Wie „W. T. B.“ aus Potsdam meldet, besichtigte Seine Majestät der Kaiser heute Vormittag auf dem Bornstedter Felde die zu einer Uebung eingezogene Landwehr des 1. Garde⸗Regiments z. F. und hierauf das 1. und 3. Garde⸗Ulanen⸗Regiment. Hierauf erfolgte ein Exerzieren im Feuer, wozu zwei Compagnien des Lehr⸗Infan⸗ terie⸗Bataillons zugezogen waren. Ihre Majestät die Kaiserin und Seine Kaiserliche Hoheit der Kronprinz zu Pferde und die Prinzen Adalbert und Eitel⸗ Friedrich zu Wagen, sowie eine zahlreiche Suite, wohnten der Vorstellung bei. Seine Majestät der Kaiser setzte Sich zum Schluß an die Spitze des 3. Garde⸗Ulanen⸗Regiments, führte dasselbe zur Kaserne zurück und nahm hierauf an dem Früh⸗ im Offizierkasino Theil.
Heute tagten die vereinigten Ausschüsse des Bundes⸗ raths für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Rechnungswesen.
MNach der im Reichs⸗Eisenbahnamt aufgestellten, in der Dritten Beilage zur heutigen Nummer des „R.⸗ u. St.⸗A.“ ver⸗ öffentlichten Nachweisung über die im Monat April d. J. auf deutschen Bahnen (ausschließlich der bayerischen) bei den Zügen mit Personenbeförderung vorgekommenen Verspätungen haben auf 36 größeren Bahnen bezw. Bahnnetzen mit einer Gesammtbetriebslänge von 36 151,86 km von den fahrplanmäßigen Zügen überhaupt sich verspätet: 617 Schnellzüge, 1037 Personenzüge und 149. zur Personen⸗ sowie zur Güterbeförderung gleichzeitig dienende Züge, zusammen 1803. Von den fahrplanmäßigen Zügen mit Personenbeförderung wurden geleistet: 13 911 732 Zugkilometer, 268 165 482 Achskilometer gegen 14 327 954 Zug⸗ und 273 876 699 Achskilometer im Vormonat und gegen 12 793 089 Zug- und 263 842 436 Achskilometer in demselben Monat des Vorjahres. Von den Verspätungen wurden 616 durch das Abwarten verspäteter Anschlußzüge veranlaßt, sodaß den aufgeführten Bahnen nur 1187 Verspätungen zur Last fallen gegen 2431 im Vormonat und 1526 in demselben Monat des Vorjahres. Von den auf eigener Bahn vor⸗ ekommenen Verspätungen entfallen auf 1 000000 Zugkilometer 85, 1 000 000 Achskilometer 4, mithin auf 1 000 000 Zug⸗ ilometer 34 = 29 v. H. weniger als im Monat April des Vorjahres und 85 =250 v. H. weniger als im Vormonat, und auf 1 000 000 Achskilometer 2 = 33 v. H. weniger als im Monat April des Vorjahres und 5 = 56 v. H. weniger als im Vormonat. In Folge der Verspätungen wurden 1243 Anschlüsse versäumt (gegen 1384 in demselben Monat des Vorjahres und 2160 im Vormonat). Bei 10 Bahnen sind Zugverspätungen und bei 13 Bahnen Anschlußversäumnisse nicht vorgekommen. In der Nachweisung sind diejenigen Bahnen, auf welchen Zugverspätungen vorkamen, nach der Verhältnißzahl (geometrisches Mittel) zwischen der Anzahl der von den fahr⸗ planmäßigen, der Personenbeförderung dienenden Zügen auf 1 000 000 Zug⸗ und 1 000 000 Achskilometer entfallenden eigenen Verspätungen geordnet. Danach nehmen die Kiel⸗ Eckernförde Flensburger Bahn, die Bahnen im Bezirke der Königlichen Eisenbahn⸗Direktion zu Elberfeld und der König⸗ ichen Eisenbahn⸗Direktion (linksrheinische) zu Köln die un⸗ ünstigsten Stellen ein. Wird die Reihenfolge der Bahnen statt nach der Anzahl der Verspätungen nach der Anzahl der Anschlußversäumnisse bestimmt, so treten die Bahnen im Bezirk er Königlichen Eisenbahn⸗Direktion zu Elberfeld, der König⸗ lichen Eisenbahn⸗Direktion (linksrheinische) und der König⸗ lichen Eisenbahn⸗Direktion (rechtsrheinische) zu Köln an die ungünstigsten Stellen.
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MNach einer mit den Senaten in Hamburg und Bremen neuerdings getroffenen Verständigung sind künftighin alle elegraphischen Ersuchen, welche die Verfolgung flüchtiger, i Hamburg, Bremen oder Bremerhaven ver⸗ nutheter Verbrecher betreffen, zur Vermeidung von Ver⸗ zögerungen nicht an die Senate in Hamburg und Bremen, sondern an die dortigen Polizei⸗Direktionen zu richten, an die Polizei⸗Direktion in Bremen mithin auch dann, wenn die Flüchtlinge in Bremerhaven vermuthet werde
E1“ “ Der Direktor des Allgemeinen Kriegs⸗Departements im Kriegs⸗Ministerium, General⸗Lieutenant Vogel von Falcken⸗ stein, und der Inspecteur der 1. Ingenieur⸗Inspektion, General⸗Lieutenant Andreae, haben Dienstreisen angetreten.
Der Direktor des Departements sür das Invalidenwesen im Kriegs⸗Ministerium, General⸗Lieutenant von Spitz ist von einer Dienstreise zurückgekehrt.
