s Dresden. Die Keramische Ausstellung, die der biesige Gewerbeverein in seinem Hause gegenwärtig veranstaltet, wird auf dem Gebiete der Keramik nicht gerade Epoche machen, da sie im Grunde genommen nur das vereinist, was man gemeinhin in den großen Schaufenstern Dresdens sieht. Immerbhin aber bietet sie manches Interessante und dazu einige wichtige Neuheiten. Es haben gegen 130 Firmen ausgestellt, von denen gegen 60. ihren Sitz in Dresden und seinen Vororten haben; ungefähr 30 kommen auf das übrige Sachsen; dazu kommen 20 sonstige deutsche und österreichische Firmen. Die Ausstellung gliedert sich in 6 Abtheilungen, nämlich Rohmaterialien; Chamotte und Terracotta; Porzellan, Majolika und
ayence; Glas; Maschinen, Werkzeuge und Metallgußwaaren; Literatur. Letztere beschränkt sich auf einige Zeitschriften und die trefflichen Ver⸗ öffentlichungen von Paul Bette in Berlin. Dazu kommt eine historische Abtheilung, die allerdings nicht glänzend ausgefallen ist. Sehr wichtig ist dabei eine unter dem Namen Deutschlands alte Por⸗ zellane ausgestellte, in sich abgeschlossene ei enartige Sammlung von Erzeugnissen fast sämmtlicher deutschen Porzellanfabriken, ein⸗ schließlich der Meißner, aus dem 18. und dem Beginn des 19. Jahr⸗ hunderts. In ihr befinden sich die seltensten Typen auch der Fabriken, die nur sehr kurze Zeit bestanden oder überhaupt in der Ferafn noch gar nicht erwähnt worden sind. Es sind vertreten: Althaldensleben, Ansbach, Berlin, Blankenhain, Breitenbach, Bruck⸗ berg, Kassel, Frankenthal, Fürstenberg, Fulda, Gera, Gotha, Groß⸗ Breitenbach, Grünstädt, Höchst, Limbach, Ludwigsburg, Meißen, Nymphen⸗ burg, Plauen a. H., Regensburg, Rudolstadt, Sülzerode, Straßburg, Ulm, Kloster Veilsdorf, Volkstädt, Wallendorf, Wien, Würzburg. Wir finden ferner hier alte Krüge von Grenzhausen, Siegburg, Rären, Creußen bei Bayreuth, Bunzlau bei Liegnitz und Meißen aus der Zeit Börtcher s, ehe ihm das Kaolin zu Händen gekommen war. Besonders schön ist ein derartiger, vollständig geschliffener cylindrischer Krug mit silbernen Beschlägen. Bemerkenswerth ist auch eine sehr alte gelblichbraune japanische Craquels Schale mit dem späteren Meißner Blumen⸗ Decor, sehr ähnlich sogenannten indischen Blumen. Die in kobaltblau verzierte Schale ist angeblich in einem Grabe auf der Insel Celebes aufgefunden worden. Unter den Porzellan ausstellenden Fabriken steht die Köniagliche Porzellan⸗Manufaktur zu Meißen obenan. Von ihren Figuren kommen wesentlich nur die alten in Betracht: Graf und Gräfin Brühl als Gärtner und Gärtnerin und einige feine Spitzenfiguren. Von ausgezeichneter Schönheit in Formen und Farben aber sind die Gebrauchsservice in den gefälligen Streublumen und dem kostbaren Dulongmuster, wovon Seine Majestät der König von Italien ein großes Serviee besitzt, in Purpur⸗ und Blaumalerei. Von letzterer Art ist für die Ausstellung ein neues geschmackoolles Muster, das sogenannte Emblemmuster, erfunden und ausgeführt worden. Die Formen der Geschirre sind fast durchgehends mustergültig, die Farben eschmackvoll und fein gewählt, Masse und Glasur von herrlichster Weiße und Durchsichtigkeit. Eadlich ist die Massemalerei (pate sur pate) der Manufaktur besonders zu erwähnen. Während in Sevres fast nur sehr große Stücke angefertigt werden, stellt Meißen mit Masse⸗ malerei kleinere Vasen, Dosen, Büchsen und Schalen köstlicher Art her. Die Technik besteht bekanntlich darin, daß mit Porzellanmasse auf dem farbigen Grund gemalt wird, der dann durch die weißen Figuren hindurchleuchtet. Meißen besitzt übrigens jetzt eine Skala von Unterglasur⸗Scharffeuerfarben, der nur noch ein reines Gelb fehlt. — Auf dem Gebiet der Favence und des Steinzeugs nimmt die Firma Villeroy und Boch unbestritten die erste Stelle ein, deren zahlreiche Fabriken in Dresden, Mettlach, Saargemünd u. s. w. durch R. Ufer's Nachfolger in Dresden vertreten sind. Außer ihren bekannten Fabrikaten sind besonders zwei neue zu erwähnen. Einmal hat die Firma ein durch⸗ aus wetterbeständiges Gemälde auf Mettlacher Fliesen ausgestellt. Bisher gab es kein Material, das dauernd der Hitze und Kälte, der Feuchtigkeit und der Salzsäure des Schnees erfolg⸗ reich Widerstand geleistet hätte; das leisteten weder die persi⸗ schen Fayencen, noch Salviagti⸗Mosaik, noch die Steingutbilder u. s. w. In den Mettlacher Bodenfliesen ist es nun gelungen, die Bestand⸗ theile so zu mischen und zuzubereiten, daß sie ganz gleichmäßig schwinden und eine vollkommen gleichmäßige, undurchlässige, wetter⸗ beständige Masse bilden. Der Maler Hr. Zeutzius hat in dieser Technik ein großes Gemälde, Handel und Industrie darstellend, nach Motiven von Carl Gehrts zusammengestellt und gemalt, das für eine Außenwand der Dresdner Fabrik von Nillexoy und Boch bestimmt ist und sich durch seine künstlerische Ausführung „arzeichnet, da das Material keinerlei Zwang auferlegt. Diese Erfindung, die nach Angabe der Betheiligten durch jahrelange Proben bewährt ist, ehe sie an die Oeffentlichkeit tritt, dürfte von nicht zu unterschätzender Wichtigkeit für den Außen⸗ schmuck der Gebäude werden. Außerdem hat dieselbe Fabrik eine Menge zahlreicher großer Gefäße in japanischen Formen (Vasen und Kübel) ausgestellt, die sich vurch schönen gleichmäßigen Grund in Ueberfangfarben und durch prachtvollen Blumenschmuck in glänzenden Scharffeuerfarben (unter Glasur) auszeichnen. Die antiken großen Formen machen einen höchst vornehmen Eiadruck. Diese beiden Aus⸗ stellungsgegenstände bilden ebenso wie die erwähnten Erzeugnisse der Meißner Manufaktur Glanzpunkte der Ausstellung. — Vorzügliches Gebrauchsgeschirr von vornehmen Formen finden wir dann noch von C. N. Hutschenreuter in Hohenberg i. Bayern, Christian Fischer in Zwickau und von Römer und Födisch in Fraureuth. In Spitzen⸗ figuren, einer bloßen Spielerei, die aber viel Beifall findet, leistet die Firma Schierholz u. S. zu Plaue in Thüringen Hervorragendes.
— Die „Frankf. Ztg.“ meldet aus Bern: Zum inter⸗ nationalen geographischen Kongreß, der vom 10. bis 14. August in Bern stattfindet, sind bis jetzt 53 Spezialvorträge an⸗ gemeldet. Als Vortragende sind u. A. verzeichnet: Prinz Roland Bonaparte, Prinz Heinrich von Orleans, Professor Kirchhoff (Halle), Professor Ratzel (Leipzig), Graf Pfeil, der australische, der ameri⸗ kanische und der spanische Delegirte.
