1891 / 125 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 30 May 1891 18:00:01 GMT) scan diff

niren und ihm für diesen Zweck die Verwendung von Mitteln der Gesellschaft bis zum Höchstbetrage von 7200 zu gestatten. Der letztere Antrag ist veranlaßt durch die Erfahrungen des verflosse⸗ nen außergewöhnlich strengen Winters, wonach an manchen Stellen unserer Küste Fälle nicht undenksar sind, in denen eine starke Ver⸗ eisung der Küstengewässer die Verwendung der gewöhnlichen Rettungs⸗ boote ausschließt. Auf einer der Stationen, Dorumertief, hat sich ein solches Eisboot bereits sehr bewährt Alle drei Anträge wurden sgenehmigt. Es kamen dann noch eine Anzahl Anträge von Bezirksver⸗ einen, bezüglich Neubeschaffung von Material für einzelne Statiogen zur Verhandlung. Das Generalbudget für 1891/92 wurde festgesetzt in Einnahme auf 220 000 und in Ausgabe auf 204 350 Von dem Kabinets⸗Rath Ihrer Majestät der Kaiserin, Freiherrn von der Reck ging der Versammlung folgendes Telegramm zu: „Ihre Majestät die Kaiserin und Königin lassen für Einladung zum 30. d. M. danken und sind nicht abgeneigt, eventl. Seine Majestät den Kaiser bei der Besichtigung der Rettungsanstalten zu begleiten“. Das Telegramm rief freudigen Beifall hervor.

er deutsche Frauenverein für Krankenpflege in (Vorsitzende Graͤfin von Monts) bielt, wie die „N. Pr Z.“ berichtet, am Mittwoch im kleinen Saale des Kaiser⸗ hofes seine diesjährige Hauptversammlung ab, deren geschäftliche Lei⸗ tung der Königliche Kammerherr Graf Behr⸗Bandelin übernommen hatte. In Vertretung der Allerhöchsten Protektorin des Vereins, Ihrer Ma⸗ jestät der Kaiserin, war der Kammerherr von dem Knesebeck erschie⸗ nen. Der Jahresbericht gab eine gedrängte Uebersicht der erfolg und um⸗ fangreichen Thätigkeit des Vereins, der sein Arbeitsfeld von den ostafrika⸗ nischen Kolonien auch auf Kaiser⸗Wilhelms⸗Land, Neu⸗Guinea, ausge⸗ dehnt hat. Der Kassenbericht bekundete die erfreuliche Thatsache, daß nach Abzug aller Kosten für Hinaussendung der Pflegekräfte (augenblicklich unterhält der Verein deren sechs), die Einrichtung der Lazarethe und ihrer Versorgung mit Wein, Konserven, Nahrungsmitteln u. s. w. noch ein Baarvermögen von rund 23 000 der Vereinskasse verbleibt. Nach Schluß des geschäftlichen Theils hielt Stabsarzt Dr. Kohlstock einen kurzgedrängten Vortrag über die Nothwendigkeit eines Sanatoriums in Ost⸗Afrika, einer Neuschöpfung, die der Verein sich zur nächstliegen⸗ den Aufgabe macht und zu welchem Zweck er erfolgreiche Sammlungen

unternommen hat.

er Vorstand des Vereins der Berliner Volksküchen

von 1866 theilt uns mit, daß es ihm Mangels richtiger Adressen nicht möglich war, an alle in früheren Jahren thätige Mitglieder eine Einladung zu der am Sonnabend, 6. Juni, stattfindenden 25jährigen Jubiläumsfeier zu senden, und ersucht die früheren Ehrendamen, sowie Freunde des Volkstüchenvereins (Damen und Herren) an der Feier im Rathhause um 11 Uhr Vormittags theilzunehmen. Die Karten zum Festessen, Theater⸗Vorstellung u. s. w. am 6. Juni, 6 Uhr, im Zoologischen Garten à 3 25 incl. Entrée zum

Garten, zu dem auch Gäste willkommen sind, müssen jedoch bis Montag, den 1. Juni Abends, im Centralbureau, Gertraudtenstr. 24,

as „Nordland⸗Panorama“, Wilhelmstraße 10, bildet jetzt den Mittelpunkt des Interesses für viele reiselustige und er⸗ holungsbedürftige Berliner und die hier ankommenden Touristen. Es sind dort namentlich Landschaftsbilder von Punkten, welche Seine Majestät auf seinen Reisen nach Norwegen besuchte, ausgestellt. Der Eintrittspreis beträgt morgen, Sonntag, nur 30 für alle Ausstellungen.

Stallupönen, 27. Mai. Ein Hagelwetter, wie seit Menschengedenken nicht erlebt, begleitet von heftigem Gewitter und Regenguß, hat sich, wie der „K. H. Z.“ geschrieben wird, am gestrigen Tage über den südöstlichen Theil unseres Kreises verbreitet und die Hoffnungen des Landmannes in einer Stunde vernichtet. Schlossen in der Größe eines Enteneies und darüber fielen sausend herab und zer⸗ schlugen nicht nur Dachpfannen und Fensterscheiben, sondern machten auch die üppig bestandenen Saatfelder der Erde gleich. Besonders hart gelitten haben die Ortschaften Wenslowischken, Pillupönen, Matzkutschen, Ackmonienen. Das Unwetter zog den Baltisch⸗Urali⸗ schen Höhenzug entlang. Von den Obstbäumen sind nicht nur die

Blüthen geschlagen, auch die Blätter und Zweige, ja selbst Aeste von mehr als Fingerstärke wurden abgerissen. er Hagel bedeckte in wenigen Augenblicken mehrere Zoll hoch den Erdboden.

