Da Hr. Betz sich leidend fühlt und auf ärztliche Anordnung ein sofortigen Badekur unterziehen muß, ist der Künstler genöthigt ge⸗ wesen, auf seine Mitwirkung bei dem Görlitzer Musikfest zu verzichten und seine Thätigkeit an der Kegestte Oper zu unterbrechen. In Folge dessen kann wäbrend des„ ibelungen“⸗Cyklus „Siegfried⸗ nicht in Scene gehen; dafür wird den Freunden Wagner'’s eine Aufführung von „Tristan und Isolde“ an demselben Abend geboten werden. Am Donnerstag geht die Oper „Hiarne“ von Neuem mit den Damen Sucher und Staudigl sowie den Hrrn. Rothmühl, Bulß, Stammer, Mödlinger und Oberhauser in Scene. G“ G
Fr. Marcella Sembrich setzt ihr Gastspiel im Kroll’schen Theater am Sonntag als Rosine im „Barbier von Sevilla“ fort, während die nächste Aufführung von Delibes' Oper „Lakme“ mit der gefeierten Künstlerin auf Mittwoch, den 10. d. M., angesetzt ist, weil der Tenor Hr. Birrenkoven (der Vertreter des Gerold) von dem General-Intendanten der Königlichen Schauspiele Grafen Hochberg zur Mitwirkung bei dem schlesischen Musikfest in Görlitz aufgefordert worden ist, und von dort erst am Dienstag zurückkehrt. Billet⸗Bestellungen für diese nächste „Lakme“⸗ Aufführung werden an der Theaterkasse entgegengenommen. Morgen geht zum ersten Male „Der Waffenschmied“ in Scene, während am Donnerstag eine Wiederholung von Kreutzer's melodiöser Oper „Das Nachtlager in Granada“ stattfindet, in welcher Hr. Birrenkoven vor seiner Abreise noch einmal den Gonarez singt.
Das Thomas⸗Theater hat am letzten Sonntag seine erste Saison beschlossen und konnte bierbei auf eine Reihe schöner Erfolge zurückblicken. Die Absicht allerdings, auch auf dem Gebiet des Volks⸗ stücks das nachklassische Repertoire zu berücksichtigen, erwies sich als unvereinbar mit den pekuniären Erfolgen. Der erste Versuch in dieser Beziehung, die Aufführungen des phantastischen Zauber⸗ märchens: „Der Alpenkönig und der Menschenfeind“, das 19 Mal in Scene ging, konnte nur ein mäßiges Interesse erwecken, und es zeigte sich alsbald, daß die Erwartungen des Publikums sich nach einer anderen Richtung hin geltend machten. „Der Raub der Sabinerinnen“ ist bei sehr gut besuchten Häusern 25 Mal auf⸗ geführt worden, und auch die erste Novität: „Die Strohwittwe“ erzielte bei 12 Darstellungen einen guten Erfolg. Sehr lebhafte An⸗ erkennung fand die Wiederaufführung des Lustspiels „Deficite, welches zusammen mit dem Goethe'’schen „Jahrmarktsfest zu Plunders⸗ weilern“, dessen Wiederbelebung besonders freudig begrüßt wurde, zur Darstellung gelangte. Die leichtere Posse dagegen, wie z. B. „Der Wetterfrosch“, hat die Theilnahme des Publikums nicht mehr in dem Maße wie früher gefunden, dagegen zeigte sich diese in hohem Grade bei der Novität „Der Soldatenfreund“; dieses Lustspiel konnte unter großem Beifall 55 Mal zur Aufführung gelangen. 25 Mal wurde die Posse „Drei Paar Schuhe“ und 50 Mal „Der Registrator auf Reisen“ unter lautem Jubel des Publikums zur Dar⸗ stellung gebracht. Auch die letzte große Novität „Der Mil⸗ lionenbauer“ hat das Interesse des Publikums an 52 Abenden gefunden. „Die Reise auf gemeinschaftliche Kosten“, „Der liebe Onkel“ und die beiden Einakter „Cassis Pascha“ und „Der Zigeuner“ fanden freundliche Aufnahme. Für die nächste Saison, die mit dem 1. August ihren Anfang nimmt, sind die Vorarbeiten in
vollem Gange. 8
Die Intendantur des Münchener Hof⸗Theaters veröffent⸗ licht über die Frage des Hervorrufs folgende Mittheilung: „Die Königliche Hof⸗Theaterintendanz verfolgt schon seit Jahren den Plan, den Hervorruf der Künstler bei den Vorstellungen aufzuheben und hat nunmehr in Uebereinstimmung mit den Anschauungen des gesammten Künstlerpersonals die Anordnung getroffen, daß vom 1. Juni l. J. ab sowohl nach den Aktschlüssen als nach beendigter Vorstellung, unbeschadet der Beifallsbezeugungen, dem Hervorruf nicht mehr Folge geleistet werden darf. Ausnahmen hiervon sind statthaft: bei Jubiläen einheimischer Künstler, ferner am Schluß einer Vor⸗ stellung bei Gastspielen und bei erstmaligen Aufführungen für den Autor oder den an dessen Stelle erscheinenden diensthabenden 1ve“ “
Mannigfaltiges.
Zur Vorbereitung für die Weltausstellung in Berlin hat estern Abend der Verein zur Beförderung des Gewerb⸗ leißes einen besonderen Ausschuß niedergesetzt, in den Präsident Dr. von Bojanowski, Geheimer Regierungs⸗Rath Dr. W. von Siemens, Geheimer Bergrath Dr. Wedding. Geheimer Regierungs⸗ Rath Professor Reuleaux, Direktor Holtz, Fabrikbesitzer Paul Heck⸗ mann, Direktor Peters, Fabrikbesitzer H. imon, Rentier W. Wedding und Civilingenieur Veitmeyer gewählt wurden. Gleichzeitig wurde beschlossen, an den Reichskanzler folgende Denkschrift abzusenden „Euerer Excellenz beehrt sich der Verein zur Beförderung des Gewerb⸗ fleißes die ergebenste Bitte vorzutragen, hochgeneigtest bei den hohen deutschen Bundesregierungen die Zustimmung zur Veranstaltung einer
——
Wetterbericht vom 2. Juni Morgens 8 Uhr.
Stationen.