— Das Museum für die nordischen Alterthümer in Kopenhagen bat kürzlich einen sehr bemerkenswerthen Silber⸗ fund durch den Ober⸗Ingenieur der Staatsbahnbauten erhalten. Bei den stattfindenden Eisenbahnbauten im Amte Aalborg in Jütland sttießen die Arbeiter nämlich beim Ausschachten nur 8—9 Zoll unter der Erdoberfläche auf eine im Laufe der Zeit zerbrochene Urne, welche u. A. enthielt: einen zerbrochenen Armring, mit gepunzten dreieckigen Ornamenten verziert; eine große runde, gleichfalls zerbrochene Spange mit zugehöriger Nadel, beide mit gekörnten Ornamenten versehen; gegen 40 Bruchstücke von verschiedenen Schmucksachen; zwei zusammen⸗ gebogene Silberbarren; drei vollständige und zwei unvollständige Perlen. In der Urne waren außerdem niedergelegt: 170 silberne Münzen aus der Zeit Kaiser Otto’'s I. (936 — 973), geprägt in Köln,
D., Feine in Doorestad in Holland geprägte Münze
“ Literatiet.
Rechts⸗ und Staatswissenschaft.
Mlr. Die deutsche Civilprozeßordnung. Für Studium und Praxis erläutert von O. Reincke, Reichsgerichts⸗Ratb. Zweite, verbesserte Auflage. Berlin 1890, Verlag von H. W. Müller. Erste und zweite Lieferung. — Gelegentlich der Besprechung des Kommentars zum Aktiengesetz von Kayser haben wir an dieser Stelle darauf hin⸗ weisen können, in wie hervorragender Weise der Verfasser der Haupt⸗ aufgabe des Kommentators, der systematischen Durcharbeitung des Gesetzesstoffes, gerecht geworden sei. Der gleiche Vorzug ist es, der dem vorliegenden Werk alsbald nach seinem Erscheinen trotz der Fülle der vorhandenen gleichartigen Arbeiten eine große, täglich wachsende Schaar von Anhängern gewonnen und bereits eine zweite Auflage nöthig gemacht hat. In dieser hat der Verfasser, ohne an seiner bewährten Methode etwas zu ändern, den Literaturangaben einen breiteren Raum als bisher gewährt. Diese Neuerung wird Denen, die das Buch für wissenschaftliche Zwecke benutzen wollen, sicherlich willkommen sein. Die praktische Brauchbarkeit des Werks ist durch mancherlei Zusätze und Berichtigungen noch erhöht worden. Die neue Auflage erscheint in sechs Lieferungen, von denen die erste gratis aus⸗ gegeben wird. Der Gesammtpreis ist auf ca. 15 ℳ berechnet. Aus⸗ stattung und Druck sind vorzüglich.
.—
Mlr. Sachwaltung oder Skandalprozeß? Eine Unter⸗
suchung über den Verfall des Advokatenstandes unter Bezugnahme auf den Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuchs und die Entscheidungen des Ehrengerichtshofes für deutsche Rechtsanwälte. Von Kuno Stommel, Dr phil Düsseldorf, Verlag von Felix Bagel. — Der Titel ist nicht glücklich gewählt, denn er läßt auf eine leiden⸗ schaftlichere Behandlung des Themas schließen, als sie in Wirklichkeit erfolgt ist. Auch kann nicht in Abrede gestellt werden, daß der Ver⸗ fasser sich mit den tiefsten und schwierigsten Fragen der Rechts⸗ philosophie und Rechtspolitik, mögen dieselben immerhin im letzten Ende mit den von ihm untersuchten Mißständen zusammenhängen, ausführlicher beschäftigt hat, als für die scharfe, eindringliche Dar⸗ stellung seines Gegenstandes zuträglich war. Hiervon, sowie von manchen, bei dem Standpunkt des Verfassers wohl schwer zu vermeidenden Uebertreibungen abgesehen, sind inder Schrift trotz aller Bitterkeit der Kritik zahlreiche warm empfundene und bemerkens⸗ werthe Gedanken enthalten. Stommel verachtet den Anwaltstand nicht. Er hält ihn sehr hoch und weist ihm eine hervorragende Stellung in der Rechtspflege an. Nur beklagt er, daß die Träger dieses Standes oft nicht von einer entsprechend vornehmen Gesinnung durchdrungen seien. Mit scharfen Strichen entwirft er ein Bild von den Untugenden, mit denen seiner Ansicht nach viele Anwälte sich in den Gerichtssälen breit machen. Den inneren Grund für dieses Ge⸗ bahren sucht er weniger in böser Absicht, als in einer aus dem Charakter des die moderne Rechtsprechung beherrschenden römischen Rechts zu er⸗ klärenden Folge. — Stommel ist ein begeisterter Anhänger der Satzungen des deutschen Rechts. In der Mißachtung desselben zu Gunsten des römischen Rechts, deren auch der Entwurf für das bürgerliche Gesetzbuch sich schuldig mache, erblickt er eine große Gefahr. Zwei Momente sind es wesentlich, welche ihm das römische Recht als das minderwerthige erscheinen lassen, und auf welche die unheilvollen Wirkungen desselben zurückzuführen seien: Einmal, daß es die vor⸗ nehmste Aufgabe des Richters, seine rechte schöpferische Thätigkeit, durch das Uebermaß von Bestimmungen, durch die jeder sich ereignende Fall im Voraus entschieden werden solle, unmöglich mache, und zweitens, daß es willkürlich einen Gegensatz zwischen privatem und öffent⸗ lichem Recht schaffe, während das deutsche Recht das ethische Prinzip „der Einheit allen Rechts“ betone. In Anlehnung an Erörterungen Gierke's u. A. über das gleiche Thema spinnt er diese Ideen eingehend weiter und zieht dann aus denselben — nicht ohne einige Gedankensprünge zu machen — seine Schlußfolgerungen für den Anwaltstand. Die angedeuteten Grundsätze des römischen Rechts haben nach ihm den Zustand hervorgebracht, daß der Anwalt sich als Gegner des Richters, bezw. des Staatsanwalts betrachte. Statt sich mit ihnen eins zu wissen in dem Streben, der Gerechtigkeit zum Siege zu verhelfen, sei er lediglich bemüht, die Interessen seiner Mandanten dem Gesetz gegenüber, auf welche Weise es immer sei, auch gegen seine innere Ueberzeugung, durchdringen zu lassen. — Daher rühre der Verfall des Anwaltstandes, der sich in den Vorträgen vor Gericht hauptsächlich „in unsachlicher Herabsetzung des Gegners, in ver⸗ wirrendem Detail und halbwahren, nicht ernstgemeinten Beweisanträgen zeige. Hier sei Umkehr dringend geboten. Ein deutsches Sprüchwort sage, „was walsch ist, falsch ist.. Der ganze Juristenstand, und insbesondere der Anwaltstand, müsse lernen, sich von den römischen Grundsätzen frei zu machen. Es gelte die sittliche Vertiefung der Rechtsanschauungen. Nicht nach formaler logischer Wahrheit, an der der Römer sich genügen lasse, sondern nach echter innerer Wahrheit sei zu streben. Die „deutsche Treue muͤsse das Wahrzeichen des deutschen Rechtsanwalts werden. Wir haben den Weg, auf welchem Stommel zu diesem Resultat gelangt ist, nur andeuten mögen. Seine einseitige Bekämpfung des römischen Rechts und die Exemplifizirung auf dasselbe für moderne Verhältnisse wird nicht allgemein befriedigen. In seinen Deduktionen ist Wahres und Schiefes, Geistreiches und wenig Geschmackvolles, Eigenes und Fremdes nebeneinander enthalten. Aber die Schrift ist überall interessant, ohne irgendwie sensationelle Bedürfnisse befriedigen zu wollen; und vor allen Dingen, der Verfasser meint es ehrlich mit seinem Tadel, seinen Mahnungen, seinen Vorschlägen, und im Ergebniß wird man ihm durchaus beipflichten können. Daß der Rechtsanwaltsstand mit Ernst auf eine vertiefte Auffassung von dem Wesen seines Be⸗ rufs hinarbeiten müsse, um in ethischer Beziehung dem Richter gleich⸗ zukommen, ist kein Geheimniß und wird von einsichtsvollen Anwälten bereitwillig anerkannt. Stommel's Schrift hat das Verdienst, die Schäden freimüthig aufgedeckt und auf das zu erreichende Ziel mit Kraft eines national und ideal denkenden Geistes hingewiesen zu haben. — Nr. 4 und 5 von G. Hirth's „Annalen des Deutschen Reichs für Gesetzgebung, Verwaltung und Statistik“ (Verlag von G. Hirth in München und Leipzig) bringen den Bericht der VIII Reichstagskommission über den Gesetzentwurf, betreffend Ab⸗ änderung der Gewerbeordnung (Arbeiterschutzgesetz); ferner einen Aufsatz des Justiz-Raths Max Joel in Berlin über die Frage der „Anleihen für die Schutzgebiete“, worin dargelegt wird. daß nur das mit juristischer Persönlichkeit ausgestattete Schutz⸗ gebiet, aber nicht das Reich Schuldner aus der Anleihe werden und daher deren Aufnahme ohne Genehmigung des Reichstages und des Bundesraths gültig erfolgen würde. Weiter enthält Heft 5 einen Aufsatz von Dr. Ludwig Fuld, Rechtsanwalt in Mainz, über den Umfang der Versicherungspflicht nach dem Inva⸗ liditäts⸗ und Altersversicherungsgesetz, worin für eine möglichst freie und weitgehende Interpretation der Gesetzesbestim⸗ mungen plädirt wird.
