Sritte Münchener Jahres⸗Ausstellung von Kunstwerken
aller Nationen.
Ueber die Eröffnung der Münchener internationalen Kunst⸗ ausstellung am 1. Juli dieses Jahres haben wir bereits kurz berichtet und den uͤberaus günstigen Eindruck konstatirt, den sie auf alle Besucher macht. Allerdings wird man zugeben müssen, daß eine Steigerung gegenüber der vorjährigen
Münchener Ausstellung keineswegs stattgefunden, obgleich das bei der stetig anwachsenden Konkurrenz auch auf diesem Ge⸗ biete eigentlich nothwendig erscheint. Bremen, Stuttgart, Berlin haben bereits sämmtlich im Verlaufe dieses Frühjahres ihre eigenen Ausstellungen eröffnet und damit die Stellung des alten Künstlersitzes München in seiner Eigenschaft als Hauptkunstmarkt Deutschlands bedroht. Dieser Konkurrenz⸗ kampf, so bedauerlich er auf der einen Seite erscheint, ist doch andererseits von guten Folgen begleitet. Waren die Kunst⸗ ausstellungen ursprünglich mehr in idealer Absicht gegründet, um den dafür Interessirten von Zeit zu Zeit Einsicht in den
augenblicklichen Stand der vaterländischen Kunstentwickelung zu gewähren, so trat doch mehr und mehr das praktische Element des Bilderverkaufs in den Vordergrund. Mit Genugthuung sieht man, wie neuerdings wieder in den leitenden Künstler⸗ kreisen die Anschauung durchdringt, daß bei dem wachsenden Lettbewerb nur derjenige Ort seinen Ruf erhalten kann, der den allgemein bildenden Werth seiner Ausstellungen in den Vordergrund stellt. Es liegt das auch im Interesse des Staates, der diese periodischen Unternehmungen unterstützt. Die Mittel, welche hier gewählt werden, bestehen neben einer vornehmeren Ausstattung der Säle, derart, daß dieselben geschmackbildend auf die Besucher wirken, vor Allem in der Heranziehung der ausländischen Arbeiten, wodurch einerseits unsere jüngere Künstlergeneration angeregt, andererseits das Urtheil des Publikums vielseitiger gebildet wird. Auch die Heranziehung älterer Arbeiten erster Meister, die dem Ganzen eingefügten Kollektiv⸗Ausstellungen einzelner Maler, resp. Bildhauer, retrospektive Ausstellungen, Alles dient jenem Zweck. Wünschen wir, daß unsere großen Kunst⸗ ausstellungen andauernd sich in dieser Richtung entwickeln!
Vergleichen wir daraufhin Berlin und München, so ist Berlin in mancher Hinsicht diesmal im Vortheil. Der Rührig⸗ keit des Comités und der bereitwilligen Unterstützung, welcher es von Allerhöchster Seite sich zu erfreuen hatte, haben wir die großartige Vollständigkeit unserer „internationalen“ Ver⸗ tretungen, die Einsendung so vieler Werke älterer, längst berühmter Meister, die Ueberlassung guter Arbeiten ausländischer Galerien zu verdanken. München seinerseits hat den Vorzug, schon seit Jahren zahlreiche Künstler des Auslandes zu seinen ständigen Gästen zu zählen, die bei uns kaum oder nie erscheinen. Somit ergänzen sich diesmal München und Berlin, und das hier gebotene Bild der modernen Kunst wird dort vielfach bereichert und be⸗ richtigt.
Die Münchener Ausstellung ist, wie früher, im Glas⸗ palast, einem dem Berliner Ausstellungsgebäude ähnlichen glasgedeckten Eisenbau, untergebracht. Wir betreten zunächst den weiten Eingangssaal, in welchem eine phantastisch ein⸗ gebaute Kuppelarchitektur eine hohe Fontäne umschließt.
Mehrere Bilder größten Formats, aber nicht gerade beson⸗ deren Werths, sind an die Seitenwände dieses Saales ver⸗ wiesen. An derselben Stelle, die im Vorjahre Roll's groß⸗ artiges Arbeiterbild einnahm, finden wir jetzt die „strikenden Bergarbeiter aus Borinage“ (von H. Luyten, Antwerpen). Die Entfaltung der rothen Fahne unter einem Haufen wüst durcheinander tobender, schreiender, sich drängender, blau⸗ gekleideter Bergarbeiter ist der Inhalt des Bildes. Vermuth⸗ lich wird man in zwanzig Jahren, wenn der Reiz der Neuheit für solche Vorwürfe geschwunden ist, dies Bild verurtheilen, weil die künstlerischen Mittel des Malers nicht ausreichen, um aus dem Gemälde etwas Besseres als ein Sensationsstück zu machen. Heute wirkt es noch einigermaßen. Daneben aber finden wir eine „Sirene“ von Kuschel, überlebensgroß, auf einem blaugelbvioletten Grunde ein in grüngelbweißlichen Tönen gefärbtes Weib mit langflatterndem blauen Schleier, eine übelgelungene Nachahmung der impressionistischen Phantasie⸗ malerei Stuck's.
Je unerquicklicher diese Bilder sind, um so lieber wendet man sich zur Betrachtung der Sculpturen, die den Haupt⸗ schmuck dieses Saales bilden. Am Eingang gleich finden wir vor uns Werke Berliner Bildhauer, Siemering's Reiter⸗ statuen „Bismarck“ und „König von Sachsen“, H. Berwald's Büste Seiner Majestät des Kaisers, dann Büsten von B. Kruse und W. Schott.
Weiter folgen einige Gruppen belgischer und italienischer Bildhauer, als deren vorzüglichste Isaac de Rudder (Abon- dance, la Becquée), Ch. Samuel (heimkehrender Feldarbeiter, Denkmal des Volksdichters de Coster), ferner Julius Jordan (das Gehör) und St. Sinding (Barbarengruppe u. a.), Beide in Rom, endlich Trentanove (Otriade) aus Florenz hervor⸗ zuheben sind.
An den Eingangsraum reihen sich rechts die Säle mit Bildern außerdeutscher Künstler. Unter ihnen haben Engländer, Skandinavier und Dänen nach allgemeinem Urtheil vor allen Anderen sich hervorgethan. Von der englischen Abtheilung, die zugleich auch die große Gruppe der schottischen Maler mit umfaßt, wird man in der That aufs Höchste überrascht. In Berlin sind es die großen Porträtmaler Shannon, Herkomer, Ouleß, Richmond, welche im Verein mit den Vertretern der klassischen Richtung, wie Leighton und Alma Tadema, dem betreffenden Saale den Charakter vornehmer Größe verleihen. Wenn wir von Leighton's „Phryne“ absehen, so fehlt hier in München das antike Genre gänzlich, und unter den Porträts ragt nur eines besonders hervor, das, nach der Technik zu urtheilen, wohl Millais geschaffen haben dürfte.
