Die Immatrikulation für das Winter⸗Semester beginnt am 8 Oktober 1891. — Programme sind durch das Sekretariat zu er⸗ alten. Berlin, den 25. Juli 1891. Der Rektor . öniglichen S ena Hochschule. 2 ny. 8
Königliche Technische Hochschule zu Aachen.
Im Winter⸗Semester 1891/92 beginnen die Immatrikulatio am 1. Oktober, die Vorlesungen am 12. Oktober. Programme übersendet auf Ersuchen das Sekretariat.
Entscheidungen des Reichsgerichts.
8 Eine durch Nothwehr im Sinne des §. 53 Abs. 2 des Straf⸗ gesetzbuchs („Nothwehr ist diejenige Vertheidigung, welche erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem Anderen abzuwenden“) gebotene Handlung zieht nach einem Urtheil des Reichsgerichts, VI. Civilsenats, vom 14. Mai 1891, ebensowenig die Entschädigungspflicht wie die Bestrafung des Handelnden nach sich, und die Feststellung der Nothwehr rechtfertigt deshalb regel⸗
äßig die Anwendung des §. 78 Einl und des §. 36, I 6 des Preuß. Allg. L.⸗R., wonach bei entschuldbarer Selbsthülfe der Schaden, welcher einem Anderen daraus entstanden ist, vom Thäter nicht er⸗ setzt werden darf.
— Die Bestrafung wegen einfachen Bankerutts wird bei einem insolventen Schuldner, welcher durch Differenzgeschäfte übermäßige Summen schuldig geworden ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, II. Strafsenats, vom 22. Mai 1891, dadurch nicht ausgeschlossen, daß diese Differenzschulden nicht einklagbar sind.
Statistik und Volkswirthschaft.
Ueber die wirthschaftliche Lage des Jahres 1890 liegen abermals Urtheile von einer Reihe von Handelskammern vor. Diejenige von Iserlohn erklärt, daß die dortige Industrie zwar im Ganzen regelmäßige Beschäftigung hatte, daß aber die Ergebnisse bei Weitem weniger günstig waren als im Vorjahr. „Gegenüber den theuren Kohlen⸗ und Materialpreisen gelang es nicht, für die fertigen Waaren entsprechende Preise zu erlangen. Nur in der Maschinenfabrikation, wo für Dampfmaschinen und Arbeits⸗Hülfsmaschinen lebhafte Nachfrage war, in der Nadel⸗ industrie in Folge günstiger Konjunkturen des ostasiatischen Marktes und in einzelnen Zweigen der Metallwaarenfabrikation, wo besondere Verhältnisse einwirkten, war das Geschäft befriedigend zu nennen, während die Fabrikation von Messingblechen, Messing⸗ und Bronzewaaren, Reit⸗ und Fahrgeschirr⸗Effekten, Fagondrähten und Drahtgeweben, Ketten, Drahtstiften wohl genügenden Absatz, aber keine lohnenden Preise erzielte. Die Papierindustrie, insbesondere die Fabrikation von Strobpappen, litt ebenfalls unter niedrigen Preisen.“ Als Hauptursache des lähmenden Drucks wurden übereinstimmend mit anderen Bezirken die Höhe der Kohlenpreise, sowie die erhöhten Lohn⸗ forderungen und Arbeitseinstellungen bezeichnet.
Auch die Handelskammer von Bielefeld kann in ihrem Bericht das Ergebniß der wirthschaftlichen Thätigkeit im verflossenen Jahre als ein besonders günstiges nicht bezeichnen. Wenn auch der Absatz im Großen und Ganzen sich auf einer normalen Höhe erhalten haben mag, so sei doch hinsichtlich des Geschäftsgewinnes entschieden ein Rückschlag eingetreten. Fast überall klage man, daß die Unkosten der Produktion gestiegen sind, während für das Fabrikat ein höherer Erlös nicht zu erzielen war.
Die Handelskammer zu Neuß schreibt in ihrem Jahresbericht:
„Das verflossene Geschäftsjahr war zwar meistens befriedigend, doch haben mehrere Industriezweige eher ein ungünstiges als ein zu⸗ friedenstellendes Resultat aufzuweisen. Namentlich ließ die Nachfrage häufig zu wünschen übrig, sodaß der Geschäftsgang sich stellenweise schleppend gestaltete.“
Die Handelskammer zu Wesel bezeichnet die Geschäftslage im Jahre 1890 als wenig günstig. Weiter aber sagt sie: „Rühmend wollen wir aber hier hervorheben, daß die guten Beziehungen zu aus⸗ wärtigen Höfen, welche Seine Majestät der Kaiser so sichtlich pflegt, ein Gefühl der Sicherheit gegen Kriegsgefahr erzeugen, welches Handel und Wandel augenscheinlich begünstigt. Die Industriellen unseres Bezirks begleiten auch mit regstem Interesse die Bestrebungen Seiner Majestät, die Lage des Arbeiterstandes zu verbessern, soweit es die Wettbewerbsfähigkeit unserer Industrie im Verkehr mit anderen Völkern zuläßt.“
Fürsorge für Arbeiter.
In Bocholt ist von Fabrikanten ein Arbeiterinnen⸗Hospiz ein⸗ gerichtet worden. Ferner ist dort eine Baugenossenschaft zur Her⸗ stellung billiger Arbeiterwohnungen errichtet worden. Weiter sind dort zur Errichtung eines Vereinshauses für jugendliche Arbeiter, welches sich als ein immer dringenderes Bedürfniß heraus⸗ stellt Einleitungen getroffen; der Bau dürfte bald ins Werk gesetzt werden. “
Zur Arbeiterbewegung.. 1“
In der Generalversammlung des rheinisch⸗westfäli⸗ schen Bergarbeiterverbandes „Glückauf“, des so⸗
enannten neuen Verbandes, wurden in einer Resolution olgende Forderungen aufgestellt: 1 “
1) Einführung des Befähigungsnachweises; stufenweise Ausbildung der Beraarbeiter und Beförderung in eine höhere Arbeits⸗ klasse durch das hierfür eingesetzte Kollegium. 2) Bezahlung der Arbeitsleistung entweder nach Gewicht oder bestimmtes Maß, dergestalt, daß den Werksverwaltungen die hierzu nöthigen Einrichtungen zur gesetzlichen Pflicht gemacht werden. 3) Ein⸗ führung von Grubenausschüssen, welche unter Leitung der Bergbehörde von der jeweiligen Belegschaft gewählt und von der ersteren vereidigt werden. Diesen Ansschüssen folgende Funktionen zu übertragen: Vertretung der Belegschaft der Werks⸗ verwaltung gegenüber, Regelung von Lohnstreitigkeiten bei Festsetzung des Gedinges oder Akkords, Ueberwachung der bergpolizeilichen Vor⸗ schriften. 4) Einführung von Lohn⸗ oder Akkordbüchern, welche den Ortsältesten oder Kameradschaftsführern einzuhändigen und worin der vereinbarte Lohn oder Gedinggesetz mit rechtsverbindlicher Kraft ein⸗ zutragen ist. 5) Den Werksverwaltungen die in sanitärer Hinsicht nothwendigen Einrichtungen, als Kauen, Aufenthaltsplätze ꝛc. zur gesetzlichen Pflicht zu machen. 6) Anstellung und Entlassung der Werksbeamten vom Steiger bis zum Betriebsführer aufwärts durch die Bergbehörde. 7) Beibehaltung des Werksbesitzer⸗ beitrages zu den Knappschaften, sowie Zwangsbeitritt aller auf Bergwerken beschäftigten Arbeiter, Regelung der Besetzung der Vorstände und Generalversammlungen, sowie der Abstimmungen nach Maßgabe der zu zahlenden Beiträge. 8) Einführung der achtstündigen Schicht einschließlich der Ein⸗ und Ausfahrt.
