Kaisers in England sei von glücklicher Vorbedeutung für ine ständige Dauer der freundschaftlichen und innigen Beziehungen, welche so lange zum unschätzbaren Vortheil für die Erhaltung des allgemeinen Friedens und des Wohl⸗ standes, sowie für die Interessen der Civilisation zwischen den beiden Nationen bestanden hätten. Die Adresse giebt ferner der Hoffnung Ausdruck, daß dieses glück⸗ liche Einvernehmen für alle Zeit andauern möge. Nach Inempfangnahme der Adresse äußerte Seine Majestät: Er danke bestens der Korporation der City von London und hoffe, dieselbe werde sich unter der Regierung Seiner ge⸗ liebten Großmutter stets des besten Gedeihens erfreuen. Alsdann begaben Sich Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin mit dem Prinzen und der Prinzessin von Wales, sowie mit den übrigen englischen und fremden Fürstlichkeiten in den großen gothischen Saal der Guildhall, wo das Frühstück eingenommen wurde. Der Lordmayor brachte dabei zuerst einen Toast auf Ihre Majestät die Königin und sodann einen solchen auf Ihre Majestäten den Kaiser und die Kaiserin aus. In dem letzteren Toaste sagte der Lordmayor: die Stadt habe schon oft Gelegenheit gehabt, aus⸗ wärtige Herrscher in ihren Mauern zu bewillkommnen. Der gegen⸗ wärtige Anlaß sei jedoch von einzig dastehendem Interesse, da der Kaiserliche Gast ein Enkel von Englands geliebter Königin, ein Sohn der ältesten Tochter Ihrer Majestät sei. Sich zu Seiner Majestät dem Kaiser wendend fuhr der Lordmayor fort: „Eure Majestät erwies Sich als würdiger Nachfolger Eurer Majestät ehrwürdigen Groß⸗ vaters, des großen Gründers der deutschen Einheit. Wir haben Eurer Majestät merkwürdige körperliche und geistige Thätigkeit und unermüdlichen Eifer in Allem, was die Wohlfahrt des Volkes fördern konnte, mit Bewun⸗ derung beobachtet.“ Der Lordmayor wies sodann auf das große Interesse hin, welches die jüngste Rede Seiner Majestät des Kaisers über die Erziehung bei dem englischen Volke hervorgerufen habe, und schloß mit dem Danke für die Ehre des Kaiserlichen Besuches.
Seine Majestät der Kaiser erwiderte hierauf nach dem „W. T. B.“ mit folgenden Worten:
„Mylord! Empfangen Sie Meinen herzlichsten Dank für das warme Willkommen, welches Mir Seitens der Bürger dieser alten und edlen Metropole geworden. Ich bitte Eure Herrlichkeit, den⸗ jenigen, in deren Namen Sie gesprochen, den Ausdruck Meiner Ge⸗ sinnungen gütigst übermitteln zu wollen. In diesem reizenden Lande habe Ich Mich stets zu Hause gefühlt als Eakel einer Königin, deren Name stets in Erinnerung bleiben wird als ein edler Charakter und als eine Dame, die groß ist in der Weisheit ihrer Rath⸗ schläge und deren Regierung England dauernde Segnungen verliehen hat. Ueberdies läuft dasselbe Blot in englischen und deutschen Adern. Dem Beispiele Meines Großvaters und unvergeßlichen Vaters folgend, werde Ich stets, soweit es in Meiner Macht liegt, die historische Freundschaft zwischen diesen Unseren beiden Nationen bewahren, welche, wie Eure Herrlichkeit erwähnte, man so oft neben einander gesehen zum Schutze der Freiheit und Gerechtigkeit. Ich fühle Mich in Meiner Auf⸗ gabe ermuthigt, wenn Ich sehe, daß weise und fähige Männer, wie Sie hier versammelt sind, dem Ernste und der Ehrlich⸗ keit Meiner Absichten Gerechtigkeit widerfahren lassen. Mein Ziel ist vor Allem die Aufrechthaltung des Friedens, denn Frieden allein kann das Vertrauen einflößen, welches zur gesunden Entwickelung von Wissenschaft, Kunst und Handel erforderlich ist. Nur so lange Friede herrscht, steht es Uns frei, ernste Gedanken den großen Problemen zu widmen, deren Lösung mit Billigkeit
und Gerechtigkeit Ich als hervorragendste Aufgabe Unserer Zeiten betrachte. Sie dürfen sich daher versichert halten, daß Ich fortfahren werde, Mein Bestes zu thun, die guten Beziehungen zwischen Deutschland und den anderen Nationen zu erhalten und be⸗
ständig zu stärken, und daß man Mich stets bereit finden wird, Mich mit Ihnen und denselben zu vereinen in einer gemeinsamen Arbeit
für friedlichen Fortschritt, freundschaftlichen Verkehr und Förderung der Civilisation.“
Die Rede Seiner Majestät wurde öfters durch stürmischen Beifall unterbrochen.