8
*†
8 Temperatur
Bar. auf 0 Gr u. d. Meeressp. red. in Millim in ° Celsius
Gebietstheilen meist trübe. — daselbst üesesaetnche 8 hösr vens Mösine Pieneet egh “ E“ am meisten, bis zu rad, an der grenze; von C. Bechstein. orher: Zum 5. Male: a 1
stellenweise ist Regen gefallen. Im centralen und von Ammergau. Anfang 7 Ubr. südlichen Frankreich, sowie im westdeutschen Binnen⸗ lande fanden Gewitter statt. Zu Queenstown fielen
36, auf den Scillys 29, zu Valencia 28 mm Regen. 7 ½ Uhr. Donnerstag und die folg. Tage: Der verlorene
Weltausstellung in Berlin im Jahre 1896 erwirken zu wollen. Der Verein, welcher gegenwärtig über 1000 Mitglieder, darunter 50 ge⸗ werbliche Vereine, Handelskammern und andere Körperschaften zählt, hatte einen sehr wesentlichen Antheil an der ersten allgemeinen'deutschen
Gewerbe⸗Ausstellung im Jahre 1844 gehabt. Dieser Umstand ist Ver⸗
anlassung geworden, daß ein damals bereits thätiges Mitglied eine deutsche Gewerbe⸗Ausstellung zur fünfzigjährigen Feier für das Jahr 1894 zur Anregung gebracht hat. Bei der Besprechung dieses Planes stellte sich indessen heraus, daß die Stimmung der Vereins⸗ mitglieder zwar fast ausnahmslos für eine Ausstellung überhaupt, nicht aber für eine deutsche, sondern für eine Weltausstellung sei, und daß mit Rücksicht auf die Weltausstellung in Chicago im Jahre 1893 der vorgeschlagene Zeitpunkt verfrüht erscheine. Hatte schon die in den Jahren 1885 und 1886 angeregte Ausstellung für das Jahr 1888 Zustimmung gefunden, obwohl das Zustandekommen der im Jahre darauf stattfindenden Weltausstellung in Paris von vornherein Zweifel am Gelingen erregen mußte, so darf mit Bestimmtheit angenommen werden, daß die Theilnahme für das Jahr 1896 oder eins der folgen⸗ den Jahre ganz allgemein sein wird. Bereits haben Umfragen der Osnabrücker Handelskammer und anderer Vereinigungen in der Haupt⸗ stadt wie im Reiche, ebenso wie die Verhandlungen in unserem, größtentheils aus Gewerbtreibenden bestehenden Vereine, viel⸗ seitige Zustimmung ergeben. Zwar verhalten sich einige Gewerbs⸗ zweige gleichgültig, einzelne sogar ablehnend gegen diese, wie gegen jede allgemeine Ausstellung, weil sie keinerlei Nutzen daraus erwarten; aber das sind im Wesentlichen nur die Darsteller von rohen Waaren, während die Theilnahme in den Gewerbszweigen wächst, je mehr dieselben sich mit der Verfeinerung der Erzeugnisse beschäftigen. Von einigen anderen Gewerbtreibenden ist angeführt worden, daß in Folge der zahlreichen kleineren Ausstellungen, denen man sich nicht entziehen könnt, eine allgemeine Ausstellungsmüdigkeit herrsche; indessen gerade durch die geplante Weltausstellung in Ber⸗ lin in etwa fünf Jahren würde derartigen, meist Sonderzwecken dienenden Unternehmungen der Lebensfaden auf ein Jahrzehnt hinaus abgeschnitten werden. Deutschland bedarf einer Ausstellung zur Hebung seines Ausfuhrhandels. Eine solche Ausstellung darf gerade deshalb nicht Deutschland allein umfassen, sondern muß der ganzen Welt offen stehen. Der deutsche Gewerbfleiß hat nicht nöthig, sich vor dem Wettbewerb des Auslandes zu scheuen; da⸗ gegen wird schon jetzt das Zurückweichen vor einer im eignen Lande zu veranstaltenden Weltausstellung zum Nachtheil unseres Absatzes als Schwäche ausgelegt. Wir glauben nicht zu irren, wenn wir annehmen, daß Seine Majestät der Kaiser dem Unternehmen nicht abgeneigt sein würde. Auch haben wir die Ueber⸗ zeugung, daß die städtischen Behörden von Berlin sich gern der Pflicht des Wirths unterziehen werden. Einstimmig ist man in unserem Verein der Ansicht daß eine würdige, nur Vorzügliches zur Anschauung bringende Ausstellung allein dann gelingen kann, wenn die Reichs⸗ regierung sich an die Spitze stellt, wenn die Anordnung und die Aus⸗ führung durch ihre Hand geht, wenn durch Aufwendung entsprechender Geldmittel ganz besonders den fremden Völkern die Betheiligvng er⸗ leichtert wird. Von großer Bedeutung erscheint es, daß frühzeitig die fremden Regierungen von dem Plane verständigt werden, damit eben⸗ sowenig Anderer Pläne durchkreuzt, als unsere eigene Ausstellung be⸗ einträchtigt werde. Auch würde durch offenkundige Festlegung der Absicht, eine Weltausstellung zu veranstalten, der Abschluß der schwe⸗ benden Handelsverträge gefördert und ein nicht unwichtiger Grund zur Erhaltung des Friedens geschaffen werden. Gern ist der Verein zur Beförderung des Gewerbfleißes, seinen Zielen entsprechend, bereit, Eurer Excellenz seine Kräfte zur Förderung einer Weltausstellung ganz zur Verfügung zu stellen Enerer Excellenz würden wir für eine Benach⸗ richtigung dankbar sein, sobald nach Zustimmung Seiner Majestät des Kaisers und Benachrichtigung der hohen Bundesregierungen der Plan der Weltausstellung in Berlin eine festere Grundlage gewonnen haben wird, welche ein erfolgreiches Arbeiten von unserer Seite ermöglicht.“ Abschrift dieser Eingabe soll an den Handels⸗Minister
gehen.