Die Generalversammlung beauftragte ihren Central⸗Vor⸗ stand gleichzeitig, bei Gelegenheit der in Aussicht stehenden Umänderung des Berggesetzes bei dem Herrn Minister sowie bei dem Landtage wegen der Verwirklichung der Forderungen vorstellig zu werden.
In Düsseldorf haben, wie der „Vorwärts“ berichtet, die Bötrcher der Faßbinderei von Th. Hübner die Arbeit eingestellt.
In Leipzig steht der „Leipz. Ztg.“ zufolge ein Ausstand der Töpfer in naher Aussicht. Am Sonnabend fand eine Versamm⸗ lung statt, in welcher die Tarifkommission mittheilte, daß die ein⸗
geleiteten Verhandlungen zu einer Verständigung nicht geführt, da die Arbeitgeber jedes Zugeständniß zurückgewiesen hätten. Die Tarifkommission rieth nunmehr zu schärferem Vorgehen. Der Arbeitsmangel, der in den verflossenen Monaten den Widerstand der Gehülfen gehemmt hätte, bestände nicht mehr. Nicht nur in Leipziga, sondern überall wäre in Folge des flotten Geschäftsganges Mangel an Arbeitskräften eingetreten, sodaß für den Fall einer Arbeitseinstellung hier nicht nur kein fremder Zuzug zu befürchten stände, sondern auch die strikenden Gehülfen sofort anderwärts Arbeit erhalten würden. Die Kommission rieth daher, eine Resolution anzunehmen, nach der der neue Tarif der Arbeitgeber für ungültig und der Tarif von 1888 für gültig erklärt wird und bei jedem Arbeitgeber sofort (am 3. August) die Arbeit eingestellt werden foll, wenn er sich nicht unterschriftlich zur Anerkennung und Bezablung dieses Tarifs bis zum 1. August 1892 verpflichtet. Der anwesende Vorsitzende des Centralausschusses der deutschen Töpfer in Halle erkannte den Strike als berechtigt an und sagte die Unterstützung des Ausschusses zu. Die Resolution wurde schließlich gegen vier Stimmen angenommen. Die den ausständigen Gehülfen zu gewährende Unterstützung wurde auf zwei Drittel des durchschnittlich 4 ℳ betragenden Wochenlohnes festgesetzt. Die Versammlung mußte, weil sie zuletzt einen ziemlich wüsten Charakter annahm, vom Vorsitzenden noch vor Erledigung der Tagesordnung geschlossen werden
In Pforzheim hielt der Verband der deutschen Gold⸗ und Silberarbeiter und verwandten Berufsgenossen in der Zeit vom 27. bis 29. Juli seinen ersten Verbandstag ab. Die Präsenzliste ergab nach dem Bericht des „Vorwärts“ die Anwesenheit von 14 De⸗ legirten, welche zusammen 2200 Mitglieder vertreten, die sich auf folgende Städte vertheilen: Augsburg, Berlin, Braunschweig, Bremen, Breslau, Köln, Düsseldorf, Eßlingen, Frankfurt a. M, Groß⸗Auheim, Halle, Hamburg, Hanau, Heilbronn, Hannover, Itzehoe, Kiel, Mainz, Magdeburg, München, Nürnberg, Pforzheim, Schwabach, Schwäb. Gmünd, Kl. Steinheim, Stuttgart. Den ersten Punkt der Tages⸗ ordnung bildet ein Antrag auf Anschluß an die Metallarbeiter⸗Union. Dieser Antrag wurde abgelehnt, dagegen folgende Resolution einstimmig angenommen: Der Verbandstag deutscher Gold⸗ und Silberarbeiter ꝛc. steht der Frage, betreffend Centralisation sämmtlicher Metallarbeiter durchaus sympathisch gegenüber, hält jedoch den Zeit⸗ punkt für die Goldarbeiter u. s. w. noch nicht gekommen, um sie ver⸗ wirklichen zu können. Er hält als nächstes Ziel die Vereinigung der Graveure, Ciseleure u. s. w. mit den Goldarbeitern im Auge. Es folgt alsdann die Statutenberathung. Als Sitz des Verbandes wurde Hamburg gewählt, als Vorsitzender W. Balk wiedergewählt. Ferner wurde eine Preßkommission und eine Agitationskommission eingesetzt. Sodann beauftragte man den Vorstand, den im Frühjahr stattfindenden Kongreß der Graveure, Ciseleure u. s. w. zu beschicken.
In Paris befinden sich seit einigen Tagen etwa 800 Erd⸗ arbeiter, die bei den Kanalbauten in Saint⸗Denis be⸗ schäftigt sind, im Ausstande; sie verlangen eine Lohnerhöhung von 40 und 50 Centimes für die Stunde auf 60 und 75. In einer Ver⸗ sammlung die am 1. August in der Arbeitsbörse statt⸗ fand, wurde der „Magdb. Ztg.“ zufolge beschlossen. die Bauplätze aufzusuchen und die Kameraden an der Arbeit zu verhindern. Die „Köln. Ztg.“ berichtet von einer Versammlung, die am Sonntag gleichfalls in der Arbeiterbörse stattfand Nach dieser Meldung wurde die Fortsetzung des Ausstandes beschlossen. Die Ausständigen erklärten aber, jede Ausschreitung vermeiden und die Politik nicht in den Ausstand eindringen lassen zu wollen, wie es im Jahre 1888 der Fall gewesen ist.