Um 3 Uhr 15 Minuten traten die Majestäten den Themse⸗ quai entlang die Rückfahrt nach dem Buckingham⸗Palast an. Seine Majestät der Kaiser machte hierauf in Begleitung des
Admirals Commerell in offenem Wagen eine Spazierfahrt im Hyde⸗Park. Nachmittags begaben Sich Ihre Majestäten zu Wagen nach Honcester House, der Residenz des Herzogs von Cambridge, zum Diner. Zu demselben waren geladen: die Herzöge von Edinburg, von Fife, Connaught, Clarence, der Prinz von Battenberg, Prinz Christian zu Schleswig⸗ Holstein, der Erbgroßherzog von Mecklenburg⸗Strelitz, der Prinz Eduard von Sachsen⸗Weimar, der Peinz von Hohenlohe, der Botschafter Graf Hatzfeldt, der Premier⸗Minister Marquis von Salisbury, der Kriegs⸗Minister, zahlreiche Generale und Admirale. Sämmtliche Geladenen waren in Uniform er⸗ schienen. Die Tafelmusik wurde von dem Musikcorps der Garde⸗Grenadiere ausgeführt. Am Abend fand zu Ehren Ihrer Majestäten des Kaisers und der Kaiserin im Buckingham⸗Palast ein großer Hofball statt. Der Ballsaal und die Zugänge zu demselben waren aufs Prachtvollste mit Blumen, Palmen und seltenen Pflanzen geschmückt. Das über⸗ aus glänzende Fest verlief nach den Regeln der britischen ofetiquette, die Toiletten entsprachen den bei den großen Hofempfängen der Königin üblichen. Die Musiker der Königin führten die Tanzmusik aus. Der Ball, welcher sich bis in die späte Nacht ausdehnte, wurde von Seiner Majestät dem Kaiser mit der Prinzessin von Wales und von Ihrer Majestät der Kaiserin mit dem Prinzen W eröffnet. “
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1 Nach der im Reichs⸗Eisenbahnamt aufgestellten, in der Zweiten Beilage zur heutigen Nummer des „R.⸗ u. St.⸗A.“ ver⸗ öffentlichten Nachweisung über die im Monat Mai d. J. auf deutschen Bahnen (ausschließlich der bayerischen) bei den Zügen mit Personenbeförderung vorgekommenen Verspätungen haben auf 36 größeren Bahnen bezw. Bahnnetzen mit einer Gesammtbetriebslänge von 36 151,52 km von den fahrplanmäßigen Zügen überhaupt sich verspätet: 1329 Schnellzüge, 3024 Personenzüge und 307
zur Personen⸗ sowie zur Güterbeförderung gleichzeitig dienende
Züge, zusammen 4660. Von den fahrplanmäßigen Zügen mit
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Personenbeförderung wurden geleistet: 14 476 105 Zugkilometer, 297 181 193 Achskilometer gegen 13 911 732 Zug⸗ und 268 165 482 Achskilometer im Vormonat und gegen 13 232 497 Zug⸗ und 295 851 801 Achskilometer in demselben Monat des Vorjahres. Von den Verspätungen wurden 1852 durch das Abwarten verspäteter Anschlußzüge veranlaßt, sodaß den aufgeführten Bahnen nur 2808 Verspätungen zur Last fallen gegen 1187 im Vormonat und 2333 in demselben Monat des Vorjahres. Von den auf eigener Bahn vor⸗ gekommenen Verspätungen entfallen auf 1 000000 Zugkilometer 194, 1 000 000 Achskilometer 9, mithin auf 1 000 000 Zug⸗ kilometer 58 = 23 v. H. weniger als im Monat Mai des Vorjahres und 109 = 128 v. H. mehr als im Vormonat, und auf 1 000 000 Achskilometer 1 = 13 v. H. mehr als im Monat Mai des Vorjahres und 5 = 125 v. H. mehr als im Vormonat. In Folge der Verspätungen wurden 2191 Anschlüsse versäumt (gegen 2090 in demselben Monat des Vorjahres und 1243 im Vormonat). Bei 7 Bahnen sind Zugverspätungen und bei 9 Bahnen Anschlußversäumnisse nicht vorgekommen. In der Nachweisung sind diejenigen Bahnen, auf welchen Zugverspätungen vorkamen, nach der Verhältnißzahl (geometrisches Mittel) zwischen der Anzahl der von den fahr⸗ planmäßigen, der Personenbeförderung dienenden Zügen auf 1 000 000 Zug⸗ und 1 000 000 Achskilometer entfallenden eigenen Verspätungen geordnet. Danach nehmen die Bahnen im Bezirke der Königlichen Eisenbahn⸗Direktion (linksrhei⸗ nische) zu Köln, die Main⸗Neckarbahn und die Kiel⸗Eckernförde⸗ Flensburger Bahn die ungünstigsten Stellen ein. Wird die Reihenfolge der Bahnen statt nach der Anzahl der Ver⸗ spätungen nach der Anzahl der Anschlußversäumnisse bestimmt, so treten die Bahnen im Bezirk der Königlichen Eisenbahn⸗ Direktion (linksrheinische) zu Köln, die Kiel⸗Eckernförde⸗Flens⸗ burger Bahn und die Neustrelitz⸗Warnemünder Bahn an die ungünstigsten Stellen.
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Der Finanz-Minister hat mittels Nundschreibens vom 3. Juli d. J. die Provinzial⸗Steuer⸗Direktoren von den Seitens des Bundesraths erlassenen Bestimmungen zur Aus⸗ führung des Gesetzes vom 8. Juni 1891, betreffend die Ab⸗ änderung des Gesetzes über die Besteuerung des Brannt⸗ weins vom 24. Juni 1887, in Kenntniß gesetzt und unter Beifügung eines „Branntwein⸗Gebühren⸗Regulativs“ sowie einer Anleitung zur Bestimmung des Extraktsgehalts von Brannt⸗ weinen dieselben aufgefordert, die Steuerstellen ihrer betreffenden Verwaltungsbezirke schleunigst mit Anweisung zu versehen 8— 8 11“
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Der bisherige Spezial⸗Kommissar in Kassel, Regierungs⸗ Rath Joens ist dem Kollegium der General⸗Kommission zu Münster als Hülfsarbeiter überwiesen worden
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S. M. Kanonenboot „Iltis“, Kommandant Korvetten⸗ Kapitän Ascher, beabsichtigt, am 12. Juli d. J. von Shanghai nach Tschifu in See zu gehen.
Königsberg, 10. Juli. Der Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von Berlepsch und der Finanz⸗Minister Dr. Miquel trafen nach der „Ostpr. Ztg“ gestern Mittag in Pillau ein, wo sie von den städtischen Behörden, den Steuer⸗ und Hafenbeamten, Lootsen u. s. w. em⸗ pfangen wurden. Nach der Vorstellung begab sich die Ge⸗ sellschaft nach dem Bahnhofe, um mit einem bereit stehenden Extrazug nach dem festlich geschmückten Neuhäuser zu fahren, wo man etwas nach 12 ½ Uhr anlangte. Von hier begaben sich die Minister über Fischhausen nach Palmnicken zur Be⸗ sichtigung der dortigen Bernsteinwerke und kehrten sodann mittels Extrazugs hierher zurück, wo die Ankunft um 61 ½ Uhr erfoigte. Beide Minister begaben sich sodann nach Kranz und von dort heute früh auf dem Dampfer „Black“ nach Memel.