Ein echtes Kinderbild. Am Wegrande hat sich ein fünf⸗ jähriges Mädchen niedergelassen. Das nach englischer Att sehr weite, faltige Kleid, der umgelegte Pelzkragen verstecken das Figürchen, die Hände verschwinden im riesigen Muff, und von dem kleinen Fräulein ist eigentlich nur das runde Kinder⸗ gesichtchen zu sehen, das mit suͤßen, unschuldigen Augen uns unbefangen anschaut, frisch und fröhlich, voller Harmlosigkeit. Frische und Fröhlichkeit sind überhaupt die Vorzüge, deren sich diese Bilder fast sämmtlich rühmen dürfen, vor Allem die in überwältigender Fülle eingesandten Landschaften, in denen grade die Schotten, unbekümmert um alle Regel und Schablone der Technik, mit einer, auch vor dem Bizarren und Absurden nicht zurückscheuenden Kühnheit die heimischen Berge und Fluren schildern.
Auf sorgfältige Durchbildung des Details verzichten sie sämmtlich. Kühn die schwierigsten Licht⸗ und Farbenprobleme
erfassend, suchen sie den momentanen Eindruck der Landschaft festzuhalten. Jedes Material ist ihnen dabei recht. Hubert Coutts malt Küstenbilder in Aquarell, so breit, so farbig, so leuchtend, daß die meisten Oelbilder daneben stumpf erscheinen. Zugleich wieder erlaubt ihm die Zartheit des Materials den Bergen wie dem Wasser höchste Duftigkeit und Lichthelle zu geben. Oft ist es nur ein Ton, auf den das ganze Bild gestimmt ist, ein Luftphänomen, dessen Darstellung den Künstler reizte, wie z. B. in Olsson's Bild „ein Windstoß“ nichts als das Aufwirbeln einer Wolke an dem in violette Töne getauchten Abendhimmel über öder Küste gemalt wird. Walton malt Wald und Wiese in silbergrauem Nebel, Hamilton Wald und Wiese bei starker Sonne, wo gegen dunkelblauen Himmel saf⸗ tiges Laub steht, Edward Stott wieder malt in der See badende Knaben bei Sonnenuntergang, wenn der rothleuchtende Ball vom Horizont her grelle Lichter über die Strandwiesen wirft, seine gelblich rothe Gluth in die von den Wiesen grün reflektirten Wellen gießt und die badenden Knaben mit rothen Streiflichtern bemalt. Was in dieser Richtung sich erreichen läßt, zeigt der Schotte Guthrie in seinen Farbenskizzen. Ent⸗ zückend für jedes Malerauge ist übrigens das kleine, mit mattgrüner Seide auszeschlagene Kabinet, in welchem dieses und verschiedener anderer Künstler Farben⸗ skizzen vereinigt sind. Guthrie giebt auf dunkelem Tonpapier mit breiten Pastellstiftstrichen Farbeneindrücke; man sieht gewissermaßen in das Skizzenbuch eines Impressionisten, der Uebungen im Treffen von seltsamen Farbenzusammen⸗ stellungen veranstaltet. Wie Kerzenlicht, Lampenlicht, Mond⸗ licht im Zimmer, im Freien wirkt, wie Fleischtöne gegen helles Licht gestellt nuancirt werden, und dergl. mehr wird aus⸗ geprobt. Die äußersten Konsequenzen finden sich daneben in den Bildern Roussel's, die Manchem als völlig sinnlos er⸗ scheinen mögen; so sein Porträt des Malers Menpes, der in einem Zimmer mit hellrosa Teppich und braunrother Tapete in Frack und weißer Binde Platz genommen. An der Wand hängt nichts als eine kleine Photographie. Das Aeußerste leistet Roussel in seinem „Sommerabend“. Es ist bereits so dunkel, daß man auf dem ganzen Bilde nur einen ganz gleichmäßigen graugrünen Ton wahr⸗ nimmt. Nur ganz oben am Rande etwas dunkelblauer Abendhimmel, mitten in dem ganz gleichmäßig hinge⸗ strichenen Graugrün ein violetter Fleck, offenbar eine weibliche Gestalt repräsentirend. Das Bild ist gewiß ernst gemeint, zu⸗ gleich im Sinne dieser Schule ganz berechtigt, insofern es möglichst genau das Motiv behandelt, wie gegen blauen Abend⸗ himmel die Masse des in Dunst gehüllten Laubwaldes, gegen diesen wieder ein vom Abendhimmel reflektirtes Seidenkleid absticht. Aber man darf behaupten, daß diese ganz einseitige, nur auf Lösung von Farbenproblemen gerichtete Schule, so imposant sie heute erscheint, baldiger Auflösung entgegen gehen muß, sofern sie nicht neue Ziele sich setzen wird. Musiker, die nichts als Fingerübungen spielen, und Maler, die nichts als Tonwerthe skizziren, können zunächst durch die stupende Höhe ihrer Technik den höchsten Beifall der Kunst⸗ genossen ernten, aber sie glänzen am Kunsthimmel nur, so lange sie neu sind, und werden vergessen, sobald ihre Technik Allgemeingut geworden.
Von den Imvpressionisten anderer Schulen unterscheiden sich Engländer und Schotten meist vortheilhaft durch die kernige Farbe, die trotz Luft und Licht an Fülle nichts ein⸗ büßt, nicht so leicht kreidig wird wie auf deutschen Gemälden. Auch bricht zuweilen, vor Allem auf englischen Bildern, durch all dies Farbengewirr plötzlich wieder wie ein Lichtstrahl aus dunkelen Wolken ein Erinnern durch an jenes Schönheits⸗ empfinden, das sonst oft bis zur Uebertreibung hier ge⸗ herrscht. J. R. Reid zum Beispiel, der nicht weniger als 32 Degwena . ausgestellt, in denen er von Land und Leuten am Themsestrand erzählt, läßt gern zwischen den verwitterten Seemannsgestalten goldgelockte Kinderköpfe mit großen blauen Unschuldsaugen, oder zwischen alten Fischweibern eine schlanke Mädchengestalt blicken. J. Beadle malt „Kampf und Sturm“, drei arme Bauer⸗ frauen, die bei tosendem Unwetter Kartoffeln lesen, deren dritte aber, wie sie hochaufgerichtet gegen den Windsturm sich erhebt, unter dem Bauernmantel eine herrliche Gestalt, unter der braunen Kapuze ein edel geschnittenes Profil er⸗ kennen läßt.