Aus Mailand berichtet ein Wolff'sches Telegramm weiter über den nationalen Arbeiterkongreß, daß am Sonntag noch eine Tagesordnung angenommen wurde, welche sich zu Gunsten einer Arbeiterschutz⸗Gesetzgebung und für eine Vereinigung der arbeitenden Klassen ausspricht, ferner die Aufhebung der Artikel des Strafgesetzes verlangt, welche Arbeitsausstände vom gemeinen Rechte ausschließen. Arbeiter Croce und Advokat Turati wurden zu Delegirten für den Brüsseler Kongreß ernannt.
Nach Mittheilung des Statistischen Amts der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 19. Juli bis inkl. 25. Juli cr. zur Anmeldung gekommen: 232 Ehe⸗ schließungen, 1024 Lebendgeborene, 37 Todtgeborene, 660 Sterbefälle.
Kunst und Wissenschaft. Internationale Kunstausstellung in Berlin ““ ’ “ 8 England.
L. K. — Wenn man nach länzgerer Pause mit frischer Aufnahmefähigkeit die Säle der Ausstellung wieder durch⸗ schreitet, ordnen sich die Eindrücke vielfach zu neuen Bildern; Erscheinungen, die bisher der Aufmerksamkeit entgangen, drängen sich uns auf, andere, denen man Anfangs größere Bedeutung zugemessen, treten mehr und mehr zurück. Als Gesammteindruck aber bleibt im Wesentlichen bestehen, daß fast überall das gleiche Streben nach Anpassung der malerischen Mittel an eine unmittelbar treue Wiedergabe des Geschauten sich geltend macht. Fast jede Schule bietet Anlaß zu technischen Erörterungen, viele Schulen vermögen über diese technische Seite hinaus überhaupt nicht zu interessiren. Nur Englands Künstlerschaar behauptet in dieser wichtigen Be⸗ wegung einen Sonderstandpunkt, ruhig die Errungenschaften der Mitstrebenden abwägend, theilweise auch ignorirend. Es scheint, als habe die Abgeschlossenheit des Inselstaates selbst für die bewegliche Kunst ihre Folgen gehabt. Ohne daß man von einem eigensinnigen Abweisen neuer malerischer Rich⸗ tungen sprechen könnte, ist der konservative Charakter eng⸗ lischer Kunst doch deutlich erkennbar. Ihre Stärke liegt nach wie vor im Porträt. Seit Holbein am Hofe Heinrich's VIII. seine unübertroffenen Bildnisse der Königlichen Familie und des eng⸗ lischen Adels schuf, hat sich die Porträtkunst hier einer un⸗ unterbrochenen, stets gesteigerten Gunst erfreut; van Dyck's und seines Schülers Lely Thätigkeit in London fand in den Bildnissen Sir Josuah Reynold's ihre Fortsetzung, und unsere diesjährige Ausstellung giebt den deutlichsten Beweis, daß die gleichen Ideale auf englischem Boden nach wie vor im Vorder⸗ grund künstlerischer Interessen stehen. Die Wiedergabe aristo⸗ kratischer Vornehmheit im Bildniß ist das Hauptziel dieser Kunst. Freilich ist auch im neunzehnten Jahrhundert England noch hie und da auf künstlerische Anleihen angewiesen, und mit gerechtem Stolz dürfen wir einen der bedeutendsten Bildnißmaler Londons, Hubert Herkomer, seiner Abstammung nach zu den unseren zählen. Eins seiner Bilder, welche er zur dies⸗ jährigen Ausstellung gesandt hat, zeigt uns die energischen Züge seines Vaters, eines schlichten Holzschnitzers aus Schwaben, der allerdings selbst schon in England und Amerika längere Zeit gelebt, aber doch die deutsche Herkunft niemals verleugnet hat. Einen anderen Deutschen noch erblicken wir von Herkomer's
and porträtirt auf unserer Ausstellung, den Kommerzien⸗Rath
echstein, den Leiter der weltberühmten Pianofortefabrik zu Berlin. Auch in diesem Porträt überrascht die Energie des Ausdrucks, die sich in dem geradeaus gerichteten Blick des Auges fast bis zur Starrheit steigert. Weitaus weicher sind die Züge des feinsinnigen Londoner Kunstkritikers John Ruskin, die Herkomer in Aquarell wiedergegeben hat. Die „Dame in Schwarz“ wirkt etwas zu absichtlich als Gegenstück zu der seiner Zeit berechtigtes Aufsehen erregenden Miß Grant, mit der sie einen Vergleich durchaus nicht aushalten kann;
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überdies beeinträchtigt die Verglasung des Bildes wesentlich seine Wirkung, da die Feinheiten der Farbengebung und Modellirung hinter dem Glase fast ganz verloren gehen. Seine zweite Heimath, das Kirchdorf Bushey in der Grafschaft Hertfordshire, unweit London, das sich seit Her⸗ komer's Uebersiedelung zu einer kleinen Künstlerkolonie und zum Wallfahrtsort aller kunstsinnigen Besucher Londons herausgebildet hat, verherrlicht Herkomer in einem Land⸗ schaftsbild von außerordentlicher Leuchtkraft der Farben. Es liegt eine anheimelnde Vesperstimmung über dem Kirchplatz mit seiner mächtigen Linde, in deren Zweigen die Abendsonne spielt. Auch die Staffage, von der Arbeit heimkehrende Dorf⸗ bewohner, vor der Hütte von den Ihrigen erwartet, paßt sich dieser fast feierlichen Stimmung an.
