Theater und Mufik.
In der Vorstellung des „Oberon“ im Königlichen Opern⸗ hause am Sonnabend sind die Damen Pierson. Herzog, Weit,, de Jonge und Staudigl. die Hrrn. Rothmühl, Lieban und Ober⸗ hauser beschäftigt. — In der Sonntagsvorstellung der „Undine“ treten die Damen Herzog, Lammert und Kopka, die Hrrn. Betz,
Krauß, Krolox, Lieban, Stammer und Krasa auf.
Für das Berliner Theater ist der Spielplan an den Feier⸗ tagen folgendermaßen festgestellt: Am Sonntag Nachmittag kommt „Die Waise von Lowood“, am Abend „Hamlet“ mit Ludwig Barnay in der Titelrolle zur Aufführung; am Montag geht Nachmittags „Minna von Barnhelm“, Abends „Goldfische“ in Secene und am Dienstag endlich wird Nachmittags „Die Jungfrau von Orleans“ gegeben, während Abends „Kean“ wiederholt wird. — Morgen spielt Ludwig Barnay den Wallenstein in „Wallenstein's Todd.
Karl Emil Franzos hat sein fünfaktiges Drama „Der Präsident“ — sein erstes Bühnenwerk — dem Lessing⸗Theater zur Auf⸗ führung für die nächste Saison übergeben. Das Werk soll Ende September mit Adolf Klein in der Titelrolle zur Darstellung ge⸗ langen. 82.n Thomas⸗Theater wird am Sonnabend, Sonntag und den ersten Tagen der nächsten Woche wieder die Görlitz'sche Posse: „Drei Paar Schuhe“ mit Betty Damhofer als Leni aufgeführt Billets zum Sonntag sind von morgen ab an der Tageskasse zu haben.
Der von Professor Heinrich Hofmann für die Eröffnung der Internationalen Kunstausstellung komponirte Hymnus ist jetzt bei Breitkopf und Härtel erschienen. 11“
Preußische Klassenlotterie. 8 (Ohne Gewähr.)
Bei der gestern beendeten Ziehung der 3. Klasse 184. Königlich preußischer Klassenlotterie fielen in der Nachmittags⸗Ziehung:
1 Gewinn von 3000 ℳ auf Nr. 164 489.
3 Gewinne von 1500 ℳ auf Nr. 14 531. 184 848.
9 Gewinne von 500 ℳ auf Nr. 828. 18 343. 20 366. 42 701. 61 566. 69 473. 103 690. 182 547. 186 740.
16 Gewinne von 300 ℳ auf Nr. 4211. 4625. 7856. 27 079. 31 552. 54 157. 68 880. 110 311. 115 888. 119 615. 23 282. 139 990. 158 123. 175 035. 177 165. 185 642.
175 409.
Mannigfaltiges.
Der kürzlich in Folge eines Sturzes mit dem Pferde durch Bruch der Kniescheibe schwer verletzte Oberst⸗Lieutenant von Bülow, Chef des Generalstabes des Garde⸗Corps, ist, wie die „Voss. Ztg.“ meldet, soweit wieder hergestellt, daß er das Elisabeth⸗Krankenhaus
EE11“ 4 * 8
eldet, am nächsten Sonnabend, Morgens
werden, wie die „N. A. Z.“ 5 Uhr, eröffnet werden.
Schlesien. Am Sonnabend sind verschiedene Gegenden der Provinz Schlesien auf beiden Seiten der Oder von schweren Ge⸗ wittern und Wolkenbrüchen heimgesucht worden, die zum Theil beträchtlichen Schaden angerichtet haben, so z. B. in den Kreisen Leobschütz. Oppeln, Militsch, Namslau, Sagan u. s. w. Besonders schlimm scheint das Unwetter im südlichen Theile des Militscher Kreises gehaust zu haben. Von dort wird der „Schl. Z.“ berichtet: In der Ortschaft Groß⸗Lahse ging ein Wolkenbruch nieder und richtete großen Schaden an. Einem Mühlenbesitzer legten die Wassermassen den einen Giebel des Wohnhauses buchstäblich nieder; die um die Mühle herum⸗ stehenden Fichten wurden entwurzelt und die in den Acker eingelegten Kartoffeln herausgerissen; die zusammenströmenden Wassermassen bildeten einen wogenden See, der über Felder und Wiesen dahin⸗ fluthete. Ebenso schlimm wurde Klein⸗Perschnitz beimgesucht. Hier zerriß das Wasser die Wand eines Hauses und überschwemmte es. Der alte Kirchhof war vollständig überfluthet; ebenso die Dorfstraͤße, in welche das Wasser mannstiefe Löcher riß. Jeder Bach, jeder Graben. jede Wasserfurche wurde zum wildschäumenden Strome. Der Schaden ist sehr bedeutend. Aus Kasimir, Kreis Leobschütz, wird dem „Oberschlesischen Anzeiger“ geschrieben: Sonnabend Nachmittag entlud sich hier ein starker Wolkenbruch mit Hagel vermischt. In wenigen Minuten waren sämmtliche Gräben sowie die Straduna und auch alle Dorf⸗ stratzeen überfluthet. Brücken und Zäune wurden fortgerissen. Das Wasser erreichte eine Höhe von 4 Fuß auf den Dorfstraßen. Geflügel, Ziegen und Schwarzvieh sind in den Ställen umgekommen. Die Frübjahrsbestellung ist theilweise ganz vernichtet oder verschlämmt.
Weimar, 10. Mai. Seine Königliche Hoheit der Großherzog von Sachsen⸗Weimar hat der „Schw.⸗Rud⸗Land. Ztg.“ zufolge dem Vorstand der elektrischen Ausstellung in Frankfurt a. M. die Elektrisirmaschine, mit welcher Goethe seine Versuche machte, und welche sich gegenwärtig im Goethe⸗Museum zu Weimar befindet, für die Dauer der Ausstellung zur Verfügung gestellt. Diese hochinteressante wissenschaftliche Reliquie wird in der Halle für Medizin und Wissenschaft ihre Aufstellung finden.