Ueberhaupt darf man nicht nach jenen Stürmern und Drängern, die hier allerdings die Majorität bilden, die englisch⸗ schottische Kunst beurtheilen, die ja auch, wie gesagt, in Berlin ganz anders sich präsentirt. An Ausnahmen fehlt es auch hier nicht. Orchardson's „Mutter und Sohn“ giebt uns in einem reizenden Genrebild das Spiel einer zärtlichen Mutter mit ihrem gesunden, dicken Baby. Marianne Stockes malt als „Edelweiß“ die Halbfigur eines in weiße Tücher gehüllten Mädchens auf weißem Grunde, das Haupt mit den weißen Alpenblumen geschmückt, von vollendeter Zartheit der Töne, aber ohne jede Weichlichkeit höchst flott hingestrichen.
Sogar die Historienmalerei ist noch, wenn auch nur mit einem Bild Ph. Steer's vertreten, das den Treueid der „Welsh Chief tans“ vor dem Sohne König Edward's des Ersten behandelt. Man sieht zwar nichts von den schwörenden Häuptlingen, wohl aber die kräftige Mannesgestalt des Königs, der seinen Knaben im Schilde emporhebt und zum Eidschwur den Schwertgriff hinstreckt. Historische Würde und Natürlich⸗ keit des Ausdrucks sind in dem Bilde glücklich vereint.
Von den Norwegern empfängt man in Berlin den Ein⸗ druck, als ob sie zumeist ihre bergumschlossenen Fjorde malten. Hier, wo die Künstler von Christiania in einer kleinen, aber erlesenen Schaar vereint sind, treten andere Nordlandmotive hervor. Zuweilen wird der Sommer geschildert, oder Sinding malt Fruͤhlingslandschaften, in denen zwischen Schneebergen blüthenbedeckte Obstbäume die Thäler schmücken, auch die Viehweide im Herbst, wohlgenährte Rinder im Grase wieder⸗ käuend. Eigenartig sind einige Bilder E. Petersen's, der baumumwachsene Bergseen im Abenddämmerschein gar fein und stimmungsvoll schildert. Nordischer muthet uns F. Thaulow an. Zwei Mal hat er hier Bergwasser dargestellt „im Herbst“, wenn schon Schnee die Ufer stellenweise deckt und die grauen gurgelnden Wasser Eisschollen von den Bergen herabtragen. Und derselbe Thaulow malt dann die Schönheit und Furchtbarkeit des Winterschnees, wie der „Schneesturm“ ein Dorf begräbt, oder wie am sonnigen „Februarnachmittag“ die Jugend des Dorfes auf dem hellen, glänzenden Schneefeld sich ergötzt. Schnee und Schneewasser wird man selten so kalt gemalt finden, wie bei diesem Künstler.
Ein anderes Gebiet beherrschen G. Wentzel, E. Soot u. A. Die nordischen Fischerhäuser, in denen alles Holzwerk mit greller blauer, grüner, rother Farbe gestrichen wird, sodaß die
volle Sonne augenblendende Effekte hier in die Zimmer zaubert, sie sind längst ein Lieblingsmotiv der modernen Malerei geworden. Nicht immer ist diese koloristisch schwierige Aufgabe so glänzend gelöst wie hier. Und zugleich läßt uns Wentzel nicht bloß die Zimmer, sondern auch das Treiben ihrer Bewohner sehen. Im „Austragstüberl“ sieht man den greisen Seefahrer, der die alten Tage friedlich im Sonnenschein am Herde verträumt, wie E. Soot im „Will⸗ kommen“ uns in der offenen Hausthür die Begrüßung eines über Land zu Besuch kommenden Paares vorführt. Wenn schon den Norwegern gegenüber den Schotten größere Wahr⸗ heit in der Farbe, ein größerer Respekt vor der absolut genauen Wiedergabe der Natur eigen war, so wird man vor Allem bei den Dänen sich freuen dürfen über ihre einfache, ehrliche Mal⸗ weise, die auch geniale Künstler nirgends zu Effektstücken ver⸗ führt. Ernst nimmt hier ein Jeder seine Aufgabe. Vor Allem das Seelenleben der Menschen wird mit dem, auch in der nordischen Literatur dominirenden Interesse an pfychologischen Studien sorgfältig zur Darstellung gebracht. Wenn Kroyer z. B. eine französisch⸗dänische Ausstellungs⸗ kommission malt, so begnügt er sich keineswegs damit, die Figuren, welche halb von der Abendluft, halb vom Lampen⸗ licht beschienen sind, in dieser ungünstigen Beleuchtung wunder⸗ bar zu runden, im Raume gegeneinander zu gruppiren. Viel mehr scheint ihm noch daran zu liegen, den geistigen Ausdruck der verschiedenen Künstlerköpfe zu erfassen, in jedem Kopfe eine Charakterschilderung niederzulegen. In diesem Sinne malt auch Tuxen z. B. das Porträt der Frau Jacobsen, der Gattin des berühmten Kopenhagener Bierbrauers und Kunstmäcens. Selten findet man in einem, so unbedingt getreu der Natur nachgeschriebenen Frauenbildniß solche Wucht der Farbe⸗, solch imposanten, monumentalen Ausdruck. Unter den Genre⸗ malern ragt Helstedt hervor, der sich ja allerdings technisch nicht mit den Vorgenannten messen kann. Seine „Vorlesung“ ist dennoch ein Meisterstück feiner Beobachtung. Der junge, magere, etwas überstudirte Gelehrte, der mit voller Ent⸗ faltung der Dozentenwürde einen Kreis bildungsbeflissener Damen belehrt, die Frau des Hauses, die mit ruhiger Würde theilnimmt, die ältere Alles bewundernde Tante, der schwärmerisch begeisterte Backfisch, die gespannt folgenden älteren Jungfrauen, das gelangweilte jüngere Töchterchen — Jeder kennt diese Typen, Jeder wird sie mit stillem Lächeln hier vollständig und unverkennbar wieder finden.