Doch kehren wir wieder zu unseren Porträtmalern zurück. Neben dem scharf durchdringenden Blick und der vor⸗ nehmen Zurückhaltung des Mannes, die namentlich in Shannon's Porträt des Hrn. Henry Vigne, in Frank Holl's sitzendem Samuel Cousins, und in den beiden vorzüg⸗ lichen Porträts von Ouleß, dem Kardinal Manning und dem Maler Cooper, scharf beobachtet und wieder⸗ gegeben sind, ist es die Anmuth und Sitte der englischen Frauen, die die Porträtmaler vor Allem zur Wiedergabe reizt. Ouleß’' Meister John Ewerett Millais, der anfänglich völlig in den Bahnen der Prä⸗ raphaeliten wandelte, hat in seiner „letzten Rose des Sommers“ wohl die stimmungsvollste Verherrlichung keuscher Jungfräu⸗ lichkeit geschaffen. Ohne kokette Absichtlichkeit ist hier im Motiv sowohl — eine jugendliche Dame, welche durch eine duftige Landschaft schreitend gesenkten Blickes eine Rose zer⸗ pflückt — wie in dem Ausdruck des durchaus individuellen Kopfes der Gefühlsinhalt jenes empfindsamen Liedes erschöpft. Die Neigung, im Porträt, namentlich im weiblichen, einen be⸗ stimmten sentimentalen Stimmungsgehalt festzuhalten, verrathen auch andere englische Bildnißmaler, so Richmond, dessen Vicomtesse Hood etwas von der theatralischen Pose einer Queen Elisabeth an sich hat, während der unschuldsvolle Blick aus den Augen der Miß Burne Jones wiederum lyrisch gestimmt ist. Richmond's bestes Porträt ist das des Bischofs von Durham, dessen aus dem vorgebeugten Kopf hervorschießender durchdringen⸗ der Blick den Beschauer auf Herz und Nieren prüfen zu wollen scheint, während um die schmalen Lippen halb spöttisches halb wohlwollendes Lächeln des ergrauten Menschenkenners spielt Der Vergleich dieses protestantischen Bischofs in seinen schlichten schwarzen Talar mit dem in vollem Ornat prangen den römischen Kirchenfürsten, den Ouleß porträtir hat, ist in mehr als einer Beziehung von großem Interesse. Man kommt vor den englischen Porträts überhaup öfter als vor anderen in die Versuchung, sich persönlich mi den Dargestellten auseinanderzusetzen, während das Interesse an der rein malerischen Leistung in den Hintergrund tritt. Und doch ist der Brite in seinem Wesen verschlossener, in seiner Haltung ruhiger, als die Angehörigen irgend eine anderes Stammes. Gerade diese fast statuarische Gemessenhei der Haltung kommt aber dem Porträtmaler zu Hülfe, inden sie die Aufmerksamkeit des Beschauers unwillkürlich auf da Auge, den Sitz seelischen Ausdrucks, hinlenkt. Und darin sind unsere Künstler Meister, das zwischen der schmalen Lid⸗ spalte des Auges hervordringende Leben in all seinen ver schiedenen Abstufungen zu schildern.
Neben der Bildnißmalerei, unter deren Proben noch di Leistungen John Collier's und einer dem Namen nach deutschen Dame Natalie Ichenhauser zu erwähne wären, ist die Historienmalerei akademischen Stiles besonders hervorragend vertreten. Es bedarf nur der Nennung der Namen Leighton und Alma Tadema, um dieses Urthei zu erhärten.
Die Selbständigkeit englischer Phantasierichtung mach sich schon in der Stoffwahl geltend: keine der anderen Nationen hat soviel Darstellungen aus der antiken Welt auf⸗ zuweisen, wie England. Wir glauben uns in die Tage Feuerbach's zurückversetzt, wenn wir Leighton's „Sibylle“ in der an Michelangelo's Gestalten gemahnenden verschränkten Haltung betrachten. Die etwas manierirte Gewandbehandlung die den Stoff wie durchnäßt sich an die Formen des Körpers anschmiegen läßt, während die frei herabfallenden Theile des selben unvermittelt ein wirres Knäuel von Falten bilden, is von den englischen Meistern für antike Darstellungen schier zum Dogma erhoben. Auch in der von warmen Farben durchleuchteten „Idylle“ Leighton’s beeinträchtigt sie den naiv anmuthigen Eindruck der in einer heiteren Landschaft gelagertern weiblichen Gestalten. Freilich pulsirt in diesen Wesen imme noch wärmeres Leben als in den archäologisch starren Schöpfungen Alma Tadema's. Es ist etwas von der gelehrten Trockenheit der altpaduaner Schule Man⸗ tegna's in dieser Wiedergabe antiken Lebens. Die staunenswerthe Kenntniß antiquarischer Details ent schädigt nicht für den Mangel innerer Beyweglichkeit; sein „Besuch Hadrian's in einer römisch⸗britischen Töpferei“ gieb uns eine Reihe statuarisch posirter Gestalten in einer fas selbständige Bedeutung beanspruchenden antiken Umgebung Auch in das Kunstschaffen der Tochter Tadema's Mrs Anna Alma Tadema ist etwas von diesem glatten un
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kalten Geist ohne Seele übergegangen, was nicht gehindert hat,
der überaus sorgfältigen malerischen Behandlung ihres Selbst
bildnisses eine „Ehrende Anerkennung“ zu Theil werden zu lassen. Edward J. Poynter verräth in seinem auf den
Stufen eines antiken Tempels kauernden Knaben deutliches Streben, den Spuren Tadema's zu folgen. Freier bewegt sich in dem gleichen antiken Stoffkreise J. A. Brown in seiner Gründung Manchesters, der castra Mancuniensia, ein Bild, das leider an der oben schon geschilderten Manierirtheit in der Gewand⸗ behandlung krankt. Diese stört auch in der als Komposition
nicht ganz glücklich ausgeglichenen, aber in der Farbengebung
und Durchbildung der Köpfe ungemein fesselnden mythologi:
schen Scene von Richmond: Venus, dem Anchises in den Zweigen eines Kirschbaumes erscheinend. Unter den histori
schen Bildern verdienen noch John Pelties' „Verräther“, seiner technischen Vorzüge wegen, sowie einige Wasserfarben⸗ skizzen, namentlich J. Gilbert'’s Klerikerversammlung
Beachtung. Beide Bilder schildern indeß keine be⸗ stimmten historischen Vorgänge, sondern mehr als kostümirte Sittenbilder gelten. Sittenbild ist in der englischen Abtheilung nur mit einer allerdings hervorragenden Leistung vertreten: „Die Versteige⸗ rung“ von Stanhope A. Forbes schildert uns die Ver⸗ äußerung eines Nachlasses in der Wohnung des Verstorbenen mit außerordentlicher Beredsamkeit in dem Ausdruck der ver schiedenen um den Tisch des Auktionators vereinigten Gestalten: neben dem berufsmäßigen Trödler der feinsinnige K.
wollen viel⸗ Das moderne
sammler, im Hintergrunde die trauernden Angehörigen des ehemaligen Besitzers, welche sich offenbar durch die Noth zur Veräußerung dieser Verlassenschaft gezwungen sehen, durch die Fenster hereinblickend die neugierige Straßenjugend: Alles von überzeugender Lebendigkeit und in der Technik deutlich an die moderne Richtung der Frei⸗ lichtmalerei sich anlehnend. Die Jury hat diesem Bilde mit vollem Rechte die große Goldene Medaille zuerkannt. Den impressionistischen Anschauungen trägt auch Stone in einem sehr hübschen Genrebild aus der Directoirezeit bis zu einem gewissen Grade Rechnung: in einem Park hat sich unter den Auspizien Cupido's ein Paar zusammengefunden, dessen Unter⸗ haltung in Folge beiderseitiger Befangenheit ins Stocken ge⸗ rathen ist, ein überaus liebenswürdiges Motiv, das unter den fast durchgehends ernsten Schöpfungen englischer Ein⸗ bildungskraft fast wie ein Fremdling anmuthet. Der derbe Humor Altenglands scheint den modernen Künstlern völlig abhanden gekommen; wenigstens zeigt unsere Ausstellung keine bemerkenswerthen Proben desselben.
