1891 / 184 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 07 Aug 1891 18:00:01 GMT) scan diff

er bei seiner großen Bedeutung für den Volkswohlstand verdiene. Leider sei die Kreischausseeverwaltung nicht in der Lage, ein anregendes Beispiel für den großen Nutzen von Sößs. baum⸗Pflanzungen zu geben, da die Anpflanzung von Obstbäumen an den Kreischausseen aus vielfachen schwerwiegenden Rücksichten unter⸗ bleiben müsse. Dagegen gebe es im Kreise eine Menge von öffent⸗ lichen Wegen, deren ordnungsmäßige Bepflanzung mit Obst⸗ bäumen nicht allein eine Zierde der Gegend bilden, sondern auch den unterhaltungspflichtigen Gemeinden und Gütern beträchtlichen Nutzen bringen würde. Vielfache Erfahrungen hätten gelehrt, daß eine richtig angelegte und einigermaßen sorgsam unterhaltene Obst⸗ Allee einen jährlichen Reinertrag von 1,50 bis 3 auf den Stamm ergäbe. Um nun das Interesse im Kreise für diesen Gegenstand wachzurufen, habe der Kreistag nicht unerhebliche Geld⸗ mittel zur Verfügung gestellt zur Gewährung von Preisen für die Ausführung von Obstbaumpflanzungen an öffentlichen Wegen. Die Bewilligung erfolat durch den Kreisausschuß bis zur Hälfte der gesammten Anlagekosten. An die Magistrate, Gemeinde⸗ und Guts⸗ vorstände des Kreises Teltow richte deshalb der Kreisausschuß das dringende Ersuchen, dieser Angelegenheit die gebührende Aufmerksamkeit zuzuwenden, sich die Obstbaumpflanzungen angelegen sein zu lassen und dadurch an einem nützlichen Werke mitzuhelfen.

Kurische Nehrung, 30. Juli. Schon seit drei Wochen be⸗ finden sich, wie die „D. A. Z.“ berichtet, die bekannten Wander⸗ dünen bei Pillkoppen, Nidden und Rossitten wieder in ge⸗ fährlicher Bewegung. Durch die anhaltende Dürre ist der Dünensand vollständig in Asche verwandelt worden, sodaß er sich schon bei den leisesten Winden in Bewegung setzt, immer neue Sandmassen mit sich reißt und dann entweder die Kämme der Düne hinaufjagt oder sich ins Haff stürzt. Die zwischen Preil, Nidden und Rossitten auf den Dünen vorhandenen Waldungen stehen wieder an den Rändern gegen vier Fuß unter Sand, eine Erscheinung, die schon lange in diesem Umfang nicht dagewesen. Die Gemüsegärten, Kartoffelländer ꝛc., welche die Fischer sich in der Nähe der Dörfer Nidden und Pillkoppen mühsam angelegt und gepflegt haben, sind trotz aller Schutzvorrichtungen derart verschüttet, daß fortgesetzt der fliegende Sand abgegraben werden muß. An ein weiteres Wachsthum der Früchte ist nicht zu denken, da die Blätter durch den glühenden Sand vollständig vernichtet sind. Höchst praktisch erweisen sich auch diesmal die Aufforstungen, denn nicht an einer Stelle hat der Triebsand vermocht, sie zu durchbrechen. Ein Betreten der Nehrung in der Nähe der arbeitenden Wanderdünen ist daher zur Zeit mit Gefahren, namentlich für den Unkandigen, ver⸗ bunden, da der anscheinend ruhende Sand beim Betreten sich sofort in kreisende Bewegung setzt und den Fuß in demselben Augenblick bis weit über die Knöchel einsinken läßt. Geräth man in eine solche Triebsandstelle hinein, so ist die Lage sehr gefährlich, wenn nicht Hülfe in der Nähe ist. Es sind daher an diesen Stellen wieder Fuhsen und Warnungstafeln aufgestellt worden, 18

Inowrazlaw, 5. August. Beim Ausschachten eines Brunnens auf dem Kasernen⸗Bauplatz ist, wie der „Köln. Ztg.“ gemeldet wird, ein bedeutendes Braunkohlenlager gefunden worden.

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Frankfurt, 5. August. Das von der Firma Escher, Wyß u. Co. in Zürich erbaute Aluminiumboot, welches bis jetzt noch in dem Weiher der Ausstellung zur Schau liegt, soll im Kleinen zunächst zeigen, von welcher Bedeutung das Metall, dessen Massen⸗ produktion die Elektrotechnik jetzt ermöglicht, vermöge seiner Leichtig⸗ keit, seiner guten Bearbeitbarkeit und seines schönen Aussehens für den Schiffsbau zu werden verspricht; man hat desbalb nicht nur die Wände des Bootes, seine Schraube und seine Räder, sondern auch das Gehäuse der Maschine, den Heizraum und den Schornstein u. sf. f. aus Aluminium gefertigt, wodurch das Gewicht des ganzen 5,5 m langen und 1,3 m breiten Fahrzeuges auf nur 438 kg sich stellt. Besonders bemerkenswerth ist, daß das Gehäuse, welches auch mittels Schrauben und Nieten aus Aluminium hergestellt ist, dem hohen Druck aufs Beste widersteht. Als Motor dient eine vierpferdige Naphtamaschine. Als Schraubenwelle konnte die direkte Ver⸗ längerung der Maschinenwelle benützt werden, da diese eine sehr hohe Umdrehungszahl besitzt und ihre sämmtlichen beweglichen Theile sich in einem geschlossenen Gehäuse befinden, welches mit, als Schmiermittel wirkenden, Naphtadämpfen gefüllt ist. Am Vordertheil befinden sich die Naphtabehälter, welche durch außen laufende Röhren mit der Maschine in Verbindung stehen. Das Boot faßt bequem acht bis zehn Personen und folgt dem Steuer momentan; in Folge seiner großen Leichtigkeit läßt sich damit die im Verhältniß zu seiner Größe hohe Geschwindigkeit von 11 km in der Stunde erreichen. Gewöhnliche Boote mit Naphtamotoren hat, wie die „Frkft. Z.“ mittheilt, die obengenannte Firma schon in großer Anzahl geliefert; ihre Leistungsfähigkeit hat sich neuerdings glänzend bewährt, indem der Chef des Hauses, Ingenieur Narille⸗Neher nebst Familie, in seinem vor drei Jahren gebauten Boot von Basel nus den Rhein hinab und den Main hinauf nach Frankfurt gefahren kam, wo das Schiffchen während einiger Tage in Thätigkeit zu sehen war. Die 127 km lange Fahrt von Basel bis Kehl geschah ohne Unterbrechung in sechs Stunden, und die ursprüngliche Naphtaladung hätte bei einem stündlichen Verbrauch von 4 kg für die ganze Strecke bis Frankfurt vorgehalten.