Pest, 13. Mai Heute Nachmittag explodirten laut Mel⸗ dung des „W. T. B.“ in der Citadelle am Blocksberg einige Patronen, wodurch die dort belegene Kaserne in Brand gerieth; das Feuer wurde sofort gelöscht.
London, 13. Mai. Aus Tacoma wird der „Köln. Z.“ tele⸗ graphirt, daß bei der Vancouversinsel der Dampfer „Lucyv Lowe“ mit 55 Kolonisten und der Mannschaft untergegangen sei.
Rom. Dem „W. Fr. Bl.“ wird telegraphirt: Im Theater von Gattinara bei Vercelli hat sich am Sonnabend Abend während der Vorstellung ein blutiges Drama abgespielt. Es wird dort ein
Mascara. (Algerien.) Dem „Temps“ wird gemeldet: Die Heuschreckenschwärme sind noch 35 km von Mascara entfernt; sie bedecken die Gemeinden Frendah und Cacheron in einer Aus⸗ dehnung von 50 km. Die Schwärme sind sehr dicht, oft sitzen drei oder vier Thiere übereinander. Die Eingeborenen benutzen die Heu⸗ schrecken als Nahrung für sich und ihre Pferde.
Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.
London, 14. Mai. (W. T. B.) Die „Times“ be⸗ spricht in einem besonderen Artikel die Verhandlungen mit Portugal und hebt hervor, die portugiesische Re⸗ gierung hobe die letzten Vorschläge Lord Salis bury's erhalten und denselben im gestimmt. Das neue Abkommen habe den Grund⸗ satz des „do ut des“ zur Grundlage. Im Norden des Zambesi sei der portugiesischen Regierung ein Strecke Landes von 80 000 Quadratkilometern zugestanden
worden. Die vom Ruofluß ausgehende Grenzlinie nehme Loangwefluß und
eine nordwestliche Richtung gehe alsdann bis Zumbo. Die Abgrenzung im Sübven des Zambesi sei im Allgemeinen dieselbe wie bisher Die neue Grenzlinie wende sich dann plötzlich einige Kilometer östlich von Zumbo gegen Südost und berühre Mazoe im 32,05. Längengrade.
bis zum
sellschaft direkt gegen Süden zwischen dem 32,05. und 33. Längen grade abgesteckt, bis sie den Limpopo erreiche und sich mi einer kleinen Wendung gegen Westen diesem Fluß nähere
—₰2v
Was Massikessi anlange, so sei der portugiesischen Regierung
portugiesischen Beamten eine Zuflucht vor den Krankheiten der Ebenen würden finden können. durch das portugiesische Gebiet sei keinerlei Bestimmung ge⸗ troffen worden; die direkte Verbindung zwischen dem südlichen Zambesi, dem Nyassaland und dem nördlichen Zambesi sei für die Engländer somit fast vollständig abgeschnitten. Luxemburg, 14. Mai. (W. T. B.) Der Mörder des
Oberst⸗Lieutenants Prager ist in dem benachbarten Dorfe Hollerich, wo derselbe bei einem Ackersmann bedienstet war, ver⸗
haftet worden. Derselbe, Namens Uebing, ist seiner Zeit aus dem deutschen Heere desertirt. Er hat die That ein⸗ gestanden; der Chronometer und das Portemonnaie des Er⸗
verlassen und in seine Wohnung zurückkehren konnte.
mird demnächst einen längeren Urlaub antreten und denkt zum Manörer wieder seine dienstlichen Obliegenheiten übernehmen zu können.
Der Berliner Hausfrauenverein bhielt JJ“ der Fr. Lina Morgenstern in den Räumen seine Generalversammlung ab.
leicher Höhe gegenüberstanden.
und Ausgabe mit 26 945 ℳ
Der Verein zählt z. Zt. 341 Mit⸗ glieder und hatte eine Einnahme von 1160 ℳ, der Ausgaben in Für treue Dienste konnten in diesem Jahre 33 Dienstboten prämiirt werden, und zwar mit einem Kosten⸗ aufwand von 845 ℳ, die durch besondere Einnahmen gedeckt sind. Die Nu Kochschule wurde im letzten Jahre von 114 zahlenden und 10 Frei⸗ schülerinnen besucht; die Kasse der Kochschule balancirt in Einnahme Für Speisen wurden 16 470 ℳ ver⸗ innahmt; der Mittagstisch der Kochschule ist täglich von 70 bis 80 Personen besucht. Im Bureau für Stellenvermittelung haben sich meletzten Jahre 120 Dienstboten und 102 Herrschaften gemeldet.
Die städtischen Flußbadeanstalten an der Schillings⸗, Waisen⸗, Schleusen⸗, Moabiter⸗, Lessing⸗Brücke und am Nordhafen
Hr. von Bülow übrt. Revolver zu schießen bat.
gestern unter der Kochschule
befanden, Wald, Wagen
sich 75 Fahrgäste durch einen brennenden standen sämmtliche jetzt, das Leben zu retten. nach Kräften bei und
seine Bemühungen, den Anderen zahlen mußte.
Ballet aufgeführt, in dem eine Tänzerin auf eine Kollegin mit einem Aus Versehen wurde am Sonnabend ein geladener Revolver benutzt, sodaß die Getroffene, ein achtzehnjähriges Mädchen, sogleich todt niederstürzte.
New⸗York, 12. Mai. Weitere Depeschen der „A. C.“ aus Coundersport in der Grafschaft Potter in Pennsylvanien berichten über den dorngen Bahnunfall das Folgende: Der Zug, in welchem fuhr mit
Die dreißig
bloßen Schrecken davon, dreißig andere hingegen erlitten schreckliche Brandwunden; sechs fanden ihren Tod in den Flammen und weitere um den sechs werden vermißt und sind jedenfalls auch umgekommen. den Todten befindet sich der Vorsteher der Linie, Badger, welcher
äußerster Geschwindigkeit als er entgleiste. In einem in Flammen und es hieß
Fahrgäste standen einander von ihnen kamen mit dem
über eine
Grenze.