Der nüchterne Sinn schlägt oft in Wunderlichkeit um, wenn er sich auf das Gebiet allegorischer Darstellung begiebt. Es fehlt der englischen Phantasie offenbar an Beweglichkeit für solche Aufgaben. So ist C. F. Watts, der in einem Porträt durchaus sich von seiner vortheilhaftesten Seite zeigt, die Darstellung des „Christenthums“ durchaus mißlungen. Zu derb in den Formen, unverständlich in dem Motiv, wirkt diese Halbsigur eines Mannes, unter dessen Mantel sich Kindergestalten bergen, wie ein in unbeholfener Sprache aus⸗ gedrückter Gedanke, unklar und befremdend. Hubert Vos will mit den aus dem Nebel hervorlugenden drei Seemanns⸗ köpfen, die er „Homerulers“ nennt, wohl die Nebelhaftigkeit der Pläne dieser irischen Partei andeuten. Wie gern genösse man den Eindruck der prächtigen Köpfe ohne den absonder⸗ lichen Einfall! Auch Crane's „Eilende Stunden“, durch wettfahrende antike Gespanne symbolisirt, vermögen das
moderne Empfinden des Beschauers nicht sonderlich zu fesseln. Eine völlige Verirrung der Formensprache aber zeigt Holman Hunt's „triumph of the innocents“, eine von Engelgestalten begleitete Heilige Familie auf der Flucht nach Egypten, aus deren seltsam verschnörkelten Linien und irisirenden Farben das Auge nur mit Mühe menschliche Gestalten herauszufinden vermag.
Auch Landschaft und Seestück treten in dem Bilde, das unsere Ausstellung von der englischen Kunst bietet, zurück.
Ihnen ist ein breiterer Raum gegönnt in den zahlreichen und ausgezeichneten Radtrungen englischer Meister, auf welche wir bei Betrachtung der graphischen Künste zurückzukommen haben. 8 Keine Schule verraäth soviel Selbständigkeit und ge⸗ gründetes Selbstbewußtsein, wie die englische, keiner sind aber auch die Grenzen ihres Könnens so enge gesteckt, wie ihr. Dieses Gesammturtheil enthält eine beherzigenswerthe Lehre für die vielfach ins Ungewisse sich verlierenden Bestrebungen anderer Kunstschulen: Zusammenhalten der nationalen Fähig⸗ keiten und Beschränkung auf die diesen erreichbare Ziele sind die Grundbedingungen für die gesunde Entwickelung einer wahrhaft nationalen Kunst.
— Zum Rektor der hiesigen Universität wurde nach Mit⸗ theilung hiesiger Blätter am Sonnabend der Direktor der Sternwarte, Geheime Regierungs⸗Rath Professor Dr Wilbelm Förster ge⸗ wählt. Zu Dekanen wurden gewählt: für die theologische Fakultät Ober⸗Konsistorjal⸗Rath Professor D. Freiherr von der Goltz, für die juristische Professor Dr. Kohler, für die medizinische der Geheime Medizinal⸗Rath Professor Dr. Du Bois⸗Reymond, und für die philosophische Professor Dr. Diels.
— In den Besitz des Königlichen Kunstgewerbe⸗ Museums sind durch Gewährung außerordentlicher Mittel von Allerhöchster Stelle die Glasfenster übergegangen, welche aus der Kapelle des Landauerklosters in Nürnberg stammen und welche durch einen Zufall in Leipzig wieder ans Licht getreten sind.
, welche die Kunst der Glasmalerei in ihrer höchsten Vollendung zeigen, sind in ihrer Erfindung auf Albrecht Dürer einen ihm sehr nahe stehenden Meister zurückzuführen. Dürer hat für dieselbe Kapelle das jetzt im Belvédère zu Wien befindliche Allerheiligenbild gemalt. Von den Fenstern, 1508 ausgeführt, sind die ur Altarwand gehörigen sieben Flügel gut erhalten und von Professor Haselberger in Leipzig, dem das wesentliche Verdienft der Wieder⸗ ntdeckung gebührt, meisterhaft restaurirt. Das dreiflügelige Mittel⸗ fenster stellt die Dreifaltigkeit dar über dem Himmelsgewölbe thronend, von Engelschaaren angebetet. Das Dovppelfenster zur Linken zeigt den Stifter des Zwölfbrüder⸗Hauses, den Patrizier Landauer, anbetend und die Parabel der weisen und thörichten Jungfrauen. Das Doppelfenster zur Rechten enthält den Sturz des Satanas durch die Engelschaaren und das Opfer Abraham's. Von einem vierten Fenster, welches sich an einer Seitenwand der Kapelle befand, ist der eine Flügel enthaltend die Krönung Mariae, ebenfalls ausgestellt, der zweite Flügel, welcher am Schlechtesten erhalten ist, bedarf noch einer Ergänzung. Die Fenster haben ihren Platz in dem oberen Stockwerk in dem Saale erhalten, welcher für die Arbeiten aus Zinn und Kupfer bestimmt ist. Bei dem großen Mangel an Werken kirchlicher monumentaler Kunst in Berlin haben diese Fenster, welche sich als die ausgezeichnetsten Schöpfungen aus der Blüthezeit deutscher Kunst erweisen, gerade in unserer Stadt eine hervorragende vorbildliche Bedeutung.