Sozialpolitik.
„Ansprachen für evangelische Arbeiter⸗-, Bürger⸗, Volks⸗ und Männer⸗Vereine“, zusammengestellt von Liec. theol. Weber, Pfarrer in M.⸗Gladbach. Gütersloh. Druck und Verlag von C. Bertelsmann. 1891. — Anlaß zur Herausgabe dieser Sammlung bot das vielfach zum Ausdruck gekommene Verlangen nach Ansprachen über geeignete Themata für solche evangelische Vereine, wie sie auf dem Titel vorliegenden Werks namhaft gemacht sind. Mit welcher Hingebung der im Centrum religiösen, sozialen und patriotischem Vereinslebens wirkende Verfasser diesem Verlangen entsprochen, dafür ist der vorliegende 584 Seiten umfassende Band seiner „Ansprachen“ ein deutlicher Beweis. Es sind darin 81 An⸗ sprachen aus dem Gebiete der sozialen Frage, ca. 30 Vorträge aus dem Gebiet der Welt⸗ und Zeitgeschichte, und etwa 20 Reden aus dem Gebiet der Kirchengeschichte vorhanden, die alle von christlicher Liebe, heiliger Vaterlandsbegeisterung und hingebender Kaisertreue durchzogen und für das Werk der Agitation praktisch sehr verwerthbar sind. Der Empfehlung, welche diesem Werke auf der Versammlung des Ausschusses christlicher Arbeitervereine in Berlin am 27. Mai zu Theil geworden, können auch wir uns anschließen.
— „Die Arbeiterversicherung im Deutschen Reich“ gegen Krankheit, Unfall und fürs Alter. Gemeinnützige Zeitung für alle Betheiligten, besonders die Kassenvorstände, und Sprechsaal für Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Kindelbrück 1889,90. Druck und Verlag von Karl Naumburg. — Zwei Jahrgänge dieser „gemein⸗ nützigen“ Zeitung liegen uns in elegantem Einband vor, nämlich der vierte 1889 und der fünfte 1890, Durch diese reichhaltige und lehr⸗ reiche Zeitschrift wird einem dringenden Bedürfniß aller Derjenigen begegnet, welche den Beruf haben, an der Verwirklichung der großen Aufgaben unserer sozialpolitischen Gesetzgebung mitzuwirken und die Gesetze in der Praxis anzuwenden Sie bezweckt dies auf vierfache Weise: zunächst bringt sie zum Abdruck die zur Durchführung der sozialpolitischen Reichsgesetze von den verschiedenen Bundesstaaten er⸗ gehenden Ausführungsbestimmungen, auch alle wichtigeren Ent⸗ scheidungen der Gerichte, wie des Reichs⸗Versicherungsamts, soweit dieselben von prinzipieller Bedeutung sind, und erörtert in sachlicher Weise wichtigere Meinungasverschiedenheiten, zu welchen die praktische Handhabung der Kranken⸗ und Unfallversicherungsgesetze Anlaß giebt; sie berichtet sodann ausführlich über die Be⸗ triebsergebnise der Krankenkassen und Berufsgenossenschaften, behandelt alle Verwaltungsfragen der bezw. Institutionen und ertheilt
auf alle einschlägigen Anfragen eingehende und zuverlässige Auskunft;
sie widmet ferner der in Vorbereitung befindlichen Alters⸗ und In⸗ validenversorgung eingebende Berücksichtigung und umfaßt sämmtliche Zweige der sozialpolitischen Gesetzgebung; endlich setzt sie ihre Leser
über die auf sozial⸗politischem Gebiet erschienenen literarischen Er⸗
zeugnisse in Kenntniß und orientirt dieselben auch über die in außer⸗ deutschen Staaten auf dem Gebiet des Arbeiter⸗Versicherungswesens zu Tage tretenden gesetzgeberischen Bestrebungen. So kann die „Ar⸗ beiter⸗Versicherung“ allen Kassen⸗ und Genossenschaftsvorständen, Ge⸗ meindevorständen und Vertrauensmännern, Gerichten und Aufsichts⸗ behörden, Arbeitgebern und Arbeitnehmern, überhaupt allen Bethei⸗ ligten, als praktisches Hülfsmittel warm empfohlen werden. Der Abonnementépreis für diese monatlich drei Mal in der Stärke von 1 bis 1 ½ Bogen erscheinenden Zeitung beträgt nur 2 ℳ für Deutsch⸗ land, 1,75 ö. W. für Oesterreich⸗Ungarn und 2 ℳ 50 ₰ für das ge⸗ sammte übrige Ausland. 1““
Zeitschtt—
— Nr. 2500 der „Illustrirten Zeitung⸗ (vom 30. Mai) enthält folgende Abbildungen: Die neuen Staats⸗Minister des König⸗ reichs Sachsen. — Einsegnung des Viehes in Rußland am 23. April a. St. (5. Mai), Originalzeichnung von G. Broling — Die Aus⸗ weisung der Königin⸗Mutter Natalie aus Belgrad: Der Straßen⸗
putsch und das Ausspannen der Pferde am 18 Mai, nach einer Skizze .
von Prof. Vl. Titelbach in Belgrad. — Das neue Universitätsge⸗ bäude in Lausanne, nach dem preisgekrönten Entwurf des Architekten André in Lyon. — Das Universitätsjubiläum in Lausanne: Typen von fremden Studenten im Festzuge, Skizze von Wieland. — Der Frühling, Deckengemälde von Hendrik Siemiradzki. — Aus den tiroler Alpen: der Schlern, nach der Natur gezeichnet von H. Heubner. — Aus dem Andreas Hofer⸗Festspiel in Oberdorf im bayrischen Ge⸗ birge, 2 Abbildungen. Originalzeichnungen von G. Franz: Die Er⸗ schießung Hofer's; Scene aus dem Festzuge (Kapuziner Haspinger, Hofer und Speckbacher). — Richard Voß. — Monatsbilder aus dem Soldatenleben. — Polytechnische Mittheilungen. — Moden.