Der Aktienverein des Zoologischen Gartens bielt am Montag Nachmittag im kleinen Restaurationssaal des Gartens unter Vorsitz des Majors Duncker seine 21. Generalversammlung ab. Der vom Vorsitzenden erstattete Geschäftsbericht stellte ein sehr günstiges Ergebniß des vorjährigen Betriebes fest. Die Jahresrechnung für 1890 schließt ab mit einem Saldo von 48 955 ℳ, das sind 4252 ℳ mehr als im Vorjahre. Dieses Ergebniß ist erreicht trotz sehr großer außerordentlicher Abschreibungen, ohne welche der Saldo 116 510 ℳ betragen hätte. Die Gesammteinnahmen betrugen 507 777 ℳ gegen 468 905 ℳ im Vorjahre. Die Eintrittsgelder haben sich um 25 44 ℳ auf 366 969 ℳ, die Einnahmen aus Abonne⸗ ments um 11 461 ℳ auf 78 260 ℳ erhöht. An Pacht und Miethe gingen 42 108 ℳ, als Beiträge von Staat und Stadt gingen je 9900 ℳ ein. Die Ausgaben beliefen sich diesmal in Folge der schon er⸗ wähnten hohen Abschreibungen auf 503 522 ℳ gegen 427 693 ℳ im
Vorjahre. Das Thierpflege⸗Conto erforderte 16 887 ℳ, das Parkpflege⸗ Conto 19 302 ℳ, das Concert⸗Conto 49 229 ℳ, das Gehalt⸗ Conto 45 729 ℳ Das Thier⸗Conto weist 49 993 ℳ, das Fütterungs⸗ Conto 75 892 ℳ, etwas weniger als im Vorjahre, auf. Die Heizung der Thierbehälter und Wohnungen verursachte 14 614 ℳ Ausgaben, für Bauten wurden 16 272 ℳ, für Ausbesserungen 3782 ℳ, für die Beleuchtung 7672 ℳ, für den Betrieb des Wasserwerkes 8162 ℳ ausge⸗ geben. An Zinsen sind 88 699 ℳ verausgabt, abgeschrieben sind 74 826 ℳ Der wissenschaftliche Bericht des Direktors Dr. Heck erob die erfreu⸗ liche Thatsache, daß es auch im vergangenen Jahre gelungen ist, den Thierbestand zu erhöhen. Die Gesammtzahl der im Garten ver⸗ tretenen Thierarten beträgt jetzt 1028; darunter befinden sich eine ganze Anzahl solcher, die hier zum ersten Mal öffentlich in Europa zur Schau gestellt sind. Durch den Tod verloren hat der Garten u. A. den alten Seelöwen, der fünfzehn Jahre zu den beliebtesten Bewohnern des Gartens gehört hat. Die Lücke ist bisber noch nicht wieder ausgefüllt worden. Neu eingerichtet ist das Haus für die Einhufer und pferdeartigen Thiere. Bezonnen ist die Ausstellung kleiner Aquarien und Terrarien im Mittelraum des Antilopen⸗ hauses. Es sollen hier heimische Reptilien und Amphibien und Fische in lehrreicher übersichtlicher Anordnung zur Schau gestellt werden. Gärtnerische Neuerungen sind in umfangreicher Weise getroffen. Ein neuer vierter Spielplatz ist angelegt, ein neuer Weg vom Ein-⸗ gang am Kurfürstendamm geschaffen worden; 5000 Sträucher, darunter 3500 eigener Zucht, sind neu eingepflanzt, auch eine neue Baumschule mit über 3000 Stecklingen eingerichtet, die Pflasterung der Wege in eigener Regie in umfassender Weise weiter geführt worden. — Die alsdann vorgelegte Bilanz pro 31. Dezember 1890 schließt in Einnahme und Ausgabe mit 2 274 151 ℳ ab. Das Gebäude⸗ und Anlage⸗Conto erscheint hierbei mit 1 810 624 ℳ, das Thier⸗Conto mit 300 000 ℳ — Die ausscheidenden Vorstandsmitglieder Major Duncker, Fürst Radziwill und Hr. von Bleichröder wurden wieder⸗ gewählt. Die Cooptation des Geheimen Hofraths Bork, der an Stelle eines verstorbenen Mitgliedes in den Vorstand getreten v wurde bestätigt. — Der Antrag, eine Verminderung der Concerte ein⸗ treten zu lassen, wurde abgelehnt.
Wie hiesige Blätter vernehmen, soll im Laufe dieses Monats eine größere Anzahl offener Pferdebahnwagen von der Großen Berliner Pferdebahn in Betrieb gestellt und damit im größeren Maßstabe erprobt werden, ob Wagen diefer Art den all⸗
v“ 11““
gemeinen Beifall des Publikums finden. 8
Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.
Kiel, 2. Juni. (W. T. B.) Seine Majestät der Kaiser kehrte um 1 Uhr Mittags auf der Nacht „Meteor’”“ von der Segelfahrt hierher zurück und nahm mit Ihrer Majestät der Kaiserin und Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Heinrich an Bord des Flaggschiffs „Baden“ das Frühstück ein. 1
Stuttgart, 2. Juni. (W. T. B.) Wie der „Staats⸗ Anzeiger für Württemberg“ mittheilt, ist in dem Befinden des Königs eine Besserung eingetreten. Das Fieber hat heute Morgen aufgehört, dagegen dauert die Unterleibs⸗ störung fort. 1
Wien, 2. Juni. (W. T. B.) Der Kaiser Franz Joseph nahm heute Mittag am Westbahnhof den von den öͤsterreichischen Bahnen gemeinsam beschafften neuen Kaiser⸗ zug entgegen. Der Handels⸗Minister und die Präsidenten 8 Eisenbahnen waren auf dem Bahnhofe an⸗ wesend. . St. Petersburg, 2. Juni. (W. T. B.) Amtlich wird bekannt gemacht, daß der Kaiser das Muster eines neuen Gewehrs, und zwar einer sogenannten „Packetbüchse“ ver⸗ kleinerten Kalibers, sowie das Muster der dazu gehörigen Patrone und die Klammer für die Patronenpackete ge⸗ nehmigt hat. Das Gewehr erhielt die Benennung „Drei⸗ linige Büchse, Muster 1891“. Die „Nowoje Wremja“ erklärt die Meldungen der „Moskowskija Wiedomosti“ über
eine neuerliche allgemeine Zählung der Juden und zuneh
mende Ausweisung derselben für unbegründet.
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)
Die Temperatur liegt Sohn.
Großes Garten⸗Concert.
Deutsche Seewarte. Sohn. Vorher: Das Modell.
