen solle, und nicht bloß ür dieses Jahr, denn da im nächsten Jahre das Abgeordnetenhaus . r so werde, wenn dies Haus sich durch seine Beschlüsse festlege, auch in nächster Zeit keine Verständigung hergestellt werden können. Die Kommission habe also den in Frage stehenden Punkt nicht für so schwerwiegend Chalten. um das Gesetz daran scheitern zu lassen. Ein in der Kommission gestellter Antrag auf Wiederherstellung des früheren Beschlusses sei mit neun gegen drei Stimmen abgelehnt worden, abgesehen von anderen Gründen, auch darum, weil es sich in dem ganzen §. 17 nur um ein Provisorium handele; denn wenn die Steuerreform weiter entwickelt werde, wenn eine getrennte Besteuerung von fundirtem und nicht fundirtem Einkommen eingeführt werde, müßten auch die Steuersätze des 5. 17 geändert werden. Um dieser Voraussetzung einen prin⸗ zipiellen Ausdruck zu geben, habe man in der Kommission beantragt, daß der Steuertarif nur gelten solle „bis zum Erlaß eines Ge⸗ setzes für die besondere Besteuerung des fundirten und nicht fun⸗ dirten Einkommens“. Der Finanz⸗Minister habe es für selbstverständ⸗ lich gehalten, daß, wenn eine getrennte Besteuerung eingeführt werde, e hier geltenden Bestimmungen abgeändert werden müßten. Der Antrag sei abgelehnt worden, um nicht um einer selbstverständlichen Bestimmung willen das ganze Gesetz nochmals an das Abgeordneten⸗ haus senden zu müssen. Sr sei beantragt worden, den §. 17 folgen⸗ dermaßen zu beginnen: „Die Einkommensteuer beträgt 4 % des Ein⸗ kommens; bei Einkommen von mehr als 100 000 wird dieser Steuersatz von ,4000 entrichtet, für geringere Einkom⸗ men treten die nachstehend ermäßigten Steuersätze ein.“ Sachlich würde sich diese assung von der des Abgeordneten⸗ hauses nicht unterscheiden. as Abgeordnetenhaus gehe von den Einkommen von 10 30 000 als Norm aus und fübre dann nach oben eine progressive, nach unten eine degressive Steuer ein.

Berlin, Mittwoch den 13 Mai

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Durch den erwähnten Antrag habe nur eine Degression stattfinden und dem etwas sozialistisch angehauchten Vorgehen ein korrektes Kleid angezogen werden sollen. Aber die Kommission habe erkannt, daß dieses Kleid sehr fadenscheinig sei, und es nicht für geeignet gehalten, daß das Herrenhaus eine lediglich formale Verbesserung acceptire. Das Herrenhaus erkläre lieber offen, daß es den §. 17 sachlich nicht für richtig halte, daß es aber trotzdem für denselben stimme, um das Gesetz zu Stande zu bringen. Schließlich sei der Antrag gestellt worden: „Die Einkommensteuer beträgt 4 % des Einkommens bei Einkommen von 30 000 ℳ“ Der Antrag sei ebenfalls abgelehnt worden, weil man nicht neue Differenzpunkte habe schaffen wollen. Es sei für ihn keine angenehme Aufgabe, dem Hause die Annahme des §. 17 zu empfehlen; er glaube, daß es auch für das Haus nicht angenehm sei, ihn anzunehmen. „Aber es handele sich nicht darum, zu thun, was dem Hause sympathisch oder unsympathisch sei, sondern was es im Interesse des Vaterlandes für geboten erachte. In diesem Sinne empfehle er die Annahme des Kommissionsantrages.

2. Fürst zu Wied: Er bitte den Herrn⸗ Präsidenten, vor der Ab⸗ stimmung über das Gesetz folgende Resolution, die er hiermit ein⸗ bringe, zur Abstimmung zu bringen:

„Der Staatsregierung gegenüber auszusprechen, 1) daß in dem weiteren Gange der Steuerreform das System der progressiven Steuer keinen Eingang finde; 2) daß dagegen eine verschiedene Besteuerung des fundirten und nichtfundirten Einkommens als wünschenswerth anzusehen ist; 3) eine Besteuerung des fundirten Einkommens über den Maximalsatz von 4 % hinaus als irrthümlich zu betrachten; 4) daß eine entsprechende Erleichterung des nicht⸗ fundirten Einkommens anzustreben sei.“