Sachsen.
Dresden, 10. Juli. Seine Majestät der König nahm, wie das „Dr. J.“ meldet, heute aus Anlaß der Verlobung Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Friedrich August, die Glückwünsche der Generalität entgegen, bei welcher Gelegenheit der General der Kavallerie z. D. à la suite des 2. Husaren⸗Regiments Nr. 19 Senfft von Pilsach noch der im Juli 1866 erfolgten Verleihung des höchsten sächsischen Kriegsordens, des Großkreuzes des Militär⸗St. Heinrichs⸗Ordens, an Seine Majestät gedachte und zu der nunmehr 25 jährigen Inhaberschaft desselben die Glückwünsche der Armee zum Ausdruck brachte.
Oldenburg.
() Oldenburg, 10. Juli. Seine Königliche Hoheit der Großherzog hat für die ihm dargebrachten Glückwünsche seinen Dank durch folgenden Erlaß kundgegeben:
Mein lieber Minister Jansen! In Veranlassung Meines Ge⸗ burtstages sind Mir wieder aus allen Theilen des Großherzogthums von Gemeinden, Vereinen, Festversammlungen und einzelnen Personen so zahlreiche Glückwünsche gesandt worden, daß Ich nicht im Stande bin, allen Einzelnen Meinen Dank auszusprechen. Diese vielfachen Beweise von Liebe und Anhänglichkeit haben Mir große Freude be⸗ reitet, und beauftrage Ich Sie, Meinen warmen Dank öffentlich be⸗ kannt zu geben.
Rastede, den 9. Juli 1891
Ihr herzlich zugethaner 88 Peter. An den Minister Jansen.
Sachsen⸗Altenburg.
X Altenburg, 10. Juli. Um die Mitte dieses Monats wird Seine Hoheit der Herzog von Schloß Camenz und Ihre Hoheit die Herzogin von Nauheim nach beendeter Kur zu längerem Aufenthalte in Schloß Hummelshain, der Herzoglichen Sommer⸗Residenz, eintreffen. Die Prinz Moritz’'schen Herrschaften haben sich dieser Tage für längere Zeit nach Liebenstein begeben.
Lippe.
(W) Detmold, 10. Juli. Das Fürstenthum Lippe ist von den Unwettern am 1. und 2. Juli durch Hagel⸗ schlag, Ueberschwemmung ꝛc. schwer geschädigt worden, zumal in der Umgegend der Stadt Lemgo. Die Regierung hat daraufhin die Magistrate und Verwaltungsämter aufgefordert, sofort Ermittelungen über den Umfang der Hagelschäden im
Lande anzustellen und das Resultat binnen drei Woche
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zusenden, worauf alsbald der Landtag zu einer außer⸗ ordentlichen Sitzung zusammentreten wird, in welcher über
Hülfsbedürftigen Beschluß gefaßt werden soll. Lübeck.
eine aus Landesmitteln zu gewährende Unterstützung der
Lübeck, 10. Juli. übersandte laut Mittheilung des „W. T. B.“ anläßlich des heutigen 50 jährigen Doktorjubiläums des regierenden Bürger⸗ meisters Dr. Behn ein Glückwunsch⸗Telegramm aus Windsor. Die Georgia Augusta Universität in Göttingen erneuerte das Doktordiplom. Der Senat, die Bürgerschaft und der Bürger⸗ ausschuß sandten Deputationen zur Beglückwünschung. Die Stadt war festlich beflaggt. 8
Oesterreich⸗Ungarn.
Wien, 11. Juli. Das Abgeordnetenhaus ge⸗ nehmigte, wie „W. T. B.“ berichtet, gestern ohne Debatte das in Bern getroffene internationale Uebereinkommen, betreffend den Eisenbahn⸗Frachtverkehr. In der heutigen Sitzung theilte der Justiz⸗Minister Graf Schönborn dem Hause mit, daß mit der britischen Regierung Verhandlungen zum Schutze der Autorrechte im Gange seien, deren Abschluß demnächst erwartet werden könne.
Nach der vorgestrigen Sitzung des ungarischen Unter⸗ hauses wurde, wie der „Wien. Ztg.“ aus Budapest ge⸗ meldet wird, im Klub der liberalen Partei der Minister⸗ Präsident Graf Szapary Seitens des Klub⸗Präsidenten Baron Podmaniczky wärmstens begrüßt. Der Präsident sprach dem Minister für seine Rede den Dank und die Anerkennung der Partei aus, worauf dieser in herzlichen Worten dankte und betonte, all sein Bestreben sei lediglich darauf gerichtet, die in Berathung stehende hochwichtige Vor⸗ lage mit Unterstützung der Partei im Interesse des Landes zu erledigen. (Langanhaltende lebhafte Eljenrufe.) Hierauf berieth der Klub einen Antrag des Abg. Iranyi, betreffend die Modifizirung des Wahlgesetzes, und wurde nach Auf⸗ klärungen des Minister⸗Präsidenten beschlossen, daß die Partei in die Berathung des Antrages nicht einzugehen wünsche. In der gestrigen Sitzung des Unterhauses hielt der Abg. Po lonyi die Schlußrede uͤber die Verwaltungsvorlage, wobei er, nach einer Meldung des „W. T. B.“, die regierungsfreundliche Presse angriff. Er erzählte, ein Journalist habe für einen Sitz im Magnatenhause der Regierung seine Dienste angeboten. Nachdem der Minister⸗Präsident Graf Szapary diese Angabe zurückgewiesen, nahm der Abg. Gajary, Redacteur des „Nemzet“ zu einer scharfen Er⸗ widerung auf die Reden Polonyi's das Wort. Beide Redner zogen sich im Laufe der Erörterungen wieder⸗ holte Ordnungsrufe zu. Die Bemerkung Gajary's, Po⸗ lonyi's Denkweise sei niederträchtig, entfesselte einen stür⸗ mischen ununterbrochenen Lärm, sodaß der Präsident die Sitzung suspendiren mußte. Nach Wiederaufnahme derselben trat Ruhe ein. Dann wiederholten sich durch eine Bemerkung Gajary's die Lärmscenen und dauerten bis zum Schluß der Rede fort. In Folge der gefallenen beleidi⸗ genden Worte sandte das Mitglied der äußersten Linken Vecsey dem Abg. Gajary seine Zeugen. Gajary bestimmte gleichfalls seine Zeugen.
