behoben, der Vorredner müsse also daraus einen Anlaß nehmen, für ben Vorlage zu stimmen. Mit Recht habe der Minister darauf hin⸗ gewiesen, daß die Einwände bezüglich der Unablösbarkeit der Rente sich nicht gegen diese Vorlage richteten, sondern gegen die Vorlage aus dem vorigen Jahre. Innerhalb der Grenzen, innerhalb deren im vorigen Jahre die Ablösbarkeit zugelassen worden sei, könne sie sich auch jetzt nur bewegen. Man könne nicht behaupten, daß hier den Rentengutsbesitzern irgend welche Abhängigkeit geschaffen werde. Der Besitzer könne jederzeit sein Gut verkaufen, also von Leibeigenschaft sei keine Rede. Auf Grund der Vorlage würden sich vermuthlich keine Handwerker ansässig machen, sondern Land⸗ arbeiter, und das sei gerade das, was seine Partei anstrebe: die Schaffung selbständiger Bauern. In der Praxis werde die Kon⸗ stituirung einer ewig unablösbaren Rente nur sehr selten vor⸗ kommen. Der Abg. Rickert lobe die Agrargesetzgebung vom Anfang des Jahrhunderts so sehr, aber unter der Gestung dieser Gesetzgebung hätten sich eben so ungünstige Zustände für die Landwirthschaft er⸗ geben, daß Abänderungen derselben 1g. nöthig seien, und diese sollten eben mit der Vorlage ins Werk gesetzt werden. Es han⸗ dele sich also durchaus nicht um die Schaffung von Leibeigenen, sondern um das Eingehen eines freien Vertrages, und deshalb bitte er, die Vorlage anzunehmen.
Abg. Dr. Sattler: Wenn der Abg. Rickert der Vorlage den Vorwurf der hannöverschen Färbung mache, so frage er ihn, ob er die hannöverschen Landverhältnisse, wo nur wenige Großgrund⸗ besitzer und viele kleine Herrn bestgee seien, denen in den östlichen Pro⸗ vinzen, wo das Gegentheil der Fall sei, vorziehe, und er erinnere annover der liberale Gedanke weit mehr Boden im Osten der Monarchte, darum sollte eine Grundsätze ihm nur sympathisch sein. Er Rickert Klce da ööö. aus der ersten Lesung wiederholt habe. Alle eine Einwände würden im vorigen Jahre am Platze gewesen sein. Jetzt handele es sich nicht um die Einführung der Unablösbarkeit, noch um deren Be⸗ förderung, sondern um die Art, wie die Ablosung der Renten zur Purchführung gebracht werden solle. Er sei überzeugt, im Innern erkenne Abg. Rickert die Vorzüge der Vorlage an. Dieses Gese sei gerade nöthig zur Beförderung des sozialen Ausgleichs, und deshal bitte er, den Beschlüssen zweiter Lesung zuzustimmen.
Abg. von Tzschoppe: Die Gründe gegen die Unablösbarkeit der Rente hätten im vorigen Jahre vorgebracht werden sollen, nicht jetzt. Man spreche hier immer von der Abhängigkeit der Renten⸗ gutsbesitzer, aber die Gutsbesitzer, deren Güter mit stets kündbaren Hypotheken belastet seien, seien doch noch viel abhängiger. Er glaube nicht, daß Jemand ein Rentengut durch einen Vertrag konstituiren werde, der ihn wirthschaftlich zu sehr abhängig mache, und wo der Betreffende nicht die Einsicht haben sollte, die Verhältnisse klar zu erkennen, dürften die mitwirkenden Generalkommissionen Sorge tragen, daß er nicht ahnungslos sich in Abhängigkeit begebe. Es sei ja sehr erfreulich, daß auf diesem Gebiete die Privatthätigkeit ihren Einfluß äußere, aber leider thue sie es noch nicht in solchem Umfang, daß man dabef der Staatshülfe entrathen könne.
Finanz⸗Minister Dr. Miquel:
Miieine Herren! Ich will eingehend auf die Diskussion nicht wieder zurückkommen; ich möchte nur eine Thatsache erwähnen, die mehr spricht, als alle Gegendeduktionen gegen die Ausführungen des Hern. Abg. Rickert.
Er sagt: warum überlassen wir nicht diese ganze Frage der Bildung kleinerer und mittlerer Bauernstellen der Privatthätigkeit? — und beruft sich dabei auf den sehr bemerkenswerthen Vorgang in dem pommerschen Kreise, von dem hier vielfach die Rede gewesen ist. Nun, der Landrath dieses Kreises — ich glaube, er ist hier im Hause anwesend — hat mit denjenigen Unternehmern, welche die 40 000 Morgen kolonisirt haben, ein ausführliches Protokoll aufgenommen, in welchem Protokoll die Herren ganz sachgemäß und bis ins Einzelne darlegen, auf welche Weise sie bei diesem ganzen Unternehmen vor⸗ gegangen sind, und am Schlusse dieses Protokolls heißt es, wenn ich nicht irre, wörtlich — denn es fiel mir dies sehr auf; leider habe ich das Protokoll nicht zur Hand —: Hätten wir das Renten⸗ gesetz, welches jetzt vorgelegt ist, schon gehabt, so würde uns dieses Unternehmen viel leichter geworden sein. (Hört! Hört!) Sie fügen weiter hinzu, daß sie noch eine Reihe derartiger Par⸗ zellirungen im Auge hätten, aber davon hätten abstehen müssen, weil sie die nothwendigen Kapitalien dazu nicht hätten bekommen können, was alles wegfallen würde, wenn das vorliegende Rentengesetz bereits erlassen wäre. (Hört! Hört!)
Meine Herren, hieraus geht die Verkehrtheit des Widerstandes gegen dies Gesetz, vom Standpunkt auf Grund des Vorwurfes einer Verhinderung der Privatthätigkeit aus, hervor; im Gegentheil, es kann keine stärkere Förderung der Privatthätigkeit nach dieser Richtung erfunden werden, als in diesem Gesetze.