Kelbra. Der Grundstein zum Kyffbäuser⸗Denkmal der deutschen Studenten ist, der „Post“ zufolge, gestern, Donnerstag gelegt worden. Zahlreiche Mitglieder des Kyffhäuser⸗Verbandes, der Verein deutscher Studenten, etwa 600 an der Zahl, darunter viele alte Herren, durchzogen das auf Ersuchen des Magistrats festlich geschmückte Kelbra unter dem Vorantritt von Musikcorps und wurden vor dem Rathhause vom Bürgermeister Lehmann in einer schwungvollen Ansprache willkommen geheißen, die durch Cand. med. Schneider eine dankende Er⸗ widerung fand. Unter brausenden Hochrufen der von weit und breit herbei⸗ geströmten Bevölkerung verließ der Zug die Stadt und erreichte nach zweistündigem Marsche unter wechselndem Wetter, vorbei an der in Festschmuck prangenden Rothenburg, den Kyffhäuser. Westlich von dem alten Barbarossathurm wurde der Grundstein zum Kaiser⸗Wil⸗ helm⸗Gedächtnißstein gelegt, wobei Divisionspfarrer Rogge auf die Bedeutung der Kaiserlichen Botschaft vom 17. November 1881 hin⸗ wies: Neben dem Kriegerdenkmal für den Heldenfeldherrn werde eine Denktafel für den Friedensfürsten von Jüngern deutscher Wissen⸗ schaft errichtet. Damit sei ein langgehegter Wunsch der Vereine deutscher Studenten erfüllt, die von Anfang an in der Botschaft vom 17. November 1881 eine Darstellung der Pflichten eines modernen Staatswesens erblickt hätten. Den Geist der Botschaft, der in Pflichttreue, Vaterlandsliebe und sittlich christlicher Gesinnung wurzelt, möge die deutsche Jugend allezeit festhalten. Regierungs⸗Baumeister Herrenring, die Vertreter der Vereine und die Ehrengäste thaten die üblichen Hammerschläge. Das Denkmal soll auf einer Tafel die Worte der Kaiserlichen Mot⸗ schaft vom 17. November 1881 zeigen, darunter die Wid⸗ mung: „Der Kaiserbotschaft zum Gedächtniß der Kyffhäuserverband, der Vereine deutscher Studenten.“ Die Tafel wird in einer von zwei romanischen Säulen flankirten, mit einem Rundbogen abge⸗ schlossenen Nische angebracht werden. Nach der Beendigung der Grundsteinlegung begab sich der Zug zur Fortsetzung der Feier nach der Rothenburg. Zahlreiche Begrüßungs⸗Telegramme trafen ein.

Metz, 2. August. Der Vorstand der Vereinigunz z Schmückung und fortdauernden Erhaliung der Kriege gräber und Denkmäler bei Metz hat auch in diesem Jahre wieder einen Aufruf: „Gedenket der Gefallenen!“ erlassen, in welchem es u. A. heißt: „Ihrer zwanzigtausend ruben vor den Mauern von Metz! Die deutsche Bürgerschaft von Metz und Umgebung, ver⸗ körpert in ihren Vereinen, hat vor Jahren eine Vereinigung zur Schmückung und fortdauernden Erhaltung dieser Grab⸗ stätten begründet. Dieselbe macht es sich ferner zur Auf⸗ gabe, für die Verschönerung der Grabstätten zu wirken, zu den Unterhaltungskosten für diejenigen von Privaten gesetzten Denk⸗ steine beizutragen, für welche eine Unterhaltungspflicht der Behörde nicht obliegt und für welche Angehörige nicht mehr sorgen können, sowie endlich das Andenken an die Gefallenen lebendig zu erhalten und auf kommende Geschlechter zu vererben. In Ausübung dieser Pflichten wurden im letzten Jahre im Einvernehmen mit der zu⸗ ständigen Militärbehörde namhafte Beiträge zur Instandsetzung von solchen Grabstätten verausgabt. Da indessen die Zeit inmer mehr ihren zerstörenden Eiafluß ausüben wird, so bedarf die Vereinigung der thatkräftigsten Unterstützung aller Vaterlandsfreunde, um für eine absehbare Zukunft den Verfall auch des geringsten Wahrzeichens unseres Ruhmes zu verhindern. Noch bewilligt zwar die Landes⸗ behörde jährlich Mittel für die Beaufsichtigung und Jastandhaltung der Kriegergräber; wenn aber das lebendige Interesse der Nation an der Erhaltung dieser Heiligthümer erkalten sollte, dann steht zu be⸗ fürchten, daß über kurz oder lang auch diese Mittel werden aufhören zu fließen. Die Aufgabe, welche sich die Vereinigung für die nächste Zukunft gestellt hat, ist die Umwandlung des einfachen Kriegerkirch⸗ hofes Gravelotte, auf welchem 3000 tapfere Krieger ruhen, in einen „Ehrenhain“, was durch Anpflanzungen und zweckentsprechende An⸗ lagen erreicht werden soll. Auch in diesem Jahre werden wir, der schon eingelebten Sitte folgend, am 15. August (Landesfeiectag) in Scharen hinauspilgern, um alle Gräber mit Kränzen zu schmücken. Kein Grab, und läge e; meilenweit entfernt, am einsamen Waldes⸗ saume oder an unwegsamer Stecle, die nie eines Wanderers Fuß be⸗ tritt, wird vergessen werden, und wenn dann diese hehre Aufgabe erfüllt sein wird, dann werden sich alle vaterländisch Gesinnten der Umgebung, Tausende an Zahl, in der vierten Nachmittagsstunde dieses Tages am Denkmal der Garde bei St. Privat zusammenfinden, um in Rede und Gesang eine ernste Gedächtnißfeier zu begehen. Wir richten an alle Vaterlandsfreunde, welche in diesem Jahre eine Reise nach den Schlachtfeldern bei Metz vorhaben, die Bitte, sich so ein⸗ zurichten, daß sie dieser Feier beiwohnen können. Alle aber, deren Herz mit einer der Grabstätten verwachsen ist, und die in weiter Ferne weilen, mögen als Gruß aus der Heimath einen Kranz senden, den am zu bezeichnenden Grabe oder Denkmal niederzulegen wir uns zur Ehrenpflicht machen.“