Das Herrenhaus befinde sich hier in der peinlichen Lage, entweder seinen früheren Beschluß umzustoßen oder ein wichtiges Gesetz zum Scheitern zu bringen. Zu seiner letzten Entscheidung sei das 6 haus nicht durch eine Abneigung gegen die Höhe des vom Ab⸗ geordnetenhause fixirten Steuersatzes gekommen, sondern durch die Befürchtung, hierdurch die progressive Einkommensteuer überhaupt zu inauguriren. Das Gesetz trage aber an seiner Spitze das Motto „ansgleichende Gerechtigkeit“, und durch dieses Motto habe sich der Finanz⸗Minister um unser Staatsleben sehr verdient gemacht und sich ein Denkmal geschaffen, dauernder als Erz und Stein. Jetzt sei es mit dieser steuerlichen Gerechtig⸗ keit schlecht bestellt; am Rhein zahlten Landwirthe 25, ja 30 % ihres Einkommens an Steuern, die staͤdtische Bevölkerung aber nur 7 bis 8 %. Hier könne ein Ausgleich nur durch die Deklatationsrflicht geschaffen werden, und er freue sich, daß in dem gegenwärtigen Gesetz die Deklarationspflicht eingeführt werde, freilich nur in Gestalt eines gemischten Systems, das in Zukunft zu der freien Selbstdeklaration überleiten solle. In der Schweiz habe sich die freie Selbstdeklaration, wobei der Steuerpflichtige nur erkläre: „auf Eid und Pflicht ist meine Steuer so und so hoch“, bewährt; Steuerhinterziehungen fänden sich dort außerordentlich selten. Die Uebertragung dieser Verhältnisse von der kleinen Schweiz auf unser großes Land würde zwar Schwierig⸗ keiten bieten, aber nicht unmöglich sein; dann würden auch bei uns keine Strafbestimmungen nöthig sein, sondern die soziale Verfehmung würde genügen, um von Steuerhinterziehungen abzuschrecken. Man habe gegen den §. 17 eingewendet, daß er den ersten Para⸗ graphen des sozialistischen Programmes bedeute, aber das Herren⸗ haus habe Gott sei Dank mit sozialistischen Bestrebungen nichts zu thun. Die Sozialdemokratie sei unfruchtbar; sie wolle nur zerstören und nicht aufbauen und würde aus dem deutschen Vaterlande ein Zuchthaus machen. Darum sei dieser Ein⸗ wand unberechtigt. Ferner sei gesagt worden, das Herrenhaus sei in erster Linie der Beschützer des Besitzes. Das sei das Kerrenhaus aber nach seiner ganzen Zasammensetzung nicht. Der Schutz des Be⸗ sitzes liege in erster Reihe bei der Regierung, und käme er von der

Regierung an das Herrenhaus, so müuüßte es mit unserem Vater⸗ lande schlecht bestellt sein. Nach der ganzen Zusammensetzung sei keine repräsentative Körperschaft so geeignet, in allen Dingen ein objek⸗ tives Urtheil abzugeben wie das Herrenhaus. Es sei zu bedauern, daß so wichtige Gesetze nicht auch einmal zuerst an das Herrenhaus gebracht würden, um eine parteilose, objektive Beurtheilung herbeizu⸗ führen. Der Finanz⸗Minister habe eine verschiedene Belastung des fundirten und unfundirten Einkommens für erstrebenswerth erklärt, und er (Redner) habe das mit Freuden begrüßt. Gerade das Herren⸗ haus in seiner objektiven Beurtheilung müsse dafür eintreten. Es sei eine edle Aufgabe des Herrenhauses, dahin zu wirken, daß das

Arbeitsverdienst geringer besteuert werde als das fundirte Ein⸗ kommen. Wenn auch das Herrenhaus jetzt den § 17 annehme, so werde doch durch die Resolution das Prinzip der Progressiv⸗ steuer auf das Entschiedenste zurückgewiesen, auch für die Zukunft. Als Maximalgrenze des fundirten Einkommens sei 4 % anzusehen. Die 4 % bedeuteten gegenüber den 3 % nicht nur einen Unterschied von einem Prozent, sondern darauf ruhten noch die Zuschläge für die Provinzial⸗, Kreis⸗, Gemeinde⸗, Schul⸗ und Kirchensteuern, welche in vielen Theilen der Monarchie, namentlich in vielen Städten, ganz bedeutend seien. 1 % bedeute daher hier 2, 3 oder 4 %. Er bitte, den §. 17 in der jetzigen Form und die Resolution an⸗ zunehmen. (Beifall.)