Großbritannien und Irland.
Sämmtliche heutigen Londoner Morgenblätter be⸗ sprechen die gestrige Rede Seiner Majestät des Kaisers in der Guildhall und drücken die Ueberzeugung aus, daß durch dieselbe die Bande zwischen den beiden Nationen noch fester geknüpft würden. Der „Standard“ konstatirt den überaus günstigen Eindruck, den die Rede durch ihre Fassung und den darin zu Tage tretenden großen Takt gemacht habe. Man habe in dem Kaiser einen wahrhaft großen, ge⸗ wissenhaften und außerordentlich fähigen Herrscher zu begrüßen, vor Allem aber einen Freund und Alliirten und einen Freund und Alliirten aller Derjenigen, die keinen Krieg wollten und ein Blutbad verabscheuen. Die „Times“ hebt hervor: Der
Seine Majestät der Kaiser
Kaiser sei in die direkteste Berührung mit dem Herzen der
Nation gekommen; er habe in der bündigsten Weise mit einer
Aufrichtigkeit, für die seine ganze Lebenslaufbahn Bürge sei,
erklärt, daß sein Lebenszweck vor Allem die Aufrechterhaltung des Friedens mit allen Nationen sei. In Frankreich scheine man zu übersehen, daß das sicherste Mittel, den Dreibund auf⸗ zuheben, darin bestehe, den Beweis zu führen, daß der Dre bund überflüssig sei.
Der Prinz von Wales enthüllte am Mittwoch in London in Gegenwart der höchsten Offiziere der britischen Armee das Denkmal des 1890 verstorbenen Feldmarschalls Lord Napier von Magdala. Die Reiterstatue ist ein Werk des verstorbenen Bildhauers Sir Edgar Böhm.
Der gestrigen Sitzung des Unterhauses wohnte der Staatssekretär des deutschen Auswärtigen Amts Freiherr
Marschall von Bieberstein in der Diplomatenloge be 8
Das Haus genehmigte das Budget des Auswärtigen Amts.
Im Laufe der Berathung erklärte der Unter⸗Staatssekretär
Fergusson: Die energischen Vorstellungen Englands hätten die Pforte veranlaßt, den Protest gegen die von den Persern beabsichtigte Befreiung des von den Kurden in So⸗udsch⸗Bulak festgehaltenen Mädchens, dessen Mutter Perserin sei, zurückzuziehen. Der Unter⸗Staatssekretär sprach dann weiter die Hoffnung aus, Frankreich werde nicht von der Antisklavereiakte zurücktreten, und wies die Behauptung zurück, daß die Anwesenheit der englischen Flotte in Venedig eine vorher arrangirte Kundgebung gewesen sei.
Am 8. d. M. begann die Mobilisirung der briti⸗ schen Marine für die bevorstehenden Flottenübungen. In Portsmouth wurden in Kriegsbereitschaft gesetzt die Schiffe: „Barham“, „Barrosa“, „Bellona“, „Hero“, „Iris“, „Latona“, „Rattlesnake“, „Traveller“ und acht Torpedoboote. Die im Medway und in Devonport liegenden Schiffe erhielten am Donnerstag den Mobilisirungsbefehl. Gestern segelte das Kanalgeschwader vom Nore nach den Downs.
Frankreich. Der Präsident Carnot empfing,
PSGe S 1 wie „W. T. B.“ meldet, gestern Mittag den diesseitigen Bot schafter in Berlin Herbette.
Der Staatsrath hat den Rekurs des Generals Hubert Castex zurückgewiesen, welcher seiner Zeit wegen einer den Minister⸗Präsidenten beleidigenden Ansprache an die Truppen mit der Hälfte seines Gehalts pensionirt worden war
Der Minister des Innern Constans konferirte gestern mit der Arbeitskommission über die finanziellen Folgen,
welche das Gesetz über Bildung einer Arbeiterpensions⸗ kasse nach sich ziehen würde. Der Minister sprach die Hoff⸗ nung aus, daß es leicht sein würde, die solchen Kassen zu⸗ fließenden Summen unterzubringen und zu verwenden.
Uebrigens müsse die Regierung in ihrer Aufgabe durch die Weiterentwickelung der gegenseitigen Hülfskassen unterstützt werden.
Die Deputirtenkammer verwarf in ihrer gestrigen Sitzung mit 258 gegen 174 Stimmen den von Pelletan und Chiché eingebrachten Antrag auf Erlaß einer Amnestie für alle wegen der Vorgänge bei dem letzten Strike, sowie wegen politischer Vergehen Verurtheilten.
Die in Aussicht stehende, durch die Einführung des rauchschwachen Pulvers nothwendig gewordene Aende⸗ rung der geltenden Bestimmungen über die Ab⸗ haltung der Manöver, ist nach der „France militaire“ noch nicht so weit vorbereitet, daß das Inkrafttreten
der neuen Bestimmungen schon für die Herbst⸗ übungen des Jahres 1891 erwartet werden kann.
Die technischen Comités haben Auftrag erhalten, sich über 8— diejenigen Aenderungen schlüssig zu machen, deren Annahme
sie für die von ihnen vertretenen Waffen empfehlen zu sollen glauben. Sie haben sodann die Ergebnisse ihrer Berathungen dem 8 Chef des Generalstabs der Armee zu unterbreiten, welcher diese, nebst den von hochgestellten Offizieren eingeholten Gutachten, einer unter dem Vorsitz des Generals Thomassin aus den kommandirenden Generalen, den Divisions⸗ und Brigade⸗ Commandeuren, Obersten und Oberst⸗Lieutenants verschiedener Waffen und einem Kommandanten eines Fußzjäger⸗Bataillons zusammenzurufenden großen Kommission unterbreiten wird. Die aus den Berathungen dieser Kommission hervorgehenden 8 ciss sollen dann zunächst im Lager von Chalons erprobt werden.
b Rußland und Polen.