Meine Herren, es ist ja schon durch meinen Herrn Kollegen, den Herrn Minister der Landwirthschaft darauf hingewiesen, daß wir es zur Zeit nicht mit einer Debatte über das vorjährige Gesetz, sondern mit einer Debatte über ein Gesetz, welches den Zweck hat, das sonst vielleicht wesentlich todt bleibende Gesetz vom vorigen Jahre lebendig zu machen, zu thun haben. Wenn der Hr. Abg. Rickert dennoch aber auf das vorjährige Gesetz eingegangen ist, wesentlich aus dem Gesichtspunkt, um den altpreußischen Partikularismus gegen das Hannoverthum anzurufen, so möͤchte ich doch daran erinnern, daß die Initiative zu diesem Gesetz, wie er ja selber zugiebt, keineswegs von hannöverschen Abgeorgneten, sondern von altpreußischen Abgeordneten ausgegangen ist. Ich möchte ferner daran erinnern, daß es nicht der hannöversche Provinziallandtag gewesen ist, welcher dieses Gesetz ver⸗ langt hat — denn für Hannover war es überhaupt gar nicht in dem Grade erforderlich —, sondern der preußische Landtag, und zwar beide Häuser des Landtages. Also von einer hannöverschen Farbe dieses Gesetzes kann unter keinen Umständen die Rede sein.
Meine Herren, was nun die Frage der Ablösbarkeit betrifft, so möchte ich nach dieser Richtung den Hrn. Abg. Rickert bitten, sich noch einmal genau den Satz, den ich das vorige Mal aus⸗ gesprochen habe, und den er selbst verlesen hat, anzusehen und in Er⸗ wägung zu ziehen. Er muß doch damit rechnen, daß das Gesetz von 1890 in Kraft ist, und daß er zur Zeit nicht in der Lage sein wird, dieses Gesetz wieder zu be⸗ seitigen. An diesem Gesetz ist ihm vorzugsweise anstößig die Möglichkeit der Konstituirung einer unablösbaren Rente. Ich habe nun das vorige Mal ausgeführt, daß die Möglichkeit der Einführung der ablösbaren Rente und das Eintreten der Rentenbank dahin
führen würde, daß beide Theile, sowohl der Gutsbesitzer, der das Rentengut konstituirt, als Derjenige, der das Rentengut empfängt, ein größeres Interesse für die Zukunft haben, ablösbare Renten zu konstituiren als bisher, und daß also die Summe derjenigen Fälle, wo ablösbare Renten konstituirt werden, durch das Gesetz im aller⸗ höchsten Grade vermehrt werden würde. Ist dies aber richtig, so ist doch kaum verständlich, warum diejenigen Herren, die die Ablösbarkeit
ihn daran, daß in gefunden habe als Ausdehnung dieser wundere sich, daß der Abg.
von welchem sie selbst zugeben, daß es die Zahl der Fälle, wo ab⸗ lösbare Renten konstituirt werden, in erheblicher Weise vermehren wird. Nach meiner Meinung ist die Frage der Ablösbarkeit oder Unablösbar⸗ keit, wenn ich mich so ausdrücken darf, nicht eine Frage der Dauer, sondern des Anfangs, nicht eine innewohnende, ewige Eigenschaft dieses Rechts⸗ verhältnisses, sondern die Förderurg der Begründung des Rechts⸗ verhältnisses überhaupt. Es kann kaum Jemand bestreiten, daß durch das Rentenprinzip die Konstituirung kleinerer und mittlerer Be⸗ sitzungen außerordentlich erleichtert wird im Vergleich zu der durch Kapitalzahlung und Hypothekenbelastung. Giebt man das zu, so wird man auch zugeben müssen, daß es Fälle geben kann, wo die Konstituirung des Rentenguts unterbleiben würde, wenn nicht die Unablösbarkeit wenigstens zugelassen wird. Andererseits werden sehr viele Fälle vorliegen, wo beide Theile ein großes Interesse haben, die Ablösbarkeit von vornherein zu konstituiren. Wer die Geschichte unseres Grund und Bodens kennt, wird wissen, daß auch der erstere Fall nicht von ewiger Dauer sein dürfte. Auf ewige Zeiten unablösbare Renten festzuhalten, wird nach meiner Meinung der Gesetzgebung überhaupt nicht wohl maglich sein; sie aber im Anfang zu konstituiren, wird in vielen Fällen nicht zu umgehen sein, weil man sonst von der Rentenbildung überhaupt absehen würde. Das ist genau der Fall mit einer Brücke: kann ich eine Brücke nicht bekommen ohne Brückengeld, so ist mir die Brücke mit Brückengeld immer noch lieber als gar keine Brücke. (Heiterkeit.) So liegt die Frage. 1 Wenn nun aber Ausdrücke gebraucht werden, als wenn die Konstituirung einer unablösbaren Rente eine gewisse persönliche Ab⸗ hängigkeit bedinge, so ist das schon genügend widerlegt. In dem Falle der Konstituirung einer ablösbaren Rente hat der Mann das Recht, zu verkaufen, er hat das Recht, hinter der Rente jederzeit neue Hypotheken aufzunehmen, er hat das Recht, nach 10 Jahren abzulösen, er hat das Recht, diese Ablösung zu verstärken durch jederzeitige Kapitalzahlung. Meine Herren, wo ist da irgend eine größere Be⸗ schränkung als in dem Falle, wenn auf diesem Gut eine jederzeit kündbare Hypothek haftet? (Sehr richtig! rechts.) Den römisch⸗ rechtlichen Juristen ist diese Form der ausschließlichen Be⸗ lastung und der Kapitalbeschaffung durch Hypothekarverschuldung so eingewurzelt, daß sie sich garnicht mehr in ein anderes Prinzip hinein⸗ denken können, und daher kommt, ich möchte sagen, dieser instinktive, unbewußte, aber in sich durch die Natur der Sache unbegründete Widerwille gegen das Prinzip der Rente. Nun sagen doch die Herren gerade von der freisinnigen Partei immer: bevormundet die Menschen doch nicht zu viel, gebt ihnen doch Freiheit. Der einzelne Mensch wird in dubio selber am besten wissen, was ihm frommt. Nun, hier geben wir Freiheit; wir geben dem Kontrahenten die Freiheit, ablös⸗ bare oder unablösbare Renten zu konstituiren, und da auf einmal soll das Bevormundungsrecht eingeführt werden, man will verbieten, daß jemand die freie Wahl hat zwischen ablösbarer und unablösbarer Rente.