Neuenburg (Schweiz), 4. August Der „N. Z. Ztg.“ wird berichtet: Gestern bei Einbruch der Dunkelheit wurde aus Anlaß des Bundesfestes am Hafen Feuerwerk abgebrannt und auf dem See eine venetianische Nacht veranstaltet. Der Dampfer „Helvetie“ fuhr mit Zuschauern außerhalb des Hafens hin und her. Das sieben Meter lanze Dampfboot „Luttain“ des Hrn. Bouvier mit zehn Personen, namentlich der Familie Bouvier angehörend, fuhr ebenfalls auf und ab. Es war 9 Uhr Abends und recht dunkel; das Boot war aber gut beleuchtet, und nachdem es die „Helvetie“

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passirt hatte, wendete sich die Aufmerksamkeit Aller wieder nach dem Ufer hin. Plötzlich aber gewahrte der Maschinist des „Luttain“ vor sich den Widerschein der Lichter seines Bootes am Bug des „Cygne“, dessen Kajüte unerhellt war und von dessen Anwesenheit man überhaupt keine Kenntniß hatte. Er hatte auch keine Fahrt zu machen und keine Fahrgäste mehr an Bord. Vom „Luttain’ aus war es unmöglich gewesen, Siznallaternen des „Cygne“ wahrzunehmen. Der Maschinist des „Luttain“ gab Kontredampf. Es war zu spät. Der „Cygne“ brach den „Luttain“ entzwei. Der Maschinist sprang auf dessen Kohlenkasten und konnte rasch eine Kette am Bugspriet des „Cvgne“ erfassen. Unter ihm sanken die Insassen seines Bootes ins Wasser unter lauten Hülferufen. Der „Cyane“ stoppte alsbald und fuhr etwas rückwärts. Es wurden rasch Stangen und Stricke her⸗ unter gelassen, aber bei der herrschenden Dunkelheit mochten diese den Verunglückten nicht sichtbar sein. Ein Herr konnte sich mit Hülfe einer Stange an Bord retten. Die Daapfpfeife gab ihr schrilles Nothsignal; Hülferufe ertönten aus dem Wasser; der Heizer des „Luttain“ konnte nicht schwimmen, was ihn hinderte den unter ihm jammernden drei Damen beizuspringen. Ein herankommendes kleines Schiffchen konnte vier schwimmenden Herren einen Stützpunkt bieten, aber es war zu klein, um mehr als einen aufnehmen zu können. Die Korkringe des „Cygne“ wurden herab⸗

geworfen, aber da sie von brauner Farbe sind, waren sie den Er⸗-

trinkenden nicht sichtbar. Außerordentlich lang schien es zu gehen, bis die kleine Schaluppe des „Cygne“ herabgelassen wurde und kam. Von den Damen Fr. Bouvier Mutter und Tochter sowie Fr. Eugeène Bouvier, ihrer Schwiegertochter, war keine Spur mehr zu finden. Der Korkring des „Luttain“ und ein Tischchen schwammen berum, ohne Jemandem als Halt gedient zu haben. Die Herren, die sich schwimmend über Wasser hielten, wurden alle nach und nach gerettet, darunter Hr. Bouvier und zwei Söhne, sowie ein junger Engländer. Auf der „Helvetie“ war beim Ertönen des Noth⸗ signals des „Cygne“ das Rettungsboot herabgelassen worden; allein das Dampfboot selbst näherte sich der Unglücksstätte nicht, vermuthlich weil man bei der Dunkelheit befürchtete, den sich ob dem Wasser Haltenden neue Gefahr zu bringen. 8 Infolge der in den letzten Tag

Bellinzona, 6. August. fallenen Gewitterregen ist nach einer Meldung des „W. T. B.“ zwischen Osogna und Claro ein Gebirgsbach aus den Ufern ge-⸗ treten, sodaß der Verkehr auf der St. Gotthardbahn die letzte Nacht unterbrochen und ein Umladen der Züge erforderlich war Seit heute Morgen ist die Verbindung wiederhergestellt. Der verursacht Schaden ist unbedeutend.

Bad Spa. 5. August. Der Ballon „Hercule“ stieg, wi der „Mgdb. Ztg.“ mitgetheilt wird, vorgestern im Siebenstundenpark im Beisein einer großen Volksmenge auf. Im Schiffe befanden sich der Luftschiffer Glorieux und zwei Franiosen, Namens Maxime Dreyfus und Gervais. Kaum hatte sich der Ballon etwa 300 m hoch erhoben, als die Stricke, die das Schiff mit dem Ballon verbinden plötzlich rissen. Alle drei Luftschiffer stürzten von schwindelnder Höhe herab Dreyfus und Gervais fielen auf eine Scheune und zogen sich nu leichte Verletzungen zu. Glorieux jedoch fiel mit dem Kopf auf einen Felsen und zog sich derartige Verletzungen zu, daß an seinem Auf⸗ kommen gezweifelt wird. Außer einer Kopfwunde hat er einen Rippenbruch und zahlreiche Quetschungen davongetragen. Er konnte nach Spa zurückgebracht werden. Der Ballon wurde nach eine Meldung der „Köln. Z.“ südöstlich von Eupen auf dem Hohen Venn aufgefangen.

New⸗York, 6. August. Bei Port⸗Bpron, Station de West⸗Shore⸗Eisenbahn im Staate New⸗York, fand, wie das „W. T. B.“ meldet, heute früh ein Zusammenstoß eines Guüͤter zuges mit einem Schnellzuge statt. Elf Personen sollen ge⸗ tödtet und neunzehn Personen verwundet sein. Die Mehrzahl der Getödteten und Verwundeten besteht aus italienischen Arbeitern. 1

1 Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.

Berlin, 7. August. (W. T. B.) Heute hat hierselbst

unter namhafter Betheiligung der „Deutsch⸗Ostafrikanischen

Gesellschaft“ die Konstituirung der Eisenbahngesellschaft für Deutsch⸗Ostafrika (Usambara⸗Linie) stattgefunden.

Das vollgezeichnete Grundkapital beträgt einstweilen 2 Millionen

Mark.