Halle a. S. Gegen die Darstellung in Nr. 121 des „R., u. St.⸗A.“ betreffs der Einstellung des Betriebs der elektrischen Stadtbahn richtet sich eine Zuschrift der Allgemeinen Elek⸗ tricitäts⸗Gesellschaft in Berlin, in der es heißt: 1) Es ist nicht richtig, daß der Direktion der Stadtbahn (Straßenbahn) Halle unterm 4. Mai cr. Seitens der Postverwaltung Mittheilung zu⸗ gegangen ist, daß die Verlegung gewisser Leitungen angeordnet sei. Es heißt vielmehr in dem Schreiben, daß laut Verfügung des Reichspost⸗ amts diese Leitungen an eisernen, auf den Dächern aufzustellenden Gestängen angebracht werden sollen. Es beißt dann weiter: „Die Kosten, welche hierdurcch entstehen, sind überschläglich auf 3500 zu berechnen. Die Direktion ersuche ich ergebenst, mir Ihre Bereitwilligkeit zur Erstattung dieser Kosten bis zu angegebener Höhe baldgefälligst zu erklären und er⸗ klãre bereit, die erwähnten Arbeiten nach dem Eingang dieser Erklärung sofort in Angriff nehmen und nach Möglichkeit fördern zu lassen Im Weiteren fordert dann der Kaiserliche Ober⸗Postdirektor vom Empfang des Schreibens bis zur Ausführung dieser Arbeiten Einstellung des Betriebes von 7 Uhr Morgens bis 9 Uhr Abends. 2) Es ist unrichtig, daß die Verwaltung der Stadtbahn die von idr übernommenen Verpflichtungen zum Schutz der öffentlichen Ver⸗ kehrsinteressen nicht rechtzeitig erfüllt haben soll. Die Gesellschaft hat sämmtliche der Polizei und Telegraphenverwaltung gegenüber ein⸗ gegangenen Verpflichtungen getreulichst erfüllt; dies erhellt schon daraus klar, daß die polizeiliche Abnahme und die Erlaubniß zur Betriebseröffnung nach Probefahrten anstandslos bereits im April ertheilt ist. Von den Probefahrten war die Kaiserliche Postverwaltung in Kenntniß gesetzt. Bis heute ist aber weder der Unterzeichneten, noch, soweit dies bekannt, der Polizeiverwaltung der Stadt Halle irgend welche Beschwerde von Seiten der Telegraphenbehörden darüber zugegangen, daß die Unterzeichnete irgend welche Verpflichtung nicht innegehalten hätte.

Bonn, 27. Mai. Die Stadtverordneten der Stadt Bonn haben bald nach der Verlobung Seiner Durchlaucht des Prinzen zu Schaumburg⸗Lippe mit Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Vfetoria den Beschluß gefaßt, dem erlauchten Paare ein Hochzeitsgeschenk darzubringen. Man wollte mit diesem Geschenk eine besondere Erinnerung an die hiesige Kunstindustrie knüpfen. Unter den Zweigen der hiesigen Industrie steht nun die Porzellan⸗, Steingut⸗ und Kunsttöpferei obenan, und daher gab man der Firma Franz Ant. Mehlem eine Prachtvase für jenen Zweck in Auftrag. Das Werk, dessen Herstellung mehrere Monate in Anspruch genommen hat, ist soeben fertig geworden und der Stadt Bonn überliefert. Die „Bonn. Z.“ schreibt darüber: Das Kunst⸗ werk ist im Rococostil gehalten und zeigt, daß Zeichner und Modelleur sich mit Meisterschaft in dessen beste Zeit versenkt haben. Es mißt in der Höhe 2.6 m und besteht aus Ständer, Vase und Deckel. Die vergoldete Ornamentik ist von einer Weichheit und Schmiegsamkeit in der Ausführung, daß man glauben sollte, nur in Porzellan könnten so feine Details ausgeführt werden, und doch ist es die gewöhnliche Steinguvtmasse der Firma Mehlem, welche man vor sich hat. Die Malerei entspricht der Schönheit der plastischen Formen, in deren Dienst sie hier gestellt ist. Fachleute werden noch besonderes Interesse an dem schönen Brand der Stücke haben. Selbstredend ist nur eine einzige Vase dieser Art gemacht worden und sämmtliche Modelle und Formen haben nur diesem einmaligen Zweck gedient.

Altenburg, 28. Mai. Gestern hat nach einem Bericht der „N. Pr. Z.“ bei einem starken Gewitter der Blitz in das Her⸗ zogliche Schloß eingeschlagen; er hat den auf einer Erhöhung im südlichen Theile des Schloßhofes stehenden sog. Flaschenthurm getroffen, aber nicht gezündet, sondern ist an der Blitzableitung des Thurmes niedergegangen. Dieser Thurm, welcher in seiner bis zum First glatten Form etwas an die Nürnberger Dürer⸗Thürme an den Hauptthoren erinnert, ist dadurch bemerkenswerth, daß nicht eine Treppe in ihm hinaufführt, sondern ein gepflasterter, bequemer Weg.

Lemberg, 29. Mai. In Folge eines Wolkenbruchs in Horypnice ist laut Meldung des B. T. B.“ der Verkehr auf der Strecke Jaroslau Sokal eingestellt.

London, 27. Mai. London beging beute, wie die „A. C.“ be⸗ richtet, den Derby⸗Tag. Die bloße Thatsache, daß das Reichs⸗ parlament sich für heute vertagte, beweist, wie tief eingewurzelt der Derbv⸗Tag trotz seines mehr als hundertjährigen Bestehens im englischen Volksgeist ist. Nicht als ob bei dem Derby das Rennen die Hauptsache bildete selbst die ausgesetzten Preise sind längst nicht mehr die höchsten aber für die Hunderttausende der haupt⸗ städtischen Bevölkerung bildet das Derby den Anlaß, eine Art Frühlingsfest, ein Volksfest im Großen auf den Epsom Downs zu feiern, mit dessen Zauber kein englisches Rennen, allein schon wegen der vielen geschichtlichen Erinnerungen, die sich an das Derby knüpfen, es aufzunehmen vermag. Das Wetter war erträglich. Leiser Regen tröpfelte freilich von Zeit zu Zeit herab, aber als am Nachmittag die Entscheidung nahte, hatte die Sonne sich durch die düsteren Wolken siegreich Bahn gebrochen. Die Zahl der startenden Pferde betrug dieses Mal elf. Als Sieger aus dem Rennen ging Hrn. F. John⸗ tone's „Common“ hervor, welcher seinem Besitzer den großen Derby⸗ preis von 5000 Sovereigns gewann. Den zweiten Preis von 300 Sovercigns errang Hrn. E. Blanc's „Gouverneur“, während Hrn. J. Duke’'s „Markenhurst“ den dritten von 200 Sovereigns davontrug.

Luxemburg. Der Mörder des Oberst⸗Lieutenants Prager, Uebing ist, wie „W. T. B.“ meldet, heute früh den deutschen Be⸗ hörden übergeben worden. Da er seiner Zeit aus dem deutschen Heere desertirt ist, soll er vor das Corpsgericht des XVI. Armee⸗Corps ge⸗ stellt werden.

Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.

