Zur Ausfüllung der bezeichneten Lücken der reichsgesetzlichen Strafbestimmungen ist es erforderlich, den Weg der Reichs⸗ gesetzgebung zu beschreiten. Zwar sind die erforderlichen Straf⸗ bestimmungen für die Eingeborenen der Schutzgebiete, soweit sie der dortigen Gerichtsbarkeit nicht unterworfen sind (vergl. §. 2 der Verordnung, betreffend die Rechtsverhältnisse in Deutsch⸗Ost⸗Afrika rom 1. Januar 1891 — Reichs⸗ Gesetzbl S. 1 —), auf Grund der Vorschrift im §. 1 des Gesetzes, betreffend die Rechtsverhältnisse der deutschen Sckutzgebiete (Reichs⸗ Gesetzbl. 1888, S. 75) vom Kaiser zu erlassen. Dagegen könnten für Nichteingeborene durch Kaiserliche Verordnung auf Grund von §. 3 Nr. 3 des gedachten Gesetzes Strafbestimmungen nur gegen den Sklaven⸗ handel, als eine Materie, welche nicht Gegenstand des Strafgesetz⸗ buchs bildet, erlassen werden. Auch ist das Höchstmaß der in letzterwähnter Vorschrift zugelassenen Strafen (Gefängniß bis zu einem Jahre) zu gering, als daß auf diesem Wege dem Bedürfniß nach einer wirksamen strafrechtlichen Bekämpfung des Sklarenhandels entsprochen werden könnte. 8
Der vorliegende Gesetzentwurf bezweckt, in Erfüllung der über⸗ nommenen internationalen Veipflichtungen, dem vorliegenden Bedürf⸗ niß im vollen Umfang Rechnung zu tragen. Zur Erläuterung der einzelnen Bestimmungen des Entwurfs genügen folgende Be⸗ merkungen:
Der
§. 1
stellt die Theilnahme an einem zum Zweck des Sklavenraubes unter⸗ nommenen Streifzuge als eine besondere, von dem Thatbestande des §. 234 des Strafgesetzbuchs unterschiedene Deliktsart auf. Um dem dringendsten Bedürfnisse zu entsprechen, nämlich ein strafrechtliches Ein⸗ schreiten bei den im Hinterlande unserer Schutzgebiete unternommenen Sklavenjagden zu ermöglichen, würde es zur Noth gerügt haben, zu be⸗ stimmen, daß die Vorschrift im §. 4 Absatz 2 Nr. 1 des Strafgesetz⸗ buchs auch auf das im §. 234 dieses Gesetzes vorgesehene Verbrechen des Menschenraubes Anwendung findet. Eine folche Bestimmung würde jedoch ohne tieferes Eingreifen in die Materie des §. 4 des Strafgesetzbuchs, wie es außerhalb des Rahmens dieses Gesetz⸗ entwurfs liegt, kaum zu rechtfertigen sein. Scho
diesem Grunde empfiehlt sich die Schaffung eines
delikts, an welches die noch zu erläuternde Vorschrift des § 5 des Entwurfs angeschlossen werden kann. Zudem kann auf diesem Wege die zu erlassende Strafbestimmung den thatsächlichen bei den afrikanischen Menschenjagden rorliegenden Verhältnissen in geeigneterer Weise angepaßt werden, als dies bei der auf derartige Vorgänge von vorn⸗ herein kaum berechneten Vorschrift des §. 234 des Strafgesetzbuchs der Fall ist. Die im Absatz 1 angedrohte regelmäßige Strafe entspricht derjenigen im § 234 des Strefgesetzbuchs. Erböhte Strafe soll gegen die Veranstalter und Anführer des Sklavenraubzugs und außerdem gegen alle Theilnehmer an demselben — ähnlich wie im Falle der qualifizirten Freiheitsberaubung nach §. 239 Absatz 3 des Strafgesetz⸗ buchs — dann eintreten, wenn der Tod einer der Personen, gegen welche der Raubzug un mmen war, durch denselben verursacht ist.
Der
§ 2
bedroht das Betreiben von Sklavenhandel und die diesem Handel dienende Beförderurg von Sklaven mit Zuchthaus. Die preußische Verordnung vom 8. Juli 1844 trifft nahere Bestimmurng darüber, unter welchen Voraussetzungen ein Fall des Sklavenhandels vorliegt, und stellt in dieser Beziehung mehrfach Präsumtionen auf (vergl. §§. 1, 2). Auch in der Brüsseler Konferenzakte selbst finden sich einzelne Bestimmungen ähnlichen Inhalts (vergl. Art LII, LXXXIX). Von derartigen Vorschriften muß hier schon mit Rücksicht auf das im Strafprozeß geltende Prinzip der freien Beweiswürdigung abgeseben werden. Ebenso wird es genügen, allgemein jede vorsätzliche Mit⸗ wirkung bei der dem Eklavenhandel dienenden Beförderung von Srklaven unter Strafe zu stellen und von der Hervorhebung be⸗ sonderer Thatsachen, in welchen eine solche Mitwirkung gefunden „ werden kann (vergl. preußische Verordnung vom 8. Juli 1844 §. 6), Abstand zu nehmen. Da jedoch die Strafbestimmung hiernach insbesondere auch gegen einen Schiffsmann Anwendung findet, der auf einem Fahrzeug, von dem er weiß, daß es zum Sklavenhandel bestimmt oder gebraucht ist, Dienste nimmt, ein Fall, der schon in der preußischen Verordnung (vergl. §. 6 Abs. 3) mit geringerer Strafe bedroht wird, so scheint es angemessen, solchen und ähnlichen Fällen geringerer Strafwürdigkeit dadurch Rechnung zu tragen, daß die An⸗ nahme mildernder Umstände zugelassen wird.