Land⸗ und Forftwirthschaft.
Das gegen die hiesige Hagel⸗Versicherungs⸗Gesellschaft Germania eingeleitete Konzessions⸗Entziehungsverfahren hat dadurch seine Erledigung zee den daß die Gesellschaft nach längerem Sträuben den von der Aufsichtsbehörde gestellten Anforderungen Rechnung getragen hat. Aus diesem Grunde
ist es möglich gewesen, die Eventualität einer für die zahl⸗ reichen Mitglieder dieser Gegenseitigkeits⸗Gesellschaft mit großen Nachtheilen verknüpften Zwangsauflösung zu ver⸗ meiden, und die angestrengte Klage zurückzunehmen, nachdem in erster Instanz Seitens des hiesigen Bezirksausschusses bereits auf Entziehung der Konzession erkannt war.
Stand der Saaten.
Aus dem Regierungsbezirk Liegnitz wird berichtet: Die Früh⸗ jahrsbestellung hat, obgleich erst spät wegen des langen Winters be⸗ gonnen, doch einen günstigen Verlauf gehabt und dürfte jetzt in der Hauptsache zu Ende geführt sein. Der im Gebirge schmelzende Schnee hat zwar, wie immer, eine Anschwellung der Flüsse zur Folge gehabt, doch sind die Hochwasser, ohne irgend Schaden anzurichten, schnell wieder verlaufen.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.
Hamburg, 29. Mai. des alten Allgemeinen Krankenhauses ist seuche amtlich festgestellt worden.
* Handel und Gewerbe.
Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Kok
an der Ruhr und in Oberschlesien.
An der Ruhr sind am 29. Mai gestellt 10 310, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen.
us ruch der Lunge 8 8
8 Subhastations⸗Resultate. Beim Königlichen Amtsgericht I Berlin standen am
29. Mai 1891 die nachverzeichneten Grundstücke zur Versteigerung:
Schulstraße 51, dem Bauunternehmer Traugott Berndt hier gehörig. Das geringste Gebot wurde auf 1400 ℳ festgesetzt. Ersteher wurde der Kaufmann Moritz Bernstein, Borsigstraße 32, für das Meistgebot von 224 500 ℳ — Ferner Lehrterstraße 26 b., dem Maurermeister Carl Heuer gehörig. Das geringste Gebot wurde auf 292,23 ℳ festgesetzt. Ersteher wurde der Kaufmann Franz Glienicke hier für das Meistgebot von 121 000 ℳ
Berlin, 29. Mai. (Amtliche Preisfeststellung für Butter, Käse und Schmalz.) Butter: Hof⸗ und Genossen⸗ schaftsbutter Ia. 94 — 96 ℳ, IIa. 92 — 93 ℳ, IIIa. —, do. abfallende 88 — 91 ℳ, Land⸗, Preußische 83 — 85 ℳ, Netzbrücher 83 — 85 ℳ, Pommersche 83 — 8 ℳ, Polnische 83 — 85 ℳ, Bayer. Sennbutter — ℳ, do. Landbutter — ℳ., Schlesische 83 — 85 ℳ, Galizische 74 — 78 ℳ — Margarine 40 — 70 ℳ — Käse: Schweizer, Emmenthaler 93 — 98 ℳ, Bayerischer 75. — 80 ℳ, do. Ost⸗ und Westpreußischer Ia. 72 — 78 ℳ, do. IIa 65 — 70 ℳ, Holländer 85 — 90 ℳ, Limburger 40 — 46 ℳ, Quadratmagerkäse Ia. 18 — 22 ℳ, do IIa 12 — 14 ℳ — Schmalz: Prima Western 17 % Ta 40,50 ℳ, reines, in Deutschland raffinirt 43,00 — 45,50 ℳ, Berliner Braten⸗ schmalz 45 — 49,50 ℳ — Fett, in Amerika raffinirt 38,50 ℳ, in Deutschland raffinirt 40,00 — 42,00 ℳ — Tendenz: Butter: Bei zeitweise knappen Zufuhren blieben Preise behauptet. Schmalz: un⸗ verändert bei ruhigem Geschäft. ““ 1u“
— Pommersche Hypotheken⸗Aktienbank. Die Einnahmen weisen einen Ueberschuß von 141 142 ℳ auf, welcher die Vertheilung einer 6proz. Dividende auf die Vorzugsaktien gestattet. Dieses günstige Resultat ist dadurch erreicht worden, daß durch die Konversion sich die Pfandbrieflasten andauernd verringert haben, während die Einnahmen in Folge Verkaufs sämmtlicher Immobilien sich erhöht haben. Die Direktion hat zur Neuausgabe nur 4 proz. Pfandbriefe gebracht, da nach den Erfahrungen anderer Hypothekenbanken den⸗ selben z. Z. bei dauernden Kapitalsanlagen vor 3:½ proz. Pfandbriefen der Vorzug gegeben wird. Da durch die Reduktion des Aktienkapitals dasselbe auf 1 885 000 ℳ herunter⸗ geschrieben ist, so hat die Generalversammlung vom 22 Dezember 1890 beschlossen, das Kapital durch Ausgabe von 1 115 000 ℳ neuer Aktien auf 3 000 000 ℳ zu erhöhen und soll dieser Beschluß im Jahre 1891 zur Ausführung gebracht werden. Die Verwaltung be⸗ absichtigt ferner, sobald die Geldverhältnisse dies gestatten, eine weitere Erhöhung des Aktienkapitals vorzunehmen, und befindet sich ein ent⸗ sprechender Antrag auf der Tagesordnung der diesjährigen, auf den 30. Juni anberaumten ordentlichen Generalversammlung. Die Einnahmen betrugen insgesammt 1 066 5650 ℳ (1889: 820 789 ℳ), wogegen die Obligationenzinsen 588 998 ℳ (720 375), die Schuldenzinsen 33 041 ℳ (18 701), das Agio auf verlooste und ge⸗ kündigte Obligationen und Schuldscheine 175 875 ℳ, für Obligationen⸗ stempel 22 129 ℳ und Handlungsunkosten 96 858 ℳ (77 032 ℳ) absotbirten. Es ergiebt sich mithin, wie bereits oben angeführt, ein Reingewinn von 141 142 ℳ Der Hypotbekenbesitz hat sich von 15,53 Mill. Mark auf 17,58 Mill. Mark erhöht; davon waren 64,66 % städtische und 35,33 % ländliche Objekte. Von den größeren Städten entfielen auf Berlin 39,81 %, auf Breslau 12,10 % und auf Posen 2,39 % des gesammten Bestandes. Der Eingang der Hypotheken⸗ zinsen ist zufriedenstellend gewesen. Soweit die Bank an Zwangs⸗ versteigerungen betheiligt war, ist sie mit ihren Forderungen überall
(W. T. B.) Unter dem Viehbestand