Unter
zu helfen, mit dem Leben be⸗
hat sich merkbar gebessert. werken des Strikegebiets ist die Arbeit voll aufgenommen. In den übrigen Theilen des Beckens vermehrt sich die Zahl der Arbeitenden fortwährend. 1
Buenos⸗Aires, (W. T. B.) (Meldung des Reuter'schen Bureaus). Interpellation chilenischer Truppen entlang der argentinischen Es wurde eine Resolution angenommen, welche die Regierung auffordert, strikte Neutralität zu bewahren und einen starken Truppenschutz in den Anden aufhzustellen, Uebertritt Gebiet zu verhindern.
mordeten wurden bei ihm vorgefunden. 8 Lüttich, 14. Mai, Vormittags. (W. T. B.) Die Lage In den meisten Kohlen⸗
13. Mai. ( Der Kongreß betreffs des
berieth heute Marsches
der Kriegführenden auf argentinisches
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)
—————ꝛ ͤͤSͤSͤSͤͤͤͤSͤͤͤNN˙ʒ
Wetterbericht vom 14. Mai, Morgens 8 Uhr.
V
Temperatur —— Iin ° Celsius S b2SS[50C. = 40 R.
Bar. auf 0 Gr zuu. d. Meeressp red. in Millim
WSW F5 bedeckt SW 2 wolkig SW 7 bedeckt NW 5 wolkig NNW 6Regen 2halb bed. beeg.
Mullaghmore Aberdeen.. Christiansund
Kopenhagen.
Stockholm.
Haparanda. N
Petersburg. W
Cork, Queens⸗ NNW Brest “ O Helder... N
Sylt NW a halb bed. 10
amburg.. NW 3 bedeckt 10 Swinemünde WNW 5 wolkig 10 Neufahrwasser NW üA hedeckt 10
Memel SW A bedeckt 10 “ “ NNO 2 wolkenlos 15
Nünster.. NNW 3 halb bed. 11
Karlsruhe.. SW 3 Dunst 15 NW 2 heiter 15 NW 5 wolkenlos 13 SW 2 wolkenlos 12 NW 4 halb bed. 13 W 3 halb bed. 16 . 2 wolkig 14
NNO 1 wolkenlos 15 NO 2 heiter 20 758 still wolkenlos 20
Uebersicht der Witterung.
Eine Depression, von Norden kommend, liegt in der Gegend von Wisby. an der deutschen Küste auf⸗ frischende, vielfach starke westliche und nordwestliche Winde mit zunehmender Bewölkung verursachend,
während das Maximum im Westen sich wenig ver⸗ ändert hat. Die Temperatur ist in Deutschland
9 meist gesunken, insvesondere in den nordwestlichen Gebietstheilen, wo sie allenthalben unter dem Durch⸗ schnittswerth liegt. Im deutschen Binnenlande dauert das heitere, warme Wetter noch fort, indessen
dürfte hier weitere Abkühlung zu erwarten sein. und Preens vütte Femg, ebenso
werden aus dem mittleren und südl 1 Gewitter gemeldet. schlicheg Bee 8 Deutsche Seewarte.
Theater⸗Anzeigen.
Königliche Schauspiele. Freitag: Opern⸗ haus. 121. Vorstellung. Carmen. Oper in 4 Akten
3 beiter 12 1 heiter 12 2 halb bed. 9
und Ludovic Halévy, nach einer Novelle des Prosper Mérimée. Tanz von Paul Taglioni. Dirigent: Kapellmeister Kahl. Anfang 7 Uhr.
Schauspielhaus. 127. Vorstellung. Im Reiche der Mütter. Lustspiel in 1 Aufzug von Wilbhelm Henzen. Hierauf: Der Winkelschreiber. Lust⸗ spiel in 4 Aufzügen nach einer Idee des Terenz von A. von Winterfeld. Anfang 7 Uhr.) Sonnabend: Opernhaus. 122. Vorstellung. Oberon, König der Elfen. Romantische Oper in 3 Aufzügen. Musik von C. M. von Weber. Die Recitative von F. Wüllner. Ballet von Emil Graeb. Anfang 7 Uhr.
Schauspielhaus. 128. Vorstellung. Der neue Herr. Schauspiel in 7 Vorgängen von Ernst von Wildenbruch. Anfang 7 Uhr.
Beutsches Theater. Freitag: Faust I. Theil. Sonnabend: Die Kinder der Excellenz. Sonntag: Faust’s Tod.
8b Die Welt, in der man sich lang⸗ weilt.
Berliner Theater. Freitag: 36. Abonnements⸗ Vorstellung. Wallene n’s Tod. Anfang 7 ½ Uhr.
Sonnabend: Goldfische.
Sonntag, Nachm. 2 ½ Uhr: Die Waise von Lowood. Abends 7 ½ Uhr: Hamlet.
Tessing-Cheater. Freitag: Thermidor.
Sonnabend: Zum ersten Male: Derby. Lustspiel in 4 Akten von Sigmund Schlesinger.
Sonntag: Derby.
Wallner-Theater. Freitag: Zum 62. Male: Miß Helyett. Vaudeville in 3 Akten von Maxime Boucheron. Deutsch von Richard Genée. Musik von E. Audran.
Der Garten ist eröffnet.
Bei günstiger Witterung vor der Vorstellung: Großes Garten⸗Concert. Anfang des Concerts 6 ½ Uhr, der Vorstellung 7 ¼ Uhr.
Sonnabend und folgende Tage: Miß Helyett.
Friedrich-Wilhelmstädtisches Theater. Freitag: Nauon. Komische Operette in 3 Akten b. 8. Zell und Rich. Gensée. Musik von Richard
enée. .