Fürst von Hatzfeldt: Das Herrenhaus habe die 3 % aus Zweckmäßigkeitsgründen und aus prinzipiellen Erwägungen beschlossen, aber es sei eine unwahre Insinuation, wenn man diesen Beschluß so hinstelle, als ob derselbe aus Liebe zu plutokratischen Interessen, aus der Liebe zur Börse und den Repräsentanten des modernen Raubritterthums entsprungen sei. Das Herrenhaus habe mit Recht gegen eine progressive Einkommensteuer protestirt, welche in ihren letzten Konsequenzen zur Konfiskation des Vermögens führen könne. Darum sei zes allerdings von einer Presse angegriffen worden, die zwar noch immer unter konservativer Flagge, aber längst im anarchistischen Fahrwasser segele. Wenn seine früheren Ausführungen keinen anderen Zweck gehabt hätten, als den Fuchs aus dem Bau zu locken und gewisse Gesinnungen zur äußern Erschei⸗ nung zu bringen, so habe er damit schon eine politisch gute That gethan. Die Resolution des Fürsten Wied beschwichtige ganz wesentlich die prinzipiellen Bedenken des Hauses gegen die 4 %, und er begreife

vollkommen, wenn ein Theil dieses Hauses jetzt anders abstimme als vor drei Wochen. Er wisse noch nicht, für welchen der beiden Tarife er stimmen werde, denn das hänge für ihn von der Erklärung der Regierung ab, wie sie sich zur Resolution stelle. Aber selbst wenn der höhere Tarif angenommen werde, könne er nicht gegen das ganze Geseßz stimmen, um nicht das ganze Reformwerk, welches das Haus von Anfang an freudig begrüßt habe, in Frage zu stellen.

Finanz⸗Minister Dr. Miquel:

Meine Herren! Die Staatsregierung hat in allen Stadien dieser langen und schweren Verhandlung über die Steuerreform gewünscht und vertreten, daß der bisherige Minimalsatz in der Einkommensteuer von 3 % gegenwärtig für die höheren Einkommen unberührt bliebe. Die Staatsregierung hat dafür eine Reihe nach unserer Ueberzeugung bedeutungsvoller Gründe der Zweckmäßigkeit und der Opportunität angeführt, sie hat in dieser Frage aber nicht ein großes Prinzip finden können. Von diesem Gesichtspunkte aus hat die Staatsregierung

Herren, welche die Verhandlungen des Abgeordnetenhauses gelesen. haben, werden mir das Zeugniß gewiß nicht versagen, daß ich lebhaft bemüht gewesen bin, das andere Haus zur An⸗ nahme des Beschlusses des Herrenhauses zu bewegen. Es sind aber alle diese Bemühungen, gescheitert. Das Ab⸗ geordnetenhaus ist bei seinen Beschlüssen stehen geblieben und da⸗ her steht, wie die Kommission, so auch die Staatsregierung heute vor einer ganz anderen Frage, heute davon ist die Staatsregierung überzeugt, stehen wir vor der Frage, ob wir, wenn nicht die Steuer⸗ resorm zum Scheitern bringen, sie doch we nigstens im höchsten Grade gefährden und möglicherweise auf unbestimmte Zeit vertagen wollen.

Deeser Lage gegenüber muß die Staatsregierung eine andere Stellung einnehmen und muß nunmehr das Herrenhaus dringend bitten, auch seinerseits, wie die Staatsregierung selbst die Uebereinstimmung beider Häuser in der Nachgiebigkeit in diesen einzelnen Punkten zu suchen.

Meine Herren, ich habe gesagt, es ist hier keine Prinzipien⸗ frage. Ich habe mehrfach ausgeführt, daß eine Steuer, welche beim Einkommen von 100 000 in der prozentualen Belastung stehen bleibt, das gerade Gegentheil einer eigentlich pro⸗ gressiven Steuer ist. Meine Herren, ich darf mich dabei aber nicht blos auf die Theorie berufen und auf die Natur der klar vorliegenden Sache, sondern doch auch einigermaßen auf die Vorgänge in den wichtigsten übrigen deutschen Staaten, die doch gewiß nicht regiert werden von Regierungen und vertreten werden von Vertretungen, die gefährliche, mit den heutigen Ordnungen im Widerspruch stehende Prinzipien und Theorien geltend machen.

Meine Herren, in Hamburg geht man bis Ju 3 ½ % in den höchsten Stufen schon von 8500 an. (Zuruf: Das wollen wir auch!)

In Meiningen fängt man mit 0,8 % in den untersten Degressions⸗ stufen an, und von 33 000 beträgt die Steuer 4 %. In Olden⸗ burg haben Regierung und Landtag auf Grund eines erst ganz neuerdings erlassenen Gesetzes eine Einkommensteuer wesent⸗ lich auf den Grundlagen der jetzt vorliegenden preußischen Reform beschlossen, welche mit 0,5 in den unteren Stufen anfängt und von 60 000 ab 4 % beträgt. In Baden besteht eine Ein⸗ kommensteuer neben der Kapitalrentensteuer. Dort wird von 30 000 Einkommen aus dem Kapitalbesitz eine Steuer von 4,70 % erhoben. (Hört, hört!)