Und derselbe ruhige Ernst herrscht bei den Dänen auch in der Landschaft. Olsen malt die Ostsee bei Möen, nichts als die stille weite Fläche, die vorn in kleinen flachen durch⸗ sichtig grünen Wellen über den tangbedeckten Grund fluthet, weiterhin die Silberwolken, zum Horizont hin das zarte Tief⸗ blau des klaren Himmels spiegelt. Wer auf stiller Fahrt die Ostsee durchzogen, dem wird die Schönheit dieser einfachen Tonharmonie und dieser silbernen, an die besten holländischen Seemaler erinnernden Lichtfülle wohlvertraut sein. Wie werthvoll die Betheiligung der vorstehend be⸗ sprochenen Künstlergruppen für das Gelingen einer Aus⸗ stellung sein kann, bedarf wohl keines besonderen Beweises. Es wäre lebhaft zu wünschen, daß es für das nächste Jahr Berlin gelänge, Engländer und Schotten, Norweger und Dänen zu einer umfangreichen Beschickung der Ausstellung zu veranlassen. Dieselben würden durch ihr hohes technisches Können, mehr aber noch durch ihr echt germanisches, poesie⸗ volles Naturempfinden unserem Publikum schnell vertraut sein.
Neben der Kunstbethätigung der germanischen Nationen tritt die der Romanen hier in München stark in den Hintergrund. Spanien bietet in reduzirtem Maßstabe ein Spiegelbild der betreffenden Abtheilung der Berliner Ausstellung. Auch hier Historienbilder allergrößten Formats, auch hier eine Neigung, das Furchtbare, Nervenreizende behaglich breit auszumalen, wie das Munoz Degrain's „Liebende von Fernel“, oder Maura's „Fulvia und Marc Anton“ beweisen. Letzterer malt den Augenblick, in welchem die schöne Fulvia sich beim Trink⸗ gelage erhebt, um an dem ihr auf silberner Schale dar⸗ gebrachten abgeschlagenen Haupte des Cicero die Zunge mit einer Nadel zu durchbohren. Es gehört eine besondere Neigung dazu, ein solches Thema zu wählen für ein Bild, an das schon die ungeheure C der Leinewand den betreffenden Künstler auf Jahre fesselt.
Farbenstrahlende Genrebilder kleineren Formates finden wir, wie in Berlin, auch hier reichlich, reizende kleine Land⸗ schaftsskizzen von Enrique Serra, andalusische Reiterbilder von Galofre, vor allem ein Arenabild von José Villegas, die „letzten Augenblicke eines Stierkämpfers“ darstellend. In das Kellergewölbe unter der Arena hat man den sich verblutenden Toreador getragen, und um die Bahre, an der ein Weib neben dem Priester kniet, stehen die Kampfgenossen im Gebet. Ihre farbenschillernden Maskeradenkostüme kontrastiren seltsam mit dem Ernste der Situation wie mit der Dunkelheit der Kellerkapelle.
Der modernen italienischen Kunst wohnt heute ein gewisser Zug zum kleinlich Genrehaften inne. Leider sind hier fast aus⸗ schließlich Künstler dieser Richtung vertreten, und die wenigen Ausnahmen, wie Dall’ Oca⸗bianca u. A., verschwinden unter den übrigen, weniger für den Nachruhm als für den Verkauf arbeitenden Genossen. So macht denn der italienische Saal so wenig als der angrenzende französische den erwarteten Eindruck.
Neellich soll letzterer noch in nächster Zeit sich heben durch eine Sendung neuerer Bilder, die sich vorläufig in der nun⸗ mehr geschlossenen Pariser Ausstellung befanden. Augenblicklich ist unter den neueren Bildern nur eines auffallend, weniger durch seine Schönheit, als durch die Kühnheit der Behandlung, Besnard’'s großes Sonnenuntergangsbild.
Wenn sich die untergehende Sonne auf bewegten Wellen intensiv spiegelt, pflegt vor unseren Augen ein unerträgliches Wellengewirre, Farbengefunkel, Lichtgeflimmer zu entstehen, pflegen die blauen Meereswellen und die rothen Sonnen⸗ strahlen zu violetten Tönen gemischt uns vor den Augen zu tanzen. Gerade dieses Phänomen sucht Besnard festzuhalten, und dadurch, daß er ein zum Bade sich rüstendes Mädchen im Vordergrunde dunkel gegen die Farbenströmungen abhebt, das Auge zu beruhigen, den Kontrast aber zu steigern. Auch wenn wir die Kühnheit dieses Versuches bewundern, so ver⸗ mögen wir doch nicht anzuerkennen, daß er völlig gelungen ist, insofern nämlich weder die Wellen genügend als Wasser, noch Arme und Hals des Mädchens recht als Fleisch wirken. Gerade der extreme Naturalist sollte über dem Farbeneffekt die Stoff⸗ behandlung nicht vernachlässigen.
Die Mehrzahl der übrigen französischen, aus einer Rotterdamer Kunstsammlung entliehenen Bilder gehören älteren, zum Theil längst verstorbenen Meistern an. Hier
seien, doch
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hat die Ausstellungskommission einen Fehler begangen, der
iger Einreihung der noch zu erwartenden Bilder wohl 2* werden könnte. Hätte man in historischer Folge eordnel, so ergäbe sich ein Ueberblick über die Geschichte der anzösischen Kunst etwa von 1840 — 1890, in dem alle hervor⸗ ragenden Namen, wenn auch meist nur mit Bildern zweiten Ranges, vertreten wären. Statt dessen steht der Besucher rathlos, wenn er Werke der 40er und 50 er Jahre hier neben den extremsten Impressionistenarbeiten eines Monnet, wenn er Carolus Duran, Manet, Besnard, Bonnat, Raffet gemengt findet. Soll die Ausstellung dieser älteren Bilder belehrend wirken — und nur in diesem Sinne können sie doch dar⸗ geliehen sein —, so muß auch durch entsprechende Aufstellung hierfür Sorge getragen werden. Max Schmid.
(Fortsetzung folgt.)
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Statistik und Volkswirthschaft.
Bewilligte Altersrenten.
Laut einer im Kreisblatt für den Kreis Danziger Höhe ver⸗ öffentlichten Nachweisung sind in dem genannten Kreise 101 Personen endgültig Altersrenten bewilligt worden. Die niedrigsten Renten be⸗ tragen 106,80, die höchsten 191,40 ℳ ““
Im Kreise Lissa sind, dem „Pos. Tgabl.“ zufolge, bis jetzt bereits 155 Personen in den Genuß der Altersrente getreten, davon 26 aus der Stadt Lissa, 25 aus den anderen Städten und 104 aus
den ländlichen Bezirken des Kreises.
1 Wohlfahrts⸗Einrichtungen.
In München hat sich ein Comité zur Errichtung von Arbeiter⸗ und billigen Beamten⸗Wohnungen gebildet. Dasselbe strebt die Gründung einer gemeinnützigen Baugesellschaft an und wird in dieser Angelegenheit heute, Sonnabend, im Sitzungssaale der Ge⸗ meindebevollmächtigten eine Besprechung abhalten. Das Comité besteht aus den Herren Staats⸗Minister Dr. v. Müller, Regierungs⸗ Präsident Frhrn. v. Pfeuffer, I Bürgermeister Dr. v. Widenmayer, II. Bürgermeister Borscht, Ober⸗Baurath v. Zenetti, Justiz⸗Rath v. Auer, Kommerzien⸗Rath Brougier, Rechtsanwalt Dr. Dürk, Fabrik⸗ inspektor Pöllath, Ingenieur Heilmann.