S. M. Kanonenboot „Iltis“, Kommandant Korvetten⸗ Kapitän Ascher, ist am 10. Juni von Kinkiang nach Hankow in See gegangen. “ 4
.“¹ HI2si , tacht
““ v11X“ Kiel, 9. Juni. Die Schiffsjungen⸗Schulschiffe „Luise“ und „Musquito“ wurden, wie die „Kiel. Ztg.“ berichtet, estern durch den stellvertretenden 85 der Marinestation der Ostsee, Contre⸗Admiral Mensing auf Seeklarheit inspizirt und treten heute die Uebungsfahrten in der Ostsee an. Das bisher in Potsdam stationirt gewesene Torpedobo ot Vö ist Behufs Außerdienststellung hier eingetroffen. Sachsen. 1h dOo. 1 Dresden, 9. Juni. Seine Mafestät der König empfing dem „Dr. J.“ zufolge gestern Nachmittag das Direktorium der gegenwärtig hier tagenden V. Landessynode. Hieran schloß sich eine größere Hoftafel bei Ihren Majestäten. Zu derselben waren die in Evangelicis beauftragten Staats⸗ Minister, der Präsident und die Mitglieder des evangelisch⸗ lutherischen Landeskonsistoriums und die Mitglieder der Landes⸗
ynode geladen. v11A1““
Sachsen⸗Meiningen. Meiningen, 8. Juni. Der auf heute einberufene Landtag wird morgen seine Sitzungen beginnen. Demselben ist nach der „Weim. Ztg.“ eine Denkschrift über die Sonne⸗ G berg⸗ Stockheimer Eisenbahn zugegangen, in welcher die Verbindung des Sonneberger Kreises mit der bayerischen Staatsbahn bei Stockheim begründet wird. Die Länge der Bahn von Sonneberg an beträgt 14 km, 4 km auf bayerisches Gebiet kommen; gegen km sind bereits im Betrieb, es werden daher nur 11,5 km
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zu bauen sein. Die Werra⸗Eisenbahn übernimmt den Bau mit einem Staatszuschuß von 719000 ℳ; die betheiligten Kreise haben dazu 300 000 ℳ aufzubringen, während der Staat 419000 ℳ baar und 81 000 ℳ zum Erwerb bayerischen Bodens bewilligt. Der Landtag hat also 500000 ℳ zu ge⸗ währen.
Sachsen⸗Coburg⸗Gotha.
Gotha, 9. Juni. Seine Hoheit der Herzog ist nach der „Goth. Ztg.“ gestern in Schloß Reinhardsbrunn ein⸗ getrgsfen Sh . e
Schleiz, 9. Juni.
Das Fürstliche Hoflager ist, wie die „Leipz. Ztg.“ erfährt, von Schloß Osterstein hierher verlegt worden. 8s 8
“ Oesterreich⸗Ungarn.
Zu den Vertragsverhandlungen mit Italien wird dem „Fremdenblatt“ mitgetheilt, daß auch bei diesen Verhandlungen eine Kooperation zwischen Oesterreich⸗Ungarn und dem Deutschen Reich in bestimmte Aussicht genommen ist, daß also die Verhandlungen mit Italien ganz so, wie jene mit der Schweiz gemeinsam zwischen den deutschen und öster⸗ reichisch ungarischen Delegirten einerseits und den italienischen andererseits werden geführt werden. Hierbei ist es durch die Natur der geographischen Lage, also dadurch, daß Oesterreich⸗ Ungarn an Italien grenzt, dieses jedoch nicht an das Deutsche Reich, geboten, daß über den Grenzverkehr separat zwischen den italienischen und österreichisch⸗ ungarischen Delegirten zu verhandeln sein wird. 1
In der gestrigen Sitzung des Welt⸗Post⸗Kongresses begrüßte, wie „W. T. B.“ berichtet, der Präsident die neu⸗ eingetroffenen Vertreter von Kanada, Peru, Rumänien und der südafrikanischen Republik. Letzterer erklärte den Wunsch seiner Regierung, dem Welt⸗Post⸗Verein bei⸗ zutreten. Der Antrag des Präsidenten, das Protokoll des Kongresses bis zum 1. Juli 1892 für Beitritte offen zu lassen, wurde einstimmig angenommen. Der Kongreß nahm die Anträge der Kommission, betreffend Werthsendungen, Legitimationsbücher und Post⸗ packete, an, ebenso den Vorsch ag des egyptischen Vertreters, den Verwaltungen des Welt⸗Post⸗Vereins fakultativ zu ermög⸗ lichen, die Verantwortlichkeit für Postsendungen auch im Falle höherer Gewalt zu übernehmen.
Der volkswirthschaftliche Ausschuß des Ab⸗ geordnetenhauses nahm die Vorlage, betreffend die Auf⸗ hebung des Triester Freihafens, nach den Erklärungen des Handels⸗Ministers und Finanz⸗Ministers an, welche weitere Zollbefreiungen in Aussicht stellten.