753 6 bedeckt 2 wolkenlos 7 Dunst
Mullaghmore Aberdeen 764 Christiansund 770 Kopenhagen. 763 2 wolkenlos Stockholm. 766 4 halb bed. aparanda. 766 N. 6 beiter etersburg. 764 2wolkenlos oskau. . 760 1 bedeckt Cork, Queens⸗ vWI 753 EE11“ 1 halb bed. Eööq1616161“ 2wolkenlos 16 2 wolkenlos Hamburg . . 761 3 halb bed. Swinemünde 761 4 halb bed. ¹) Neufahrwasser 760 2 bedeckt Memel 760 4 halb bed. Henes 1706060 still Regen ünster. 760 2heiter Male Karlsruhe.. 760 2 wolkig Wiesbaden. 759 1 wolkenlos München 761 4 halb bed. Chemnitz .. 760
— 1 bedeckt Berlin... 760 3 bedeckte) Wien .. 759
1 wolkenlos Breslau. 759 2 bedeckt
Ile dAir. . 758 N Fbedeckt Nizza 762 NO 2 wolkig Triest... .] 761 still wolkenlos
¹) Früh schwerer Regen. ²) Abends und Nachts besitzer.
0088 50C. = 40R.
direktor Hertel.
4 wolkig
Max Grube. Donnerstag:
Uebersicht der Witterung. 8
Das barometrische Maximum im Norden hat sich westwärts nach dem norwegischen Meere verlegt, während die Depression im Westen nordwärts fort⸗
fische.
geschritten ist. In Deutschland ist das Wetter ruhig, Der verlorene Sohn. im Nordwesten vorwiegend heiter, in den übrigen! — ohne Worte — in 3 Akten von Michel Carré “ —
———— ——Vxxʒx FTyheater⸗Anzeigen.
Königliche Schauspiele. Mittwoch: Opern⸗ haus. 139. Vorstellung. Flick und Flock. Komisches Richard Gense. Zauber⸗Ballet in 3 ÄAkten und 6 Bildern von Paul 2 Taglioni. Musik von P. Hertel. Dirigent: Musik⸗ Auftreten von Gesangs⸗ und Instrumentalkünstlern.
at. eJgar erns. tinse der Geboren: Ein Sohn: Hrn. Hauptmann Hagen
Anfang 7 ½ Uhr. Schauspielhaus. 146. Vorstellung. Der neue Gerr. Schauspiel in 7 Vorgängen von Ernst von Geheimniß. Engl. Wildenbruch. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur von Douglas. Anfang 7 Uhr.
Freitag: Kö
Verliner Theater. Anfang 7 ½ Uhr. egen. Donnerstag: Der Hüttenbesitzer.
Wallner-Theater. Mittwoch: Zum 5. Male: des Concerts Donnerstag: Dieselbe Vorstellung.
2 Mittwoch: Nauon.
Opernhaus. 140.
Zum ersten Kronprätendenten. schmied.
In Scene gesetzt Der Barbier von Sevilla.
brillanter
Mittwoch: Faust, Abends bei
Belle-Alliance-Theater.
der Residenz): Großes
Musikalisches Schauspiel
Musik von A. Wormser. Der junge
Modell. Lustspiel in 1 Akt von G. Cohnitz.
Anfang des Concerts 6 ½ Uhr, der Vorstellung
Priedrich-Wilhelmstädtisches Theater. zettel. Komische 3 Akten von F. Zell und Rich. Gense. Musik von
Im prachtvollen Park: Große Millitär⸗Concerte.
1) Henley⸗Regatta, natürl. Dampff — 1 Vorstellung. auf natürl. Wasser. Natürl. Regen. 2) Nachtbild Hiarne. Große Oper in 4 Akten und einem Vor⸗ auf der Themse. spiel von Ingeborg von Bronsart. Text von Hans von Bronsart und Friedrich Bodenstedt. Ballet von Emil Graeb. Anfang 7 Uhr. Schauspielhaus. 147. Vorstellung. wiederholt: Die
Kroll's Theater. Mittwoch: Der Waffen⸗
1 „“ 6 Donnerstag: Das Nachtlager in Granada. Historisches Schauspiel in 5 Aufzügen von H. Ibsen, 8 3
deutsch von Adolf Strodtmann. (Gomez: Hr. Birrenkoven.) vom Ober⸗Regisseur Max Grube. Anfang 7 Uhr.
Zeutsches Theater. I. Theil. Anfang 7 ½ Uhr. Donnerstag: Der Weg zum Herzen. — nig Heinrich der Viertee.
Sonntag: Gastspiel von Fr. Marcella Sembrich.
Mittwo
Mittwoch: Der Hütten⸗ 17. Male: Tricoche und Cacolet.
5 Aufzügen von Meilhac und Halévv. “ Elanfenden Sommecgarien, (vor⸗ reitag: 39. tg⸗V 8 „Inehmstes und großartigstes ommer⸗Etablissement Freitag Abonnements⸗Vorstellung. Gold Mktär⸗Boppel⸗Cbncert⸗ Auftreten sämmtl. Spezialitäten. mination des Fanzen Garten⸗Etablissements. Anfang sowie die Inhaltsangabe zu Nr. 6 des öffent⸗ Uhr. Anfang des Theaters 7 ½ Uhr. lichen Anzeigers (Kommanditgesellschaften auf
8
Pnge Adolph Ernft-Theater. Mittwoch: Ensemble⸗ Concert⸗Flügel Gastspiel der Münchener. Der Herrgottschnitzer
Donnerstag: Dieselbe Vorstellung.
Am Landes⸗Ausstellungs⸗Park (Lehrter Bahnhof). Geöffnet von 12— 11 Uhr. . Vorstellung im wissenschaftlichen Theater. Näheres die Anschlag⸗
Operette in
Familien⸗Nachrichten.
Frl. Hildegard von Alt⸗Siutterheim (Georgenau).