Der
F. 3
ergänzt die Strafbestimmungen der vorausgehenden Paragraphen durch Vorschriften über die Zulässigkeit von Poltzeiaufsicht, sowie über die Einziehung der zur Begehung der Verbrechen gebrauchten oder be⸗
stimmten Gegenstände, also insbesondere auch der beim Stlavenraub gebrauchten Waffen, sowie der dem Sklavenhandel dienenden Schiffe.
Zu § 4.
Neben den Strafbestimmungen gegen den Sklavenraub und den Sklavenhandel selbst wird es mehrfacher Vorschriften bedürfen, welche die Verhütung des Sklavenhandels bezwecken und den örtlichen Ver⸗ hältnissen und wechselnden Bedürfnissen anzupassen sind. Insbesondere wird es das praktische Bedürfniß erfordern, einzelne der Fälle, in welchen das preußische Gesetz das Vorhandensein von Sklavenhandel präsumirte, selbständig mit Strafe zu bedrohen. Verordnungen dieser Art werden zweckmäßig vom Kaiser zu erlassen sein. Demgemäß ist für dieselben im §. 4 nur die Strafsanktion — nach dem Vorbild des §. 145 des Strafgesetzbuchs — und diese in möglichst weitem Rahmen gegeben, um Fälle sowohl schwererer als leichterer Art an⸗ gemessen berücksichtigen zu können.
Der §. 5
erklärt die Bestimmung im §. 4 Absatz 2 Nr. 1 des Steafgesetzbuchs über die Verfolgung im Auslande begangener Verbrechen auf die in diesem Gesetz vorgesehbenen Verbrechen (§§. 1, 2) für anwendbar und bestimmt danach, daß die Strafverfolgung wegen dieser Verbrechen auch dann zulässig sein soll, wenn sie, sei es von Deutschen oder von Ausländern, im Auslande begangen werden. Diese Vor⸗ schrift beruht auf dem Gedanken, daß die Solidarität der Interessen aller Kulturmächte im Hinblick auf die Verfolgung des Sklavenraubes und Sklavenhandels durch die Brüsseler Konferenzakte selbst zum Ausdruck gebracht ist, daß es mithin keinem Bedenken unterliegen kann, hinsichtlich dieser Verbrechen das Prinzip der sogenannten Welt⸗ rechtspflege zu adoptiren, wie es mit Rücksicht auf eine ähnliche Inter⸗ essensolidarität für Münzverbrechen schon im Strafgesetzbuch und für den verbrecherischen Gebrauch von Sprengstoffen durch §. 12 des Gesetzes vom 9. Juni 1884 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 61) anerkannt worden ist. Die praktische Bedeutung der Vorschrist liegt darin, daß sie die Strafverfolgung auch der außerhalb der Schutzgebiete, also insbesondere innerhalb der deutschen Interessensphäre, ebenso aber auch innerhalb fremder Staats⸗ oder Schutzgebiete, z. B. auch innerhalb des Congostaats begangenen Verbrechen des Sklavenraubes und Sklavenhandels ermöglicht. Selbst⸗ verständlich wird insoweit mit Berücksichtigung der maßgebenden internationalen Beziehungen vorgegangen werden. Unter Umständen wird es nur im Interesse der betheiligten Staaten liegen, daß die Bestrafung eines innerhalb des deutschen Machtbereichs festgenommenen Verbrechers deutscherseits übernommen werden kann und dadurch ein umständliches und kostspieliges Auslieferungsverfahren vermieden wird. In allen hierher gehörigen Fällen wird die bloße Fakultät der Straf⸗ verfolgung den besonderen lokalen Verhältnissen und der nur langsam e Kulturentwickelung im Innern Afrikas Rechnung tragen
assen.
1“ — * 8 8
8 1 In der Sitzung des Abgeordnetenhauses vom 26. Mai d. J. wurde ein Fall zur Sprache gebracht, in welchem Grenzauf⸗ seher gegen Schmuggler in der Nacht vom 13. auf den 14. Mai d. J. von ihrer Schußwaffe Gebrauch gemacht und dadurch drei Personen verletzt haben.
9
Die sofort von amtlicher Seite gegebene Darstellung des Falls bedarf nach dem Abschluß der stattgehabten Ermitte⸗ lungen keiner Berichtigung und kaum einer Ergänzung. Es ist richtig, daß es sich um einen vorher besprochenen, bei Nacht ausgeführten Bandenschmuggel, nicht um das Einbringen kleiner zollfreier Mengen von Mehl oder Getreide gehandelt hat. Erst als dem wiederholten Zuruf der Grenzbeamten: „Halt, Grenzbeamte“ keine Folge gegeben war, vielmehr von der Bande die Flucht ergriffen wurde, ist zunächst ein Schreckschuß abgegeben, und als auch dieser unbeachtet geblieben, von den Waffen Gebrauch gemacht. Den hierbei Verletzten ist der nöthige Beistand geleistet. Sie sind dem Krankenstift Mariahilf zur ärztlichen Behandlung über⸗ geben. Von den Verwundeten wird keiner irgend einen dauernden Schaden behalten. Zwei von ihnen sind bereits aus dem Kranken⸗ hause entlassen, das Befinden der dritten am Schwersten Ver⸗ letzten ist vorzüglich, sodaß ihre Entlassung nahe bevorsteht, oder schon erfolgt ist.