Wien, 30. Mai. Das Allgemeinbefinden des an den Masern erkrankten Erzherzogs Franz Ferdinand ist zufriedenstellend. Das Fieber ist mäßig; der Kaiser und die Erzherzöge zogen Erkundigungen über das Befinden des Erz⸗ herzogs ein, ebenso liefen telegraphische Nachfragen zahlreicher Souveräne, darunter eine solche von dem Kaiser von Ruß⸗ land ein.

London, 30. Mai. (W. T. B.) Nach einem Telegramm des „Reuter'schen Bureaus“ aus Buenos⸗Aires vom 29. d. M. war die starke Beunruhigung der Börse durch die im Kongreß erfolgte Erklärung Zapata's hervor⸗ gerufen, daß der jüngste Aufstand in Cordoba nur einen Theil eines gegen die Republik überhaupt gerichteten Komplotts bildete. Es herrscht vollkommene Ruhe.

Paris, 30. Mai. (W. T. B.) Nach einer der Gesandt⸗ schaft von Haiti zugegangenen telegraphischen Meldung hat am 28. d. M. in Port au Prince eine bewaffnete Erhebung stattgefunden. Dieselbe wurde jedoch in Folge der energischen, von der Regierung ergriffenen Maßregeln alsbald unterdrückt und die Ruhe wiederhergestellt. Im West⸗Departement, zu welchem Port au Prince gehört, ist der Belagerungs⸗ zustand erklärt worden. Die anderen Punkte der Insel sind von der Bewegung nicht ergriffen. 3

St. Petersburg, 30. Mai. (W. T. B.) Aus Bu⸗ chara wird gemeldet, daß der Emir zum Andenken an die Errettung der Kaiserlichen Familie am 29. Oktober 1888 und an die Abwendung der Gefahr, welche dem Großfürsten⸗ Thronfolger in Japan gedroht, die erste öffentliche russisch⸗ bucharische Heilanstalt in Buchara gründet.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)

Wetterbericht vom 30. Mai, orgens 8 Uhr.

S

Bar. auf 0 Gr. u. d. Meeressp.

Stationen. Wind. Wetter.

ed. in Millim. in ° Celsius

Temperatur

Mullaghmore 748 S 6 Regen Aberdeen. 755 W 1 bedeckt Christiansund 761 NNO 2 Nebel Kopenhagen./ 762 OSO 1 wolkenlos Stockholm. 763 still wolkenlos Haparanda . 761. 2 Regen . 759 WNW 1 bedeckt Moskau . . 759 still wolkenlos

r

gart als Gast.)

SEeFNESOS50C. = 40 R.

8,—

halb bed. heiter halb bed. wolkenlos wolkig wolkenlos

town . 752 Brest.. 756 756 Sylt. .759

amburg. 759

winemünde 762 Neufahrwasser 763 Memel 762

Peres 7678 h11I1 Karlsruhe.. 759 Wiesbaden. 758 München. 759 Chemnitz .. 760 Berlin. . . . 761 EEEEETT1161716168 Breslau. . 762 Ile d'Aix .. 758 ias .1760 IEEE1616165“—

¹) Nachm. Gewitter. 1 Uebersicht der Witterung.

Die Luftdruckvertheilung hat sich im Allgemeinen wenig verändert, barometrische Depressionen lagern auf dem Ocean westlich von Schottland und über dem südwestlichen Rußland, geschieden durch eine breite Zone relativ hohen Luftdrucks, welche sich von Nord⸗Skandinavien südwärts über die Alpen hin⸗

—₰½

Anfang 7 Uhr.

00 2 0.

halb bed. halb bed. wolkig halb bed. ¹) heiter heiter halb bed. wolkenlos heiter halb bed.

1

—— boH

Max Kahlbeck.

—29qhN 0 O00 E O0dO0⸗”*

SESecee,SdeR’USSeheee

Hüttenbesitzer.

warmes und heiteres Wetter; in den westlichen Ge⸗ Voranzeige. ietstheilen fanden stellenweise Gewitter und Regen⸗ mann.

Swinemünde 4 ½, in Chemnitz 6 Grad über dem vo Bagdad. Mittelwerthe, dagegen in Königsberg 2, in Neufahr⸗ 8 n asser 3 ½ unter demselben. Im mittleren und füd⸗ ichen Rußland herrscht sehr warme Witterung. 3 Deutsche Seewarte. Helene Odilon

Musikalisches

Theater⸗Anzeigen.

Königliche Schauspiele. haus. 136. Vorstellung. 3 Akten von Ambroise

Schauspielhaus. i Herr. Schauspiel in 7 Vorgängen von Ernst von Wildenbruch. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Max Grube. Anfang 7 Uhr.

Montag: Opern zaus. 137. Vorstellung. Oberon, König der Elfen. Romantische Oper in 3 Auf, Geheimniß. Engl. Sensat⸗Drama in 8 Bildern Cork, Queens⸗ zügen. Musik von C. M. von Weber. Die Reci⸗ von Douglaß. Große Wasser⸗Sensationsbilder. v tative von F. Wüllner. Ballet von Emil Graeb. 1) Henlev⸗Regatta, natürl. Dampfschiffe und Boote Am Landes⸗Ausstellungs⸗Park (Lehrter Bahnhof). auf natürl. Wasser. Natürl. Regen. 2) Nachtbild Geöffnet von 12 11 Uhr. Täglich Vorstellung im

Oper in 4 Akten von G. Verdi. ͤ Bolto. Für die deutsche Bühne übertragen von 5 Akten von Henrik Ibsen. Regie: Anfang 7 Uhr.

Schauspielhaus. 145. Vorstellung.

Male wiederholt: Die b 1 8 istoris spiel in 5 ügen von H. Ibsen, von Carl Lindau. Regie: Emil Lessing. Historisches Schauspiel in 2. zum 37. Male: Wer das Größere nicht ehrt,

1111.143““ ist das Kleinere nicht werth. Schwank in 1 Auf⸗ Verlobt: Frl. Margarethe von Frankenberg und

vom Ober⸗Regisseur Max Grube. Anfang 7 Uhr.

Heutsches Theater. Sonntag: Der Weg heiter 2 zum Herzen. Anfang 7 ½ Uhr.

Montag: Des Meeres und der Liebe Wellen. Dienstag: Die Kinder der Excellenz. 8 Mittwoch: Faust, I. Theil.

Verliner Theater. Sonntag, Nachm. 2 ½ Uhr Der Veilchenfresser.