St. Petersburg, 7. August. (W. T. B.) Die heute ausgegebene Gesetzsammlung enthält die Kaiser⸗ lichen Ukase wegen Expropriation von Eigenthum zum Bau verschiedener Eisenbahnen. Gebaut⸗ sollen werden die Saksagansche Zweiglinie der Katharinen⸗ Eisenbahn, die Narew⸗Eisenbahn, die Eisenbahnlinien Miask Tscheljabinsk und Beßlan Petrowsk, sowie eine Zweigbahn

der Transkaukasischen Eisenbahn nach Tschiatur.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

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Kopenhagen. Stockholm

Uebersicht der Witterung. 1

Das im Westen Europas lagernde Hochdruckgebiet hat nach Osten über Central⸗Europa an Ausdehnung gewonnen, während die Devpression in ziemlich gleichbleibender Intensität sich erhalten hat. Demzufolge sind an der deutschen Küste die westlichen Winde noch vielfach stark bis stürmisch. Auch die Temperaturen haben über Deutschland keine wesentliche Aenderung erfahren und hält das ver⸗ Wetter daselbst an; 1 fiel Regen, in Kiel und an mehreren süddeutschen Stationen unter Gewittererscheinungen.

Täglich:

Abends bei brillanter

im Nordosten

Belle-Alliance-Theater.

1 siten, Beleuchtungseffecten ꝛc. fast allenthalben

Deutsche Seewarte.

4 kedeckt O 2 bedeckt 1 bedeckt

daparanda . 747 St Petersburg 746 Moskau. . 755

Cork, Queens⸗ 770 NW

towmn...

Cherbourg 767 NW 3 bedeckt 762 WB A wolkig 758 NW 3 Regen 7599 WSW 5 Reger ¹) 13 winemünde 757 W 5 [halb bed. 13 Neufahrwasser 7544 NW 4 wolkig 15 Memel 750 WNW 5 wolkig ²) 16 Faris 767 W 2wolkig 14 762 W 6 bedeckt 13 acht 7655 d5SO A bedeckt ³) 15 fest. Militär⸗ 765 still wolkig 14 766 NW 3 bedeckt 12 763 4 wolki 12 stellung

760 W 4 halb bed. 764 W 3 halb bed. 13 761 W 5 balb bed. 13 767 NNW 4; bedeckt 15 761 W wolkenlos 19

¹) Regenschauer. ²) Nachm. Gewitter, Nachts Regen. ³) Gestern Mittag Gewitter mit Regen und Hagel. 1

98588

2 halb bed.

Uhr.

Don Inan.

Theater⸗Anzeigen.

Friedrich- Wilhelmstädtisches Sonnabend: Pariser Leben. Operette in 5 Bildern von J. Offenbach. Regie: Hr. Binder. Hr. Kapellmeister Federmann.

Im prachtvollen Park: und Doppel ⸗Concert. erster Gesangs⸗ und Instrumental⸗Künstler.

een Concerts 6 Uhr.

14 Sonntag im Theater: Pariser Leben. Im Park: Großes Doppel⸗Concert.

Kroll's Theater. Sonnabend: Der Haide⸗

Eachr. 8.2Fe 2 99 Sonntag: Dieselbe Vorstellung. Sonntag: Gastspiel des Sgr. Francesco d Andrde. ———

sämmtlicher Spezialitäten.

8—

Theater.

Dirigent: Orientalisches Laternen⸗ Anfang 7 ½ Uhr. Auftreten

Anfang der Vor⸗

Direktion: Emil Thomas.

9. Male:

Musik von Jobannes Doebber. vom Direktor Emil Thomas.

„Großes Concert“ im Sommergarten, elektrischer desselben. Anfang 5 ¼, der Vorstellung 7 Uhr.

““ 1 b 8

Adolph Ernst-Theater. Sonnabend: Zum 175. Male: Unsere Don Jnaus. in 4 Akten von Leon Treptow. Couplets von Gustav Görß. Musik von Franz Roth und Adolph Ferron.

Sonntag: Dieselbe Vorstellung. Der Sommer⸗Garten ist geöffnet.

Thomas-Theater. Alte Jakobstraße 30. Sonnabend: Zum Im siebenten Himmel. Gesang in 3 Akten (4 Bilder) von Jean Kren. In Scene gesetzt Anfang 7 ½ Uhr.

Urania, Anstalt für volksthümliche Naturkunre. Am Landes⸗Ausstellungs⸗Park (Lehrter Bahnhof). Geöffnet von 12—11 Uhr. Täglich Vorstellung im wissenschaftlichen Theater. Näheres die Anschlag⸗

Beleachtung

Sonnabend: Zum lettel.

9. Male mit durchweg neuer glänzender Ausstattung an Dekorationen, Kostümen, Ballets, Waffen⸗Requi⸗ Jung⸗Deutschland zur See. Großes Ausstattungs⸗Zeitbild in 4 Akten (7 Bildern) von Ernst Niedt. Im 6. Bilde: Zum ersten Male in Deutschland: Großes Pferderennen auf der Bühne von lebenden Pferden.

Im prachtvollen, glänzenden Sommergarten (vor⸗ nehmstes und großartigstes Sommer⸗Etablissement der Residenz): Großes Doppel⸗Concert. Auftreten Brillante Illumination des ganzen Garten⸗Etablissements.

Tessing-Theater. Sonnabend: Die Ehre. 7 Ahrne 8 Concerts 6 Uhr. en⸗ Sonntag: Am Tage des Gerichts. b

Familien⸗Nachrichten.

Verlobt: Frl. Clara Hindorf mit Hrn. Kammer- gerichts⸗Referendar Alexander Becker (Stettin Berlin). Frl. F. Lang mit Hrn. Ger.⸗Assessor O. Ziethen (München Stettin). „. Martha Egert mit Hrn. Rittergutsbesitzer illy Koppe (Berlin— Bergbof bei Rüdersdorf).

Verehelicht: Hr. Lieutenant St. Matthies mit Frl. K. Fleck (Neu⸗Ruppin).

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Prem⸗Lieutenant

8 Georg von Lösecke (Celle). Hrn.

8 Rauterberg (Lauenau). Hrn. Gutsbesitzer G. Dock (Konradswalde). Eine Tochter: Hrn. Ingenieur W. Marris (Hannover). Hrn. Rechtsanwalt Settegast (Lyck).

Gestorben: Rittmeister a. D. u. Rittergutsbesitzer auf Klein⸗Benz 2 von Dewitz (Falkenstein aTaunus). Hr. Justiz⸗Rath Aug. Gericke (Gronau). Hr. Apothekenbesitzer Franz Bach⸗ mann aus Berlin (Agnetendorf i/Schlesien). Hr. Hotelbesitzer Ernst Hensel (Berlin). Hr. Bürgermeister Bernhard Collin (Sulau).