Der im Abgeordnetenhause zur Vertheilung gelangte Entwurf eines Anarchistengesetzes enthält Wiener Blättern fufolge im Wesentlichen folgende Bestimmungen: Die Vor⸗ age untersagt die Bildung von Vereinen, bezüglich welcher durch Thatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, daß sie solchen sozialistisschen Bestrebungen dienen werden, welche auf den gewaltsamen Umsturz der bestehenden Staats⸗ oder Gesellschaftsordnung gerichtet sind. Bereits bestehende Vereine solcher Art sind aufzulösen. Gegenseitige Unterstützungsvereine, welche den erwähnten Zwecken dienen, können unter besondere staatliche Kontrole gestellt werden; dasselbe gilt von Erwerbs⸗ und Wirthschafts⸗ genossenschaften mit den gleichen Tendenzen. Die wisseentliche Theilnahme an untersagten und aufgelösten Vereinen oder die Anwerbung von Mitgliedern für dieselben wird als Ver⸗ gehen mit strengem Arrest von drei Monaten bis zu drei Jahren, beziehungsweise einem Monat bis zu zwei Jahren, sowie Geldbußen bis 500 Fl. bestraft. Versammlungen, bezüglich welcher durch Thatsachen die Annahme von Umsturztendenzen ge⸗ rechtfertigt ist, sind zu untersagen bezw. aufzulösen, selbst wenn sie nicht allgemein zugänglich sind. Die absichtliche, eventuell wissent⸗ liche Veranstaltung solcher Versammlungen wird mit strengem Arrest von drei Monaten bis zu drei Jahren, die wissentliche Betheiligung an denselben mit strengem Arrest von einem Monat bis zu zwei Jahren, sowie Geldbußen bis 500 Fl. bestraft. Wer wissentlich für derartige Versammlungen Räum⸗ lichkeiten hergiebt, ist mit strengem Arrest bis zu zwei Jahren und einer Geldbuße von 100 bis 500 Fl. zu bestrafen. Umstürz⸗ lerische Druckschriften sind zu konfisziren, deren Weiterverbreitung beziehungsweise fernere Herausgabe zu untersagen; Zuwider⸗ handelnde sind mit strengem Arrest von sechs Monaten bis zu drei Jahren und Geldbußen bis zu 500 Fl. zu bestrafen, ebenso Besitzer geheimer Druckereien. Die Sammlung von Beiträgen zu umstürzlerischen Zwecken wird mit strengem Arrest bis zu sechs Monaten und Geldbußen bis 500 Fl. bestraft. Agitatoren sind unter Polizeiaufsicht zu stellen, an Umtrieben der bezeichneten Art irgendwie betheiligten Ge⸗ werbsleuten die Gewerbslizenzen zu entziehen.
Im Laufe des gestrigen Tages trafen laut Meldung des „W. T. B.“ die englischen Thurmschiffe „Benbow“ und „Victoria“, der Aviso „Surprise“, der Torpedo⸗ rammer „Polyphemus“ und das Torpedoboot Nr. 44 in Driest ein.
Großbritannien und Irland.
Die Königin hat Frau Grimwood, die heldenmüthige Gattin des in Manipur getödteten britischen Residenten, „in Anerkennung ihrer Aufopferung bei der Pflege der Ver⸗ wundeten“ durch Verleihung des Ordens vom Rothen Kreuz ausgezeichnet.
Das Unterhaus hat in seiner gestrigen Sitzung die erste Lesung der Bill, betreffend den freien Unterricht, angenommen.
Dem verstorbenen Premier von Canada, Sir John Macdonald, widmen alle englischen Blätter ohne Unterschied der Parteien warm empfundene Nachrufe. Wie aus Ottawa gemeldet wird, ist die Stadt in tiefe Trauer versetzt; die Be⸗ erdigung soll einen öffentlichen Charakter haben. Die Zeitungen von Ottawa und Toronto rühmen ihn als den Schöpfer der Prosperität Canadas.
Die, wie schon gemeldet, in der vergangenen Woche in einer Versammlung von Parlaments⸗Abgeordneten unter dem Vorsitz Chamberlain's begonnene Bewegung zu Gunsten einer Altersversicherung trägt bereits die ersten Früchte in Form von Interpellationen an die Regierung. Der Abg. Vincent will in diesen Tagen an den ersten Lord des Schatzamts die Frage stellen ob die Regierung Angesichts der kürzlich amtlich festgestellten Thatsachen, daß aus der Bevölkerung im Alter von mehr als sechzig Jahren von sieben je eine Person
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auf das Armenhaus angewiesen sei und daß dieses Verhältniß 18
bei über fünfundsiebenzig Jahre alten Personen eins zu je drei betrage, bereit sei, eine Kommission zu ernennen, welche im Verein mit den verschiedenen Wohlthätigkeits⸗Gesellschaften die Frage der Altersversicherung erörtern soll.
Die Vermuthung, daß dem Aufstand der Keunjuren in Indien keine besondere Bedeutung beizumessen sei, hat üeh brsetige Ein Telegramm aus Kalkutta vom 7. d. M. meldet:
Der Leiter der Bewegung hat sich selbst der Polizei gestellt und die von Kalkutta ausgesandte Truppen⸗Abtheilung befindet sich bereits auf dem Rückmarsch. Es sind jedoch schon wieder einige weitere Beispiele für die im Lande gährende Unruhe zu verzeichnen. In Vizagapatam traten Ruhestörungen, verbunden mit ernsten Ausschreitungen, auf und auch in Mirzapore sollte ein Ausstand ausgebrochen sein. Zum Glück entbehrt dieses letztere Gerücht jedoch der Begründung.
Aus Birma sind im „R. B.“ folgende aus Rangun vom 7. Juni datirte Nachrichten eingetroffen:
Die in dem Kyanksai⸗Diftrikt in Ober⸗Birma gelegene Eisen⸗ bahnstation Belin ist gestern Abend von Dajaks angegriffen worden. Da dies schon der zweite derartige Angriff auf Bahn⸗ stationen im Laufe einer Woche ist, hat die Militär⸗ polizei Befehl erhalten, die Bahnstation des Distrikts zu besetzen, um weiteren Ueberfällen vorzubeugen. Schon seit einiger Zeit giebt die Lage des Kyanksai⸗Distrikts Veranlassung zu Klagen, und es hieß kürzlich, daß ein Aufstand in großem Maßstabe zu erwarten sei. In Unter⸗Birma hat die Polizei in der Nähe von Taikkyi, einem Dorfe an der Prame⸗ Eisenbahnlinie, einige Scharmützel mit einer starken Bande Dajaks gehabt, in welchen sie den Kürzeren zg. Ein Polizist wurde getödtet, einer gefangen genommen und außerdem ein beträchtlicher Theil Waffen von den Dajaks erbeutet. Eine Abtheilung Militär⸗ polizei ist jetzt gegen dieselben aufgebrochen.