ausgeboten worden. Der Bericht bemerkt, daß die Bank bei ihren Neubeleihungen ländliche Objekte nur unter besonders günstigen Um⸗ ständen beleihe. Der Obligationenumlauf hat sich von 14,85 Mill. Mark auf 14,04 Mill. Mark verringert, davon sind 832 950 ℳ 5 %ige zu 120 % rückzahlbar, 11,78 Mill. Mark 4 %oige zu Pari rückzahlbar und 1,43 Mill. Mark 3 ½ % ige zu Pari rückzahlbar, die übrigen höher verzinslichen und mit Agio rückzahlbaren Obligationen wurden kon⸗ vertirt. Im neuen Jahre wurden bisher weitere 4 ½ Mill. Mark 4 %ige Pari⸗Obligationen plazirt. — Vom oberschlesischen Eisen⸗ und Metallmarkt berichtet die „Schles. Ztg.“: Auf dem oberschlesischen Eisenmarkte haben sich die Verhältnisse nicht zum Besseren gewendet. Der Ver⸗ brauch an Roheisen nimmt bei den Werken stetig ab, und auch der Absatz nach Außen wird immer schwächer, sodaß die Hochofen⸗ werke, da auf eine baldige wesentliche Hebung des Eisengeschäfts wenig zu rechnen ist, den Betrieb auf der bisherigen Höhe nicht zu erhalten vermögen, sondern den Verhältnissen durch weitere Einschränkung des⸗ selben Rechnung zu tragen gezwungen sein werden. — Die in der letzten Woche spärlicher eingegangenen Ordres auf Handels⸗ eisen beeinflußten auch die geschäftliche Lage der Walzwerke; einzelne sahen sich sogar genöthigt, den Betrieb um ein Viertel zu reduziren, und dürften denselben noch mehr einschränken, wenn das Geschäft sich nicht bald hebt, wenn namentlich die Großhändler aus ihrer gegenwärtigen Zurückhaltung nicht hervor⸗ treten und durch umfangreichere Aufträge dem weiteren An⸗ wachsen der Bestände an Handelseisen vorbeugen. Bleche aller Art, räger und Baueisen erfreuen sich noch ziemlichen Absatzes; auch der Exvort für diese Artikel ist, wenn auch nicht in dem vor Wochen beobachteten Maße, noch zufriedenstellend, und ebenso gehen für Stahl⸗ fabrikate und Eisenbahn⸗Oberbau⸗Materialien genügende Bestellungen ein. — Die Eisengießereien sind bis jetzt gut beschäftigt und in vollem und lohnendem Betriebe; bei den Maschinen⸗ und Kessel⸗
fabriken ist eine solcher sogar auf Monate gesichert. — Im Zink⸗
geschäft ist wiederum eine Besserung zu verzeichnen, indem der Preis für Walzzink in letzter Woche erhöht worden ist, und zwar von 48 ℳ auf 48,75 ℳ per 100 kg; der Preis für Rohzink hat sich auf 45,20 ℳ für bessere Marken gehalten, und sind in letzter Zeit dazu größere Posten gehandelt worden. — Vom Siegerlaͤnder Eisenmarkt schreibt die „Köln. Volkszeitung“: Die sehr ungünstige Stimmung, welche lange Zeit hindurch den Eisenmarkt beherrschte, ist etwas gewichen; die be⸗ ständige Furcht. daß trotz der außerordentlich gedrückten Preise immer noch ein weiterer Rückgang zu gewärtigen sein könnte, ist vor der Hand verschwunden. In Roheisen sind, namentlich von den größeren Werken von Rheinland⸗Westfalen, im Siegerlande größere Mengen zur Lieferung für das dritte Vierteljahr gekauft worden, sodaß sich eine Befestigung der Preise bemerkbar macht. Nachdem ein guter Theil der Erzeugung für den genannten Zeitraum verschlossen ist, versuchen die Hochofenwerke mit erhöhten Preisen durchzudringen und fordern 1 bis 2 ℳ die Tonne mehr. Qualitäts⸗Puddeleisen wird auf 50 bis 52 ℳ gehalten. Die Puddel⸗ und Blechwalzwerke beobachten meist noch Zurückhaltung in Bezug auf den Einkauf von Roheisen, da die schlechte Verwerthung der eigenen Erzeug⸗ nisse entmuthigend wirkt. Für Eisenstein, dessen Preise auf manchen Gruben bis auf die Gestehungskosten gesunken waren, tritt man gegenwärtig auch mit kleinen Mehrforderungen hervor. Recht unerquicklich bleibt nach wie vor das Blechgeschäft, in welchem die Werke aus den verlustbringenden Preisen noch immer cht herausgekommen sind. Zwar hat auch hier eine Besserung der erhältnisse sich angebahnt; aber nur allmählich geht es mit den Preisen etwas vorwärts. Mehr als 135 bis 140 ℳ Grundpreis ist bis jetzt nur vereinzelt erzielt worden. Die Unterhand⸗ 8 wegen Bildung einer neuen Vereinigung haben bis tzt nur geringe Fortschritte gemacht Die rheinisch⸗ westfälische und schlesische Gruppe sind geschlossen für ein neues Syn⸗
„ wogegen die süddeutschen und siegerländer Werke noch nicht
usnahmslos ihre Zustimmung erklärt haben. Gut beschäftigt sind seit Monaten die Hammerwerke des Siegerlandes, welche ge⸗ schmiedetes Stabeisen für Radreifen u. s. w. liefern. Dieser Artikel, welcher in den letzten Jahren zeitweilig sehr vernachlässigt war, scheint sich jetzt dauernd wieder einer besseren Aufnahme erfreuen zu sollen.
— Bergbau⸗Gesellschaft Alstaden. Nach dem Geschäfts⸗ bericht für 1890 betrug die Förderung 262 075 t (im Vorjahr 241 575 t). Der Rohgewinn stellte sich auf 836 027 ℳ (246 119 ℳ), wovon nach Abzug der Zinsen für Schuldverschreibungen mit 23 970 ℳ, der Abschreibungen mit 223 906 ℳ (46 924 ℳ) und der zur Rückzahlung von Schuldverschreibungen nöthigen 25 380 ℳ 561 272 ℳ als Reingewinn (149 917 ℳ) verbleiben. Der Vorschlag der Mehrheit des Aufsichtsrathes geht dahin, 117 000 ℳ zu einer außerordentlichen Rückzahlung von 195 Schuld⸗ scheinen zu 600 ℳ, 22 215 ℳ zur Rücklage 86 400 ℳ zu 6 % Dividende und 315 000 ℳ zu 60 ℳ Dividende für jeden der 5250 Genußscheine zu verwenden und dem Aufsichtsrath 20 139 ℳ Gewinn⸗ antheile zu zahlen. Dagegen will die Minderheit der Rücklage 28 063 ℳ überweisen und 86 400 ℳ gleich 6 % Dividende, aber 420 000 ℳ gleich 80 ℳ für den Genußschein und 26 808 ℳ Gewinn⸗ antheile zahlen.
— Brasilianische Bank für Deutschland. In der gestrigen Aufsichtsrathssitzung der Brasilianischen Bank für Deutschland gelangte die Bilanz für das Jahr 1890 zur Vorlage. Der Aufsichts⸗ rath beschloß, vorbehaltlich der Revision der Generalversammlung die Vertheilung einer Dividende von 10 % auf das eingezahlte Kapital vorzuschlagen, die Reservefonds mit 10 % des Gewinnes zu dotiren und 92 680,24 ℳ auf neue Rechnung vorzutragen.
— Donau⸗Dampfschiffahrtsgesellschaft in Wien. Die Generalversammlung genehmigte einstimmig den Geschäftsbericht, sowie das Uebereinkommen mit der Regierung.
Breslau, 30. Mai. (W. T. B.) Bei der heutigen Schienens⸗ Submission der Königlichen Eisenbahndirektion Breslau offerirten die Oberschlesischen Werke 1500 t für 127 ℳ Bei der letzten Sub⸗ mission der Direktion Breslau pro Februar⸗März war der Preis 129 ℳ, bei derjenigen des Direktionsbezirks Bromberg 126 ℳ ge⸗ wesen.