Wie die „Now. Wr.“ berichtet, ist beschlossen worden, neue Zweigbahnen auf bedeutend billigere Art zu bauen. Die neuen Linien werden schmalspurig, nicht über 3 Fuß breit ein und je nach der Beschaffenheit des Bodens 7500 Rbl. pro Werst auf glattem, 9400 Rbl. auf hügeligem und 9500 Rbl. auf ergigem Boden kosten. Der Typus der neuen schmalspurigen Zufuhrbahnen ist vollständig ausgearbeitet, und es bleibt somit den Gouvernementslandschaften, städtischen Kommunalverwal⸗
tungen, industriellen, landwirthschaftlichen und anderen Gesell⸗ chaften und Korporationen nur noch übrig, den Lokalbedin⸗ ungen entsprechend Pläne des neuen Eisenbahnnetzes auszu⸗ rbeiten. Um das für den Bau der Nährbahnen erforderliche Kapital zu beschaffen, wird auf den Eisenbahnen eine Tarif⸗ erhöhung von 1¼10 Kop. pro Pud geplant.
Belgien.
Alle zehn Jahre findet in Belgien eine Volkszählung statt. Die am 31. Dezember v. J. stattgehabte Zählung übt auf die Zusammensetzung der Volksvertretung einen bedeutenden Einfluß aus; sieben Senatoren und fünfzehn Deputirte sind auf Grund der gewachsenen Bevölke rungszahl neu zu wählen, sodaß der Senat künftig aus 76, die Depu⸗ tirtenkammer aus 153 Mitgliedern bestehen wird. Die neuen Senatssitze fallen, wie man dem „Hamb. Corr.“ schreibt, den Städten Brüssel, Antwerpen, Lüttich, Genf, Charleroi, Löwen, und Turnhout zu. Von den fünfzehn neuen Deputirtensitzen entfallen je zwei auf Brüssel, Antwerpen und Lüttich, während die neun anderen Sitze auf die übrigen größeren Städte des Landes kommen. Daneben ist besonders bemerkenswerth, daß zwei Bezirke, Philippeville und Audenarde, in Folge der ver⸗ minderten Einwohnerzahl je einen Deputirtensitz verlieren und diese Sitze an die durch das Anwachsen der Einwohner hierzu berechtigten Bezirke Namur und Eecloo abtreten müssen. Die bevorstehenden Neuwahlen werden somit wesentliche Ver⸗ änderungen in der Kammerzusammensetzung aufweisen.
Serbien.
Belgrad, 9. Juli. Die beabsichtigte Begegnung des Königs mit der Königin Natalie anläßlich der Reise des Königs nach Rußland wird nach einer Meldung des „W. T. B.“
icht stattfinden. Schweden und Norwegen.
Stockholm, 10. Juli. Das französische Geschwader ist heute bei Tagesanbruch bei Sandhamm eingetroffen und daselbst von einem kleinen schwedischen Geschwader empfangen worden. Später ging dasselbe bei Vaxholm vor Anker. Der Admiral Gervais kam Mittags nach Stockholm. Abends findet, dem „W. T. B.“ zufolge, bei dem Minister des Auswärtigen Grafen Lewenhaupt ein Diner zu Ehren der französischen Gäste statt.
(F) Christiania, 8. Juli. Das Storthing hielt heute seine letzte Sitzung in dieser Session ab. Das Zollcomité theilte mit, daß die Zolleinnahmen im letzten Finanzjahre 22 792 000 Kronen, die Branntweinabgaben 3 684 229 Kronen und die Malzabgaben 2 317 926 Kronen betragen hätten. Durch die Herabsetzung des Zolles auf Zucker und Petr oleum sei nach Abzug der zu erwartenden größeren Einnahme durch vermehrte Einfuhr ein Zollverlust von 1 517 000 Kronen zu berechnen. Mit Bezugnahme hierauf beschloß das Storthing, die Ein⸗ nahmen aus diesen drei Titeln mit 27 300 000 Kronen in den Budgetvoranschlag für das laufende Finanzjahr einzustellen, und zwar die Zölle mit 21 300 000 Kronen, die Branntwein⸗ steuer mit 3 700 000 Kronen und die Malzsteuer mit 2 300 000 Kronen. Das Einnahmebudget wurde alsdann mit 49 200 000 Kronen und das Ausgabebudget mit 49 300 000 Kronen bewilligt. Der Fehlbetrag von 100 000 Kronen ist aus dem Baarbestande der Staatskasse zu decken. Der Präsident machte noch die Mittheilung, daß der Kreis Christiania des norwegischen Vertheidigungsver⸗ eins dem Vertheidigungsdepartement eine Gabe von 60 000 Kronen zur Anlage einer Batterie auf der Haaö (am Dröbaksund) zur Verfügung gestellt habe. Abgeordneter Eng sah in dieser Gabe ein Mißtrauen gegen die Haltung des Storthings dem Vertheidigungswesen gegenüber, welcher Annahme der Abg. Lövenskiold widersprach und bemerkte: die Gabe sei nur ein Ausfluß der Liebe zum Vaterlande und müsse mit Dank angenommen werden. Auf den Vorschlag des Präsidenten wurde die Verwendung der Gabe im Sinne der Geber genehmigt. Der Schluß der Tagung fand unter den herkömmlichen Ceremonien statt. Staats⸗Minister Steen verlas einen Königlichen öffentlichen Brief, kraft dessen er die Verhandlungen des vierzigsten ordentlichen Storthings für geschlossen erklärte. Mit dem Rufe: „Gott
bewahre den König, das Vaterland und das Bruderreich!“ trennten sich die Abgeordneten.
Dänemark.
Der König hat, wie „W. T. F.“ aus Kopenhagen meldet, den Professor Dr. jur. Goos zum Kultus⸗Minister ernannt.
Afrika.