“
Ueber die Lohnbewegung der Maurer Berlins bemerkt die Berliner „Volksztg.“, sie schreite langsam vorwärts, doch sei dieselbe bis jetzt nicht gänzlich resultatlos verlaufen. In einer Versammlung am 9. d. M. wurde festgestellt, daß an mehreren Stellen kleine Lohnaufbesserungen erfolgt bleiben die Löhne dessenungeachtet noch hinter dem geforderten Stundenlohne von zurück. Nachdem die „Centralisten“ in der deutschen Maurerbewegung den „Centralverband der Maurer Deutschlands“ gegründet haben, gedenken die „Lokalisten“ sich auch zu centralisiren und zwar mittels des Systems der Vertrauensmänner. Zu diesem Zwecke findet am 19. d. M. eine Konferenz von Delegirten der Maurer Deutsch⸗ lands, welche mit dem Vorgehen der Berliner, Braunschweiger,
immer
Halleschen und Königsberger Kollegen einverstanden sind und
sich dem Centralverbande nicht angeschlossen haben, statt.
3 Die Berliner Zimmerleute sind noch immer mit den Vorbereitungen zu einer L hnbewegungs⸗Organisation be⸗ schäftigt. Die unlängst gewählte Lohnkommission ist zwar schon in Funktion getreten, doch werden zur Zeit noch die Wahlen der Vertrauensleute für die einzelnen Stadttheile vollzogen. Die also geschaffene Organisation soll gleichzeitig ein Bindeglied bilden zwischen der „Central⸗“ und „Lokal⸗ organisation“, das ist zwischen dem „Verband der Zimmerer
Deutschlands“ und der „Freien Vereinigung der Zimmerer Berlins und Umgegend“.
Am Dienstag fand, wie der „Vorwärts“ berichtet, die konstituirende Mitgliederversammlung des „Politischen Klubs Berliner Buchdrucker“ statt. Die Vereinigung beschloß, sich Sozialdemokratischer Klub der im Buchgewerbe beschäftigten Arbeiter“ zu nennen und genehmigte das vorgelegte Statut. In Leipzig beschäftigte sich der „Lpz Ztg.“ zufolge eine von 200 Personen besuchte Versammlung der Schuhmachergehülfen am Donnerstag mit dem Strike der Arbeiter in der Fabrik von Greve und Sauer. Die Unterhandlungen der Ausständigen mit den Prinzipalen sind erfolglos geblieben, auch wird ein den Ausständigen günstiges Ende des Ausstandes kaum noch erwartet, da sich sofort Ersatz für die leer gewor⸗ denen Arbeitsplätze gefunden hat. Die Versammlung be⸗ schloß von den 21 der Unterstützung bedürftigen Strikenden die Ver⸗ heiratheten mit 14 ℳ, die Ledigen mit 10 ℳ wöchentlich zu unter⸗ stützen und die letzteren thunlichst zur Abreise zu veranlassen. — Eine
Versammlung der Barbier⸗ und Friseurgehülfen berieth gleichzeitig die Gründung eines Fachvereins und beschloß, diese Angelegenheit einer Kommission zur Vorbesprechung zu übergeben und erst in einer späteren Versammlung endgültige Entscheidung zu reffen.
8 In Chemnitz haben, wie man der „Voss. Ztkg.“ schreibt, die Sozialdemokraten beschlossen, in Anbetracht der gegenwärtigen nißlichen Erwerbsverhältnisse und im Hinblick auf die im Herbst d. J. stattfindenden Landtagswahlen von Beschickung des Brüsseler Kongresses abzusehen. In Leipzig ist der Redacteur Wittich als Delegirter des Leipziger kreishauptmannschaftlichen Bezirks ge⸗ wählt worden.
In Mainz legten am Donnerstag in einer Buchdruckerei,
n welcher auch eine Zeitung gedruckt wird, alle dem Unterstützungs⸗ verein deutscher Buchdrucker angehörigen Maschinenmeister und Setzer ie Arbeit nieder, weil einige Verbandsmitglieder durch Nichtverbands⸗ mitglieder ersetzt worden waren und der Geschäͤftsinhaber sich weigerte,
das von ihm verlangte schriftliche Versprechen zu geben, daß weitere
Kündigungen unterblieben. Den Bemühungen des Gewerbe⸗ gerichts, welches am Mittag als Einigungsamt zusammentrat, gelang es, den Streit zu schlichten. Gestern nahmen alle Ausständigen die Arbeit wieder auf. G Aus Paris berichtet man der „Köln. Ztg.“: Der Ausstand der Arbeiter der Orleans⸗Bahn erstreckt sich nach dem Hinzu⸗ ritt der Rollwagenknechte auf 800 Mann. Die Ausständigen erlangen jetzt: 1) Wiederanstellung der abgesetzten Arbeiter; 2) Ver⸗ mehrung des Lohns; 3) Verringerung der täglichen Arbeitsstunden; 4) feste Anstellung nach einem Dienstjahr. Die Rollwagen⸗ knechte fordern einen Lohn von 5 Fr. den Tag für die Kutscher und die Knechte — die Ersteren erhalten bis jetzt 4 ½, die Letzteren ;.,—;; tägliche Arbeitszeit von nicht mehr als 16 Stunden; igung bei den Geldstrafen; feste Anstellung nach einem Dienst⸗ Betöindung vom Pferdeputzen und Morgens eine Essenspause 25,8. Minuten. — Von den Fuhrleuten hatte bis Donnerstag b; die Arbeit wieder aufgenommen; in den Werkstätten selbst hat hae⸗ Hewegung keine weiten Fortschritte gemacht. Die Abgeordneten 8 usständigen hatten Besprechungen mit dem Obmanne des Pariser nneindegathn, der sich bereit erklärte, als Vermittler aufzutreten, Falls auch die Gesellschaft ihn dazu auffordere. Heute Nachmittag
hatten die Vertreter eine Unterredung mit dem Direktor der Gesell⸗ schaft. Die Ausständigen zeigen sich bis jetzt sehr zuversichtlich und trotzig. Einer Meldung des „D. B. H.“ zufolge forderten die Delegirten der strikenden Arbeiter der Compagnie d'Orléans in der Verhandlung mit den Delegirten der Gesellschaft, daß letztere die Vermittelung des Gemeinderaths annehme. Die Gesellschaft erklärte eine solche Einmischung für unberechtigt. Die Arbeiterdelegirten zogen darauf ihren Antrag zurück und kündigten an, daß sie ihre For⸗ derungen schriftlich der Gesellschaft überreichen würden.