Leipzig, 29. Mai. (W. T. B.) Kammzug⸗Termin⸗ handel. La Plata. Grundmuster B. pr. Juni 4,30 ℳ, pr. Juli 4,35 ℳ, pr. August 4,40 ℳ, pr. September 4,40 ℳ, pr. Oktober 4,42 ½ ℳ, pr. November 4,42 ½ ℳ, pr. Dezember 4,42 ½ ℳ, pr. Ja⸗ nuar 4.42 ½ ℳ Umsatz 80 000 kg. Fest.
Wien, 29. Mai. Die Wiener Börsenkammer beschloß, den Zinsenberechnungstermin der Südbahnaktien entsprechend dem Schlusse des Geschäftsjahres auf den 1. Januar statt wie bisher auf den 1. Mai, ferner den Zinsenberechnungstermin der Donau⸗ “ auf 1. Januar statt auf den 1. Juni fest⸗
etzen.
Prag, 30. Mai. Die Generalvc ersammlung der Böhmischen Nordbahn beschloß, aus dem Reingewinn von 802 598 Fl. L Dividende von 5 ½ % mit 714 990 Fl. auszuzahlen, 25,000 Fl. als Tantieme dem Verwaltungsrath zuzu⸗ weisen und 62 603 Fl. auf neue Rechnung vorzutragen. Der Vorsitzende Dr. Schmevkal widmete den verstorbenen Verwaltungsräthen Dr. Wachsmuth und Moritz Gröbe ehren⸗ 18 Nachrufe. Die ausgeloosten Verwaltungsräthe wurden wieder, Sehn und Heinrich Schmeykal neu gewählt. Auf eine Anfrage erklärte der Vorsitzende, daß die Verhandlungen mit der Re⸗ gierung wegen der Investitionen noch nicht beendet sind und daß die Verwaltung bestrebt sei, den Aufwand soviel wie möglich zu reduziren. Der Wunsch desselben Aktionärs, für die Investitionen Akrien und nicht Prioritäten zu emittiren, dürfte Berücksichtigung
finden
Manchester, 29. Mai. (W. T. B.) 12r Water Taylor 6 ¼, 30r Water Taylor 8 ½, 200 Water ee2ch 7 ½, 30r Water Clayton 7 ¾ 32 Mock Brooke 7 ⅛, 40r Mayoll 8 ⅝, 40er Medio Wilkinson 9 , 32r Warpeops Lees 78, 36r Warpcops Rowland 8 ⅛, 40r Double Weston 9 ⅛, 60r Double Courante Qualität 12 ¼,
32“ 116 vards 16 % 16 grey Printers aus 321/46r 163. Ruvig.
Glasgow, 29. Mai. (W. T. B.) Die Vorräthe von Roheisen in den Stores belaufen sich auf 512 452 Tons, gegen 746 418 Tons im vorigen Jahre.
Die Zahl der im Betrieb befindlichen Hochöfen beträgt 65 gegen 84 im vorigen Jahre.
Paris, 29. Mai. (W. T. B.) Bei beschränktem Umsatz ver⸗ lief die heutige Börse in fester Tendenz. Die Prämienerklärung scheint sich ungefähr auf der Höhe der gegenwärtigen Course zu voll⸗ ziehen. Die Baarkäufe dauern befriedigend fort.
Der Getreide⸗Import im April 1891 überstieg den Imbort in demselben Monat des Vorjahrs um 550 000 Metereentner. Hiesigen Blättermeldungen zufolge erhöht der neue russische Zoll⸗ tarif die Weinzöle um 50 %, wodurch insbesondere der Export von Bordeauxweinen nach Rußland stark abnehmen dürfte.
— 30. Mai. Wie aus Buenos Aires telegraphirt wird, schloß die gestrige Börse in Folge einer sehr beträchtlichen Hausse der Prämie auf Gold, welches am Schluß 421 notirte, in starker Erregung.
Bern, 29. Mai. (W. T. B.) Die zur Berathung des An⸗ kaufs von Centralbahn⸗Aktien eingesetzte Kommission des Nationalraths beschloß ferner einstimmig, auf die Vorlage des Bundesraths Betreffs Ankaufs der Centralbahn als solcher zur Zeit nicht einzugehen.
New⸗York, 29. Mai. (W. T. B.) Baumwollen⸗Wochen⸗ bericht. Zufuhren in allen Unionshäfen 33 000 Ballen, Ausfuhr nach Großbritannien 29 000 Ballen, Ausfuhr nach dem Kontinent 13 000 Ballen. Vorrath 398 000 Ballen.
Der Werth der in der vergangenen Woche eingeführten Waaren betrug 10 451 651 Dollars gegen 10 421 158 Dollars in der Vorwoche, davon für Stoffe 1 419 534 Dollars gegen 1 744 438 Dollars in der Wochhh 66 v11A1AXAXA“
““ Verkehrs⸗Anstalten.
Große Berliner Pferde⸗Eisenbahn. Die Einnahme vom 21 bis 27. Mai betrug 278 232 ℳ (Vorjahr 316 613 ℳ). Die Einnahme vom 1. Januar bis 21. Mai cr. 5 638 017 ℳ (Vorjahr 5 559 949 ℳ).
Bremen, 29. Mai. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Schnelldampfer „Elbe“, auf der Fahrt nach New⸗PYork be⸗ griffen, ist gestern Nachmittag von Southampton abgegangen. Der Schnelldampfer „Fulda“ ist gestern Nachmittag 9 Uhr in Southampton angekommen und hat um 10 Uhr mit 360 Passagieren die Reise nach Bremerhaven fortgesetzt. Der Dampfer „Hannover“ 8 1. Antwerpen verlassen und die Reise nach dem La Plata ortgesetzt.
— 30 Mai (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd: Der Postdampfer „Berlin“, nach Brasilien bestimmt, hat am 29. Mai Vormittags St. Vincent passirt. Der Postdampfer „Graf Bis⸗ marck“ hat am 29. Mai 3 Uhr Nachmittags die Reise von Ant⸗ werpen nach Lissabon fortgesetzt. Der Reichs⸗Postdampfer, Sachsen“, nach Ostasien bestimmt, ist am 28. Mai 5 Uhr Nachmittags in Ant⸗ werpen angekommen. Der Reichs⸗Postdampfer „Stettin“ ist am 29. Mai 2 Uhr Morgens mit der für Australien bestimmten Post von Brindisi nach Port Said abgegangen.
Hamburg, 30. Mai. (W. T. B.) Hamburg⸗Amerika⸗ nische Packetfahrt⸗Aktiengesellschaft. Der Postdampeer „Saxonia ist, von Hamburg kommend, gestern in Havana einge⸗ troffen. Der Postdampfer „Australia“ hat, von New⸗York kom⸗ mend, gestern Abend 9 Uhr Lizard passirt.
London, 29. Mai, (W. T. B.) Der Castle⸗Dampfer „Garth Castle“ ist gestern auf der Ausreise in Capetown angekommen.
— 30. Mai. (W. T. B.) Der Union⸗Dampfer „Mexikan“ ist gestern auf der Ausreise von Southampton abgegangen.
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Mannigfaltiges.