Frankreich. Paris, 10. Juni. Der Ministerrath beschloß in seiner gestrigen Sitzung, wie „W. T. B.“ meldet, beim arlament den nothwendigen Kredit für die Betheiligung rankreichs an der Weltausstellung in Chicago zu eantragen.
Die Deputirtenkammer genehmigte gestern nach drei⸗ tägiger Debatte, der Regierungsvorlage und den Vorschlägen der Kommission entsprechend, die Zollfreiheit für frische und trockene Seidencocons sowie für Rohseide. Für gezwirnte Seide und Seidenfabrikate wurde ein Zoll von 300 Fr. beschlossen.
Rußland und Polen.
Einem Tagesbefehl des Großfürsten General⸗Admirals im Marine⸗Ressort zufolge hat der Kaiser bestimmt, daß die sechs für die Baltische Flotte bestimmten Torpedoboote, von denen je zwei auf der Putilow'schen Fabrik in St. Peters⸗ burg, auf den Ishora'schen Admiralitätswerkstätten zu Kolpino und auf der Werft von Crayton u. Comp. in Abo erbaut werden, die Namen „Hapsal“ und „Moonsund“ resp. „Kron⸗ schlott“ und „Seskär“ und „Kotka“ und „Dago“ erhalten; zwei für die Schwarzmeerflotte auf der Motala⸗Werft in Schweden im Bau befindliche Transportschiffe sind „Bug“ und „Dunai“ benannt worden.
In Sachen der Juden⸗Ausweisung aus Moskau wurde der „Mosk. D. Ztg.“ zufolge die dortige Polizei durch Tagesbefehl des Ober⸗Polizeimeisters davon verständigt, daß Wittwen und Kinder von Hebräern, welche auf Grund des Punktes 1 der Bemerkungen zu Artikel 12 des Paßstatuts Band XIV. vom Jahre 1890 (Rechte der den Kursus höherer Lehranstalten beendet habenden Personen) in Moskau lebten, auf Grund einer Anordnung des Ministers des Innern vom 30. April (a. St.) in Moskau verbleiben dürfen. Dabei gilt die Aufenthaltsberechtigung indeß für die Söhne nur bis zu deren Volljährigkeit, für die Töchter bis zu deren Verheirathung mit einem Glaubensgenossen, welcher nicht das Recht hat, nach Belieben seinen Aufenthaltsort im Reich zu wählen. — Wegen absichtlicher Verheimlichung von Juden wurden, wie das gen. Blatt einem Tagesbefehl des Moskauer Ober⸗Polizeimeisters an die dortige Polizei entnimmt, mehrere Personen mit Geldstrafen belegt.
Die Einwanderung von Ansiedlern in das Steppengebiet nimmt so zu, daß, wie die „Now. Wr.“ berichtet, die dortigen Kirgisen anfangen unruhig zu werden. Sie sollen sich dieserhalb mit einer Bittschrift an den Minister des Innern gewandt hahben.
Italien. J1““
In der Deputirtenkammer kündigte der Präsident gestern eine Interpellation des Abg. Cavalotti und Ge⸗ nossen über die im englischen Parlament jüngst erörterten Beziehungen Englands zu Italien sowie über die Blättermeldungen, betreffend die eventuelle Erneuerung des Dreibundes, an. Nachdem der Minister⸗Präsident Marchese di Rudini die Vertagung der Interpellation bis nach der Budgetdebatte empfohlen und der Abg. Cavalotti zugestimmt hatte, beschloß die Kammer die Vertagung. —
Wie die „Agenzia Stefani“ meldet, sind die Nachrichten über angebliche finanzielle Verluste des päpstlichen Stuhles durchweg unrichtig; es sind weder Unterschleife noch Börsenspekulationen vorgekommen; die ganze Angelegenheit reduzirt sich auf einen Mangel in der Verwaltungspraxis und auf den Rückgang verschiedener, von vertrauenswürdigen Per⸗ sonen für dargeliehene hohe Summen verpfändeter Werth⸗ papiere. Der Papst hat Personen beispringen wollen, die ihm Treue bewahrt hatten und sich in großen finanziellen Verlegenheiten befanden. Der Administrator des Papstes Folchi habe aus persönlichen Gründen demissionirt. Man glaubt, daß zum großen Theil Eifersucht und Mißgunst an den verbreiteten Gerüchten Theil haben.
Portugal. 1 1“
Bei der Debatte über den Vertrag mit England in der Kammer erklärte der Minister des Aeußern, der „P. C.“ zufolge: es sei nothwendig, das Uebereinkommen mit England anzunehmen, denn ein späteres würde nur schlimmer ausfallen können. Die sechs Stimmen, welche bei der Abstimmung gegen den Vertrag abgegeben wurden, vertheilen sich auf drei Republikaner, zwei Progressisten und einen Konserva⸗ tiven. — Präsident der Kommission des Senats zur Begutachtung des Vertrages ist Serpa Pimentel und ihr Berichterstatter Barbosa du Bocage. Die Kommission ist für den Vertrag; an dessen Annahme im Senat ist also nicht zu zweifeln. — Der Lissaboner Korrespondent der „Morning Post“ erfährt, daß ein Mitglied der Cortes beab⸗ sichtige, den Verkauf sämmtlicher potugiesischen Kolonien mit Ausnahme der Angola⸗Inseln St. Thomé,
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opoordnung erledigt, die
besetzt hatten.