Wenn nun der Hr. Abg. Rickert der heutigen Regierung vor⸗ wirft, sie hätte ganz widersprechende Prinzipien, sie begünstige die Bildung der Fideikommisse, so möchte ich den Hrn. Abg. Rickert bitten, einen einzigen Fall zu nennen, wo die jetzige Regierung die Bildung von Fideikommissen begünstigt hätte. Sie hat die Thatsache der Existenz der Fidei⸗ kommisse und die gesetzliche Zulassung ihrer Bildung vorgefunden, und irgendwelche weitere Stellung hat die Staatsregierung bisher zu der Frage nicht genommen. Wenn der Hr. Abg. Rickert aber der jetzigen Regierung vorwirft, sie wolle den Kornzoll aufrecht erhalten, so könnte die Regierung sich ja damit vollständig beruhigen, wenn dies von der einen Seite behauptet und von der anderen Seite der Regierung der entgegengesetzte Vorwurf gemacht wird. Wir würden wohl unsere Gegner unter einander kämpfen lassen können und ruhig dabei zusehen.
Meine Herren! Dies Gesetz beruht nicht bloß auf den Beschlüssen dieses Hohen Hauses, sondern auch auf den historischen Erfahrungen. Gewiß hat die preußische Agrargesetzgebung — aber nicht bloß sie, sondern die Agrargesetzgebung aller deutschen Länder — den unge⸗ heueren Segen dadurch verbreitet, daß sie die Freiheit der Bewegung gegeben hat, daß sie die Möglichkeit der Abstoßung der die freie Bewegung hindernden Schranken und der alten Lasten ge⸗ währte. Es hat sich nun aber gezeigt, daß damit doch noch nicht alles gethan ist. In manchen Ländern ist man gleichzeitig, indem man die Güter trennte von den Hintersassen, noch einen Schritt weitergegangen als die preußische Agrargesetzgebung. Man hat in einem größeren Grade — die Ansätze dazu sind in der preußischen Agrargesetzgebung auch vorhanden — dafür Sorge getragen, daß nicht bloß der Hintersasse vollständig vom Gute getrennt, separirt wurde, sondern man hat die Vortheile, die in der Zusammengehörigkeit bisher für ihn lagen, auszugleichen gesucht, indem man Sorge getragen hat, ihm einen bestimmten Grundbesitz zu eigenem, selbständigen Besitz zu überweisen.
Sodann haben wir die Erfahrung gemacht, daß die Entwickelung namentlich in denjenigen Bezirken, wo auf der einen Seite große Besitzungen stark entwickelt, auf der anderen Seite aber schwächere Elemente und kleine Grundbesitzungen neben ihnen vorhanden waren, — daß da der letztere Besitz sich in ungünstigen Zeiten schwer halten konnte. Wir haben ferner die Erfahrung — und die Steatistik beweist dies, daß diejenigen größeren Grundbesitzungen, die nicht wesentlich auf der persönlichen Mitarbeit und Thätigkeit des Besitzers ruhen, in dem bäuerlichen Besitz vorzugsweise gefährdet sind, daß die größeren Bauernstellen allmählich zu verschwinden drohen und an Stelle derselben kleinere Bauernstellen treten. Endlich aber hat auf Grund dieser Erfahrungen die Wissenschaft vielfach diese Form gefordert, die in dem Gesetz enthalten ist. Ich kann in dieser Beziehung Autoritäten der Nationalökonomie und der Volkswirthschaft anführen; ich kann namentlich die Verhandlungen und Beschlüsse des sozialpolitischen Kongresses anführen, wo Männer der Wissenschaft und der Praxis zusammenwirkten, die genau in derselben Richtung die Entwicklung gefordert haben. Man kann also diesem Gesetze nicht den Charakter eines reaktionären Vorgehens, eines Rückfalls in die Vergangenheit, eines Aufgebens der liberalen Prinzipien der preußischen Agrargesetze, und wie sonst die schönen Worte lauten mögen, anhängen. Ich bin überzeugt, daß es eine Wohlthat für das Land ist, wenn das Abgeordnetenhaus dieses Gesetz annimmt. (Bravo!)
Abg. Rickert: Er bestreite dem Finanz⸗Minister, daß die Wissenschaft als solche sich für die Rentengüter endaültig entschieden
Kollegium mit großem Zögern an die Sache herangegangen. Die von 1e- Finanz⸗Minister gegebene Erklärung dessen, was Freiheit sei, könne er nicht billigen, denn hier werde die Freiheit durch die Rente auf Generationen hinaus gebunden. Keine Dialektik der Welt werde dies hinwegräumen können. Ihm sei ferner ein reines Räthsel, wie der Abg. Freiherr von Huene für ein Gesetz stimmen könne, von dem er selbst keine Kräftigung des Bauernstandes erwarte. Eine erhebliche Wirkung werde es allerdings schon deshalb nicht haben, weil die Gutsbesitzer sich vermuthlich hüten würden, an die Peripherie ihrer Besitzungen kleine Besitzer zu setzen, die auf Grund der Landgemeindeordnung Anlaß geben könnten, den Guts⸗ bezirk in eine Landgemeinde zu verwandeln. 1G
Abg. Freiherr von Los weist darauf hin, daß viele Kreditgesuche von Bauern wegen Ueberschreitung der Beleihungsgrenze von der rheinischen Landesbank hätten abgelehnt werden müssen 1 Hierauf wird die Generaldiskussion geschlossen. Bei der Spezialberathung bemerkt 1 1
Abg. Sombart: Er möchte einzig und allein zu §. 1 dem landwirthschaftlichen Ministerium und dem Abg. Freiherrn von Huene bemerken, daß seine Auffassung dahin gehe, daß im vorjährigen Gesetz absolut von keiner theilweisen Ablösung einer ablösbaren Rente die Rede sei, sondern nur ablösbare und unablösbare Renten beständen. In §. 1 des vorliegenden Gesetzes werde aber ein Fall konstruirt, worin ein Theil der ablös⸗ baren Rente nun für unablösbar erklärt werde. Das wider⸗ spreche gänzlich der preußischen Gesetzgebung. Nach §. 95 der Ab⸗ lösungsordnung vom Jahre 1850 müsse, wenn der Berechtigte pro⸗ vozire, er die Ablösung sämmtlicher Renten, die er aus dem Gemeinde⸗ bezirk zu beziehen habe, mögen es Eier, Butter, Speck, Brot, Getreide ꝛc. sein, beantragen, und wenn der Verpflichtete provozire, müsse er alle Renten zur Ablösung bringen. In diesem Gesetz werde gestattet daß wiederum ein Theil der Renten unablösbar sei, und zwar, wie es in den Motiven heiße, etwa ein Zehntel. Dazu müsse wohl ein Grund vorgelegen haben. Er halte den Landwirthschafts⸗ Minister und den Finanz⸗Minister hier für verantwortlich.