Der Evangelisch⸗kirchliche Hülfsverein hielt Donnerstag, als am 3. Jahrestage seiner Begründung, seine Generalversammlung, die Jahresversammlung seines weiteren Ausschusses ab. Zur feierlichen Eröffnung derselben hatten sich Vormittags 9 Uhr eine stattliche Zahl von Männern aus Berlin und allen Provinzen im Elisabethsaal des Königlichen Schlosses versammelt. Bald nach 9 Uhr erschien Ihre Majestät die Kaiserin und Königin, die Hohe Protektorin des Vereins, welche der Versammlung beizuwohnen die Gnade hatte. Im Gefolge Ihrer Majestät befanden sich die Ober⸗Hofmeisterin Gräfin von Brockdorff, die Hofdamen Gräfin von Keller und Fräulein von Gersdorff, der Ober⸗Hofmeister Freiherr von Mirbach und die Kammerherren von dem Knesebeck und Freiherr von der Reck. Ihre Majestät begrüßte beim Eintritt in den Saal die Delegirten huldvoll. Danach sprach der Vorsitzende des Engeren Ausschusses, Landes⸗ Direktor von Levetzow, Ihrer Majestät den allerunterthänigsten Dank aus für das Interesse, welches Allerhöchstdieselbe dem Verein fort⸗ dauernd zuwende, und begrüßte die Versammlung. Nach einem Ein⸗ gangsgebet des Ober⸗Konsistorial⸗Rarhs D. Freiherr von der Goltz erstattete Ober⸗Konsistorial⸗Rath Professor D. Weiß den Jahresbericht, welchem wir Folgendes entnehmen:
„Es hat sich bereits gezeigt, daß inmitten der vielverzweigten Organisationen für die Arbeiten der inneren Mission und der mannig⸗ fachen Bestrebungen zur Hebung sozialer Nothstände der Evangelisch⸗ kirchliche Hülfsverein seine eigenartige Bedeutung und ein segens⸗ reiches Arbeitsfeld findet, daß er keine derselben stört, aber helfend und fördernd in sie eingreift. Das soeben ausgegebene Verzeichniß der Mitglieder des Weiteren Ausschusses, das wir der unermüdlichen Arbeit unseres Schriftführers verdanken, giebt eine lichtvolle Ueber⸗ sicht über die Organisation unseres Vereins und seiner Zweigvereine. Voran steht der große Berliner Lokalverein, welcher mit dem Engeren Ausschuß organisch verbunden, bereits eine reiche und selbständige Wirksamkeit in unsrer Hauptstadt zu entfalten begonnen hat. Es folgen die neun alten Provinzen, deren Vereine, theils nach Bezirks⸗ und Kreisvereinen, theils nach Synodalbezirken organisirt, die Vor⸗ sitzenden, resp. Vertrauensmänner derselben nebst ihren Vorständen oder Engeren Ausschüssen und eine große Zahl anderer Mitglieder in den Weiteren Ausschuß des Gesammtvereins entsandt haben. Ihnen schließt sich zunächst die Provinz Schleswig⸗Holstein an. In Hannover hat sich neben dem großen Provirzialverein ein eigener Zweigverein für Ostfriesland gebildet, in Hessen⸗Nassau haben sich die Konsistorial⸗ bezirke Kassel und Wiesbaden selbständig organisirt, Frankfurt a. M. ist über eine provisorische Organisation noch nicht hinausgekommen. Dazu treten noch elf Mitglieder des Weiteren Ausschusses außerhalb Preußens. Hiernach besteht also der Weitere Ausschuß aus 177 Mit⸗ gliedern der Vorstände der größeren Provinzialvereine, aus 322 Vor⸗ sitzenden oder Vertrauensmännern der Zweigvereine und aus 651 ge⸗ wählten Mitgliedern. Es hat sich also bewährt, was in der kon⸗ stituirenden Versammlung geltend gemacht wurde, daß die Entwicklung unserer Arbeit eher zu einer planmäßigen Vergrößerung des Weiteren Ausschusses führen werde, als zur Verminderung seiner Mitglieder⸗ zahl. Es ist unser Stolz und unsere Hoffnung, daß 1150 Männer aus allen Gegenden des preußischen Vaterlandes sich haben bereit finden lassen, in denselben einzutreten und sich damit verpflichtet haben, das Interesse für die Arbeit unseres Vereins hinauszutragen bis in die weitesten Kreise. Eine erste Probe hat unsere Organisation ab⸗ elegt bei Gelegenheit der Hauskollekte, welche uns von dem Ministerium des Innern in zuvorkommendster Weise bewilligt wurde. Obwohl Schleswig⸗Holstein und Westfalen, die bereits im vorigen Jahre eine Hauskollekte erbeten und eingesammelt hatten, ausfielen, und vor allem Berlin, das eben erst seine großen grundlegenden Sammlungen veranstaltet hatte, so kamen doch im Ganzen gegen 158 000 ℳ zusammen, von denen die Hälfte dem Engeren Ausschuß zufällt. Insbesondere wünschen wir den Provinzen Brandenburg und Pommern von Herzen Glück, die jede über 20 000 ℳ erzielt haben und hinter denen Sachsen doch nur wenig zurück⸗ blieb, während Hannover zusammen mit Ostfriesland sogar 22 000 ℳ
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aufgebracht hat. Es handelt sich bei dieser Kollekte nicht nur um die Geldbeiträge, so dringend wir dieselben brauchen; denn diese können ja gar nicht erzielt werden, wenn nicht die Kunde von unserer Arbeit in die weitesten Kreise hinausgetragen und das Interesse dafür angeregt wird. Wie der Engere Ausschuß seiner Zeit für diesen Zweck allen Zweigvereinen ein Flugblatt zur Verfügung ge⸗ stellt hat, das die Herzen für die Betheiligung an der Kollekte er⸗ wärmen sollte, so hat er soeben sich ein eigenes Organ geschaffen, durch das die Mittheilungen aus unserer Arbeit wie der uns ver⸗ bündeten Vereine hinausgetragen werden soll bis in alle Gemeinden unseres Vaterlandes hinein und der Ruf zur Mithülfe an jede Thür klopfen. Die zwanglosen Blätter, deren erste Nummer soeben er⸗ schienen ist, sagen es klar genug was sie wollen und was wir wollen. Gern hätten wir dem schriftlichen Wort sofort die soviel wirksamere Agitation durch das mündliche zur Seite gestellt. Auch hat unser Herr Schriftführer bereits damit begonnen, in Wander⸗ versammlungen die Sache unseres Vereins zu vertreten; aber wir müssen noch viel zahlreichere Kräfte für unsere Arbeit gewinnen, wenn wir auch nur die Mittel, welche der Engere Ausschuß dafür bereits zur Verfügung gestellt hat, nutzbar machen wollen. Auch in diesem Jahre ist eine Summe von 250 000 ℳ, die für die Zwecke unseres Hülfsvereins aufgebracht ist, durch unsere Hände gegangen, und wenn wir davon auch 124 000 ℳ den Pro⸗ vinzialvereinen für ihre Sonderzwecke überlassen mußten, so hat doch der Engere Ausschuß, dem die hochherzige Gabe Ihrer Majestäten nebst anderen Zuwendungen im Betrage von 16 000 ℳ besonders zugeflossen ist, über die reichliche Hälfte derselben zu verfügen ge⸗ habt. Wir haben in diesem Jahre 73 000 ℳ, d. h. etwa 18 000 ℳ mehr als im vorigen Jahre, für die Zwecke unseres Vereins verwenden dürfen und schließen demnach mit einem Kassenbestand von gegen 41 000 ℳ, der mit dem Kassenbestand des vorigen Jahres von 46 000 ℳ immerhin einen stattlichen Reservefonds ergiebt. Freilich dürfen wir nicht verschweigen, daß bei der sich mehrenden Zahl dringender