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Principe und Kap Verde zu beantragen. Der für die Kolonien Mozambique, Guinea, Goa, Macao und Timor er⸗
zielte Erlös müßte nach Ansicht des antragstellenden Abgeord⸗ neten zur Amortisation der Staatsschuld benutzt werden. 8 Luxemburg.
Luxemburg, 8. Juni. Der Erbgroßherzog traf
am Sonnabend Abend auf dem hiesigen Bahnhof ein und
fuhr direkt nach Schloß Walferdingen. — Heute Vormittag wurde im hiesigen Palais der britische Gesandte im Haag, Baronet Sir H. Rumbold, den die Königin Victoria mit ihrer Vertretung am Großherzoglichen Hofe betraut hat, von dem Großherzog in feierlicher Audienz empfangen.
Türkei.
Entsprechend den Instruktionen des sranzösischen Ministers
des Aeußern, Ribot erbat sich, wie „W. T. B.“ aus Paris meldet, der Botschafter Graf von Montebello bei dem Sultan eine besondere Audienz und setzte die von Frank⸗ reich in Betreff des in Bethlehem ausgebrochenen Streits s. d. gestrige Nummer d. Bl.) erhobenen Forderungen aus⸗ inander. Der Sultan erkannte die Reklamationen als wohl⸗ berechtigt an und ließ an den Gouverneur von Jerusalem telegraphiren, Frankreich sofort Genugthuung zu geben.
Bulgarien.
86 Sofia, 10. Juni. Der Prinz Ferdinand ist, wie „W. T. B.“ berichtet, nach Wien abgereist und wird sich von dort zur Kur nach Karlsbad begeben. Der Minister⸗Präsident Stambulow ist für die Abwesenheit des Prinzen zum Regenten ernannt. .
Nach der „Agence Balcanique“ ist die Landwehr zu dreitägigen Uebungen einberufen worden.
Die Regierung hat der Pforte ihre Mitwirkung bei dem Einfangen der Räuber, welche den Eisenbahnüberfall bei Kirkilisse verübten, angeboten und die erforderlichen Maßnahmen für den Fall, daß diese die rumelische Grenze überschreiten sollten, getroffen. Ein Angehöriger eines zur Zeit auf einem Weideplatze in der Nähe der türki⸗ schen Grenze bei Burzas befindlichen Nomadenstammes, welcher während des Winters den Anführer dieser Räuber⸗ bande beherbergt hatte, ist von den Behörden verhaftet worden. Die bulgarische Regierung versprach ihm das Leben zu schenken, wenn er behülflich sein wollte, die Räuber dingfest zu machen. Außerdem hat die Regierung eine Belohnung
von 5000 Fr. für jeden eingefangenen Räuber ausgesetzt.
Die türkisch⸗bulgarische Kommission setzt die Untersuchung in der Angelegenheit der Pomaken, welche die Entrichtung der Schafsteuer an Bulgarien verweigerten und dadurch einen blutigen Zusammenstoß mit den Gendarmen hervorriefen, fort. Die Kommission hat festgestellt, daß die bulgarischen Truppen nur zu Ostrumelien gehöriges Gebiet
Schweden und Norwegen.
Nach dem gestern in Stockholm ausgegebenen Bulletin
über das Befin den des Kronprinzen hat sich der all⸗ gemeine Zustand etwas gebessert. Die Nachtruhe war zum Theil durch trockenen Husten gestört. Die Temperatur war ses früh 38 ½, der Puls 68; Kopfschmerz und Gelenk⸗ chmerz haben sich verringert.
Amerika. 8
Chile. In Santiago ist, wie dem Reuter'schen Bureau berichtet wird, am 6. d. M. Seitens des Präsidenten Balmaceda folgende offizielle Erklärung erlassen worden:
„Der sogenannte Kongreß, der die revolutionäre Partei reprä⸗ sentirt, besitzt überhaupt keine moralische Autorität. Die Insurgenten in Tarapaca besitzen keine Hülfsquellen und haben keine Mittel, um eine Expedition nach den bevölkerten Theilen Chiles zu unternehmen. Der Regierung stehen 30 000 Soldaten und 10 000 wohlausgerüstete Gendarmen treu zur Seite, während die revolutionäre Partei nur aus 5000 demoralisirten Leuten besteht. Die Regierung der Vereinigten Staaten von Nord⸗Amerika hat den Dampfer „Itata“ und seine Waffenladung mit Beschlag belegt. Der verfassungsmäßige Kongreß hat gewisse ökonomische Gesetze an⸗ getommen, sodaß der Regierung genügend Baarmittel zu Gebote
ehen.“
Dagegen haben die Insurgenten laut Meldung desselben Bureaus aus Arica vom 7. Juni ein Manifest veröffentlicht, in welchem sie Balmaceda einen Diktator nennen, der durch den Kongreß seines Amtes als Prüsident enthoben sei und die von ihm
erlassene Verfügung, welche es seinem Ermessen anheimstelle, das im Nationalschatz als Garantie für das im Umlauf befindliche Papiergeld deponirte Metallgeld nach Europa zu entsenden, in den schärfsten Ausdrücken als ungesetzmäßig bezeichnen. Der „Exekutivausschuß, welcher den souveränen Kongreß repräsentirt“, verfügt deshalb:
„Balmaceda besitze kein Recht, über den Schatz zu verfügen, da derselbe Nationaleigenthum sei. Die Entnahme des Schatzes aus der Münze sei Raub und sein Verkauf an dritte Parteien nicht allein null und nichtig, sondern strafbar. Handelshäuser und ihre Vertreter würden, einerlei ob einheimisch oder ausländisch, zur Verantwortung gezogen werden, Falls sie den Kredit ihres Namens zur Ermöglichung des „Raubes“ hergeben sollten. Die konstitutionellen Truppen seien zu instruiren, von dem erwähnten Gelde Besitz zu ergreifen, auf welchem Schiffe oder an welcher Person es auch immer gefunden werden möge.“
Parlamentarische Nachrichten.