Abg. Lerche konstatirt, daß ein Bedürfniß zu der ganzen Gesetz⸗ gebung in der Praxis nicht hervorgetreten sei, und mit Experimenten solle sich die Gesetzgebung nicht befassen, sie solle vielmehr nur das Recht, welches sich in der Volksanschauung als solches heraus⸗ gebildet habe, zur verfassungsmäßigen Geltung bringen. Die Parzellirungen im Kolberger Kreise bewiesen, daß das Gesetz nicht nöthig sei. 1 8
Minister für Landwirthschaft ꝛc. von Heyden:
Ich kann mich darauf beschränken zu bemerken, daß ich die Aus⸗ führungen des Herrn Vorredners als zutreffend gegenüber dem Inhalt des Gesetzes nicht anzuerkennen vermag.
Abg. von Holtz konstatirt ö“ daß die Parzellirungen im Kolberger Kreise b een eichtert worden sein würden, wenn das Gesetz schon bestanden hätte.
Hierauf wird §. 1 und darauf ohne Debatte der Rest des Gesetzes sowie das Gesetz im Ganzen angenommen. 1
In dritter Berathung werden der Gesetzentwurf, betr. die Eintragungen in die Höferolle und Land⸗ güterrolle auf Ersuchen der Generalkommission, und der Vertrag zwischen Preußen, Oldenburg und Bremen, betr. die Herstellung einer neuen Fahr⸗ bahn in der Außenweser, ohne Debatte angenommen.
Die Gesetzentwürfe, betreffend die Heranziehnng der Fabriken u. s. w. mit Vorausleistungen für den Wegebau in der Provinz Brandenburg, in der Provinz Schleswig⸗Holstein, mit Ausnahme des Kreises Herzogthum Lauenburg, und in der Rheinprovinz werden in zweiter Berathung ohne Debatte unverändert ange⸗ nommen. g 8 1
Schluß 3 ¼ Uhr.
Statistik und Volkswirthschaft.
Meliorationen in Oberschlesien.
ie Drainagen sind auch während der letzten Monate stetig ge⸗ S worden. Es kann nur mit Genugthuung begrüßt werden, daß diese unter den dortigen Verhältnissen höchst wichtige Melioration unter den bäuerlichen Besitzern mehr und mehr Verständniß und Anerken⸗ nung findet. Die Folge hiervon ist, daß die Bildung der Drainage⸗ genossenschaften rüstig fortschreitet und zwar in einem Umfange, daß ein Mangel an zuverlässigen Technikern sich bemerkbar zu machen beginnt. Daneben sind Flußregulirungs⸗Projekte in größerer Anzahl im Gange. An Bedeutung voran steht bierbet das Projekt zur Durchstechung des sogenannten Wollsackes, einer ge⸗ waltigen Oderschlinge oberhalb Kosel, deren Geradelegung die Vor⸗ fluthsverhältnisse der dortigen Gegend wesentlich verbessern wird. Das Zustandekommen dieser überaus wichtigen Regulirung ist in nahe Aussicht gerückt. Eine bereits im vorigen Jahre begonnene weitere be⸗ deutende Regulirung an der Oder bei Buckau⸗Tworkau ist nach Eintritt milderer Witterung wieder in Angriff genommen worden, und dasselbe ist mit einzelnen kleineren Flußregulirungen, insbesondere an der Neisse, gescheben. Eine Melioration von voraussichtlich großem Erfolge, die Trockenlegung des ungefähr 1600 Morgen umfassenden Kalichteiches im Kreise Oppeln und die Umwandlung desselben in Wiesen, ist in ihrem Haupttheile vollendet. Mit derselben ist ein Werk zu Stande gebracht worden, auf dessen Verwirklichung bereits seit Jahrzehnten hingearbeitet worden ist.
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Zur E13 8 1öö“ Aus dem Regierungsbezirk Oppeln wird geschrieben: D
Mangel an Arbeitskräften macht sich wieder fühlbar, wenngleich es den Anschein gewinnt, als ob die sog. Sachsengängerei ihren Höhe⸗ punkt überschritten hat und eine rückläufige Bewegung einzutreten be⸗ ginnt. Die Erleichterungen in Bezug auf die Zulassung polnischer Arbeiter sind mit großem Dank entgegengenommen worden. In einem Theile der Grenzkreise fehlt es allerdings nicht an Klagen, daß diese Erleichterungen nicht durchweg den er⸗ wünschten Erfolg gehabt haben, weil die aus Rußland heran⸗ gezogenen Arbeitskräfte dem Beispiel der heimischen Arbeiter gefolgt sind und zum größeren Theile ebenfalls in den westlichen Provinzen
Arbeit gesucht haben.