(Beuthen O./S) — Eine Tochter: Hrn. Landgerichtsrath A. Richter (Berlin). — Hrn. Franz von Clavé⸗Bouhaven (Vellin). Gestorben: Hr. Seehandlungs⸗Buchhalter Bern⸗ hard Witte (Berlin). — Hr. Ober⸗Forstmeister a. D. Karl Tramnitz (Frankfurt a. O). — Hr. Geh. Reg⸗Rath Dr. Elvers (Wernigerode). — Hr. Professor Heinrich August Schoetensack (Sten⸗ dal). — Hr. Pastor und Keeis⸗Schulinspektor Oskar Bergmann (Buch, Reg.⸗Bez. Magdeburg). — Hr. Franz stedt aus dem
chiffe und Boote
ause Paplitz (Eilenburg).
Täglich: „Großes Concert“ im Sommergarten, e elektrischer desselben. Anfang 5 ¼, der Vorstellung 7 uUh
Beleuchtung Redacteur: Dr. H. Klee, Direktor. Berlin: Verlag der Expedition (Scholz).
Posse in Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗ Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.
Sechs Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage),
Brillante Illu⸗
Aktien und Aktiengesellschaften) für die Woche m 25. bis 30. Mai 1891.
Arania, Anstalt für volksthümliche Naturtunde.
riedrich Ludwig Karl von Schier⸗
—
Haus der Abgeordneten. 8 92. Sitzung vom Montag, 1. Juni.j
„Der Sitzung wohnen bei der Präsident des Staats⸗ Ministeriums, Reichskanzler von Caprivi, der Vize⸗Präsi⸗ dent des Staats⸗Ministeriums, Staats⸗Minister Dr. von Boetticher, der Minister des Innern Herrfurth, der Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von Berlepsch, der Finanz⸗Minister Dr. Miquel und der Minister für Landwirthschaft ꝛc. von Heyden.
Vor Eintritt in die Tagesordnung giebt der Präsident des Staats⸗Ministeriums, Reichskanzler von Caprivi die Erklärung über die Frage der Suspension der Getreide⸗ zölle ab, die wir gestern bereits unter „Berlin“ im steno⸗ graphischen Wortlaut veröffentlicht haben. Nach der Rede des Minister⸗Präsidenten bemerkt zur Geschäftsordnung
Abg. Rickert: Nachdem das Haus Erklärungen von dieser Tragweite gehört habe, die von dem Minister⸗Präsidenten abgegeben worden seien, unter wiederholter Betonung der Verantwortlichkeit der Regierung ... 8
Präsident von Köller: Er könne ein Eingehen auf den Gegen⸗ stand nicht gestatten, der heute nicht auf der Tagesordnung stehe.
Abg. Rickert: Er wolle nicht materiell darauf eingehen, er habe nur eine Bitte aussprechen wollen. 1
Präaͤsident von Köller: Der Abg. Rickert möge die Bitte aussprechen. (Heiterkeit.) 1
Abg. Rickert: Daß das Haus das Bedürfniß habe, sofort in eine solche Diskussion zu treten, sei klar; da ihm aber der Präsident von vornherein erklärt habe, daß er ihn an jedem weiteren Wort verhindern werde, welches dazu führe, daß er den Faden aufnehme, den der Reichskanzler eben habe fallen lassen, so müsse er sich versagen, darauf einzugehen. Er habe nur den Wunsch auszusprechen, daß der Reichskanzler diese inhaltsschwere Erklärung nicht in der gewähnlichen geschäftsordnungsmäßigen Weife drucken lasse, sondern daß dieselbe schon heute im „Reichs⸗Anzeiger“ ver⸗ öffentlicht und womöglich mit den Drucksachen dem Hausfe zugänglich gemacht werde, damit dies sich baldigst schlüssig machen könne, wie es uͤber diese Erklärung weiter verhandeln solle.
Abg. von Eynern (ur Geschäftsordnung): Er gebe seinem Be⸗ dauern darüber Ausdruck, daß die Geschäftsordnung dem Hause nicht gestatte, jetzt in eine Debatte über diese Erklärungen einzutreten. Er erwarte aber, daß irgend Jemand aus dem Hause anxregen werde, daß dies in Kurzem geschehe.
8 ssident von Köller: Das sei nicht zur Geschäftsordnung gewesen.
Abg. Richter (zur Geschäftsordnung): Eine solche Erklärung, pie der Herr Reichskanzler sie gemacht habe, sei in den Geschäfts⸗ ordnungsbestimmungen nicht vorgesehen. Die Regierung könne jeder Zeit nach der Verfassung Erklärungen machen, auch wenn sie nicht auf der Tagesordnung stünden, und wenn ein solcher außerordentlicher Fall vorliege, so müsse das Haus ein Interesse daran haben, sich nicht nundtodt zu machen und nicht bloß als Chorus der Regierung zu ungiren, sondern eine Diskussion daran zu knüpfen. Das könne nur geschehen, wenn Niemand widerspreche. Er wünsche, daß das nicht
geschehe, im Interesse der Würde des Hauses. Präsident von Köller: Daß die Regierung nach der Ver⸗ assung und nach der Geschäftsordnung jeder Zeit hier das Wort er⸗ greifen könne, sei unzweifelhaft; daß das Haus nur dasjenige ver⸗ handeln könne, was auf der Tagesordnung stehe, sei ebenfalls selbst⸗ stär und so lange diese Geschäftsordnung bestehe, sei er erpflichtet, dafür zu sorgen, daß sie zur Durchführung komme. Er könne daher das Wort zu einer materiellen Behandlung der Erklärung des Minister⸗Präsidenten nicht geben. Dem Wunsche des Abg. Rickert, daß die Rede baldmöglichst im Druck erscheine, werde er gern entsprechen.
Abg. Richter (zur Geschäftsordnung): Es seien ihm zahlreiche
Fälle bekannt geworden, in denen der Reichstag, wie das Abgeord⸗ setenhaus Gegenstände verhandelt habe, die nicht auf der Tagesordnung gestanden hätten; das setze freilich voraus, daß von keiner Seite da⸗ gegen Widerspruch erhoben werde. Er bedauere es, wenn ein solcher Widerspruch erhoben werde; die Bedeutung des Abgeordnetenhauses werde dadurch in keiner Weise gehoben. Abg. Graf zu Limburg⸗Stirum Gur Geschäftsordnung): Wenn es zulässig sei nach der Geschäftsordnung, daß beim Widerspruch von keiner Seite in die Diskussion eingetreten werde, so würde er diesen Widerspruch erheben. Davon, daß das Ansehen des Hauses die sofor⸗ tige Beantwortung der Rede des Minister⸗Präsidenten fordere, sei er keineswegs überzeugt. Die Aeußerungen des Reichskanzlers seien wohl erwogen und wohl vorbereitet gewesen, wie sich bei der Vichtigkeit der Sache von selbst verstehe, und das Land habe ein großes Interesse daran, diese Aeußerungen des Minister⸗Präsidenten zu vernehmen; dagegen eine unvorbereitete, nach jeder Seite hin wahr⸗ scheinlich sehr aufgeregte Debatte des Hauses zu vernehmen, daran habe das Land kein Interesse. Er meine, es entspreche der Würde des Hauses viel mehr, wenn es die Diskussion über diesen Gegenstand nach reiflicher Erwägung durch die Mitglieder dieses Hauses statt⸗ finden lasse, und er halte es für sehr glücklich, daß die Geschäfts⸗ ordnung das Haus daran hindere, in die Debatte einzutreten.