82

Gesangsposse

1“ 8

Redacteur: Dr. H. Klee, Direktor. Berlin: 8 Verlag der Expedition (J. V.: Heidrich). Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗ Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.

Füuf Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage).

Posse mit

8

astor G.

m Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

1891.

Statistik und Volkswirthschaft.

Zur wirthschaftlichen Lage im Jahre 1890 8 äußert sich der Jahresbericht der Handelskammer von Görlitz:

„Im Großen und Ganzen kann die allgemeine Lage keineswegs eine unbefriedigende genannt werden, wenn auch das Jahr 1890 nicht so günstig gewesen ist, als das vorangegangene Die Industrie hat mit der Höhe der Kohlenpreise und der Löhne rechnen müssen.“

Die Handelskammer von Frankfurt a. O. schreibt in ihrem Jahresbericht:

„Die allgemeine Geschäftslage war in der ersten Hälfte des Jahres befriedigend, auf einzelnen Gebieten sogar sehr lehhaft; in der zweiten Hälfte begann das Geschäft jedoch in einzelnen Branchen nachzulassen und war Ende des Jahres fast auf allen Gebieten matt.

Wenn auch Arbeiterentlassungen nicht haben stattzufinden brauchen, so bedurfte es doch auf Kosten des Gewinnes besonderer Anstrengungen der Jadustrie, um den eingestellten Arbeitern dauernd Beschäftigung geben zu können. .

Unter den Ursachen des lebhaften Geschäfts in dem größeren Theile des Jahres und des ziemlich rasch eingetretenen matten Ge⸗ schäfts gegen Ende des Jahres dürfte die in dieser Zeit erfolgte wesent⸗ liche Erhöhung der Zölle in den Vereinigten Staaten von Nord⸗ Amerika eine bedeutende Rolle spielen. Der schlechte Ausfall der Kartoffelernte verhinderte die gewohnte umfangreiche Herstellung von Stärke, Stärkesyrup und Zucker.

Die arbeitende Bevölkerung hatte bei den im Spätherbst so sehr steigenden Preisen aller Lebensmittel und der Kohlen einen sehr schweren Stand, und da der Arbeiter einen bei weitem größeren Theil seines Verdienstes als bisher für seine Ernährung ausgeben mußte, blieb ihm weniger für andere den Handwerkerstand und die Industrie beschäftigende Bedürfnisse übrig, auch in den Mittel⸗ und besseren Ständen verursachten jedenfalls die hohen Lebensmittelpreise die vor⸗ handen gewesene geringere Kauflust für andere Bedürfnisse, was namentlich durch das weniz befriedigende Weihnachtsgeschäft zum Ausdruck kam.

Es ist demnach mit Genugthuung zu konstatiren, daß die hohe Staatsregierung durch Schließung von Handelsverträgen unserer Industrie erneute und vermehrte Absatzgebiete, wie auch durch Herab⸗ setzung der Zölle auf die nothwendigsten Lebensmittel den Konsumenten eine billigere Lebensführung zu schaffen bestrebt ist, und begrüßen wir den Abschlaß des deutsch österreichischen Handelsvertrages mit großer Freude in der bestimmten Ewartung, daß die Bemühungen, auch mit anderen Staaten derartige Verträge zu schließen, mit bestem Erfolg gekrönt sein werden.“ MMM

Die Handels⸗ und Gewerbekammer von Dresden äußert sich wie folgt:

„Das Jahr 1890 weist in mehrfacher Beziehung wesentliche Ver⸗ schiedenheiten von seinem Vorgänger auf. Die Hoffnung auf un⸗ geschwächte Dauer des seit Ende 1888 eingetretenen Aufschwunges von Handel und Industrie, die man auf Grund der während des ganzen Jahres anhaltend friedlichen, durch keinerlei Besorgniß getrübten politischen Lage zu hegen berechtigt war, hat sich nur zum Theil erfüllt; dem Aufschwunge ist vielmehr im Allgemeinen ein ruhigerer Geschäftsgang gefolgt, der bei einigen Industriezweigen zeitweilig zur Geschäftsstille wurde, bei einzelnen sogar thatsächlich sich zum Rückgange gestaltete. Trotzdem glauben wir, sowohl was im Besonderen Handel und Industrie unseres Kammerbezirks, als auch was die volkswirthschaftliche Ent⸗ wickelung unseres deutschen Vaterlandes im Allgemeinen betrifft, das Gesammtergebniß noch als befriedigend und das Jahr 1890 als besser wie die Mitte der achtziger Jahre vorangegangenen bezeichnen zu dürfen.“ 8

Als Ursachen des Rückgangs bezeichnet die Kammer unter Anderem die Ueberproduktion des Vorjahres, die Mac⸗Kinley⸗Bill und die Silber⸗Bill in Nord⸗Amerika, die Wirren in Argentinien, den Sturz des Welthauses Baring in London, um dann, wie folgt, fortzufahren:

„Mit all' diesen, eine frische Entwickelung von Handel und Industrie hemmenden Faktoren hing eng zusammen die Preisbildung vieler Industrieerzeugnisse. Vermehrtes, zu Zeiten stürmisches Angebot, theils in Folge thatsächlicher Ueberproduktion, theils veranlaßt durch den befürchteten oder wirklichen Verlust von Absatzgebieten, ließ die im Jahre 1889 für manche Fabrikate errungenen Preisaufbesserungen größten⸗ theils wieder verschwinden, auch die Konventionen, die zur Aufrechterhaltung der Preise geschlossen worden waren, konnten vielfach dem Andrange

nicht widerstehen und lösten sich auf. Dagegen hielten sich die Preise der meisten Rohmaterialien und Betriebsmittel auf dem im Vorjahre

erreichten hohen Stand; in erster Linie galt dies von dem der In⸗ dustrie unentbehrlichsten, den Kohlen; ja mehrfach wurde die Steige⸗ rung der Kohlenpreise erst im Berichtsjahre voll fühlbar, da frühere, zu billigeren Preisen gemachte Abschlüsse in seinem Verlaufe zu Ende gingen. Ganz besonders hatte, um ein Beispiel aus unserem Bezirk anzuführen, die auf den Bezug böhmischer Braunkohlen angewiesene, so sehr ausgebildete keramische Industrie in allen ihren Zweigen mit deren Vertheuerung zu kämpfen. Preiserhöhungen, zum Theil in recht erheblichem Maße, traten ein bei mebreren Chemikalien, namentlich Schwefelsäure, bei Weißblech, Gerste, Fellen und Häuten, Spiritus, Talg; Preisrückgänge weisen Roheisen, einige Eisen⸗ halbfabrikate, baumwollene Webstoffe auf. In den Löhnen ist mehrfach eine kleine, durch die Vertheuerung des Lebensunterhalts gerechtfertigte Steigerung zu verzeichnen, keinesfalls aber der Ge⸗ sammtdurchschnitt niedriger als im Vorjahre gewesen.“

Der Einleitung zum Bericht der Kammer in Stuttgart ent⸗ nehmen wir Folgendes: .