1n Der deutsche Anthropologen⸗Kongreß ist gestern in Danzig, im Festsaale des Landeshauses, unter zahlreicher Be⸗ theiligung eröffnet worden. Die Eröffnungsansprache hielt Professor Virchow, welcher es — nach einem Bericht der „Danz. Allg. Ztg.“ — als ein gutes Zeichen ansah, daß gerade dieser Versammlung der jetzige Ober⸗Präsident der Provinz Westpreußen, Hr. von Goßler beiwohne, der sich schon seit 20 Jahren für die Antbropologie interessirt und nach schwerer Arbeit es dahin gebracht habe, daß wir anderen Nationen ebenbürtig seien. In dem von ihm gegründeten Museum für Völker⸗ kunde in Berlin, welches ebenso vollständig, namentlich in patho⸗ logischer Beziehung, wie das in Wien sei, habe er ein unvergeßliches Monument seiner Wirksamkeit und ferner unter vielen vortrefflichen Leistungen, dadurch daß er diese Bewegung in die ganze Nation auf⸗ genommen habe, ein nationales Gut geschaffen. Seine Verfügungen zeugten dafür, seine Thaten würden unvergeßlich bleiben. Der Ober⸗ Präsident Staats⸗Minister von Goßler drückte seine herzliche Freude für das Willkommen aus, das ihm zu Theil geworden, und erinnerte an den Kongreß von 1880 in Berlin, wo er zum ersten Male mit den Vertretern der Wissenschaft in engere Berührung gekommen sei. Auf die präbistorische Vissenschaft seien alle übrigen Wissenschaften gegründet, sie näbmen vieles gern und willig von ihr an. Alsdann würdigte der Ober⸗ Präsident die Anthropologie auch für den gebildeten Laien. Die frage: „Wann, wo und wie ist der Mensch?“ müsse jeden Men⸗ chen fesseln, Jeder von den Gästen habe wohl ein Frage⸗ Lichen gemacht bei dem Gedanken, nach Danzig kommen zu sollen. über bber⸗ Präsident wies aber etwaigen Zweifeln gegen⸗ 8 er auf die interessante sagenhafte Gegend der Bernsteinküste hin; as werthlose Baumharz sei das Licht für die einheimische Kultur geworden. Redner führte ferner der Versammlung daß Gebiet des Ordens vor die Augen und hob dabei herpor, daß allerdines n der Provinz Westpreußen auf dem anthropologischen Gebiete noch viel zu thun sei. Er bat die Gesellschaft daher, ihre Mithülfe zu leisten, wofür Alle dankbar sein würden. Er ersuchte ferner, eine
Monat Juli 1. 1495 211 400 ℳ im Juni d. J. und 1 484 734 500 ℳ im Juli 1890
Blick von der hiesigen Marienkirche bis zum Schloß in Marienburg zu thun, und bat, daß sich die auswärtigen Gäste gern der in Westpreußen verlebten Tage erinnern möchten, wobei er den Wunsch aussprach, daß die Versammlung von ihrem Aufenthalt daselbst reiche Freude und reichen Segen ernten möge. — Es folgten noch Begrüßungen Seitens des Landes⸗Direktors Jäckel, des Ober⸗Bürgermeisters Baumbach und der Vorstände verschiedener wissenschaftlicher Gesellschaften. Für die wissenschaftlichen Arbeiten des Kongresses sind drei Tage in Aussicht genommen; hieran werden sich dann Aus⸗ flüge über See, sowie eine Fahrt nach Marienburg und Königsberg anschließen. 6
— Die Büsten der Berliner Ehrenbürger Schliemann und
Leopold von Ranke, die im Rathhause aufgestellt werden sollen, werden, wie die „N. Pr. Z.“ erfährt, vom Bildhauer Grüttner an⸗ gefertigt Der Küastler war seiner Zeit mit Schliemann in Atben persönlich bekannt geworden und lieferte bereits eine Büste Schlie⸗ mann's nach Mecklenburg. Bei der Herstellung der Büste Ranke’s werden das bekannte Oelgemälde von Schrader und die Bronzebüste von Drake benutzt werden. —— Der Bildhauer Ferdinand Schloeth, Schöpfer des St. Jacobsdenkmals in Basel und des Winkelrieddenkmals in Stans, ist nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Basel gestern in Thal (Kanton St. Gallen) gestorben.
— Der Verlag der „Musik⸗Instrumenten⸗Zeitung“ in Berlin S veranstaltet einen Wettbewerb für Fachartikel der Musik⸗Instrumenten⸗Industrie und will die besten Arbeiten mit drei Preisen auszeichnen Als erster Preis sind festgesetzt 300 ℳ, als zweiter Preis 150 ℳ, als dritter Preis 75 ℳ Die betreffenden Aufsätze dürfen allgemein technische Fragen sowohl, als den Bau und die Ausstattung musikalischer Instrumente jeder Art bebandeln. Der Umfang der einzelnen Artikel soll circa 150 Druckzeilen be⸗ tragen, darf aber keineswegs die Länge von 300 Druckzeilen über⸗ schreiten. Der späteste Termin für die Ablieferung ist der 15. Oktober 1891. Die Sendungen sind eingeschrieben“ dem Verlag der „Musik⸗Instrumenten⸗Zeitung“, Berlin S., Prinzenstraße 26, zu über⸗ mitteln, von welchem auch die genauen Bedingungen zur Be⸗ theiligung an der Konkurrenz kostenfrei bezogen werden können
Land⸗ und Forftwirthschaft.
Aus Weimar wird berichtet: In Thüringen wird jetzt, etwas verspätet gegen andere Jahre, mit der Ernte der Getreidefrüchte be⸗ gonnen. Ist die Witterung günstig, so wird das Ergebniß der Ernte ein nicht unbefriedigendes sein. Im Stand des Wintergetreides ist eine wesentliche Besserung eingetreten. Das Sommergetreide ver⸗ spricht an Körnern und Stroh einen guten Ertrag, ebenso trotz der nassen Witterung die Kartoffeln. Auch der Futterbestand hat sich besser gestaltet, als man im Frühjahr erwartete. Die Aussichten in Bezug auf Zuckerrüben werden als gut bezeichnet.
(F) Gothenburg, 31. Juli. Die Vertheilung der Preise an die Aussteller in der hier stattfindenden Landwirthschaftlichen und Industrie⸗Ausstellung ist nunmehr erfolgt; von deutschen Ausstellern haben in der Brauerei⸗Abtheilung erhalten: Erste Preise (Silberne Medaille): W. Koch⸗Berlin und M. B. Bodenheim⸗Kassel für Böttcherarbeiten. In der Gruppe für Maschinen und Geräthschaften erhielt die Gesellschaft für Linde’s Eismaschinen, Wies baden, einen Ehren⸗ preis (Goldene Medaille), ferner erste Preise: Berliner Aktiengesellschaft für Eisengießerei und Maschinenfabrikation und Rob. H. Guiremand in Berlin, H. Stockheim⸗Mannheim, L. A. Enzinger⸗Worms, O. A. Klotz⸗Heidelberg, Burckhardt u. Ziesler⸗Chemnitz; zweite Preise: Boldt u. Vogel⸗Hamburg, N. Schäffer⸗Breslau, Joseph Menne⸗ Munderkingen, H. Kämnitz⸗Chemnitz. Für Hopfen erhielt die Firma Hopf u. Söhne in Nürnberg die goldene Medaille, und A. Leopold, M. Schnebel, Albert Mayer⸗Dinkel und Rosenfeld u. Co., alle in Nürnberg, erste Preise; gleiche Auszeichnung erhielt von Proskowitz⸗ Kwassitz⸗Proskau für ausgestellte Gerste.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln. Spanien.