In der heutigen (100.) Sitzung des Hauses der Ab⸗ geordneten wurde zunächst in dritter Berathung der Entwurf eines Ergänzungsgesetzes, betreffend die Voraus⸗ leistungen zu Wegebauten, ohne Debatte angenommen.
Es folgte die Berathung von Petitionen.
Die Petition der Wittwe des Kanzleidiätars Brygann in Marienwerder wegen Erhöhung ihres Wittwengeldes, sowie Petitionen verschiedener emeritirter Lehrer wegen Erhöhung ihrer Pension wurden durch Uebergang zur Tages⸗ Petition verschiedener Straf⸗ anstaltslehrer wegen Verbesserung ihrer Gehalts⸗ und Rangverhältnisse der Regierung zur Erwägung überwiesen.
Ueber verschiedene Petitionen, betreffend die Zulassung ausländischer Arbeiter zur Beschäftigung in der Landwirthschaft, beantragt die Kommission für das Ge⸗ meindewesen zur Tagesordnung überzugehen.
Die Abgg. Wessel, Dr. Sattler, Graf von Kanitz befürworteten diesen Antrag, während die Abgg. von Czar⸗ linski, Rickert und Freiherr von Huene beantragten, die Petitionen zur Erwägung zu überweisen. Das Haus beschloß dem letzteren Antrage gemäß. “
295 Gemeinde⸗ (Guts⸗) Bezirke
Ueber die Petition von Eigenthümern aus dem Kreise Kottbus, betreffend die Separation des Kottbus⸗ Peitzer Laßzinswiesen, beschloß das Haus nach eingehen⸗ der Erörterung, entsprechend dem Antrage der Kommission für die Agrarverhältnisse, zur Tagesordnung überzugehen.
Bezüglich der Petition des Stellmachers Gibasiewicz wegen 2S. einer Unterstützung Seitens der König⸗ lichen Eisenbahn⸗Direktion Köln (rechtsrheinisch) faßte das Haus den Beschluß, sie insoweit zur Berücksichtigung zu überweisen, daß dem Petenten eine monatliche Unterstützung von 15 ℳ gewährt werde.
Die Petition der Apotheker Bender und Genossen, be⸗ treffend die Vermehrung der Apotheken, beantragte Namens der Petitions⸗Kommission Abg. Dr. Graf (Elberfeld) derc Tagesordnung zu erledigen. Ein Antrag des Abg. Ple⸗ wollte sie zur Erwägung überwiesen sehen.
Nach längerer Erörterung schloß sich das Haus dem Kom⸗ missionsantrage an.
Bezüglich der Petition der Frau Schulrath Cauer in Berlin und Gen., betr. die Zulassung weiblicher Per⸗ sonen zur Ausübung des Apothekerberufs, wurde der Antrag auf Ueberweisung als Material Seitens des Bericht⸗ erstatters Abg. Dr. Graf (Elberfeld) gestellt. Das Haus be⸗ schloß demgemäß. (Schluß des Blattes.)
— Im 3. Düsseldorfer Landtagswahlkreise (Mettmann) ist an Stelle des Abgeordneten Frickenhaus, welcher sein Mandat niedergelegt hat, Heinrich Boettinger, nat.⸗libr., mit 99 gegen 64 Stimmen, welche Landwirth Ernst Bleckann, freikons., erhielt, zum Mitglied des Hauses der Abgeordneten gewählt worden.
— Dem Hause der Abgeordneten ist der Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Königlichen Gewerbe⸗ gerichte in der Rheinprovinz, zugegangen.
— Der bereits gestern erwähnte Beschluß Fommission über den Gesetzentwurf, betreffend die Verlegung der Landes⸗Buß⸗ und Bettage, hat nach der „Nat.⸗Ztg.“ folgenden Wortlaut: „In Erwägung, daß der Gesetzentwurf eine den beiden christlichen Kon⸗ fessionen gemeinsame Feier eines Buß⸗ und Bettages nicht sicher stellt, daß dagegen bei seiner Annahme voraussichtlich in verschiedenen Landestheilen zwei Tage der gewerblichen Thätigkeit entzogen werden müßten, in fernerer Erwägung, daß der in dem Gesetzentwurf in Vorschlag gebrachte Tag (Freitag) vielseitig als Feiertag nicht geeignet erscheint, daß aber anderer⸗ seits das Bedürfniß nach Vereinigung der verschiedenen Buß⸗ und Bettage auf einen gemeinsam zu feiernden Tag anerkannt wird, 1) den Gesetzentwurf, betreffend die Verlegung der Landes⸗Buß⸗ und Bettage, abzulehnen; 2) der Königlichen Staatsregierung anheimzu⸗ stellen, mit den betreffenden Landesregierungen und Kirchenbehörden beider Konfessionen erneut in Verhandlung zu treten und dabei eine Vereinigung zu gemeinsamer Feier auf einen Tag gegen Schluß des Kirchenjahres, womöglich in der vorletzten Woche, auf einen Mittwoch, in Aussicht zu nehmen.“
hierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln. 11u“ ͤd11q“ über die Verbreitung der Maul⸗ und Klauenseuche in Preußen im Ausgang des Monats Mai 18ĩ91.
Die See herrschte in
Gemeinde⸗ (Guts⸗)
Bezirken.
Angabe der Thier⸗ gattung, welche von der Seuche befallen ist.
Regierungs⸗
bezirk. Kreisen.