Abg. Richter (zur Geschäftsordnung): Er mache es der Regierung nicht zum Vorwurf, daß sie die Erklärung hier und nicht in einer anderen Form veröffentliche; im Gegentheil, das sei ein Beweis von der Achtung der Regierung vor diesem Hause Auf der anderen Seite halte er es für richtig, daß das Haus diese Beschlüsse, welche an mehr als einem Punkte anfechtbar seien und der sofortigen Kritik Raum gäben, auch sofort bespreche. Das Haus könne über manchen Punkt sogleich ein Urtheil abgeben. Die Abgeordneten von der Rechten hätten ja auch Beifall gerufen; warum hätten sie dann mit dem Beifall nicht zurückgehalten, wenn sie noch kein Urtheil hätten? Stcti es zulässig, nur durch Interjektionen ein Urtheil abzugeben? Hier sei doch nicht Ruhe die erste Bürgerpflicht.
„Abg. Dr. Freiherr von Heereman (zur Geschäftsordnung): Er möchte den Auslassungen des Abg. Richter entgegentreten, daß das Haus dadurch, daß es die Erklärung des Minister Präsidenten nicht sofort diskutire, die Würde des Hauses beeinträchtige. Er halte es für eire weise Einrichtung der Geschäftsordnung, daß das Haus nicht nöthig habe,
über plötzlich hereingeworfene Gegenstände, über die längere Erwägung
öu“ sei, fofort zu debattiren. Das Haus habe eine Erklärung des
Ministers vor sich und es sei in der Lage, jeden Augenblick die Frage durch Anträge oder Interpellationen vor sein Forum zu ziehen. Pas genüge für das Wohl des Landes und die Würde dieses Hauses; daß es die Sache sofort verhandele, daran hätten das Wohl des Landes und die Würde des Hauses kein Interesse.
Abg. von Eynern (zur Geschäftsordnung): Die Würde des Hauses werde freilich nicht vom Abg. Richter allein gewahrt, aber auch der Abg. Graf zu Limburg⸗Stirum habe nicht allein ein Urtheil darüber, was im Interesse der Würde des Hauses liege. Er bedauere wiederholt, daß an die Erklärung des Herrn Minister⸗ Präsidenten sich keine sofortige Debatte knüpfe.
Präsident von Köller: Das Haus trete jetzt in die Tages⸗ ordnung ein.
8
schen Reichs⸗Anzeig
Erste Beilage
Berlin, Dienstag, den 2. Juni
8
er und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.
1891.
Auf der Tagesordnung steht die Berathung der aus dem Herrenhause zurückgekommenen Landgemeindeordnung.
Das Herrenhaus hat in folgenden Paragraphen Aende⸗ rungen beschlossen: §§. 2 und 3 (Vereinigung von Guts⸗ bezirken und Landgemeinden ꝛc.), §. 41 (Gemeinderecht), §§. 48 und 50 (Wahlrecht), §. 75 (Wahl der Gemeindevorsteher auf zwölf statt auf sechs Jahre), §. 109 (SOeffentlichkeit der Sitzungen der Gemeindeversammlungen und Gemeindever⸗ tretungen), §§. 137 und 138 (Zweckverbände) und §. 149 (Ausführungsvorschriften).
In der Generaldiskussion bemerkt
Dbg. Meyer (Arnswalde): Er sei auch nach den Aenderungen die das Herrenhaus an der Landgemeindeordnung vorgenommen habe, nicht in der Lage, für dieselbe zu stimmen. Hier im Landtage sei die Vorlage mehr als Parteisache, denn als Angelegenheit des Landes aufgefaßt worden, im Lande selbst aber habe die ganze Vorlage viel mehr Gegner, als ihr hier im Hause erstanden seien, und dieser 18b des Landes folge er, wenn er sich gegen die ganze Vorlage
Es folgt die Spezialdebatte.
Zu §. 2 hat das Herrenhaus hinzugefügt:
„Wird eine leistungsfähige Gemeinde einem leistungs⸗ fähigen Gutsbezirk zugelegt, so bleibt letzterer als solcher bestehen.“
Die Abgg. von Dziembowski und Gen. beantragen, dem hinzuzufügen:
„Sofern der betreffende Gutsbesitzer dies beantragt.“
„Übg. Dr. von Heydebrand und der Lasa empfiehlt Namens seiner Freunde den Antrag von Dziembowski.
Minister des Innern Herrfurth:
Meine Herren! Ich kann mich meinerseits mit den Ausführungen des Hrn. Abg. von Heydebrand nur vollständig einverstanden erklären. Ich glaube, daß der Zusatz des Herrenhauses überhaupt nicht von großer praktischer Bedeutung ist, da an und für sich in den Fällen, in welchen so konstruirt werden kann, wie dies jetzt in Ver⸗ bindung mit dem Zusatz von Dziembowski geschehen soll, doch wohl immer in dieser Weise verfahren werden würde. Ich erkenne aber an, daß gerade durch den Zusatz, den der Abg. von Dziembonmski be⸗ antragt, eine Verhesserung eintritt.
Die Bedenken, die der Hr. Abg. Hansen gegen die vorliegende Fassung erhoben hat, vermag ich nicht für begründet zu erachten. Ich meine, sie ist hinreichend deutlich. Wenn ein kommunaler Bezirk einem andern zugelegt wird, so wird doch eben die Vereinigung der⸗ selben herbeigeführt; und ich meine, es ist nicht nothwendig, hierin eine Aenderung eintreten zu lassen. Der Sinn ist zweifellos, daß nach der Zusammenlegung der betreffende Bezirk den rechtlichen Charakter des Gutsbezirks haben soll, und da dieser Sinn meines Erachtens überhaupt nicht in Zweifel gezogen ist, halte ich eine Aenderung des Wortlauts überhaupt nicht für geboten.