Getreidezufuhren, 3
Wie der „Berl. Börsen⸗Courier“ mittheilt, sind ganz neuerdings bereits größere Posten Roggen aus Rußland ausgeführt worden. Nach dem jüngsten Ausweise der russischen Zollämter wurden in der Woche vom 17. bis 23. Mai (neuen Stils!) 3 127 000 Pud Roggen ausgeführt gegen 1 610 000 Pud in der gleichen Woche des Vorjahres und 1 687 000 Pud in der entsprechenden Woche des Jahres 1889. Die in der letzten Woche eingetretene bedeutende Steigerung der Ausfuhr ist, wie das genannte Blatt schreibt, um so mehr hervorzuheben, als bis dahin der russische Roggen⸗Export fast ununterbrochen hinter den Beträgen der beiden Vorjahre zurück⸗ geblieben war. Er hat in der Zeit vom 1./13. Januar bis 4,16. Mai d. J. nur 21,2 Millionen Pud umfaßt gegen 24,2 und 28,3 Millionen im gleichen Zeitabschnitt der beiden Vorjahre. Von den in der letzten Woche ausgeführten 3 127 000 Pud Roggen sind 1 218 000 Pud über Rostow versandt, 703 000 Pud über St. Petersburg, 381 000 Pud über Libau, 275 000 Pud über Odessa, 193 000 Pud über Riga u. s. f
Arbeitsnachweis. 1 Die Central⸗Arbeitsnachweisestelle in Düsseldorf darf wiederu
der Rente verlangen, gegen das vorliegende Gesetz Opposition machen, er Rent ngen, g h setz Oppost ch
habe. Das möge der eine oder andere Professor der Nationalökonomie gethan haben, die Mehrzahl nicht, wohl aber sei das Landesökonomie⸗
mit Befriedigung auf den letzten Monatsabschluß zurüchsehen. Wäh⸗ rend im Monat April nicht ganz 100 Personen Arbeit nachgewiesen
ihm zugewiesenen Platz auszufüllen; in überzeugender Sprache pries er den Segen der Arbeit gegenüber jenen Thoren, die dem sozial⸗
die Glückseligkeit nicht nur des Einzelnen, sondern auch der Staaten und
durch treue redliche Arbeit und Einschränkung der Zuchtlosigkeit unserer
wurde, erhielten im Mai 116 Personen Arbeit. Den Geschäfts⸗ ufüng der Central⸗Arbeitsnachweisestelle ersieht man aus folgenden ahlen:
suchten und fanden
Stellen: Arbeiter und Ausläufer. I“ 24 Hausknechte, Diener, Wärter, Pfleger und Portiers 15 Kutscher, Acker⸗ und Fuhrknechte, Landarbeiter . 2 20 Handwerker . vC14“* 49 Schreiber, Kommis, Reisende, Buchhalter. . . 28 7 Dienst⸗ und Fabrikmädchen. . . .. . — 1
116 Der steigende Verkehr hat die erfreuliche Folge, daß, so gering die
Einschreibegebühren sind — für Arbeitnehmer 50 ₰, für Arbeitgeber 1—3 ℳ, ganzes Jahres⸗Abonnement 5 ℳ —, sich daraus auch Ein⸗ nahmen ergeben, welche das gemeinnützige Unternehmen zu kräftigen im Stande sind.
Die Wanderarbeitsstätte in Düsseldorf gewährte im Laufe des Monats Mai 286 Wanderern Arbeit; 41 arbeiteten mehrere halbe Tage. Außer diesen 327 Personen wurden noch 11 stellenlose dortige Arbeitsleute längere Zeit beschäftigt. Es wurden 278 ½ Ctr. zerkleinertes Holz verkauft, und eine große Partie Teppiche gereinigt.
Deutscher Drogisten⸗Verband. Am Sonntag, 7. Juni, fand im Hotel „Kaiserhof“ zu Dresden die 10. ordentliche Generalversammlung des seit 18 Jahren bestehen⸗ den Deutschen Drogisten⸗Verbandes unter Anwesenbeif von 106 Mit⸗ gliedern aus ollen Theilen des Reichs und 21 Gästen statt. Nach Genehmigung des Geschäfts⸗ und Kassenberichts und Ueberweisung eines Betrags an die Unterstützungskasse des Verbandes wurden die seitherigen Vorstandsmitglieder (die Hrrn. Stadrath Meißner⸗ Leipzig als Vorsitzender, Aumann⸗Leipzig, Hoffschildt⸗Breslau, Oden⸗Braunschweig, Simonis ⸗Düsseldorf) wiedergewählt Zum Vorstand gehören außer denselben die Hrrn. Buchheister⸗Hamburg, Hochbaum⸗Berlin und Rothe⸗Dresden. — Das Hauptthema bildete die Einführung einer Gehülfenprüfung und die Herstellung eines Katechismus bez. Lehrbuchs für Drogisten. Nach längerer Debatte wurden sämmtliche Anträge des Vorstands angenommen und eine Resolution gefaßt, dahin gehend, daß jedes Verbandsmitglied gehalten sein folle, vorzugsweise nur solche junge Leute als Gehülfen zu engagiren, welche über ein bestandenes Gehülsenexamen den Nachweis erbracht haben oder sich verpflichten, dasselbe beim nächsten Termin noch abzulegen.
Zur Arbeiterbewegung. . Die für gestern erwartete Wiederaufnahme der Arbeit Seitens der Ausständigen in Charleroi ist nicht erfolgt. Die ausständigen Bergarbeiter sollen entschlossen sein, bis zum Aeußersten auszuhalten. Versuche der Brüsseler Metallindustriellen, ein Syndikat zum Schutz gegen Ausstände zu Stande zu bringen, sind, wie dem „Hamb. C.“ mitgetheilt wird, Vom 15. bis 17. Auaust d. J. tagt in Brüssel der internationale Kongreß der Holzarbeiter, der Tischler, Zimmerleute, Ebenisten, Drechsler u. s. w. Der Kongreß soll über folgende 1 beschließen: Internationaler Verband; internationale Solidarität bei Ausständen; Achtstundentag und Gründung einer internationalen Zeitung.