Im prachtvollen Park: Große Militär⸗Concerte. Auftreten von Gesangs⸗ und Instrumentalkünstlern. vr c des Concerts 6 Uhr, Anfang der Vorstellung
r. Sonnabend: Dieselbe Vorstellung. 8 Sonntag und Montag (1. und 2. Pfingstfeiertag):
von Georges Bizet. Text von Henry Meilhac
Große ““
Residenz-Theater. Direktion: Sigmund Lauten⸗ burg. Freitag: Zum 21. Male: Dr. Josjo. Schwank in 3 Akten von Albert Carrée. Deutsch von Carl Lindau. Regie: Emil Lessing. Vorher zum 21. Male: Wer das Größere nicht ehrt, ist das Kleinere nicht werth. Schwank in 1 Auf⸗ zug von Sigmund Schlesinger. Anfang 7 ½ Uhr.
Sonnabend und folg. Tage: Dieselbe Vorstellung.
Kroll's Theater. Freitag: Das Nacht⸗
lager in Granada. (Gomez: Hr. Birrenkoven.)
Sonnabend: Letztes Gastspiel von Fr. Lilli Lehmann. Lucretia Borgia.
Dienstag: Gastspiel von Fr. Marcella Sembrich. Marie, die Tochter des Regiments.
Täglich, Abends bei brillanter elektrischer Beleuch⸗ tung des Sommergartens: „Großes Concert“. An⸗ fang 5 ½, der Vorstellung 7 Uhr. 3
Sonntag und Montag (1. und 2. Pfingstfeiertag): Bei günstigem Wetter Großes Früh⸗Concert im Sommergarten. Anfang 5 Uhr. 8
“
Belle-Alliance-Theater. Freitag: Zum 26. Male: Der Giftmischer. Schwank in 4 Akten nach dem Französischen von Fritz Brentano und Carl Tellheim.
Im prachtvollen, glänzenden Sommergarten (vor⸗ nehmstes und großartigstes Sommer⸗Etablissement der Residenz): Großes Militär⸗Doppel⸗Concert. Auf⸗ treten sämmtl. Spezialitäten. Brillante Illumination des ganzen Garten⸗Etablissements. Anfang des Con⸗ certs 6 Uhr. Anfang des Theaters 7 ½ Uhr.
Am 1. und 2. Pfingstfeiertag: Großes Militär⸗ Früh⸗Concert und Theater⸗Früh⸗Vorstellung.
Adolph Ernst-Theater. Freitag: Zum 89. Male: Gesangsposse in 4 Akten von
(Vorletzte Woche.) Eduard
Görß. Musik von Adolph Ferron. Im 4. Akt: Der unselige Tonpinel. Parodistische Einlage. Anfang 7 ½¼ Uhr. 8 Sonnabend: Dieselbe Vorstellung. Der Sommer⸗Garten ist geöffnet.
Thomas-Theater. Alte Iakobstraße 30. Freitag: Zum 50. Male: Der Registrator auf Reisen. Posse mit Gesang in 3 Akten von A. L'Arronge und G. v. Moser. Musik von Bial und G. Steffens. Anfang 7 ½ Uhr.
Vorher: Garten⸗Concert.
Sonnabend: Auftreten von Betty Damhofer. Drei Paar Schuhe.
llrania, Anstalt für volksthümliche Naturkunde. Am Landes⸗Ausstellungs⸗Park (Lehrter Bahnhof).
Adam und Eva. Jacobson und Leopold Ely. Couplets von Jacobson und Gustav
Geöffnet von 12 — 11 Uhr. Täglich Vorstellung im
öö Theater. Näheres die Anschlag⸗ zettel.
Familien⸗Nachrichten.
Verlobi: Gräfin Ada Baudissin mit Hrn. Reg⸗ Assessor Ernst Frhrn. von der Reck (Magdeburg).
Verehelicht: Hr. Conrad von Poser mit Frl. Wanda von Schlieben (Liegnitz)
Geboren: Ein Sohn: Hrn. Bürgermeister Bernert (Ratibor) — Hrn. Hans von Stegmann u. Stein (Charlottenbura)). — Hrn. Dr jur. Abr. Frowein (Elberfeld). — Eine TDochter: Hrn. Regierungs Rath Reich (Liegnitz) — Hrn. Bürgermeister Hirschberg (Tost). — Hrn Reg.⸗ Baumeister Krauß (Malmedv) — Hrn. Lieunt. Otto von Hepdebreck (Stargard i. P.). — Hrn. Hauptmann von Hartwig (Magdeburg).
Gestorben: Fr. Amtsgerichts⸗Rat) Mathilde Lühe, geb. Tschierschky (Breslau). — Hr. Majorats⸗ besitzer Frhr. Friedrich v. Eickstedt (Silberkopf). — Freifrau Therese von der Goltz, geb. Gräfin Goltz (Groß Tabarz). — Verw. Frau Pastor Hedwig Benecke. geb. von Larisch (Frankfurt a O). — Hr. Sanitäts Rath Dr. Franz Bespinck (Mül⸗ heim a. d. Ruhr).
Verschiedene Bekanntmachungen. [10130]
Electra, Maatschappij voor
ElectrischeStations, Imsterdam.
Ordentliche Generalversammlung 10 ½ Uhr am 29. Mai 1891 zu Amsterdam im Local Eensgezindheid Spui.
“ Tagesordnung: Vorlage der Gewinn⸗ und Verlustrechneng für das Jahr 1890. 1.“
Wahl von Aufsichtsratbsmitgliedern.
Amsterdam, den 12. Mai 1891. 88 Die Direction.
Redacteur: Dr. Berlin: Verlag der Expedition (Scholzz)5.
Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlag Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.
Sieben Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage),
und ein Prospectus: Vereinigtes Sachregister
zu dem Bundes⸗ bezw. Neichs⸗Gesetzblatt sowie zu dem Ceutralblatt für das Deutsche Reich von 1867 bis 1890.
Wesentlichen zu⸗
Mazoe in änge Von diesem Punkte aus sei die Ostgrenze des Gebiets der konzessionirten englischen Ge⸗
Wegen des Transithandels
ein kleines Gebiet auf dem Plateau überlassen worden, wo die
zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen
No. 112.
Herrenhaus. 19. Sitzung vom Mittwoch, 13. Maci.