Die vorgeschriebene Untersuchung darüber, ob Seitens der Beamten ein Mißbrauch stattgefunden hat, ist Seitens des zuständigen Staatsanwalts veranlaßt. Auf Grund der ein⸗ getretenen Ermittelungen, insbesondere auch der vor dem Amtsgericht Neurode vorgenommenen Zeugenvernehmungen ist das Verfahren eingestellt, indem als festgestellt angenommen ist, „daß die Grenzbeamten zu dem fraglichen Waffengebrauch ebenso berechtigt, wie verpflichtet gewesen seien, auch die vor⸗ geschriebene Anzeige sofort erstattet und den Verletzten den nöthigen Beistand geleistet haben und daß die Schmuggler selbst die Verantwortung dafür treffe, daß durch den Ungehorsam gegen den Befehl der Grenzbeamten, stehen zu bleiben, die Grenz⸗ beamten ihrer Pflicht gemäß von den Schußwaffen haben Gebrauch machen müssen, wie dieses den Bewohnern des Grenzbezirks nicht unbekannt sein könne.“
“
1 ““ 8 8 Eine große Anzahl von Zeitungen bespricht eine Mit⸗ theilung der „Hamburger Nachrichten“, wonach „die deutsche Regierung bei anderen Bundesregierungen den Wunsch erhoben habe, es möge auf diejenigen Blätter, welche den Fürsten Bismarck in seiner gegenwärtigen Lage nicht hin⸗ reichend als Privatperson behandelten, eine lokale Einwirkung geübt werden“. b Die Mittheilung der „Hamburger Nachrichten“ entbehrt jeder Begründung.
Der mißverständlichen Auffassung gegenüber, welche der Erlaß des Kultus⸗Ministers vom 4. April d. J., betreffend den Uebertritt von Volksschullehrernaus einem Re⸗ gierungsbezirkin einen anderen, hier und da gefundenzu haben scheint, genügt der Hinweis darauf, daß in demselben ledig⸗ lich diejenigen Bestimmungen zusammengestellt sind, welche schon seit Jahren für das Verfahren in derartigen Fällen in Gel⸗ tung waren. Der Erlaß erschwert den Uebertritt tüchtiger Volksschullehrer aus dem einen in den anderen Bezirk in keiner Weise. Er bestimmt nur, daß die Regierung, welche aus einem fremden Bezirk einen Volksschullehrer in ihren Bezirk zu berufen beabsichtigt, vorher über seine bisherige Thätigkeit Erkundigung einzuziehen hat.
Veranlassung hat die Thatsache geboten, daß eine Regie⸗ rung einen Lehrer in ihrem Bezirk angestellt hatte, ohne Kenntniß davon zu nehmen, daß derselbe aus seinem früheren Amt aus disziplinarischen Gründen auszuscheiden hatte.
Vor dem Königlichen technischen Ober⸗Prüfungs⸗ amt in Berlin haben während des Zeitraumes vem 1. April 1890 bis dahin 1891 im Ganzen 89 Kandidaten die zweite Hauptprüfung für den Staatsdienst im Baufache abgelegt.
Von diesen Kandidaten haben 81 die Prüfung bestanden und zwar 60 als Baumeister für das Hoch⸗ und Ingenieurbau⸗ fach und 21 als Baumeister für das Maschinenbaufach; von diesen sind 80 zu Königlichen Regierungs⸗Baumeistern ernannt worden.
Nach den Vorschriften vom 27. Juni 1876 sind 15 Kan⸗ didaten und zwar 5 für das Hochbaufach und 10 für das Ingenieurbaufach, und nach den Vorschriften vom 6. Juli 1886 74 Kandidaten und zwar 28 für das Hochbaufach, 21 für das Ingenieurbaufach und 25 für das Maschmenbaufach geprüft worden.
Von den 81 Kandidaten, welche die Prüfung mit Erfolg abgelegt haben, haben vier das Prädikat „mit Auszeichnung“ zuerkannt er
Der hiesige Königlich großbritannische Botschafter Sir Edward Malet hat Berlin verlassen und sich auf einige Zeit nach England begeben. Während der Abwesenheit des⸗ selben von Berlin fungirt der Botschafts⸗Rath Le Poer Trench als Geschäftsträger.
Der Chef des Militärkabinets und vortragende General⸗ Adjutant Seiner Majestät des Kaisers und Königs, General der Infanterie von Hahnke ist von Urlaub hierher zurück⸗ gekehrt und hat die Geschäfte des Militärkabinets wieder über⸗ nommen.
Der General⸗Lieutenant von Holleben, Commandeur der 1. Garde Infanterie⸗Division, hat einen mehrwöchigen Urlaub nach Suͤddeutschland und Thüringen angetreten.
Der Inspecteur der 2. Kavallerie⸗Inspektion, General⸗ Lieutenant von Rosenberg, à la suité des Husaren⸗Regi⸗ ments von Zieten (Brandenburgisches) Nr. 3, hat sich zur der taktischen Kavallerie⸗Uebungsreise nach außerhalb egeben.
In der Ersten Beilage zar heutigen Nummer des - u. St.⸗A.“ werden Mittheilungen über die Ernte⸗
zsichten in Preußen Ende Juni gegeben.
Königsberg i. Pr., 27. Juni. Die Beisetzung des ver⸗ storbenen kommandirenden Generals BronsartvonSchellen⸗ dorff fand am Freitag, Nachmittags 3 Uhr, in Schettnienen statt. Es waren zu derselben, wie die „K. H. Z.“ berichtet, sowohl von Berlin und Danzig als auch von Königsberg Abordnungen der verschiedenen Truppentheile, Vertreter
des Kriegs⸗Ministeriums und des Generalstabes wie auch einzelne hohe Offiziere und zahlreiche Herren des hohen Beamtenstandes erschienen, unter ihnen der Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums Dr. von Boetticher. Im Trauerhause hielt der Militär⸗Oberpfarrer Thiel die Trauerrede, die Begräbnißstätte, die neu errichtet etwa 2000 Schritte vom Gute entfernt in einem Wäldchen liegt, segnete der Super⸗ intendent Eysenblätter aus Heiligenbeil ein.
Stettin, 28. Juni. Der Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von Berlepsch besichtigte nach der „O. Z.“ gestern Vormittag die Anlagen der Cementfabrik „Stern“ und kehrte Nachmittags nach Berlin zurück.