„Das Wirthschaftsjahr 1890 nahm einen guten Anlauf; viele glaubten sogar, wir stünden vor einer neuen Aera, einer Periode weiteren nachhaltigen Aufschwungs. Aber ungeachtet der fried⸗ lichen politischen Lage und der reichen Ernte, welche die gute Stimmung an sich unterstützte und die Kauf⸗ und Kon⸗ sumtionsfähigkeit belebte, erbrachte das zweite Halbjahr fast auf allen Gebieten einen unerwarteten Rückschlag und mit Aus⸗ nahme etwa der Handelsmühlen, der Maschinenindustrie, der Fabrikation kunstgewerblicher Metallarbeiten, des Handels mit Getreide, Sprit, Oelen, Indigo u. s. w. wohl allseitige Enttäuschung. Für das Resultat des Geschäftsjahres war hauptsächlich die Erledigung der schwierigen Aufgabe: die mehrseitige Steigerung der Arbeitslöhne, des Feuerungsmaterials, der Roh⸗ und Hülfs⸗ stoffe auch im erkaufspreis zur entsprechenden Geltung zu bringen, entscheidend gewesen. Die Versuche hierzu konnten fast keinem Industriezweige gelingen. In kurzer Zeit stellte das wirthschaftliche Leben, unter dem Zeichen der Muthlosigkeit und rückläufigen Konjunktur, ein Bild voller Gegensätze dar: steigenden Geldwerth und Bankdiskont, aber auch hohe Kohlenpreise und hohe Arbeitslöhne; ferner zugleich langsames Fallen der Preise für Rohmaterial und fertige Waare, aber dessenungeachtet Fortsetzung der Betriebs⸗ erweiterungen; endlich eine reiche Ernte und trotzdem keine Verbilligung der Lebenshaltung. Zu diesem Verlauf hat die Arbeiter⸗Agita⸗ tion, welche zugleich mit der durch die Lebensmitteltheuerung hervor⸗ gerufenen Lohnbewegung nebenher ging, auch ihren Theil beigetragen. .. Kann man nun auf den Verlauf des Geschäftsganges vielfach das Sprichwort: „Gut begonnen, schlecht verronnen“ anwenden, so ist es zunächst für den Verfolg der sogen. „Ueberproduktion“ interessant, zu beobachten, daß auch im Vorjahre die Produktion ungeachtet oder genauer in Folge der Schmälerung des Nutzens und

Erste Beilage

Berlin, Freitag, den 7. August

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der Erhöhung der Produktionskosten, wie sie mit der Ver⸗ theuerung der wichtigsten Betriebs⸗ und Rohmaterialien gegeben war, nur in wenigen Branchen eingeschränkt wurde. In dem Be⸗ streben, durch Vermehrung des Umsatzes einen entsprechenden Aus⸗ gleich für das stetige Sinken der Preise zu schaffen, suchte man namentlich in der Tricotweberei, Werkzeug⸗, Schuh⸗, Papier⸗ und Metallwaarenfabrikation, Spinnerei und Weberei u. s. w. die vor⸗ handenen Betriebseinrichtungen thunlichst auszunützen und durch Ver⸗ besserungen und Ergänzungen auf den höchstmöglichen Grad der Leistungsfähigkeit zu bringen, andererseits nahm man zahlreiche, mit⸗ unter beträchtliche Erweiterungen der bestehenden Anlagen vor. Daraus erklärt es sich, daß die weitverzweigte Maschinenindustrie fast der einzige Fabrikationszweig ist, der auch auf das Jahr 1890 mit Befriedigung zurückschauen kann (bemerkenswerth ist, daß fast allein nur diese Industriegruppe in der Gründungsthätigkeit keinen Rückgang aufweist: 1890 wurde in Deutschland ein Aktienkapital von 55 Mil⸗ lionen Mark gegen 42 Millionen Mark in 1889, 18 in 1888, 6 Millionen Mark in 1887 im Maschinenbau angelegt).“

Die Kammer in Ulm konstatirt, daß auf dem wirthschaftlichen Gebiete, namentlich in der Großindustrie auch heuer die friedliche und ruhige Entwickelung der politischen Lage erfreuliche Erschei⸗ nungen zu Tage gefördert habe; „doch konnten mit der stetigen Zunahme des Umsatzes die Preise in einer ganzen Reihe von wichtigen Geschäftszweigen nicht gleichen Schritt halten, fast aus allen Branchen wird Rückgang der Verkaufspreise und des geschäftlichen Nutzens gemeldet. Immerhin kann das ab⸗ gelaufene Wirthschaftsjahr für den hiesigen Kammerdezirk im All⸗ gemeinen als ein verhältnißmäßig günstiges bezeichnet werden; auch unser Bezirk hat an der anderwärts beobachteten aufstrebenden Be⸗ wegung einigen Antheil genommen.“

Die Kammer in Heilbronn schreibt: „Nach den uns vor⸗ liegenden Zahlen der Verkehrsstatistik haben Industrie und Handel auch in diesem Jahre an Bewegung und Umfang wieder zugenommen. Daß indeß die Annahme: mit Hebung des allgemeinen Verkehrs werde auch die Ectragssteigerung der einzelnen Geschäfte gleichen Schritt halten, eine falsche ist, hat wohl kaum ein Geschäftsjahr unzweifel⸗ hafter bewiesen, als das abgelaufene.“

Zur Sachsengängerei.