Congostaat. Die Regierung des Congostaats in Brüssel hat (wie schon in Nr. 159 d. Bl. kurz gemeldet) dieser Tage Seitens ihrer Beamten eine Reihe von Berichten erhalten, aus denen hervorgeht, daß die Congotruppen am oberen Congo in den Monater. November, Dezember und Januar schwere Kämpfe mit den arabischen Sklaven⸗ jägern zu bestehen hatten. Sie waren überall siegreich und machten nach einem blutigen Gefecht bei Djabbir, wo acht Araber getödtet wurden, gegen 100 arabische Sklavenjäger sammt ihrem Anführer Katanga zu Gefangenen. Dieser glänzende Sieg wurde vom Lieutenant Dejaiffe erfochten. Nicht minder glücklich war Lieutenant Milz in seiner kriegerischen Unternehmung gegen den arabischen Sklavenjäger⸗ Häuptling Mirambo, dessen Lager er am 6. Dezember 1890 am Rumbifluß vollständig zerstörte. Mirambo flüchtete mit dem Rest seiner Begleiter gegen die Stanley⸗Fälle, stieß aber hier auf die Streitkräfte des Lieutenants Fievez, welcher ihn an der Fortsetzung der Flucht verhinderte. Da Lieutenant Milz seinerseits die Verfolgung fortgesetzt hatte, war Mirambo auch der Rückweg abgeschnitten, sodaß er sich dem Statthalter der Stanley⸗Fälle auf Gnade und Ungnade ergeben mußte. In Folge dieser Siege kann die Gegend von Djabbir bis zu den Stanley⸗Fällen als von den Sklavenjägern gesäubert bezeichnet werden⸗
Aus Bagamoyo wird über Brüssel vom 10. Juli ge⸗ meldet, daß Kapitän Jacques, der Chef der belgischen Antisklaverei⸗Expedition, mit seinen Begleitern und 700 Trägern Bagamoyo verlassen hat, um sich ins Innere zu begeben. ““ 8 “ “ 8
Kunst und Wissenschaft.
S. Das vor Kurzem im Auftrage des Allgemeinen deutschen Sprachvereins herausgegebene Deutsche Namenbüchlein bezeichnet der Verfasser, Professor Ferdinand Khull⸗Graz, als ein Haus⸗ buch zur Mehrung des Verständnisses unserer heimischen Vornamen und zur Förderung deutscher Namengebung, und in dem voraus⸗ geschickten Vorworte heißt es, der Verein eröffne mit diesem Büch⸗ lein keineswegs einen Krieg gegen diejenigen Namen, die seit vielen Jahrbunderten das Christenthum bei uns eingebürgert habe; allein die Ansicht, daß wir Deutsche auch bei der Namengebung nicht nöthig hätten, in die Ferne zu schweifen, werde gewiß die Billigung aller national fühlenden Deutschen finden, und es erscheine auch, nachdem die beiden letzten Jahr⸗ zehnte das Volk sich selbst wiedergegeben, der Wunsch als berechtigt, daß unseren Kindern in ihren Namen eine dauernde Erinnerung an ihre nationale Zugehörigkeit schon von den Eltern auf ihren Lebens⸗ weg mitgegeben werde, eine zwar leise, aber unvertilgbare Mahnung, nicht der Väter zu vergessen, die ihnen einst in schweren Tagen die Möglichkeit gewahrt, Deutsche zu sein. Die Sammlung, die über 1000 männliche und gegen 600 weibliche, sowie mehr als 800 Heiligen⸗Namen enthält, welche letzteren noch in einer be⸗ sonderen kalendarischen Anordnung auf die einzelnen Tage des Jahres vertheilt sind, umfaßt Namen, die ursprünglich theils den einzelnen deutschen Stämmen (Bayern, Franken, Alemannen, Gothen, Sachsen), zum größeren Theile aber allen Deutschen eigen⸗ thümlich waren. Eine streng scheidende Sonderung nach den Volks⸗ stämmen, wie sie vom wissenschaftlichen Standpunkt aus gewünscht worden, ist weder dem Vorstand des Vereins noch dem Verfasser für ein Büchlein passend erschienen, welches zum täglichen Gebrauch der deutschen Volksgenossen zu dienen bestimmt war; man wollte keine Trennung, sondern Einigung. In seinen einleitenden Aus⸗ führungen betont der Verfasser, daß die altdeutschen Namen, da sie größtentheils Musterbilder des Lebens bezeichneten, denen ihre Träger nachstreben sollten, uns von Allem Kunde geben, was unsere Ahnen in der Welt der Sitte und des Schönen für erwünscht hielten. Daher die herrliche Auslassung von Carl Steub, in welcher er sagt: Es saust und rauscht in den germanischen Namen von Kraft und Muth und Kühnheit, von Schlacht und Kampf und Sieg. Glänzend, leuchtend und berühmt zu werden, ward schon den Neugeborenen in ihren Namen als Lebensziel gestellt. Es klingt aus ihnen der todesmuthige Geist des Volkes, das ganz Europa bis zu den Säulen des Herkules, ja selbst das phönizische Carthago und den Saum der libyschen Wüste erobern sollte! Und ebenso treffend kennzeichnet Carl Lucae die Weltanschauung. die sich in unseren volksthümlichen Namen ausspricht. Was die Entstehung und Bildung der germani⸗ schen Personennamen betrifft, so ist sie durchaus dieselbe, wie bei den Griechen, Celten und Indern; sie ist ein uraltes indogermanisches Erbgut. Eingehende Untersuchungen haben ergeben, daß unsere hei⸗ mischen Personennamen fast ausnahmslos aus zwei Stämmen be⸗ stehen und daß keineswegs alle Worte ohne Unterschied zur Namen⸗ bildung herangezogen wurden, sondern hierzu nur einige ganz be⸗ stimmte Gruppen verwendet worden sind. Da die alten Namen gewissermaßen eine bleibende Eigenheit ihrer Träger bezeichnen sollten, so haben sie wohl sämmtlich ihrer Bedeutung nach als Eigenschafts⸗ worte zu gelten, und auch dann, wenn der zweite Theil des Namens ein Hauptwort ist, bildet der Name selbst den Begriff eines Bei⸗ worts. Wenn man auch bei der überwiegenden Mehrzahl der Namen die beiden Bestandtheile der Herkunft und Bedeutung nach kennt, so ist