Demselben Blatt wird aus Bochum geschrieben:
Die nächste Generalversammlung des deutschen Bergarbeiter⸗ verbandes findet am 18. und 19. Juli in Bochum statt. Für die Leiter des Verbandes handelt es sich um die recht schwere Aufgabe, für die große Zahl der Unbeschäftigten und Abgelohnten nach Kraͤften zu sorgen, denn die Unterstützungskasse ist vollständig leer; die Sozial⸗ demokratie verfügt zur Zeit über keine Mittel, in der letzten Mai⸗ woche hatte die Unterstützungskasse nur eine Einnahme von 300 ℳb, darunter angeblich 12 ℳ von Studenten aus Straßburg. In den letzten Tagen haben die Gewerkvereine dem Bergarbeiter⸗Verband recht viele Kopfschmerzen gemacht; die ersteren haben eine recht lebhafte Agitation in den rheinisch⸗westfälischen Kohlenrevieren entfaltet, und, wie es scheint, nicht ohne Erfolg. Der Gewerkvereinsführer, Redacteur Goldschmidt, ein nicht unbegabter Redner, sprach in Boele, Altena, Rahmeda, Lüdenscheid und fand viel Beifall. Die Thatsache steht fest, daß in der letzten Zeit die Gewersvpereine viel rühriger geworden sind und den offenen Kampf mit der Sozialdemokratie aufgenommen haben; und es hat den Anschein, als hätten sie der Sozialdemokratie hier und da wieder Terrain abgewonnen, jedenfalls haben die Gewerkvereine in diesem Jahre eine recht bemerkenswerthe Entwickelung gehabt, die zum Theil wohl auch darauf zurückzuführen sein dürfte, daß die So⸗ zialdemokraten durch die ziellosen Strikes viele „Genossen“ stutzig gemacht und umgestimmt haben dürften.
In Dortmund fand am Sonntag das erste Verbandsfest der evangelischen Arbeitervereine des Kreises Dortmund⸗Hörde statt in Verbindung mit dem neunten Stiftungsfest des Dortmunder evangelischen Arbeitervereins. Der Pastor Brockhaus hielt nach der .Rh.⸗W. Z.“ die Festpredigt vor einer nach Tausenden zählenden, vor seinem Hause versammelten aufmerksamen Volksmenge. Der Redner führte aus, die Arbeit müsse sich in geordneten Grenzen be⸗ wegen, dem Arbeiter dürfe nicht zu viel oder Unmögliches zugemuthet werden, doch sei jeder Arbeiter, ob hoch oder niedrig, berufen, den
demokratischen Rezept zujubeln, welches eine sechs⸗ oder gar drei⸗ stündige Arbeitszeit vorschreibe. — Gegen ein Uhr Mittags marschirte der Festzug durch die im Flaggenschmuck prangenden Straßen der Stadt nach dem Fredenbaum. Hier hielt der Pfarrer Niemeyer⸗ Eichlinghofen die Festrede, die er mit einem jubelnd aufgenommenen Hoch auf Seine Majestät den Kaiser schloß. Der folgende Redner, Hr. Sopp⸗Bochum, schilderte mit begeisterten Worten die Bedeutung der Kreisverbände und die Bedeutung der ersten Festfeier des Kreisverbandes Dortmund⸗Hörde. Der Redner fuhr dann etwa folgendermaßen fort: Ein schlimmer Feind der Kirche sei auch die Sozialdemokratie, welche der Gottlosigkeit huldige und das Familienleben zu zerstören trachte. Auf dem Glauben und einem echten christlichen Familienleben beruhe aber der Friede und
der Völker. Mit den gottlosen Elementen wolle der evangelische Arbeiter nichts gemein haben. Die evangelischen Arbeitervereine haben auch die Pflege eines guten Einvernehmens zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer in ihr Programm aufgenommen, nicht unter Preisgebung, sondern unter Wahrung der Interessen der Arbeiter in allen Stücken, allerdings nicht nach dem Rezept der Sozialdemokratie. Endlich aber pflegen die evangelischen Arbeitervereine die Liebe und Treuoe zu Kaiser und Reich. Das Letztere babe seine starken Wurzeln in einem gesunden, glücklichen Familienleben, das geschaffen werde
Jugend. Hieran mitzuarbeiten möge man als ernste Mahnung vom Feste mit nach Hause nehmen. In das schließliche Hoch auf den Kreisverband Dortmund⸗Hörde stimmte die Festversammlun begeistert ein. Nach einigen Gesangvortraͤgen der einzelnen gemischten Chöre und weiteren Ansprachen schloß das anregende Fest, das allen An⸗ wesenden in schöner Erinnerung bleiben wird.
,Aus Nordenham wird der „Köln. Ztg.“ vom 7. Juni be⸗ richtet: Der Ausstand der Heiter und Kohlenzieher des Norddeutschen Lloyd nimmt größeren Umfang an, da die Ver⸗ hetzungen der Rädelsführer nur zu sehr fruchten. Es scheinen den Leuten die versprochenen Unterstützungen anderer Gewerkschaften wirklich zu Theil geworden zu sein, denn einige prahlten damit herum, ihnen etwa durch die Seemannsordnung werdende Geldstrafen be⸗ kämen sie aus der allge meinen Gewerkschaftskasse vergütet. Auf einige Schiffe sind die Ausständigen durch die Polhei urück⸗
die Leute aber fest angemustert waren, also die Verpflichtung zum Antritt des Dienstes während der ganzen Anmusterungszeit haben wofern sie nicht durch Krankheit entschuldigt sind.
Auf dem am Sonnabend geschlossenen Metallarbeiter⸗Kon⸗ greß in Frankfurt a. M. wurde, wie der „Vorwärts“ berichtet, die „Metallarbeiter⸗Zeitung“ für die Union obligatorisch eingeführt. Danach gelangten die folgenden beiden Resolntionen zur Annahme: I. „Der in Frankfurt a. M. vom 1. bis 6. Juni abgehaltene Kongreß der deutschen Metallarbeiter erhebt entschieden Protest gegen jene Organisationen der Unternehmer, welche gegen Gesetz und Recht es sich zur Aufgabe stellen, den Arbeitern das Koalitionsrecht unmöglich zu machen und durch Verbreitung von schwarzen Listen und gekennzeichneten Zeugnissen den organisirten Ar⸗ beitern die Existenz zu erschweren. Insbesondere protestirt der Kongreß gegen den Geheimbund der Berliner Metallindustriellen und spricht sein Bedauern aus über die Theilnahme der Behörden an diesem un⸗ zweifelhaft ungesetzlichen Unternehmen.“ Die zweite Resolution spricht sich abfällig über das Arbeiterschutzgesetz aus. Ferner wurde beschlossen, zu dem in Aussicht genommenen deutschen Gewerkschaftskongreß drei Delegirte zu entsenden, und dem neu⸗ gewählten Vorstande überlassen, nach seinem Befinden wegen des bevor⸗
stehenden internationalen Kongresses in Brüssel Beziehungen privater Natur anzuknüpfen.