Ueber die Thätigkeit der Königlichen Arbeitskommission in London theilt die Londoner „Allg. Corr.“ mit, daß am Mittwoch die Gruppe zusammen trat, welche sich mit Erhebungen über die Lage der Bergwerks⸗, Eisen⸗, Maschinen⸗, Schiffs⸗ bau⸗ und verwandter Industrien befaßt. Zur Ver⸗ nehmung gelangte der Sekretär der Durham Beraarbeiter⸗ Association W. H. Patterson. Nach dessen Aussagen sind in der Grafschaft Durham 70 000 Arbeiter in Kohlenbergwerken beschäftigt, von welchen 40 020 dem Gewerkverein angehören. Frauen⸗ arbeit kommt nicht vor. Bei Unfällen erhalten Arbeiter wöchentlich eine Entschädigung von 5 sb. und Knaben eine solche von 2 sh. 6 d. Hr. Patterson glaubt, daß Strikes, welche aus Differenzen wegen der Arbeitszeit und anderen Ursachen hervorgingen, am Besten durch Schiedsgerichte beigelegt werden könnten. Seit Bestehen des Gewerk⸗ vereins habe die Zahl der Ausstände bedeutend nachelassen.
Der Durchschnittslohn der Bergleute sei 5 sh. 11 d. per Tag. Außerdem erhielten dieselben freie Wohnung. Trotzdem käme es jedoch vor, daß sie über die Unzulänglichkeit derselben Beschwerde führten, wenngleich sie das freie Haus nicht entbehren und nicht gegen eine entsprechende Lohnerhöhung aufgeben wollten. Nachdem noch der Abgeordnete J. Wilson die Aussagen Patterson's im Allgemeinen bestätigt hatte, vertagte sich der Ausschuß.
Land⸗ und Forftwirthschaft.
Washington, 10. Juli. (W. T. B.) Der Ackerbaubericht für den Monat Juni bezeichnet die Qualität der Baumwollen⸗ Ernte als mittelgut. Die Ernte habe sich um 3 % gebessert und betrage jetzt 881⁄10 %. Seit 1874 sei die Ernte nur in vier Jahren gleich niedrig gewesen. Gleichwohl sei eine allgemeine Besserung er⸗ folgt, im Staat Terxas sei die Qualität sogar als gut zu bezeichnen. Indessen sei die Pflanze fast überall, insbesondere in den östlichen Staaten im Wachsthum zurückgeblieben. Das endgültige Ergebniß der Ernte hänge vollständig von der Witterung ab⸗
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.
Sterblichkeits⸗ und Gesundheitsverhältniss im Monat Juni 1891. 8
Gemäß den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts sind in dem Monat Mai cr. von je 1000 Einwohnern, auf das Jahr berechnet, als gestorben gemeldet: in Berlin 18,5, in Breslau 27,5, in Königsberg 22,9, in Köln 23,9, in Kassel 15,8, in Magde⸗ burg 21,7, in Stettin 25,2, in Altona 24,7, in Hannover 17,9, in Frankfurt a. M. 21,3, in Wiesbaden 20,6, in München 28,8, in Nürnberg 25,5, in Augsburg 34,9, in Dresden 22,3, in Leipzig 20,5, in Stuttgart 20,9, in Karlsruhe 21,3, in Braunschweig 22,1, in Hamburg 23,0, in Straßburg 25,2, in Metz 18,1, in Amsterdam 23,8, in Brüssel 24,7, in Budapest 28,7, in Christiania 30,7, in Dublin 20,0, in Edinburg 22,0, in Glasgow 28,3, in Kopenhagen 24,5, in Krakau 30,8, in Liverpool 31,4, in London 25,5, in Lyon 21,2, in Odessa 20,2, in Paris 23,7, in St. Petersburg 30,9, in Prag 32,4, in Rom 26,0, in Stockholm 19,2, in Triest 23,9, in Turin (April) 30,6, in Venedig —, in Warschau 21,0, in Wien 27,9. (Für die außerdeutschen Städte ist der Zeitraum von vier Wochen, vom 3. bis einschließlich 30. Mai zusammengefaßt worden.)
Der Gesundheitsstand im Monat Mai war in der überwiegenden Mehrzahl der größeren Städte Europas ein günstiger, doch etwas weniger günstig als im April. Die Zahl der deutschen Orte mit sehr geringer Sterblichkeit (bis 15,0 pro Mille und Jahr) hat etwas abgenommen und sank auf 4 von 7 des Vormonats. Die Zahl der Städte mit günstiger Sterblichkeit (bis 20,0 pro Mille und Jahr) war fast die gleiche wie im Vormonat (65 gegen 6¼), und wollen wir von diesen hier nur Aachen, Allenstein, Barmen, Berlin, Rixdorf bei Berlin, Bromberg, ECelle, Elberfeld, Essen, Gleiwitz, Gnesen, Görlitz, Guben, Han⸗ nover, Hildesheim, Inowrazlaw, assel, Kattowitz, Koblenz, Krefeld, Kreuznach, Küstrin, Minden, Mühlhausen i./Th., Naumburg, Paderborn, Stolp, Stralsund, Thorn, Wandsbeck, Wesel, Wilhelmshaven, Hof, Eßlingen, Konstanz, Mann⸗ heim, Rostock, Schwerin i. M., Gotha, Coburg, Bremen, Colmar, Metz und von außerdeutschen Städten Stockholm erwähnen. Auch war in 56 Städten (der gleichgroßen Zahl wie in dem Vormonat) die Sterblichkeit eine mäßig hohe (bis 23,0 pro Mille und Jahr), aus welcher Zahl wir hier nur Aschersleben, Schöneberg (bei Berlin), Bielefeld, Bochum, Charlottenburg, Danzig, Dortmund, Erfurt, Flensburg, Frankfurt a. M., Gelsenkirchen, M.⸗Gladbach, Halber⸗ stadt, Halle, Königsberg i. Pr., Königshütte, Magdeburg, Merse⸗ burg, Münster i. W, Nordhausen, Posen, Potsdam, Ratibor, Solingen, Trier, Wiesbaden, Fürth, Bautzen, Dresden, Leipzig, Cannstatt, Heilbronn, Stuttgart, Ulm, Karlsruhe, Darmstadt, Mainz, Offenbach, Eisenach, Oldenburg, Braunschweig, Bernburg, Lübeck, Mülhausen i. E., und von außerdeutschen Städten: Dublin, Edin⸗ burg, Lyon, Stockholm, Odessa, Warschau nennen wollen. Eine hohe Sterblichkeit (über 35,0 pr. M.) melden von deutschen Orten 7, und zwar: Langenbielau, Linden bei Hannover, Tilsit, Erlangen, Ingol⸗ stadt, Meerane, Werdau; im Vormonat meldete nur eine deutsche Stadt eine so hohe Sterblichkeit.