Der Sitzung wohnen der Präsident des Staats⸗Ministeriums, Reichskanzler von Caprivi und der Minister des Innern Herrfurth bei.
„Den Gesetzentwurf, betr. Aenderung des Wahlver⸗ fahrens, beantragt Herr von Schöning als Referent der Justizkommission unverändert zu genehmigen.
Ohne Debatte beschließt das Haus demgemäß. Da die Vorlage eine Verfassungsänderung enthält, muß die Abstim⸗ mung über dieselbe nach 21 Tagen wiederholt werden.
Darauf wird in die Berathung des Entwurfs einer Landgemeindeordnung für die sieben östlichen Provinzen der Monarchie eingetreten. Berichterstatter der XV. Kom⸗ mission ist der Minister des Königlichen Hauses von Wedell.
Graf von Hobenthal: Der Minister habe ihm auf seine Bemerkung in der ersten Lesung erwidert, er sei nicht berechtigt, die Thron⸗ rede zu interpretiren. Aber er (Redner) glaube, daß der Minister dazu nicht nur berechtigt, sondern geradezu verpflichtet sei, denn die Thron⸗ reden würden dazu gehalten, um verstanden zu werden, und wo sie an sich zweifelhaften Sinnes seien, müsse die ministerielle Erklärung aus⸗ hülfsweise hinzukommen. Ferner habe der Minister ihm gegenüber gesprochen von einer Belehrung. Er sei gewiß nicht unbescheiden und lasse sich gern belehren, es komme nur darauf an, von wem. Von Herren, deren ganze Ideenwelt in nichts bestehe, als in Ge⸗ setzesparagraphen, in Verwaltungsgerichtsentscheidungen und in statistischen Zahlen, die bloß Aktenmenschen seien und von dem prak⸗ tischen Leben nichts kennten, als die Schablone, da, wo es sich um das Wohl des Landes handele, von denen könne er sich nicht belehren lassen. Wenn er sich in Bezug auf Zablen und Paragraphen belehren wolle, so könne er das besser und schneller in seinem eigenen Zimmer auswendig lernen. Nachdem er nun einige Tage in der Heimath gewesen sei, habe er sich im Volke über das Gesetz selbst informirt und er sage, daß dort die Miß⸗ stimmung eine allgemeine sei und namentlich deswegen, weil in dem Gesetze Bestimmungen seien, welche den Einfluß der Sozial⸗ demokratie auf dem Lande fördern müßten. Man werde ja das
Gesetz bekommen. Daß aber die Mitglieder dieses Hauses, die bis jetzt Gegner des Gesetzes gewesen seien, dann, wenn es in dem Gesetz⸗ blatt stehe, dasselbe loyal, gewissenhaft und unverdrossen auszuführen helfen würden, verstehe sich von selbst. Das Gesetz würde nicht zu Stande gekommen sein ohne den Opportunismus. Dieser Richtung e Namen von altberühmtem und konservativem Klang und trrengster Observanz an, aber darum könne er doch zum Staatsprinzip den Opportunismus nicht erheben. Wer in schwankenden Zeiten schwankend gesinnt sei, der vermehre die Uebel, habe der Altmeister gesagt, aber nicht der aus Friedrichsruh, sondern der aus Weimar. Durch das Gefetz werde unserem ohnehin schon zerfahrenen Partei⸗ und Staatsleben großer Schaden zugefügt, das sei nicht zweifelhaft. Man sage, gegen das Gesetz habe die konservative Fraktion des Abgeordnetenhauses nicht opponiren dürfen, weil sonst die Auflösung des Abgeordnetenhauses eingetreten wäre; das sei aber nicht der Fall, weil auch ohne Zustimmung der Konservativen durch Zusammenwirken der Liberalen und des Centrums das Gesetz gesichert gewesen sei. Der Minister habe eine unrichtige Entwickelung der Kronrechtstheorie und schließlich, um das Gesetz durchzubringen, eine Solidarität mit seinen Minister⸗Kollegen angestrebt und erreicht, und danach der Landesvertretung gegenüber einen Ton angeschlagen, wie man es bisher nicht gewöhnt gewesen sei. Der Minister lache dazu (Heiterkeit), er (Redner) finde das aber nicht lächerlich,
8 sondern sehr bedauerlich für den alten preußischen Standpunkt, und
werde die Konsequenzen dieser seiner Auffassung ziehen bei der Be⸗ rathung des Etats, wenn es sich um die Bewilligung des Gehalts des Ministers handele.