Meine Herren, in Bayern besteht eine Kapitalrentensteuer, welche in den höheren Stufen 3,5 % beträgt, während sie mit 1,5 % in der untersten Stufe beginnt. In Württemberg endlich beträgt allein die Kapitalrentensteuer von 20 500 Einnahme vom Kapital⸗ besitz über 4 %.

Meine Herren, wenn die Sache so liegt, kann man unmöglich den Satz vertreten, daß hier etwas ganz Exorbitantes, etwa Unerhörtes vom Abgeordnetenhause verlangt worden sei. Es ist ein Prinzip in der Sache nicht, und nach den Vorgängen in den übrigen deutschen Staaten nach meiner Meinung für die höheren Einkommen auch nicht eine unerträgliche Belastung und ein übermäßiger Druck. Ich werde darauf noch zurückkommen.

das hohe Herrenhaus gebeten, noch bei der ersten Berathung an dem Satz von 3 % auch für die höheren Einkommen festzuhalten. Die

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Meine Herren, aber auch nach der Personenzahl, die hier be⸗ troffen wird, hat die Sache nicht eine so gewaltige Bedeutung. Heute steuern mit einem Einkommen von über 100 000 nur im Ganzen etwa 800 und mit einem Steuersatz von über 30 000 etwa 5000 Personen. Also auch nach dieser Seite hin kann die Frage nicht zu einer Frage ersten Ranges, an welche man das Scheitern einer großen Reform hängen könnte, gemacht werden. Wir haben eine Reihe von Kommunen in Preußen, die dasselbe Steuersystem haben, und daß davon unheilvolle Konsequenzen entstanden wären, wird Niemand von uns behaupten können. Die Freie Stadt Frankfurt hat schon im vorigen Jahrhundert fast ganz dasselbe Einkommensteuersystem angenommen, und es besteht auch heute noch dort, und da giebt es doch auch genug kapitalkräftige Censiten, die demgemäß herangezogen werden. Die Frage hat aber eine um so geringere Bedeutung, weil ja alle Welt darüber einverstanden ist, daß dieser Tarif doch wieder einer wesentlichen Revision wird unterzogen werden müssen, sobald wir, wie wir alle entschlossen sind, in dem zweiten Stadium der Reform die Frage der erschiedenen Besteuerung des fundirten und nicht fundirten Ein⸗ kommens zu lösen suchen. Ich brauche nicht näher auseinanderzusetzen, weshalb dann dieser vorliegende Tarif einer ganz durchgreifenden Revision unterzogen werden muß, und daher habe ich immer diesen jetzigen Tarif in diesem Sinne als einen Uebergangstarif, der aber gegenwärtig unentbehrlich ist, bezeichnet, aber niemals als ein Definitivum.

Meine Herren, dies führt mich auf die Resolution. Diese Resolution liegt ganz auf dem Wege, den die Staats⸗ regierung bei der Durchführung der Reform einzuhalten gedenkt. Meine Herren, was sind denn die großen Gedanken dieser ganzen Reform? Die Staatsregierung wollte die Einkommensteuer zu einer gleichmäßig vertheilten, wirksamen, das Einkommen, soweit das über⸗ haupt möglich ist, thatsächlich richtig erfassenden Steuer machen. Dieses Streben der Staatsregierung wird von Allen, welche eine gerechte soziale Ordnung vertreten, unterstützt werden. Denn eine Einkommensteuer, welche im ganzen Lande als eine höchst ungleich⸗ mäßigt, das verborgene Eigenthum und Einkommen nicht treffende Steuer angesehen wird, ist auf die Dauer ein sozialer Schaden. (Sehr richtig!) Ich bin der Meinung, daß man die Einkommensteuer entweder aufheben (Graf Mirbach: das wäre das Richtigste gewesen!) und auf das Objektsteuersystem wie in Baxyern übergehen, oder die Einkommensteuer zu einer wirksamen machen muß. Ein Drittes giebt es nicht. (Sehr richtig!) 6

Der zweite Gedanke, der die Staatsregierung leitete, war der, diese Reform der Einkommensteuer, welche ja naturgemäß zu einer Erhöhung der Erträgnisse führt, zu benutzen, um die Unzuträglich⸗ keiten und Ungerechtigkeiten ich kann sie gar nicht anders bezeich⸗ nen —, die in unserem heutigen direkten Steuersystem in Beziehung