Die Betheiligung des Säuglingsalters an der Ge⸗ sammtsterblichkeit war im Allgemeinen eine etwas größere als im April. Von je 10 000 Lebenden starben, aufs Jahr berechnet, in Stuttgart 51, in Berlin 60, in Hamburg 70, in Dresden 73, in München 114 Säuglinge; und zvar traten akute Darmkrank⸗ heiten in zahlreichen Orten, wie in Berlin, Breslau, Danzig, Elbing, Köln, Magdeburg, Zeitz, München, Augsburg, Nürnberg, Dresden, Leipzig, Gera, Mülhausen i. E., Straßburg, Amsterdam, Budapest, Paris, St. Petersburg, Warschau, Wien u. a. zahlreicher zu Tage und endeten häufiger tödtlich, nur in Königsberg und Ham⸗ burg hat unter den deutschen Städten die Zahl der Opfer an diesen Krankheitsformen etwas abgenommen. Dagegen haben akute Ent⸗ zündungen der Athmungsorgane in den deutschen Städten vielfach eine Verminderung erfahren und weniger Todesfälle hervorgerufen, wie in Barmen, Breslau, Essen, Hannover, München, Augsburg, Würzburg, Chemnitz, Stuttgart, Mann⸗ heim, Bremen, Mülhausen i./ E. und Straßburg i/E.; in Aachen, Altona, Berlin, Dortmund, Elberfeld, Kiel, Köln, Posen, Stettin, Dresden, Leipzig, Braunschweig, Hamburg veranlaßten sie dagegen eine größere Zahl von Sterbefällen, als im April. In London, Christiania, Kopenhagen war die Zahl der Todesfälle an diesen Krankheitsformen eine bedeutend gegen den Vor⸗ monat gesteigerte, in Wien und Paris eine verminderte. — Auch Todesfälle an Lungenschwindsucht wurden im Allgemeinen weniger als im April mitgetheilt. 8
Von den Infektionskrankheiten wurden Sterbefälle an Masern, Scharlach und Genickstarre häufiger, an Diph⸗ therie, Unterleibstyphus, Keuchhusten und Pocken seltener zur Meldung gebracht. — Masern haben in Breslau, Frankfurt a. O., Kiel, Magdeburg, Potsdam, München, Amster⸗ dam, Edinburg. St. Petersburg, Wien und im April in Rom, New⸗York, Chicago, Bombay mehr, dagegen in Glasgow, Liverpool, London, Paris, Basel (im April) weniger, in St. Petersburg fast die gleiche Zahl von Sterbefällen veranlaßt wie im Vormonat. Auch Er⸗ krankungen an Masern waren in Breslau, Frankfurt a. O., Wien,
Budapest, Edinburg, Kopenhagen, St. Petersburg und in den Regie rungsbezirken Arnsberg, Düsseldorf, Posen, Stade, Schleswig, Stettin u a zahlreicher. — Das Scharlachfieber hat in Breslau, Landshut i. Bav., Prag, Glasgow und im April in Moskau, New⸗ Vork. Brooklyn, Chicago mehr, in Chemnitz, London, Paris und St. Petersburg weniger Sterbefälle veranlaßt als im Vormonat. Die Sterblichkeit an Diphtherie und Croup war in Frank⸗ furt a. M. Lüdenscheid, Magdeburg, Stuttgart, Amsterdam, Christiania, Kopenhagen, Krakau, London, Paris, St. Peters⸗ burg, Wien eine kleinere als im April; in Berlin, Hannover, Linden b. Hannover, Remscheid blieb sie die un⸗ veränderte, in Breslau, Geestemünde, Kiel. Stettin, München, Dresden, Leipzig, Bremen, Hamburg, Budapest, Stockholm, Warschau und im April: in Rom, Moskau, Zürich, New⸗York, Brooklyn, Chicago und San Franzisko eine größere als im Vormonat. — Er⸗ krankungen und Todesfälle an Unterleibstyphus blieben auch im Mai selten. In Altona, Königsberg, Paris, London, Warschau, Wien, Budapest und (im April) in Moskau, blieb ihr Vorkommen ein beschränktes; nur in St. Petersburg und (im Avpril) in Chicago, war die Zahl der Sterbefälle eine etwas gesteigerte. An Fleck⸗ typhus kamen aus Odessa und Warschau⸗ vereinzelte, aus St. Petersburg und Moskau (April) mehrfache Todes⸗ fälle, aus den Regierungsbezirken Marienwerder und Posen einige, aus St. Petersburg mehrfache Erkrankungen zur An⸗ zeig. An Rückfallfieber würden aus St. Petersburg 16 Todesfälle und 110 Erkrankungen mitgetheilt. An Genick⸗ starre wurden aus Metz (1), Kiel (2), Straßburg (3) und im April aus den größeren Städten Nord⸗Amerikas mehrfache Sterbefälle zur Kenntniß gebracht. — Dem Keuchhusten erlagen in Beclin, Man⸗ chester und (im Apreil) in New⸗York mehr. dagegen in Amsterdam, Glasgow, Liverpool, Paris, London weniger Kinder als im Vor⸗ monat, auch in Hamburg, Kovenhagen, Wien waren Erkrankungen an Keuchbusten nicht selten. Sterbefälle an Tollwuth kamen aus Bukarest 1, aus Moskau (April) 2, aus Rio de Janeiro (Februar) 1 zum Bericht. In London und Kopenhagen herrschte die Influenza epidemisch und verlief in ersterer Stadt in 1043, in letzterer in 21 Fällen tödtlich. In Christiania hat die Epidemie im Laufe des Monats bedeutend abgenommen; im April forderte die Epidemie in Baltimore, Cincinnati und Chicago wohl noch eine größere Zahl von Opfern, befand sich aber im entschiedenen Rückgange. An Pocken kamen vereinzelte Todesfälle aus Berlin, Neuß, Ratibor, Schweidnitz, Amsterdam, London, Paris, Lemberg, New⸗York (April) zur Meldung; mehrfache aus Lyon und Alexandrien (März) je 2, aus Warschau 3, aus Moskau (April) 4, aus St. Petersburg und Cherson je 8, aus Prag 9, aus Brüssel 22, aus Bombay (April) 26, aus Wien 47, aus Lissabon (März) 34, aus Rio de Janeiro (Februar) 37, aus Marseille (Dezember) 84. Vereinzelte Erkrankungen kamen aus Berlin, Budapest, Breslau und den Regierungsbezirken Trier und Düsseldorf zur Anzeige. In größerer Zahl zeigten sich die Pocken⸗ Erkrankungen in St. Petersburg und Wien. In Rio de Janeiro erlagen dem gelben Fieber im Avpril 909 Personen.
andel und Gewerbe.
v“ “ Tägliche Wagengestellung für Kobhlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 10. d. M. gestellt 10.486, nicht recht⸗ zeitig gestellt keine Wagen. In Oberschlesien sind am 9. d. M. gestellt 3940, nickt rechtzeitig gestellt keine Wagen.