Graf von der Schulenburg⸗Beetzendorf: Die Regierung habe mit der Vorlage des Gesetzes einem vorhandenen Bedürfniß Rechnung tragen wollen, aber das, was damit habe erreicht werden sollen, erreiche sie mit dieser Vorlage nicht. Um die Bedürfnisse des Landes zu befriedigen, habe die Regierung die Reformvorlagen an den Landtag in einer Weise gebracht, welche an das Gebahren der modernen Bauunternehmer erinnere, die, wenn sie keinen guten Balken hätten, mehrere Balken durch Bandeisen verbänden und in die Wand trieben. So seien, nur äußerlich verbunden, das Schulgesetz, die Landgemeindeordnung, die Steuergesetze gemeinsam vor den Landtag gebracht worden. Es würde besser gewesen sein, die Landgemeindeordnung zuerst dem Herrenhause vorzulegen, da hier die größte Sachkenntniß über diesen Gegenstand bestehe. Das Verfahren habe sich auch nicht bewährt, denn das eine der drei Gesetze sei schon unerledigt ausgeschieden, und wenn das Einkommensteuergesetz glücklich durch beide Häuser durchgeführt sei, so liege darin der Beweis, daß dieses Gesetz am meisten den Bedürfnissen des Landes entspreche. In Bezug auf die Landgemeindeordnung habe man als Analogie sich auf die Kreisordnung vom Jahre 1872 stützen zu können geglaubt; dieser Vergleich aber hinke. Denn bei der
Kreisordnung habe man sich an den Großgrundbesitz, den kleinen Grundbesitz und an die Städte gehalten; das wolle die Land⸗ gemeindeordnung nicht, sondern da solle der vierte Stand in das Leben und Wirken der Gemeinde hineingezogen werden. Dadurch werde der valideste Stand, der Bauer stand, schwer geschädigt, und wenn er sich darüber nicht beklage, so liege das darin, daß er dem öffentlichen Leben fernstehe, daß er bisher mit den Verhältnissen zu⸗ frieden gewesen sei, und daß er auf die lang bewährte, dem Bauern⸗ stand günstige preußische Gesetzgebung der preußischen Könige vertraut habe. Jetzt solle aber, wie mun im Reichstage gehört habe, eine Herab⸗ setzung der Zölle vorgenommen werden. Dadurch sei der Bauer in seiner Existenz bedroht, und wenn man ihm dazu noch virtuell seine Stellung herabdrücke, wie die Landgemeindeordnung es thue, so müsse das auf die Stellung und die Verhältnisse des Bauernstandes in der ungünstigsten Weise einwirken. Das sei der Zweck der Gesetz⸗ gebung nicht, die gleichmäßig alle Interessen der Bevölkerung fördern solle. 18 . 1 wird angenommen. 1 B 8 §. 2 trifft Bestimmung über die Zusammenlegung von Landgemeinden mit Gutsbezirken. Die Kommission hat die hierzu gefaßten, die Vorlage erheblich modifizirenden Beschlüsse des Abgeordnetenhauses angenommen und nur unerheblich redaktionell geändert. 1 SGraf von Klinckowström beantragt, in den §. 2 ein⸗ zufügen: 1) Wird eine leistungsunfähige Gemeinde einem leistungsfähigen Gutsbezirk zugelegt, so bleibt letzterer als solcher bestehen. 2) und 3) wünscht er eine genauere Defi⸗ nition des Begriffs „öffentliches Interesse“.
Minister des Königlichen Hauses von Wedell erklärt die An⸗ räge des Grafen Klinkowström für überflüssig, da der Inhalt eesecbe selbstverständlich sei, und bittet um Ablehnung der Anträge.
Freiherr von Manteuffel: Die Anträge I und 2 balte
er auch nicht für nöthig; da sie aber durch die klarere Fassung ängstliche Gemüther beruhigen könnten, stimme er dafür. Nr. 3
8
Berlin, Donnerstag, den 14. Mai
halte er aber für unannehmbar. Er richte an den Minister die Anfrage, ob das aktive und passive Wahlrecht für das Herren⸗ haus, welches die Rittergutsbesitzer hätten, durch dieses Gesetz alterirt werde. In zahlreichen Kreisen walteten darüber Zweifel ob, ob, wenn nach §. 2 Gutsbezirke, die Rittergüter gewesen seien, auf⸗ hörten, Gutsbezirke zu sein, dann deren Besitzer des Rechtes verlustig gingen, ferner für das Herrenhaus in der Kategorie des alten und befestigten zu wählen oder gewählt zu werden und ob dieses Recht noch für eine Reihe von Jabren von späteren Besitzern solcher Güter erworben werden könne. Er meine, daß dieses Recht durch die Vorlage nicht tangirt werde, würde aber dem Minister für eine Erklärung dankbar sein. Er bezweifle, ob durch die Rede des Grafen Hohenthal dem Gesetz mehr Gegner als Freunde geschaffen würden. Er stehe nicht auf dem Standpunkt des Grafen Hohenthal und halte die Einbringung der Vorlage nicht für einen politischen Fehler allerersten Ranges; noch viel weniger stehe er auf dem Standpunkt des Prinzen Schönaich⸗Carolath, der dieses Gesetz der Stein⸗Hardenberg'schen Gesetzgebung an die Seite stelle. (Heiterkeit). Er wolle nicht erörtern, ob die Bevölkerung Sehnsucht nach diesem Gesetz gehabt habe (Rufe: Nein!), ob eine Nothwendigkeit zu diesem Gesetze gegeben gewesen sei (Rufe: Nein, nein!), das Gesetz sei einmal eingebracht, und daher werde diese Materie nicht wieder von der Tagesordnung verschwinden, bis sie geregelt worden sei. Hätte der Minister von Lucius 1883 nicht das Jagdgesetz eingebracht, dann würde auch die Frage des Wildschadens nicht auf die Tages⸗ ordnung gekommen sein. eit Einbringung des Jagdgesetzes be⸗ unruhige diese Frage unausgesetzt die öffentliche Meinung. Ohne dieselbe hätte der Abg. Conrad (Pleß) niemals seine parlamentarische Geburt gefeiert. (Heiterkeit) So müsse man denn nun mit dieser Vorlage hier rechnen, und da nöthige ihm der §. 2, der für ihn der wichtigste sei, die Erklärung ab, tolerari potest. Begeisterung habe er nicht dafür, aber ertragen könne er ihn und werde sich darauf einrichten. Der Minister habe in der Kommission gesagt, er hoffe, daß die Nothwendigkeit des Ein⸗ greifens der Regierung gegenüber den Beschlüssen der Selbst⸗ verwaltungsorgane niemals eintreten werde. Gründe sich diese Hoff⸗ nung darauf, daß die Selbstverwaltungsbehörden sich im Sinne der Staatsverwaltung entscheiden würden, daß die Staatsverwaltung nicht mehr einzutreten habe, so sei ihm mit dieser Erklärung des Ministers nicht sehr viel gedient. (Zustimmung.) Thatsäͤchlich werde dieses Gesetz nur marschiren können, wenn die Krafte, die bisher in der Selbstverwaltung thätig gewesen seien und die wesentlich konservative Kräfte seien, mit Lust und Liebe an die Sache heran⸗ gingen und mitarbeiteten, daß das Gesetz ersprießlich wirken werde. Der Minister müsse ihnen das Mitarbeiten an diesem Gesetz in diesem Sinne erleichtern. v1
Minister des Innern Herrfurth:
Meine Herren! Die Landgemeindeordnung in der Fassung, wie sie heute der Beschlußfassung des hohen Hauses unterliegt, ist nicht allein und nicht ausschließlich die ursprüngliche Regierungsvorlage, sie ist ein Gesetzentwurf, welcher die Zustimmung des anderen Hauses in fast voller Einstimmigkeit erhalten hat, sie ist eine Vorlage, mit deren wesentlichen Bestimmungen sich auch die Kommission Ihres Hauses mit allen gegen eine Stimme einverstanden erklärt hat. Nun findet diese Vorlage hier zwei Gruppen von Gegnern: die eine Gruppe, welche von einer Landgemeindeordnung, sie mag eine Gestalt haben, welche sie wolle, überhaupt nichts wissen will (Widerspruch); eine Gruppe von Gegnern, die gegen die Land⸗ gemeindeordnung stimmen wird, auch wenn sie die Abänderungen findet, welche bisher überhaupt vorgeschlagen worden sind — (Widerspruch), die Intentionen der beiden ersten Herren Redner habe ich wenigstens nicht in anderem Sinne verstehen können. Die Abänderungsanträge haben für jene Gruppe nur den Werth, daß sie für solche Anträge zu stimmen bereit ist, welche diese Landgemeindeordnung unwirksam machen oder welche sie so verschlechtern, daß die Staatsregierung sie nicht mehr annehmen kann.