Abg. Rickert kann in dem Zusatze des Herrenhausf i Verschlechterung erblicken und B7 Se daß 1.de engcss viel Gewicht darauf legen werde, wenn er gestrichen werde. Redner bittet um eine Interpretation des Begriffs „leistungsunfähige Ge⸗ meinde“. Nach seiner Meinung seien das solche Gemeinden, welche ihre öffentlichen rechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen außer
„ .„ 5 8
Minister des Innern Herrfurth: 8—
Meine Herren! Ich glaube, daß nicht nur der Absatz 5 unter Litt. a, sondern auch der Absatz 2 ganz deutlich die Interpretation dessen giebt, was man als leistungsunfähig bezeichnen muß, und ich habe keinen Zweifel darüber, daß man als leistungsunfähig nur solche Geme inde bezeichnen kann, welche ihre öffentlich⸗recht⸗ lichen Verpflichtungen zu erfüllen außer Stande ist.
Abg. von Dziembowski wünscht seinen Antrag redaktionell dahin zu ändern, daß das Wort „betreffende“ als überflüssig fortfalle.
Die Abgg. Freiherr von Huene und Dr. von Heyde⸗ brand und der Lasa erklären sich mit dieser Aenderung einverstanden, worauf §. 2 mit dem Antrage von Dziembowski angenommen wird.
Bei §. 13, der von der Heranziehung der Abgabepflichtigen bis zu 900 ℳ Einkommen zu den Gemeindeabgaben handelt, wird zugleich über §. 41 (Gemeinderecht) und §. 149 (erft⸗ malige Beschlußfassung über die Freilassung von den Gemeinde⸗ lasten), verhandelt, wozu ein Antrag von Dziembowski vorliegt, wonach die erwähnte Beschlußfassung unmittelbar nach Inkraftreten dieses Gesetzes herbeizuführen ist.
Abg. Freiherr v on Huene: Er könne der Aenderung des Herren⸗ hauses im § 149, wo an die Stelle der Beschlußfassung über die „Gewährung des Gemeinderechts“ an die hier in Rede stehenden Per⸗ sonen die Beschlußfassung über die „Freilassung“ derselben von den Gemeindelasten gesetzt sei, beitreten. Es sei ganz gleichgültig, ob der Beschluß positiv, also auf Heranziehung, oder negativ auf Freilassung laute. Nachdem seine Freunde mit einer Ausnahme in der dritten Lesung für das Gesetz gestimmt hätten, handele es sich heute für sie lediglich um eine Verständigung mit dem anderen Hause, bei welcher sie möglichstes Entgegenkommen zeigen würden.
„Abg. Dr. von Heydebrand und der Lasa bittet um eine Er⸗ klärung über die Interpretation des Herrenhausbeschlusses Seitens der Regierung.
Minister des Innern Herrfurth:
Bei der dritten Berathung dieses Gesetzes habe ich meinerseits ausdrücklich erklärt, daß ich für die Beschlüsse des Abgeordnetenhauses nicht nur persönlich stimmen, sondern auch im Herrenhause für die⸗ selben eintreten würde. Ich habe das gethan, und ich kann nur bedauern, daß es nicht gelungen ist, die volle Zustimmung des Herrenhauses zu diesen Beschlüssen zu erlangen, weil ja dadurch von Neuem der Abschluß der Landgemeindeordnung verzögert und dadurch immer mehr oder minder wieder in Frage gestellt ist. Andererseits muß ich aber auch erklären, daß die Be⸗ schlüsse des Herrenhauses, wo sie von den Beschlüssen des Abgeord⸗ netenhauses abweichen, meines Erachtens keineswegs überall bedenken⸗ erregend sind, sondern daß sie, z. B. auch in Betreff dieses Be⸗ schlusses, wie das ja auch Hr. von Heydebrand im Anfange seiner Rede anerkannt hat, eine redaktionelle Verbesserung bieten.
Was die praktische Tragweite dieser Frage anbelangt, so kann man nach dem Wortlaute des Gesetzes vielleicht zweifelhaft sein,
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wie sich die Konstruktion theoretisch aufbaut und wie sich, ich möchte
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sagen, das Steuerrecht in thesi und das Steuerrecht in praxi ge⸗ staltet. Ich glaube aber, das Bedenken, welches nach irgend einer Richtung erhoben werden konnte, war schon beseitigt durch die Er⸗ klärung, die ich hier abgegeben habe, es werde bei Ausführung des Gesetzes sofort dafür Sorge getragen werden, daß unmittelbar nach Iakrafttreten des Gesetzes die Gemeindeversammlungen oder die Gemeindevertretungen zu einer solchen Beschlußfassung veranlaßt werden sollen. 1
Nachdem nun hier Hr. Abg. von Dziembowski zu §. 149 — den ich ja auch wohl mit in die Debatte ziehen kann — einen Antrag in diesem Sinne ausdrücklich gestellt hat, so ist meines Erachtens jede weitere Erörterung über die eigentliche, ich will sagen: theoretische Konstruktion gleichgültig, da die praktische Aus⸗ führung sich nun hier so gestalten wird, daß unmittelbar nach dem Ink rafttreten des Gesetzes eine Beschlußfassung der Gemeindevertretungen oder Gemeindeversammlungen darüber herbeigeführt werden soll, ob die betreffenden Censiten mit einem Einkommen von weniger als 900 ℳ freigelassen oder herangezogen werden sollen. Hinsichtlich der Tragweite dieses Beschlusses muß ich allerdings den Ausführungen des Hrn. Abg. von Huene beitreten: der Beschluß, der gefaßt wird, ist, ob er nun negativ oder positiv gefaßt wird, immer gleich⸗ bedeutend. Denn entweder sagen Sie: zum Censiten werden frei⸗ gelassen. — dann werden sie also nicht herangezogen; oder sie werden herangezogen, — dann werden sie eben nicht frei⸗ gelassen. Der Unterschied — und das habe ich im Herrenhause hervorgehoben — besteht nur darin, daß der Beschluß der Heran⸗ ziehung keiner Genehmigung hedarf, sondern ohne Weiteres rechtsgültig ist, daß zu dem Beschlusse der Freilassung aber die Ge⸗ nehmigung des Kreisausschusses erforderlich ist.