Söubhastations⸗Resultate. Beim Königlichen Amtsgericht I. Berlin stand das nachverzeichnete Grundstück zur Versteigerung: Grundstück in der Graefestraße 35, dem Zimmermeister Hermann Fitzner gehörig. Das geringste Gebot wurde auf 198 000 ℳ festgesetzt Für das Meistgebot von 216 000 ℳ wurde der Fabrikant Reinh. Mohr, Graefestraße 31, Ersteher.
Beim Königlichen Amtsgericht II Berlin standen die nachverzeichneten Grundstücke zur Versteigerung: Grundbuch von Hohen⸗Schönhausen Band 7 Nr. 218, zu Hohen⸗Schönhausen belegen, dem Gärtner R. Lehne gehörig. Das geringste Gebot wurde auf 120 ℳ festgesetzt. Für das Meistgebot von 18 150 ℳ wurde der Kaufmann Th. Gulich zu Berlin, Landsberger Allee 151, Ersteher. — Grundbuch von Reinickendorf, Band 36 Nr. 1113, zu Reinickendorf belegen, dem Kaufmann Alfred Guercke zu Berlin gehörig. Das geringste Gebot wurde auf 130 ℳ festgesetzt. Er⸗ steher wurde der Fabrikant F. O. Rauch zu Berlin, Andreasstraße 40, für das Meistgebot von 4130 ℳ
Berlin, 10. Juli. (Amtliche Preisfeststellung für Butter, Käse und Schmalz.) Butter: Hof⸗ und Genossen⸗ schaftsbutter Ia. 90 —- 92 ℳ, IIa 87 — 89 ℳ, IIIa. —, do. abfallende 78 — 83 ℳ, Land⸗, Preußische 70 — 72 ℳ, Netzbrücher 68 —- 70 ℳ, Pommersche 68 —- 70 ℳ, Polnische 70 — 72 ℳ, Baver. Sennbutter — ℳ, do. Landbutter — ℳ. Schlesische 68 — 72 ℳ, Galizische 65 — 68 ℳ — Margarine 40 — 70 ℳ — Käse: Schweizer, Emmenthaler 93 — 98 ℳ, Bavyerischer 75 — 78 ℳ, do. Ost⸗ und Westpreußischer Ia. 72 — 78 ℳ, do. IIa 60 — 65 ℳ, Holländer 85 — 90 ℳ, Limburger 38 — 44 ℳ, Quadratmagerkäse Ia. 18 — 22 ℳ, do IIa. 14 — 16. ℳ% — Schmalz: Prima Western 17 % Ta. 39,50 ℳ, reines, in Deutschland raffinirt 42,50 — 44,50 ℳ, Berliner Braten⸗ schmalz 44,50 — 48,50 ℳ — Fett, in Amerika raffinirt 37,50 ℳ, in Deutschland raffinirt 39,00 — 4100 ℳ — Tendenz: Butter: Stimmung und Preise haben sich ferner befestigt. Schmalz: ruhig.
Leipzig, 10. Juli. (W. T. B.) Kammzug⸗Termin⸗ handel. La Plata. Grundm ister B. per Juli 4,32 ½ ℳ, per August 4,35 ℳ, per September 4,37 ½ ℳ, per Oktober 4,40 ℳ, per No⸗ vember 4,40 ℳ, per Dezember 4,40 ℳ, per Januar 4,37 ½ ℳ, per Februar 4,37 ½ ℳ Umsatz 25 000 kg. Kaum behauptet. 8
Wien, 10. Juli. (W. T. B.) Die Gesammteinnahmen der Orientbahnen betrugen in der Woche vom 11. bis 17. Juni cr. 159 084,82 Fr., vom 1. Januar bis 10. Juni cr. 4 556 573,38 Fr., zusammen seit Beginn des Betriebsjahres 4 715 658,20 Fr.
London, 10. Juli. (W. T. B.) An der Küste 3 Weizen⸗ ladungen angeboten. G
Manchester, 10. Juli. (W. T. B.) 12r Water Taylor 5 ⅞⅜, 30r Water Taylor 8 ½, 20r Water Leigh 7 v⅞, 30r Water Clayton 7 ⅛, 32r Mock Brooke 7 ½, 40r Mavoll 8 ⅛, 40er Medio Wilkinson 9 ¼, 32r Warpcops Lees 7 ¼, 36r Warpcops Rowland 7 ½⅞, 40r Double Weston —, 60r Double Courante Qualität —, 32“ 116 vards 16 %✕ 16 grey Printers aus 32r/46r 160. Ruhig.
Glasgow, 10. Juli. (W. T. B.) Die Vorräthe von Roheisen in den “ sich auf 510 958 Tons, gegen 702 626 Tons im vorigen Jahre. 4 1“
Die Zahl der im G befindlichen Hochöfen beträgt 71
egen 80 im vorigen Jahre.
8 Lissabon, ro Juli. (W. T. B) Nach amtlicher Verlaut⸗ barung wird der durch Dekret vom 10. Mai d. J. festgesetzte Um⸗ lauf der Billets der Bank von Portugal bis zur Um⸗ gestaltung des Münzsystems aufrecht erhalten. Die Bank wird jedoch im Einvernehmen mit der Regierung ihre Billets nach Maßgabe der Ergänzung ihrer Metallbestände konvertiren können. Die Bank von Portugal wird gegen Metall oder gegen ihre Billets alle Billets der übrigen Emissionsbanken umtauschen, denen ein Kredit von 2000 Contos Reis eröffnet ist.
New⸗York, 10. Jali. (W. T. B.) Baumwollen⸗ Wochenbericht. Zufuhren in allen Unionshäfen 9000 Ballen, Ausfuhr nach Großbritannien 15 000 Ballen, Ausfuhr nach dem Kontinent 8000 Ba Vorrath 262 000 Ball “