Die andere Gruppe, welche Abänderungen beantragt, will das Gesetz, wie Herr Freiherr von Manteuffel sagt, zwar nicht gerade gern; aber sie will die Landgemeindeordnung doch schließlich an⸗ nehmen, weil sie die Nothwendigkeit einsieht, eine so hochwichtige Frage, die einmal angeschnitten ist, nunmehr auch zu einem definitiven Austrag zu bringen. Und sie erachtet nur eine Reihe von Abänderungen für nothwendig, um Nachtheile zu vermeiden, welche sie von einzelnen Bestimmungen derselben befürchten zu müss en glaubt. Nur mit der letzteren Gruppe dürfte sich eigentlich sachlich disku⸗ tiren lassen, mit der ersteren nicht. Ich glaube deshalb meinerseits auf die Vorlesung, welche mir Herr Graf von Hohenthal hier ge⸗ halten hat — es war ja eine „Vorlesung“ in des Wortes ver⸗ wegenster Bedeutung — nicht weiter eingehen zu sollen. Die An⸗ griffe, die er in recht persönlich zugespitzter Weise gegen mich gerichtet hat, richten sich gleichzeitig gegen die große Majorität des anderen Hauses und richten sich auch, wie ich hoffe, gegen die Majorität dieses Hauses, welche, wie ich annehme, demnächst diesen Gesetzentwurf annehmen, also jenen großen „politischen Fehler“ nach Ansicht des Herrn Grafen von Hohenthal mitmachen wird. Er hat die Tonart, die er unter der Heiterkeit des Hauses bezüglich der Verhandlungen im anderen Hause richtig charakterisirte, bier ja sehr gut kopirt und zwar in einer Weise, wie sie den Gewohnheiten in diesem Hause auch nicht gerade entspricht. Ich will darauf nicht weiter eingehen und mich auf eine Bemerkung beschränken: wenn er mir sagt, auch die Annahme des ganzen Gesetzes mit einer großen Majorität in beiden Häusern des Landtages ist schließlich nichts weiter wie ein statistischer Erfolg, es sind Zahlen, die sich gruppiren, eine große Zahl wird mit Ja stimmen, eine kleine Zahl mit Nein, so gebe ich ihm zu, ich bin mit einem solchen „statistischen Erfolg“ meinerseits vollständig zufrieden und ich überlasse ihm, sich bei seinem Mißerfolge in die Toga des Cato zu hüllen und zu sagen: „Victrix causa Diis placuit, sed victa Catoni.“
Was die gegen die Landgemeindeordnung erhobenen Einwen⸗ dungen nicht persönlicher, sondern sachlicher Natur anlangt, so möchte ich zunächst dem Herrn Freiherrn von Manteuffel auf die erste Frage wegen der Einwirkung der Landgemeindeordnung auf die Befugnisse und auf die Berechtigungen der Rittergüter die Antwort geben, es kann darüber absolut kein Zweifel obwalten, daß ebenso wenig, wie dies nach dieser Richtung in der Kreisordnung geschehen ist, die Landgemeindeordnung irgend eine Einwirkung auf die Frage der ak⸗
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tiven und passiven Wählbarkeit zum Herrenhaus haben kann. Ich glaube, die Frage ist ja via facti entschieden dadurch, daß wir in anderen Provinzen, in Westfalen und in der Rheinprovinz, inkommu⸗ nalisirte Rittergüter haben, welche keinen eigenen Gutsbezirk bilden, sondern Bestandtheile einer Gemeinde sind, welche aber jenes Recht besitzen, fortdauernd ausüben und welche, wenn sich zur Zeit das Rittergut noch nicht 50 Jahre in derselben Familie be⸗ funden hat, nach Ablauf dieser Zeit dieses Recht erwerben können. Darüber kann kein Zweifel bestehen⸗ 8
Was dann die zweite Frage anlangt, so bin ich auch in der Lage, hier nicht mit Worten, sondern mit Thatsachen antworten zu
Zur Zeit ist der bestehende Rechtszustand derart, daß die Auflösung von leistungsunfähigen Gutsbezirken und Landgemeinden, die Vereini⸗ gung von Landgemeinden und Gutsbezirken unter Zustimmung der Betheiligten sowie die Vereinigung von Parzellen und Gutsbezirken
; und Landgemeinden unter dem Widerspruch der Betheiligten im öffent⸗
lichen Interesse verfügt werden kann, ohne daß irgend eine Selbst⸗ verwaltungsbehörde einen Beschluß faßt; vielmehr findet in allen diesen Fällen nur eine gutachtliche Anhörung des Kreisausschusses statt.