Der „N. Pr. Z⸗ wird aus Wien telegraphisch gemeldet, daß der Parteitag der österreichischen Sozialdemokraten auf den 28. und 29. Juni nach Znaim ausschließlich für namentlich Geladene ausgeschrieben worden ist.
Dasselbe Blatt erfährt aus Pest, daß die dortigen Fuhrwerks⸗ besitzer gestern den gesammten Omnibus⸗Verkehr eingestellt haben und ihn nicht eher wieder aufnehmen wollen, als bis ihnen von der Polizei definitive Licenzen ausgestellt werden.
Ueber den Ausstand der Omnibusbediensteten in London ist der „Voss. Z.“ folgende Mittheilung zugegangen:
Trotz der Behauptung der Leiter der Allgemeinen Omnibus⸗ Gesellschaft, daß hinreichende Ersatzkräfte geworben seien, und daß die Mehrheit ihrer Angestellten die Arbeit nicht einstellen würde, scheint der Ausstand ein allgemeiner zu sein. Thatsächlich feiern sämmtliche Kutscher, Schaffner und Stallknechte der beiden Omnibusgesellschaften, der Allgemeinen Omnibus⸗Gesellschaft und der London⸗Roadcar⸗Company, deren Gesammtpersonal auf 12 000 Leute geschätzt wird. Einigen Privatomnibussen haben die Führer des Ausstandes im Interesse des Publikums den Verkehr ge⸗ stattet unter der Bedingung, daß sie täglich fünf Schillinge zum Aus⸗ standsfonds beisteuern. Schon in früher Morgenstunde am Sonntag versammelten sich die Ausständigen vor ihren Depots und unterdrückten alle Versuche, Omnibusse auszusenden. Vor jedem Depot war eine starke Schutzmannschaft zur Aufrechterhaltung der Ordnung aufgestellt. Gleichwohl verlief der Tag nicht
ohne ernste Ausschreitungen und Ruhestörungen. Mehrere v
7
Kronland.
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Maul⸗ und Klauenseuche 9 . 1 Lungenseuche.. †Maul⸗ und Klauenseuche
Nieder⸗Oesterreich
Ober⸗Oesterreich Lungenseuche.
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Küstenland.... Tirol⸗Vorarlberg . wSee““
Böhmen Mähren.
Schlesien
Maul⸗ und Klauenfeuche
Maul⸗ und Klauenseuche Lungenseuche... Maul⸗ und Klauenseuche Lungenseuche.. ... Maul⸗ und Klauenseuche Lungenseuche .... Maul⸗ und Klauenseuche
Salzburg.. 8 1 Steiermark . 1 V 1
Galizien. Lungenseuche.
Maul⸗ und Klauenseuche Lungenseuche 1
Rußland.
Im Februar 1891. Rinderpest. Gouvernements:
Stawropol (Kaukasus). Gebiete: ö11“ Kuban (Kaukasus) . . Terek (Kaukasus).. Schweiz. “ Maul⸗ und Klauenseuche. 1 15. bis 30. April. Mai. Zahl der verseuchten te Ställe: Orte: Ställe:
Kantone:
9
Zürich.. Bern Luzern.
b. Freiburg. Solothurn.. Basel⸗Stadt.. Basel⸗Land. Schaffhausen. Appenzell a. Rh. Appenzell i. Rh. St. Gallen Graubünden. Thurgau Waadt.
2 bo , cocoo tbon R bol SSee! 02S
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Belgien. Im Monat Mai 189ö—1. Lungenseuche: in 7 Provinzen 33 Gemeinden 34 Ställe.
Spanien. Durch Bekanntmachung der Königlich spanischen Generaldirektion für das Gesundheitswesen vom 25. Mai 1891 sind gegen die Feeneniegaas von der Insel Kamgran, Westküste von Arabien, uarantänemaßregeln angeordnet wordben. hs 1
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Der Gesundheitsstand in Berlin blieh in der Woche vom 24. bis 30. Mai cr. ein guter und die Sterblichkeit eine günstige (von 8 1000 Lebenden starben, aufs Jahr berechnet 17,1). Insbesondere amen akute Entzündungen der Athmungsorgane seltener zum Vorschein
gebracht worden, da ihr Fernbleiben die Weiterfahrt hindern vonnte,
Höfe: “
Orte:
Omnibusse wurden angegriffen, das Dienstpersonal wurde mißhandelt, Omnibusse wurden zertrümmert, wobei die Polizei, wie schon ge⸗ meldet, mehrere Verhaftungen vornahm. In den Vorstädten 2s wältigten die Pferdebahnen den lebhaften Sonntagsverkehr, im Weich⸗ bilde der Riesenstadt war das Publikum auf Droschken und die unterirdische Gürtelbahn angewiesen, die wenigen in Thätigkeit ge⸗ setzten Omnibusse forderten doppelte und dreifache Fahrpreise. Gestern hat sich der Mangel an Omnibussen bei Weitem fühlbarer gemacht, als am Sonntag, wo alle Geschäͤfte ruhen.
Der Präsident des Verbandes der Omnibusbediensteten Suthurst hatte, wie „W. T. B.“” meldet, gestern eine Unterredung mit den Direktoren der beiden Omnibusgesellschaften, in welcher er die For⸗ derungen der Strikenden angab. Die Entscheidung der Direktoren ist noch nicht bekannt. Man glaubt, daß der Zwölfstundentae den Strikenden bewilligt werden wird, doch soll ersr mit dem 13 Juli beginnen. Die Forderung, daß ein freier Tag alle vierzehn Tage gewährt werde, dürfte nicht bewilligt werden. Die Kutscher werden 6 sh. und 6 d, täglich und die Conducteure 5 sh. erhalten. Die ausständigen Omnibusbediensteten verhalten sich den Vergleichsvorschlägen der Gesellschaftsdirektion gegen⸗ über ablehnend und sind gewillt, den Strike fortzusetzen. Nach einem Telegramm des „D., B. H.“ verhindern die Ausständigen die Fütte⸗ rung der Pferde der Gesellschaft gewaltsam.