Walluer-Cheater.

Schramm. Zum 2. Male: Der verlorene Sohn.

Lustspiel in 1 Akt von G. Cohnitz.

Sonntag: Opern⸗ 8 1 Großes Garten⸗Concert. Anfang

e. 1.“ 6 ¼ Uhr, der Vorstellung 7 ¼ Uhr.

Nanon. Komische

143. Vorstellung. Der neue Richard Gense.

Montag: Dieselbe Vorstellung. Sonnabend und folgende Tage:

Schauspielhaus. 144. Vorstellung. Das Käthchen an der Themse. von Heilbronn, oder: Die Fenerprobe. Großes historisches Ritterschauspiel in 5 Aufzügen von

Heinrich von Kleist. Anfang 7 Uhr. 1 8 nhaus. 138. Vorstellung. Othello. burg. Sonntag: Schluß der Saison. zeibe ET““ Versteluno 85 hug. 12 Ubr⸗ Matinée. Die Wildente. Drama in

urg. Zum ersten Abends 7 ½ Uhr: Zum 37. und letz

zug von Sigmund Schlesinger.

Kroll’s Theater. Sonntag:

Montag: Zar und Zimmerma

Abends 7 ½ Uhr: Der Abends bei brillanter

Belle-Alliance-Theater.

roßes Militär

Auftreten sämmtl. Spezialitäten.

———

und Wiederauftreten von Anna Montag: Im Theater: Dieselbe

Wormser. Vorher: Zum 2. Male: Das Modell⸗

8 Monte d die folg. Tage: Der verlorene enutzung des Goethe'schen Romans: „Wilhelm Montag und d 1

Denngugg Lehrjahre“ von Michel Carré und Jules Sohn. Vorher: Das Modell.

Barbier, deutsch von Ferdinand Gumbert. Ballet

von Paul Taglioni. Dirigent: Kapellmeister Kahl.

(Philine: Frl. Dietrich vom Hof⸗Theater in Stutt⸗ Sonntag:

Anfang 7 Uhr.

Friedrich-Wilhelmstädtisches Theater. 3 Akten von F. Zell und Rich. Gense. Musik von Zam 4. Male: Der Zigenner.

Residenz-Theater. Direktion: Sigmund Lauten⸗ (6732

des Hrn. Anton Erl: Der Postillon von Lon⸗ jonmeau. (Chapelou und St. Phar: Hr. Erl.)

Sonntag: Zum

14 Male: Tricoche und Cacolet.

5 Aufzügen von Meilhac und Halévv. Im prachtvollen, glänzenden Sommergarten (vor⸗

nehmstes und 81 Sommer⸗Etablissement

mination des ganzen Garten⸗Etablissements. Anfang Sonntag: Gastspiel von des Concerts 4 Uhr. Anfang des Theaters 7 ½ Uhr. Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗

Garten: Erstes Auftreten des Rhomes⸗Trio (komisches Schauspiel ohne Worte in Gesangs⸗Terzett), sowie sämmtlicher Spezialitäten. 5 3 Akten von Michel Carré Sohn. Musik v

Vorletzte Vor⸗ Don Inans.

Adolph Ernst⸗Thrater.

stellung. Sonntag: Unsere

Bei günstiger Witterung vor der Vorstellung: Anfang 7 ¼ ÜUbr.

des Concerts Der Sommer⸗Garten ist geöffnet.

Montag: Letzte Vorstellung. 1 8 Mittwoch: Ensemble⸗Gastspiel der „Mäünchener“. Der Herrgottschnitzer von Ammergan.

Thomas-Theater. Alte Jakobstraße 30. Operette in Sonntag: Letzte Vorstellung in dieser Saison. Genrebild mit

Gesang in 1 Akt von Alois Berla. Mausik von

m prachtvollen Park: Große Militär⸗Concerte. A. Conradi. In Scene gesetzt von A. Kurz. Hierauf: Acmethn von Gesangs⸗ und Instrumentalkünstlern. zum 7. Male: Der liebe Onkel.

b G Schwank in 4 Akten von Rudolf Kneisel. Anfang 7 ½ Uhr.

Ein dunkles Vorher im Garten: Großes Concert.

Arania, Anstalt für volksthümliche Naturkunde.

wissenschaftlichen Theater. Näheres die Anschlag⸗ zettel. .“

Mordland-2eMrerrach. e 887 2 tli dehelangen 30 Pf.

Mittags Siegm. Lauten⸗ ten Male: Dr.

Kronprätendenten. Jojo. Schwank in 3 Akten von Albert Carré. Deutsch

Vorher Familien⸗Nachrichten.

Proschlitz mit Hrn. Sec.⸗Lieut. von Zepelin (Stertin). Frl. Annie von Gottberg mit Hrn. Major von Oertzen (Berlin). Frl. Käthe von DOidtman mit Hrn. Prem ⸗Lieut. Thilo Frhr. von Hanstein (Hermsdorf bei Glogau Berlin). Frl. Elisabeth von Wedell mit Hrn. Lieut. Adolf un. von Petersdorff (Stargard i. P.).

Letztes Gastspiel

Dienstag: Gastspiel von Fr. Marcella Sembrich. Geboren: Ein Sohn: Hrn. Ernst Frhr. von Lakme. Oper in 3 Akten von Leo Delibes. Täglich: „Großes Concert“ im Sommergarten, 28 elektrischer Welbach 8 desselben. Anfang Sonntags 4, an den Wochentagen Montag: Der Hüttenbesitzer. Anfang 7 ½ Uhr. 5 ½ Ubr der fane Sünnc 7 Uhr. Dienstag: Der Veilchenfresser. 3

Tessing-Theater. Sonntag: Letzte Vorstellung aus erstreckt. In Deutschland herrscht ruhiges, meist in dieser Saison. Der Probepfeil. Ensemble⸗Gastspiel Angelo Neu⸗ Fenm 1 Beginn 13. Juni: Cavalleria Rusti- älle statt. In Berlin liegt die Temperatur 4, in cang. (Sizilianische Bauernehre.) Der Barbier vebmhiesdan;

Falkenhausen (Bielau). Eine Tochter: Hrn. Pastor R. Weiß (Steinseifersdorf). 1 Beleuchtung Gestorben: Hr. Landesältester a. D. Christopb Benno von Polenz (Kl.⸗Neundorf). Hr. Major Otto von Hiddessen (Bernburg). Hrn. General⸗ Major von Hahn Sohn Hans Heiarich (Maade⸗ burg). Hr. Propst und Pfarrer W. Michaölis (Clöden). Hr. Kanzlei⸗Rath a. D. Ernst Schmidt (Charlotrenburg). Hr. Superintendent a. D. Schwartz (Berlin).