Hülfsgesuche über einen erheblichen Theil desselben bereits nach dem Kassen⸗ abschluß verfügt ist, und daß wir für das kommende Jahr eines solchen Reservefonds um so dringender bedürfen, als die aus den Provinzen aufkommenden Beträge weitaus nicht die Summe erhoffen lassen, welche uns dieses Jahr die Landeskollekte gebracht hat. — Es ent⸗ spricht einfach der Entstehungsgeschichte unseres Vereins, wenn der Engere Ausschuß auch in diesem Jahre den weitaus größten Theil ljeiner Mittel für die Berliner Stadtmission verwandt hat. Nach der genauesten Einsichtnahme in die Haushaltung derselben, die wir für unsere Pflicht hielten, haben wir der Stadtmission in diesem Jahre gegen 52 000 ℳ, d. h. 16 000 ℳ mehr als im vorigen Jahre zuwenden können. Dabei sind nun freilich nicht mitgerechnet die Summen, welche von unseren Zweigvereinen vorweg der Berliner Stadtmission zugeflossen sind nnd welche schon an sich über 19 000 ℳ betragen. Aber, Gottlob, mehrt sich ja die Zahl der Stadtmissionen in unseren großen Städten, deren Erhaltung und Erweiterung wir haben dienen können. Während die Stettiner und Magdeburger Stadtmissionen diesmal ganz von ihren Provinzen aus versorgt sind, haben wir die Stadtmissionen in Breslau, Danzig und Königsberg mit je 2 — 3000 ℳ unterstützen können, die in Frankfurt a. O. und Altona mit 1200 — 1600 ℳ, die in Kassel und Liegnitz mit je 500 ℳ Es liegt aber noch ganz im engsten Rahmen unserer Vereinsthätigkeit, wenn wir für eine Vorstadtgemeinde Berlins (Rixdorf) 2000 ℳ Behufs Anstellung eines Stadtmissionars und einer Gemeindediakonissin bewilligt haben, wenn wir für die kirchlichen Nothstände in einem von der Sozialdemokratie bedrohten Industrieflecken Luckenwalde 3000 ℳ, für Hülfsgeistliche in Forst und Dortmund je 1500, für die Zionskapelle und für geistliche Hülfe in der riesenhaften Elisabethgemeinde je 500 aufwenden konnten. Aber auch in diesem Jahre hat der Engere Ausschuß ohne ängstliche Abgrenzung seines Arbeitsgebietes auch solche Arbeiten der inneren Mission unterstützt, die nur im weiteren Sinne den kirchlichen Noth⸗ ständen abhelfen, so den Verein „Dienst an Arbeitslose“ in Berlin mit 500 ℳ, das Diakonissenhaus Lehmgrube in Breslau, bei dem es sich um Anstellung eines Hausgeistlichen handelt, mit 700 ℳ, und vor Allem, um den westfälischen Brüdern zu zeigen, wie gern wir nach dem Maß unserer Mittel ihren Wünschen entgegenkommen, auch wo sie bereits nach unserer Intereretation über den Rahmen unserer Vereinszwecke hinausgehen, das neubegründete Diakonissenhaus in Witten mit 2000 ℳ Mit voller Freudigkeit dagegen konnten wir dem neu zu begründenden Seemannsheim in Stettin 6000 ℳ in Aussicht stellen, weil es sich hier um die religiös sittliche Pflege unserer von den schwersten Versuchungen bedrohten Seeleute handelt,
die unmöglich den Kirchgemeinden, in deren Bezirk sie gerade weilen,
auferlegt werden kann. Nur daran müssen wir nach wie vor fest⸗
halten, daß die Gründung neuer Gemeinden und der Bau neuer
Kirchen weit über das Maß der uns verfügbaren Mittel hinausliegt.
Nachdem nunmehr zu den drei Kirchen, die in Berlin auf Anregung
Ihrer Majestät, unserer allergnädigsten Protektorin, gebaut werden
sollen, der Grundstein gelegt ist, haben wir die einst uns provisorisch
übertragene Bauleitung theilweise in die Hand der berufenen Ge⸗
meindeorgane legen können, von denen sie unter dem Beistande eines
Vertreters des Engeren Ausschusses mit größtem Eifer gefördert wird;
und die Fürsorge für weitere Kirchenbauten hat der neu begründete
Kirchbauverein übernommen, der ja bereits mit der Grundstein⸗
legung zur Kaiser Wilhelm⸗Gedächtnißkirche vorangegangen ist. Der
Evangelisch⸗kirchliche Hülfsverein kann, ohne seine Mittel zu zer⸗
splittern, nur da eintreten, wo unter den vorhandenen
kirchlichen Nothständen Aushülfe geschafft werden kann und
muß. Auch in diesem Jahre ist weit über ein Drittel der uns anver⸗
trauten Mittel in die Provinzen zurückgeflossen, um an Stellen zu
helfen, wo die Mittel der Provinzialvereine nicht ausreichten. Es ist
das ja gerade die Bestimmung des Engeren Ausschusses, überall da
aushelfend und vermittelnd einzutreten, wo die Noth am Größten
ist. Immer wieder und wieder müssen wir betonen, daß die zwei
Drittel, die wir für Berlin verwenden, doch keineswegs nur
lokalen Zwecken dienen, sondern der Abhülfe der religiös sittlichen
Nothstände, welche durch das Zusammenströmen aus allen Provinzen
herbeigeführt sind. Die Zeichen der Zeit reden laut genug davon,
wie unseres Volkes Wohl davon abhängt, ob ein neuer Geist der
Frömmigkeit und der Zucht, der Genügsamkeit und des Friedens
über dasselbe kommt, wie ihn nur die Kirche wirken kann durch Wort
und Sakrament. Das erhabene Vorbild unserer Protektorin, die sich
an unsere Spitze gestellt hat, bürgt dafür, daß es sich um ein wahr⸗
haft nationales Werk handelt, dem sich keiner entziehen darf, der noch
Liebe zu König und Vaterland hat.“
An den Jahresbericht schlossen sich Ansprachen und Berichte aus einigen Provinzialvereinen. Als Vorsitzender des Säͤchsischen Zweig⸗ vereins berichtete Graf Hohenthal⸗Dölkau, Namens des Rheinischen Zweigvereins der Schriftführer desselben Pfarrer Lic. Weber⸗M.⸗Glad⸗ bach. Zagleich wurde Seitens des Vorstands dieses Vereins Ihrer Majestät ein Geschenk desselben, eine prachtvolle Altarbibel für die Kaiser Wilbelm⸗Gedächtnißkirche, überreicht. In gleicher Weise hatte der Fabrikbesitzer Julius Aßmann⸗Lüdenscheid die Ehre, ein zum Altarschmuck für die Kaiserin Augusta⸗Gedächtnißkirche (Gnadenkirche im Invalidenpark) bestimmtes Kreuz der erlauchten Protektorin dar⸗ bringen zu dürfen. Auch eine von dem Vorstande des Westfälischen Zweigvereins für denselben Kirchbau gesammelte außerordentliche patriotische Spende im Betrage von 10 000 ℳ, welche Pastor D. von Bodelschwingh überreichte, wurde von Ihrer Majestät huldreich entgegengenommen. Hierauf ließ sich Allerhöchstdieselbe die Vor⸗ stände und eine Reihe angesehener Mitglieder des Vereins vorstellen und unterhielt sich eingehend mit denselben, besonders über die religiösen und kirchlichen Zustände in den Heimathprovinzen. Nach Ablauf einer Stunde verabschiedete sich die Kaiserin, nach allen Seiten freundlich grüäßend.
Der zweite Theil der Jahresversammlung, in welchem Ver⸗ waltungsbericht, Jahresrechnung, Neuwahlen, Organisationsfragen und sonstige Anträge zur geschäftlichen Verhandlung kamen, wurde von 11 Uhr ab im Landeshause der Provinz Brandenburg, Matthäikirch⸗
straße 20/21, unter Vorsitz des Herrn von Levetzow abgehalten.