Schleswig, 28. Juni. Der Ober⸗Präsident von Steinmann und der Regierungs⸗Präsident Zimmermann haben sich laut Meldung des „W. T. B.“ zum Empfange Seiner Majestät des Kaisers nach Helgoland begeben.
Marburg, 28. Juni. Nach der Eröffnungsfeier der neuen Universitäts⸗Aula und dem darauf folgenden Festmahl besichtigte der Minister der geistlichen ꝛc. Angelegen⸗ heiten Graf von Zedlitz⸗Trützschler im Laufe des gestrigen Tages die Universitätsinstitute. Ein dem Minister von der Studentenschaft dargebrachter Fackel⸗ zug beschloß Abends die Feierlichkeiten. Graf von Zedlitz⸗ Trützschler verabschiedete sich darauf mit berzlichen Worten und bemerkte, dem „W. T. B.“ zufolge, unter Anderem, das, was er heute auf der Philippina gesehen, habe ihn in der Ueberzeugung bestärkt, daß an dieser Stätte alter, deutscher Wissenschaft auch unter der neuen Regime ernstlich und treu werde gearbeitet werden. Heute hat sich der Minister nach Frankfurt a. M. begeben.
Bayern.
München, 28. Juni. Seine Königliche Hoheit der Prinz⸗Regent empfing nach der „Allg. Ztg.“ heute den Präsidenten des Reichs⸗Versicherungsamts Dr. Bödiker in Audienz, welcher auch zur Tafel eine Einladung erhalten hatte.
Württemberg.
Stuttgart, 27. Juni. Der Präsident des Reichsbank⸗ Direktoriums Dr. Koch, welcher, wie bereits gemeldet, am 25. d. M. von Karlsruhe hier eintraf, inspizirte gestern Vor⸗ mittag die Reichsbank Hauptstelle und präsidirte sodann einer Sitzung des Bezirksausschusses. Dem am Abend zu Ehren des Prasidenten Dr. Koch Seitens der Handelskammer gegebenen Festmahle wohnten, wie der „St. A. f. W.“ mittheilt, der Staats⸗Minister von Schmid, der Hofkammer⸗Präsident von Tscherning, der Geheime Hofrath Dr. von Jobst, der Ministerial⸗Rath Schmidlin, Ober⸗Regierungs⸗Rath Gärtner, der Bankdirektor Simon, der Geheime Kommerzien⸗ Rath Siegle und der Kommerzien⸗Rath Stälin, sowie andere hervorragende Persöalichkeiten aus den Kreisen des Handels und der Industrie bei. Der Geheime Hofrath von Fobst begrüßte den Gast mit herzlichen Worten und gab dabei auch der Hoffnung Ausdruck, daß die Reichsbank, die seit ihrem Bestehen in friedlicher Zeit so segensreich und viel⸗ seitig für Deutschlands Handel und Jadustrie wirke, diesen auch in schwieriger Zeit denjenigen Schutz zu Theil werden lassen werde, welchen nur ein so großes Reichsinstitut zu leisten vermöge. Präsident Dr. Koch dankte für den ihm in Stuttgart gewordenen freundlichen Empfang und gab die Versicherung, daß er, soweit nur immer es in seinen Kräften stehe, dafür zu wirken bestrebt sein werde, zu allen Zeiten Deutschlands Handel und Industrie jede nur mögliche Unterstützung angedeihen zu lassen. Sein Hoch galt dem intelligenten Handelsstande Württembergs. Der Bürgerausschuß Obmann Schiedmayer als Ver⸗ treter der Stadt gedachte der Reichsbank⸗Hauptstelle Stutt⸗ gart und ihrer Entfaltung aus kleinen Anfängen zur jetzigen Bedeutung. Der Bankdirektor Simon hob hervor, daß diese gedeihliche Entwickelung nicht möglich gewesen wäre ohne die Mitwirkung des verständnißvollen Handelsstandes Württembergs und das Wohlwollen der hohen württem⸗ bergischen Regierung. Den anwesenden hohen Vertretern der Letzteren brachte er sein Hoch. Heute früh begab sich der Prasident Dr. Koch nach Göppingen zur Besichtigung der Reichsbank⸗Nebenstelle und trat heute Nachmittag die Weiter⸗ reise nach Heilbronn und von da nach Frankfurt a. M. und Mainz an.
Baden.
Baden⸗Baden, 27. Juni. Ihre Königliche Hoheit die Großherzogin⸗Mutter von Mecklenburg⸗Schwerin ist, wie die „Karlsr. Ztg.“ meldet, heute nach mehrwöchigem Aufenthalt von hier abgereist, um sich nach Schwerin zu be⸗ geben. Ihre Königliche Hoheit die Großherzogin geleitete Höchstdieselbe zum Bahnhof, wo Seine Königliche Hoheit der Großherzog sich ebenfalls zur Verabschiedung eingefunden hatte.
Hessen.
Darmstadt, 28. Juni. Seine Königliche Hoheit der Großherzog und Ihre Großherzoglichen Hoheiten die Prin⸗ zessinnen Victoria von Battenberg und Alix sind, wie die „Darmst. Ztg.“ meldet, heute von Windsor hier wieder ein⸗ getroffen.
Lippe.
(W) Detmold, 28. Juni. Seine Durchlaucht der Fürst und Ihre Großherzogliche Hoheit die Fürstin haben sich heute zu mehrwöchigem Aufenthalt nach dem Jagdschloß Lopshorn im Teutoburger Walde begeben.
Bremen.