Aus Edinburg ist der „Voss. 3.“ vom gestrigen Tage ge⸗ meldet worden, daß, trotzdem die Arbeitgeber die Lohnermäßigung von 7 ½ auf 5 % herabsetzten, weitere 7000 Schiffsbauarbeiter am Clyde ausständig geworden sind.
„In Roubaix setzten sämmtliche dem Arbeiter⸗Syndikat an⸗ Fhörige Tuchwalker den Strike fort, Zwischen den zur rbeit wieder bereiten Arbeitern und ihren Gegnern fanden Raufereien statt, wobei Verwundungen vorkamen und auch Ver⸗ haftungen vorgenommen wurden. Am Sonntag Abend fanden mehrere Zusammenstöße mit der Gendarmerie statt, bei denen von
der Waffe Gebrauch gemacht wurde und mehrere schwere Verletzungen vorkamen.
Auswanderung und Ausla ndshandel Norwegens.
(F) Nach den „Mitth. des Stat. Centralbureaus“ in Christiania war die Auswanderung aus Norwegen im vergangenen Jahre geringer als während der letzten vier Jahre. Im Jahre 1886 wanderten 15 158 Personen aus, 1887 stieg die Anzahl auf 20 741 und 1888 sogar auf 21 451, ging dann aber 1889 auf 12 642 und im Vorjahre auf 10 991 Personen zurück. Außerdem sind 2182 Schweden über Norwegen ausgewandert.
. MNach dem vorläufigen Bericht über Norwegens Auslandshandel im Jahre 1890 betrug das Gesammtgewicht der Einfuhr 1 730 581 t im Werthe von 208 658 900 Kronen und das Gesammtgewicht der Ausfuhr 2 167 681 t im Werthe von 131 096 500 Kronen. Der Werth der Ausfuhr im vergangenen Jahre ist der höchste, den Nor⸗ wegen bisher gehabt hat.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗Maßregeln.
Nachrichten über Verbreitung von Thierkrankheiten im Auslande im Jahre 1891. Oesterreich.
7. Mai. 14. Mai. Zahl der verseuchten Orte: Höfe: Orte:
30. April. L“ 1 Zahl der verseuchten 1 Komitate: Orte: Komitate: Orte: Komitate: Orte 144 32 139 27 125 26 110 19 — — 8 21 8 19
zeigten sich in ähnlicher Zahl wie in der Vorwoche, auch blieb die Zahl der an diesen Krankheitsformen gestorbenen Personen fast die nämliche wie in der Vorwoche. Der Antheil des Säuglingsalters an der Sterblichkeit war nur wenig gesteigert, von je 10 000 Lebenden starben, aufs Jahr berechnet, 60 Säuglinge. — Die Infektionskrankheiten zeigten sich meist in ähnlicher Ver⸗ breitung wie in der vorhergegangenen Woche. Ertrankungen an Masern, Scharlach und Diphtherie zeigten keine wesentliche Ver⸗ änderung in ihrem Vorkommen und traten in keinem Stadttheile in nennenswerther Zahl auf; auch Erkrankungen an Unterleibstyphus blieben selten. Erkrankungen an Kindbettfieber gelangten 2 zur An⸗ zeige, rosenartige Entzündungen des Zellgewebes der Haut blieben selten. Aus der der Berichtswoche vorangegangenen Woche werden 2 Todesfälle an Influenza berichtet. Erkrankungen an Keuchhusten gelangten etwas weniger zur ärztlichen Behandlung, der Verlauf blieb im Allgemeiuen ein milder. Das Vorkommen von rheumatischen Beschwerden der Muskeln sowohl wie der Gelenke zeigten im Allge⸗ meinen ein ähnliches Vorkommen wie in der Vorwoche.
Wien, 8. Juni. Wie dem K. u. K. Telegraphen⸗Correspondenz⸗ G bureau aus Kairo von authentischer Seite gemeldet wird, soll bisher weder im Delta noch im übrigen Egypten ein Fall von Cholera vorgekommen sein.
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Literatur.
Erdkunde.
Die im Verlage von J. Engelhorn in Stuttgart erscheinenden „Forschungen zur deutschen Landes⸗ und Volkskunde“, herausgegeben im Auftrage der Centralkommission für wissenschaftliche Landeskunde von Deutschland vom Professor der Erdkunde an der Universität Halle Dr. A. Kirchhoff, sind neuestens soweit gefördert worden, daß bereits vom fünften Bande vorliegen: Heft 5: „Zur Kenntniß des Taunus“. Von Dr. Sievers in Gießen und Heft 6: „Der Thüringer Wald und seine nächste Umgebung.“ Von Dr. Hermann Pröscholdt. — In welcher Weise und in welchem Maße diese beiden Arbeiten in Gemäßheit der Bestimmung der ganzen Sammlung „dazu mithelfen wollen, die heimischen landes⸗ und volkskundlichen Studien zu fördern“, das lehrt ein achtsamer Blick äͤuf den Inhalt derselben. In Heft 5 bietet Dr. W. Stevers als Ergebniß seines lüngsten Forschungsfleißes „Zur Kenntniß des Taunus“ 11 Stucke: 1) Literatur über den Taunus, 2) Abgren⸗ zung des Gebiets 3) geologische Uebersicht, 4) Bau und Entstehung des Bebirges, 5 Eintheilung des Taunus, 6) Oberflächenformen, 7) Wasserscheide, 8) Anordnung der Wasserläufe und Thalbildung,
erechnung der Kammhöhe, 10) Bemerkungen zur Höhenschichten⸗ karte, 11) Waldbedeckung. In Heft 6 legt Dr. Hermann Pröscholdt die besterforschte Kunde des Thüringer Waldes und seiner nächsten Umgebung in 5 Abschnitten dar: 1) Grenzen und Orometrie des
und nahmen meist einen milden Verlauf. Akute Darmkrankheiten
Thüringer Waldes, 2²) die geologischen Verhältnisse des Thüringer