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Königsberg. Gumbinnen. Marienwerder. Potsdam. Frankfurt a. O. Berlin 1 Stettin Köslin Posen. Bromberg Breslau. Oppeln. Magdeburg. Merseburg Erfurt. Schleswig Hannover. ildesheim. ünster. Arnsberg Kassel
Wiesbaden. Koblenz. Trier. Sigmaringen
—
UoCe booOe UUSoSSUeSSoe Scho e
Rindvieh, Schweine.
Rindvieh.
Rindvieh.
Rindvieh, Schweine.
Rindvieh.
Rindvieh, Schweine.
Rindvieh.
Rindvieh.
Rindvieh.
Rindvieh, Schweine.
Rindvieh.
Rindvieh, Schafe.
Rindvieh.
Rindvieh.
Rindvieh, Schweine.
Rindvieh, Schweine.
Rindvieh, Schafe.
Rindvieh, Schweine, Schafe, Ziegen.
Rindvieh.
Rindvieh, Ziegen.
Rindvieh, Schafe.
Rindvieh.
bo ECæʒoO- Seoto — co OUoœECU; SgSneeIng
Summe
Gegenüber dem Monat April, in welchem in 127 Kreisen verseucht waren, hat die Maul⸗ und Klauenseuche erheblich an Ausbreitung abgenommen. Seuchenfrei waren am Schlusse des Monats Mai die Re⸗ gierungsbezirke Danzig, Stralsund, Liegnitz, Lüneburg, Stade, Osnabrück, Aurich, Minden, Köln, Düsseldorf und Aachen. In Berlin Ferascht die Seuche unter dem Rindvieh⸗ bestande eines Besitzers, im Regierungsbezirk Schleswig unter dem Rindvieh in einer Gemeinde des Kreises Segeberg.
lun⸗ Verkehrs⸗Anstalten.
Die Post von dem am 6. Mai aus Shanghai abgegangenen Reichs⸗Postdampfer „Preußen“ ist in Brindisi eingetroffen ns gelangt für Berlin voraussichtlich am 11. cr. Vormittags zur
usgabe.
München, 10. Juni. Die Lokaleisenbahngesellschaft hat die Jsaruferbahn bis Wolfratshausen heute dem Per⸗ sonenverkehr übergeben. Die Fortsetzung der Strecke bis zum Kochelsee (Voralpen) ist gesichert.
Bremen, 9. Juni. (W. T. B.) Norddeutscher Lloy d. Der Schnelldampfer „Aller“ ist gestern Nachmittag 12 Uhr, von New⸗ York kommend, in Bremerhaven eingetroffen. Der Schnelldampfer „Saale“ ist gestern Nachmittag 4 Uhr von Southampton abge⸗ gangen und hat die Reise nach New⸗ York fortgesetzt. Der Post⸗ dampfer „Braunschweig“, von Australien kommend, ist heute von Southampton abgegangen und hat die Heimreise nach Bremerhaven fortgesezt. Der Postdampfer „Sachsen“ ist gestern von Genua
abgegangen und hat die Reise nach Ost⸗Asien fortgesetzt. Der Post⸗ dampfer „Graf Bismarck' hat gestern auf der Reise nach Brasilien
Las Palmas passirt.
— 10. Juni. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der
ostdampfer „München“, von Baltimore kommend, ist am 9. Juni 1 Uhr Vorm. auf der Weser angekommen. Der Schnelldampfer „Eider“, am 30. Mai von Bremen und am 1. Juni von Southampton abgegangen, ist am 9. Juni, 10 Uhr Vorm., in New⸗ York angekommen. Der Schnelldampfer „Lahn“, von New⸗York kommend, hat am 9. Juni, 3 Uhr Nachm, Scilly passirt. Der Post⸗ dampfer „Berlin“, am 11. Mai von Bremen abgegangen, ist am 6. Juni in Bahia angekommen
Hamburg, 9. Juni. (W. T. B.) Hamburg ⸗Ameri⸗ kanische Packetfahrt⸗Aktien⸗Gesellschaft. Der Post⸗ dampfer „Moravia“ ist, von Hamburg kommend, heute Morgen 8 Uhr in New⸗York eingetroffen.
— 10. Junt. (W. T. B.) Hamburg⸗Amerikanische Packet⸗ fahrt⸗Aktien⸗Gesellschaft. Der Postdampfer „Rhaetia“ hat, von New⸗York kommend, heute 10 Uhr Morgens Lizard passirt.
London, 8. Juni. Die Englische Postverwaltung hat, der „A. C.“ zufolge, neuerdings die Bestimmungen über die für be⸗ schädigte, oder abhanden gekommene Sendungen zu ge⸗ währende Entschädigung getroffen. Für im Transit verlorene oder beschädigte Packete zahlt die Post künftig 2 Pfd. Sterl. (frühber 1 Pfd. Sterl.) vollständig unabhängig von dem ursprünglichen Werthe der Sendung oder der Höhe des wirklich entstandenen Ver⸗ lustes. Während früher nur Briefe, Zeitungen und Buchsendungen als „eingeschrieben“ gesandt werden konnten, finden die dies⸗ bezüglichen Bestimmungen nunmehr auch auf Packete, Postkarten und Mustersendungen Anwendung. Die Einschreibegebühr beträgt wie bisher 2 d., wofür im Falle des Abhandenkommens oder Verlustes 5 Pfd. Sterl. vergütet werden. Für jede weiteren 5 Pfd. Sterl. (bis zu 25 Pfd. Sterl.) wird je 1 d in Rechnung gestellt.