Zu den Uebelständen, unter denen die Landwirthe in Schlesien schwer zu leiden haben, gehört hauptsächlich auch die schon vielfach erörterte Sachsengängerei. Es scheint wie uns von dort ge⸗ schrieben wird —, als wenn sich nach dieser Richtung hin ein Um⸗ schwung vorbereitete. Die frühzeitige Rückkehr sogenannter Sachsen⸗ gänger in ihre Heimathsorte läßt erkennen, daß der Reiz, in ent⸗ fernteren Gegenden Beschäftigung anzunehmen, sich anfängt zu verlieren, und daß die Einsicht, daß dauernde Arbeit in der Heimath der Wanderbeschäftigung vorzuziehen sei, mehr und mehr bei den Sachsengängern zurückzukehren beginnt. 1

Zur Arbeiterbewegung. ö

Der sozialdemokratische Gewerkschaftskongreß, der für den Herbst d. J. geplant war, wird in Folge einer Umfrage der Generalkommission der Gewerkschaften Deutsch⸗ lands bis zum Frühjahr nächsten Jahres verschoben werden. Der „Vorwärts“ theilt in dieser Beziehung Folgendes mit:

Die Generalkommission hat sich an die Vorstände der Central⸗ vereine und die Vertrauensleute der Gewerkschaften gewandt, um diese entscheiden zu lassen, ob der projektirte Gewerkschaftskongreß noch in diesem Jahre abzuhalten sei oder bis zum Frühjahr des nächsten Jahres vertagt werden solle. Die Ursache dieses Vorgehens war, daß die Kommission von verschiedenen Seiten darauf aufmerksam ge⸗ macht wurde, daß die Einberufung des Kongresses in diesem Jahre nicht rathsam sei, weil einmal die Meinung über eine engere Verbindung der Gewerkschaften noch nicht genügend geklärt wäre, andererseits aber die Genossen durch die Deckung der Unkosten für die vielen in diesem Jahre stattfindenden Kongresse zu sehr belastet würden. Die Abstimmung hat folgendes Resultat ergeben: Von den in Deutschland bestehenden 59 Centralvereinen betheiligten sich 40 an der Abstimmung. Für die Vertagung des Kongresses bis zum Früh⸗ jahr des nächsten Jahres erklärten sich 23, für Einberufung in diesem Jahre 17 Vorstände. Von den Vertrauensleuten erklärten sich für die Vertagung drei, gegen dieselbe einer. Dieses Ergebniß der Ab⸗ stimmung legt der Generalkommission die Verpflichtung auf, den Kongreß bis zum Frühjahr des nächsten Jahres hinauszuschieben.

Ueber die Ausstandsbewegung veröffentlicht die Generalkommission folgenden Situationsbericht:

In Potsdam (Fabrik von Denker) wurden den Tabackarbeitern wiederholt derartig große Abzüge von dem Akkordpreis gemacht, daß der Verdienst zur Fristung der Existenz nicht mehr ausreichte. In Folge dessen sahen sich die Genossen (41 Arbeiter und 11 Arbeiterinnen) genöthigt, die Arbeit einzustellen, um hierdurch den Fabrikanten zu zwingen, den Lohn auf der alten Höhe zu belassen. In Hamburg stellten 19 Brauer der Hansabrauerei die Arbeit ein, weil ihnen früher gebotene Vorthbeile, als verkürzte Arbeitszeit und Bezahlung der Ucberstunden, allmählich wieder entzogen werden sollten. In Barmstedt (Schuhmacher) ist eine Aenderung des Verhält⸗ nisses noch nicht eingetreten. Die Former in Bernburg haben in der Fabrik nicht wieder Anstellung gefunden, sondern sich ander⸗ weitige Beschäftigung (in anderen Berufen) gesucht, doch sind einzelne der Ausgesperrten noch arbeitslos. Am 27. Juli kamen achtzig Kesselreiniger der Hamburg⸗Amerikanischen Packet⸗ fahrt⸗Aktiengesellschaft zum Ausstand. Den Leuten wurde bis dahin für Arbeiten, welche außerhalb Hamburgs verrichtet wurden und bei denen es den Arbeitern nicht möglich war, nach Hause zu kommen, eine Extravergütung von vier Stunden Arbeitszeit bezahlt. Nunmehr sollte diese Extravergütung auf zwei Arbeitsstunden reduzirt werden. Auf eine bei der Direktion gemachte Vorstellung erklärte diese, für das unbotmäßige Auftreten der Arbeiter auch die anderen beiden Extrastunden fortfallen zu lassen, worauf die Arbeitseinstellung erfolgte.

Hier in Berlin fand am 5. d. M. eine Versammlung „für sämmtliche in Berlin lebende Parteigenossen der Kreise Witten⸗ berg, Schweinitz, Torgau und des Regierungsbezirks Merseburg“ statt Behufs Gründung einer landsmannschaftlichen sozialdemokratischen Berbindung. Doch scheint die Parteileitung mit den hierdurch bekundeten Sonderbestrebungen einzelner Parteigruppen, wie man der „Mgdb. Ztg.“ schreibt, nicht einverstanden zu sein. Während nämlich von den Einberufern vnd einigen anderen Rednern die Nothwendigkeit zu solchen landsmännischen Verbindungen für die Agitation in der Provinz und namentlich in ländlichen Gebieten derselben betont wurde, wiesen zwei Mitglieder des Parteivorstandes, der Metallarbeiter Görsch und der Partei⸗ sekretär Fischer, auf das Nachtheilige einer hieraus sich von selbst ergebenden „Decentralisation“ hin, die der Parteileitung die Uebersicht erschwere und ihre Verantwortung erhöhe und auf Unternehmungen ausdehne, die zu kontroliren sie nicht in der Lage sei. (Vgl. Nr. 179 d. Bl.) Das Ergebniß der Verhandlungen war denn auch ein den Ansichten des Parteivorstandes entsprechendes. Die beantragte Grün⸗ dung eines Vereins wurde abgelehnt. Doch soll ein Agitations⸗ comité gewählt und zu diesem Zweck eine zweite Versammlung der Betheiligten einberufen werden. 8 4“

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Aus Frose wird der „Halberst. Ztg.“ gemeldet, daß die Be⸗ legschaft der Anhaltischen Kohlenwerke die Arbeit nieder⸗ gelegt hat

In Leipzig hat, wie die „Lrz. Ztg.“ unter dem 6. d. M. meldet, der Töpferstrike begonnen. Viele Gehülfen haben bereits die Arbeit niedergelegt, andere werden abreisen, wenn sie die an⸗ gefangene Akkordarbeit beendet haben. Das Gewerkschaftskartell hat den Strike als einen Abwehrstrike anerkannt und die Unterstützung der Strikenden beschlossen, wird auch die General⸗Kommission der deutschen Gewerkschaften in Hamburg in diesem Sinne zu bestimmen suchen.