Posse in

Redacteur: Dr. H. Klee, Direktor.

8

Doppel⸗Concert. . Brillante Illu- Berlin: 4. Verlag der Expedition (Scholz).

Vorstellung Im —Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.

Sieben Beilagen (einschließli

Haus der Abgeordneten. 90. Sitzung vom Freitag, 29. Mai.

Der Sitzung wohnen der Vize⸗Präsident des Staats⸗ Ministeriums, Staats⸗Minister Dr. von Boetticher, der Minister der öffentlichen Arbeiten von Maybach, der Minister des Innern Herrfurth, der Justiz⸗Minister Dr. von Schelling, der Finanz⸗Minister Dr. Miquel, der Minister für Landwirthschaft ꝛc. von Heyden und der Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Graf von Zedlitz⸗ Trützschler bei.

Die dritte Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Feststellung des Staatshaushalts⸗ Etats für das Jahr vom I. April 1891,92, wird fort⸗ gesetzt und zwar bei dem Etat der Justizverwaltung.

Hierzu liegt ein Antrag der konservativen Fraktion vor, die in zweiter Lesung abgelehnte Stelle eines Senats⸗ Präsidenten in Breslau wieder einzustellen.

Abg. Graf zu Limburg⸗Stirum (zur Geschäftsordnung): Da seine Freunde keine Aussicht hätten, ihren Antrag durchzubringen, und da sie längere Debatten beim Etat vermeiden wollten, so zögen sie ihren Antrag zurück und hofften dadurch die Berathungen des Hauses über den Etat abzukürzen.

Abg. Rickert: Er möchte sich die Anfrage an die Regierung erlauben, welches Resultat die Erkundigungen gehabt hätten, welche der Minister in der zweiten Lesung darüber in Aussicht gestellt habe, daß der Erlaß des Breslauer Ober⸗ Landesgerichts⸗Präsidenten, betreffend die Zuziehung von Juden zu dem Geschwornendienst, trotz der mißbilligenden Verfügung des Ministers noch nicht zurück⸗ genommen sei, wie er damals aus guter Quelle vernommen habe.

Er betone das um so mehr, als man in neuerer Zeit höre, daß auch über die Heranziehung von Juden zu Schöffengerichten ähnliche Ver⸗ fügungen ergangen sein sollten. Es sei danach die Pflicht der Justizverwal⸗

tung, ein offenes Auge darauf zu haben, daß allen Staatsbürgern die ihnen verfassungsmäßig gewährleisteten Rechte auch zukämen. Bei dieser Gelegenheit richte er eine zweite Anfrage an den Minister, nicht deshalb, weil er gewissen ganz positiven Zeitungsnachrichten der letzten Tage Glauben schenke, sondern weil er wisse, daß die Mittheilung der Justizverwaltung beruhigend auf weite Kreise der Bevölkerung wirken werde. Es werde nämlich in den letzten Tagen positiv behauptet, der Minister habe eine Verfügung erlassen, in der eine strenge Bestrafung in Strafsachen, betreffend die Beleidigung von Religionsgenossenschaften und Geistlichen, verlangt werde. ür

Justiz⸗Minister Dr. von Schelling: b

Ich bin dem Herrn Abgeordneten dankbar dafür, daß er mit dem zweiten Theil seiner Rede mir Gelegenheit gegeben hat, eine durch die Zeitungen gegangene mißverständliche Mittheilung über eine Gerichts⸗ verhandlung in Reichenbach richtig zu stellen. Es ist richtig, daß von dem Schöffengericht in Reichenbach in einer Untersuchungssache wegen Beleidigung eines Geistlichen verhandelt worden ist, daß das Schöffen⸗

gericht ein verurtheilendes Erkenntniß erlassen hat und daß bei der

Verkündigung dieses Erkenntnisses der Schöffenrichter, nach⸗ dem er sich vorher mit den Schöffen in dieser Beziehung vereinbart hatte, die Gründe besonders entwickelt hat, aus welchen das Schöffengericht ein bohes Strafmaß für angezeigt halte. Es ist

auch richtig, daß sich der Schöffenrichter dabei auf eine Autorität, aber nicht auf die Autorität des Justiz⸗Ministers berufen hat. Ein

Erlaß des Justiz⸗Ministers in dem in den Zeitungen angegebenen Sinne konnte garnicht ergehen, wie auch bereits der Herr Abgeordnete anerkannt hat, und ist auch nicht ergangen; auch eine Mahnung an die Staatsanwaltschaft, darauf hinzuwirken, daß bei Vergehen der bezeichneten Art eine strenge Strafe ausgesprochen werde, ist nicht erfolgt. Der Schöffenrichter hat sich vielmehr auf eine Bemerkung bezogen, die im nichtamtlichen Theil des Justiz⸗Ministerial⸗ Blattes enthalten ist. Bekanntlich habe ich zu Anfang des vorigen Jahres die Gerichte und Staatsanwaltschaften aufgefordert, sich über

ie Frage der Einführung der sogenannten bedingten Verurtheilung zu äußern. Die eingegangenen Berichte sind dann zum Gegenstand einer Zusammenstellung im nichtamtlichen Theil des Justiz⸗Ministerial⸗ Blattes gemacht. In dieser Zusammenstellung wird auch eine

Aeußerung in einem der Berichte erwähnt, und diese Aeußerung in

der Fassung, in welcher sie der Schöffenrichter in der Verhandlung wiedergegeben hat, lautet dahin:

Gerade in der gegenwärtigen Zeit thut es bei der großen Freiheit des Individuums und bei der Lockerung aller Zuchtmittel dringend Noth, die Schranke des Gesetzes fest⸗ und die Achtung vor ihm hochzuhalten. Der Uebermuth, sich über das Gesetz hinweg⸗ zusetzen, und die Frivolität, mit der junge Burschen Gewaltthätig⸗ keiten verüben, hat sich bedenklich gesteigert.

Der Schöffenrichter hat nun erklärt, daß er diese Aeußerung in dem Berichte sich zu eigen mache, und daß das Schöffengericht diese Erwägung auch als maßgebend erachte für den damals zur Ent⸗ scheidung gestandenen Fall der Beleidigung eines Seelsorgers.