Bremen, 26. Juni. Nach dem Bericht der Finanz⸗ Deputation über den Staatshaushalt im letzten Rechnungs⸗ jahre ergab sich ein Gesammtüberschuß von 570 472,33 ℳ Dabei ist jedoch nach der „Wes.⸗Ztg.“ unberücksichtigt geblieben, daß einerseits Ausgaben im Betrage von 167 300 ℳ (nämlich Wegebau 3100 ℳ, Schulbau in der Neustadt 70 000 ℳ, des⸗
gleichen in der südlichen Vorstadt 1. Baurate 94 200 ℳ) aus dem Jahre 1889/90 auf 1890/91, andererséeits Ausgaben im
Betrage von 594 500 ℳ laut Budgets für 1891,92 aus dem Jahre 1890/91 auf 1891,92 übertragen worden sind, welche beide zu Lasten des Jahres, für welches sie zuerst eingestellt waren, zu rechnen sind. Wenn man dies berücksichtigt, so vermindert sich der wirkliche Ueberschuß des Jahres 1890/91 um die Differenz zwischen den genannten übertragenen Summen, also um 427 200 ℳ Er beträgt dann mit Einschluß des Ueberschusses der in 1890/91 geführten Restverwaltung noch 143 272,33 ℳ Der Reservefonds der Ueberschüsse betrug am 1. April 1890 Brutto (d. h. ohne
“ 8
Abzug der damals darauf angewiesenen 968 879,20 ℳ) 3 852 647,65 ℳ, dazu kam der Kassenüberschuß von 1890/91 mit 287 615,92 ℳ, sodaß der Bruttobestand am 1. April 1891 4140 263,57 ℳ betrug. Darauf bleiben angewiesen: für Restverwaltung 1881/1889/90 184 303,02 ℳ, für Restverwaltung 1890/91 501 719,77 ℳ, für Uebertragung auf 1891/92 594 500 ℳ, zusammen 1 280 522,79 ℳ Der Nettobestand am 1. April 1891 belief sich also auf 2 859 740,78 ℳ Auf Grund Beschlusses von Senat und Bürgerschaft ist der die Summe von 2 500 000 ℳ übersteigende Betrag des Reservefonds an den Separatfonds für außerordentliche Verwendungen zu überweisen. — Die Staatsschuld hat sich im abgelaufenen Finanzjahre um 11 814 000 ℳ vermehrt und betrug am Schlusse desselben 81 629 000 ℳ
8 Oesterreich⸗Ungarn.
Zu dem Handelsvertrage mit Italien schreibt das Wiener „Fremdenblatt“:
Die italienische Regierung hat die Regierungen von Oesterreich⸗ Ungarn, von Deutschland und der Schweiz eingeladen, Vertreter zu entsenden, um in Verhandlungen über den Abschluß eines Handels⸗ vertrages zu treten, und ist, wie bereits gemeldet wurde, Bern als Verhandlungsort und der 20. Juli als der Termin des Zusammen⸗ trittes dieser Konferenzen gemeinschaftlich festgesetzt worden. Es wird sonach in Bern die dritte Aktion jener handelspolitischen Ver⸗ handlungen durchgeführt werden, welche mit dem 4. Dezember vorigen Jahres in Wien zwischen Oesterreich⸗Ungarn und dem Deutschen Reich begonnen wurden. Der zwischen Oesterreich⸗Ungarn und Italien am 7. Dezember 1887 abgeschlossene Handelsvertrag endet mit Schluß dieses Verträge zwischen Deutschland und Italien Mai 1883 und zwischen der Schweiz und Italien vom 23. Januar 1889 laufen am 1. Februar 1892 ab. Da das italienische Parlament eine Kommission zur Begutachtung der handelspolitischen Verhältnisse eingesetzt hat, welche spätestens am 15 Juli ihren Bericht erstattet haben muß, so werden die italienischen Delegirten zu den Vertragsverhandlungen daher im Besitze aller ihnen nöthigen Daten und Instruktionen sein, um mit den genannten drei Staaten in handelspslitische Negotiationen Behufs Abschlusses von Handelsverträgen einzutreten. In welcher Weise diese Verbandlungen geführt werden sollen, entzieht sich vor⸗ läufig noch der öffentlichen Besprechung, wohl aber ergiebt sich aus der ganzen Sachlage, daß es sich bei diesen Verhandlungen vorerst nur um eine — nennen wir sie — Generaldebatte handeln wird, als deren Endresultat sich die prinzipiellen Standpunkte der ver⸗ tragenden Staaten ergeben sollen, auf Grund welcher dann die Spezialverhandlungen zu Ende geführt werden sollen.
Wien, 29. Juni. Seine Majestät der Kaiser und König traf am 26. d. M. Abends in Spalato ein und wurde von einer zahlreichen Menschenmenge enthusiastischbegrüßt. Die Stadt und der Hafen waren glänzend erleuchtet. Am folgen⸗ den Tage empfing der Kaiser daselbst eine bosnisch⸗herze⸗ gowinische, aus Mohamedanern, Katholiken und Orthodoxen bestehende Deputation. Auf die Ansprache derselben, in welcher sie ihrer Unterthanentreue und Dankbarkeit Ausdruck gaben, erwiderte der Kaiser, das Wohl dieser Provinzen liege ihm besonders am Herzen; er rechne auf die Treue der dortigen Bevölkerung. Nachmittags setzte Seine Majestät die Reise nach Pola fort, wo Allerhöchstderselbe in Begleitung Seiner Kaiserlichen und Ksniglichen Hoheit des Erzherzogs Albrecht gestern um 6 Uhr früh eintraf. Der Kaiser begab sich zuerst nach dem Arsenal und hielt sodann, wie „W. T. B.“ meldet, nachdem er der Feldmesse beigewohnt hatte, eine Truppenparade ab, an deren Schlusse er eine Ansprache an die Offiziere hielt. Hierauf besichtigte der Kaiser das Staats⸗ gymnasium, wo ihm die Schuljugend eine enthusiastische Kundgebung darbrachte, und nahm schließlich die Grundstein⸗ legung der Marine⸗Pfarrkirche vor. Auf die Huldigungs⸗ ansprache des Chefs der Marine⸗Sektion Admirals Freiherrn von Sterneck dankte der Kaiser für die patriotischen dankbaren Gefühle der Kriegsmarine, indem er den Wunsch hinzufügte, die Kirche Madonna del Mare möge ein neues Wahrzeichen für Oesterreichs Wehrmacht zur See sein. Um 11 ½ Uhr Vormittags trat der Kaiser die Abreise an.