(F) Stockholm, 8. Juni. Aus Trelleborg wird berichtet, daß dort am Donnerstag der deutsche Passagierdampfer „Freia“ nach einer 3 ¾stündigen Ueberfahrt von Saßnitz eintraf. An Bord des Dampfers befanden sich die Delegirten der deutschen Regie⸗ rung, die Delegirten Schwedens, Contre ⸗Admiral Lagerberg, Ober⸗Direktor Pihlgren und Major Gagner, sowie auch eine größere Anzahl deutscher Post⸗ und Eisenbahnbeamten und anderer an der künftigen Postroute Sazhnitz⸗Trelleborg Interessirten, unter denen der schwedische General⸗Konsul Ivers in Stettin und Konsul Devald aus Swinemünde zu nennen sind. Nach einem dreistündigen Aufenthalt, während dessen der Hafen, die Eisen⸗ bahn u. s. w. besichtigt wurden, trat die Gesellschaft mit der „Freia“
die Rückreise an.
Theater und Musi
XI. Schlesisches Musikfest.
Aus Görlitz wird uns berichtet: Der zweite Festtag (8. Juni) stand hinsichtlich des Besuchs dem ersten in keiner Weise nach. Die durch die Aufführungen des ersten Tages in künstlerischer Beziehung geweckten Hoffnungen fanden durch die Leistungen des zweiten Tages in vollem Maße ihre Er⸗ füllung. Als würdige Einleitung brachte das tüchtig vor⸗ bereitete Orchester eines der glänzendsten Werke van Beethoven’'s, die Symphonie Es-dur Nr. 3, welche die volle Selbständigkeit seines Genius in schwungvoller Erhabenheit dokumentirt, in tadellosem Vortrage zu Gehör. Die großartige Wirkung, elche die glänzende Wiedergabe dieses Werkes auf das Auditorium ausübte, äußerte sich in wiederholten, langanhaltenden Beifallsspenden. Die Scenen (II. Akt) aus Gluck's Oper „Orpheus“ waren in ihren beiden Solopartien durch treff⸗ liche Kräfte besetzt. Frl. Huhn von der deutschen Oper in New⸗ York sang den Orpheus mit einer sehr klangvollen, sympathischen Altstimme, während durch Frl. Leisinger die Arie der Eurydike „Diese Auen sind seligem Frieden ꝛc.“ zur schönsten Geltung kam. Die Chöre waren auf dem Pläatze und wirkten ausgezeichnet. Den Mittelpunkt der Festaufführung des zweiten Tages bildete die Schlußscene des ersten Aktes aus Richard Wagner's „Parsifal“. Der weihevolle Eindruck des Werkes ließ Alle in lautloser Stille den sanften Klängen des Glaubenschores, der von Knaben des hiesigen Gymnasiums frisch und sauber gesungen wurde, lauschen. Das Orchester wurde seiner schwierigen Aufgabe in vollem Umfange gerecht und erfreute durch die sichere Auffassung; die Chöre klangen voll und frisch; nur stellenweise hätten sie ein wenig diskreter sein können. Der jubelnde Beifall war die wohlverdiente Anerkennung einer schönen Leistung. Berlioz'⸗OQuverture zu „Ben⸗ 1öegesetn Cellini“ wurde sorgfältig und verständnißvoll gespielt.
Den Schluß des zweiten Festtages bildeten Scenen aus Goethe's Faust von R. Schumann. Man hatte dafür aus der zweiten Abtheilung „Faust's Tod“ und die ganze dritte Abtheilung „Faust's Verklärung“ auserwählt. Die gelungene Aufführung dieser Stücke des von düsterem Geiste beherrschten Werkes verrieth deutlich die Sorgfalt und liebevolle Hin⸗ gebung, mit der der Festdirigent, Professor Dr. Wüllner, sie einstudirt hatte. Abgesehen von einzelnen, im All⸗ gemeinen belanglosen Unebenheiten in den Leistungen der Chöre, deren Vortrag namentlich hätte etwas innerlich bewegter sein können, klappte es vorzüglich. Die Solopartien lagen durchweg in den Händen bewährter und erprobter Kräfte. Frl. Leisinger verhalf ihren Sopransoli durch die schöne Entfaltung ihrer bedeutenden Stimmmittel zu einem vollen Erfolge. In Frl. Helene Wobbermin, Opern⸗ sängerin aus Stettin, präsentirte sich eine Sopranistin von ent⸗ schiedenem Talent und guten Fähigkeiten. Ihre Stimme ist zwar nicht allzu ergiebig, doch zeichnet sie sich durch reinen Wohlklang aus. Die von Frl. Huhn gesungene Altpartie befriedigte nicht nur in ihrer ethischen Wiedergabe, sondern auch durch die saubere technische Ausführung. Hr. Birrenkoven vom Stadt⸗Theater in Köln, dessen Heiserkeit sich inzwischen behoben hatte, brachte seinen Tenor in voller Schönheit und mit geistvoller Ausprägung zur Geltung. Hr. Bulß, Königlicher Kammersänger aus Berlin, bezauberte auch diesmal wieder die Zuhörer durch den wunderbaren Klang seiner prächtigen Barytonstimme. Hr. Rolle fügte sich mit seinem markigen Baß dem Ganzen ausgezeichnet ein. So gelangten unter sicherer und klangvoller Mitwirkung der Chöre und des Orchesters durch die kraftvolle und ziel⸗ bewußte Leitung Wüllner's die Bruchstücke der bedeutsamen Schumann'schen Schöpfung in ihrer bis ins Kleinste fein durchgearbeiteten Charakteristik als ein kostbares Werk künst⸗ lerischer Schaffenskraft zum Vortrag und hinterließen in den andächtig lauschenden Hörern einen tiefen Eindruck. Freilich wäre es erwünscht gewesen, wenn der „Faust“ nicht am Schluß, sondern an einer besseren Stelle des Programms zur Aufführung gelangt wäre. Der innige Dank, der Angesichts des Gebdtenen die begeisterte Zuhörerschaar am Ende des zweiten Festtages erfüllte, fand seinen Ausdruck in lebhaften Beifallsspenden.
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