Was den ersten Theil der Anfrage des Herrn Abgeordneten an⸗ langt, so wird mein Kommissar den erforderlichen Aufschluß ertheilen.

Geheimer Justiz⸗Rath Lucas: Der Erlaß des Ober⸗Landes⸗ gerichts⸗Präsidenten sei schon im vorigen Jahre zurückgezogen worden, nachdem demselben die ministerielle Verfügung zugegangen sei, daß seine Maßnahmen die Billigung des Ministers nicht finden könnten. Das sei auch vollständig selbstverständlich für Jeden gewesen, der die Gepflogenheiten des preußischen Dienstes irgendwie kenne.

Abg. Bödiker: Die Zurückziehung des Antrags, betreffend den neuen Senats⸗Präsidenten In Breslau, beweise, daß, als seine Freunde in der zweiten Lesung sich dagegen gewandt hätten, es ihnen nicht um persönliche Rücksichten gegen den betreffenden Herrn ühabun Remefen fei, npen. daß die W het ehanh tr 8

neuen Stelle nicht genügt habe, und daß die Antrag⸗

steller das auch eingesehen Häticht Rencet 1 1 bg. raf zu Limburg⸗Stirum: Der Abg. Bödiker habe

sich, obwohl seine Partei eine Vereinfachung der Debatten erhofft habe, es sich nicht versagen können, auf diesen Punkt zurückzukommen. Er müsse ihn aber doch bitten, dem Verfahren seiner (des Redners) Partei keine andere Motivirung unterzulegen, als sie ausgesprochen habe, nämlich die Aussichtslosigkeit der Annahme ihres Antrages und den Wunsch, die Debatte abzukürzen. Er denke nicht daran, auf die Gründe, die der Abg. Bödiker angeführt habe, einzugehen und könne schließlich nichts weiter thun, als den Antrag zurückziehen. % „Abg. Nadbyl: Nach diesen Erklärungen des Abg. Grafen zu Limburg⸗Stirum versage lauch er es sich, auf seine Bemerkungen in

1 94

zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Pr

Berlin, Sonnabend, den 30. Mai

der zweiten Etatsberathung, betreffend die Breslauer Amtsrichter, hier zu erwidern.

Abg. Cremer: Er habe auf die Angriffe, die der Abg. Richter in der zweiten Lesung gegen ihn gerichtet habe, als er die Nicht⸗ weiterverfolgung seiner Beleidigungssache durch die Staatsanwalt⸗ schaft erwähnt habe, darum nicht geantwortet, weil er erst den steno⸗ graphischen Bericht seiner Rede habe abwarten wollen. Es sei die Rede davon gewesen, daß er sich sein Mandat habe abkaufen lassen, und zwar für 20 000 ℳ, daß er vom Reichskanzleramt ressortire, daß seine damalige chronische Heiserkeit nur auf Befehl des Reichskanzlers fingirt gewesen sei, und daß er dem Abg. Richter irgend welche Aeußerungen in den Mund gelegt habe. Er habe ihm nichts in den Mund gelegt, sondern nur gesagt, was in der „Vossischen Zeitung“ gestanden habe, und dahinter stecke der Abg. Richter. In einem Punkt allerdings könne er nicht umhin, dem Abg. Richter beizustimmen: das Material, das dieser benutzt und auf dem er mit freier Phantasie weiter gearbeitet habe, verdanke er wesentlich dem Abg. Stöcker. Der Abg. Richter sei zu seinen Aeußerungen veranlaßt worden dadurch, daß, als die Sache zum ersten Mal zur Verhandlung ge⸗ kommen sei, der Abg. Stöcker nicht mit der Klarheit, wie man sie von einem Manne, der die Sache ganz genau kenne, habe erwarten dürfen, ausgeführt habe, wie sie sich verhalte. Darauf habe der Abg. Richter weiter gebaut und der Sache schließlich die Form gegeben, welche in der „Voss. Ztg.“ zenthalten sei. Er persönlich habe mit der ganzen Affaire auch nicht das Geringste zu thun. Er sei von seinem Reichstagswahlkreise zurückgetreten, weil man damals vor dem ersten Versuch eines Kartells zwischen Konservativen, Nationalliberalen und Freikonservativen gestanden habe und er es nicht habe riskiren können, durch eine so schwer kompromittirte Persön⸗ lichkeit, wie er als Antisemit damals gewesen sei und vielleicht heute noch sei, das Kartell scheitern zu lassen. Die nationalliberale Partei habe nach links hin allerlei zweifelhafte Verwandtschaften und hätte ihn nicht acceptiren können, da sei er freiwillig zurückgetreten, um keine Schwierigkeiten zu veranlassen; wenn er aber damals seine Person zum Opfer gebracht habe, um die große Politik des Fürsten Bis⸗ marck zu unterstützen, so kätte man das öffentlich anerkennen, nicht aber mit unehrlichen Waffen gegen ihn auf Mensur treten und seinen persönlichen Charakter angreifen sollen.

Abg. Richter: Der Abg. Cremer habe seine Ausführungen auf einen Bericht der „Vossischen Zeitung“ über eine von ihm (Redner) in einer Volksversammlung auf Tivoli gehaltene Rede bezogen und in der zweiten Lesung auf Zwischenruse aus seiner Nachbarschaft behauptet, hinter diesem Bericht stände er (Redner). Er habe diesen Bericht der „Vossischen Zeitung“ aber niemals gelesen, überhaupt erst aus der Rede des Abg. Cremer davon Kenntniß gewonnen. Vor Gericht habe er ausgesagt, daß der Bericht seine Rede nicht richtig wiedergebe, und das sei selbstverständlich, da jene Rede eine Stunde gedauert habe und der Bericht sehr kurz sei; da hätten die einzelnen Bemerkungen natürlich schärfer pointirt hervortreten müssen. Er habe auf Tivoli genau das⸗ selbe gesagt, wie zuvor schon im Reichstage in einer Diskussion mit dem Abg. Stöcker, der ihn damals provozirt habe, die Sache an einer Stelle zu wiederholen, wo er nicht den Schutz des Abge⸗ ordneten genösse. Er habe nicht gesagt, daß man dem Abg. Cremer persönlich Geld gegeben habe zu seinem Privat⸗ vortheil, um ihn zu veranlassen, von der Kandidatur zurückzutreten, sondern er habe nur das gesagt, was in den Ausführungen der kon⸗ servativen Presse enthalten gewesen sei. Danach habe ein unbekannter Wohlthäter der Name sei später genannt worden 10⸗ oder 20 000 zur Unterstützung von Kartellwahlen gegeben, in Folge dessen ein Kandidatenwechsel eingetreten und der Abg. Cremer von seiner Kandidatur zurückgetreten sei. Dazwischen stehe nach konservativen Blättern eine Aufforderung des Hrn. von Rottenburg an den Abg. Cremer, zurückzutreten. Er habe damals geglaubt, der Abg. Cremer habe eine Beleidigungsklage gegen die „Voss. Ztg.“ ange⸗ strengt, das sei aber nicht der Fall gewesen, also müsse seine Vernehmung erfolgt sein in Folge einer Denunziation des Abg. Cremer gegen ihn, und wenn danach weiter nichts erfolgt sei, so müsse die Staats⸗ anwaltschaft sich überzeugt haben, daß kein Grund vorliege, die Sache gegen ihn weiter zu verfolgen. Ihm sei überhaupt unklar, warum der Abg. Cremer immer wieder auf diese Sache zurückkomme; es müsse das Gründe haben, die sich zur Zeit noch der Oeffentlichkeit entzögen, daß er sich bemühe, die Aufmerksamkeit wieder auf seine Person zu lenken.