Das Abgeordnetenhaus nahm in seiner vorgestrigen Sitzung das Budget der Landesvertheidigung an und begann die Berathung des Unterrichts⸗Etats. Der Minister für Landesvertheidigung Graf Welsersheimb hob hervor daß Oesterreich im durchschnittlichen Präsenzstande hinter allen anderen Großmächten zurückstehe. Der Minister trat für den vollen, uneingeschränkten Gebrauch der deutschen Armeesprache ein. Das Deutsche sei für die heimathliche Armee, was für die Juristen und Mediziner das Lateinische, für die Diplomaten das Französische. Der Abgeordnete Popowski erklärte, die Polen träten für ihre Nationalität mit aller Kraft, mit ihrem Vermögen und Leben ein; aber der Slavismus sei ihnen keine Pfeife Taback wertb.
Das ungarische Unterhaus hat am Sonnabend die Brüsseler Antisklaverei⸗Akte einstimmig ange⸗ nommen. Auf die Interpellation Ugron, be⸗ treffend die Hineinziehung der Krone in die Partei⸗ kämpfe, erklärte der Minister⸗Präsident Graf Szapari, die Krone stehe zweifellos über den Parteien. Er könne jedoch die Behauptung, die Krone habe kein Recht, zu gewissen Fragen Stellung zu nehmen, nicht acceptiren. Von einer unrechtmäßigen Beeinflussung Seitens der Krone könne nur dann die Rede sein, wenn dieselbe spezielle Wünsche gegen den Willen der Legislative äußern würde. Dies sei jedoch in der Ansprache des Kaisers an die Munizipien in Fünfkirchen nicht der Fall ge⸗ wesen. Die Antwort wurde mit großer Majorität zur Kenntniß genommen. Der Abg. Iranyi beantragte die Ausdehnung
des aktiven und passiven Wahlrechts auf Personen, welche
vier Gulden Steuern zahlen.
Großbritannien und Irland.
Der Prinz von Wales begiebt sich, wie „W. T. B.“ aus London erfährt, am Sonnabend nach Port Victoria, um daselbst Ihre Majestäten den Deutschen Kaiser und die Kaiserin zu empfangen und Allerhöchstdieselben bis Windsor zu begleiten. Von der Themsemündung bis Port Victoria geben vier Torpedoschiffe erster Klasse dem Kaiser das Ehren⸗ geleit. Für den 10. Juli ist ein großer Hofball im Bucking⸗ ham⸗Palast in Aussicht genommen.
Die „Morning Post“ bespricht den bevorstehenden dritten Besuch des Kaisers Wilhelm und betont das freund⸗ schaftliche Einvernehmen zwischen den beiden großen teuto⸗ nischen Nationen in Europa. Das Blatt hebt hervor, dieses Mal statteten die Majestäten nicht nur der Souveränin einen Besuch ab, sondern der Nation.
In einer Besprechung der Erklärungen des Minister⸗ Präsidenten Marchese di Rudini in der italienischen Depu⸗
tirtenkammer (vgl. Italien) schreibt die „Morning Post“: Italien sei vollkommen der Ansicht, daß das Gleichgewicht im Mittelländischen Meere für Italien absolut noth⸗ wendig sei und daß es seine Verbündeten zur See wie auf dem Lande sich erhalten müsse. Der „Standard“ wendet sich gegen die Haltung der Radikalen und weist darauf hin, wie feste Wurzeln der Gedanke des Dreibundes, welcher vornehmlich ein Friedensbund sei, in dem Geist der italienischen Staatsmänner gefaßt habe. Die „Daily News“ sagen, der Enthusiasmus über die Erklärungen di Rudini's beweise, daß Italien dem Bündniß durchaus treu sei. Frankreich.
Paris, 29. Juni. In dem vorgestern abgehaltenen Ministerrath unterzeichnete der Präsident Carnot dem „W. T. B.“ zufolge den Gesetzentwurf, betreffend die Ge⸗ nehmigung der Konvention zwischen Frankreich und Brasilien bezüglich des Schutzes des literarischen und künstlerischen Eigenthums.
In der Deputirtenkammer brachte am Sonnabend der Minister Develle einen Gesetzentwurf, betreffend die Gewährung von Prämien für Lein⸗ und Hanfbau, ein. Bei der darauf fortgesetzten Berathung über die Vorlage, betreffend den Zolltarif, wurde ungeachtet des Widerspruchs der Zollkommission die Zollfreiheit für Gummi bewilligt. Die von der Kommission vorgeschlagenen Zollsätze für Holz und vegetabilische Stoffe wurden angenommen, und die Zölle für Baumwolle, Leinwand, Hanf, Holz, das zur Be⸗ reitung von Papiermassen bestimmt ist, einer späteren Be⸗ rathung vorbehalten.
Einem Dekret der Regierung zufolge dürfen vom 1. Juli 1891 bis zum 30. Juni 1892 in Frankreich folgende Getreidemengen tunesischer Provenienz zollfrei eingeführt werden: 950 000 Metercentner Weizen, Metercentner Gerste, 25 000 Metercentner Hafer und 25 000 Metercentner Mais. Ein weiteres Dekret gestattet die zoll⸗ freie Einfuhr für 90 000 hl tunesischen Olivenöls.
Das französische Geschwader hat am 27. d. M., früh 8 ½ Uhr, die Fahrt von Bergen nach Kronstadt fort⸗ gesetzt und wird sich vorläufig nach Lerwick begeben.
Die mit der Canet'schen Schnellfeuerkanone von der französischen Marinekommission angestellten Versuche sollen, wie die französischen Blätter melden, befriedigende Re⸗ sultate ergeben haben.