damit doch noch nicht stets die echte alte Bedeutung des Namens festgestellt. Ursprünglich waren alle Namen ebenso verständlich, wie es für uns z. B. noch „Starkhand“ ist; allein zahlreiche Namen sind ihrem Sinne nach schon frühzeitig dunkel geworden. Wie ur⸗ kundlich nachgewiesen ist, wünschte man nicht selten; für das Kind einen Namen zu finden, der die Namen der Eltern wiedergab, indem er je ein Wort von dem Namen des Vaters und der Mutter enthielt; so hieß die Tochter eines Theo dulf und einer Erkamberta: Theodberta und der Sohn eines Adalbod und einer Inghilde: Ingobod. Solchen Namen, die mit Rücksicht auf ihre Bestandtheile eine Uebersetzung in das Neuhochdeutsche aus⸗ schließen, reihen sich Namen an, deren beide Bestandtheile Thier⸗ namen, wie Arnulf (Aar⸗Wolf), Wolfram (Wolf⸗Rabe) bilden und die auch eine weitere Deutung nicht zulassen; bei der Mehrheit der Namen hat der Verfasser daher von dem Versuch einer Deutung Abstand genommen. Das Namenbüchlein bringt dann eine umfassende Zusammenstellung derjenigen Namenworte, welche die Bestandtheile der in der bereits gekennzeichneten Samm⸗ lung zur Berücksichtigung gelangten Personennamen bilden. Angesichts der hier gebotenen Fülle von Material müssen wir uns darauf beschränken, Einzelheiten herauszugreifen. An die Be⸗ zeichnungen von Gottheiten oder göttlichen Wesen und Begriffen, die mit dem Glauben in Verbindung stehen, reihen sich im weiteren Zu⸗ sammenhange mit dem heidnischen Glauben unserer Ahnen Namen⸗ bildungen mit Worten, welche „Heiligthum“, „Zauber“, „Opfer“ bezeichnen und im Zusammenhange mit der heid⸗ nischen Gotterverehrung stehen, weiter die mit Thier⸗ bezeichnungen gebildeten Namen, da die Thiere den ein⸗ zelnen Göttern heilig waren. Auch dem kriegerischen Sinne unserer Ahnen verdanken zahlreiche Namen ihre Entstehung,
deren einzelne Theile Ausdrücke bilden, welche Schlacht und Sieg, Kühnheit und Muth, Krieg und Frieden, Eisen und Waffen bezeichnen. Da von den alten Deutschen neben der persönlichen Tüchtigkeit in Krieg und Frieden auch die edle Abstammung, die Zugehörigkeit zu adeligem Geschlecht und mächtiger Sippe und der freie, von den Vätern ererbte Besitz hochgehalten wurde, so finden sich auch alle diese Begriffe in den Namenworten wieder. In einer weiteren Reihe von Personennamen spiegelt sich auch die Freude des namen⸗ gebenden Vaters über Umgebung und Lage seines Hauses, sowie seine Liehe zu diesem selbst, in welchem er sich als Herr und König fühlte, wider; so sind viele altdeutsche Namen mit „Hag“ und „Hain“, mit „Sal“ und „Heim“ gebildet. Die Beschränkung auf eine ganz bestimmte Zahl von Worten in der Bildung unserer Namen verursacht die merkwürdige Erscheinung, daß in sehr vielen Fällen zwei Namen einander gegenüber stehen, die aus denselben Worten, aber in umgekehrter Folge gebildet sind, z. B. Baltwin — Winebald, Baldulf — Wolfbald, Baltfrid— Fridebald, Berchtwald — Waldebert, Berterich — Richbert, Harderich — Richard, Berther — Herbert, Ferdinand — Nantfrid, Hartmann — Manhard, Gernot — Notger, Hildegund — Gunthild. Was die einstämmigen Vollnamen anlangt, so ist die Zahl derselben eine sehr geringe. Das Namenbüchlein führt hier nur die Personennamen Ernst (Ernest), Karl, Holda und Ilsa auf. Ernst bedeutet den „entschlossenen Lernsten) Kampf“ (Kämpfer), Karl den „Mann' schlechthin und ist vielleicht uralte Schmeichel⸗ form zu Karlfrid oder einem anderen mit Karl zusammengesetzten Namen Holda erscheint als alter Beiname einer Göttin und kennzeichnet diese als die gütige, holde, während Ilsa wohl als Name eines weiblichen Wassergeistes zu erklären sein dürfte. Nach einer besonderen Besprechung der Kose⸗ und Schmeichelnamen, deren Zahl eine nahezu unbegrenzte ist, schließt der Verfasser seine einleitenden Ausführungen zu der folgenden Namensammlung, die lediglich den Zweck habe, Suchende auf die Schönheit und Menge heimischer deutscher Namen aufmerksam zu machen, mit der Erklärung, daß man mit dem deutschen Namenbüchlein den Wunsch Otto Abel's seiner Erfüllung habe näber bringen wollen: „Wenden wir ebenso, wie wir den Wust aus unserer Sprache fortzuschaffen be⸗ müht sind, den die Geschmacklosigkeit und Aftergelehrsamkeit der letzten zwei Jahrhunderte in sie gebracht haben, einen Theil dieses volksthümlichen, nationalen Sinnes auch unseren Namen zu und lasset uns wieder zu gerechten Ehren bringen, was lange unverantwortlich vernachlässigt war!“
— Die Mittheilungen des Prof. Lannelongue über die von ihm bei Heilung der Tuberkulose erzielten Erfolge machen, wie der „Köln Ztg.