Zufolge einer in der „Gaceta de Madrid“ vom 30. Juli 1891 veröffentlichten Verordnung der Königlich spanischen General⸗Direktion für das Gesundbeitswesen sind gegen Provenienzen von der arabischen Küste zwischen Bab⸗el⸗ Mandeb und Amara und von dem Golfe von Alexandrette Quarantänemaßregeln angeordnet worden.
G Oesterreich⸗Ungarn.
Der Königlich ungarische Handels⸗Minister hat mit Verfügung vom 25. Juli 1891 für Provenienzen aus sämmtlichen egyptischen Häfen eine strenge ärztliche Untersuchung angeordnet.
Bulgarien.
Die bulgarische Medizinalberwaltung hat mit Rücksicht auf den Ausbruch der Cholera in Mekka Folgendes angeordnet:
1) Schiffe, welche aus den choleraverseuchten Gegenden kommen und nicht schon in ottomanischen Häfen der Qzarantäne unterzogen worden sind, unterliegen in den bulgarischen Häfen einer funfzehn⸗ tägigen Quarantäne.
2) Haben die Schiffe bereits eine Quarantäne in einem ottomanischen Hafen durchgemacht, so werden sie in den bulgarischen Häfen der ärztlichen Besichtigung und das Reisegut der Passagiere der Desinfektion unterzogen.
Der Gesundheitsstand in Berlin blieb auch in der Woche vom 19. bis 25. Juli ein günstiger und die Sterblichkeit eine mäßig hohe (20,9 pro Mille und Jahr gegen 21.7 der Vorwoche). Etwas häufiger als in der vorhergegangenen Woche kamen akute Darm⸗ krankheiten, namentlich Brechdurchfälle, zum Vorschein und führten in 254 Fällen gegen 221 der Vorwoche zum Tode. Der Antheil des Säuglingsalters an der Sterblichkeit war dessen ungeachtet ein nur wenig größerer als in der vorhergegangenen Woche; von je 10 000 Lebenden starben, aufs Jahr berechnet, 119 Säuglinge. Akute Entzündungen der Athmungsorgane zeigten sich, wie in der Vorwoche, nicht haͤufig und nahmen auch meist einen milden Verlauf. Das Vorkommen der Infektions⸗ krankheiten blieb im Allgemeinen ein ähnliches wie in der Vorwoche. Erkrankungen an Masern haben abgenommen, Erkrankungen an Scharlach und Diphtherie kamen nur wenig mehr als in der Vor⸗ woche und in keinem Stadttheile in nennenswerther Zahl zur⸗An⸗ zeige; auch Erkrankungen an rosenartigen Entzündungen des Zell⸗ ewebes der Haut gelangten wenig, an Kindbettfieber drei zur ärztlichen
eobachtung; nur Erkrankungen an Unterleibstyphus wurden in gegen die Vorwoche gesteigerter, jedoch aus keinem Stadttheile in hervor⸗ ragender Zahl zur Anzeige gebracht (in 25 Fällen). Häufig waren auch noch Erkrankungen an Keuchhusten, der Verlauf jedoch meist ein günstiger, die Zahl der Sterbefälle sank auf 7. Rheumatische Be⸗ schwerden aller Art zeigten gegen die Vorwoche keine wesentliche Veränderung in ihrem Vorkommen. 8 8
Handel und Gewerbe.
Bei den Abrechnungsstellen der Reichsbank sind im 1 654 268 800 ℳ abgerechnet worden gegen
Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. 8
zeitig gestellt keine Wagen.
Berlin, 2. August. (Wollbericht d. Ctrbl. f. d. Textil⸗Ind.) Der Absatz ist fortdauernd minimal und beschränkt sich auf kleinere Posten, die von der Kundschaft zum nothwendigen Bedarf erworben werden; größere Konsumenten sind aus der bisherigen Reserve noch
nicht herausgetreten. Es läßt sich daher über die Preise nicht viel sagen, wenn auch nicht zu ve st, daß trotz rniederliegens
An der Ruhr sind am 3. August gestellt 9434, nicht recht⸗
des Geschäfts ein bemerkenswerther Rückgang kaum zu erwarten ist. Wenn auch die Zugpreise auf den Terminmärkten in letzter Zeit eine Abschwächung erfahren haben, so hat doch der Preisstand für das Rohprodukt nur sehr wenig darunter gelitten.
— Die „Köln. Volksztg.“ meldet, die deutsch⸗belgische Schienenkonvention sei verlängert worden. Die deutschen Walz⸗ werke seien danach gehalten, den belgischen keine Konkurrenz in Belgien zu machen und denselben jährlich 150 000 Fr. baar zu zahlen, wo⸗ gegen die belgischen Walzwerke sich verpflichtet hätten, keine Schienen nach Deutschland zu liefern. Schwellen blieben bis auf Weiteres von der Konvention unberührt
— Das westfälische Kokssyndikat hat nach der „Köln. Ztg.“ eine Einschränkung der Erzeugung um 5 % für die Monate August und September beschlossen. — Einer Mittheilung desselben Blattes zufolge errichten die Witten⸗Aplerbecker Zechen einen gemeinsamen Verkaufsverein.
Leipzig, 3. August. (W. T. B.) Kammzug⸗Termin⸗ handel. La Plata. Grundm ster B. per August 4,15 ℳ, per Sep⸗ tember 4,17 ½ ℳ, per Oktober 4,22 ½ ℳ, per November 4,25 ℳ, per Dezember 4,25 ℳ, per Januar 4,20 ℳ, per Februar 4,20 ℳ, per März 4,20 ℳ Umsatz — kg Geschäftslos.
London, 3. August. (W. T. B.) Getreidemarkt. Die Getreidezufuhren betrugen in der Woche vom 25. bis 31. Juli: englischer Weizen 1310, frembder 33 960, englische Gerste 271, fremd 9460, englische Malzgerste 18629, fremde —, englischer Hafer 175 fremder 40 490 Orts., englisches Mehl 15 481. fremdes 21 078 Paris, 3. August. (W. T B.) Die Liquidation sich an der Pariser Börse unter günstigem Stande marktes, Revorts wenig erhöht. Der Markt verlief bis stellung des Kompensationscourses gut behauptet, ermatte schloß unentschieden. 1
— 3 August. (W. T. B.) Nach einer Meldung Montevideo hat die Regierung der Nationalbank Uruguav ein einmonatliches Moratorium bewilligt, während dessen die Börse geschlossen bleibt.