In dem von der Gesellschaft „La Panclastite“ gegen Turpin beim Civilgericht angestrengten Prozesse ist am Sonnabend das Urtheil ergangen. Danach hat Turpin sein Melinitpatent auf den Namen der Gesellschaft übertragen zu lassen und muß außerdem von den 251 000 Fr., welche er für die zeitweilige Ueberlassung des Patents vom Kriegs⸗ Ministerium erhielt, 225 000 Fr. abtreten.
Das hiesige französische Afrika⸗Comits erhielt ein Telegramm aus Grand⸗Bassam, in welchem gemeldet wird, daß das Schiff des Afrika⸗Reisenden Lieutenants Arago auf dem Sassandrafluß gescheitert und die gesammte Aus⸗ rüstung der Expedition sowie die Aufzeichnungen und Samm⸗ lungen verloren gegangen seien.
Italien.
Die Deputirtenkammer genehmigte in ihrer Sitzung vomw Sonnabend mit 211 gegen 101 Stimmen das Gesetz über die Verlängerung der Notenemissions⸗Berech⸗ tigung zu Gunsten der Zettelbanken. Dann folgte eine äußerst erregte Verhandlung, über welche „W. T. B.“ Fol⸗ gendes berichtet: Cavallotti zog seine Interpellation vom 9. Juni über die Beziehungen Italiens zu Eng⸗ land und die eventuelle Erneuerung des Dreibundes zurück. Hierauf brachte Brin eine Interpellation an den Minister⸗Präsidenten Marchese di Rudini über die aus⸗ wärtige Politik ein. Cavallotti sprach sich dagegen aus, daß auf diese Interpellation näher eingegangen werde. Trotzdem entwickelte Brin auf Aufforderung Rudini's dieselbe und erklärte, er billige die auswärtige Politik. (Lebhafte Unterbrechung durch die äußerste Linke.) Cavallotti und Imbriani protestirten und ver⸗ langten, daß die Interpellation des Radikalen Colajanni über die innere Politik des Kabinets vorangehen müsse. In Folge des tumultuarischen Auftretens der Radikalen bemächtigte sich des Hauses eine lebhafte Erregung, die etwa 20 Minuten währte und dazu führte, daß der Präsident sein Haupt bedeckte und die Sitzung aufhob. Nach Wiederaufnahme der Sitzung erklärte der Minister⸗Präsident: das Ministerium wünsche solidarisch, daß auf die Berathung und Abstimmung über die auswärtige Politik jene über die innere Politik folge; er wolle eine getrennte Berathung und Abstimmung beider Ressorts. Hierauf erhielt Brin das Wort zur Begründung seiner Interpellation. Die äußerste Linke protestirte dagegen auf das Stürmischste. Der Präsident schloß deshalb die Sitzung. Der frühere Minister⸗Präsident Crispi hatte der Berathung beigewohnt.
Die gestrige Sitzung der Deputirtenkammer nahm einen noch stürmischeren Verlauf. Bei Beginn der Sitzung erklärte Cavallotti: Die Verhandlung der Interpellation Brin's sei eine Verletzung der parlamentarischen Freiheit, er verlange die Zurückziehung der Interpellation Brin'’s und die Entwickelung der Interpellation Colajanni’s. Der Präsident der Kammer erwiderte: Er habe weder den Geist noch den Buchstaben der Geschäftsordnung verletzt. Imbriani bestritt die Gültigkeit der Sitzung, da die vor⸗ gestrige inmitten großen Tumults ohne Festsetzung einer Tages⸗ ordnung aufgelöst sei. Der Präsidententgegnete, er habe jene Sitzung aufgehoben und die neue Sitzung Behufs Entwickelung von Interpellationen regelmäßig einberufen. Brin bezog sich mit kurzen Worten auf seine vorgestrigen Erklärungen. Die Bezeichnung der Interpellation als eine solche über die auswärtige Politik der Regierung befreie ihn wohl von einer weiteren Entwickelung derselben; er erwarte die Er⸗ klärungen der Regierung. Der Minister⸗Präsident Marchese di Rudini beantwortete hierauf die Interpellation des Deputirten Brin dahin: Er könne dem De⸗ putirten Brin und der Kammer sowie dem Lande versichern, daß die Regierung bei der Friedenspolitik, welche Italien seit langer Zeit beobachte, beharren werde. Zur Erreichung dieses Zieles werde Italien das Bündniß mit den Centralmächten treu und fest bewahren. Er wiederhole nochmals, Italien und Europa könnten gewiß und versichert sein, daß Italien an seinen Bündnissen fest⸗ halten und daß die Aufrechterhaltung des Friedens für lange Zeit gesichert sein werde. Sämmtliche Deputirten, mit Ausnahme der Mitglieder der äußersten Linken, be⸗ grüßten, sich von den Sitzen erhebend, diese Erklärung des Minister⸗Präfidenten mit langanhaltendem, lebhaftem Beifall.
Colajanni erklärte hierauf, daß er Angesichts der Verletzung
des parlamentarischen Rechts seine Interpellation über
die innere Politik zurückziehe. (Lebhafte Bewe⸗ gung.) Sodann entwickelte de Martino seine Inter⸗ pellation Betreffs der neuen Wahlkreise in der Provinz Neapel und leitete dieselbe
—
ein: „Angesichts der Haltung der Deputirten der äußersten
Linken“. Hierüber entstand heftiger Lärm bei der äußersten
mit den Worten
Linken; Cavallotti stürzte auf den Redner zu, und richtete
persönliche Ausfälle gegen denselben, wurde jedoch von anderen
Deputirten zurückgehalten. Bei der vollständigen Ver⸗ wirrung und dem fortdauernden Lärm bedeckte der Präsident sein Haupt und hob die Sitzung auf. Nach der Wieder⸗ aufnahme der Sitzung richteten Cavallotto (der älteste Deputirte), Bovio (von der äußersten Linken) und der Prä⸗ sident untex dem Beifall des ganzen Hauses dringende Auf⸗ forderungen an die Deputirten zur Einigkeit. Die Kammer vertagte sich hierauf auf unbestimmte Zeit zum Antritt der Sommerferien.