Nun ist in Folge der Anregungen, welche ich wegen einer besseren Regelung der kommunalen Verhältnisse der ländlichen Gemeinden in den Ostprovinzen gegeben habe, im Laufe der letzten drei Jahre in etwa 40 Fällen eine Auflösung von leistungsunfähigen Landgemeinden und Gutsbezirken vorgenommen worden, deren Areal den benachbarten Gemeinden oder Gutsbezirken zugeschlagen ist. Es ist mit Zustimmung der Betheiligten in etwa 340 Fällen eine volle Vereinigung von Land⸗ gemeinden mit Gutsbezirken, Landgemeinden mit Landgemeinden, Gutsbezirken mit Gutsbezirken, Gutsbezirken mit Landgemeinden und Stadtgemeinden vorgenommen worden, und überall ist nur eine An⸗ hörung des Kreisausschusses erfolgt. Endlich hat in etwa 200 Fällen — ich weiß die Zahl nicht ganz genau — eine Parzellenvereinigung im öffentlichen Interesse gegen den Widerspruch der Betheiligten nach Anhörung des Kreisausschusses stattgefunden. Nun, meine Herren, von diesen ungefähr 600 Fällen ist, wenn mich mein Gedächtniß nicht täuscht, nur in einem einzigen Falle anders entschieden worden, als das Gutachten des Kreisausschusses vorschlug; das betraf eine ziemlich unbedeutende Parzellenvereinigung; in allen übrigen Fällen ist genau ebenso entschieden worden, wie das Gutachten des Kreisausschusses lautete. Nun können Sie daraus mit Bestimmtheit ersehen, daß nicht nur in 99 von 100 Fällen, sondern in 599 unter 600 Fällen genau so entschieden worden ist, wie es der Kreisausschuß für zweckmäßig erachtet hat, und zwar deshalb, weil die Selbstverwaltungsbehörde, die den Verhältnissen am nächsten steht und die genaue Einsicht in die Verhältnisse hat, ihrerseits am klarsten zu übersehen vermag, in welcher Weise eine zweckentsprechende Regelung stattzufinden hat. Darum ist diesem
Votum des Kreisausschusses das ausschlag gebende Gewicht beigelegt
worden. Auf Grund dieser Erfahrung, die die Staatsregierung gemacht hat, weil sie sich fast niemals genöthigt gesehen hat, gegen das Votum des Kreisausschusses zu entschelden; darum konnte die Regierung sagen, diese Bestim mung hat sich bewährt, die gutachtliche Anhörung des Kreisausschusses genügt, und gerade aus dem Grunde lege ich auch keine prinzipielle Bedeutung der Aenderung bei, daß statt der Anhörung jetzt im §. 2 die Beschlußfassung der Selbstver⸗ waltungsbehörden vorgeschrieben worden ist. Denn was der Kreis⸗ ausschuß bisher als Gutachten ausgesprochen hat, würde er demnächst in der Form der Beschlußfassung ausgesprochen haben. Der Unter⸗ schied liegt nur darin, daß in dem einen vorerwähnten Falle, wo auf Antrag des Regierungs⸗Präsidenten, weil der Kreisausschuß von einer faktisch unzutreffenden Voraussetzung ausgegangen war, die Korrektur in der Ministerialinstanz stattgefunden hat, demnächst diese Korrektur in der Instanz des Bezirksausschusses schon finden würde. Darum glaube ich, gestützt auf diese Erfahrung, daß meine in der Kommission ab⸗ gegebene Erklärung durchaus zutreffend ist und auch nicht in Widerspruch steht mit der Erklärung, die ich hier im Plenum abgegeben habe. Ich sehe darin wirklich keine prinzipielle Aender ung, weil die Erfahrung gezeigt hat, daß, mag der Kreisausschuß nun gutachtlich gehört werden oder definitiv Beschluß fassen, sein Votum als ausschlaggebend von den Staats⸗ behörden angesehen worden ist und angesehen werden wird, und ich darf deshalb die Erkläruug wiederholen: Ich nehme nicht an, daß überhaupt in irgend einer namhaften Anzahl von Fällen diese vier Instanzen zur Thätigkeit kommen werden, daß überhaupt in einer namhaften Anzahl von Fällen gegen das Votum der Selbstver⸗ waltungsbehörde entschieden werden wird. Aber auch das will ich hinzufügen: die Möglichkeit, daß anders entschieden werden kann, die Bestimmung, wonach die schließliche letzte Entscheidung in die Hände der Staatsbehörden gelegt wird, hat für mich eine prinzipielle Wichtigkeit, nach der gesammten Konstruktion der Zu⸗ ständigkeiten und auch nach dem Moderamen, welches sie unwillkürlich gegenüber derartigen Beschlüssen bietet; — es ist sehr wichtig, daß sich der Kreisausschuß von vornherein sagen muß: Was ich sage, ist ein für alle Mal unabänderlich, sondern, was ich sage, kann ab⸗ geändert werden, sobald die Gründe, die ich dafür geltend gemacht habe, nicht für zutreffend erachtet werden. Hiernach hoffe ich, daß diese Erklärung, die ich hier nicht nur pro praeterito zur Erläuterung der Bestimmung der Regierungsvorlage, sondern gleichzeitig pro futuro für den Sinn, in dem diese Bestimmungen ausgeführt werden sollen, gegeben habe, die Anfrage des Herrn Freiherrn von Manteuffel in einer ihn befriedigenden Weise beantwortet.
Graf von der Schulenburg⸗Beetzendorf (thatsächlich): Er habe nicht gesagt, daß er jede Veränderung bekämpfen werde, aber er sei gegen die Landgemeindeordnung wie sie vorgelegt sei und wie sie sich im andern Hause gestaltet habe.
Prinz zu Schönaich⸗Carolath: Er habe nicht, wie Herr von Manteuffel meine, die Vorlage für gleichwerthig mit der Stein⸗ Hardenberg'schen Gesetzgebung gehalten, er habe auch beide gar nicht verglichen, noch auch den Minister des Innern mit dem Staats⸗ kanzler Fürsten Hardenberg oder Freiherrn von Stein auf gleiche Stufe gestellt, sondern er habe nur darauf hingewiesen, daß sowie im Anfang