Abg. Cremer: Die letzte Aeußerung sei so recht Richterisch gewesen. Er habe den Abg. Richter nicht denunzirt aus dem einfachen Grunde, weil er sich habe sagen müssen, der Abg. Richter werde sich sofort hinter den Vorwand verkriechen: er habe das nicht gesagt, und dann entscheide der Richter: angebrachtermaßen sei die Klage zurück⸗ zuweisen. Außerdem habe der Abg. Richter den Vorzug als Abgeord⸗ neter, während des größten Theils des Jahres immun zu sein. Er würde drei, vier Jahre hinter dem Abg. Richter haben herlaufen können, bevor er ihn vor den Staatsanwalt hätte ziehen können. Deshalb habe er sich als praktischer Mensch an die „Vossische Zeitung“ gehalten. Ob der Abg. Richter das gesagt habe oder nicht, jeden⸗ falls stehe in der „Vossischen Zeitung“ klipp und klar: „seitdem ihm für 20 000 sein Mandat abgekauft worden ist, ist er ein stiller Mann geworden“. Daß dies eine Beleidigung gegen ihn sei, liege auf der Hand. Deshalb habe sich seine Beschwerde hier im Hause nicht gegen den Abg. Richter gerichtet man halte ihn doch nicht für so naiv, daß er beleidigende Aeußerungen des Abg. Richter gegen ihn als solche auffasse (Heiterkeit rechts) —, sondern ausdrü⸗ lich nur gegen den Herrn Staatsanwalt, der auffallender Weise ein öffentliches Interesse in dieser Sache nicht für vorliegend erachtet habe. Er sei die friedfertigste Natur von der Welt, wenn er nicht angegriffen werde. (Rufe links: Zur Sache!) Das Haus werde zugeben, daß, wenn der Abg. Richter mit der Denunziation gegen ihn schließe, daß zer persönliche Gründe haben müsse, immer wieder und wieder auf die Sache zurückzukommen, er das vollste Recht habe, nachzuweisen, daß in seinem Charakter die Schuld nicht stecke. Von ihm seien die Provokationen nicht ausgegangen, er lasse Jeden in Ruhe, der ihn nicht störe. Sollte trotzdem noch Jemand Lust haben, jene Anschuldigungen gegen ihn zu wiederholen, so verweise er auf seine bekannte Erklärung.

g. Brandenburg empfiehlt, die Waisenräthe mit dem Vormundschaftsgericht in engere Verbindung zu bringen.

Abg. Jürgensen bezeichnet den Umbau des Gefängnisses in

Flensburg als dringend nothwendig.

Geheimer Ober⸗Justiz⸗Rath Starke: Die Staatsregierung erkenne an, daß das Gefäaͤngniß in Flensburg schlecht sei. Es hätten bereits eingehende Verhandlungen darüber stattgefunden, wie dem Uebelstande abzuhelfen sei. Die Sache sei aber nicht so leicht. Wenn auch zu boffen sei, daß der Finanz⸗Minister die er⸗ forderlichen Mittel geben werde, so schwebten darüber noch Erwägungen, ob 1. 2n Gefängniß zugleich ein neues Gerichtsgebäude gebaut werden müsse.

Damit ist der Etat des Justiz⸗Ministeriums erledigt. Beim Etat des Ministeriums des Innern bringt

Abg. Dr. Friedberg die Beschlagnahme der „National⸗Zeitung“ vom 16. Mai zur Sprache, welche lediglich dadurch veranlaßt sei, daß zwei Mal der verantwortliche Redacteur, aber nicht der Drucker und Verleger angegeben gewesen sei. Nach §. 23 des Preßgesebes sei der Polizei⸗Präsident zur Beschlagnahme zwar befugt, aber keines⸗

wegs genöthigt. Darüber lasse auch der Kommentar des konser⸗ vativen Abg. Oskar von Schwartze keinen Zweifel. Es sei also dem vernünftigen Ermessen des Polizei⸗Präsidenten von Richthofen über⸗ lassen gewesen, ob er eine Beschlagnahme eintreten lassen wolle oder nicht. Ob dies Ermessen thatsächlich ein vernünftiges gewesen sei, darüber walteten bei ihm doch sehr erhebliche Zweifel ob. Es habe nicht zweifelhaft sein können, daß hier ein Irrthum vorliege. Der Präsident hätte sich sagen müssen, daß ein so gewalt⸗ sames Vorgehen durchaus ungerechtfertigt sei, daß es die Zeitung pekuniär und auch die Leser schäͤdige, welche, da es gerade Sonnabend vor Pfingsten gewesen sei, die Zeitung mehrere Tage hätten entbehren müssen. Es sei also lediglich eln unüberlegter Gewaltakt des Herrn Polizei⸗Präsidenten von Berlin gewesen. Uebrigens sei es nicht das erste Mal, daß der Praͤsident in einen derartigen Konflikt gekommen sei. Er erinnere an die durch nichts gerechtfertigte Beschlagnahme der „Volkszeitung“. Er richte deshalb ausdrücklich an den Minister des Innern die Frage: ob er das Verfahren des Polizei⸗Präsidenten in diesem Falle billige, und wenn, was er voraussetze, das nicht der Fall sei, ob er bereit sei, den verschiedenen Polizeibehörden eine Generalverfügung zugehen zu lassen, daß ein derartiger Vorgang, der die Autorität des Staats herabzusetzen im Stande sei, sich nicht wiederhole. (Lebhafter Beifall bei den Nationalliberalen.) 8