8 Portugal. G hat am Freitag und die
Deputirtenkammer .
ammer am Sonnabend das Budget mit den von
nanz⸗Minister Carvalho beantragten Reformen genehmigt. Rumänien.
Bukarest, 28. Juni. Die Deputirtenkammer be⸗
loß, laut Meldung des „W. T. B.“, mit 75 gegen
Stimmen, den Tarifentwurf in Erwägung zu ziehen und jahm die von der Kommission festgestellten Zollsätze auf Vieh darunter den wie im Autonomtarif auf 2 Fr. festgesetzten
Schafzoll. Serbien. Belgrad, 28. Juni. Dem „Narodni Dnewnik“ zufolge ist es beschlossene Sache, daß König Alexander Mitte Juli
nach St. Petersburg reist. In der Begleitung des Königs
werden sich der Regent Ristic, der Minister⸗Präsident Pasic der Hofmarschall Jankowic und zwei Adjutanten befinden.
Nach einer Mittheilung der Direktion des Budapester St. Lucas⸗Bades wird die Königin Natali' am 10. Juli zum Kurgebrauch in Budagpest eintreffen.
Bulgarien.
Sofia, 28. Juni. Die Meldung der „Times“, daß die Pforte die Zurückziehung der bulgarischen Truppen von Nevrokor verlangt habe, wird der „Wien. Ztg.“ als absolut unrichtig bezeichnet. Die bulgarisch⸗türkische Kom⸗ mission habe festgestellt, daß im Pomakdistrikte keine Grenz⸗ verletzung durch bulgarische Truppen vorgekommen sei, weshalb das angebliche Verlangen der Pforte unbegründet gewesen un auch thatsächlich nicht erfolgt sei.
Amerika.
Argentinien. Die Anhänger des Generals Mitre und Uriburu's haben sich, wie „W. T. B.“ aus Buenos Aires meldet, definitiv von der Union civica losgesagt.
Chire. Die Londoner „Times“ veröffentlicht eine Depesche aus Valparaiso vom 26. d. Präsidentenwahl zu Gunsten von Claudio Vienna ausgefallen wäre.
Nr. 26 des „Centralblatts der Bauverwaltung“ herausgegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, hat folgenden Inhalt: Staats⸗Minister a. D. von Maybach. — Amtliches: Personalnachrichten. — Nichtamtliches: Der neue Hafen bei Straßburg. — Eisenbahnbrücke über den Thames⸗ fluß bei New⸗London (Nord⸗Amerika). — Amtsgericht in Berncastel. — Eisenbahnunfall bei Mönchenstein. — Vermischtes: Ergebniß der Prüfungen für den preußischen Staatsbaudienst — Besuchziffer der Technischen Hochschule in Dresden. — Zeichnung der Parabel — Be⸗ schlag für Pendelthüren. — Betriebsergebnisse der Cityv“ und Süd⸗ Londonbahn. — Schwedens Kanäle. — Außerdem ist dieser Nummer
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“ Entscheidungen des Reichsgerichts.
Ein Gemeindevorsteher im Gebiete der Preußischen Kreisordnung vom 13. Dezember 1872, welcher von dem Staats⸗ anwalt oder dem zuständigen Amtsrichter mit der Verhaftung und Vorführung eines Verurtheilten zum Zwecke der Strafvollstreckung betraut ist, fällt, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, II. Straf⸗ senats, vom 24. April 1891, unter die Strafbestimmung des §. 346 Str.G.⸗B., wenn er in der Absicht, den Verurtheilten der Straf⸗ verbüßung zu entziehen, die Strafvollstreckung auszu⸗ führen unterläßt. 1
Kunst und Wissenschaft.
Berlin, 29. Juni 1891. Im Anschlusse an Mittheilungen auf der letzten Ver⸗ sammlung deutscher Philologen und Schulmänner zu München ladet das Kaiserliche archäologische Institut zu einem
Kursus der Betrachtung antiker Kunst in Italien
für Gymnasiallehrer aus dem deutschen Reiche im Oktober d. J. ein.
Der Kursus, an welchem bis zu fünfzehn Herrentz heil nehmen können, würde in Verona am 5. Oktober begk. en. Die Gesellschaft würde von da über Florenz nach Rom, wo der Hauptaufenthalt von etwa vierzehn Tagen stattfände,
fahren, von Rom aus Neapel, Pompeji, Paestum besuchen,
auf der Rückreise von Rom etwa noch eine etruskische Stadt berühren und am 28. Oktober wieder Verona erreichen.
Die Theilnehmer würden in Verona von einem Vertreter des Institutes in Empfang genommen werden; in die Führung an den einzelnen genannten Orten würden sich die Sekretare des Instituts in Rom, die Hrrn. Prof. Petersen und Dr. Hülsen sowie Hr. Prof. Mau theilen. In Rom kann das Institut den Theilnehmern freie Wohnung anbieten, im Uebrigen würde jeder Theilnehmer die Kosten der Reise, welche von und bis Verona mindestens 350 ℳ betragen dürften für sich selbst tragen müssen. 8 Meldungen mit den erforderlichen Personalangaben und einem Nachweis über die Genehmigung des Direktorats des⸗ jenigen Gymnasiums, an welchem der sich Meldende angestellt ist, erbittet der Unterzeichnete bis spätestens 5. August d. J. unter seiner Adresse: Berlin W., Torneliusstraße 2. Den Herren, welche an dem Kursus betheiligt werden können, wird
alsdann mit thunlichster Beschleunigung ein genaues Programm
zugestellt werden. . Der General⸗Sekretar Conze.
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