York, 3. August. (W. T. B.)
6 768 000 Bushels, do. an Ma
an 826*
Verkehrs⸗Anstalten.
Laut Telegramm aus Herbesthal ist die erste eng⸗ lische Post über Ostende vom 3. ausgeblieben. Grund: Verspätete Abfahrt des Dampfers von Dover. .
Laut Telegramm aus Köln ist die zweite englische Post über Ostende vom 3. ausgeblieben. Grund: Ver⸗ spätete Abfahrt des Schiffes von Dover wegen starken Personenverkehrs.
— Am Sonntag, den 9. August d. J., kommt ein Sonderzug zu ermäßigten Fahrpreisen von Berlin nach Coswig i Anhalt (Park von Wörlitz) und Dessau zur Beförderung. Derselbe fährt 6 Uhr 30 Min. Vorm vom Bahnhof am Askanischen Platz ab und trifft in Coswig 9 Uhr 15 Min., in Dessau 9 Uhr 46 Min. Vorm. ein. Die Rückfahrt ist am 9. August d. J. nur mit dem Sonderzuge, 10 Uhr Abends aus Dessau, 1 Uhr 17 Min. Nachts in Berlin, zulässig, dieselbe kann aber auch erst am 10. August d. J. mit sämmtlichen Personenzügen angetreten werden. Der letzte am 10. zur Benutzung mit Sonderzugfabhrkarten gültige Personenzug Nr. 95 von Dessau, welcher in Wittenberg um 6 Uhr 25 Min. Nachm eintrifft und Anschluß an den 7 Uhr 33 Min. Nachm. von Wittenberg abgehenden Personenzug 21 nach Berlin hat, fährt von Dessau 5 Uhr 23 Min. Nachm, von Coswig 6 Uhr 5 Min. Nachm. ab. Die Benutzung von Schnellzügen ist auch nicht unter Nachlösen von Zuschlagfahrkarten gestattet. Fahrkarten zu 5 ℳ für die I und 3 ℳ für die III. Klasse, für Hin⸗ und Rück⸗ fahrt gültig, werden am Sonntag früh von den Bahnhofs⸗Fahr⸗ kartenausgabestellen hier, Askanischer Platz und in Groß⸗⸗Lichterfelde, sowie auch schon vorher im Bureau des Invalidendank, Markgrafen⸗ straße 51 a, verausgabt
— Die Königliche Eisenbahn⸗Direktion (rechtsrheinische) zu Köln erläßt zwei Bekanntmachungen, welche sich unter den Inseraten des heutigen Blattes befinden und die 1) die Ausnahmetarife für Eisenerz, abgerösteten Schwefelkies, Kupfererzabbrände, Braunstein und Eisenschlacken und 2) die Kohlenverkehre in Sendungen von mindestens 50 000 kg betreffen.
München, 31. Juli. Die von dem „Bavyreuther Tageblatt“ jüngst gebrachte und in mehrere andere Blätter übergegangene Nach⸗ richt von wiederholten Stockungen, welche im Betriebe der schiefen Ebene zwischen Marktschorgast und Neuen⸗ markt eingetreten seien, und also mit den günstigen Resultaten, die bei den Fahrversuchen dieses Frühjahrs er⸗ zielt wurden, im Widerspruch stehen würden, ist in ihrem vollen Umfange unwahr. Die Ursache, weshalb der die schiefe Ebene mit zwei Zugs⸗ und einer Schubmaschine aufwärts fahrende Güterzug Nr. 650 am 15 Juli — nicht am 16., wie angegeben — stecken blieb, ist nicht, wie dargestellt wurde, die Folge der mit der Bahn⸗ anlage im Zusammenhange stehenden Betriebsverhältnisse, sondern lag ausschließlich in dem Umstande, daß die Verkuppelung eines im Zuge befindlichen Wagens auf freier Strecke abriß. Hieraus ergab sich die Nothwendigkeit, den schadhaften Wagen abzustellen, zu welchem Zweck es unbedingt geboten war, zunächst den vorderen und sodank den hinteren Zugstheil, jeden für sich, in die Station einzubringen.
Stuttgart, 3. August. Der „St.⸗A. f. W.“ meldet: Die Ausrüstung der Lokomotiven und Wagen der württembergischen Staatseisenbahnen mit der Luftdruckbremse, Svstem Westinghouse, ist soweit vorgeschritten, daß zur Zeit, mit Aus⸗ nahme einiger nur an gewissen Tagen laufenden Züge und mit Aus⸗ nahme der Züge der nach der Bahnordnung für Bahnen untergeord⸗ neter Bedeutung betriebenen Linien, bei sämmtlichen fahrplanmäßigen Schnell⸗, Personen⸗ und Lokalzügen diese Bremse angewendet wird.
Bremen, 3. August. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Schnelldampfer „Eider“ ist gestern Nachmittag auf der Fahrt nach New⸗York von Southampton abgegangen. Der Schnelldampfer „Fulda“ hat, von New⸗York kommend, gestern Nachmittag die Reise von Southampton fortgesetzt. Der Dampfer „Weimar“ hat, von Baltimore kommend, gestern Lizard passirt. Der Dampfer „Braunschweig“ ist vorgestern auf der Fahrt nach Australien in Aden angekommen. Der Dampfer „Baltimore“ ist heute auf der Fahrt nach Brasilien in Lissabon angekommen und hat die Reise fortgesetzt. Der Dampfer „Darmstadt' ist, von dem La Plata kommend, gestern in Genua angekommen. Der Schnelldampfer „Aller“ hat vorgestern von New. York die Heimreise angetreten.
— 4. August. (W. T. B.) Der Schnelldampfer „Ems“, am 25. Juli von Bremen abgegangen, ist am 3. August Vormittags in New⸗York angekommen. Der Schnelldampfer „Fulda“, von New⸗Pork kommend, ist am 3. August Nachmittags auf der Weser angekommen.
Hamburg, 3. August. (W. T. B.) Hamburg⸗Amerika nische Packetfahrt⸗Aktien⸗Gesellschaft. Der Post dampfer „Europa“ ist. von Hamburg kommend, heute Vormitta in New⸗York eingetroffen.
— 4. August. (W. T. B.) Der Postdampfer „Wieland“ hat, von New⸗York kommend, gestern Abend 6 Uhr Scilly passirt
London, 3. August. (W. T. B.) Der Union⸗Dampfe „Anglian“ ist gestern auf der Heimreise in Southampto angekommen.
Mexiko, 1. August. (R. B.) Heute wurde die inter I Eisenbahn der englischen Gesellschaft formell über geben.
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