—. 13 wird angenommen.
„§. 48, der das Stimmrecht regelt, ist vom Herrenhause dahin abgeändert worden, daß die Steuersätze, nach denen sich das höhere Stimmrecht der Grundbesitzer abstuft, nicht nur um ein Drittel, sondern um die Hälfte herabgesetzt werden können, und zwar nicht durch Ortsstatut, wie die Abgeordneten⸗ hausbeschlüsse festgesetzt haben, sondern auf Antrag des Kreis⸗ ausschusses durch Beschluß des Provinzial⸗Landtages im Ein⸗ verständniß mit dem Ober⸗Präsidenten.
Hierzu beantragt Abg. von Dziembowski, die Worte „im Einverständniß mit dem Ober⸗Präsidenten“ zu streichen.
Abg. Rickert beantragt prinzipaliter das höhere Stimm⸗ recht der Grundbesitzer ganz zu beseitigen, eventualiter in dem Beschlusse des Herrenhauses den Antrag des Kreisausschusses durch den der Gemeinde⸗Versammlung zu ersetzen und statt der „Hälfte“ das „Drittel“ wiederherzustellen.
Ein Antrag der Abgg. von Rauchhaupt und von Heydebrand und der Lasa ist auf Wiederherstellung der Abgeordnetenhausbeschlüsse gerichtet.
Abg. von Dziembowski: Seine Partei würde wohl geneigt sein, auch für den Antrag des Abg. von Rauchhaupt zu stimmen, wenn sie nicht der Ueberzeugung wäre, daß diese Bestimmung im Herrenhause Schwierigkeiten begegnen werde, die vielleicht das Zustande⸗ kommen des Gesetzes gefährdeten. Das Herrenhaus habe die Mög⸗ lichkeit gegeben, die Steuersätze um die Pälfte zu ermäßigen. Man könne nun einen Ausweg dahin suchen, daß man statt der in dem
Antrage des Abg. von Rauchhaupt vorgesehenen Ermäßigung um ein
Drittei in diesen Antrag eine Ermäßigung um die Hälste hineinbringe. Diese Aenderung würde aber wieder in diesem Hause keine Zustim⸗ mung finden Nur in einer Minderzahl von Fällen werde eine anderweite Regelung des Stimmrechts nothwendig sein, wenn der Grundbesitz nicht gehörig berücksichtigt werde. Hier solle nun der Provinzial Landtag entscheiden. In den meisten Fällen wohne demselben eme gewisse Schwerfälligkeit in der Beurtheilung lokaler Dinge bei, er habe aber zu dem Kreisausschuß das Vertrauen, daß er nur im Falle der Nothwendigkeit den Antrag auf Einschreiten des Provinzial⸗Landtages stellen und daß derselbe durch den Provinzial⸗ ausschuß gehörig vorbereitet an den Landtag kommen werde, so daß er dort in kurzem Verfahren zum Abschluß kommen könne. Bedenk⸗ lich aber scheine ihm in dem Herrenhaus⸗Beschlusse die Einfügung einer neuen Instanz dadurch, daß der Ober⸗Präsident sein Einver⸗ ständniß mit dem Beschluß des Landtages erklären solle. Dazu liege seines Erachtens keine Veranlassung vor, da der Ober⸗Präsident in die Verhandlungen des Landtages selbst maßgebend einzugreifen, in der Lage sei.
Abg. Freiherr von Huene: Seine Partei stelle sich auf den Boden der Beschlüsse des Herrenhauses mit dem Antrage des Abg. von Dziembowski schon deshalb, weil sie keine Garantie dafür habe, daß für eine andere Entschließung im Herrenhause sich eine Majorität finden werde.
Abg. von Rauchhaupt: Man wisse aus den Kompromiß⸗ verhandlungen, welchen Werth seine Freunde auf eine ortsstatutarisch⸗ Regelung des Stimmrechts legten. Er müsse bedauern, wenn das Haus davon abgehe, und bekenne, daß es ihnen dann sehr schwer werden werde, mit dieser Aenderung für das Gesetz zu stimmen. Das Herrenhaus babe mit seinem Beschlusse versucht, eine Zwangsinstanz zur anderweiten Regelung des Stimmrechts zu schaffen, gewissermaßen als Korrektiv für widerstrebende Gemeinden. Es habe aber, wie die einzelnen im Herrenhause gehaltenen Reden ihm zu beweisen schienen, die statutarische Regelung nicht ausschließen wollen. Ein Unikum unserer Gesetzgebung würde es sein, wenn der Provinzial⸗Landtag einen entscheidenden Einfluß auf die Entschließungen der Gemeinden erhalten sollte. Er halte es für das Beste, wenn das Haus an seinen Beschlüssen dritter Lesung festhalte, und sei fest überzeugt, daß das Herrenhaus schon einen Ausweg finden werde, der auch seinen An⸗ schauungen Rechnung trage. Auf das Ortsstatut könne seine Partei nicht verzichten, das Ortsstatut sitze den Bauern mehr in den Knochen als die Landgemeindeordnung. (Bravo! rechts.) 1
Minister des Innern Herrfurth:
Meine Herren! Ich habe den Verhandlungen im Herrenhause über diese Frage in der Kommission und im Plenum von Anfang an bei⸗ gewohnt, und ich kann dem Hrn. Abg. von Rauchhaupt zugeben, daß ich, als im Plenum der Antrag, der Annahme gefunden hat, gestellt wurde, auch über den Sinn desselben von Anfang an nicht ganz zweifellos war und mir deshalb eine Anfrage an den Antrag⸗ steller in Betreff dieses Punktes gestattete. In der Kommission sowie in dem Plenum des Herrenhauses habe ich genau den Standpunkt vertreten, den ich am Schluß der dritten Berathung hier gekennzeichnet habe, daß ich nämlich die Beschlüsse zu 48 als Kompromißbeschluß ansehe, dem ich meinerseits bei⸗
getreten sei, und dessen Vertretung im Herrenhause zu uͤbernehmen ich
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