“ geschrieben wird, in Paris begreifliches Aufsehen, werden aber doch im Ganzen mit großer Vorsicht aufgenommen. L. selbst ist der Erste, der die endgültige Bestätigung seiner Versuche erst von weiteren Prüfungen erwartet, zu deren Vornahme er seine Kollegen durch Bekanntgebung des Heilverfahrens in Stand setzt. Das Verfahren besteht in Einspritzungen von Zinkchlorat, die auf⸗ fallenderweise nicht im eigentlichen Bacillenherde, sondern in dessen Um⸗ gebung angebracht werden. Wie es scheint, wird hierdurch eine völlige Aenderung des den Bacillenherd umgrenzenden Gewebes be⸗ wirkt, die sie erstens befähigen, dem konzentrischen Umsichgreifen der Bacillen erfolgreichen Widerstand entgegenzusetzen, und die zweitens dem so infizirten Gewebe sozusagen eine Angriffskraft geben, die sich gegen den Baecillenherd richtet und die Bacillen tödtet oder ihre Wirksamkeit vernichtet. Ueberraschendd — wenigstens für den Laien — erscheint es dabei, daß nach Lannelongue's Angabe Einspritzungen in den eigentlichen Bacillenherd ganz wirkungslos bleiben. In den bisher gemachten Veröffentlichungen ist auch von Versuchen mit zwei Lungenkranken die Rede, deren Zu⸗ stand „gebessert“ sein soll, doch wird nicht recht ersichtlich, wie man bei ihnen das Mittel angewandt hat. In der Hauptsache beschäftigen sich Lannelongue’s Versuche mit tuberkulösen Erscheinungen, die offen zu Tage liegen oder ohne Schwierigkeit chirurgisch erreicht werden können, wie Gelenktuberkulose, tuberkulöse Geschwüre u. s. w. Bei den der Akademie der Medizin vorgestellten zwei Kindern war vollständige Heilung erzielt. Es handelte sich um Fälle der Gelenktuberkulose am Knie, bei denen die vollständige und ungestörte Bewegungsfähigkeit der Glieder wieder hergestellt ist. Da noch nicht genügend lange Zeit verflossen ist, glaubt Lannelongue die Frage des möglichen Rückfalls nicht mit Sicherheit entscheiden zu können, doch meint er, daß das ganze klinische Bild einstweilen entschieden gegen die Wahrscheinlichkeit eines solchen spreche. Man wird also, bevor man sich ein Urtheil bildet, weitere Versuche abwarten müssen. 8
— Der Vertrag zwischen der französischen und de griechischen Regierung, betreffend die Ausgrabungen in Delphi, ist nunmehr ratifizirt und in der griechischen Kammer angenommen worden. Der Vertrag lautet nach griechischen Blättern folgender⸗ maßen: „§. 1. Die griechische Regierung überläßt der französischen das ausschließliche Recht, in Delphi fünf Jahre lang Aus⸗ grabungen zu veranstalten. Die antiken Grenzen des Stadtgebietes von Delphi, innerhalb deren die Ausgrabung sich zu halten hat, werden gemeinschaftlich von dem griechischen Ober⸗Aufseher der Alte thümer und der Direktion des französischen Archäologischen Instituts zu Athen gesetzt werden. §. 2. Die griechische Regierung übernimmt von den Kosten der zur Expropritrung der jetzigen Bewohner von Kastri (dem Dorfe, welches in den Trümmern von Delphi sich angesiedelt hat) eine Summe bis zu 60 000 Fr. § 3. Die französische Regierung übernimmt, die Ausgrabungen auf ihre eigenen Kosten zu veranstalten. Griechenland wird Besitzer aller der bei den Ausgrabungen zu Tage kommenden Kunstwerke, Alterthümer und sonstigen Gegenstände. Da Eigenthumsrecht der zu expropriirenden Besitzthümer geht auf die griechische Regierung über. §. 4. Die französische Regierung hat das ausschließliche Recht, alle Gegenstände, welche die Ausgrabungen zu Tage fördern werden, abzubilden und in Gips abzu⸗ formen. Die Dauer dieses ausschließlichen Rechts ist fünf Jabre und beginnt vom Datum der Auffindung des betreffenden Geger standes.é Innerhalb derselben Zeitdauer hat die französische Regierung das ausschließliche Recht der Veröffentlichung der wissenschaftlichen und künstlerischen Resultate der Ausgrabung. §. 5. Die griechische Oberaufsicht der Alterthümer hat das Recht, einen eigenen Aufseher zur Ueberwachung der Ausgrabungen abzuordnen. §. 6. Der vor liegende Vertrag bleibt 10 Jahre in Kraft vom Tage seiner Ge⸗ nehmigung durch die Volksvertretung. §. 7. Beide Regierungen verpflichten sich, den vorliegenden Vertrag möglichst bald der Ent⸗ scheidung ihrer Parlamente zu unterbreiten. §. 8. Die Bestätigungen werden in Athen sobald als möglich ausgetauscht werden. Dieser Entwurf stammt vom 4. Februar 1891 und erhielt am 13. April Gesetzeskraft.“ I
— (F) Bei dem Abbruch der alten Kirche in Vist, in der Nähe von Ulricehamn (Schweden), ist ein großer, schön erhaltener Runenstein gefunden worden. In der Mitte des Steines befindet sich ein Kreuz und die am Rande des Steines in altnordischer Sprache angebrachte Inschrift lautet in deutscher Uebersetzung: „Gere setzte diesen Stein seinem Bruder, er beschloß sein Leben in England.“ Der Stein rührt, wie das Kreuz erkennen läßt, aus der ersten Zeit nach Einführung des Christenthums her. 1
— Das Goethe⸗Denkmal, welches kürzlich im Fairmount⸗ Park zu Philadelphia enthüllt wurde, ist nach den Schilderungen Sachverständiger ebenso schön wie das bereits daselbst vorhandene Schiller⸗Denkmal. Der „Hamb. Corr.“ giebt von dem Denkmal folgende Beschreibung: Im Ganzen ist es 22 Fuß hoch. Auf einem Postament erhebt sich ein Sockel aus geschliffenem Granit, und auf diesem ein 6 Fuß hober broncener Würfel, welcher die Inschrift: „Gewidmet von den Deutschen Philadelphias, 1891“ trägt und mit dem Eichenkranz, dem Symbol der bürgerlichen Tugenden, und dem Lorbeer, der Ruhmeskrone des Dichters, geschmückt ist. Die Gestalt 1 Goethe's, welche auf diesem Unterbau sich erhebt, ist 9 Fuß hoch, und der Bronceguß, welcher aus der Gießerei der Gebrüder Bureau in Philadelphia hervorging, ist ein vorzüglicher. Die ganze Gestalt ist ruhig und würdig gehalten und läßt neben der machtvollen Erscheinung das vornehme Wesen des großen Dichterfürsten erkennen. Goethe's Anzug ist eine genaue Nachbildung des Gewandes, wie es in den ersten Jahren dieses Jahrhunderts üblich war. Der Bildhauer