Die Sozialdemokraten in Frankfurt a. M. beauftragten, wie der „Vorwärts“ berichtet, in einer am 3. August stattgehabten Parteiversammlung, zu welcher auch aus Höchst⸗-Usingen und Hanau zahlreiche „Genossen“ erschienen waren, den zum Brüsseler Kongreß gewählten Dilegirten Bildhauer E. Fischer, bei der Acht⸗ stundenfrage resp. der Maifeier den Standpunkt der Fraktion einzu⸗ nehmen und ferner bähin zu wirken, daß der Kongreß Stellung nehme, wie sich die Sonalisten im Fall eines Krieges verhalten sollten.

Aus Hückeswagen wird demselben Blatt mitgetheilt, daß in der Tuchfabrik von Gebrüder Schnabel am 3. August die Weber die Arbeit niedergelegt haben. Als Grund des Ausstandes wird Folgendes angeführt: Vor einigen Wochen wurde den Arbeitern ein neuer Lohntarif vorgelegt, welcher eine bedeutende Lohnreduktion in sich schloß. Auf die Beschwerde der Arbeiter wurde diesen gesagt, sie sollten für den alten Lohn weiter arbeiten, bis Herr Otto Schnabel von der Reise zurückgekehrt sei. Die Arbeiter suchten nach der Rückkehr des Herrn auf gütlichem Wege eine Einigung zu erzielen, erklärten sich sogar bereit, sich von einigen Waaren noch einen Abzug gefallen zu lassen; trotzdem scheiterte der Versuch einer Verständigung.

Aus Birmingham wird der „Rh.⸗Westf. Z g.“ ein nicht u bedeutender Ausstand gemeldet. Ja den Werken von Mess Kynoch haben ungefähr 3000 Mann die Arbeit eingestellt. Differenzen haben ihren Grund allein darin, daß die Di von neuangestellten Arbeitern die Unterzeichnung eines Revers langten, wonach diese sich verpflichteten, keiner Arbeiter⸗Union Vereinigungen ähnlicher Tendenz beizutreten und zugleich irgend etwas, was gegen die Interessen des Werks sei, mitzutheilen. Ferner ist in East Worcestershire und Staffordshire von den Arbeitern einer Nagelfabrik die Forderung einer Lohnerhöhun gestellt worden.

Arbeitseinstellung der Puddler friedlich beigelegt Arbeiter haben nachgegeben, die Hauptagitatoren sind ent Auch in der Low⸗moor⸗Company bestehen Di Arbeitern.

Kunst und Wissenschaft.

1 Gedächtnißfeier. ““

Wie schon in Nr. 180 des „R.⸗ u. St.⸗A.“ erwähnt, be⸗ ging die hiesige Universität am 3. August d. J. die Feier zum Gedächtniß ihres erhabenen Stifters, des Königs Friedrich Wilhelm III. in dem großen Hörsaale des Universitäts⸗ gebäudes. Der Sitzung wohnten bei: der Staats⸗Minister Graf von Zedlitz⸗Trützschler, der Unter⸗Staatssekretär D. von Weyrauch, der Ministerial⸗Direktor de la Croix und mehrere andere höhere Beamte.

Die Feier wurde mit dem Vortrage eines Gesangsstücks des akademischen Gesangvereins eröffnet, worauf der zeitige Rektor, Professor ord. Dr. Tobler die Festrede in deutscher Sprache „Ueber Dante und vier Deutsche Kaiser“ hielt, welche wir in Nr. 180 des „R. u. St.⸗A.“ veröffentlicht haben. Hierauf trug der Rektor die Urtheile der Fakultäten über die eingegangenen Preisbewerbungsschriften unter Bekannt⸗ machung der neuen Preisaufgaben vor.

Es erhielten:

in der theologischen Fakultät den Königlichen Preis:

Stud. theol. Max Bajorath aus Ostpreußen;

den städtischen Preis:

Stud. theol. Georg Wobbermin aus Pommern und Stud.

theol. Rudolf Berlinicke aus Berlin;

in der medizinischen Fakultät den Preis:

Königlichen

Stud. med. Johannes Mann aus Anhalt und Stud. med. Herwarth Kornblum aus Schlesien; den städtischen Preis: Stud. med. Gustav Mann aus Württemberg; in der philosophischen Fakultät für die Bearbeitung der Preisaufgabe des Königlichen Preises eine öffentliche Belobigung: Stud. phil. Felix Lampe aus Berlin. Mit Gesang schloß die Feier.

Die Glasgemälde aus der Landauer⸗Kapelle

in Nürnberg.

H. Z. Von den zahlreichen Schätzen die im Laufe der letzten Jahre eine bleibende im Königlichen Kunstgewerbe⸗Museum gefunden darf die durch Kaiserliche Munificenz ermöglichte jüngste Erwerbung dieses Instituts, die erst seit einigen Tagen öffentlich ausgestellte Folge von Glasmalereien der Renaissance, wohl am Meisten das allgemeine Interesse in Anspruch nehmen. Man kann es sich nicht ver⸗ hehlen, daß den Meisterwerken der Goldschmiedekunst, der Kunsttöpferei und der anderen Zweige des Kunsthandwerks nur von einem wenig umfangreichen Kreise von Praktikern, gelehrten Fachleuten und Liebhabern ein mit Verständniß ge⸗ paartes Interesse zu Theil wird. Weitaus größer ist die Fahl derer, die für die Werke der Malerei das nothwendige Ver⸗ ständniß zu besitzen glauben, und die deshalb thatsächlich Bildern ihre Aufmerksamkeit und Beachtung gewähren.

Das kommt auch den mit ähnlichen Mitteln wirkenden Arbeiten der Glasmalerei zu Gute, und um so mehr, wenn es sich wie hier um ein monumentales Werk aus der Blüthezeit deutscher Kunst handelt, das mit dem Namen unseres größten Meisters Albrecht Dürer in so enger Verbindung steht. Es ist eine Serie von acht Scheiben, jede 90 cm hoch und 45 em breit, die nach langer Vergessenheit jetzt wieder in leidlich wohl erhaltenem Zustande aufgetaucht ist. Es hat sich feststellen lassen, daß sie im Anfange dieses Jahrhunderts aus Nürnberg entfernt worden sind; sie befanden sich dann unbe⸗ achtet und unbenutzt auf einem Gute in Schlesien und ge⸗ langten vor Kurzem nach Leipzig, wo Professor Hasel⸗ berger, dem die Wiederherstellung übertragen worden war⸗

der Kleinkunst, Stätte haben,