Minister des Innern Herrfurth:

Die Thatsachen, welche der Abg. Friedberg soeben angeführt hat, und die Rechtsdeduktionen, welche er zur Beurtheilung dieser That⸗ sachen dem Hause vorgetragen hat, sind mir nicht neu, sondern sie lagen mir bereits zwei Tage nach dem erwähnten Ereigniß in einem Leitartikel der „National⸗Zeitung“ vom 19. Mai vor. Allerdings hat die „National⸗Zeitung“, da ihr das Privileg der Immunität der Ahgeordneten nicht zur Seite steht, sich gehütet, das Verfahren des Polizei⸗Präsidenten in der Weise wie der Hr. Abg. Friedberg als einen „unüberlegten Gewaltakt“ zu charakterisiren.

Meine Herren, es war mir allerdings, als ich diesen Artikel las, der Inhalt desselben sehr auffallend, und ich habe sofort Ver⸗ anlassung genommen, darüber amtlich Bericht zu erfordern. Nachdem mir vor einigen Tagen der Bericht zugegangen ist, bin ich jetzt in der Lage, auf die erste Frage des Hrn. Abg. Friedberg zu antworten, daß ich das Verfahren des hiesigen Polizei⸗Präsidenten nicht zu mißbilligen vermag, und zwar aus dem Grunde, weil ein Umstand in diesem Artikel und in der Rede des Hrn. Abg. Friedberg mit Stillschweigen übergangen ist, welcher für mich bei der Beurtheilung der Frage ent⸗ scheidend ist.

Ich will zunächst anerkennen, daß die Rechtsdeduktionen des Hrn Abg. Friedberg und des Leitartikels der „National⸗Zeitung“ insowei meines Erachtens zutreffend sind, als der Polizei⸗Präsident auf Grun des Preßgesetzes befugt war, die Beschlagnahme zu veranlassen, da er jedoch hierzu nicht verpflichtet, sondern daß es eine Frage de Ermessens, der Zweckmäßigkeit für ihn war, ob er von der Befugni Gebrauch machen sollte oder nicht.

Ich möchte hierbei einschalten: die „National⸗Zeitung“ ist in einem Punkte etwas weiter gegangen, wie der Hr. Abg. Friedberg sie hat nämlich das Vorgehen des Polizei⸗Präsidenten als gesetzlich unzulässig bezeichnet, insoweit, als derselbe nicht bloß das be⸗ treffende Blatt, sondern auch die Beilage, die Verloosungsliste, mit

der Beschlagnahme unterzogen hat. Sie bemerkt, nicht in dem Leit⸗

artikel, aber in demselben Blatt:

Die Verloosungsliste vom Sonnabend werden wir nachliefern, 1

sobald das Polizei⸗Präsidium uns diese, unter Verletzung des §. 27 des Preßgesetzes mit konfiszirte besondere Beilage zurück⸗ gestellt hat.

Ich erwähne diesen Punkt, um hier zu konstatiren, daß auch in dieser Beziehung das Verfahren des Polizei⸗Präsidenten vollständig gesetzlich gerechtfertigt gewesen ist, denn die Bestimmung 8 Preßgesetzes wegen der Freigabe trennbarer,

des §. 27 des besonderer Beilagen bezieht sich auf den Fall, wenn in dem Hauptblatt oder in einer anderen Beilage ein Inhalt vorhanden gewesen ist, nicht auf den Fall, wenn die Beschlagnahme wegen formaler Vergehen gegen die §§. 6 ff. des Preßgesetzes erfolgt ist. Die Beschlagnahme ist im vorliegenden Falle angeordnet, weil der Name des Druckers und Verlegers nicht an⸗ gegeben war. Diese Beschlagnahme erstreckt sich in diesem Falle auf alle Bestandtheile der betreffkenden Nummer. Und wenn man diese Verloosungsliste wirklich als eine für sich bestehende Druckschrift an⸗ sehen wollte, so hätte sie mit Beschlag belegt werden können, weil derselbe Mangel bei der Verloosungsliste wie bei dem Hauptblatt vorhanden gewesen ist. Also an und für sich ist das Verfahren des Polizei⸗Präsidenten auch in dieser Beziehung durchaus gerechtfertigt. Es fragt sich nun, wie der Abg. Friedberg sagt, ob genügende Veranlassung vorlag, von dieser gesetzlichen Befugniß Gebrauch zu machen. Nun erkenne ich an, daß eine Beschlagnahme einer Zeitung sich als eine Maßnahme von sehr großer, weitgehender Be⸗ deutung nicht bloß für den Besitzer der Zeitung, sondern auch für die Leser darstellt. Ich möchte sagen, nicht nur für die Produzenten, sondern auch für die Konsumenten der Zeitung ist die Beschlagnahme überaus peinlich und unangenehm. Und ich halte es deshalb für durchaus richtig, daß, wenn ein solches rein formales Versehen vorliegt, man nicht gleich ohne Weiteres mit der Beschlagnahme vorgeht, sondern daß man zu⸗ nächst eine Warnung an die betreffende Zeitung eintreten läßt, diese Bestimmung zu befolgen und daß erst bei Wiederholung solcher Versehen die Beschlagnahme. einzutreten hat. Denn, meine Herren, daß man überhaupt niemals von diesem Recht Gebrauch machen dürfe, das wird auch der Abg. Friedberg nicht behaupten wollen. Ich würde dann wenigstens ihm sagen: wir würden uns dadurch in Widerspruch setzen mit der Absicht des Gesetzes und mit der Ansicht des Reichstages, welcher dieses Gesetz erlassen hat, denn es heißt in dem betreffenden Bericht des Reichstages aus dem Jahre 1874 über diese Bestimmung: „Es wäre eine offene Verletzung von Gesetzesvorschriften, solche Schriftstücke verbreiten zu lassen, welche so zu sagen die ersten Grundbedingungen ihrer rechtlichen Existenz nicht erfüllen.“ Stehe ich auf dem Standpunkt: bei der ersten derartigen Ver⸗

strafbarer

dens

Jahr 4 elcher t und

lius rlage lagen er haͤ mehr äden

rer ungd gar

ers⸗ lunge